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Die Ankündigungen der Geburt des Johannes und Jesu (Lukas 1:1-38)

Die Lobpreisungen Mirjams und des Zacharias (Lukas 1:39-80)

Die Geburt Jesu (Lukas 2)

Das Wirken Johannes des Täufers (Lukas 3)

Voll heiligen Geistes (Lukas 4)

Jesus hat alle Vollmacht (Lukas 5)

»Liebet eure Feinde!« (Lukas 6)

Jesus heilte viele (Lukas 7:1-8:3)

Jesu weiteres vollmächtiges Wirken (Lukas 8:4-56)

Jesu Weisungen an Seine Jünger (Lukas 9:1-50)

Die Ernte ist groß (Lukas 9:51-10:24)

Vom barmherzigen Samariter und vom Beten (Lukas 10:25-11:13)

»Wehe euch, ihr Pharisäer!« (Lukas 11:14-54)

Sorgt euch nicht! (Lukas 12:1-48)

Mancherlei Mahnungen (Lukas 12:49-13:30)

»Ihr habt nicht gewollt!« (Lukas 13:31-14:35)

Das fünfteilige Gleichnis von den Pharisäern und den Sündern, I (Lukas 15)

Das fünfteilige Gleichnis von den Pharisäern und den Sündern, II (Lukas 16)

»Wann kommt das Königreich Gottes?« (Lukas 17:1-18:17)

Vom Reichtum und dem Oberzöllner Zachäus (Lukas 18:18-19:27)

In Jerusalem angekommen Lukas 19:28-20:19)

Streitfragen um die Steuer und die Auferstehung Lukas 20:20-21:4)

Jesu große Rede über die Zukunft Lukas 21:5-38)

Das Passahmahl Jesu (Lukas 22:1-53)

Die Verhöre Jesu (Lukas 22:54-23:31)

Die Kreuzigung und Auferstehung Jesu (Lukas 23:32-24:12)

Die Emmausjünger (Lukas 24:13-53)

 

Ausführungen zum Bericht des Lukas

(Evangelium nach Lukas)

 

Die Ankündigungen der Geburt des Johannes und Jesu

(Lukas 1:1-38)

 

  Lukas, der Arzt und Reisebegleiter des Paulus, ein Mann aus den Nationen, beginnt seinen zweiten Bericht, den über die Taten der Apostel, mit den Worten: »Den ersten Bericht, o Theophilus, habe ich verfasst von allem, was Jesus anfing zu tun und auch zu lehren bis zu dem Tag, als Er den Aposteln, die Er auserwählt hatte, durch heiligen Geist Anweisungen gab und dann hinaufgenommen wurde« (Ap.1:1,2). Damit ist der Inhalt des sogenannten Evangeliums nach Lukas aufs kürzeste wiedergegeben.

  Seinen ersten Bericht, den über das Wirken Jesu unter Israel, verfasste Lukas etwa um 55 n. Chr. Darin schildert er Jesus unter einem besonderen Gesichtspunkt, nämlich als den Sohn des Menschen. Hingegen beschreibt Matthäus Jesus als den König Israels, Markus Ihn als den Knecht Gottes und Johannes Ihn als den Sohn Gottes.

  Lukas schreibt für alle Menschen, in erster Linie für Nichtjuden. Dem entspricht, dass er Jesu Stammbaum bis auf Adam zurückverfolgt.

 

Das Vorwort

 

  Unter der Leitung des Geistes Gottes (2.Pet.1:21) schreibt Lukas:

  »Weil nun einmal viele es schon in die Hand genommen haben, über die bei uns voll beglaubigten Tatsachen einen Bericht zu verfassen, so wie es uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Gehilfen des Wortes wurden, und nachdem ich alles von Anbeginn genau verfolgt habe, meine auch ich, hochgeehrter Theophilus, ich sollte es für dich der Reihe nach niederschreiben, damit du die Gewissheit der Worte erkennst, in denen du unterrichtet wurdest« (Verse 1-4).

  Diese wohlgesetzte Einführung lässt uns einen geordneten und genauen Bericht erwarten. Lukas hat gründlich und sorgfältig recherchiert. Das Ergebnis ist eine solide Basis unseres Wissens. Die Augenzeugen und Gehilfen des Wortes, der am Wort Dienenden, sind insbesondere die Apostel, die Lukas hörte, aber auch andere, wie zum Beispiel die Mutter Jesu, die er befragte. Er schreibt die Wahrheit, so wie sie bei den Gläubigen damals voll beglaubigt war, sodass auch wir uns der Tatsachen völlig sicher sein dürfen.

  Theophilus muss ein angesehener Bürger und Gläubiger gewesen sein; es gibt eine Überlieferung, wonach er im syrischen Antiochien gewohnt und in seinem großen Haus Versammlungen abgehalten haben soll.

 

Zacharias und Elisabeth

 

  »In den Tagen des Herodes, des Königs von Judäa, gehörte ein Priester mit Namen Zacharias zum Wochendienst des Abia. Seine Frau stammte aus den Töchtern Aarons, und ihr Name war Elisabeth. Beide waren gerecht vor Gott und gingen ihren Weg untadelig in allen Geboten und Rechtssatzungen des Herrn. Es war ihnen jedoch kein Kind beschert, weil Elisabeth unfruchtbar war, und beide waren an Tagen vorgeschritten« (Verse 5-7).

  Die Tage, von denen hier die Rede ist, sind in das Jahr 4 v. Chr. einzuordnen. Herodes der Große regierte von 39 bis 1 v. Chr.

  Die Priester, die im Tempel jeweils eine Woche lang von der zweiten Sabbathälfte (Tagesfrist) bis zur ersten Sabbathälfte (Nachtfrist) des folgenden Sabbats (2.Chron.23:8) Dienst taten, waren in 24 Abteilungen gegliedert. Abia gehörte zur achten Abteilung (1.Chron.24:10). Der Dienst der ersten Abteilung begann im Monat Nisan (März/April) (2.Mose 40:2).

  Elisabeth war eine Tochter Aarons; die Eheleute entstammen somit rein priesterlichen Familien. Sie waren gerecht, und zwar nach den Maßstäben des Gesetzes, in welchem sie beständig wandelten. Wir erinnern uns, dass auch Sara, die Frau Abrahams, an Tagen vorgeschritten war und mithin nicht mehr gebären konnte (1.Mose 18:11).

 

Zur Stunde des Räucheropfers

 

  »Als er einst den Priesterdienst vor Gott in der Ordnung seines Wochendienstes versah, fiel ihm nach der Gewohnheit des Priesteramtes das Los zu, in den Tempel des Herrn zu gehen, um zu räuchern. Währenddessen betete draußen zur Stunde des Räucheropfers die gesamte Menge des Volkes. Da erschien ihm ein Bote des Herrn, zur Rechten des Räucheropferaltars stehend. Als Zacharias ihn gewahrte, wurde er beunruhigt, und Furcht befiel ihn« (Verse 8-12).

  Tag für Tag morgens und zwischen den Abenden, mit dem er eine Tag sich neigte und der andere Tag gegen 18 Uhr begann (2.Mose 29:39; 30:7,8), wurde auf dem goldenen Rauchaltar im Heiligen des Tempels das Räucheropfer dargebracht. Der aufsteigende Rauch ist ein Bild des zu Gott aufsteigenden und damit Ihm wohlgefälligen Gebets.

 

Die Ankündigung der Geburt des Johannes

 

  »Der Bote sagte zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias, dein Flehen ist erhört worden; deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Johannes geben. Er wird dir zur Freude und Wonne sein, und viele werden sich über seine Geburt freuen. Denn er wird vor den Augen des Herrn groß sein und keinesfalls Wein und Rauschtrank trinken; mit heiligem Geist wird er noch in seiner Mutter Leib erfüllt werden« (Verse 13-15).

  Welch ein gnadenreiches Handeln Gottes, dem Johannes schon im Mutterleib den heiligen Geist zu geben! Dem entspricht sein Name Jochanan (hebr.), welcher bedeutet: Jewe ist gnädig oder: Jewes Gnade. Auch seinen Dienst an Israel wird er mithin in der Gnade und im Segen tun.

  An der Vorhersage, dass er nichts Alkoholisches trinken werde, dürfte Zacharias sogleich erkannt haben, dass er ein Jewe Geweihter werden wird (4.Mose 6:2-4).

 

Im Geist und in der Kraft Elias

 

  Der Bote sprach weiter:

  »Viele der Söhne Israels wird er zu dem Herrn, ihrem Gott, zurückführen; und er wird vor Seinen Augen in dem Geist und der Kraft des Elia vorausgehen, um die Herzen der Väter umzuwenden zu den Kindern und die Widerspenstigen zur Besonnenheit der Gerechten, um dem Herrn ein Volk zuzurichten und bereit zu machen« (Verse 16+17).

  Aufgrund der Verkündigung der Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden (Luk.3:3) durch diesen Sohn des Zacharias sinnten viele im Volk um und ließen sich taufen (Mat.3:6; Luk.3:21).

  Johannes der Täufer und Elia sind zwei verschiedene Menschen. Johannes war nicht Elia (Joh.1:21), sondern handelte im selben Geist und in derselben Kraft wie Elia. Johannes ist die Erfüllung von Maleachi 3:1, wo es heißt, dass ein Beauftragter den Weg des Herrn bereiten wird, und wie es Zacharias prophetisch in Lukas 1:76 ausdrückte. Elia selbst wird vor dem großen und furchtbaren Tag Jewes kommen (Mal.3:23), dem Tag des Zorns.

 

Der Unglaube des Zacharias

 

  »Da sagte Zacharias zu dem Boten: Woran soll ich dies erkennen? Denn ich bin bejahrt, und meine Frau ist an Tagen vorgeschritten. - Der Bote antwortete ihm: Ich bin Gabriel, der vor den Augen Gottes steht, und wurde ausgesandt, zu dir zu sprechen und dir dieses als frohe Botschaft zu verkündigen. Siehe, du wirst stillschweigen und bis zu dem Tag, da sich dieses erfüllt, darum nicht sprechen können, weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die sich zu ihrem Zeitpunkt erfüllen werden« (Verse 18-20).

  Die Boten, »sind sie nicht alle ein Amt versehende Geister, zum Dienst ausgeschickt um derer willen, denen künftig die Rettung zugelost werden soll?« (Heb.1:14). Der Bote Gabriel hatte einst mit dem Propheten Daniel gesprochen (Dan.8:16; 9:21). Sein Name (hebr. Gabriel) bedeutet »Mächtig ist El« oder »Mächtiger Els«. Er ist neben dem Botenfürsten Michael (hebr. Mikael, das heißt »Wer ist wie El?«) der einzige in der Bibel mit Namen genannte Bote.

  Zwar hatten manche Gläubige in früheren Zeiten wie nun auch Zacharias um ein Zeichen gebeten (1.Mose 15:8), er aber hätte aufgrund der Erfahrung Abrahams und Saras und der eindeutig himmlischen Erscheinung an einem ausgesprochen heiligen Ort keinen Zweifel haben dürfen. Deshalb wurde er mit Stummheit geschlagen; damit hatte er zugleich aber auch das Zeichen.

  Heute werden uns übrigens solche Erscheinungen nicht zuteil, weil wir in der heilsgeschichtlichen Verwaltung (oikonomia, Eph.3:2) leben, die im Glauben und nicht im Wahrnehmen besteht (1.Tim.1:4; 2.Kor.5:7), und uns an das Haupt halten (Kol.2:18,19). Außerdem ist das Wort Gottes vervollständigt (Kol.1:25); da ist nichts weiter mitzuteilen.

 

Zacharias wurde stumm

 

  »Währenddessen wartete das Volk auf Zacharias und war über sein langes Ausbleiben im Tempel erstaunt. Als er dann herauskam, konnte er nicht zu ihnen sprechen; da erkannten sie, dass er im Tempel eine Erscheinung gesehen hatte; denn er winkte ihnen zu, blieb aber stumm. Als seine Amtstage erfüllt waren, ging er dann nach Hause« (Verse 21-23).

  Das Volk wartete im Vorhof auf den Segen, den der stumme Zacharias nun aber nicht erteilen konnte.

 

Jewe nahm die Schmach von Elisabeth

 

  »Nach diesen Tagen aber empfing seine Frau Elisabeth; sie hielt sich fünf Monate verborgen und sagte: So hat der Herr an mir getan in den Tagen, die Er dazu ersah, die Schmach unter den Menschen von mir zu nehmen« (Verse 24+25).

  Unfruchtbarkeit war eine Schmach in Israel (1.Mose 30:23). Erst nach fünf Monaten, als die Schwangerschaft sichtbar war, ging Elisabeth wieder aus dem Haus. Vorher hätte ihr es niemand geglaubt. Elisabeth wusste, wer da an ihr gehandelt hatte: Jewe, der Elohim Israels!

 

Gabriel kommt zu Mirjam

 

  »Im sechsten Monat wurde der Bote Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas namens Nazareth zu einer Jungfrau geschickt, die mit einem Mann namens Joseph aus dem Haus und der Familie Davids verlobt war. Der Name der Jungfrau war Mirjam. Als der Bote bei ihr eintrat, sagte er: Freue dich, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! - Sie aber wurde über das Wort sehr beunruhigt und erwog bei sich, was für eine Bedeutung dieser Gruß wohl habe« (Verse 26-29).

  Eine Verlobte war durch den Ehevertrag rechtlich eine Ehefrau. Die Hochzeit hatte aber noch nicht stattgefunden, sodass sie nicht mit ihrem Mann zusammenwohnte.

  Mirjam (hebr. MiRJaM) bedeutet »erbittert«; die griechischen Formen des Namens sind Marjam und Maria.

  Mirjam war eine von Gott Begnadete. Das besagt nicht, dass sie Gnade spendete, sondern ihr eine besondere Begnadung gewährt wurde.

 

Die Ankündigung der Geburt Jesu

 

  »Da sagte der Bote zu ihr: Fürchte dich nicht, Mirjam; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Und siehe, du wirst empfangen, schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst Ihm den Namen Jesus geben. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten heißen; Gott der Herr wird Ihm den Thron Seines Vaters David geben. Über das Haus Jakobs wird Er für die Äonen König sein; und Seine Königsherrschaft wird keinen Abschluss haben« (Verse 30-33).

  Mit der Ankündigung der Geburt Jesu bekam Mirjam überwältigende Worte und Verheißungen zu hören. Nur eine Gläubige, die im Wort lebte, konnte dies alles fassen!

  Bei Gott Gnade gefunden zu haben, wird ihr eine Bestätigung ihres Wandels und ein gewaltiger Zuspruch gewesen sein.

  Freudig wird sie vernommen haben, dass sie schwanger werden wird - wann und wie und von wem, dies konnte sie im Moment nicht wissen.

  Ihr Sohn soll den Namen Jesus bekommen, einen herrlichen Namen, denn Jehoschua (hebr.) bedeutet »Jewe, der Retter«, auch »Je, der Retter«, das heißt »Wird Retter sein«. Er trägt diesen Namen, weil Er Sein Volk von den Sünden retten wird (Mat.1:21). Damit wird sich erfüllen, was Jesaia angesagt hatte: »Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären; und man wir Ihm den Namen Immanuel geben - das ist verdolmetscht: Mit uns ist Gott« (Mat.1:123; Jes.7:14).

  Groß wird Er sein. Der Prophet Micha verbindet Seine Größe mit Seiner Herrschaft bis an die Enden der Erde (Micha 5:3). Und wir fügen hinzu, dass Er das Haupt des Alls geworden ist (Eph.1:22; Kol.1:17).

  Sohn des Höchsten (hebr. Eljon) wird Er heißen. Der Höchste ist Gott, der Vater. Mirjam kannte Psalm 2:7: »Jewe sagt zu Mir: Mein Sohn bist Du, heute habe Ich dich gezeugt.« Der Sohn ist die Ausstrahlung der Herrlichkeit des Vaters und das Gepräge Seines Wesens (Heb.1:3).

  Gott wird Ihm den Thron Seines Vaters David geben. Ja, so hatte es der Prophet Samuel dem David gesagt: »Ich werde einen Nachkommen, der aus deinem Leib kommt, erstehen lassen und Sein Königtum bereiten. Er, Er wird Meinem Namen ein Haus bauen, und Ich werde den Thron Seines Königtums bereiten bis zum Äon. Ich, Ich werde Ihm zum Vater, und Er, Er wird Mir zum Sohn« (2.Sam.7:12-14). Der Psalmist gibt dies wie folgt wieder: »Ich schloss einen Bund mit Meinem Erwählten, Ich schwor David, Meinem Diener: Ich werde deinen Samen fest gründen für den Äon und deinen Thron aufbauen von Generation zu Generation. ... Auch will Ich ihm zum Erstgeborenen machen, zum Obersten der Könige der Erde. Für den Äon will Ich ihm Meine Huld bewahren, und Mein Bund mit ihm ist unverbrüchlich« (Ps.89:4,5,28,29).

  Der der Mirjam angekündigte Jesus wird für die Äonen König über das Haus Jakob sein. Dies lesen wir auch in den Psalmen: »Jewe hat dem David die Wahrheit geschworen; Er wird Sich nicht abwenden von ihr: Aus der Frucht deines Leibes werde Ich Einen auf deinen Thron setzen« (Ps.132:11); »Dein Thron, o Elohim, besteht für den Äon und weiterhin. Ein Zepter der Geradheit ist das Zepter Deines Königreichs« (Ps.45:7). Hebräer 1:8 nimmt in folgender Weise darauf Bezug: »Zu dem Sohn sagt [Gott]: Dein Thron, o Gott, besteht für den Äon des Äons, und das Zepter der Geradheit ist das Zepter Deiner Königsherrschaft.« (Siehe auch Jer.23:5 und 33:17).

  Jesu Königsherrschaft wird keinen Abschluss haben, wie Gabriel sagte, und zwar dem Zusammenhang nach während der Äonen, weil Er ja bei der Vollendung, beim Abschluss der Äonen, Seine Königsherrschaft Seinem Gott und Vater übergibt und sie aufhebt (1.Kor.15:24). Der Prophet Daniel schreibt: »In den Tagen jener Könige wird der Elah der Himmel ein Königreich aufrichten, das für die Äonen unversehrt bleiben soll« (Dan.2:44); »Dann wurde Ihm Vollmacht, Würde und ein Königreich gewährt, und alle Völker, Stämme und Zungen sollen Ihm dienen; Seine Vollmacht, eine äonische Vollmacht, wird nicht vergehen, und Sein Königreich wird unbegrenzt sein« (Dan.7:14); »Danach wird das Königreich, die Gewalt und die Majestät des Königreichs unter allen Himmeln dem Volk der Heiligen des Allerhöchsten gewährt. Sein Königreich ist ein äonisches Königreich, und alle anderen Gewalten werden Ihm dienen und hörig sein« (Dan.7:27).

 

Durch heiligen Geist

 

  »Da sagte Mirjam zu dem Boten: Wie soll dies möglich sein, weil ich doch keinen Mann kenne? - Darauf antwortete ihr der Bote: Heiliger Geist wird auf dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich beschatten; darum wird auch das Heilig-Gezeugte Sohn Gottes heißen« (Verse 34+35).

  Selbstverständlich kannte Mirjam ihren Verlobten, sie kannte ihn aber nicht leiblich. Mirjam zweifelte nicht, schließlich erwartete sie den Messias, sie wollte nur wissen, wie es geschehen solle.

  Betrachten wir die Antwort des Boten näher: »Heiliger Geist wird auf dich kommen.« Gott Selbst ist Geist (Joh.4:24). Sein Geist ist nichts Zweites neben Ihm. Er wirkt durch Seinen Geist. Sein Geist ist Seine Präsenz auf der Erde. Wenn Er durch Seinen Geist an uns handelt, ist Er es Selbst, der da wirkt. Gott Selbst also, der Vater, der Geist, wird auf Maria kommen.

    »... und die Kraft des Höchsten wird dich beschatten.« Damit wird derselbe Vorgang mit anderen Worten beschrieben. Gottes Geist ist voller Kraft. Seine Kraft oder Gott in Seiner Kraft wird auf Maria kommen. Der Begriff »beschatten« erinnert uns an die Wolke über dem Zelt der Begegnung (der Stiftshütte) und lässt uns an eine Überschattung durch eine Wolke der Gegenwart Gottes denken.

  »Darum wird auch das Heilig-Gezeugte [oder: das Heilige, das werden wird] Sohn Gottes heißen.« So ist es, denn schließlich ist Gott Jesu Vater.

 

Es geschehe so!

 

  Gabriel sprach weiter: »Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, auch sie hat einen Sohn in ihrem Greisenalter empfangen, und dies ist der sechste Monat für sie, die man unfruchtbar nennt; denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. - Darauf sagte Mirjam: Siehe, ich bin die Sklavin des Herrn; mir geschehe nach deinem Ausspruch. - Dann schied der Bote von ihr« (Verse 36-38).

  Mirjam - ein leuchtendes Vorbild! Ihre Haltung, ihre Antwort - dies ist Glaube, dies ist Treue, dies ist Gehorsam! Lobpreis und Verherrlichung sei Gott, dass Er Sich diese ergebene Sklavin in Seinem widerspenstigen Volk zubereitet hatte!

  Die Schwangerschaft der Elisabeth durfte für Mirjam zusätzlich zu ihrem Glauben ein Zeichen sein.

  Gott ist imstande, alles zu tun, was Er verheißen hat (Röm.4:21), mehr noch: bei Ihm ist kein Ding unmöglich. »Ist Jewe etwa eine Sache zu wunderbar?« (1.Mose 18:14). Trägt Christus denn nicht das All durch Sein machtvolles Wort (Heb.1:3)?

 

 

Die Lobpreisungen Mirjams und des Zacharias

(Lukas 1:39-80)

 

   Wir haben bisher die Ankündigungen der Geburt Johannes des Täufers und Jesu betrachtet. Der Bote Gabriel hatte der Mirjam, die mit Joseph verlobt war, den Hinweis gegeben, dass ihre Verwandte Elisabeth, die Frau des Priesters Zacharias, in ihrem Greisenalter einen Sohn empfangen habe, was für Mirjam ein Zeichen sein durfte.

 

Mirjam bei Elisabeth

 

  »In jenen Tagen machte sich Mirjam auf und ging in Eile in das Bergland nach einer Stadt Judas. Dort trat sie in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Als Elisabeth den Gruß der Maria hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Elisabeth wurde mit heiligem Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme aus: Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes! Doch woher wird mir dieses zuteil, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, als die Stimme deines Grußes in meine Ohren drang, hüpfte das Kind vor Wonne in meinem Leib. Glückselig ist sie, die geglaubt hat; denn das vom Herrn Angesagte wird ihr vollends zuteilwerden« (Verse 39-45).

  Wenn das Kind im Leib der Elisabeth auch noch sehr klein war, so war es dennoch bereits mit heiligem Geist erfüllt (Luk.1:15) und konnte auf wichtige geistliche Ereignisse reagieren. Das Hüpfen des Kindes war ein Ausdruck seiner Freude über den Gruß »Friede sei mit dir«, was im Grunde ein Segnen ist, und über die Mutter des Herrn.

  Was Elisabeth dann sagte, konnte sie nicht von sich selbst aus wissen; sie wurde mit heiligem Geist erfüllt und vermochte daher prophetisch zu reden. Ihr wurde offenbart, dass Maria die Mutter des Herrn und Messias werden würde. Folglich pries sie Maria glückselig.

  »Glückselig ist sie, die geglaubt hat« - dies ist die erste Seligpreisung, die wir im Bericht des Lukas vernehmen, auch uns zum Vorbild. Nur wer Gott alles glaubt, nur wer sein völliges Vertrauen auf Ihn setzt, nur der erfährt Glückseligkeit.

 

Der Lobpreis der Maria

 

  Auf das geisterfüllte Wort der Elisabeth hin kann Mirjam Gott nur preisen.

  »Darauf sprach Mirjam: Hoch erhebt meine Seele den Herrn, und mein Geist frohlockt über Gott, meinen Retter, weil Er auf die Niedrigkeit Seiner Sklavin geblickt hat! Denn siehe, von nun an werden mich alle Generationen glückselig preisen, weil der Mächtige Großes an mir getan hat« (Verse 46-49).

  Zwar ist die Anbetung und Verherrlichung Gottes der alltägliche und höchste Dienst aller Gläubigen, gleichwohl verstehen wir völlig, dass Marias Herz sich in dieser Stunde weitete und ihr Mund überging, zumal Gott Außerordentliches an ihr getan hatte und mit dem Kommen des Sohnes Gottes die Rettung Israels von nun an in greifbare Nähe gerückt war.

  Mit biblischen Worten pries sie Gott. Es ist willkommen bei Ihm, Ihn mit Seinen eigenen, geistlichen und siebenfach geläuterten Worten zu preisen; außerbiblische Begriffe und Thesen treffen selten die Wahrheit.

  Der Anfang des Lobpreises der Mirjam erinnert an den der Hanna, der Frau Elkanas und Mutter Samuels, die etwa um 1140 v. Chr. sprach: »Mein Herz frohlockt in Jewe, und mein Horn ist erhöht in Jewe. ... Ich freue mich über Seine Rettung. Keiner ist heilig wie Jewe, denn außer Dir ist keiner; und kein Fels ist wie unser Elohim« (1.Sam.2:1-10).

  Mirjams Seele, ihr ganzes Bewusstsein also, erhob den Herrn, verherrlichte Ihn. Ihr Geist frohlockte, der ihr persönlich gegebene, das Leben tragende Geist von Gott in ihr freute sich über alle Maßen.

  Sie nannte Gott ihren Retter, hatte also eine enge persönliche Glaubensbeziehung zu Ihm und Heilsgewissheit.

  Mirjam wusste um ihre Niedrigkeit angesichts Jewes, ihres Elohims, der in der Erhabenheit thront, Sich aber herabgeneigt hatte (Ps.113:5,6). Sie bekannte, was in Psalm 138:6 geschrieben steht: »Wiewohl Jewe hoch erhaben ist, sieht Er doch auf den Niedrigen.« »Den Demütigen gibt Er Gnade« (1.Pet.5:5).

  Ja, glücklich durfte Maria gepriesen werden. Dies geschah zum Beispiel, als eine Frau zu Jesus sagte: »Glückselig ist der Leib, der Dich getragen hat, und die Brüste, die Du gesogen hast« (Luk.11:27).

»Heilig ist Sein Name!«

 

  Mirjam fuhr fort zu sprechen: »Heilig ist Sein Name, und Seine Barmherzigkeit wird von Generation zu Generation denen zuteil, die Ihn fürchten« (Vers 50).

  Heilig, hehr und makellos, herrlich und vollkommen ist Sein Name, ist Gott Selbst. Er ist der alles nach Seinem weisen Liebesratschluss Bewirkende und alles in Herrlichkeit in Christus Vollendende!

  Und dann pries Mirjam die Barmherzigkeit Gottes im Anklang an Psalm 103:17: »Die Huld Jewes währt von Äon zu Äon über die, die Ihn fürchten.« Auch in Psalm 147:11 heißt es: »Jewe sind die annehmbar, die Ihn fürchten.« Gottesfurcht ist also vonnöten. Mirjam erfüllte diese Bedingung ebenso wie alle, die den Bund hielten (Ps.103:18). In der gegenwärtigen, dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (griech. oikonomia; Eph.3:2), ist die Rettung bedingungslos und stehen die Gläubigen stets in überströmender Gnade. Er erbarmte Sich über uns Auserwählte, weil Er es so wollte (Eph.2:4,8; 2.Tim.1:9).

 

Gewaltiges wirkt Er!

 

  Mirjam sprach weiter: »Gewaltiges wirkt Er mit Seinem Arm; Er zerstreut Stolze in der Denkart ihres Herzens. Er stürzt Machthaber von ihren Thronen und erhöht Niedrige. Hungernde befriedigt Er mit Gutem, und Reiche schickt Er leer fort« (Verse 51-53).

  Einst pries König David Gott mit sehr ähnlichen Worten: »Das gedemütigte Volk rettest Du, aber Deine Augen sind gegen die Hohen; Du erniedrigst sie« (2.Sam.22:28).  Der Prophet Daniel betete: »Er ändert Zeiten und Fristen, lässt Könige vergehen und lässt Könige aufstehen« (Dan.2:21). Sogar Nebukadnezar erhöhte Gott, indem er sagte: »Alle, die in Hoffart einhergehen, vermag Er zu erniedrigen« (Dan.4:34).

  Die drei Aussagenpaare der Mirjam preisen allesamt die Macht und Größe Gottes, der auch die Stolzen, Mächtigen und Reichen belehren will, dass sie sich nicht länger hoch dünken; deshalb erniedrigt Er sie, damit sie Ihn, den einzig wahren Hohen, erkennen.

 

Entsprechend den Verheißungen

 

  Mirjam schloss ihren Lobpreis mit den Worten: »Er hat Sich Israels, Seines Knechtes, angenommen, um der Barmherzigkeit zu gedenken, so wie Er zu unseren Vätern gesprochen hat, zu Abraham und seinem Samen für den Äon« (Verse 54+55).

  Israel ist der Knecht Gottes (Jes.41:8), der gewiss allerdings noch zubereitet werden muss, damit Gott Seine Werke durch ihn tun kann (Jes.26:12). Israel kann Knecht Gottes natürlich nur in Jesus sein, dem Knecht Gottes.

  Bald wird Israel singen: »Er hat Seiner Huld und Seiner Treue für das Haus Israel gedacht. Alle Enden der Erde haben die Rettung unseres Elohim gesehen« (Ps.98:3). Jesaia sagte: »Für einen kleinen Augenblick verließ Ich dich, aber mit großem Erbarmen sammle Ich dich. In aufschäumendem Grimm verbarg Ich Mein Angesicht einen Augenblick vor dir, aber mit äonischer Huld erbarme Ich Mich deiner, spricht Jewe, dein Erlöser« (Jes.54:7,8).

  Die Grundlage dafür ist der mit Abraham geschlossene Bund: »Ich habe Meinen Bund zwischen Mir und dir und deinem Samen nach dir aufgerichtet, durch ihre Generation hindurch, als einen äonischen Bund, um zum Elohim für dich und deinen Samen nach dir zu sein« (1.Mose 17:7). Der Prophet Micha bestätigte dies: »Du wirst dem Jakob Deine Wahrheit erweisen und dem Abraham Deine Huld, wie Du unseren Vätern geschworen hast von den Tagen der Vorzeit an« (Micha 7:20).

  Von Mirjam und Elisabeth lesen wir im Übrigen im Vers 56: »Mirjam blieb etwa drei Monate bei ihr; danach kehrte sie in ihr Haus zurück.«

 

Die Geburt Johannes des Täufers

 

  »Für Elisabeth erfüllte sich dann die Zeit ihrer Entbindung, und sie gebar einen Sohn. Sobald die Nachbarn und ihre Verwandten hörten, dass der Herr Seine Barmherzigkeit an ihr groß gemacht hatte, freuten sie sich mit ihr« (Verse 57+58).

  Wir können die große Freude nachvollziehen und freuen uns heute noch darüber, als wären wir dabei, wie es denn heißt: »Es gilt, sich zu freuen mit den Freudevollen« (Röm.12:15).

  Wie sich aufgrund von Lukas 1:5 errechnen lässt, wurde das Kind in der ersten Hälfte des März im Jahr 3 v. Chr. geboren.

 

Die Namensgebung

 

  »Als sie dann am achten Tag kamen, um das Knäblein zu beschneiden, wollten sie es nach dem Namen seines Vaters Zacharias nennen. Doch seine Mutter antwortete: Nein, er soll Johannes heißen! - Da sagten sie zu ihr: Es ist niemand in deiner Verwandtschaft, der mit diesem Namen genannt wird. - Und sie winkten seinem Vater zu, wie er ihn nennen wolle. Der forderte ein Täfelchen und schrieb darauf: Johannes ist sein Name! - Da erstaunten sie alle. Und auf der Stelle wurde sein Mund aufgetan und seine Zunge gelöst; er sprach und segnete Gott« (Verse 59-64).

  Die Knäblein waren gemäß 3.Mose 12:3 am achten Tag ihrer Geburt am Fleisch ihrer Vorhaut zu beschneiden.

  Den Namen hatte Gott durch den Boten Gabriel bestimmt (Luk.1:13). Johannes (hebr. Jochanan) bedeutet: Jewe ist gnädig oder: Jewes Gnade.

  Nachdem Zacharias sich zu dem Namen bekannt hatte, wurde seine Zunge gelöst, wie Gabriel es angesagt hatte (Luk.1:20). Der Name passte gar nicht zur Familientradition; etwas Neues sollte beginnen. Johannes hat nicht nur einen besonderen Namen, sondern auch einen besonderen Auftrag, den Gabriel bereits deutlich beschrieben hatte (Luk.1:16,17).

  Und Zacharias segnete Gott, wie der Psalmist David es vorgezeichnet hatte: »Jubeln soll meine Zunge ob Deiner Gerechtigkeit. Jewe, meine Lippen wollest Du öffnen, damit mein Mund Deinen Ruhm kundtue. Denn nicht begehrst Du ein Opfer, dass ich es darbringen sollte; eine Aufsteignahung würdest Du nicht annehmen. Die Opfer für Elohim sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz, Elohim, wirst Du nicht verachten« (Ps.512:16-19). - Durch die lange Zeit der Stummheit gedemütigt, brachte Zacharias jetzt sein neues Herz Gott dar.

 

Furcht ergriff alle

 

  »Da ergriff Furcht alle um sie her Wohnenden, und im gesamten Bergland Judäas besprach man alle diese Dinge. Alle, die davon hörten, nahmen es sich zu Herzen und sagten: Was wird wohl aus diesem Knäblein werden? - Denn die Hand des Herrn war mit ihm« (Verse 65+66).

  Diese Begebenheiten fachten die Erwartung des Messias mächtig an!

 

Der Lobpreis des Zacharias

 

  »Und Zacharias, sein Vater, wurde mit heiligem Geist erfüllt und redete prophetisch: Gesegnet sei der Herr, der Gott Israels, weil Er Sein Volk aufsucht, ihm Erlösung verschafft und uns ein Horn der Rettung im Hause Davids, Seines Knechtes, aufrichtet, so wie Er durch den Mund Seiner heiligen Propheten gesprochen hat, die vom Äon an waren« (Verse 67-70).

  Heiliger Geist war vor Pfingsten des Jahres 32 n. Chr. noch nicht gegeben, sondern nur auf einzelne Propheten, Priester und Könige gekommen. Hier geschah dieses Wunder wieder.

  Zacharias erkannte, dass die Geburt des Johannes eine besondere Zuwendung Gottes zu Israel war und den Weg vorbereitete, dass dem Volk Erlösung und Rettung zuteil wird. Der Bote Gabriel hatte bei der Ankündigung der Geburt ja gesagt: »Viele der Söhne Israels wird er zu dem Herrn, ihrem Gott, zurückführen; und er wird vor Seinen Augen in dem Geist und der Kraft des Elia vorausgehen, um die Herzen der Väter umzuwenden zu den Kindern und die Widerspenstigen zur Besonnenheit der Gerechten, um dem Herrn ein Volk zuzurichten und bereit zu machen« (Luk.1:16,17). Außerdem wusste Zacharias von Maria, dass sie den Sohn Gottes gebären werde.

  Vom Horn der Rettung sprach Zacharias. »Horn« steht für Stärke, so wie die Hörner eines Stiers seine Kraft darstellen. Das Horn der Rettung, das im Hause Davids aufgerichtet wird, ist mithin eine kraftvolle, absolut sichere Rettung, die durch einen Nachkommen Davids - Maria stammte von David ab (Luk.3:32) - kommt.

  Die Propheten, die vom Äon an waren, hatten dies so ausgesprochen, zum Beispiel Jeremia. »Siehe: Tage kommen - Treuewort Jewes -, da lasse Ich dem David einen gerechten Spross erstehen; Er wird als König regieren und klug handeln und Recht und Rechtfertigung im Lande üben. In Seinen Tagen wird Juda gerettet werden und Israel in Sicherheit wohnen. Und dies ist Sein Name [der des Sprosses], mit dem man Ihn nennen wird: Jewe, unsere Gerechtigkeit!« (Jer.23:5,6).

 

»Rettung von unseren Feinden«

  Zacharias sprach weiter:

  »Rettung von unseren Feinden und Bergung aus der Hand aller, die uns hassen; um Barmherzigkeit an unseren Vätern zu erweisen und Seines heiligen Bundes zu gedenken und des Eides, den Er Abraham, unserem Vater, geschworen hat; uns zu geben, dass wir aus der Hand unserer Feinde geborgen werden und Ihm furchtlos Gottesdienst darbringen in huldvoller Heiligkeit und Gerechtigkeit vor Seinen Augen alle unsere Tage« (Verse 71-75).

  Immer wieder musste Israel Furcht vor Hassern und Feinden haben und unter ihrer Bedrückung Gottesdienst darbringen. Im Königreich werden sie es furchtlos tun können. Mit der Erwartung des Messias war auch die ihrer politischen Freiheit verbunden.

  Israel hat viele Feinde, weil der Geist der Welt keine Heiligen vertragen kann. Der Satan, der Feind, will Israel vernichten, weil selbst ein widerspenstiges und abtrünniges Israel immer noch an den wahren Gott erinnert.

  Zacharias war überzeugt, dass Gott Seines Bundes mit Abraham gedenken wird. Jewe hatte dem Abraham gesagt: »Ich habe Meinen Bund zwischen Mir und dir und deinem Samen nach dir aufgerichtet, durch ihre Generationen hindurch, als einen äonischen Bund, um zum Elohim für dich und deinem Samen nach dir zu sein« (1.Mose 17:7). Und: »Ich habe bei Mir Selbst geschworen, erklärt Jewe, dass, weil du diese Sache getan und deinen Sohn, deinen einzigen, Mir nicht vorenthalten hast, Ich dich segnen, ja segnen und deinen Samen mehren, ja mehren werde wie die Sterne der Himmel und wie den Sand, der am Gestade des Meeres ist. Und dein Same soll das Tor seiner Feinde einnehmen, und alle Nationen der Erde werden sich in deinem Samen segnen insofern, weil du auf meine Stimme gehört hast« (1.Mose 22:16-18).

  Auch der Psalmist ist sich dessen gewiss: »Er gedenkt Seines Bundes für den Äon - des Wortes, das Er geboten hat für tausend Generationen -, den Er geschlossen hat mit Abraham« (Ps.105:8,9).

  Ja, Gott erfüllt den Bund, den Er dem Abraham geschworen hat, auch wenn das Volk sich wiederholt von Ihm abgewandt hatte und Götzen nachgelaufen war.

  Und wenn der Messias gekommen ist, dann wird das gesamte auserwählte, geheiligte und priesterliche Volk furchtlos Gottesdienst in huldvoller Heiligkeit und Gerechtigkeit darbringen.

 

Das zukünftige Wirken des Johannes

 

  Zacharias beendete seine Lobpreisungen mit Worten über Johannes und dessen Wirken:

  »Du aber, Knäblein, wirst Prophet des Höchsten heißen; denn du wirst vor den Augen des Herrn hergehen, um Seine Wege zu bereiten und Seinem Volk Erkenntnis der Rettung durch die Erlassung ihrer Sünden zu geben, um der innigsten Barmherzigkeit unseres Gottes willen, mit der uns der Aufgang aus der Höhe aufsucht, um denen zu erscheinen, die in Finsternis und Todesschatten sitzen, und unsere Füße auf den Weg des Friedens zu richten« (Verse 76-79).

  Johannes wird ein Prophet sein - seine Worte werden die Worte Gottes sein. Seit Maleachi, der um 440 v. Chr. wirkte, war kein Prophet mehr in Israel aufgetreten. Johannes wird der Prophet des Höchsten sein, Jesus dagegen ist der Sohn des Höchsten (Luk.1:32).

  Er wird vor den Augen des Herrn Jesus hergehen, um Seine Wege zu bereiten, wie es in Maleachi 3:1 heißt: »Siehe, Ich sende Meinen Beauftragten, und er bereitet Mir angesichts den Weg.« Johannes wird, wie durch Jesaia angesagt, die Stimme eines Rufers sein: »In der Wildnis bereitet den Weg des Herrn! Macht Seine Straßen gerade!« (Mat.3:3; Mark.1:3; Luk.3:4).

  Johannes bringt nicht die Rettung, sondern - wie Zacharias sagte - die Erkenntnis der Rettung durch die Erlassung der Sünden. So heroldete der Täufer sodann »die Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden« (Mark.1:4; Luk.3:3) und vermittelte Israel die Erkenntnis der Rettung, indem er auf den Retter Jesus zeigte und sprach: »Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf Sich nimmt« (Joh.1:29).

  Dies geschieht um der innigsten Barmherzigkeit Gottes willen, dessen Erbarmungen, Huld und Güte bereits Jesaia pries (Jes.63:7).

  Um dieser Barmherzigkeit willen wird der Aufgang aus der Höhe Israel aufsuchen, der vom Himmel kommende, aufgehende Morgenstern, Jesus, der Messias (2.Pet.1:19), der Stern aus Jakob (4.Mose 24:17).

  Und denen, die in Finsternis und Todesschatten sitzen, in der Nacht der Unwissenheit und unter der Herrschaft des Todes, wird das Licht aufgehen (Jes.9:1; Mat.4:16), Jesus, das Licht der Welt (Joh.8:12). Jesus wird über Jerusalem aufstrahlen und Seine Herrlichkeit wird über der Stadt erscheinen (Jes.60:2).

  Jesus, das Licht aus dem Himmel, wird die Füße der Juden auf den Weg des Friedens richten; Er wird ihnen Frieden bringen und sie mit Seinem Geist und einem neuen Herzen ausstatten (Hes.36:26), sodass sie Frieden halten und Frieden stiften können.

 

Johannes wuchs heran

 

  Unser Schriftabschnitt schließt mit Vers 80:

  »Das Knäblein aber wuchs heran und wurde standhaft im Geist. Bis zum Tag seines Auftretens vor Israel war Johannes in der Wildnis.«

  In der Einöde festigte der dem Johannes innewohnende Geist Gottes ihn durch die heiligen Schriften und seine Gebete. In der Stille vor dem Angesicht Gottes übte er sich in seine zukünftige Aufgabe ein.

 

 

Die Geburt Jesu

(Lukas 2)

 

  »In jenen Tagen geschah es, dass vom Kaiser Augustus ein Erlass ausging, die gesamte Wohnerde einzutragen. Diese erste Eintragung wurde vorgenommen, als Quirinius als kaiserlicher Legat in Syrien regierte. Da zogen alle in ihre Heimat, um sich dort eintragen zu lassen, ein jeder in seiner Stadt« (Verse 1-3).

  Im Spätsommer und Herbst des Jahres 3 v. Chr. fand eine der regelmäßigen Einschreibungen statt, um alle Rechte und Pflichten auf der gesamten Erde (gemeint ist das römische Imperium) festzustellen. Es war die erste der beiden Einschreibungen, die unter der Leitung des Sonderbeauftragten Quirinius vorgenommen wurde; die zweite leitete er sodann in den Jahren 6/7 n. Chr.

  Da Rom im Jahr 2 v. Chr. sein 750-jähriges Bestehen feierte und dem Kaiser Augustus bei dieser Gelegenheit der Titel »Pater Patriae« verliehen werden sollte, erging im Jahr zuvor der Erlass (wörtlich Dogma, grundsätzliche Festsetzung), der jedermann zur Erklärung der Loyalität gegenüber dem Kaiser vorgelegt wurde. Der Titel wurde ihm am 5.2.2 v. Chr. verliehen.

 

Jesu Geburt

 

  »So zog auch Joseph von Galiläa aus der Stadt Nazareth nach Judäa hinauf in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt (weil er aus dem Haus und der Familie Davids war), um sich mit Mirjam, der ihm verlobten Frau, eintragen zu lassen; sie war guter Hoffnung. Während sie dort waren, erfüllten sich dann die Tage ihrer Entbindung, und sie gebar einen Sohn, den erstgeborenen, wickelte Ihn in Windeln und legte Ihn in eine Krippe, weil in der Ausspannung sonst kein Platz für sie war« (Verse 4-7).

  Jesus sollte in Bethlehem, das auch Ephrata genannt wird (1.Mose 35:19), geboren werden. Und so geschah es von dem, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph.1:11). Der Prophet Micha hatte es gesagt: »Und du, Bethlehem Ephrata, zu gering, um unter den Tausendschaften Judas befunden zu werden, aus dir wird Mir der herausgehen, der Herrscher über Israel werden soll, und Seine Herausgehungen sind von der Vorzeit an, von den Tagen des Äons an« (Micha 5:1). Gott hatte zu einem bestimmten Anfang Sein Wort, Jesus, erschaffen (Joh.1:1). Jesus ist der Ursprung der Schöpfung Gottes (Off.3:14). Er ist vom Niederwurf der Welt an geschlachtet (Off.13:8; 1.Pet.1:20), von jenem Äon an getrankopfert (Spr.8:23). Als Er in die Welt kam, sagte Er: »Siehe, Ich treffe ein, um Deinen Willen, o Gott, zu tun« (Heb.10:9).

  Bethlehem ist die Stadt Davids, weil er von dort stammt (1.Sam.16:1). Mit »Ausspannung« wurde eine Herberge bezeichnet, weil man dort alles Gepäck ablegen konnte.

  Jesus ist der erstgeborene Sohn Marias; sie bekam noch weitere Kinder (Mat.12:46; 13:55,56; Joh.2:12; 7:3).

  Jesus ist geboren, der Sohn Gottes, der, wiewohl Er reich ist, um unsertwillen arm wurde, damit wir durch dessen Armut reich würden (2.Kor.8:9). Jesus hatte Sich der Herrlichkeit Gottes (Joh.17:5) und der Gestalt Gottes entäußert, Sich Selbst erniedrigt und die Gestalt eines Sklaven angenommen, Er wurde den Menschen gleichgestaltet und in der Art und Weise wie ein Mensch erfunden (Phil.2:6-8).

  Irenäus, Origenes und Tertullian schreiben, dass Jesus im 41. Jahr der Regierung des Augustus, mithin im Jahr 3 v. Chr. geboren wurde. Die konsularische Gewalt wurde ihm im Jahr 43 zuerkannt. Dieses zählt als erstes Regierungsjahr.

  Johannes der Täufer war in der ersten Hälfte des März 3 v. Chr. geboren worden, unser Herr somit gegen Mitte September 3 v. Chr., genau gesagt am 1. Etanim (1.Tischri), das war der 11. September, der Tag des Trompetenjauchzens oder Posaunenblasens (3.Mose 23:24; 4.Mose 10:2,3; 29:1), von dem an die Könige ihre Regierungszeit rechneten, der Tag, der Jesus zukommt. Dies ergibt sich auch aus Offenbarung 12:1,2: Die Stellung des Mondes unter dem Sternbild Virgo (Jungfrau) war nur am 11.9. gegeben.

 

Die Verkündigung an die Hirten

 

  »In derselben Gegend waren Hirten bei den Feldhürden und bewachten in Nachtwachen ihre Herde. Und siehe, ein Bote des Herrn trat zu ihnen, und die Herrlichkeit Gottes umstrahlte sie; da fürchteten sie sich, und ihre Furcht war groß. Der Bote sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch eine große Freudenbotschaft, die für das gesamte Volk sein wird: Euch ist heute der Retter geboren, welcher Christus der Herr ist, in der Stadt Davids. Und dieses sei für euch das Zeichen: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt ist und in einer Krippe liegt« (Verse 8-12).

  Welch ein Zeichen! In einer Krippe liegend hatte wohl noch niemand ein Neugeborenes gesehen.

  Die Freudenbotschaft ist für das gesamte Volk, und zwar das Volk Israel: Ihnen ist heute der geboren, der ihnen verheißen war und den sie erwarteten: der Retter von inneren und äußeren Bedrängnissen, aus Sünde und Tod, zum äonischen Leben. Dieser ist der Christus, der Messias, der Gesalbte Gottes, der Segensträger Gottes und Segensbringer. Dieser ist der Herr, der das Königreich aufrichten wird und dem Gott alle Gewalt und Herrschaft im Himmel und auf der Erde geben wird.

  Mit den Worten des Propheten Jesaia stimmen wir in die Freude der Hirten ein: »Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben! Und die Fürstenmacht wird auf Seiner Schulter ruhen. Und Er nennt Seinen Namen Wunderbar, Ratgeber, El, Mächtiger, Vater der Zukunft, Fürst des Friedens. Der Mehrung der Fürstenmacht und des Friedens ist kein Ende auf dem Thron Davids und über Seinem Königreich, es zu festigen und es zu stützen mit Zurechtbringung und Rechtfertigung von nun an bis zum Äon. Der Eifer Jewes der Heerscharen wird dies tun« (Jes.9:5,6).

 

Der Lobpreis der himmlischen Scharen

 

  »Unversehens befand sich bei dem Boten eine Menge der himmlischen Heerschar, die lobten Gott und sagten: Verherrlichung sei Gott inmitten der Höchsten und auf Erden Friede in den Menschen des Wohlgefallens!« (Verse 13+14).

  Verherrlichung sei Gott, Seine Herrlichkeit werde gepriesen, denn sie ist für die Augen des Glaubens an dem Kindlein in der Krippe sichtbar, sie ist an der Sendung und Dahingabe Seines Sohnes erkennbar.

  Auch die himmlischen Heerscharen lobpreisen Gott, denn auch sie sind an der Rettung der Menschen und der Bewohner der Himmel interessiert oder, mit Petrus gesagt: am Evangelium, »in welches auch die Boten zu spähen begehren« (1.Pet.1:20). Ihr Lobpreis ist in Psalm 148:1,2 vorgezeichnet: »Lobet Je! Lobet Jewe von den Himmeln, lobet Ihn in den Höhen! Lobet Ihn, all Seine Boten, lobet Ihn, all Sein Heer!«

  Friede sei in den Menschen des Wohlgefallens, wörtlich: des Wohlmeinens, in denen also, die das Gute beabsichtigen, an denen Gott somit sein Wohlgefallen hat. Der Friede Gottes erfülle jene Menschen, »die Ihm dienen, die tun, was Ihm wohlannehmbar ist« (Ps.103:21). - Uns heute, die wir in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung leben (Eph.3:2), wird der Friede Gottes allein durch Glauben und allein in der Gnade zuteil (Röm.3:24; 5:1).

 

Die Hirten gingen hin

 

  »Als die Boten von ihnen fort und in den Himmel gegangen waren, sprachen die Hirten zueinander: Auf jeden Fall sollten wir nach Bethlehem hinübergehen und sehen, was dort geschehen ist - diese Dinge, die der Herr uns bekannt gemacht hat. - So gingen sie eilends hin und fanden Mirjam wie auch Joseph mit dem Kind, das in der Krippe lag. Als sie es gesehen hatten, machten sie den Ausspruch bekannt, den man zu ihnen über dieses Knäblein gesagt hatte. Alle, die es hörten, waren erstaunt über das, was die Hirten zu ihnen sprachen. Mirjam aber bewahrte alle diese Reden und durchdachte sie in ihrem Herzen. Dann kehrten die Hirten wieder zurück und verherrlichten und lobten Gott für alles, was sie gehört und gewahrt hatten, wie es zu ihnen gesprochen war« (Verse 15-20).

  Nun priesen auch die Hirten Gott. Sie glaubten, darum sprachen sie auch (Ps.116:10; 2.Kor.4:13) und verbreiteten die Kunde.

  Maria durchdachte alles, was sie gehört hatte, um den Heilsvorsatz Gottes völlig zu erkennen. Viele Jahre später wird sie Lukas berichtet haben.

 

Die Beschneidung Jesu

 

  »Als die acht Tage zu Seiner Beschneidung erfüllt waren, gab man Ihm auch den Namen »Jesus«, wie Er schon von dem Boten genannt worden war, bevor Er im Mutterleib empfangen wurde« (Vers 21).

  Die Beschneidung war das Bundeszeichen zwischen Jewe, dem Elohim Israels, und Seinem Volk und wies auf die Nichtsnutzigkeit des Fleisches hin. Jeder Neugeborene war am achten Tag nach der Geburt an der Vorhaut zu beschneiden (1.Mose 17:10,12; 3.Mose 12:3).

  Der Name »Jesus« war von dem Boten Gabriel bei der Ankündigung der Geburt angeordnet worden (Luk.1:31). »Jesus« bedeutet: Jewe, der Retter. Jewe ist der unvergängliche Gott, der durch Jesus, die Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit (Heb.1:3), erkennbar ist.

 

Die Darstellung Jesu in der Weihestätte und das

Reinigungsopfer der Eltern

 

  »Als dann die vierzig Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose erfüllt waren, brachten sie Ihn nach Jerusalem hinauf, um Ihn dem Herrn darzustellen, so wie im Gesetz des Herrn geschrieben steht: Jeder Männliche, der den Mutterleib auftut, soll dem Herrn geheiligt heißen. Auch wollten sie das im Gesetz des Herrn vorgeschriebene Opfer bringen: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben« (Verse 22-24).

  Von zwei Dingen ist hier die Rede: von der Darstellung Jesu in der Weihestätte und dem Reinigungsopfer der Eltern. Die Darstellung ist in 2.Mose 13:2 verfügt: »Jewe sprach zu Mose: Heilige Mir jeden männlichen Erstgeborenen, jede Erstgeburt des Mutterleibs unter den Söhnen Israels, vom Menschen wie vom Haustier: Es gehört Mir!« Zur Erinnerung an die Auslösung der Erstgeborenen Israels vom Tode durch das Blut eines Lammes (2.Mose 12:3-13) in der Nacht, als Jewe alles Erstgeborene in Ägypten tötete (2.Mose 12:29), war ein Neugeborener für fünf Schekel Silber vom Tode loszukaufen (2.Mose 13:11-15; 4.Mose 18:16).

  Eine Wöchnerin war nach 3.Mose 12 im Falle eines männlichen Kindes vierzig Tage lang unrein. Nach der Darbringung der Opfergabe, eines einjährigen Lammes als Aufsteignahung (Brandopfer, ein Huldigungsopfer) und einer Taube als Sündopfer - arme Leute wie Joseph und Maria brauchten nur zwei Tauben darzubringen - erklärte der Priester die Frau für rein.

 

Simeon

 

  »Und siehe, es war ein Mann namens Simeon in Jerusalem; dieser Mann war gerecht und ehrfürchtig, er schaute nach dem Zuspruch Israels aus, und heiliger Geist war auf ihm. Nun war ihm vom Geist, dem heiligen, Weisung gegeben worden, er solle den Tod nicht gewahren, ehe er den Christus des Herrn gewahrt habe. Durch den Geist kam er in die Weihestätte; und als die Eltern ihr Knäblein Jesus hereinbrachten, um für Ihn nach der gewohnten Vorschrift des Gesetzes zu verfahren, nahm auch er es in seine Arme« (Verse

25-28 a).

  Simeon war auf Anregung des durch Seinen Geist handelnden Gottes zum richtigen Zeitpunkt in die Weihestätte gekommen. Er war ein wahrer Israelit, der in den Worten von 1.Mose 49:18 lebte: »Auf Deine Rettung, Jewe, bin ich in Erwartung« und in denen von Psalm 119:166: »Ich schaue nach Deiner Rettung aus, Jewe.« Er schaute nach dem Zuspruch Israels aus, war ständig bereit, ihn zu empfangen. Der verheißene Messias ist der Zuspruch in Person, der Freiheit und Frieden bringen, Sich der Elenden erbarmen und die geistliche Erneuerung des Volkes bewirken würde.

 

Simeons prophetisches Wort

 

  »(Simeon) segnete Gott und sprach: Nun, mein Eigner, entlässt Du Deinen Sklaven Deinem Ausspruch gemäß in Frieden; denn meine Augen gewahren Deine Rettung, die Du vor dem Angesicht aller Völker bereitet hast, ein Licht zur Enthüllung für die Nationen und zur Herrlichkeit für Dein Volk Israel. - Sein Vater und Seine Mutter waren voller Staunen über das, was da von Ihm (Jesus) gesagt wurde« (Verse 28 b-33).

  Wohl wussten Joseph und Maria, dass Jesus, der Sohn Gottes, die Rettung ist, wie der Psalmist sagt: »Ja, nahe ist Seine Rettung denen, die Ihn fürchten, damit Herrlichkeit zelte in unserem Land« (Ps.85:10), sie kannten den Ausspruch Jesaias: »Siehe, Ich gebe Dich zum Licht der Nationen, zu werden Meine Rettung bis zu den Enden der Erde« (Jes.49:6; 42:6; 52:10; Ps.98:2) und selbstverständlich wussten sie, dass Er Israel die Herrlichkeit bringen wird (Jes.40:5; 60:1; Röm.9:4), und gleichwohl konnten sie nur immer wieder darüber staunen. Mögen auch wir aus dem Staunen über unsere Rettung, über das Heilswerk Gottes in Christus Jesus, nie herauskommen!

 

Simeons Wort an Mirjam

 

  »Simeon aber segnete sie (die Eltern) und sagte zu Mirjam, Seiner Mutter: Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und zum Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird. (Aber auch durch deine Seele wird eine Klinge dringen.) Damit sollen aus vielen Herzen die Erwägungen enthüllt werden« (Verse 34+35).

  An Jesus scheiden sich die Geister. Für die Juden ist Er etwas Anstoßerregendes, für die Nationen eine Torheit, für uns aber Gottes Kraft und Gottes Weisheit (1.Kor.1:23,24). An Jesus kommt man zum Leben oder zum Fall. Jesaia sagt es bereits: »Und Er wird zum Heiligtum und zum Stein des Anstoßes und zum Felsen des Strauchelns für beide Häuser Israels, zum Klappnetz und zur Schlinge für die Einwohner Jerusalems. Und viele unter ihnen werden straucheln, werden fallen und zerbrechen, werden in der Schlinge gefangen und sich verfangen« (Jes.8:14,15). Paulus schreibt: »Da es nicht aus Glauben, sondern aus Gesetzeswerken geschieht, stoßen sie sich an dem Stein des Anstoßes, so wie geschrieben steht: Siehe, Ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Felsen des Strauchelns; und wer an Ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden« (Röm.9:32,33).

  Und widersprochen wird dem Herrn Jesus Christus werden. In Hebräer 12:3 wird dies zu einem Zuspruch für uns: »So betrachtet denn den, der solch einen Widerspruch von den Sündern erduldet hat, als Er unter ihnen war, damit ihr nicht wankt und in euren Seelen ermattet«.

  Zwar wird alles offenbar werden (Spr.26:26; Luk.8:17; Röm.2:16; 1.Kor.4:5; Eph.5:13), nach Gottes Weisheit aber sollen die Erwägungen der Herzen gerade an der Stellung zu Jesus enthüllt werden.

  Und Maria wird den Schmerz der Kreuzigung ihres Sohnes ertragen müssen (Joh.19:25). Simeon sprach von einer sie durchdringenden Klinge, wusste also um den leidenden Gottesknecht (Jes.50:6; 52:13-53:12).

Die Prophetin Hanna

 

  »Auch die Prophetin Hanna war da, eine Tochter Phanuels aus dem Stamm Asser. Diese, an Tagen weit vorgeschritten, hatte seit ihrer Jungfrauschaft nur sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt. Sie war jetzt eine Witwe von etwa vierundachtzig Jahren, die sich nicht von der Weihestätte entfernte, Nacht und Tag unter Fasten und Flehen Gottesdienst darbringend. Zur selben Stunde trat auch sie herzu, huldigte Gott und sprach von Ihm zu allen, die in Jerusalem nach der Erlösung ausschauten« (Verse 36-38).

  Es sei am Rande betont, dass in Israel immer alle zwölf Stämme vertreten waren und sind, nicht nur von den Nordstämmen der Stamm Asser (siehe Artikel »Israel, das Zwölf-Stämme-Volk« auf meiner Website www.people.freenet.de/biblische_lehre).

  Auf Hanna traf zu, was in den Klageliedern 3:25,26 geschrieben steht: »Gut ist Jewe zu denen, die auf Ihn harren, der Seele, die nach Ihm forscht. Es ist gut, sowohl erwartend als auch still zu sein auf die Rettung Jewes hin.« Hanna war eine der Gerechten, die in Psalm 92:14-16 erwähnt werden: »Gepflanzt im Haus Jewes, werden sie knospen in den Vorhöfen unseres Elohim. Sie erzeugen noch Frucht, wenn sie schon grauhaarig sind; sie sind kraftvoll und frisch genug, um zu verkündigen, dass Jewe aufrichtig ist.«

  Hanna sprach von Ihm, Jesus, dem gekommenen Messias, zu allen, die nach der Erlösung ausschauten, von der Jesaia geredet hatte: »Brecht in Jubel aus! Jauchzet vereint, ihr verwüsteten Stätten Jerusalems! Denn Jewe tröstete Sein Volk, Er erlöste Jerusalem!« (Jes.52:9).

 

Rückkehr nach Nazareth

 

  »Als sie alles nach dem Gesetz des Herrn vollendet hatten, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazareth zurück« (Vers 39).

  Nach der Geburt Jesu am 11. 9. (1.Etanim) des Jahres 3 v. Chr., der Beschneidung am 18. 9. und nun Seiner Darstellung in der Weihestätte am 21. 10. (10. Bul) kehrte die Familie nach Nazareth zurück.

 

Das Knäblein wuchs

 

  »Das Knäblein aber wuchs heran und wurde standhaft [im Geist], mit Weisheit erfüllt, und die Gnade Gottes war auf Ihm« (Vers 40).

  Jesus wuchs heran wie jedes andere Menschenkind, da aber Gottes Gnade auf Ihm war und Er Sich mit dem geistgewirkten Wort befasste, wurde Er innerlich außergewöhnlich gefestigt, ja mit Weisheit erfüllt, wofür Lukas in den Versen 42 bis 49 ein Beispiel schildert.

 

Die Anbetung der Magier

 

  »Seine Eltern gingen nun jährlich zum Passahfest nach Jerusalem« (Vers 41).

  Dreimal im Jahr, nämlich zum Passahfest, zum Pfingstfest und zum Laubhüttenfest, hatte jeder männliche Israelit vom vollendeten 13. Lebensjahr an in der Weihestätte vor Jewe zu erscheinen (2.Mose 23:14-19; 34:23; 3.Mose 23; 5.Mose 16:16).

  Anlässlich des Passahs des Jahres 2 v. Chr. im März/April (Nisan) wohnten Joseph und Maria in einem Haus in Bethlehem, als die Magier aus dem Morgenland kamen, um den König der Juden anzubeten. Dies und die Flucht der Familie nach Ägypten sowie der Kindermord des Herodes in Bethlehem sind in Matthäus zwei nachzulesen. Nach dem Tod des Königs Herodes I am 28.1.1 v. Chr. kehrte die Familie aus Ägypten nach Nazareth zurück (Mat.2:19-21).

 

Der zwölfjährige Jesus in der Weihestätte

 

  »Als Er zwölf Jahre alt war, zogen sie wieder nach Jerusalem zum Fest hinauf, wie es ihre Gewohnheit war. Doch als sie sich nach Abschluss der Tage auf den Rückweg machten, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem zurück. Seinen Eltern war das aber nicht bekannt. Da sie meinten, Er sei bei der Karawane, zogen sie eine Tagesreise weit mit und suchten unter den Verwandten und Bekannten nach Ihm. Als sie Ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten dort nach Ihm. Nach drei Tagen fanden sie Ihn in der Weihestätte; Er saß inmitten der Lehrer, hörte ihnen zu und stellte Fragen an sie. Alle aber, die Ihn hörten, waren über Sein Verständnis und Seine Antworten außer sich vor Staunen« (Verse 42-47).

  Jesu geistliches Verständnis wird sich dem des Psalmisten angenähert haben, der einst bezeugte: »Ich habe mehr Einsicht erlangt als all meine Lehrer, denn Deine Zeugnisse sind mein Nachsinnen. Ich verstehe mehr als die Ältesten, denn ich bewahre Deine Vorschriften« (Ps.119:99,100).

 

»In den Dingen Meines Vaters«

 

  »Als seine Eltern Ihn gewahrten, verwunderten sie sich darüber, und Seine Mutter sagte zu Ihm: Kind, warum hast Du uns so etwas angetan? Siehe, Dein Vater und ich haben Dich mit Schmerzen gesucht! - Da sagte Er zu ihnen: Warum habt ihr Mich denn gesucht? Wusstet ihr nicht, dass Ich in den Dingen Meines Vaters sein muss? - Aber sie verstanden diese Rede nicht, die Er zu ihnen sprach« (Verse 48-50).

  Es war das zentrale Anliegen des Zwölfjährigen, in den Dingen Seines Vaters zu sein, Sich mithin im Hause Seines Vaters - das ist die Weihestätte (Ps.27:4; Joh.2:16) - aufzuhalten, vor allem aber, Bescheid zu wissen über das Wort und den Heilsvorsatz Seines Vaters, um darin erfahren zu werden. Schließlich sollte Er zukünftig nicht eine eigene, sondern die Lehre Seines Vaters, der Ihn gesandt hatte, verkündigen (Joh.7:16).

  Jesus sprach von Gott als Seinem Vater. Er war Sich also dessen bewusst, dass Er Gottes Sohn ist. Völlig in Gott, Seinem Vater, wollte Er leben. Der Wille Seines Vaters sollte Seine Speise werden (Joh.4:34).

 

Jesus ordnete Sich unter

 

  »Dann zog Er mit ihnen hinab, kam nach Nazareth und ordnete Sich ihnen unter. Seine Mutter aber bewahrte alle diese Reden sorgfältig und durchdachte sie in ihrem Herzen. Und Jesus machte Fortschritte in der Weisheit, bis Er voll erwachsen war, auch in der Gnade bei Gott und den Menschen« (Verse 51+52).

  Voll erwachsen war man in Israel mit dreißig Jahren (Luk.3:23).

  Im Gehorsam vor Seinem Gott und Vater ordnete Jesus Sich Seinen irdischen Eltern unter (2.Mose 20:12). So lernte Er den Gehorsam - bis hin zum Kreuzestode (Phil.2:8; Heb.5:8).

 

 

Das Wirken Johannes des Täufers

(Lukas 3)

 

  »Im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus als Prokurator in Judäa regierte und Herodes Vierfürst von Galiläa war (sein Bruder Philippus Vierfürst der Landschaft Ituräa und Trachonitis, und Lysanias Vierfürst von Abilene, unter den Hohenpriestern Hannas und Kaiphas), da erging der Ausspruch Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias, in der Wildnis« (Verse 1+2).

  Kaiser Augustus starb am 19.8.14 n. Chr. An diesem Tag begann die Regentschaft des Tiberius. Sein 15. Regierungsjahr währte vom 19.8.28 bis 18.8.29. Da Jesus »etwa dreißig Jahre alt« war (Luk.3:23) - Er war am 11.9.28 (1. Etanim 28) dreißig Jahre alt geworden - und dreieinhalb Jahr lang wirkte, war es im Herbst 28 alsbald nach dem Laubhüttenfest (15.-22. Etanim), dass Johannes der Täufer auftrat und Jesus von Jerusalem zum Jordan hinabging.

  Der Vierfürst Herodes Antipas regierte von 1 v. Chr. bis 39 n. Chr. Hoherpriester war Kaiphas. Hannas war von den Römern im Jahr 15 n. Chr. abgesetzt worden, wurde aber vom Volk weiterhin als der rechtmäßige Hohepriester angesehen.

  Deshalb nennt Lukas beide.

 

Der Rufer

 

  »Darauf zog er durch die gesamte Gegend um den Jordan und heroldete die Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden, wie in der Rolle der Worte des Propheten Jesaia geschrieben steht: Stimme eines Rufers: In der Wildnis bereitet den Weg des Herrn! Machet Seine Straßen gerade! Jede Schlucht soll ausgefüllt und jeder Berg und Hügel soll erniedrigt werden, die krummen Wege sollen zu geraden und die rauen zu glatten Wegen werden. Und alles Fleisch wird die Rettung Gottes sehen!« (Verse 3-6).

  Hier bekommen wir einen klaren Begriff von der Wassertaufe: Das Untertauchen drückt die Umsinnung aus, die Umkehr vom alten Verhalten und die Hinkehr zum Gott wohlgefälligen Wandel. Dies führte zur Erlassung der Sünden. (Wir heute sind allein durch Glauben [weit weg] von allen Sünden gerechtfertigt. An Schuld ist nicht mehr zu denken.) Johannes lehrte: Ohne Umsinnung keine Vergebung, selbst wenn man nach dem Gesetz des Mose die rituelle Reinigung von den Sünden erlangt haben sollte. Auf das Herz, auf die Gesinnung kommt es an.

  Der König kommt zu Israel! Machet Seine Straßen vor Ihm gerade, damit Er ungehindert fahre! Bahnt Ihm den Weg in euren Herzen!

  Das Zitat stammt aus Jesaia 40:3-5.

  Die Taufe des Johannes war etwas völlig Neues, wurde aber als Botschaft Gottes verstanden und angenommen. Denn »das Gesetz und die Propheten reichen bis auf Johannes. Von da an wird das Königreich Gottes als Evangelium verkündigt« (Luk.16:16). Ohne Umsinnung kein Zugang zum Königreich.

 

Bringt der Umsinnung würdige Frucht!

 

  »Er sagte daher zu den Scharen, die hinauszogen, um sich von ihm taufen zu lassen: Otternbrut! Wer hat euch zu verstehen gegeben, vor dem zukünftigen Zorn fliehen zu können? Bringt daher Frucht, würdig der Umsinnung! Auch fangt nicht an, bei euch selbst zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. - Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken« (Verse 7+8).

  Welch eine Verkündigung! Welch eine in Gott gefestigte Persönlichkeit musste Johannes sein, um sagen zu können: Otternbrut! (Bereits Jesaia hatte die Bösen mit Ottern verglichen; Jes.59:5; siehe auch Mat.12:34.) Schlangen seid ihr, listig und giftig! Ihr seid Kinder des Satans (Joh.8:44)! Ihr werdet dem Zorn Gottes nicht entrinnen, es sei denn, ihr sinnt um und bringt der Sinnesänderung würdige Frucht. Ohne Heiligung und ohne edle Werke wird niemand den Herrn sehen (Heb.12:14; 2.Pet.1:10).

  Die Berufung auf Abraham - in dem Sinne, dass ihm und seinen Nachkommen doch Rettung und Segen garantiert sei - reicht nicht. Man muss auch Kind Abrahams sein, indem man Glauben und edle Werke hat. Jesus wird ihnen alsbald vorhalten: »Wenn ihr Kinder Abrahams wäret, tätet ihr auch die Werke Abrahams« (Joh.8:39). Wenn die Juden nicht wollen - Gott kann Sich aus jedermann Kinder Abrahams erwecken.

 

Die Axt

 

  Johannes fuhr fort: »Die Axt aber liegt schon an der Wurzel der Bäume. Daher wird jeder Baum, der nicht edle Frucht trägt, umgehauen und ins Feuer geworfen« (Vers 9).

  Das Gericht, das über Leben und Tod für die Äonen entscheidet, ist unausweichlich. Nur edle Früchte des Lebens zeigen an, dass die Umsinnung echt war. Andernfalls wird man in die Gehenna des Feuers geworfen (Mat.7:19; Joh.15:6).

 

Fragen aus der Menge

 

  »Da fragte ihn die Volksmenge: Was sollen wir nun tun? Er antwortete ihnen: Wer zwei Untergewänder hat, teile mit dem, der keines hat; und wer Speisen hat, tue gleicherweise! - Dann kamen Zöllner, um sich taufen zu lassen; auch sie sagten zu ihm: Lehrer, was sollen wir tun? Er antwortete ihnen: Fordert nicht mehr ein, als euch verordnet ist! - Es fragten ihn aber auch einige Kriegsknechte: Und was sollen wir tun? Da antwortete er ihnen: Ihr sollt niemand ängstigen noch erpressen, und lasst  euch an euren Kostrationen genügen!« (Verse 10-14).

  Dies waren handfeste Beispiele für gute Werke aufgrund der Änderung der Gesinnung. Die Zöllner und Soldaten sollten ihre typischen Berufssünden aufgeben (und übrigens nicht ihren Beruf).

 

Taufe in Geist und Feuer

 

  »Als das Volk sich über Johannes Hoffnungen machte und alle in ihren Herzen erwogen, ob nicht er der Christus sei, nahm Johannes das Wort und sagte ihnen allen: Ich zwar taufe euch in Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich; und ich bin nicht würdig genug, Ihm die Riemen Seiner Sandalen zu lösen; Er wird euch in heiligem Geist und Feuer taufen« (Verse 15+16).

  Eine nachhaltige Umsinnung und überzeugende Früchte sind nur in der Kraft des heiligen Geistes auf Dauer möglich. Darum weist Johannes nun auf Jesus hin, dessen Vorläufer er ist. Jesus wird die Gläubigen in heiligem Geist und Feuer taufen. Der heilige Geist ist der Geist Gottes, Geist von Gott, der Geist ist (Joh.4:24). Wahre Kräftigung findet nur durch den Geist Gottes statt. Er wurde zum Pfingstfest des Jahres 32 n. Chr. auf die Gläubigen ausgegossen

(Ap. 2). Und in Feuer wird Jesus sie taufen, mithin in Drangsalen von allem Fleischlichen scheiden und sie zu Bewährten machen (Mal.3:3).

 

Er wird Seine Tenne säubern

 

  Des Weiteren sagte Johannes von Jesus: »Er hat die Worfschaufel in Seiner Hand und wird Seine Tenne säubern und das Getreide in Seine Scheune sammeln; die Spreu aber wird Er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen« (Vers 17).

  Nichts Unreines wird in das Königreich Christi hineinkommen; deshalb wird Er die Spreu vom Getreide trennen. Es erfolgt eine klare Scheidung. Die Leichen der Untreuen werden in die Gehenna des Feuers unterhalb von Jerusalem geworfen, wo ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht erlischt, solange der Äon währt (Mat.5:30; Jes.66:24).

 

Johannes kam ins Gefängnis

 

  »Auch in anderer Weise sprach er nun dem Volk vielfach zu und verkündigte das Evangelium. Der Vierfürst Herodes aber, der von ihm wegen Herodias, der Frau seines Bruders Philippus, und wegen alles Bösen, das Herodes verübt hatte, überführt worden war, fügte zu allem noch dies hinzu: er ließ Johannes ins Gefängnis einschließen« (Verse 18-20).

  Johannes warnte nicht nur vor dem Gericht, sondern verkündigte auch die frohmachende Botschaft, die Umsinnung voraussetzt und Jesus, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde auf Sich nimmt, zum Mittelpunkt hat, der allen an Ihn, den Sohn Gottes Glaubenden, das äonische Leben vermittelt (Joh.1:29; 3:31-36).

  Johannes überführte übrigens auch Herodes Antipas von der Sünde, die Frau seines Bruders Philippus genommen zu haben (Mat.14:3). Deshalb kam der Täufer in den Kerker. Dies geschah aber erst im Jahr 30 n. Chr. Lukas greift hier weit vor.

 

Die Taufe Jesu

 

  »Als das Volk sämtlich getauft war und auch Jesus getauft wurde und betete, geschah es, dass sich der Himmel auftat und der Geist, der heilige, körperlich wie eine Taube aussehend, auf Ihn herabstieg. Da ertönte eine Stimme aus dem Himmel: Du bist Mein geliebter Sohn, an Dir habe Ich Mein Wohlgefallen!« (Verse 21+22).

  Jesus hatte eine Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden nicht nötig. Mithin ließ Er Sich, ebenso wie Er für das Volk starb, auch zugunsten des Volkes taufen. Deren Taufe hatte also in der Taufe Jesu eine feste Basis.

  Der vom Himmel herabkommende Geist Gottes hatte ein körperliches Aussehen, war also sichtbar. Er kam auf Jesus, wie eine Taube auf Ihn kommen würde. Der Geist erfüllte Ihn völlig, und zwar ohne Maß (Joh.3:34), und verlieh Ihm die Kraft für alle Seine Aufgaben (Luk.4:18). Es erfüllte sich Jesaia 11:2, wonach der Geist Jewes auf Ihm ruhen werde.

  Gott der Vater, bestätigte vor allem Volk, dass Jesus Sein Sohn ist. Auf diesen, den Verheißenen, sollen sie hören. Die Stimme verband das Wort aus Psalm 2:7: »Jewe sagt zu Mir: Mein Sohn bist Du, heute habe Ich Dich gezeugt« mit dem Wort aus Jesaia 42:1: »Siehe! Mein Knecht! Aufrecht halte Ich Ihn! Mein Auserwählter, dem Meine Seele mit Wohlgefallen zugewandt ist. Ich gebe Meinen Geist auf Ihn.«

  Ein weiteres Mal wird Jesus sodann im Jahr 31 n. Chr. auf dem Berg der Verklärung vom Vater als der geliebte Sohn bestätigt werden (Mat.17:5; Luk.9:35).

 

Der Stammbaum Jesu auf der Linie der Maria

 

  Mit den folgenden Versen 23 bis 28 gibt Lukas uns den Stammbaum Jesu auf der Linie der Maria an, weil Jesus der Adam und Eva im Garten Eden verheißene Same nicht des Mannes, sondern der Frau ist (1.Mose 3:15). In Matthäus 1:1-16 findet man den Stammbaum Jesu auf der Linie des Joseph.

  »Als Jesus Sein Wirken begann, war Er Selbst etwa dreißig Jahre alt und war nach dem Gesetz der Sohn des Joseph, des Heli ...« (Vers 23).

  Mit dreißig Jahren war ein Israelit mündig (1.Mose 41:46; 4.Mose 4:3). So trat Jesus nun Seinen Dienst an.

  Er war nach dem Gesetz ein Sohn des Joseph, denn Letzterer war der Ehemann der Maria.

  Joseph wiederum war der Schwiegersohn des Heli; er hatte Maria, die Tochter Helis, geheiratet. Der leibliche Vater Josephs war Jakob, denn es heißt von ihm: »Jakob zeugte Joseph« (Mat.1:16). Maria war eine Erbtochter, von denen in 4.Mose 27:8 geschrieben steht: »Wenn ein Mann stirbt und keinen Sohn hat, dann sollt ihr sein Erbteil auf seine Tochter übergehen lassen.« Marias Erbe lag in Bethlehem, weshalb sie sich »zusammen mit« (Luk.2:5) Joseph dort einschreiben lassen und die beschwerliche Reise auf sich nehmen musste. Maria durfte übrigens auch nicht außerhalb ihres Stammes Juda heiraten, damit dem Stamm kein Erbteil verloren gehen (4.Mose 36:8,9).

  »... des Matthat, des Levi, des Melchi, des Janna, des Joseph, des Matthathias, des Amos, des Nahum, des Esli, des Naggai, des Maath, des Matthathias, des Semei, des Josech, des Joda, des Johannas, des Resa, des Serubabel, des Salathiel, des Neri ...« (Verse 24-27).

  Serubabel war der Sohn Pedajas und der Enkel Salathiels (1.Chron.3:18,19). Dem steht Matthäus 1:12 mit der Aussage: »Salathiel zeugte Serubabel« nicht entgegen, da man »zeugen« auch mit »erwerden lassen« übersetzen kann, woran ein Großvater ja Anteil hat.

  Serubabel war von dem Perserkönig Kyros II, dem Großen, 536 v. Chr. als Statthalter von Judäa eingesetzt worden, hatte den ersten Heimkehrzug angeführt (Esra 2:2) und den Bau des zweiten Tempels im Jahr 535 v. Chr. begonnen (Esra 3:8-11).

  Salathiel wiederum war »des Neri« (Luk.3:27), nach Matthäus 1:12 aber von Jechonia gezeugt (was 1.Chron.3:17 entspricht). Daraus ist zu schließen, dass Salathiel der Schwiegersohn des Neri war und Neri keinen leiblichen Sohn hatte, der den Stammbaum normalerweise fortgeführt hätte.

  »... des Melchi, des Addi, des Kosam, des Elmadam, des Er, des Jesus, des Eliezer, des Jorim, des Matthat, des Levi, des Simeon, des Juda, des Joseph, des Jonam, des Eliakim, des Melea, des Menna, des Matthatha, des Nathan, des David ...« (Verse 28-31).

  Nathan war einer der David von Bathseba geborenen Söhne (1.Chron.3:5). David, der zweite König Israels, lebte von 1055 bis 985 v. Chr. (2.Sam.5:4).

  Jesus ist ein Sohn Davids, und zwar sowohl über die Linie Josephs (Mat.1:6) als auch Marias, ja Er ist der Sohn Davids, der verheißene. Einer aus den Lenden Davids sollte der König Israels für die Äonen werden, wie der Prophet Nathan im Namen Jewes gesprochen hatte: »Ich werde einen Nachkommen, der aus deinem Leib kommt, nach dir erstehen lassen und werde sein Königtum bereiten. Er, er wird Meinem Namen ein Haus bauen, und Ich werde den Thron seines Königtums für den Äon festigen. Ich, Ich werde ihm zum Vater, und er, er wird Mir zum Sohn« (2.Sam.7:12-14).

  Es folgen die Vorfahren Davids: »... des Isai, des Obed, des Boas, des Salmon ...« (Vers 32). Hierzu aus Matthäus 1:5,6: »Salmon zeugte Boas mit der Rahab, Boas zeugte Obed mit der Ruth, Obed zeugte Isai. Isai zeugte David, den König« (vgl. Ruth 4:21).

  Wir lesen bei Lukas weiter: »... des Nahasson, des Aminadab, [des Admein; vermutlich anderer oder Zusatzname Aminadabs], des Arni (auch Aram und Ram genannt; Ruth 4:19; Mat.1:4), des Esrom, des Phares (auch Perez genannt; 1.Mose 46:12; Ruth 4:18), des Juda, des Jakob, des Isaak, des Abraham (1.Mose 12:25) ...« (Verse 32-34).

  Abraham, der Vorvater Israels, lebte von 1965 bis 1790 v. Chr. Über ihn liest man in 1.Mose 22:17,18: »Ich werde dich segnen, ja segnen und deinen Samen mehren, ja mehren wie die Sterne der Himmel und wie den Sand, der am Gestade des Meeres ist. Und dein Same soll das Tor seiner Feinde einnehmen, und alle Nationen der Erde werden sich in deinem Samen segnen insofern, weil du auf Meine Stimme gehört hast.« Dieser Same, dieser Segen bringende Nachkomme, ist Jesus, wie der Apostel Paulus erklärt: »Nun sind die Verheißungen aber dem Abraham und seinem Samen angesagt worden. Es heißt nicht: und den Samen (als von vielen), sondern: und deinem Samen (als von dem Einen), welcher Christus ist« (Gal.3:16).

  »... des Thara, des Nachor, des Seruch, des Regu, des Peleg, des Eber ...« (Verse 34+35).

  In den Tagen Pelegs (ca. 2566 - 2227 v. Chr.) wurde die Erde abgeteilt, das heißt sei teilte sich in Kontinente (1.Chr.1:19; 1.Mose 10:25; 11:16; 5.Mose 32:8).

  Von Eber (das heißt »Hinübergehen«, und zwar über den Euphrat nach Westen, aber auch vom Irdischen zum Geistlichen) (1.Mose 10:21,24, 11:14) leitet sich der Begriff »Hebräer« ab.

  Abraham wurde als Hebräer bezeichnet (1.Mose 14:13). Und zum Beispiel auch Jona und Paulus nannten sich Hebräer (Jona 1:9; Phil.3:5). Mose nannte Elohim den Elohim der Hebräer (2.Mose 3:18; 5:3). Joseph in Ägypten bezeichnete seine Heimat als das Land der Hebräer (1.Mose 40:15).

  »... des Sala, des Kainan, des Arphaxad, des Sem, des Noah ...« (Verse 35+36).

  Noah war der Mann, der Gnade in den Augen Jewes gefunden hatte (1.Mose 6:8) und zusammen mit seiner Frau, seinen Söhnen Sem, Ham und Japhet und seinen drei Schwiegertöchtern durch die große Flut hindurchgerettet wurde. Er wurde 950 Jahre alt und lebte etwa von 3697 bis 2747 v. Chr. (1.Mose 5:28-9:28). Die Flut fand um das Jahr 3097 v. Chr. statt (1.Mose 7:10).

  Kainan wird nur im Text der Septuaginta von 1.Mose 10:24 und 11:12 und nun hier in Lukas 3:36 erwähnt, nicht aber im masoretischen Text, auch nicht in dem von 1.Chronik 1:18+24. Vermutlich war Kainan der erste, aber kinderlose Sohn des Arphaxad, sodass die Linie durch Sala, einen anderen Sohn des Arphaxad, fortgesetzt wurde (1.Mose 11:13).

  »... des Lamech, des Methusala, des Henoch, des Jared, des Maleleel, des Kainan, des Enos, des Seth ...« (Verse 36-38).

  Diese Linie ist auch in 1.Chronik 1:1-3 nachzulesen und wird in 1.Mose fünf näher beschrieben.

  Henoch wird in Judas 14 als der siebente von Adam an und als Prophet bezeichnet. In Hebräer 11:5 heißt es von ihm: »Durch Glauben wurde Henoch hinweggerafft, um den Tod nicht wahrzunehmen; und er wurde nicht gefunden, weil Gott ihn hinwegraffte. Denn vor seiner Hinwegraffung wurde ihm bezeugt, dass er Gott wohlgefallen habe. Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Ihm wohlzugefallen.« Im Glauben starb Henoch (Heb.11:13). Er hatte unter Ruchlosen gelebt (Jud.14) und sollte ihre Bosheit und ihr Dahinsiechen, ihr Gericht, aber auch seinen eigenen Sterbensprozess nicht wahrnehmen, nicht länger ansehen müssen, wie Jesaia 57:1 sagt: »Der Gerechte wird angesichts des Bösen (oder: vor dem Bösen) weggerafft.«

  »... des Adam, Gottes« (Vers 38).

  Adam ist Gottes, stammt von Gott her. Hierzu lesen wir im ersten Buch Mose: »Dann sagte Elohim: Lasst Uns den Menschen machen in Unserem Bild und uns gleichgestaltet« (1:26); »Dann formte Jewe Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase; und der Mensch wurde eine lebende Seele« (2:7); »An dem Tag, als Elohim den Adam erschuf, machte Er ihn in der Gleichheit Elohims« (5:1).

 

 

Voll heiligen Geistes

(Lukas 4)

 

  »Voll heiligen Geistes kehrte Jesus vom Jordan zurück und wurde vom Geist vierzig Tage in die Wildnis geführt und vom Widerwirker versucht. In jenen Tagen aß Er gar nichts, und bei deren Abschluss hungerte Ihn zuletzt« (Verse 1+2).

  Im Jordan von Johannes in Wasser und vom Vater in heiligem Geist getauft (Luk.3:21,22), begab Sich Jesus von dort weg. Der Vater führte Ihn durch Seinen Geist in die Ödnis. Wie denn Gott durch Seinen Geist alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph.1:11). Wohl war es der Satan, der Jesus versuchte, doch auch dessen Willensbildung bewirkt Gott.

  Wir werden an Mose erinnert, von dem es heißt: »Er weilte dort (auf dem Berg) bei Jewe vierzig Tage und vierzig Nächte; er  aß währenddessen kein Brot und trank kein Wasser. Dann schrieb er die Worte des Bundes auf die Tafeln - die zehn Worte« (2.Mose 34:28; 5.Mose 9:9).

  Der Diabolos wollte Jesus zum Bösen versuchen (verleiten). Gott aber stellte Seinen Sohn auf die Probe, damit Er Gelegenheit habe, Sich zu bewähren. König David betete sogar: »Prüfe mich, Jewe, und erprobe mich« (Ps.26:2). Nicht den bösen Menschen, sondern den Gerechten prüft Jewe der Heerscharen (Jer.20:12). So auch gerade Seinen Sohn.

 

Nicht vom Brot allein

 

  »Da sagte der Widerwirker zu Ihm: Wenn Du Gottes Sohn bist, sage diesem Stein, dass er Brot werde. - Jesus aber antwortete ihm: Es steht geschrieben: Nicht vom Brot allein wird der Mensch leben, sondern von jedem Wort Gottes« (Verse 3+4).

  Jesus hatte brennenden Hunger. Satan setzte also an der entscheidenden Stelle an. Zugleich vertrat er den gefährlichen Gedanken, dass der Gottessohn doch nicht solche Entbehrungen ertragen müsse. - Der Satan wusste, dass Jesus Gottes Sohn ist. Er kannte Ihn von den Äonen an, zumal er ja Zugang in den Himmel hat (Hiob 1:6; Off.12:8), und im Übrigen auch vom Garten Eden her (1.Mose 3).

  Unser Herr Jesus Christus aber ließ Sich nicht vom Wort Gottes abbringen, sondern gebrauchte das Schwert des Geistes, das ein Ausspruch Gottes ist, indem Er sagte, was in 5.Mose 8:3 geschrieben steht, dass nämlich der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern aufgrund eines jeden Wortes, das aus dem Mund Jewes herausgeht. Die Beachtung des Wortes ist wichtiger als essen. Wenn die von Gott verordneten vierzig Tage um sind, wird Jesus wieder essen. Er vertraute auf Gott, der Ihn mit Brot versorgen wird, wenn es sein soll.

 

Wer anzubeten ist

 

  »Danach führte der Widerwirker Ihn auf einen hohen Berg hinauf, zeigte Ihm in der Zeit von einer Sekunde alle Königreiche der Wohnerde und sagte zu Ihm: Die Vollmacht über dies alles und ihre Herrlichkeit werde ich Dir geben; denn mir ist sie übergeben, und ich gebe sie, wem ich will. Wenn Du nun vor meinen Augen anbetest, wird alles Dein sein. - Da antwortete Jesus ihm: Geh fort, hinter Mich, Satan; denn es steht geschrieben: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und Ihm allein Gottesdienst darbringen« (Verse 5-8).

  Dies war die dritte Versuchung. Matthäus führt die Versuchungen der Reihe nach auf (Mat.4:1-11), Lukas beginnt Vers 5 mit einem »und«, was höchstens besagt, dass es nach der ersten Versuchung war. Aus Vers 8 erfahren wir, dass Jesus den Satan fortschickte, womit alle Versuchungen abgeschlossen waren. Außerdem heißt es in Vers 9 zu Beginn der zweiten Versuchung sinngemäß: Aber der Satan führte Jesus auch nach Jerusalem; dies steht im 2. Aorist und darf mithin als »... hatte Ihn aber auch nach Jerusalem geführt« verstanden werden.

  Das Vollmachtsgebiet des Satans ist der Luftraum (Eph.2:2). Er ist der Gott dieses Äons (2.Kor.4:4) und der Fürst dieser Welt (Joh.12:31; 14:30; 16:11). Gott hat ihm die Vollmacht über alle Regierungen der Welt übergeben, und Satan gibt sie, wem er will, zum Beispiel demnächst dem wilden Tier (Off.13:2). Die Herrschaft über die ganze Welt ist aber dem Messias verheißen (Jes.2:2-4; 11:10; 66:18; Ps.2:8; 67; 82:8).

  Jetzt hätte Jesus die Gelegenheit, die Königsherrschaft über die ganze Welt zu übernehmen, ohne das Kreuz auf Sich nehmen zu müssen, ohne die Sünden der Menschen zu sühnen. Die Nöte der Menschen, vor allem die Sünde und der Tod, wären dann allerdings nicht behoben worden. Und Jesus wäre vom Satan abhängig.

  Satan will Anbetung; darum gibt er dem wilden Tier, dem Antichristus, seine Vollmacht über die Erde, und jener tut in der Kraft Satans Zeichen und Wunder (2.Thess.2:9). So kommt es zur Anbetung des wilden Tieres und des Satans durch die ganze Erde (Off.13:4,8,15).

  Jesus aber hielt dem Satan das Wort aus 5.Mose 6:13 nach der Septuaginta entgegen, das nach dem masoretischen Text wie folgt lautet: »Jewe, deinen Elohim, sollst du fürchten und Ihm dienen« (vgl. 5.Mose 10:20). Im Übrigen sagt 2.Mose 34:14: »Du sollst dich vor keinem anderen El niederwerfen; denn Jewe, Eiferer ist Sein Name, Er ist ein eifernder El.«

 

Wirf Dich hinab!

 

  »Auch führte der Widerwirker Ihn nach Jerusalem, stellte Ihn auf den Flügel der Weihestätte und sagte zu Ihm: Wenn Du Gottes Sohn bist, so wirf Dich von hier hinab! Denn es steht geschrieben: Seinen Boten wird Er Deinethalben gebieten, Dich zu behüten, und: Auf ihren Händen werden sie Dich aufheben, damit Du Deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. - Jesus antwortete ihm: Es ist ausdrücklich gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen!« (Verse 9-12).

  Wenn es auch seltsam klingt: Die Gläubigen kann man am besten mit Bibelworten verführen - mit falsch angewandten Bibelworten! Deshalb sind wir gehalten, das Wort der Wahrheit richtig zu schneiden (2.Tim.2:15), zu unterscheiden, zuzuordnen, den zeitlichen, personellen und sachlichen Bezug zu beachten und insbesondere zwischen den an Israel und den an uns, die Körpergemeinde (Eph.1:22,23), gerichteten Worten zu unterscheiden.

  Satan kannte und zitierte Psalm 91, Verse 11 und 12. Jesus aber wusste, dass es noch nicht an der Zeit war, von oben herab zu kommen. Eines Tages wird Er sogar vom Himmel herabkommen. Durch das Schauwunder eines Sprunges von der Weihestätte wären die Juden Ihm zwar zugefallen, aber mit nicht wiedergeborenem Herzen. Und wie lange hätte ihre Begeisterung über den Messias angedauert? Und wie sollte sich der von Gott in Christus, und diesem als gekreuzigt, gefasste Vorsatz der Äonen erfüllen (1.Kor.2:2,7,8; Eph.3:11)?

  Der Herr wies den Satan mit dem in diesem Falle zutreffenden Wort aus 5.Mose 6:16 ab. Selbstverständlich kann Gott Ihn bewahren - das muss doch nicht bewiesen werden! Man erprobt Gott, wenn man an Ihm oder Seinen Wegen zweifelt. Wer Gott auf die Probe stellt, fordert Ihn heraus und will Ihn zu etwas zwingen - undenkbar für den Sohn Gottes! Das wäre das Gegenteil von Vertrauen. - Siehe auch 1.Korinther 10:9.

 

Der Satan entfernte sich

 

  »Nach Abschluss all dieser Versuchungen entfernte sich der Widerwirker von Ihm bis zu gelegener Zeit« (Vers 13).

  Der Satan gab nur für den Moment auf. Jede sich ihm bietende Gelegenheit wird er wahrnehmen, um Jesus zu Fall zu bringen, nicht erst durch Judas Iskariot (Luk.22:3), sondern durch viele heuchlerische Anfragen der Juden (Mat.16:1; 19:3; 22:18,35; Luk.11:16; 20:23).

  Die Betrachtung dieses Schriftabschnitts schließend, nehmen wir uns die folgenden Gottesworte zu Herzen: »Wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht mit unserer Schwachheit Mitgefühl haben könnte, sondern einen, der in allem auf die Probe gestellt wurde, in unserer Gleichheit, nur ohne Sünde« (Heb.4:15). »Ordnet euch nun Gott unter, widersteht aber dem Widerwirker, und er wird von euch fliehen« (Jak.4:7).

 

In der Kraft des Geistes

 

  »Jesus kehrte dann in der Kraft des Geistes nach Galiläa zurück, und die Kunde von Ihm ging in die ganze Umgegend aus; Er Selbst lehrte in ihren Synagogen und wurde von allen verherrlicht« (Verse 14+15).

  Lukas übergeht das ganze Jahr 29 n. Chr. Was unser Herr in dieser Zeit tat, ist insbesondere in Johannes 2:1 bis 4:4 nachzulesen.

  Einige Zeit nach dem Passahfest des Jahres 30 n. Chr. (Joh.2:13) kam Jesus wieder nach Galiläa (vgl. Joh.2:1¸4:3) - voll heiligen Geistes.

 

Jesus in Nazareth

 

  »Er kam auch nach Nazareth, wo Er aufgewachsen war, und ging nach Seiner Gewohnheit am Tag der Sabbate in die Synagoge. Dort stand Er auf, um vorzulesen, und man reichte Ihm die Rolle des Propheten Jesaia. Er öffnete die Rolle und fand die Stelle, wo geschrieben war: Der Geist Meines Herrn ist auf Mir, weswegen Er Mich gesalbt hat, um den Armen Evangelium zu verkündigen; Er hat Mich ausgesandt, um zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind, um Gefangenen Erlassung zu herolden und Blinden das Augenlicht zu geben, um Niedergebeugte mit Erlassung fortzuschicken und ein wohlannehmbares Jahr des Herrn zu herolden ...

  Als Er die Rolle zusammengerollt und dem untergebenen Diener wiedergegeben hatte, setzte Er Sich, und aller Augen in der Synagoge sahen unverwandt auf Ihn. Dann begann Er, ihnen zu sagen: Dieses Schriftwort ist heute in euren Ohren erfüllt!« (Verse 16-21).

  Dies geschah an einem Tag der Sabbate, das heißt dass entweder ein Festsabbat und ein gewöhnlicher Sabbat auf denselben Tag fielen oder die beiden Sabbathälften gemeint sind, da die Priesterabteilungen sich jeweils in der Mitte des Sabbats, zum Sonnenaufgang, in ihrem Wochendienst ablösten (1.Chron.24:7-18; 2.Chron.23:8; Luk.1:8).

  Unser Herr Jesus Christus hatte Jesaia 61, Verse 1 und 2 vorgelesen. Die Worte »den Blinden das Augenlicht« finden sich nur in der Septuaginta, im Übrigen in Jesaia 29:18 und 35:5.

  Als Jesus vorlas: »Der Geist ... ist auf Mir«, werden einige aufgrund Seiner Aussprache gefühlt haben, dass Er von Sich Selbst sprach. Bei den Worten: »Er hat Mich gesalbt«, werden weitere verstanden haben, dass Er nicht nur gesalbt wurde, sondern der Gesalbte, der Messias, ist. »Der Gesalbte« heißt nach dem Hebräischen »Messias«, nach dem Griechischen »Christus«.

Was Er dann sagte, nämlich wozu Er im Einzelnen ausgesandt wurde, was Er ja auch tatsächlich in der Kraft des Geistes tat, waren genau die Merkmale, an denen man den Messias erkennen sollte und an denen auch Johannes der Täufer Ihn erkannte (Mat.11:4; Jes.29:18,19; 35:5).

  Und als Jesus dann zum Ausdruck brachte, dass dieses Schriftwort heute erfüllt sei, werden fast alle erkannt haben, dass es in Ihm erfüllt war.

  Das wohlannehmbare Jahr, das der Herr ankündigte, hat einen engen Bezug zum Jobeljahr, dem fünfzigsten Jahr, in welchem jeder wieder zu seinem Eigentum kam und zu seiner Sippe zurückkehrte (3.Mose 25:8-12). Jesus wird Seinem Volk die Befreiung, Heilung und allen weiteren verheißenen Segen vermitteln.

  Der Herr hatte übrigens Seine Lesung mitten im Satz mit dem Wort vom wohlannehmbaren Jahr beendet und das sich anschließende Wort vom Tag der Rache Elohims weggelassen. Dies ist verständlich, weil jener Tag zu dieser Zeit nicht Sein Auftrag war.

 

»Arzt, kuriere dich selbst!«

 

  Da sagte Er zu ihnen: Zweifellos werdet ihr Mir dieses Gleichnis vorhalten: Arzt, kuriere dich selbst! Alles, was in Kapernaum geschah, wie wir hörten, das vollbringe auch hier in Deiner Vaterstadt!« (Vers 23).

  Arzt, kuriere dich selbst!, das heißt: Andere hast Du geheilt, heile Dich nun auch Selbst, Jesus, wenn Du kannst, und bedeutet im gegebenen Zusammenhang: Kapernaum hast du durch Deine Wunder berühmt gemacht, so mache auch Dich berühmt, und zwar hier in Deiner Vaterstadt, damit wir an Dich glauben und auch unsere Stadt berühmt werde! Das in Israel gering geschätzte Nazareth (Joh.1:46) verlangte nach Ehre. Und stellte Bedingungen an den Messias.

 

Die Wertschätzung eines Propheten in seiner Vaterstadt

 

  »Weiter sagte Er: Wahrlich, Ich sage euch: Kein Prophet ist wohlannehmbar in seiner Vaterstadt« (Vers 24).

  Warum ist ein Prophet in seiner Vaterstadt ungeehrt? Weil sie meint, dass er ihre Interessen verfechten müsse, was dem Auftrag eines Propheten aber nicht entspricht.

 

Vom Anspruch auf Segnungen

 

  Nun wurde Jesus ganz deutlich. Die Juden haben allein deshalb, weil sie Gottes Bundesvolk sind, keinen Anspruch auf Segnungen - abgesehen davon, dass sie den Bund gebrochen haben (Jer.31:32). Den Segen empfangen nur die Gläubigen unter ihnen. Ja, eher erhält ein Ausländer Segen als das ungläubige Israel.

  »In Wahrheit aber sage Ich euch: In den Tagen des Elia, als der Himmel für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und als eine große Hungersnot über das gesamte Land hereinbrach, gab es viele Witwen in Israel; und doch wurde Elia zu keiner von ihnen gesandt außer zu einer Frau in Sarepta in Sidonien, die Witwe war. Und zur Zeit des Propheten Elisa gab es viele Aussätzige in Israel, und doch wurde keiner von ihnen gereinigt außer dem Syrer Naeman« (Verse 25-27).

  Die Witwe von Sarepta, hebr. Zarpath, einer Stadt bei Sidon, war eine Phönizierin. Der Prophet Elia rettete sie und ihren Sohn vor dem Hungertod und erweckte ihren Sohn aus dem Tode (1.Kön.17:8-16). Naeman, der Oberste des syrischen Heeres, wurde durch den Propheten Elisa vom Aussatz (oder: von der Lepra) geheilt (2.Kön.5:1-19).

  Kein Israelit wurde geheilt. Daraus ergab sich, dass Jesus jetzt auch in Nazareth kein Wunder tun würde.

 

Sie wollten Ihn umbringen

 

  »Als sie dies hörten, wurden alle in der Synagoge mit Grimm erfüllt; sie standen auf, trieben Ihn aus der Stadt hinaus und führten Ihn bis zum Rand des Berges, auf dem ihre Stadt gebaut war, um Ihn den Abhang hinabzustürzen. Er aber schritt mitten durch sie hindurch und zog weiter« (Verse 28-30).

  In der Festigkeit des heiligen Geistes schritt Jesus mitten durch sie hindurch (vgl. Joh.8:20,59). So hatten die Nazarener nun ihr Wunder bekommen, wenn auch anders als gedacht. Jesus war gekommen, um Sünder zu retten; jene aber wollten große Taten als Beweis dafür sehen, dass Er imstande sei, die Weltherrschaft für Israel aufzurichten.

 

Jesus in Kapernaum

 

  »Dann kam Er nach Kapernaum hinab, einer Stadt Galiläas, und lehrte sie an den Sabbaten. Dort verwunderten sie sich über Seine Lehre, da Sein Wort in Vollmacht war« (Verse 31+32).

  Jesus nahm Wohnung in Kapernaum (Mat.4:13). Seine Lehre, erfüllt von göttlicher Autorität, bewegte die Menschen dort sehr.

 

Ein Besessener

 

  »In der Synagoge war ein Mann, der den Geist eines unreinen Dämons hatte; der schrie mit lauter Stimme auf und sagte: Ha! Was ist zwischen uns und Dir, Jesus, Nazarener! Bist Du gekommen, uns umzubringen? Ich weiß von Dir, wer Du bist: der Heilige Gottes! - Jesus schalt ihn: Verstumme und fahre von ihm aus! - Da schleuderte der Dämon ihn mitten unter sie und fuhr von ihm aus, ohne ihm irgend etwas zu schaden. Heilige Scheu fiel auf alle, sodass sie sich miteinander besprachen und fragten: Was ist dies für ein Wort? Denn mit Vollmacht und Kraft gebietet Er den unreinen Geistern, und sie fahren aus. - Und die Kunde von Ihm ging in jeden Ort der Umgegend hinaus« (Verse 33-37).

  Dieser Mann war von einem bösen Geist besessen, der seinen Geist unmittelbar beeinflusste und durch ihn sprach. Der Dämon wusste, wer Jesus war: Der heilige Sohn Gottes, der alle bösen Geister eines Tages richten wird (2.Pet.2:4; Jud.6; 1.Kor.6:3).

  Jesus schalt ihn (oder: verwarnte ihn); das ist vom griechischen Begriff her (epitimaõ, aufbewerten) ein Zurechtweisen unter Hinweis auf den Wert einer Sache. Der Herr will keine Werbung für Sich durch die Dämonen. Dementsprechend gebot auch Paulus dem Pythongeist der Magd von Philippi, auszufahren (Ap.16:17,18):

 

Die Heilung der Schwiegermutter des Petrus

 

  Jesus stand dann auf, verließ die Synagoge und ging in das Haus des Simon. Die Schwiegermutter des Simon aber war von hohem Fieber befallen, und man ersuchte Ihn, nach ihr zu sehen. Herzutretend beugte Er Sich über sie und schalt das Fieber. Da verließ das Fieber sie. Auf der Stelle stand sie auf und bediente sie« (Verse 38+39).

  Jetzt erfüllte sich das Wort aus Psalm 103:3 auch an dieser Frau: »Der vergibt all deine Verwerflichkeit, der da heilt all deine Krankheiten.«

  Jesus hatte inzwischen sechs Jünger, wörtlich: Lernende, berufen: Simon, der auch Kephas (Petrus) genannt wurde, Andreas, Philippus, Nathanael, Jakobus und Johannes (Mat.4:18-22; Mark.1:16-20,29; Joh.1:35-51).

Jesus heilte viele

 

  »Als die Sonne unterging, führten alle, die Hinfällige mit mancherlei Krankheit hatten, dieselben zu Ihm. Er aber, jedem Einzelnen von ihnen die Hände auflegend, heilte sie. Und auch Dämonen fuhren von vielen aus; die schrien und riefen: Du bist [der Christus], der Sohn Gottes! - Doch Er schalt sie und ließ sie nicht sprechen, weil sie wussten, dass Er der Christus war« (Verse 40+41).

  Die Geister kennen den Sohn Gottes von ihrer Erschaffung an (Kol.1:16). Die Dämonen glauben, dass Gott Einer ist, und schaudern dabei (Jak.2:19). Der Herr wird die Huldigung der Dämonen, der »Unterirdischen«, erst nach den Äonen, bei der Vollendung (1.Kor.15:24), annehmen (Phil.2:9-11). Zuvor müssen sie durch Gericht zurechtgebracht werden.

 

Weitere Dienste Jesu

 

  »Als es Tag wurde, trat Er hinaus und ging an eine einsame Stätte. Die Scharen jedoch suchten Ihn, kamen bis zu Ihm und hielten Ihn auf, damit Er nicht von ihnen gehe. Er aber sagte zu ihnen: Ich muss auch den anderen Städten das Königreich Gottes als Evangelium verkündigen; denn dazu wurde Ich ausgesandt. - Und so heroldete Er in den Synagogen Judäas« (Verse 42-44).

  An der einsamen, öden Stätte betete Jesus (Mark.1:35). Denn der Sohn kann nichts von Sich Selbst aus tun (Joh.5:19). Er sucht den Willen und die Verherrlichung des Vaters.

  Das Evangelium des Israel verheißenen Königreichs Gottes heroldete Jesus mit den Worten:  »Erfüllt ist die Frist, und genaht hat sich das Königreich Gottes. Sinnet um und glaubt an das Evangelium!« (Mark.1:15).

 

 

Jesus hat alle Vollmacht

(Lukas 5)

 

  »Als Er Selbst dann am See Genezareth stand und die Volksmenge Ihn umdrängte, um das Wort Gottes zu hören, sah Er zwei Schiffe am Ufer des Sees liegen. Die Fischer waren aus ihnen gestiegen und spülten die Netze ab. Da stieg Er in eines der Schiffe, es war das des Simon, und ersuchte Ihn, ein wenig vom Land weg hinauszufahren; dann setzte Er Sich und lehrte die Volksmenge vom Schiff aus« (Verse 1-3).

  Von vielen Menschen dicht umdrängt, lässt sich nicht gut lehren. Daher ließ der Herr Jesus Christus Sich ein wenig auf den See hinausfahren.

  Simon war einer Seiner Jünger, so auch Andreas, Jakobus und Johannes, Philippus und Nathanael (Mat.4:18-22;Mark.1:16-20; Joh.1:35-51). Die vier erstgenannten »Lernenden« (griech. mathêtês) waren Fischer; sie hatten ihren Beruf noch nicht aufgegeben.

 

Der wunderbare Fischzug

 

  »Als Er aufgehört hatte zu sprechen, sagte Er zu Simon: Fahre hinaus bis auf die Tiefe und senkt eure Netze zum Fang hinab. - Da antwortete Ihm Simon: Meister, die ganze Nacht hindurch haben wir uns gemüht und doch nichts bekommen; doch auf Dein Wort hin will ich die Netze hinabsenken. - Als sie dies getan hatten, schlossen ihre Netze eine große Menge Fische ein und zerrissen. Da winkten sie ihren Gefährten in dem anderen Schiff zu, herüberzukommen und bei ihnen mit zuzugreifen. Die kamen auch, und sie füllten beide Schiffe, sodass sie überspült wurden« (Verse 4-7).

  Wenn sie schon nachts, zur besten Fangzeit, nichts gefangen hatten, wie viel weniger Aussicht bestand dann am Tag! Petrus aber war überzeugt, dass Jesus der verheißene Messias war (Joh.1:41). Hier sprach er Ihn ehrerbietig mit »Meister« an und gehorchte Ihm in vorbildlicher Weise: »Auf Dein Wort hin ...! - Mögen auch wir auf das Wort Gottes bauen und es tun!

  Der Meister ist Herr auch über die Fische (vgl. Ps. 8:7-9). »Er (Jewe) spricht, und es geschieht; Er gebietet, und es steht da« (Ps. 33:9).

 

Heilige Scheu umfing sie

 

  »Als Simon Petrus das gewahrte, fiel er vor den Knien Jesu nieder und sagte: Geh von mir hinaus, da ich ein sündiger Mensch bin, o Herr! - Denn heilige Scheu hatte ihn und alle, die bei ihm waren, umfangen über den Fang der Fische, bei dem sie mit zugegriffen hatten, gleicherweise aber auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, die Teilhaber des Simon waren« (Verse 8-10 a).

  Das Wunder hatte dem Petrus die Erkenntnis seiner Schwachheit und Sündhaftigkeit vermittelt, zugleich aber auch der Vollmacht Jesu. So betete er den Sohn Gottes an, wie es diesem gebührt.

  Nebenbei bemerkt: Petrus war sicherlich mit Andreas auf seinem Boot zusammen, und Jakobus und Johannes waren auf dem anderen.

 

Menschenfischer

 

  »Doch Jesus sagte zu Simon: Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen lebendig fangen. - Dann zogen sie die Schiffe ans Land, verließen alles und folgten Ihm« (Verse 10 b+11).

  Mit diesen Worten bekräftigte Jesus die Berufung des Simon und dessen Dienstauftrag (Mark.1:17). Jesu Jünger hatten Menschen für Jesus, den Messias Israels, und damit für das Königreich zu gewinnen. Petrus soll Menschen lebendig fangen. Fische kommen zu Tode, Menschen aber kommen zum wahren Leben und werden für Gott leben in Christus.

  Die vier Fischer verließen alles und folgten Ihm. Mit Paulus gesprochen: »Was mir einst Gewinn war, das habe ich um Christi willen als verwirkt erachtet« (Phil.3:7).

 

Die Heilung eines Aussätzigen

 

  »Während Er in einer der Städte war, siehe, da war dort ein Mann voller Aussatz. Als er Jesus gewahrte, fiel er auf sein Angesicht und flehte Ihn an: Herr, wenn Du willst, kannst Du mich reinigen. - Da streckte Er die Hand aus, rührte ihn an und sagte: Ich will, sei gereinigt! - Und sofort ging der Aussatz von ihm. Dann wies Er ihn an, niemandem etwas zu sagen; sondern gehe hin, zeige dich dem Priester und bringe für deine Reinigung dar, so wie Mose es anordnet, ihnen zum Zeugnis« ( Verse 12-14).

  Der Aussätzige (Leprakranke) glaubte, dass Jesus ihn reinigen könne. Alles aber hing vom Willen Jesu ab. Der Herr will. Er war ja gekommen, um den Armen Evangelium zu verkündigen, zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind, und Niedergebeugte mit Sündenerlassung fortzuschicken (Jes.61:1,2; Luk.4:18).

  Unter dem Gesetz stehend und es achtend, wies Jesus den Geheilten an, zu den Priestern zu gehen, damit sie ihn für rein erklärten, und das Reinigungsopfer darzubringen (3.Mose 13+14) - »ihnen zum Zeugnis«. Den Priestern würde damit Zeugnis über Jesu Vollmacht gegeben, und sie würden - wenn auch unbeabsichtigt - bestätigen, dass Jesus größer als sie ist.

  Der Mann sollte sonst niemandem von seiner Heilung durch Jesus etwas mitteilen. Markus aber berichtet: »Als jener aber herauskam, begann er das Wort zu herolden und es mithin wohlbekannt zu machen, sodass Jesus nicht länger öffentlich in eine Stadt gehen konnte, sondern draußen an einsamen Stätten war. Doch kamen sie zu Ihm von überallher« (Mark.1:45). Der Zweck des Redeverbots war mithin, dass Jesus nicht fortwährend von Menschenmengen umdrängt würde.

 

Jesus betete

 

  Lukas schreibt: »Doch der Bericht über Ihn verbreitete sich umso mehr, und eine große Volksmenge kam zusammen, um Ihn zu hören und von ihren Gebrechen geheilt zu werden. Er aber entwich in die Wildnis und betete dort« (Verse 15+16).

  Jesus betete; der Sohn breitete Sein Herz vor Seinem Vater aus. Allezeit eins mit dem Vater, zog Er Sich gleichwohl aus dem Getriebe des Alltags an eine einsame Stätte zurück, um Ruhe und Raum zum Gebet zu haben und den, der Ihn gesandt hat, für all die Zeichen und Wunder zu verherrlichen.

 

Die Heilung eines Gelähmten

 

  Es war wohl anfangs des Jahres 31 n. Chr., dass die Auseinandersetzungen Jesu mit den Pharisäern und Schriftgelehrten begannen.

  Lukas zeichnet dies wie folgt nach:

  »An einem der Tage, als Er lehrte, saßen dort auch Pharisäer und Gesetzeslehrer, die aus jedem Dorf Galiläas, aus Judäa und Jerusalem gekommen waren; und die Kraft des Herrn war da, um sie zu heilen. Und siehe, da brachten Männer auf einem Tragbett einen Mann, der gelähmt war, und versuchten ihn hineinzubringen und vor Seinen Augen niederzulegen. Als sie wegen der Volksmenge keine Möglichkeit fanden, auf welche Art sie ihn hineinbringen könnten, stiegen sie auf das Flachdach und ließen ihn samt dem Tragbett durch die Ziegel hinab in die Mitte vor Jesus. Ihren Glauben gewahrend, sagte Er zu ihnen: Menschenkind, deine Sünden sind dir erlassen! - Nun begannen die Schriftgelehrten und Pharisäer zu folgern: Wer ist dieser? Der redet ja Lästerungen! Wer kann Sünden erlassen außer Gott allein?« (Verse 17-21).

  Dass Jesus Vollmacht hat zu heilen, war allem Volk klar geworden. Was Er aber jetzt ausgesprochen hatte, war neu. Den Juden war bisher nur bekannt, dass die Priester Sühnung erwirkten und Jewe, Israels Elohim, ihnen vergab (3.Mose 4:20).

  Der Ausspruch: »Deine Verfehlungen sind dir erlassen!« - welch ein Evangelium ist dies, welch eine befreiende, frohmachende Botschaft für den Sünder!

  Wenn aber ein Mensch sich anmaßt, Sündenerlassung auszusprechen, dann ist dies eindeutig Gotteslästerung. Durfte Jesus dies tun? Wer war Er? Er war der Sohn Gottes. Als solcher war Er mit göttlicher Vollmacht ausgestattet und hatte Er das Recht, Sünden zu erlassen, dem Willen Seines Vaters gemäß. »Wer Mich gesehen hat, hat den Vater gesehen« (Joh.14:9). »Ich und der Vater - Wir sind eins« (Joh.10:30). Als das Wort Gottes sprach Er die Worte des Vaters. »Ich spreche nicht aus Mir Selbst, sondern der Vater, der Mich gesandt hat, Er hat Mir Anweisung gegeben, was Ich sagen und was Ich sprechen soll« (Joh.12:49; 8:26,28; 15:15).

  Es sei an dieser Stelle eingeflochten, dass Krankheit eine Folge des zum Sterben Sterbendseins (1.Mose 2:17) und dies eine Folge der Sünde Adams ist. Abgesehen von bestimmten Exempeln, die Gott statuierte, von Strafwundern sozusagen, darf man ganz und gar nicht einem Menschen unterstellen, dass seine Krankheit die Strafe für ein Vergehen sei (Luk.13:1-5; Joh.9:1-3).

 

»Was ist leichter?«

 

  Der Herr ging auf die Gedanken der Schriftgelehrten und Pharisäer ein. »Jewe erforscht alle Herzen, und alles Gebilde der Planungen kennt Er« (1.Chron.28:9).

  »Da Jesus ihre Erwägungen erkannte, antwortete Er ihnen: Was folgert ihr in euren Herzen? Was ist leichter zu sagen: Deine Sünden sind dir erlassen, oder: Erhebe dich und wandle? - Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu erlassen (sagte Er zu dem Gelähmten): Dir sage Ich: Erhebe dich, nimm dein Tragbett auf und geh in dein Haus. - Auf der Stelle stand er vor ihren Augen auf, nahm das Bett, auf dem er gelegen hatte, und ging in sein Haus, Gott verherrlichend. Da ergriff sie allesamt Verwunderung; sie verherrlichten Gott und sagten mit Furcht erfüllt: Wir haben heute Seltsames gewahrt« (Verse 22-26).

  »Deine Sünden sind dir erlassen«, ist leicht zu sagen, weil es niemand nachprüfen kann. Zum Zeichen und Beweis dafür aber, dass Er von Gott bevollmächtigt ist, Verfehlungen zu vergeben, heilte Jesus den Gelähmten zudem. Sein göttliches Recht steht nun außer Zweifel. Ja, unserem Herrn Jesus Christus ist alle Vollmacht im Himmel und auf Erden gegeben (Mat.28:18); dazu gehört übrigens auch die, Gericht zu halten (Joh.5:22,27).

  Der Herr nannte Sich den »Sohn des Menschen«. Dies war ein aus der Schriftrolle des Propheten bekannter und feststehender Begriff für den Messias und Sohn Gottes. Daniel schrieb: »Während ich noch die Nachtgesichte gewahrte, siehe, da kam mit den Wolken der Himmel einer wie eines Sterblichen Sohn; Er kam zu dem Verfüger über Tage und wurde nahe zu Ihm gebracht. Dann wurde Ihm Vollmacht, Würde und ein Königreich gewährt, und alle Völker, Stämme und Zungen sollen Ihm dienen; Seine Vollmacht, eine äonische Vollmacht, wird nicht vergehen, und Sein Königreich wird unbegrenzt sein« (Dan.7:13,14).

  Zur Erlassung der Sünden des Gelähmten trat die Heilung seines Körpers hinzu, so wie es im Königreich Israels sein wird. Uns, den Gliedern Seiner Körpergemeinde (Eph.1:22,23), sagt unser Herr und Haupt heute, in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade (Eph.3:2): »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in (deiner) Schwachheit vollkommen gemacht« (2.Kor.12:9). Noch warten wir auf die Freilösung unseres Körpers aus der Vergänglichkeit am Tag Christi (Röm.8:23).

 

Die Berufung des Matthäus

 

  »Danach ging Er hinaus und schaute einen Zöllner mit Namen Levi am Zollamt sitzen. Er sagte zu ihm: Folge Mir nach! - Da verließ er alles, stand auf und folgte Ihm nach. Dann bereitete Levi Ihm einen großen Empfang in seinem Haus. Auch war dort eine große Schar von Zöllnern und anderen, die sich mit ihnen zu Tisch niederlegten« (Verse 27-29).

  Levi, der auch Matthäus hieß (Mat.9:9; 10:3), sollte später der Verfasser des nach ihm benannten Berichts (Matthäus-Evangelium) werden.

  Zöllner hatten einen schlechten Ruf, weil sie für die Besatzungsmacht arbeiteten und häufig mehr forderten als recht war.

 

Jesus aß mit Zöllnern und Sündern

 

  Die Pharisäer aber und ihre Schriftgelehrten murrten gegen Seine Jünger und sagten: Weshalb esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern? - Da antwortete Jesus und sagte zu ihnen: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die mit Krankheit übel daran sind! Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu berufen, sondern Sünder zur Umsinnung« (Verse 30-32).

  Da die Schrift sagt: Es gibt keinen Gerechten, auch nicht einen (Hiob 15:14; Ps.14:3; 53:2,4; Pred.7:20; Röm.3:10), können mit den Gerechten nur die Selbstgerechten gemeint sein; denen ist nicht zu helfen. Eigentlich sollten die Lehrer Israels sich wie Hirten um die Schwachen und Kranken und Verlorenen kümmern, aber sie pflegten als treulose Hirten nur sich selbst (Hes.34:2-4; Sach.11:5).

  Jesus aber war, Seinem Namen entsprechend, der »Jewe-Retter« bedeutet, gekommen, um Sein Volk von ihren Sünden zu retten (Mat.1:21). Er ist der Arzt.

 

Vom Fasten

 

  »Dann sagten sie zu Ihm: Die Jünger des Johannes fasten häufig mit vielem Flehen, gleicherweise auch die der Pharisäer, die Deinen aber essen und trinken! - Jesus antwortete ihnen: Ihr könnt doch nicht die Söhne des Brautgemachs zum Fasten anhalten, während der Bräutigam bei ihnen ist. Es werden aber Tage kommen, wenn der Bräutigam von ihnen genommen wird; in jenen Tagen werden sie dann fasten« (Verse 33-35).

  Dem Gesetz nach hatte man nur am Tag der Beschirmungen, dem Versühnungstag, seine Seele zu demütigen, was zugleich besagt, was Fasten bedeutet (3.Mose 23:27). Daneben konnte man sich in besonderen Fällen des Lebens persönlich zum Fasten entschließen. Alles darüber Hinausgehende war von den Pharisäern eingeführt worden, insbesondere das rituelle Fasten zweimal am Sabbat, das heißt je einmal in den beiden Sabbathälften (Luk.18:12).

  Das Fasten der Jünger Johannes' des Täufers entsprach seinem Ruf zur Umsinnung zur Vorbereitung auf den Messias und war durchaus angebracht.

  Nun aber war der Messias da. Dies ist der Anwesenheit des Bräutigams und der Hochzeitsfreude vergleichbar. Dann aber fastet man nicht mehr, wie schon bei dem Propheten Sacharja (8:19) geschrieben steht.

  In den Tagen der Gefangennahme, Kreuzigung und des Todes des Herrn Jesus Christus allerdings werden die Jünger fasten.

  Für uns heute ist das Fasten im Allgemeinen nicht angesagt, freuen wir uns doch allezeit über unser Begnadet- und Gesegnetsein in Christus Jesus (Eph.1:33,6) und über die Gemeinschaft mit Ihm (1.Kor.1:9), in besonderen Situationen mögen aber auch wir es tun (2.Kor.6:5; 11:27).

 

Das Alte und das Neue

 

  »Er sagte aber auch ein Gleichnis zu ihnen: Niemand reißt von einem neuen Kleid ein Stück als Flicken ab und flickt ihn auf ein altes Kleid. Wenn aber doch, würde er das neue nur zerreißen, und der Flicklappen vom neuen würde mit dem alten Kleid doch nicht übereinstimmen. Niemand tut jungen Wein in alte Schläuche. Wenn aber doch, wird der junge Wein die Schläuche bersten lassen, sodass er vergossen wird und die Schläuche umkommen. Sondern jungen Wein soll man in neue Schläuche tun, und beide werden erhalten bleiben. Niemand, der alten Wein getrunken hat, will sofort den jungen; denn er sagt: Der alte ist milder« (Verse 36-39).

  Es ist zwar so, dass der alte Wein milder und das alte Kleid vertrauter ist, dass die bisherigen Gewohnheiten eingeübt sind und daher leichter zu sein scheinen; es ist aber gleichwohl so, dass man sich immer wieder auf Neues einstellen muss, und siehe, hier ist etwas Neues, hier ist einer, der mehr ist als die Pharisäer und auch Johannes. Der Weg des Täufers wie auch der der Pharisäer sind alte, der Weg Jesu ist der neue. Mögen die geistlich Verständigen erkennen: »Das Gesetz wurde durch Mose gegeben, Gnade und Wahrheit sind jedoch durch Jesus Christus geworden« (Joh.1:17). »Jener muss wachsen (sagte Johannes der Täufer), ich aber geringer werden« (Joh.3:30). »Das Gesetz und die Propheten reichen bis auf Johannes. Von da an wird das Königreich Gottes als Evangelium verkündigt« (Luk.16:16).

  Mögen auch wir Altes und Neues nicht verwechseln oder vermischen, sondern sehr wohl darauf achten, was uns im Unterschied zu Israel betrifft, in welcher heilsgeschichtlichen Verwaltung wir leben, dass Paulus heute der Lehrer ist (1.Tim.2:7) und dass Gott zur derzeitigen Frist Sein Wort durch die Heroldsbotschaft offenbart, mit der Paulus betraut ist (Tit.1:3).

 

»Liebet eure Feinde!«

(Lukas 6)

 

  Nach dem Passahfest des Jahres 31 n. Chr. begaben sich weitere Auseinandersetzungen mit den Pharisäern und Schriftgelehrten.

 

Ährenabrupfen am Sabbat

 

  »Als Er an dem zweiten Erstsabbat (nach Kodex Alexandrinus; die Kodizes Sinaiticus und Vaticanus haben: »im Sabbat«) durch die Saaten ging, geschah es, dass Seine Jünger Ähren abrupften, sie mit den Händen zerrieben und davon aßen. Da sagten einige Pharisäer zu ihnen: Warum tut ihr etwas, das an Sabbaten nicht zu tun erlaubt ist? - Da antwortete ihnen Jesus: Habt ihr denn das nicht gelesen, was David damals tat, als er hungrig war, er selbst und die bei ihm waren, wie er in das Haus Gottes einging und die Schaubrote nahm, aß und auch denen gab, die bei ihm waren, die zu essen nicht erlaubt ist außer den Priestern allein? - Weiter sagte Er zu ihnen: Der Sohn des Menschen ist auch Herr über den Sabbat« (Verse 1-5).

  Das Gesetz verbot, am Sabbat eine Arbeit zu verrichten (2.Mose 20:10). Ähren im Vorübergehen zum sofortigen Verzehr abzurupfen, war ausdrücklich erlaubt (5.Mose 23:25). Die Pharisäer werteten dies nach ihren strengen, selbstverfassten Überlieferungen als Arbeit und mithin als am Sabbat verboten.

  Jesus wies Seine Kritiker mit einem Beispiel aus dem Leben König Davids zurecht (1.Sam.21:7). David durfte seinen Hunger mit Broten stillen, die nur die Priester essen durften (3.Mose 24:9). Dies war Ausdruck der Barmherzigkeit Gottes. Der Sabbat ist dies ebenso, wie unser Herr nach Markus 2:27 deutlich machte: »Der Sabbat wurde um des Menschen willen eingesetzt und nicht der Mensch um des Sabbats willen.«

  Bei anderer Gelegenheit hatte Jesus den Schriftgelehrten vorgehalten: »Damit macht ihr das Wort Gottes um eurer Überlieferungen willen ungültig! Ihr Heuchler! Trefflich hat Jesaia von euch prophezeit: Dieses Volk ehrt Mich mit den Lippen, ihr Herz aber ist weit von Mir entfernt; in eitler Weise verehren sie Mich und lehren die Vorschriften der Menschen als Lehren« (Mat.15:6-9).

  Mögen sich die Oberen des Volkes doch an das Wort halten und es in geistlicher Weise der Liebe gemäß anwenden und nicht, um den Menschen Lasten aufzuerlegen (Luk.11:46).

  »Der Sohn des Menschen ist auch Herr über den Sabbat« (Vers 5). Jesus verfügt über den Sabbat, so wie von Seinem Vater gedacht, zum Segen für die Menschen.

 

Die verdorrte Hand

 

  »An einem anderen Sabbat ging Er in die Synagoge und lehrte. Dort war ein Mann, dessen rechte Hand verdorrt war. Die Schriftgelehrten und Pharisäer beobachteten Ihn nun scharf, ob Er am Sabbat heilen würde, damit sie eine Anklage gegen Ihn fänden. Er aber wusste um ihre Erwägungen und sagte zu dem Mann, der die verdorrte Hand hatte: Erhebe dich und stelle dich in die Mitte! - Da stand er auf und stellte sich hin. Und zu ihnen sagte Jesus: Ich will euch etwas fragen: Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Übles zu tun, eine Seele zu retten oder sie umzubringen? - Dann blickte Er sie alle ringsumher an und sagte zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! - Da tat er es, und seine Hand war wiederhergestellt, gesund wie die andere. Sie aber waren mit Unvernunft erfüllt und besprachen sich miteinander, was sie Jesus antun könnten« (Verse 6-11).

  Wir verstehen den Herrn wohl nicht falsch, dass das Versäumnis, am Sabbat Gutes zu tun, das gleiche ist, wie am Sabbat Böses zu tun. »Denn wer trefflich zu handeln weiß und es nicht tut, für den ist es Sünde« (Jak.4:17).

  Die Unvernunft der einen Anklagepunkt Suchenden ist unfassbar! Vergessen wir aber nicht, dass wir alle ebenfalls unvernünftig waren (Tit.3:3) und erst anders wurden, als Gott uns den Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft gab (2.Tim.1:7).

 

Die Erwählung der zwölf Apostel

 

  »In diesen Tagen geschah es, dass Er auf einen Berg ging, um zu beten; und Er wachte die Nacht hindurch im Gebet zu Gott. Als es Tag wurde, rief Er Seine Jünger herbei und erwählte aus ihnen zwölf, die Er auch Apostel nannte: Simon, den Er Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, Jakobus und Johannes, Philippus und Bartholomäus, Matthäus und Thomas, Jakobus, den Sohn des Alphäus, und Simon, der auch Eiferer heißt, Judas, den Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot, der dann zum Verräter wurde« (Verse 12-16).

  Jesus betete. In engster Gemeinschaft mit Seinem Gott und Vater erbat Er Sich, welche aus Seinem großen Jüngerkreis (Luk.10:1) Er Sich zu Aposteln erwählen sollte. Für Jünger ist wörtlich »Lernender« zu sagen, für Apostel »Abgestellter«, für einen besonderen Auftrag Bereitgestellter.

  Jakobus und Johannes waren Söhne des Zebedäus (Mat.10:2). Bartholomäus trug auch den Namen Nathanael (Joh.1:47). Judas, der Sohn des Jakobus, hieß auch Thaddäus (Mat.10:3). Iskariot bedeutet entweder »Mann der Landstädte« oder »Mann aus Kerijot«, einer Stadt in Judäa.

  Auf der neuen Erde werden die Namen der zwölf Apostel (statt Judas Iskariot allerdings Matthias; Ap.1:15-26) auf den zwölf Grundfesten der Mauer des neuen Jerusalem stehen (Off.21:14).

 

Er heilte alle

 

  »Als Er mit ihnen wieder herabgestiegen war, stellte Er Sich auf einen ebenen Platz und mit Ihm eine große Schar Seiner Jünger sowie eine zahlreiche Volksmenge aus dem gesamten Judäa, aus Jerusalem, aus Tyrus und Sidon am Salzmeer. Die waren gekommen, um Ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Auch die von unreinen Geistern sehr Belästigten wurden geheilt. Und jeder in der Volksmenge suchte Ihn anzurühren, da eine Kraft von Ihm ausging und Er alle heilte« (Verse 17-19).

  Der König war da, die Kräfte des Königreichs wirkten, uneingeschränkt alle, die Ihn auch nur anrührten, umfassend. Es scheint so, dass der Glaube, dass Jesus der Messias ist, und die Umsinnung keine Bedingungen waren, um geheilt zu werden, sondern dieses Ereignis eine herrliche Verkündigung war, die alle Herzen für den Messias bereit machen und Glauben und Umsinnung wecken sollte. Wieder erfüllte sich Psalm 107:20,21: »Er sandte Sein Wort und heilte sie, und Er errettete sie aus ihren Gruben. Sie sollen Jewe huldigen für Seine große Huld und Seine wunderbaren Taten an den Menschensöhnen.«

 

Die sogenannte Bergpredigt

 

  Und dann begab Jesus Sich auf einen Berg (Mat.5:1). Mit den folgenden Versen 20 bis 49 gibt Lukas die sogenannte Bergpredigt wieder. Beim Vergleich des Berichts des Matthäus (Mat.5-7) mit dem des Lukas über dieselbe Rede Jesu wird deutlich, dass Lukas eine Auswahl getroffen und insbesondere die Gesetzesauslegungen, also die ausgesprochen jüdischen Teile, weggelassen hat, zumal er für Theophilus, einen Gläubigen aus den Nationen, schrieb.

 

Wer glückselig ist

 

  »Da hob Er Seine Augen auf zu Seinen Jüngern hin und sagte: Glückselig seid ihr Armen, denn euer ist das Königreich Gottes. Glückselig, die ihr nun hungrig seid, denn ihr sollt gesättigt werden. Glückselig, die ihr nun jammert, denn ihr werdet lachen. Glückselig seid ihr, wenn die Menschen euch hassen, wenn sie euch absondern, schmähen und euren Namen wegen des Sohnes des Menschen als böse verwerfen sollten.  Freut euch an jenem Tag und hüpft vor Wonne, denn siehe, euer Lohn im Himmel ist groß; denn in derselben Weise handelten ihre Väter an den Propheten« (Verse 20-23).

  Alle sich zu dem Sohn des Menschen Haltenden - diese sind die jetzt noch Armen, die jetzt noch Hungernden, die Schluchzenden, Gehassten und Geschmähten - werden im tausendjährigen Königreich Israels für den Äon leben und glückselig sein, sie werden satt sein und lachen, sie werden vor Freude hüpfen, da ihnen der im Himmel für sie bereitliegende große Lohn zuteil wurde.

  Die Jünger waren insofern arm, als sie alles verlassen hatten (Luk.5:11,28). Der Zuspruch für die Armen schließt die Reichen, die gläubig sind, nicht vom Königreich aus. Wer aber seinen Reichtum lieber hat als den Herrn Jesus, wird Ihm schwerlich treu sein und mithin nicht in das Königreich gelangen.

  »Jewe der Heerscharen, glückselig ist der Mensch, der auf Dich vertraut« (Ps.84:13). »Glückselig ist der Mann, der Jewe fürchtet, der an Seinen Geboten überaus Gefallen findet« (Ps.112:1).Sie werden in »Öl der Wonne« wandeln anstatt in Trauer (Jes.61:3). »Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten« (Ps.126:5).

 

Vier Weherufe

 

  Die im Kontrast zu den Seligpreisungen stehenden, nun folgenden vier Weherufe Jesu machen die Unterscheidung zwischen den zukünftig Glücklichen und Unglücklichen leicht.

  »Indessen, wehe euch Reichen, denn ihr habt euren Zuspruch vorweggenommen! Wehe euch, die ihr nun befriedigt seid, denn ihr werdet hungern! Wehe euch, die ihr nun lacht, denn ihr werdet trauern und jammern! Wehe, wenn alle Menschen schön von euch reden; denn in derselben Weise handelten ihre Väter an den falschen Propheten« (Verse 24-26).

  Die Reichen - vielfach handeln sie zudem ungerecht und beuten die Armen aus - haben ihren Zuspruch in ihrem Wohlergehen bereits gefunden. Weherufe über sie wie auch all die anderen, die in Eitelkeit wandeln, finden sich in sehr anschaulicher Weise auch in Jesaia 5:8-12 und 65:13 sowie in Jakobus 4:9 und 5:1-6.

  Es geht für die Menschen darum, an Jesus, den Einen, zu glauben und das Leben auf Ihn auszurichten. Jede andere Herzenshaltung führt ins Verderben.

  Selbstverständlich sollen wir uns wohlanständig verhalten und edle Werke tun, aber nicht den Menschen nach dem Mund reden, sondern ihnen das Wort der Wahrheit sagen, das Wort Gottes, und dann werden sie - wie jeder erfahren kann - nicht schön von uns reden. Leider sind die falschen Propheten - sie reden lügnerisch - recht beliebt, wie schon Jeremia sagte: »Die Propheten prophezeien in Falschheit, und die Priester unterstützen sie, und Mein Volk liebt es so« (Jer.5:31).

 

Von der Feindesliebe

 

  In den Versen 27 bis 36 befasst Sich der Herr mit der Feindesliebe.

  Zunächst die Verse 27 bis 31:

  »Euch jedoch, die Mich hören, sage Ich: Liebet eure Feinde, handelt edel an denen, die euch hassen! Segnet, die euch verfluchen, betet für die, die euch verunglimpfen! Wer dich auf die eine Wange schlägt, dem biete auch die andere dar; und dem, der dein Obergewand nimmt, verwehre auch dein Untergewand nicht! Jedem, der dich bittet, gib; und von dem, der dir das Deine nimmt, fordere es nicht zurück! Und so wie  ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, gleicherweise tut auch ihr ihnen!«

  Das Gebot: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3.Mose 19:18; Mat.22:39; Gal.5:14) schließt also auch den Feind ein.

  Die Feindesliebe ist ein wesentliches Merkmal des christlichen Glaubens. Nur Gläubige in Christus Jesus sind dazu in der Lage, weil sie Kinder des Vaters im Himmel sind, der alle Menschen liebt. Sie sind Seines Geistes Kind, werden von Seinem Geist geleitet (Röm.8:14). Gott hasst die Sünde, aber Er liebt die Sünder. Dies ist erwiesen, da Jesus Christus für Sünder und Gottesfeinde starb (Röm.5:8,10; 1.Kor.15:3; Eph.5:2). Auch wir waren Gottesfeinde gewesen (Röm.5:10).

  Die Feindesliebe orientiert sich an der sogenannten »Goldenen Regel«: »So wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, gleicherweise tut auch ihr ihnen!« (Verse 31). Dies drückt sich in Taten aus, nämlich in von der Liebe getragenen edlen Handlungen, im Segnen, in der Fürbitte, darin, sich Unrecht tun zu lassen (vgl. 1.Kor.6:7), im Geben und im Verzicht auf Rückforderungen. Nicht die Bosheit des Gegners sei der Maßstab unseres Tuns, sondern die Liebe Gottes, der Seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und es auf Gerechte und Ungerechte regnen lässt (Mat.5:45).

  Mögen wir auf folgende praktischen Beispiele achten:

- »Wenn du auf das Rind deines Feindes triffst oder auf seinen Esel, der irregeht, so sollst du ihn zu ihm zurückbringen, ja zurückbringen« (2.Mose 23:4);

- »Wenn deinen Feind hungert, gib ihm den Bissen! Wenn ihn dürstet, gib ihm zu trinken! Denn wenn du dies tust, wirst du feurig glühende Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Röm.12:20; Spr.25:21);

- »Werde nicht vom Üblen überwunden, sondern überwinde das Üble mit Gutem!« (Röm.12:21);

- »Beschimpft man uns, so segnen wir; verfolgt man uns, so ertragen wir es; lästert man uns, so sprechen wir zu« (1.Kor.4:12);

- »Gibt es einen Armen bei dir, einen aus deinen Brüdern, dann verhärte dein Herz und verschließe deine Hand nicht vor deinem Bruder, dem Armen, sondern öffne ihm deine Hand weit und leihe ihm willig, genug für seinen Mangel« (5.Mose 15:7,8).

  Dem Mangel entsprechend soll man geben, ein Schnorrer aber soll in seinem Tun nicht bestärkt werden. »Wenn jemand nicht arbeiten will, dann soll er auch nicht essen!« (2.Thess.3:10).

 

Sünder und Söhne des Höchsten unterscheiden sich

 

  Jesus sprach weiter:

  »Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Dank habt ihr zu erwarten? Denn auch die Sünder lieben die, welche ihnen Liebe erweisen. Wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank habt ihr zu erwarten? Denn das Gleiche tun auch die Sünder. Wenn ihr denen leiht, von denen ihr erwartet, es wiederzuerhalten, welchen Dank habt ihr zu erwarten? Denn auch Sünder leihen den Sündern, damit sie ebenso viel wiedererhalten. Indessen, liebet eure Feinde, tut Gutes und leiht aus, ohne irgendetwas davon zurückzuerwarten! Euer Lohn in den Himmeln wird groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn Er ist gütig auch gegen die Undankbaren und Bösen. Werdet daher mitleidig, so wie auch euer Vater mitleidig ist!« (Verse 32-36).

  Ein Sohn des Höchsten war man nicht allein durch Glauben, sondern indem man in der Gesinnung des Vaters handelte.

  Gott ist mitleidsvoll, Er ist »der Vater des Mitleids und der Gott allen Zuspruchs« (2.Kor.1:3). Schon vor dem Angesicht des Mose zog Er mit den Worten vorüber: »Jewe, Jewe, El, mitleidsvoll (oder: erbarmungsvoll) und gnädig, langsam zum Zorn, groß an Huld und Treue, der Seine Huld bewahrt an Tausenden [und] Vergehen, Übertretung und Verfehltheit trägt« (2.Mose 34:6,7). Mögen die Heiligen ebenso mitleidsvoll werden! Der Apostel Paulus schreibt: »Ziehet an als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte: innigstes Mitleid, Güte, Demut, Sanftmut, Geduld; einander ertragend und euch gegenseitig Gnade erweisend, wenn jemand gegen jemand anders einen Tadel hat. Wie der Herr euch Gnade erweist, so tut auch ihr es« (Kol.3:12,13).

 

Vom Richten

 

  »Richtet nicht, und auch ihr werdet keinesfalls gerichtet werden! Sprecht nicht schuldig, und auch ihr werdet keinesfalls schuldig gesprochen werden! Lasst frei, und auch ihr werdet freigelassen werden!« (Vers 37).

  Das Gericht über die Menschen ist Gottes Sache. Er hat es Seinem Sohn übergeben (Joh.5:22; Off.20:11-15). Wer jedoch an Jesus glaubt, wird nicht gerichtet (Joh.3:18). Dementsprechend sollen die Gläubigen andere nicht richten und schuldig sprechen, sonst könnte ihre Hartherzigkeit dazu führen, dass die Liebe Gottes nicht in ihnen bleibt und sie ihre Rettung verlieren. (Dass wir Gläubigen heute, die wir Christi Körper sind (Eph.1:22,23) und in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade leben (Eph.3:2), unsere Rettung nicht verlieren können, weil wir versiegelt sind (Eph.1:13), ist ein besonderer Gnadenerweis. Siehe auch Römer 8:30. )

  Jakobus verdeutlicht: »Einer allein ist der Gesetzgeber und Richter, Er, der retten und umbringen kann. Wer aber bist du, der du den Nächsten richtest?« (Jak.4:12).

 

Das Maß

 

  »Gebt, und auch euch wird gegeben werden! Ein trefflich vollgedrücktes, ja ein gerütteltes und überlaufendes Maß wird man euch in den Schoß geben; denn mit demselben Maß, mit dem ihr messt, wird man euch wieder messen« (Vers 38).

  Dem entspricht, dass Gott jedem nach seinen Werken vergelten wird (1.Pet.1:17; Off.20:12). »Wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten; doch wer im Segen sät, wird auch im Segen ernten« (2.Kor.9:6). Jakobus mahnt: »Das Gericht ist unbarmherzig gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat. Barmherzigkeit rühmt sich gegenüber dem Gericht« (Jak.2:13).

 

Die Parabeln vom Blinden und vom Spänlein im Auge

 

  »Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann etwa ein Blinder einen Blinden leiten? Werden sie nicht beide in die Grube fallen? Ein Jünger steht nicht über seinem Lehrer; recht zubereitet, wird jeder nur wie sein Lehrer sein. Wieso erblickst du denn das Spänlein in deines Bruders Auge, bedenkst aber nicht den Balken im eigenen Auge? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich das Spänlein in deinem Auge herausholen - während du selbst den Balken in deinem Auge nicht erblickst? Du Heuchler! Hole zuerst den Balken aus deinem Auge heraus, dann wirst du scharf genug blicken, um das Spänlein in deines Bruders Auge herauszuholen« (Verse 39-42).

  Was mögen diese Parabeln bedeuten? Dies: dass ein jeder nur so viel tun kann, wie ihm gegeben ist. Möge niemand sich über seinen Bruder erheben und meinen, ihn leiten, ihn belehren und ihm helfen zu können, bevor man nicht seinen Stolz über sein Wissen und Können abgelegt, seinen eigenen Mangel erkannt hat und demütig geworden ist.

  Ein Gläubiger wird anderen erst dann die Augen für das Evangelium öffnen können, wenn er selbst vom Sündigen Abstand genommen hat, seine eigene Gesinnung gereift ist und er viel vom Herrn gelernt hat, wobei er niemals größer als sein Lehrmeister, Jesus, sein kann. Mögen wir überhaupt wachsen, und zwar hinein in den, der unser Haupt ist, Christus (Eph.4:15).

 

Woran man einen Menschen erkennt

 

  Der Herr fuhr fort zu sprechen:

  »Denn es ist kein edler Baum, der faule Frucht trägt; wiederum trägt auch ein fauler Baum keine edle Frucht. Denn jeden Baum erkennt man an seiner eigenen Frucht; denn man liest keine Feigen von Dornen, noch pflückt man Weinbeeren vom Dornbusch. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens Gutes hervor, während der böse Mensch aus dem bösen Schatz seines Herzens Böses hervorbringt; denn aus der Überfülle des Herzens spricht sein Mund« (Verse 43-45).

  Man erkennt das Innere eines Menschen an dem, was er spricht und was er wirkt und an Frucht hervorbringt. Spricht er zu, baut er auf, ermutigt er, sagt er die Wahrheit, hilft er?

  »Das Herz des Gerechten überlegt, um zu antworten, aber der Mund der Frevler sprudelt Bosheiten« (Spr.15:28). Wes Geistes Kind soll ein Jünger sein? Um edle Frucht zu bringen, ist ein erneuertes Herz nötig; nur ein Mensch mit einem Gott wohlgefälligen Herzen kann ein Jünger Jesu sein.

 

Vom Hören und Tun oder Nichttun

 

  Abschließend ermahnt Jesus Christus:

  »Was nennt ihr Mich »Herr, Herr« und tut nicht, was Ich euch sage? Jeder, der zu Mir kommt und Meine Worte hört und sie tut - Ich will euch ein Beispiel geben, mit wem  er zu vergleichen ist: Er gleicht einem Mann, der ein Haus bauen will und ausschachtet, vertieft und die Grundmauer auf den Felsen legt. Wenn Hochwasser kommt, stößt zwar der Strom gegen jenes Haus, vermag es jedoch nicht zu erschüttern, weil es trefflich gebaut worden ist. Wer aber Meine Worte hört und nicht danach tut, gleicht einem Mann, der ein Haus ohne Grundmauer auf ebener Erde baut. Wenn der Strom dagegen stößt, fällt es sogleich zusammen, und groß wird der Einsturz jenes Hauses sein« (Verse 46-49).

  Hören und glauben, glauben und gehorchen - alles andere wäre töricht. Einem Herrn gehorcht man, erst recht dem Herrn der Herren, der allein die richtigen Anweisungen gibt und uns in aller Liebe zum Ziel bringt.

  Immer wieder ermahnt Gott zum treuen Tun:

- »Werdet aber Täter des Wortes und nicht solche, die nur darauf lauschen, sonst hintergeht ihr euch selbst« (Jak.1:22);

- »Denn nicht die Hörer des Gesetzes sind bei Gott gerecht, sondern die Täter des Gesetzes werdend gerechtfertigt werden« (Röm.2:13);

- »Wer sagt: Ich habe Ihn erkannt -, und hält nicht Seine Gebote, der ist ein Lügner und in dem ist nicht Gottes Wahrheit« (1.Joh.2:4);

- »Wer Meine Gebote hat und sie hält« (sagte unser Herr Jesus Christus), »der ist es, der Mich liebt« (Jogh.14:21). Lieben wir unseren Herrn und Retter?

 

 

Jesus heilte viele

(Lukas 7:1-8:3)

 

  »Als Er nun alle Seine Reden vor den Ohren des Volkes beendet hatte, kam Er nach Kapernaum hinein« (Vers 1).

 

Der Hauptmann von Kapernaum

 

  »Dort war der schwerkranke Sklave eines gewissen Hauptmanns (der von ihm wertgeachtet war) im Begriff zu verscheiden. Da der Hauptmann von Jesus gehört hatte, schickte er Älteste der Juden zu Ihm, um Ihn zu ersuchen, damit Er komme, seinen Sklaven zu retten. Als sie zu Jesus kamen, sprachen sie Ihm eindringlich zu und sagten zu Ihm: Er ist es wert, dass Du ihm dies gewährst, denn er liebt unsere Nation, und er hat uns die Synagoge gebaut. - Da ging Jesus mit ihnen. Bereits als Er nicht mehr weit von dem Haus entfernt war, sandte der Hauptmann Freunde zu Ihm und ließ Ihm sagen: Herr, bemühe dich nicht, denn ich bin nicht würdig genug, dass Du hereinkommst - unter mein Dach. Darum habe ich mich auch nicht für würdig erachtet, selbst zu Dir zu kommen, sondern sprich nur ein Wort, und mein Knabe wird geheilt sein. Denn ich bin ein meiner Obrigkeit untergeordneter Mensch, ich habe selbst Krieger unter mir, und wenn ich zu diesem sage: Geh!, so geht er, und zu dem anderen: Komm!, so kommt er, und zu meinem Sklaven: Tu dies!, so tut er es. - Als Jesus dies hörte, erstaunte Er über ihn. Und Sich zu der Volksmenge wendend, die Ihm nachfolgte, sagte Er: Ich sage euch: Nicht einmal in Israel fand Ich so viel Glauben. - Als die Abgesandten in das Haus zurückkehrten, fanden sie den hinfälligen Sklaven gesund« (Verse 2-10).

  Der römische Hauptmann war zweifellos ein Gottesfürchtiger, ein Proselyt des Tores, der sich zum jüdischen Glauben hielt, ohne durch Beschneidung Jude geworden zu sein. Insofern war er kein Ausländer wie die Kanaanäerin, die Jesus, bevor sie sich Israel unterordnete, wie es zukünftig die Nationen tun werden, mit den Worten abgewiesen hatte: »Ich wurde lediglich zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt!« (Mat.15:24).

  Zuerst bat der Hauptmann Jesus zu kommen, dann aber muss ihm seine Unwürdigkeit sehr deutlich geworden sein. In dieser Erkenntnis der eigenen Niedrigkeit darf er allen Gläubigen ein Vorbild sein. Ist doch nichts aus uns, ist doch alles Gnade! Und wiederum ist dieser Mann ein Vorbild, nämlich im Glauben, dass Jesus imstande ist, durch ein einfaches Wort zu heilen. Vielleicht kannte er Psalm 33:9: »Jewe spricht, und es geschieht, Er gebietet, und es steht da.«

  Es fällt auf, dass die Juden ihre Kranken nahe an Jesus heranbrachten, sodass Er sie anrühren oder sie Ihn zumindest sehen und hören konnten. Der Sklave aber war in der Ferne, als er geheilt wurde. Er repräsentiert die Israel im Königreich untergeordneten Nationen, die fern von der Residenz des Königs durch das priesterliche Volk gesegnet werden.

 

Der Jüngling zu Nain

 

  »Am nächsten Tag ging Er in eine Stadt, die Nain heißt, und mit Ihm zog eine beträchtliche Zahl Seiner Jünger und eine große Volksmenge. Und siehe, als Er Sich dem Stadttor näherte, wurde ein Verstorbener, der einzige Sohn seiner Mutter, herausgetragen. Sie war Witwe, und eine beträchtliche Volksmenge aus der Stadt war bei ihr. Als der Herr sie gewahrte, jammerte sie Ihn, und Er sagte zu ihr: Schluchze nicht! - Dann trat Er hinzu und rührte die Bahre an; die Träger standen still, und Er sprach: Jüngling, Ich sage dir: Erhebe dich! - Da setzte sich der Tote auf und fing an zu sprechen; und Er gab ihn seiner Mutter wieder.

  Furcht ergriff sie alle, und sie verherrlichten Gott und sagten: Ein großer Prophet ist unter uns erweckt worden! und: Gott hat Sein Volk aufgesucht! - Dieser Bericht über Ihn ging in ganz Judäa und in der gesamten Umgegend aus« (Verse 11-17).

  Der Tod des Jünglings war besonders schmerzlich, weil seine Mutter nun ihre einzige Stütze verloren hatte. Dies ging dem Herrn innerlich sehr nahe. Sie jammerte Ihn. Dass der Jüngling wahrscheinlich vor Gott nicht bewährt war und deshalb in oder vor der Hälfte seiner Tage starb (Ps.55:24; 102:25), war nicht ausschlaggebend.

  Die Auferweckung des Toten war ein gewaltiges Zeichen dafür, dass Jesus der Messias ist (Jes.26:19; 35:5,6; 61:1,2). Nur wer Tote auferwecken kann, kann auch die entschlafenen Heiligen in das Königreich hineinbringen, was ja anders als durch Auferweckung nicht möglich ist.

  Die Gott verherrlichenden Worte der Volksmenge waren wahr: Jesus war ein Prophet, ja der Prophet, von dem Mose gesprochen hatte: »Einen Propheten wie mich wird Jewe, dein Elohim, dir aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen; auf ihn sollt ihr hören« (5.Mose 18:15). Die Leute hatten auch erkannt, dass Gott Sein Volk aufgesucht hatte, und zwar dadurch, dass Jesus unter ihnen war.

 

Die Frage Johannes des Täufers

 

  »Auch dem Johannes berichteten dessen Jünger über dies alles. Und gewisse zwei seiner Jünger herzurufend, sandte Johannes sie zu Jesus und ließ Ihn fragen: Bist Du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen hoffen? - Als die Männer zu Ihm kamen, sagten sie: Johannes der Täufer schickt uns zu Dir und lässt fragen: Bist Du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen hoffen? - In jener Stunde heilte Er viele von Krankheiten, Geißeln und bösen Geistern, und vielen Blinden gewährte Er in Gnaden das Sehvermögen. Daher antwortete Jesus ihnen: Geht hin und berichtet Johannes, was ihr gewahrt und hört: Blinde werden sehend, Lahme wandeln, Aussätzige werden gereinigt, Taube hören, Tote erwachen, und Armen wird Evangelium verkündigt. Glückselig ist, wer keinen Anstoß an Mir nimmt« (Verse 18-23).

  Johannes der Täufer lag im Gefängnis (Mat.4:12; 11:2; 14:2; Luk.3:20). Er muss unruhig geworden sein, hatte er doch verkündigt, dass Jesus das Getreide in die Scheune sammeln und die Spreu verbrennen werde (Luk.3:17). Beides war noch nicht geschehen; die Königsherrschaft des Messias war immer noch nicht aufgerichtet, die Johannes übrigens aus dem Gefängnis befreit hätte.

  Den Beweis, dass Er der Messias ist, führte Jesus nur mit dem Hinweis auf all die Heilungswunder, die der Prophet Jesaia von Ihm angesagt hatte (Jes.26:19; 29:18; 35:5,6; 61:1,2).

  Jesus war also »der Kommende«, von dem die Schrift mehrfach sprach (Ps.118:26; Sach.9:9; Heb.10:37). Da aber die Entscheidung Israels für oder gegen Ihn noch nicht ausgereift war, war es nicht der rechte Zeitpunkt, Seine Verwerfung und Sein späteres Kommen zum Gericht und zur Aufrichtung des Königreichs bekannt zu machen.

  »Glückselig ist, wer keinen Anstoß an Mir nimmt« (Vers 23). Dieses Wort wird dem Johannes ein weiterer Zuspruch gewesen sein, denn es bedeutet schließlich, dass Jesus die Glückseligkeit aller, die Ihm glauben, und mithin das Königreich herbeiführen wird.

 

Über Johannes den Täufer

 

  »Als die Boten des Johannes gegangen waren, begann Er, zu der Volksmenge über Johannes zu sprechen: Wozu zogt ihr damals in die Wildnis hinaus? Um ein vom Wind gerütteltes Rohr anzuschauen? Nein! - Wozu zogt ihr hinaus? Um einen Menschen, angetan mit weichen Kleidern, zu gewahren? Siehe, die in herrlicher Kleidung Schwelgereien nachgehen, sind in den Königspalästen. Sondern wozu zogt ihr hinaus? Um einen Propheten zu gewahren? Ja, Ich sage euch: Er war weit mehr als ein Prophet! Dieser ist es, von dem geschrieben steht: Siehe, Ich schicke Meinen Boten vor Deinem Angesicht her, der Deinen Weg vor Dir herrichten wird« (Verse 24-27).

  Dieses Wort über Johannes den Täufer steht in Maleachi 3:1 geschrieben (vgl. Jes.40:3).

  Johannes war wahrlich kein Schilfrohr im Wind, kein wankelmütiger Mensch, sonst läge er jetzt nicht gefangen. Er stand zu seinem Ruf zur Umsinnung, auch gegenüber Herodes Antipas, dem er dessen üble Taten vorgehalten hatte, darunter dass er sich die Frau seines Bruders genommen habe (Mark.6:18; Luk.3:19).

  Johannes war also ein Prophet. Seine Worte sind als Worte Gottes zu werten. Und er war mehr als ein Prophet, weil er nicht lange Zeit vorher, sondern jetzt, als der Messias da war, auf Ihn hinweisen durfte, ja Ihn dem Volk vorstellte. Johannes hatte ihnen den Messias gezeigt und Seiner angesichts gesagt: »Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf Sich nimmt! Dieser ist es, von dem ich sagte: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir geworden ist; denn Er war eher als ich« (Joh.1:29,30).

  Indem Jesus den Johannes mit dem Zitat aus Maleachi bestätigte, bekannte Er Sich zugleich als der Messias.

 

Der größte Prophet

 

  »Denn wahrlich, Ich sage euch: Unter den von Frauen Geborenen ist kein größerer Prophet als Johannes der Täufer. Wer aber kleiner ist - im Königreich Gottes ist er größer als er« (Vers 28).

    Weil er den Messias am deutlichsten bezeichnete, ist Johannes der größte Prophet. Im Königreich aber wird jeder Gläubige größer als Johannes jetzt sein, dort ist jeder Heilige mehr gesegnet als Johannes jetzt, und sie alle werden prophetisch reden (Jes.59:21; Joel 3:1). Und die Erde wird voll der Erkenntnis Jewes sein, wie Wasser den Meeresgrund bedeckt (Jes.11:9).

 

Welchen diese Generation gleicht

 

  Jesus fuhr fort zu sprechen:

  »Das gesamte Volk und die Zöllner, die ihn (Johannes) hörten, rechtfertigten Gott, indem sie sich mit der Taufe des Johannes taufen ließen. Die Pharisäer und die Gesetzeskundigen aber lehnten den Ratschluss Gottes für sich selbst ab, indem sie sich nicht von ihm taufen ließen. Mit wem soll Ich nun die Menschen dieser Generation vergleichen? Wem sind sie gleich? Sie sind gleich kleinen Kindern, die am Markt sitzen und einander zurufen: Wir flöten euch, doch ihr tanzt nicht! Wir singen euch Totenlieder, doch ihr jammert nicht! - Denn als Johannes der Täufer kam und weder Brot aß noch Wein trank, da sagtet ihr: Er hat einen Dämon! - Nun  ist der Sohn des Menschen gekommen; Er isst und trinkt, da sagt ihr: Siehe, dieser Mensch ist ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder! - Und doch ist die Weisheit durch all ihre Kinder gerechtfertigt worden« (Verse 29-35).

  Ja, spielt man den Oberen Israels wie zu einer Hochzeitsfeier auf, dann passt es ihnen nicht und sie tanzen nicht. Singt man ihnen Klagelieder, dann passt es ihnen auch nicht. Johannes der Täufer gefiel den Oberen in seiner asketischen Art nicht, und Jesus konnte es ihnen in Seiner die Freude des Königreichs bringenden Art auch nicht recht machen.

  Und doch ist diese Weisheit Gottes, nämlich des Johannes Ruf zur Umsinnung und Jesu heilbringendes Erbarmen, von ihren Kindern, von den dies Glaubenden, für wahr erkannt und für richtig erklärt worden. Die Weisen verstehen die Wege Gottes (Hos.14:10). Die Vielen, die Johannes und Jesus folgten, bestätigten damit die Wahrheit dessen, was sie lehrten.

 

Jesus und eine Sünderin im Haus des Pharisäers Simon

 

  »Aber einer der Pharisäer ersuchte Ihn, mit ihm zu essen; da ging Er in das Haus des Pharisäers und legte Sich zu Tisch. Und siehe, da war eine Frau in der Stadt, die eine Sünderin war. Als sie erfuhr, dass Er Sich im Haus des Pharisäers niedergelegt hatte, holte sie ein Alabasterfläschchen mit Würzöl und trat schluchzend von hinten an Jesu Füße heran. Dann fing sie an, Seine Füße mit Tränen zu benetzen, wischte sie mit ihrem Haupthaar wieder ab, küsste Seine Füße zärtlich und rieb sie mit dem Würzöl ein. Als der Pharisäer, der Ihn eingeladen hatte, dies gewahrte, sagte er bei sich: Wenn dieser ein Prophet wäre, hätte Er erkannt, wer und was für eine Frau sie ist, die Ihn anrührt; denn sie ist eine Sünderin« (Verse 36-39).

  Wenn ein Rabbi irgendwo zu Gast war, durften auch Nichteingeladene kommen, damit sie seine Reden (vom Hof oder Säulengang aus) hörten.

  Die Szene ist ergreifend. Die Sünderin, eine käufliche Frau, naht sich ihrem Retter voller Reue und gibt Ihm alle Ehre. Jesus entzieht Sich ihr nicht. Alle Ehre aber hatte der Pharisäer seinem Gast Jesus nicht angetan. In seiner Selbstgerechtigkeit und seinem Stolz erkennt er nicht, dass auch er ein Sünder ist und dass Jesus aus Liebe zu den Sündern gekommen ist, ihnen das Heil zu bringen. Er hatte das Wort Jewes vergessen: »Wenn eure Sünden wären wie Scharlach, wie Schnee sollen sie weiß werden. Wenn sie rot wären wie Karmesin, wie Wolle sollen sie werden« (Jes.1:18).

  Die Frau war übrigens in Anlehnung an das Gesetz nicht mit leeren Händen vor Jewe erschienen (2.Mose 23:15; 34:20; 5.Mose 16:16), sondern gab ihr Bestes. Das Salböl war wertvoll.

  Die Lösung ihres Haupthaars zum Abwischen ihrer Tränen war sicherlich vertretbar, wenn auch im allgemeinen unschicklich; da des Ehebruchs verdächtigte Frauen nach 4.Mose 5:18 das Haupthaar zu lösen hatten, könnte die Frau damit sogar ihre Schuld eingestanden haben.

 

Jesus belehrt den Pharisäer

 

  »Da nahm Jesus das Wort und sagte zu ihm: Simon, Ich habe dir etwas zu sagen! - Der entgegnete Ihm: Lehrer, sprich! - Ein Geldausleiher hatte zwei Schuldner. Der eine schuldete fünfhundert Denare, der andere fünfzig. Weil sie aber nichts hatten, um zu bezahlen, begnadigte er beide. Wer von ihnen wird ihn nun mehr lieben? - Simon antwortete: Ich nehme an, derjenige, dem er mehr Gnade erwies. - Da sagte Er zu ihm: Du hast richtig geurteilt. - Und zu der Frau gewandt, erklärte Er dem Simon: Siehst du diese Frau hier? Ich kam in dein Haus, und du gabst Mir kein Wasser für Meine Füße; sie dagegen hat Meine Füße mit Tränen benetzt und sie mit ihrem Haar wieder abgewischt. Du gabst Mir keinen Kuss, sie aber hat, seitdem Ich hier hereinkam, nicht abgelassen, Mir zärtlich die Füße zu küssen. Du riebst Mein Haupt nicht mit Öl ein, sie dagegen hat Mir die Füße mit Würzöl eingerieben. Mithin sage Ich dir: Ihre vielen Sünden sind ihr erlassen; denn sie hat Mir viel Liebe erwiesen. Wem aber wenig erlassen wird, der hat nur wenig Liebe erwiesen« (Verse 40-47).

  Weil die Frau wusste oder zumindest hoffte, dass Jesus ihr die vielen Sünden vergeben wird, hat sie dem Herrn viel Liebe erwiesen. Der Pharisäer Simon aber, dem nur wenige Sünden erlassen werden brauchen, hat seinem Gast Jesus nur wenig Liebe erwiesen.

  Jetzt wissen wir, wozu die Sünde sein muss: damit alle Geschöpfe Gott von ganzem Herzen lieben. »Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme« (Röm.11:32).

 

Jesus erlässt Sünden

 

  »Dann sagte Er zu ihr: Deine Sünden sind dir erlassen! - Da fingen die mit zu Tisch Liegenden an, bei sich zu sagen: Wer ist dieser, der auch Sünden erlässt? - Er aber sagte zu der Frau: Dein Glaube hat dich gerettet; gehe hin in Frieden!« (Verse 48-50).

  Die Frau hatte also geglaubt, dass Jesus der Messias ist; sie hatte zudem gemäß dem Ruf Johannes des Täufers Umsinnung gezeigt; so empfing sie die Erlassung ihrer Verfehlungen (Luk.3:3). Ihr Glaube, der Werke der Liebe, würdig der Umsinnung, hervorbrachte, hatte sie gerettet (Mat.3:8; Jak.2:24).

  Nebenbei gesagt: Nach dem Evangelium des Apostels Paulus (Gal.1:12) sind wir allein durch Glauben gerechtfertigt, gerecht gesprochen; an Sünden ist nicht mehr zu denken (Röm.3:24,28).

  Den mit zu Tisch Liegenden muss klar geworden sein, dass ihnen nun eine Glaubensentscheidung abverlangt wird: Entweder ist Jesus der Sohn Gottes, der das Recht hat, Sünden zu erlassen, oder Er ist es nicht. Dank sei Gott für diesen oder jenen, in dessen Herzen Er Sündenerkenntnis und Gotteserkenntnis bewirkte!

  »Gehe hin in Frieden!« - dieser herrliche Zuspruch lässt sich auch wie folgt übersetzen: Gehe hinein in den Frieden, und zwar des Königreichs! - Welch eine Freude!

 

Jesus begleitende Frauen

 

  »In der Folge durchwanderte Er Stadt um Stadt und Dorf um Dorf, heroldete das Königreich und verkündigte es als Evangelium. Mit Ihm waren die Zwölf sowie einige Frauen, die von bösen Geistern und Gebrechen geheilt worden waren: Maria, die Magdalenerin genannt wird, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren, Johanna, die Frau des Chusa, eines Verwalters des Herodes, sowie Susanna und viele andere, die Ihm mit ihrem Besitz dienten« (Luk.8:1-3).

  Das Jahr 31 n. Chr. war von einem umfangreichen Wirken Jesu gekennzeichnet. Ganz Israel sollte die frohmachende Botschaft hören.

  Maria Magdalena stammte aus Magdala am Westufer des Sees Genezareth. Von ihr und Johanna sowie den vielen anderen Frauen, die Jesus begleiteten, lesen wir später, dass sie der Kreuzigung Jesu von ferne zuschauten und am Tag der Auferstehung frühmorgens am Grab waren (Mat.27:55,56; Luk.23:49; 24:10; Joh.20:1,18).

  Diese Frauen dienten dem Herrn Jesus Christus und Seinen zwölf Jüngern, die ja alles verlassen hatten (Mat.19:27), auf den Wanderungen mit ihrem Vermögen (Mat.27:55; Mark.15:41).

 

 

Jesu weiteres vollmächtiges Wirken

(Lukas 8:4-56)

 

  »Als eine große Volksmenge beisammen war (samt denen, die zu Ihm aus jeder Stadt herbeigekommen waren), sprach Er in einem Gleichnis« (Vers 4).

 

Das Gleichnis von der Saat

 

  »Der Sämann ging aus, um sein Saatkorn zu säen. Und beim Säen fiel etwas an den Weg und wurde niedergetreten, und die Flügler des Himmels fraßen es. Anderes fiel auf den Felsen nieder; als es sprosste, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Wieder anderes fiel mitten unter die Dornen, und mit emporsprossend, erstickten es die Dornen. Anderes aber fiel auf gutes Land, sprosste und trug hundertfältig Frucht. - Nachdem Er dieses gesagt hatte, rief Er aus: Wer Ohren hat zu hören, der höre!« (Verse 5-8).

  Wem Gott die Ohren auftut - und nur Er ist es, der Ohren öffnet (Jes.50:4,5) -, der wird auf die Worte Jesu merken und sie zu verstehen suchen. Die große Volksmenge, die das Gleichnis hörte - ob sie wohl verstand, dass man nicht einfach durch Glauben in das Königreich eingehen kann, sondern sich bewähren muss, sogar in Drangsalen, und dass man Frucht bringen muss, edle Werke (Luk.3:3; 6:47; Joh.15:2; Jak.2:24; 2.Pet.1:10)?

 

Die Geheimnisse des Königreichs

 

  »Da fragen Ihn Seine Jünger, was die Bedeutung dieses Gleichnisses sei. Er antwortete: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Königreichs Gottes zu erkennen, den übrigen aber wird es in Gleichnissen gesagt, damit sie sehend nicht sehen und hörend nicht verstehen« (Verse 9+10).

  Der Herr sprach also zu einem bestimmten Zweck in Gleichnissen: damit sie nicht glauben und nicht in das Königreich gelangen. Und genau dies auch besagen alle Geheimnisse des Königreichs (vgl. Mat.13:10-15), eben dass nicht alle Juden, weil sie Abrahams Same sind, gerettet werden (und darüber hinaus, dass das Königreich verzieht und zwischenzeitlich in einer verfälschten Form erscheint; Mat.13:31-33,47-50).

  Heute, in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (Eph.3:2), ist es ganz anders: heute wird das Wort Gottes verkündigt, damit die Menschen glauben und für das überhimmlische Königreich Christi gerettet werden (Eph.2:6; Phil.3:20; 2.Tim.4:18).

  Die Jünger, mithin die geistlich Gesinnten, wandten sich an Jesus mit der Bitte, dass Er ihnen das Gleichnis aufschließe. »Der seelische Mensch aber nimmt nichts von den Tiefen des Geistes Gottes an; denn sie sind ihm Torheit. Und er kann sie nicht erkennen, da sie nur geistlich erforscht werden können« (1.Kor.2:14).

  Obwohl mit dem Kommen des Messias das »wohlannehmbare Jahr des Herrn«, das Gnadenjahr, angebrochen war (Luk.4:19) und dem Volk Gnade und Wahrheit zuteil wurden (Joh.1:17), vollzog sich an dem ungläubigen Teil des Volkes wieder die Verstockung, die Jesaia ausgesprochen hatte, dass sie nämlich Augen haben und doch nicht sehen sowie Ohren und doch nicht verstehen (Jes.6:10; Mat.13:13-15; Joh.12:40).

 

Die Bedeutung des Gleichnisses

 

  »Dies nun ist das Gleichnis: Das Saatkorn ist das Wort Gottes. Die am Weg sind, hören es; aber danach kommt der Widerwirker und nimmt das Wort aus ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und gerettet werden. Die nun auf dem Felsen sind solche, die das Wort sogleich mit Freuden annehmen, wenn sie es hören. Doch haben sie keine Wurzel; für kurze Frist glauben sie, und zum Zeitpunkt der Versuchung fallen sie ab. Was aber in die Dornen fällt, sind diese: sie hören es, gehen hin und werden von Sorgen, Reichtum und Genüssen des Lebens erstickt und bringen nichts zur Reife. Das auf dem ausgezeichneten Land aber sind die, welche das Wort mit einem edlen und guten Herzen hören, es festhalten und mit Beharrlichkeit Frucht bringen« (Verse 11-15).

  Diese drei Kräfte: der Satan, das schwache Fleisch und die verlockende Welt verhindern, dass das Herz fest wird im Glauben. Allen Auserwählten aber wird Gott den standhaften und fruchtbaren Glauben gewähren (Mat.22:14; 24:31; 1.Pet.2:9).

  So wie die Vögel (Symbol für böse Geister) den auf dem Weg liegenden Samen wegpicken, raubt der Satan manchen Menschen das gehörte Wort aus dem Herzen, sodass sie einfach nicht mehr daran denken.

  Dem auf den Felsen gefallenen Samen, der nur wenig Wurzel entwickeln kann, entsprechen solche Gläubige, die bei der ersten Versuchung durch den Satan, beim ersten Gegenwind abfallen, bei einer Anfeindung, die sie um des Glaubens willen erleiden (Jak.1:2). Wie wird es erst sein, wenn die Stunde der Versuchung über die ganze Erde kommt (Off.3:10) und es gilt, trotz der Todesdrohung des Antichristus dem Herrn Jesus treu zu bleiben (Off.13:8,15)? »Glückselig der Mann, der in Versuchung ausharrt: Wird er als bewährt erfunden, so wird er den Kranz des Lebens erhalten, welchen Er denen verheißen hat, die Ihn lieben« (Jak.1:12).

  Es sei darauf hingewiesen, dass wir, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23), nicht abfallen können, weil wir mit Gottes Geist versiegelt sind (Eph.1:13). Uns gilt: »Die Er aber vorherbestimmte (dem Bilde Seines Sohnes gleichgestaltet zu werden), diese beruft Er auch; und die Er beruft, diese rechtfertigt Er auch; die Er aber rechtfertigt, diese verherrlicht Er auch« (Röm.8:30).

  Zur dritten Gruppe sei angemerkt, dass die Welt so viele Genüsse bietet und zu so vielen Aktivitäten auffordert, sodass für das Lesen des Wortes Gottes kaum noch Zeit bleibt.

  Die vierte Gruppe nur ist treu, ernährt sich täglich mit dem Wort Gottes, bewahrt es in einem durch die Umsinnung gereinigten Herzen, hält daran auch bei Widerständen fest und bringt viel Frucht. »Und jede (Rebe an Mir), welche Frucht bringt, die reinigt Er, damit sie mehr Frucht bringe« (Joh.15:2).

 

Vom rechten Hören

 

  Der Herr vertiefte die Ermahnung mit den drei folgenden Versen. Es geht darum, das Wort Gottes recht zu hören, dieses Licht recht aufzunehmen und leuchten zu lassen, damit man es nicht verliere.

  »Niemand zündet seine Leuchte an und bedeckt sie mit einem Gefäß oder setzt sie unter eine Liege, sondern setzt sie auf einen Leuchter, damit die Hereinkommenden das Licht erblicken. Denn nichts ist verborgen, was nicht offenbar werden wird, noch ist etwas verhohlen, was nicht doch bekannt werden und an die Öffentlichkeit kommen wird. Daher gebt Obacht, wie ihr hört! Denn wer hat, dem wird gegeben werden, und wer nicht hat, von ihm wird auch das, was er zu haben meint, genommen werden« (Verse 16-18).

  Das ausgesäte Wort Gottes hat ein Licht in den Herzen angezündet. Das Licht ist auf einen Leuchter zu stellen, damit allen hell werde; das Evangelium ist mithin weithin bekannt zu machen.

  Die ohne Wurzel und die unter den Dornen lassen ihr Licht nicht scheinen, sondern bedecken es. Dies wird aber nicht verborgen bleiben, weil alles irgendwann zu Tage tritt.

  »Daher gebt Obacht, wie ihr hört!« Haltet an dem Gehörten fest, steht dazu, dann könnt ihr die Wahrheit verbreiten, und dann wird euch noch mehr Erkenntnis Gottes gegeben.

  Die aber nicht treu sind, die Wetterwendischen und die weltlich Gesinnten, denen wird auch das wenige Licht, das sie besitzen und auf Dauer, bis ins Königreich hinein, zu besitzen meinen, spätestens am Tage des Gerichts genommen werden.

  Darum: Hört richtig! Bleibt dem Gehörten treu! Lasst euer Licht zur Verherrlichung Jesu Christi weit hinaus leuchten!

 

Jesu wahre Verwandte

 

  »Als Seine Mutter und Seine Geschwister zu Ihm kommen wollten, konnten sie wegen der Volksmenge nicht mit Ihm zusammentreffen. Da berichtete man Ihm: Deine Mutter und Deine Geschwister stehen draußen und wollen Dich sehen. - Darauf antwortete Er ihnen: Meine Mutter und Meine Geschwister sind die, die das Wort Gottes hören und tun!« (Verse 19-21).

  Der Glaube erweist sich im Tun. Für Israel ist das Wirken eine Bedingung der Rettung (Mat.7:24; Jak.2:24; 2.Pet.1:10). Jakobus mahnt: »Werdet aber Täter des Wortes und nicht solche, die nur darauf lauschen, sonst hintergeht ihr euch selbst« (Jak.1:22). Unser Glaube heute ist in Auswirkung unserer Rettung wirksam (Gal.5:6); so verhält es sich nach dem dem Apostel Paulus enthüllten Evangelium der Unbeschnittenheit (Gal.1:12; 2:7). Werke haben keinen Einfluss auf unsere Rettung, die reine Gnade ist (Röm.3:24; 1.Kor.3:15; Gal.2:16,; Eph.2:8). Wir sind allein durch Glauben und Hören gerechtfertigt und gerettet (Röm.3:28; Eph.1:13).

  Jesus hatte mindestens zwei Halbschwestern. Seine Halbbrüder hießen Jakobus, Joseph, Simon und Judas (Mat.13:55,56). Die verwandtschaftlichen Beziehungen in Ehren, tiefer miteinander verbunden aber sind die, die desselben Geistes Kind sind.

 

Die Stillung des Sturms

 

  »Eines Tages geschah es, dass Er mit Seinen Jüngern in ein Schiff stieg und zu ihnen sagte: Lasst uns zum jenseitigen Ufer des Sees hinüberfahren! - Und sie fuhren hinaus. Während sie segelten, schlief Er ein. Da fuhr ein Wirbelwind auf den See hernieder, das Schiff füllte sich mit Wasser, und sie waren in Gefahr. Da traten sie herzu, weckten Ihn und sagten: Meister, Meister, wir kommen um! - Und aufgewacht, schalt Er den Wind und die Brandung des Wassers. Da hörte beides auf, und es trat große Stille ein. Doch zu ihnen sagte Er: Wo ist euer Glaube? - Sie aber fürchteten sich und sagten erstaunt zueinander: Wer ist wohl dieser, weil Er auch den Winden und dem Wasser gebietet, und sie gehorchen Ihm« (Verse 22-25).

  Wessen Vollmachtsgebiet ist die Luft (Eph.2:2), wer vermag Wasserhosen gegen die Heiligen zu wirbeln (Off.12:15)? Der Satan. Christus aber ist hoch erhaben über ihn und über die vom Wind repräsentierten bösen Geister (Eph.1:21), Jesus Christus gebietet nicht nur der Materie, sondern auch über den die Materie gebrauchenden Satan hat Er Vollmacht.

  Psalmenworte erfüllten sich: »Du herrschst über das anschwellende Meer; wenn seine Wogen sich erheben, Du bringst sie zur Ruhe« (Ps.89:10); »Er ließ aus dem Sturm Stille entstehen, und die Wogen wurden ruhig« (Ps.107:29).

  Vergessen wir nie, dass über allem Geschehen unser herrlicher und treuer Gott und Vater steht, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph.1:11) und auch die Willensbildung des Satans hervorruft. »Denn Ich bin El! Und da ist sonst kein Elohim! Und da ist niemand gleichwie Ich! ... Der Ich sage: Mein gesamter Ratschluss soll bestätigt werden; und alles, was Mir wohlgefällt, will Ich tun« (Jes.46:9,10). Es war Gottes Vorsatz, wie auch Psalm 107:25 sagt: »Er sprach und ließ einen Sturmwind entstehen.«

 

Ein Besessener wird frei

 

  »Dann fuhren sie weiter bis in die Gegend von Gergesa, die Galiläa gegenüber ist. Dort stieg Er an Land; da kam Ihm ein Mann aus der Stadt entgegen, der Dämonen hatte; seit geraumer Zeit hatte er keine Kleidung angezogen und war in keinem Haus geblieben, sondern hatte sich in den Gräbern aufgehalten. Als er Jesus gewahrte, fiel er aufschreiend vor Ihm nieder und rief mit lauter Stimme: Was ist zwischen mir und Dir, Jesus, Du Sohn Gottes, des Höchsten? Ich flehe Dich an: quäle mich nicht! - Denn Er hatte dem unreinen Geist geboten, aus dem Mann auszufahren; denn seit längerer Zeit hatte jener ihn gepackt. Mit Ketten und Fußschellen war er gebunden und verwahrt worden; doch die Fesseln zerreißend, wurde er von dem Dämon in die Wildnis getrieben. Jesus fragte ihn: Was ist dein Name? - Da antwortete er: Legion; denn es waren viele Dämonen in ihn gefahren. Die flehten Ihn an, damit Er ihnen nicht gebiete, in den Abgrund zu gehen« (Verse 26-31).

  Die Dämonen hatten in einer solchen Weise von dem Mann, der dem Herrn entgegenkam (und vor dem zweiten Mann, der kurz darauf auf Ihn zukam; Mat.8:28), Besitz ergriffen, dass sie ihm ihre Gedanken und Worte aufzwingen konnten. Mithin fand das Gespräch zwischen dem Herrn und dem unreinen Geist statt.

  Die Dämonen kannten Jesus und wussten, dass Er der Sohn Gottes, des Höchsten, war; denn in Christus ist das All erschaffen, das in den Himmeln und das auf der Erde, das Sichtbare und das Unsichtbare (Kol.1:16), und in der unsichtbaren Welt kennt man einander (Hiob 1:6).

  Eine römische Legion umfasste etwa fünftausend Mann. Das heißt nun nicht, dass genauso viele Dämonen in dem Besessenen waren, sondern umschreibt eine große Menge.

  Die unreinen Geister wollten nicht in den Abgrund geschickt werden. Der Abgrund ist der Raum unter der Erd- und Wasseroberfläche (vgl. Off.20:3) und sicherlich die rechtmäßige Behausung dieser Unterirdischen (Phil.2:10). Die Dämonen schweifen nicht gern in wasserlosen Stätten umher (Mat.12:43; Luk.11:24), sondern wollen lieber in Menschenleibern wohnen. Dies steht ihnen aber nicht zu; sie wussten somit, dass Jesus sie aus dem Mann austreiben würde.

  So flehten sie Ihn an, in die Schweine fahren zu dürfen, wie im Folgenden berichtet:

  »Nun war dort an dem Berg ein beträchtlicher Auftrieb weidender Schweine. Und die Dämonen flehten Ihn an, dass Er ihnen gestatten möge, in dieselben zu fahren. Er gestattete es ihnen sofort. Da fuhren die Dämonen aus dem Menschen, fuhren in die Schweine, und der gesamte Auftrieb stürmte den Abhang hinab in den See und ertrank« (Verse 32+33).

  Gerade auf diese Weise aber kamen die Dämonen nun doch in den Abgrund, wohin sie gehören. Dort werden jene, die ihre Behausung verlassen hatten, in unwahrnehmbaren Fesseln für das Gericht verwahrt (2.Pet.2:4; Jud.6).

  Schweine wurden von gesetzestreuen Juden nicht gehalten, weil es unreine Tiere waren (3.Mose 11:7). Die Gergesener werden vermutlich auch in anderen Dingen gesetzlos gehandelt haben.

  »Als jene, die sie geweidet hatten, das Geschehene gewahrten, flohen sie und berichteten es in der Stadt und auf den Gehöften. Da gingen die Leute hinaus, um zu sehen, was geschehen war. Als sie zu Jesus kamen, fanden sie den Menschen, von dem die Dämonen ausgefahren waren, bekleidet und ganz vernünftig zu Jesu Füßen sitzen, und sie fürchteten sich. Die es gesehen hatten, berichteten ihnen, wie der dämonisch Besessene gerettet worden war. Da ersuchte Ihn die gesamte Volksmenge der Umgegend von Gergesa, von ihnen fortzugehen, weil sie von großer Furcht bedrängt wurden. - Als Er in das Schiff stieg, um umzukehren, flehte der Mann, von dem die Dämonen ausgefahren waren, Ihn an, bei Ihm sein zu dürfen; Jesus entließ ihn jedoch und sagte: Kehre in dein Haus zurück und erzähle alles, was Gott an dir getan hat! - Da ging er hin und heroldete in der ganzen Stadt alles, was Jesus an ihm getan hatte« (Verse 34-39).

  Die Heiligkeit Gottes war so gewaltig in Erscheinung getreten, dass die Gergesener sie nicht ertragen konnten. Da nicht zu lesen ist, dass  sie zu glauben begannen, wollten sie vermutlich mit ihren üblen Taten weiterhin im Dunkeln bleiben. Wie die Gottlosen einst zu El sprachen: »Kehre Dich ab von uns! Und: An der Erkenntnis Deiner Wege haben wir kein Gefallen!« (Hiob 21:14).

  Der gerettete Mann bezeugte ihnen dann alles nochmals (etwa wie in Psalm 66:16 geschrieben steht: »Lauft herzu, hört und lasst mich all denen,  die Elohim fürchten, verkündigen, was Er an meiner Seele getan hat!«); vielleicht sinnten daraufhin einige um.

 

Die Bitte des Jairus

 

  »Als Jesus zurückkehrte, hieß die Volksmenge Ihn willkommen; denn alle warteten auf Ihn. Und siehe, da kam ein Mann namens Jairus, der war Synagogenvorsteher; dieser fiel Jesus zu Füßen und sprach Ihm zu, in sein Haus zu kommen; denn er hatte eine einzige Tochter von etwa zwölf Jahren, die im Sterben lag« (Verse 40-42 a).

  Die folgenden Ereignisse um das Mädchen und die blutflüssige Frau sind eine einzige Parabel auf Israel.

  Jairus hatte einen schwachen Glauben. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein Wort Jesu genüge, um seine Tochter zu heilen. Der römische Hauptmann konnte dies (Luk.7:7). Es musste aber so sein. Und Jesus wollte in das Haus des Jairus kommen, ja Er sollte zu Israel kommen.

  Nun trat aber eine Verzögerung ein: Die Volksmenge umdrängte den Herrn so sehr, dass Er nicht vorankam. Inzwischen starb die Tochter des Jairus. Ebenso ist es heilsgeschichtliche Tatsache, dass Jesus als der Messias und König immer noch nicht bei Israel eingetroffen ist. Israel ist zur Zeit verworfen (Röm.11:15) und mithin tot wie das Mädchen.

 

Die blutflüssige Frau

 

  »Während Er nun hinging, erstickte Ihn die Volksmenge fast. Dort war auch eine Frau, die seit zwölf Jahren an Blutfluss gelitten hatte. Derer ganzer Lebensunterhalt war an Ärzte verausgabt worden, doch keiner hatte sie zu heilen vermocht. Von hinten herzukommend, rührte sie die Quaste Seines Obergewandes an, und auf der Stelle kam ihr Blutfluss zum Stehen. Da fragte Jesus: Wer hat Mich angerührt? - Als alle es leugneten, sagte Petrus und die bei Ihm waren: Meister, die Volksmenge umdrängt und drückt Dich, und Du fragst: Wer hat Mich angerührt? - Jesus antwortete: Jemand hat Mich angerührt; denn Ich spürte die von Mir ausgegangene Kraft. - Als die Frau gewahrte, dass sie nicht unbemerkt geblieben war, trat sie zitternd hervor. Vor Ihm niederfallend, berichtete sie angesichts des gesamten Volkes, aus welchem Grund sie Ihn angerührt hatte und wie sie auf der Stelle geheilt worden war. Da sagte Er zu ihr: Fasse Mut, Tochter, dein Glaube hat dich gerettet; gehe hin in Frieden« (Verse 42 b-48).

  Die Frau hatte den Glauben, dass Jesus von Gott war und Er sie heilen könne. Da sie aufgrund ihres Blutflusses unrein war und jeder, der sie anrührte, unrein wurde (3.Mose 15:19,25) und sie auch nicht wagte, Ihn anzusprechen, fiel ihr nichts anderes ein, als eine der vier Quasten am unteren Rand des Obergewandes Jesu anzurühren. Diese Tat der Frau blieb nicht unbemerkt, zumal es in Psalm 38:10 heißt: »Jewe, vor Dir ist all mein Sehnen, und mein Seufzen ist nicht vor Dir verborgen.« Jesus wusste, dass Ihn jemand bewusst angerührt hatte.

  Die Quasten sollten die Juden stets daran erinnern, an die Gebote Jewes zu denken und sie zu tun. Eine Schnur davon bestand aus Violettpurpur (4.Mose 15:38; 5.Mose 22:12). Das hebräische Wort für »Violettpurpur« ist mit denen für »Vervollständigen«, »Vollendung«, »Äußerstes« verwandt. Steht das Obergewand für Gerechtigkeit, dann die Quaste für Vollendung. Unser Herr Jesus Christus vollendete Seinen Dienst durch Seinen Gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod (Phil.2:8; Heb.2:10; 5:9). So ist die Frau das Bild für den Überrest des Volkes Israel, der während der Zeit der Verwerfung, vergleichbar der Zeit des Todes des Mädchens, an das vollkommen vollbrachte Werk Jesu am Kreuz glaubt und gerettet wird.

 

»Fürchte dich nicht, glaube nur!«

 

  »Während Er noch sprach, kam jemand aus dem Haus des Synagogenvorstehers und berichtete ihm: Deine Tochter ist gestorben; bemühe den Lehrer nicht mehr! - Als Jesus das hörte, antwortete Er ihm: Fürchte dich nicht, glaube nur, und sie wird gerettet werden« (Verse 49+50).

  Der die Meldung machte, hatte keinen großen Glauben, und auch dem Jairus mag die Hoffnung geschwunden sein. Jesus aber weckte mit Seinem Zuspruch den Glauben des Mannes.

  Jesus wollte die Tochter nicht heilen, sondern auferwecken. Ebenso wollte Jesus auch nicht, dass Israel mit den Augen wahrnimmt, mit den Ohren hört, mit dem Herzen versteht »und sie sich umwenden und Ich sie heilen könnte« (Jes.6:10; Mat.13:15). Israel muss erst völlig am Nullpunkt angekommen sein, damit es lerne, dass es das Leben nur aus Gottes Hand haben und nicht aus eigener Kraft erringen kann. Nichts ist aus uns - alles ist Gnade!

 

Die Auferweckung der Tochter des Jairus

 

  »Als Er in das Haus kam, ließ Er niemand mit Sich eintreten außer Petrus, Jakobus und Johannes sowie den Vater des Mädchens und die Mutter. Alle aber jammerten und wehklagten um sie. Er jedoch sagte: Jammert nicht, denn sie ist nicht gestorben, sondern schlummert. - Da verlachten sie Ihn, weil sie wussten, dass sie gestorben war. Er aber trieb alle hinaus, fasste ihre Hand und rief: Mädchen, erwache! - Und ihr Geist kehrte zurück, und sie stand auf der Stelle auf. Er ordnete nun an, man möge ihr zu essen geben. Ihre Eltern aber waren vor Verwunderung außer sich. Er wies sie jedoch an, niemandem zu sagen, was geschehen war« (Verse 51-59).

  Es dient zur größeren Verherrlichung Gottes, einen Menschen aufzuerwecken als zu heilen, desgleichen eine tote Nation wiederzuzeugen als eine kranke Nation zu heilen.

  Das Mädchen war tot gewesen. Der Tod ist die Umkehrung des Schöpfungsprozesses, von dem wir in 1.Mose 2:7 lesen: »Dann formte Jewe Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase; und der Mensch wurde eine lebende Seele.«  Der Tod ist Rückkehr. Der Körper kehrt zum Erdreich zurück. Der Geist, der Odem des Lebens, kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hatte (Pred.12:7; Ps.104:29; Hiob 34:15). Dann ist da keine Seele, kein Bewusstsein, kein Mensch mehr (Pred.9:5,6,19; Ps.6:6; 115:17; 146:4; Jes.38:18; 63:16).

  Der Schlaf mit seiner relativen Bewusstlosigkeit ist das gute biblische Bild für den Todeszustand, sagte unser Herr doch, dass das Mädchen schlafe (Hiob 3:13; Dan12:13).

  Als der Geist in den Körper des Mädchens zurückkehrte, lebte sie wieder.

  Lobpreis und Verherrlichung sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus für all Sein rettendes Wirken durch Seinen geliebten Sohn!

 

 

Jesu Weisungen an Seine Jünger

(Lukas 9:1-50)

 

  Es wird im Sommer des Jahres 31 n. Chr. gewesen sein, im Jahr vor Jesu Kreuzigung und Auferstehung. Die zwölf Apostel hatten inzwischen viel von Ihm gelernt, sodass Er sie nun in Seinen Dienst der Verkündigung des Evangeliums vom Königreich Israels mit einsetzen konnte. Die Botschaft Jesu wurde damit noch weiter verbreitet. Außerdem bestätigte das Wirken der Apostel im Namen Jesu, also ohne dass Er anwesend war, die Wahrheit Seiner Worte. Für die Apostel war diese ihre Aussendung zugleich eine Schulung für ihre zukünftigen Aufgaben.

 

Die Aussendung der zwölf Apostel

 

  »Dann rief Er die zwölf Apostel zusammen und gab ihnen Kraft und Vollmacht über alle Dämonen, sowie Krankheiten zu heilen. Dann beauftragte Er sie, das Königreich Gottes zu herolden und Hinfällige zu heilen. Er sagte zu ihnen: Nehm nichts auf den Weg mit, weder Stab und Bettelsack, weder Brot noch Silber, auch sollt ihr nicht zwei Untergewänder haben. Und in welches Haus ihr auch einkehrt, bleibt dort, bis ihr von dort wieder hinauszieht. Wo immer man euch nicht aufnimmt, da geht aus jener Stadt hinaus und schüttelt auch den Staub von euren Füßen ab zum Zeugnis gegen sie. So zogen sie aus und gingen von Dorf zu Dorf, verkündeten das Evangelium und heilten überall« (Verse 1-6).

  Der Herr sandte Seine Apostel je zu zweien aus (Mark.6:7).

  In Israel bedurfte es keiner besonderen Reiseausrüstung, weil es Sitte war, einen Reisenden zum Essen und zur Übernachtung einzuladen (in Anlehnung an 4.Mose 18:31). In der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen ist, was die Ausrüstung für eine Reise anbelangt, ganz anderes zu lesen (Ap.21:5,15; 27:3; 28:10; Tit.3:13). Mit »Silber« ist Münzgeld gemeint. Dass nach Markus 6:8 ein Stab mitgenommen werden durfte, erklärt sich vermutlich dadurch, dass sie gehen sollten,  wie sie gerade waren und sich nicht extra einen Stab (oder Sandalen; Mat.10:10; Mark.6:9) holen sollten.

  Die Apostel sollten allerdings nicht jede Nacht woanders schlafen, was die Gastgeber natürlich belastete. Aber auch daran würde sich zeigen, wer für und wer gegen Jesus ist. Schließlich sollten die Apostel auch Unglauben und Ablehnung kennenlernen. Wo sie nicht aufgenommen würden, sollten sie den Staub von ihren Füßen schütteln zum Zeichen dafür, dass man jene dem Gericht Gottes überlasse. Ein Dorf, das Christi Boten abweist, wird aus Israel herausgeschüttelt werden (Neh.5:13). Die Entscheidung Israels in Bezug auf Jesus bahnte sich an.

 

Die Betroffenheit des Herodes

 

  Herodes Antipas (1 v. Chr. bis 39 n. Chr.), Tetrarch von Galiläa und Peräa, hatte gerade Johannes den Täufer hinrichten lassen. Dessen Tod wird in Matthäus 14:3-12 und Markus 6:17-29 ausführlich geschildert.

  Und nun berichtet Lukas:

  »Alles, was durch Ihn (Jesus) geschah, hörte auch der Vierfürst Herodes und war betroffen darüber, weil von etlichen behauptet wurde: Johannes ist von den Toten erwacht, von einigen aber: Elia ist erschienen, und von anderen: Irgendein Prophet der Altvordern ist auferstanden. Herodes aber sagte: Johannes ließ ich doch enthaupten; wer ist nun der, von dem ich solches höre? - Und er suchte Ihn (Jesus) zu Gesicht zu bekommen« (Verse 7-9).

  Herodes hatte allen Grund zur Furcht, weil er ein sehr schlechtes Gewissen bezüglich Johannes hatte und ein auferstandener Täufer vielleicht Rache an ihm nehmen würde. Und sollte Jesus der Prophet Elia sein, der vor dem großen und gefürchteten Tag Jewes wiederkommt (Mal.3:23), wäre des Herodes Schicksal ebenfalls besiegelt. Deshalb wollte er Jesus sehen, um sich Klarheit zu verschaffen, wer Er wirklich ist. Er sollte Ihn aber erst nach dessen Gefangennahme zu Gesicht bekommen, wenn Pilatus Ihn zu ihm schickt (Luk.23:6-12).

 

Die Speisung der Fünftausend

 

  »Als die Apostel zurückkehrten, erzählten sie Ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. Da nahm Er sie beiseite und entwich in eine Stadt, die Bethsaida heißt, um für Sich allein zu sein. Als die Volksmenge das erfuhr, folgte sie Ihm. Er hieß sie willkommen, sprach zu ihnen vom Königreich Gottes und heilte, die der Heilung bedurften« (Verse 10+11).

  Bethsaida lag am Nordufer des Sees Genezareth etwa 1 km östlich der Jordanmündung. Das Weitere ereignete sich dann in der Nähe dieser Stadt.

  »Als der Tag sich zu neigen begann, traten die Zwölf herzu und sagten zu Ihm: Entlasse die Volksmenge, damit sie in die Dörfer und Gehöfte ringsumher gehen, dort übernachten und Verpflegung finden; denn wir sind hier an einer öden Stätte. - Er aber sagte zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen! - Darauf berichteten sie Ihm: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische, außer wir gehen und kaufen Speise für dieses gesamte Volk. - Denn es waren etwa fünftausend Männer. Dann sagte Er zu Seinen Jüngern: Lasst sie sich in Gruppen von etwa je fünfzig lagern. - So ordneten sie es an, und alle lagerten sich. Dann nahm Er die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, segnete und brach sie in Stücke und gab sie den Jüngern, damit diese sie der Volksmenge vorsetzten. Da aßen sie alle und wurden satt; was ihnen an Brocken übrig blieb, hob man aber auf: zwölf Tragkörbe voll« (Verse 12-17).

  Jesu Gebet brachte den Segen des Himmels auf die fünf Brote und zwei Fische herab. Dieses Wunder war ein weiteres Zeichen dafür, dass Jesus der Sohn Gottes und der Messias ist. In jeder Weise nimmt Er Sich der Menschen an: Er sorgt für ihre Speise, Er heilt sie, Er erlässt ihnen ihre Sünden, Er bringt sie in das Königreich hinein! Zwölf Tragkörbe voll Brocken blieben übrig - mehr als genug für jeden der zwölf Jünger und genug des Beweises, dass Er auch für die zwölf Stämme den Überfluss bringen wird.

  Mögen die Menschen vor allem aber erkennen, dass Jesus nicht nur der Geber dieses Brotes war, sondern auch der wahren Speise für den Geist des Menschen und das Leben in den zukünftigen Äonen. Er ist das Brot des Lebens; alles, was die Menschen brauchen, ist Er in Person. Es gilt, an Ihm Anteil zu haben. Jesus sprach: »Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgestiegen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er leben für den Äon. Das Brot aber, das Ich für das Leben der Welt geben werde, ist Mein Fleisch. ... Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt, hat äonisches Leben, und Ich werde ihn am letzten Tag auferstehen lassen; denn Mein Fleisch ist wahre Speise, und Mein Blut ist wahrer Trank« (Joh.6:51,54,55).

 

Wer Jesus sei und die erste Leidensankündigung

 

  »Als Er allein war und betete, waren nur die Jünger bei Ihm. Da fragte Jesus sie: Was sagt die Volksmenge, wer Ich sei? - Sie antworteten: Die einen meinen, Johannes der Täufer, andere Elia, wieder andere ein Prophet der Altvordern sei auferstanden. - Weiter fragte Er sie: Ihr aber, was sagt ihr, wer Ich sei? - Petrus antwortete: Der Christus Gottes! - Da warnte Er sie, wies sie an, mit niemandem darüber zu sprechen, und sagte: Der Sohn des Menschen müsse viel leiden und von den Ältesten, Hohenpriestern und Schriftgelehrten verworfen werden, und Er müsse getötet und am dritten Tag auferweckt werden« (Verse 18-22).

  Jesus ist der Gesalbte Gottes! Gott hatte dem Petrus dies offenbart (Mat.16:17), der gewiss in Übereinstimmung mit den anderen Aposteln geantwortet hatte.

  Die Apostel sollten dies aber niemandem sagen. Warum? Weil eine vorzeitige Proklamation Jesu als der Christus Seinem Leidensweg hätte hinderlich werden können. Als der Christus bekannte Er Sich erst auf die Frage des Hohenpriesters: »Ich beschwöre Dich bei dem lebendigen Gott, dass Du uns sagst, ob Du der Christus, der Sohn Gottes bist«, als Er antwortete: »Du hast es gesagt!« (Mat.26:64). Und alsbald danach wird Petrus vor der Volksmenge ausrufen: »... den hat Gott auferstehen lassen ... den Christus ... diesen Jesus« (Ap.2:24,31,32). »Mit Sicherheit erkenne daher das ganze Haus Israel, dass Gott Ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt« (Ap.2:36).

  Bislang hatte die Volksmenge Jesus nicht als den Christus erkannt. Er schien ihnen nur ein wundertätiger Prophet zu sein.

  Mit dieser Bekräftigung im Kreise Seiner Apostel, wer Er sei, war Jesu weiterer Weg bestätigt, zugleich aber auch der Seiner Jünger besiegelt, wie die sich anschließenden Worte Jesu über die Nachfolge klarstellen (Verse 23-26). Der Christus muss leiden; dies steht geschrieben, und zwar in Psalm 22 und Jesaia 53. Dies ist der Weg Jesu. Er, der Hauptstein der Ecke, musste von den Bauleuten, den Oberen des Volkes, verworfen werden, wie Psalm 118:22 sagt.

  Zusammen mit dieser ersten Leidensankündigung sprach unser Herr auch zum ersten Mal von Seiner Auferweckung, was ebenfalls

vorgezeichnet war: »Du wirst Meine Seele nicht im Ungewahrten lassen noch Deinen Huldreichen dahingeben, Verwesung zu sehen« (Ps.16:10).

 

Der Preis der Nachfolge

 

  »Zu allen aber sagte Er: Wenn jemand Mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst und nehme täglich sein Kreuz auf und folge Mir. Denn wer seine Seele retten will, wird sie verlieren; wer aber seine Seele Meinetwegen verliert, der wird sie retten. Denn was nützt es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen, wenn er sich selbst dabei umbringt oder seine Seele verwirkt? Denn wer sich Meiner und Meiner Worte schämt, dessen wird Sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn Er in Seiner Herrlichkeit und der des Vaters und der heiligen Boten kommt« (Verse 23-26).

  Die Nachfolge Jesu hat ihren Preis. Nachfolge Jesu bedeutet, in der Welt so viel zu gelten wie Er, mithin wie ein Schlachtschaf geachtet zu werden (Ps.44:23; Röm.8:36). Nachfolge Jesu kann nur in Seiner Gesinnung und Ihm gehorchend geschehen.

  Auch wir haben uns selbst zu verleugnen, das heißt wir leben nicht mehr uns selbst, sondern dem, der für uns starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15). Wir haben täglich unser Kreuz, die eigenen Bedrängnisse um des Evangeliums willen, auf uns zu nehmen, täglich die Schmach Christi zu tragen und, wie Gott es einem jeden zumisst, Beschimpfungen und Verachtung zu ertragen.

  Wer seine Seele bei den Verfolgungen - heutzutage wird man in Deutschland nur stillschweigend kaltgestellt - etwa durch die Verleugnung Jesu oder Anpassung an die Meinung der Welt retten will, der wird sie nach dem uns angehenden Glaubensgut, das der Apostel Paulus verkündigte, zwar nicht verlieren, aber schwer schädigen. Nach dem Evangelium der Beschneidung aber wird ein solcher seine Seele, sein Bewusstsein, verlieren, das äonische Leben im herrlichen Königreich Israels also nicht genießen (siehe auch Joh.12:25).

  Wer sich aber zu Jesus bekennt und zu Ihm steht und deshalb umgebracht wird, dessen Seele und mithin der ganze Mensch wird für das Königreich gerettet sein.

  Möge sich niemand des Herrn schämen, des Sohnes Gottes, des Herrn der Herrlichkeit. Wer sich vor den Menschen zu Ihm bekennt, zu dem wird Er Sich auch vor Seinem Vater bekennen (Mat.10:23; Luk.12:8). Wer Ihn vor den Menschen verleugnet, den wird Er vor Seinem Vater auch verleugnen und nicht am Königreich teilhaben lassen. - so ist es nach dem Evangelium der Beschneidung, das unser Herr und die Zwölf dem Volk Israel verkündigten (Gal.2:7).

  Wie herrlich, dass wir heute in der heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes leben (Eph.3:2; Röm.5:20) und unser Gnadenstand und unsere Rettung durch ein Versagen unsererseits nicht angetastet werden (Röm.8:30) - zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade (Eph.1:6; 2:8)! Diese überwältigende Gnade möge uns nun allerdings kräftigen (2.Tim.2:1), dem Herrn hingebungsvoll zu dienen und uns Seiner nicht zu schämen (Röm.1:16; 2.Tim.1:8).

 

Die Verklärung Jesu

 

  Jesus fuhr fort zu sprechen: »Ich sage euch wahrhaftig: Unter denen, die hier stehen, sind einige, die keinesfalls den Tod schmecken werden, bis sie das Königreich Gottes gewahren« (Vers 27).

  Selbstverständlich würden einige der Anwesenden nicht sterben, sondern in das Königreich gelangen, weil es ja nahe war. Jesus hatte verkündigt: »Erfüllt ist die Frist, und genaht hat sich das Königreich Gottes« (Mark.1:15). Sollten sie Ihn aber, wie Er gerade eben gesagt hatte (Verse 22), verwerfen, Ihn, den König, dann kann auch das Königreich nicht kommen, wenigstens zunächst nicht. Einige aber sollten das Königreich noch vor ihrem Tode schauen, und zwar in einer Vision, und genau diese kündigte der Herr hier an. Acht Tage später geschah es dann, dass Petrus, Johannes und Jakobus ein Einblick in die zukünftige Herrlichkeit gewährt wurde. Dies war zugleich eine Bestätigung, dass Jesus der Christus Gottes ist (Vers 20), und ein kraftvoller Zuspruch angesichts der Leidensankündigung Jesu (Vers 22).

  »Etwa acht Tage nach diesen Worten geschah es, dass Er Petrus, Johannes und Jakobus beiseite nahm und auf einen Berg stieg, um zu

beten. Während Er betete, wurde das Aussehen Seines Angesichts ganz anders und Seine Kleidung blitzend weiß. Und siehe, zwei Männer besprachen sich mit Ihm; das waren Mose und Elia. Die erschienen in Herrlichkeit und sprachen mit Ihm über den Ausgang Seines Lebens, wie es sich demnächst in Jerusalem erfüllen sollte.  Petrus aber und die mit ihm waren vom Schlaf beschwert. Als sie voll wach wurden, gewahrten sie Seine Herrlichkeit und die zwei Männer, die bei Ihm standen« (Verse 28-32).

  »Nach etwa acht Tagen«, schreibt Lukas. Matthäus und Markus sind genau und schreiben »nach sechs Tagen« (Mat.17:1; Mark.9:2), damit allerdings nur den Zeitpunkt benennend, an welchem Sich der Herr mit Seinen drei Aposteln auf den Weg machte. Lukas schließt wohl das Geschehen auf dem Berg in seine Zeitangabe ein. Es war ein hoher Berg (Mat.17:1; Mark.9:2), sehr wahrscheinlich der Hermon (2814 m ü. M.), zumal Jesus Sich dort in der Nähe aufgehalten hatte, nämlich bei Cäsarea Philippi (Mat.16:13; Mark.8:27).

  Jesus wurde umgestaltet. Die Apostel nahmen Ihn in Seiner zukünftigen Herrlichkeit wahr. Auch Mose und Elia erschienen in der Herrlichkeit, die sie im Königreich haben werden. Johannes berichtet später: »Wir schauten Seine Herrlichkeit - wie die Herrlichkeit des Einziggezeugten vom Vater - voller Gnade und Wahrheit« (Joh.1:14).

  Diese Vision sagt nichts über den Zustand der Toten. Mose starb (5.Mose 34:5). Elia fuhr »gen die Himmel« (2.Kön.2:11), stieg aber nicht in den Himmel hinauf (Joh.3:13). Eine Vision - und dies war eine (Mat.17:9) - berührt die Befindlichkeit der in Erscheinung Tretenden nicht, erfordert auch nicht, dass sie zuvor auferweckt werden. Jesus Selbst allerdings war verwandelt worden.

  Mose und Elia - diese herausragenden Zeugen des Königreichs - wussten um die Erfüllung aller Prophetie, wie Jesus sie demnächst in Jerusalem bewirken sollte.

 

Jesus allein

 

  »Als dieselben (Mose und Elia) von Ihm schieden, sagte Petrus zu Jesus: Meister, schön ist es für uns, hier zu sein! Wir sollten hier drei Zelte bauen, eins Dir, eins Mose und eins Elia. - Er wusste aber nicht, was er redete. Während er dies sagte, kam eine Wolke und beschattete

sie. Sie fürchteten sich aber, als sie in die Wolke hineinkamen. Und eine Stimme ertönte aus der Wolke: Dies ist Mein auserwählter Sohn, hörtet auf Ihn! - Während die Stimme erscholl, fand es sich, dass Jesus allein war. Sie aber schwiegen und berichteten in jenen Tagen niemandem irgendetwas von dem, was sie gesehen hatten« (Verse 33-36).

  Petrus wollte das herrliche Ereignis dauerhaft haben. Er vergaß, dass der Messias zuerst leiden müsse und dann erst in Seine Herrlichkeit eingehen werde (Luk.9:22; 24:26).

  Außerdem sind Mose und Elia nicht mit Jesus gleichzusetzen, wie der Gedanke des Zeltbaus nahelegt. So sahen sie dann auch nur Jesus allein. Er ist der eine und einzige Sohn Gottes, der eine und einzige Mittler der Rettung aus Sünde und Tod. Er allein ist auserwählt, das Werk Gottes zu vollbringen! Auf Ihn ist deshalb zu hören! Dies sagte übrigens einst schon Mose (5.Mose 18:15). Über Jesu Dahingabe als Sündopfer zum äonischen Leben für viele werden Mose und Elia im Königreich immer wieder reden.

  Erst nach der Auferstehung Jesu sollten die drei Apostel von dieser Vision erzählen (Mat.17:9).

  Für Petrus war sie die überwältigende Offenbarung, von der er in seinem zweiten Brief 1:16-18 schreibt: »Wir sind nicht weise ersonnenen Sagen gefolgt, als wir euch die Kraft und die Anwesenheit unseres Herrn Jesus Christus bekannt machten, sondern wir sind Augenzeugen der Erhabenheit desselben geworden. Denn Er erhielt von Gott dem Vater die Ehre und die Herrlichkeit durch die Stimme, die Ihm (in was für einer Weise) von der erhabenen Herrlichkeit dargebracht wurde: Dies ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe! - Diese Stimme haben wir gehört, als sie aus dem Himmel dargebracht wurde und wir mit Ihm auf dem heiligen Berg waren.«

 

Die Austreibung eines Dämons aus einem Knaben

 

  »Als sie am nächsten Tag vom Berg hinabstiegen, geschah es, dass Ihm eine große Volksmenge entgegenkam. Und siehe, ein Mann aus der Volksmenge schrie auf und sagte: Lehrer, ich flehe Dich an: blicke auf meinen Sohn, denn er ist mein einziges Kind! Und siehe, ein Geist

ergreift ihm, sodass er unversehens schreit; dann reißt er ihn nieder, schüttelt ihn in Krämpfen unter Schäumen und weicht nur schwerlich von ihm; dabei reibt er ihn ganz auf. Da flehte ich Deine Jünger an, dass sie ihn austreiben möchten, doch sie konnten es nicht. - Jesus antwortete: O du ungläubige und verdrehte Generation! Wie lange soll Ich noch bei euch sein und euch ertragen? Führe deinen Sohn her zu Mir! - Aber noch während er herzukam, riss der Dämon ihn nieder und schüttelte ihn heftig in Krämpfen. Jesus aber schalt den unreinen Geist, heilte den Knaben und gab ihn seinem Vater wieder. Da verwunderten sich alle über Gottes Erhabenheit« (Verse 37-43).

  Leider musste Jesus die zurückgelassenen neun Apostel als ungläubig und verdreht rügen. Er stellte sie damit ihrer Generation gleich (Luk.7:31-35). Es mangelte ihnen an Glaubenskraft. Von Matthäus erfahren wir des Weiteren: »Dann traten die Jünger zu Jesus, als sie für sich allein waren, und fragten: Weshalb konnten wir ihn nicht austreiben? - Er antwortete ihnen: Wegen eures Kleinglaubens! Denn wahrlich, Ich sage euch: Wenn ihr Glauben wie ein Senfkorn habt, werdet ihr diesem Berg gebieten: Geh von hier dorthin weiter! Und er wird weitergehen, und nichts wird euch unmöglich sein« (Mat.17:19-21). Ja, in den Kräften des zukünftigen Äons (Heb.6:5) und dann im Königreich ist dem, der glaubt, alles möglich (Mark.9:23), was Gottes Willen entspricht (1.Joh.5:14).

  Es war noch nicht lange her, dass Jesus den zwölf Aposteln Vollmacht über alle Dämonen gegeben und sie ausgesandt hatte (Luk.9:1). Eine solche Gabe war aber nicht automatisch wirksam, sondern musste stets neu mit Glauben verbunden sein.

 

Jesu zweite Leidensankündigung

 

  »Während nun alle erstaunt waren über alles, was Jesus tat, sagte Er zu Seinen Jüngern: Ihr nun, lasst euch diese Worte in eure Ohren tun: denn demnächst wird der Sohn des Menschen in der Menschen Hände überantwortet werden. - Doch sie begriffen diesen Ausspruch nicht; denn er war vor ihnen verhüllt, damit sie sich dessen nicht innewürden; sie fürchteten sich aber, Ihn wegen dieses Ausspruchs zu fragen« (Verse 43 b-45).

  Obwohl dies die zweite Leidensankündigung Jesu war

(vgl. Luk.9:22), fehlte es den Jüngern an Verständnis dafür. Die Weissagungen der hebräischen heiligen Schriften, dass der Messias leiden müsse (Ps.22; Jes.53), waren ihnen angesichts Seiner Wundertaten und Herrlichkeit nicht gegenwärtig. Die Erhabenheit Jesu Christi schien doch auf den sofortigen Anbruch des Königreichs hinzudeuten. Wohin die auch den Jüngern bewusst gewordene Feindschaft der Pharisäer und Schriftgelehrten führen würde, vermochten sie sich nicht vorzustellen.

  Die Jünger waren betrübt (Mat.17:23). Sie wagten aber nicht, Jesus um nähere Auskunft zu bitten, weil sie sich damit vielleicht ihre Hoffnungen zerstört hätten und noch betrübter geworden wären.

 

Wer ist der Größte?

 

  »Unter sich stellten sie (die Jünger) Erwägungen darüber an, wer von ihnen wohl der Größte sei. Als Jesus die Erwägungen ihres Herzens gewahrte, fasste Er ein kleines Kind an, stellte es neben Sich und sagte zu ihnen: Wer dieses kleine Kind in Meinem Namen aufnimmt, der nimmt Mich auf, und wer Mich aufnimmt, der nimmt den auf, der Mich ausgesandt hat; denn wer der Kleinste von euch allen ist, der ist der Größte« (Verse 46-48).

  Es ist unfassbar (und doch für den seelischen Menschen ganz »normal«): Jesus stellte Sich auf Seine Leiden und Seine Erniedrigung bis zum Kreuzestode ein - Sich darin mit Mose und Elia eins wissend (Luk.9:31) -, und die Apostel überlegen, wer von ihnen der Größte sei und folglich wer wohl welche hohe Stellung im Königreich einnehmen werde. Da kann man nur mit Jakobus und Petrus sagen: »Gott widersetzt Sich den Stolzen, den Demütigen aber gibt Er Gnade« (Jak.4:6; 1.Pet.5:5; Spr.3:34).

  Werdet demütig! Nehmt die Gesinnung Jesu an! »Gesellt euch zu den Niedrigen«, ermahnt Paulus (Röm.12:16). Wer sich der Geringsten, wie etwa eines Kindes, annimmt, macht sich damit selbst zu einem Geringen und nimmt dabei sogar den Herrn Jesus auf, der auch die Geringsten liebt.

 

Auch andere dienen dem Herrn

 

  »Dann nahm Johannes das Wort und sagte: Meister, wir gewahrten jemand in Deinem Namen Dämonen austreiben, und wir verboten es ihm, weil er uns nicht nachfolgt. - Jesus aber sagte zu ihm: Verbietet es nicht; denn wer nicht gegen euch ist, ist für euch« (Verse 49+50).

  Stolz und Eifersucht dürften die Jünger zu diesem Verbot veranlasst haben. Demut aber ist auch insofern zu lernen, dass man anerkennt, dass auch andere dem Herrn dienen und nicht nur man selbst.

  Alsbald darauf verließ Jesus Galiläa.

 

 

Die Ernte ist groß

(Lukas 9:51-10:24)

 

  »Als sich die Tage Seiner Hinaufnahme erfüllten, geschah es, dass Er Sein Angesicht fest darauf richtete, nach Jerusalem zu ziehen« (Vers 51).

  Nachdem der Zeitraum der Hinaufnahme Jesu in das Berggebiet, in welchem Er verklärt worden war (Luk.9:29), um war, strebte Er gemäß dem Gesetz an (5.Mose 16:16), zum Laubhüttenfest vom 15.-22. Etanim (Sept./Okt.) des Jahres 31 n. Chr. in Jerusalem zu sein (Mat.19:1; Joh.7:14).

 

Feuer auf ein samaritisches Dorf?

 

  Wie viele andere Juden zog Jesus von Galiläa aus durch Samaria hindurch nach Jerusalem hinauf.

  »Und Er schickte Boten vor Seinem Angesicht her. Die gingen hin und kamen in ein Dorf der Samariter, um Unterkunft für Ihn bereit zu machen. Doch man nahm Ihn nicht auf, weil Sein Angesicht darauf gerichtet war, nach Jerusalem zu ziehen. Als Seine Jünger Jakobus und Johannes das gewahrten, fragten sie: Herr, willst Du, wir sollten gebieten, dass Feuer vom Himmel herabfalle, [wie es auch Elia tat], um sie zu verzehren? - Er aber wandte Sich um und schalt sie. Dann gingen sie in ein anderes Dorf« (Verse 52-56).

  Die Samariter waren ein Mischvolk aus Juden und von den Assyrern nach der Wegführung der zehn Nordstämme Israels angesiedelten Völkern (2.Kön.17:24-41). Juden und Samariter waren einander gar nicht gewogen (Esra 4:2-5).

  Da die Samariter dafür eiferten, dass man auf ihrem Berg Garizim anbete (Joh.4:20; 5.Mose 29:11), Jesus aber ausdrücklich nach Jerusalem wollte, gaben sie Ihm kein Quartier. Jakobus und Johannes, denen der Herr den Namen »Donnersöhne« beigelegt hatte (Mark.3:17), meinten, diese Abweisung verdiene das unverzügliche Gericht Gottes, indem sie Feuer vom Himmel auf das Dorf fallen ließen. Jene einstige Handlungsweise des Propheten Elia (2.Kön.1:10-12) war aber in dem »wohlannehmbaren Jahr« (Luk.4:19), welches Jesus angekündigt hatte, keineswegs angebracht. Strafwunder waren fehl am Platze. Jesus war nicht gekommen, um Gericht zu üben, sondern war freundlich zu den Samaritern und hatte sogar Jünger unter ihnen (Joh.4:39-42).

  In den Handschriften K, G und Th aus dem 9. Jhd. n. Chr. findet sich folgende nicht inspirierte Einfügung der Verse 55 b und 56 a, die aber durchaus passend erscheint: »... und sprach: Wisst ihr nicht, wes Geistes ihr seid? Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, Menschenseelen zu verderben, sondern zu retten.«, zumal unser Herr an anderer Stelle sagte, dass Er gekommen sei, nicht um zu richten, sondern zu suchen und zu retten, was verloren ist (Luk.19:10; Joh.3:17).

 

Vom Ernst der Nachfolge

 

  »Auf dem Weg, den sie gingen, sagte jemand zu Ihm: Ich werde Dir folgen, wohin Du auch gehst, Herr! - Jesus antwortete ihm: Die Schakale haben Baue, und die Flügler des Himmels haben Unterschlupf; aber der Sohn des Menschen hat keine Stätte, wo Er das Haupt hinlege. - Zu einem anderen sprach Er: Folge Mir! - Der jedoch sagte: Herr, gestatte mir, zuerst hinzugehen, um meinen Vater zu begraben. - Darauf erwiderte Er ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben. Du aber gehe hin und verkündige das Königreich Gottes! - Noch ein anderer sagte: Ich werde Dir folgen, Herr! Aber gestatte mir zuerst, mich von denen in meinem Haus zu verabschieden. - Da sagte Jesus zu ihm: Niemand, der seine Hand an den Pflug legt und dabei nach hinten blickt, ist für das Königreich Gottes geeignet« (Verse 57-62).

  Wer von uns heute würde dann gerettet? Welch eine Gnade, allein durch Glauben gerettet zu sein und zu bleiben (Eph.1:13)! In das Königreich Israels aber gelangt man nicht allein durch Glauben, sondern da gehören Umsinnung, Wassertaufe (Ap.2:38) und edle Werke (Jak.2:24) dazu, des Weiteren - wie an diesen Versen deutlich wird - ganzer Ernst, volle Entschiedenheit und völlige Abkehr von eigenen Wünschen.

  Nachfolge Jesu - damals hieß dies, alles stehen und liegen zu lassen und sich Ihm auf Seinen Wanderungen anzuschließen - die Verwerfung Jesu durch die Oberen des Volkes vor Augen.

  Da wollte jemand dem Herrn folgen. Als der Sohn des Menschen war Jesus der Besitzer des ganzen Alls, dem alles untergeordnet werden wird (Ps.8:5-9; Heb.2:5-8), jetzt aber hatte Er noch nicht einmal eine feste Wohnung. Ob jener Mann bereit war, auf alle Sicherheiten dieses Leben zu verzichten und ebenfalls nicht zu wissen, wo er am Abend sein Haupt hinlege?

  Wenn man sein Haus während der Zeit der Apostelgeschichte auch nicht unbedingt aufgeben musste, so musste man dennoch dazu bereit sein, alles zu verlassen wie einst die Apostel (Mat.19:27; Luk.5:11;28) und allen über das vom Gesetz garantierte Losteil hinausgehenden Besitz zu veräußern (Ap.4:34).

  Ein anderer Mann wollte zuerst seinen Vater beerdigen. Wenn jener bereits gestorben gewesen wäre, wären die Begräbnisfeierlichkeiten gerade im Gange gewesen, weil man die Verstorbenen noch am selben Tag bestattete. So ist es wahrscheinlich, dass der Vater im Sterben lag. Wie dem auch sei, Familienbande, Sitten und Gebräuche müssen zurücktreten. Mögen diejenigen, die sich dem Wort Gottes gegenüber wie Tote verhalten, also nicht darauf hören, ihre Toten begraben. Die Verkündigung des Königreichs Israels hatte absoluten Vorrang.

  Wiederum ein anderer wollte sich zuerst von seiner Familie verabschieden. Wohl hatte er schriftgemäß gedacht, wie denn auch Elia dem Elisa dies gestattet hatte (1.Kön.19:20), jetzt aber war der Messias da und man hatte seinen Blick geradeaus auf das Königreich zu richten. Wer anderswohin blickte, war nicht ganz bei der Sache, ja unbewährt und sollte das Königreich keinesfalls sehen. »Wenn er zurückweicht«, sagt Gott in Hebräer 10:38:, »hat Meine Seele kein Wohlgefallen an ihm.«

  Unser herrlicher Gott und Vater gibt den Gläubigen alles, dem wiedergezeugten und gläubigen Israel die ganze Erde, und uns, den Gliedern des Körpers Christi (Eph.1:23), jeden geistlichen Segen inmitten der überhimmlischen Regionen (Eph.1:3). Angesichts dessen geben wir Ihm freudig alles, leben wir Ihm, nicht mehr uns selbst und dienen wir Ihm hingebungsvoll, entschieden und konsequent.

 

Die Aussendung der zweiundsiebzig Jünger

 

  »Danach ernannte der Herr noch zweiundsiebzig andere Jünger und schickte sie zu je zwei und zwei vor Seinem Angesicht her in jede Stadt und jeden Ort, wohin Er im Begriff war zu gehen. Dann sagte Er zu ihnen: Die Ernte ist zwar groß, doch Arbeiter sind es wenige. Fleht daher zum Herrn der Ernte, damit Er Arbeiter in Seine Ernte hinaustreibe« (Luk.10, Verse 1+2).

  Der König kommt! Das Königreich hat sich genaht! Dies war jetzt zu verkündigen. Nun sollte auch deutlich werden, welche Stadt an Jesus als den Messias glaubt und welche nicht. Eine Scheidung wird eintreten; sie bringt die einen zum äonischen Leben, die anderen ins Gericht.

  Aus seinem großen, weit über die zwölf Apostel hinausgehenden Jüngerkreis erwählte der Herr zweiundsiebzig Männer, die die frohe Botschaft vor Jesus her in alle Orte bringen sollten.

  Die Zahl 72 (griech. hebdomêkonta duo) findet sich im Kodex Vaticanus (IV. Jhd.) und im Papyrus P 75 (III. Jhd.), die Kodizes Sinaiticus (IV. Jhd.) und Alexandrinus (V. Jhd.) haben: 70 (griech. hebdomêkonta). Letztere Zahl würde den siebzig Palmen von Elim (2.Mose 15:27) und den siebzig Ältesten entsprechen, die zusammen mit Mose und Aaron sowie Aarons Söhnen Nadab und Abihu auf den Berg Sinai stiegen (2.Mose 24:9). Auch die Zahlensymbolik spräche für siebzig, die Zahl des Übergangs, die den Übergang zum Königreich markieren würde. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass man beim Abschreiben der Texte eher versehentlich ein Wort auslässt (hier: duo) als hinzufügt und der P 75 als ein ausgesprochen guter Text bewertet wird.

  Des Weiteren ist vorab generell zu sagen, dass unser Herr Jesus Christus diese Jüngerschar mit ähnlichen Anweisungen wie bei der Aussendung der zwölf Apostel ausschickte (Mat.10:5-31; Mark.6:7-13; Luk.9:1-6).

  »Die Ernte ist zwar groß, doch Arbeiter sind es wenige.« Wohl ist das Wort Jesu an sich lebendig und wirksam und richtet aus, wozu Er es sandte (Jes.55:11), Er will aber, dass es durch Seine Jünger verbreitet wird, die nicht ohne Frucht dastehen sollen, Er will, dass alle Juden es in vielen Bezeugungen hören und überall davon gesprochen werde. Zweiundsiebzig sind da wenige. Die Arbeiter selbst wie auch alle anderen Gläubigen sollen daher den Herrn der Ernte, den Vater im Himmel, anflehen, dass Er weitere Arbeiter in Seine Ernte, die zugleich Jesu Ernte ist, hinaustreibe. Dem Begriff »treiben« wohnt eine Gewaltausübung inne. Möge Gott mithin Arbeiter durch Sein gewaltiges Wirken hinaustreiben.

 

Mitten unter die Wölfe

 

  »Geht hin! Siehe, Ich schicke euch wie Lämmer mitten unter die Wölfe. Tragt keinen Beutel, keinen Bettelsack und keine Sandalen! Grüßt niemand auf dem Weg!« (Verse 3+4).

  Das ist die Realität: Die Gläubigen sind wie Lämmer unter Wölfen. Die Welt hat einen anderen Geist (siehe Eph.2:2) und ist uns feindlich gesonnen, wenn auch hier in Deutschland unter dem Deckmantel der Toleranz. So wie geschrieben steht: »Deinetwegen werden wir den ganzen Tag zu Tode gebracht, wie zu den Schlachtschafen werden wir gerechnet« (Röm.8:36; Ps.44:23). Satan ist der Gott dieses Äons (2.Kor.4:4), der Fürst dieser Welt.

  Keinerlei Reiseausrüstung sollten die Jünger mit sich führen, sondern sich allein auf Gott verlassen, der ihnen Haustüren öffnen wird, zumal sich damals jeder Jude befleißigte, gastfreundlich zu sein.

  Unterwegs sollten sie niemand grüßen. Grüßte man einen Fremden auf dem Weg, konnte jener dies als Furcht auslegen und zum Anlass nehmen, die Jünger zu überfallen und auszurauben. Und wenn Bekannte einander begrüßten, ging dies nicht mit einem einfachen Gruß ab, sondern war mit langen Begrüßungsförmlichkeiten, endlosen Erkundigungen und ausführlichen Gesprächen verbunden. Die Jünger sollten sich aber nicht aufhalten lassen. Ein kurzer Gruß »Friede sei mit dir« war damit nicht untersagt.

 

Der Arbeiter ist seines Lohnes wert

 

  Jesus sprach weiter: »In welches Haus ihr auch einkehrt, da sagt zuerst: Friede sei diesem Haus! Und wenn dort ein Sohn des Friedens ist, wird euer Friede auf ihm ruhen; andernfalls aber wird er auf euch zurückkehren. Bleibt in demselben Haus, esst und trinkt, was es bei ihnen gibt; denn der Arbeiter ist seines Lohnes wert. Geht nicht von einem Haus weiter in ein anderes Haus!« (Verse 5-7).

  Der Gruß »Friede sei diesem Haus!« war ein Segenswunsch, gerichtet an Gott, der sodann den Empfänger des Grußes segnete, wenn jener dessen würdig war. Sollte der Hausherr die Jünger abweisen, würde der Segen auf sie zurückkehren.

  Die Jünger sollten in demselben Haus bleiben, solange sie sich im selben Dort aufhielten. Jeder Wechsel würde ein Konkurrenzdenken der Hausväter hervorrufen. Das wäre dem Auftrag nicht dienlich. Jeder würde sie festlich bewirten. Dies wäre kein gutes Zeugnis, weil dadurch der Anschein entstehen könnte, dass die Jünger darauf aus seien.

  Sie durften annehmen, was man ihnen zu essen gab, denn der Arbeiter ist seines Lohnes wert (vgl. 1.Tim.5:18). Gott wird in jeder Hinsicht für den Ausgleich sorgen, sowohl was die Jünger betrifft wie auch den Gastgeber, denn wer im Segen sät, wird auch im Segen ernten (vgl. 2.Kor.8:13-15; 9:6-9).

 

»Das Königreich Gottes hat sich genaht!«

 

  »In welche Stadt ihr auch kommt und man nimmt euch auf, da esst, was euch vorgesetzt wird. Heilt die Kranken und Schwachen darin und sagt ihnen: Das Königreich Gottes hat sich genaht! - In welche Stadt ihr auch kommt und man nimmt euch nicht auf, da geht auf ihre Plätze und sagt: Sogar den Staub aus eurer Stadt, der uns an den Füßen haftet, wischen wir vor euch ab. Indessen, erkennet dies, dass sich das Königreich Gottes genaht hat. - Ich sage euch aber: An jenem Tage wird es Sodom erträglicher ergehen als dieser Stadt« (Verse 8-12).

  Die Verkündigung des nahen Königreichs wurde durch die Krankenheilungen zeichenhaft unterstützt.

  Das Königreich war nahe. Hätte Israel Jesus als den Messias und Gottes Sohn glaubend anerkannt, hätte Er das Königreich aufrichten können. Diese Aussage ist aber viel zu kurz gegriffen, denn Gottes Vorsatz für den Ablauf der Äonen, den Er in Christus Jesus, unserem Herrn, gefasst hat (Eph.3:11), lautet anders. Schon vor langer Zeit hatten die Propheten (Jes.53; Ps.22) und nun auch vor kurzem Jesus Selbst (Lukj.9:22,44) von Seiner Verwerfung gesprochen. Israel musste aber vor die Entscheidung gestellt werden.

  Alle, die Jesus ablehnen, kommen in das Gericht vor dem großen, weißen Thron. Dabei wird es den üblen Sodomitern erträglicher ergehen als den Einwohnern jener Städte Israels, die Jesu Botschafter abwiesen. Sodom sündigte in Verfinsterung, Israels Städte sündigten gegen das Licht. Folglich ist ihre Sünde größer, wie schon zu Jeremias Zeiten, der sprach: »Die Sünde der Tochter Meines Volkes wurde groß, mehr als die Verfehlung Sodoms« (Klgl.4:6).

 

»Wehe dir, Chorazin!«

 

  Dann nannte unser Herr einige Beispiele solcher Städte.

  »Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Wenn in Tyrus und Sidon die Machttaten geschehen wären, die bei euch geschehen sind, so hätten sie, in Sacktuch und Asche sitzend, längst umgesinnt. Indessen wird es Tyrus und Sidon im Gericht erträglicher ergehen als euch. Und du, Kapernaum! Du wirst nicht bis zum Himmel erhöht werden! Nein, bis ins Ungewahrte wirst du hinabgestoßen werden« (Verse 13-15).

  Tyrus und Sidon waren phönizische Städte am Mittelmeer nördlich von Israel. Alle vom Herrn angeführten Städte Israels lagen in Galiläa am See Genezareth. In Bethsaida hatte Er einen Blinden geheilt (Mark.8:22). In Kapernaum wohnte (Mat.4:13) und lehrte Jesus (Joh.6:59). Sie war »Seine eigene Stadt« (Mat.9:1).  Kapernaum ist gewissermaßen bereits ins Ungewahrte hinabgestoßen, insofern heute so gut wie nichts mehr von dieser Stadt gewahrbar ist. Das Ungewahrte, griech. Hades, hebr. Sheol, bezeichnet umschreibend den Totenraum und konkret das Nichtsein der Toten, die ja nicht wahrnehmbar sind. Die Einwohner von Kapernaum werden also in den kommenden beiden Äonen tot sein und das Königreich Israels nicht erleben.

 

»Wer euch hört, hört Mich«

 

  Jesus beendete Seine Aussendungsrede mit den Worten: »Wer euch hört, hört Mich; und wer euch ablehnt, lehnt Mich ab. Wer aber Mich ablehnt, lehnt den ab, der Mich gesandt hat« (Vers 16).

  Nochmals machte der Herr Seine Jünger darauf aufmerksam, dass sie auch mit Ablehnung rechnen müssen.

  »Wer euch hört, hört Mich!« Dieses Wort Jesu war ein wahrhafter Zuspruch für die Jünger, eine Kräftigung für ihren Dienst. Welch eine Würde Jesus ihnen damit beimaß! Die Jünger sprachen nicht im eigenen Namen. Sie sprachen auch nicht ihre eigenen Worte, sondern die Jesu. Mithin ist es Jesus, der da spricht. Wie denn auch einst die Worte der Propheten Gottes Ansprache an das Volk waren und das Murren gegen Mose und Aaron in der Wildnis ein Murren gegen Jewe, den Elohim Israels, war (2.Mose 16:7). Der Apostel Paulus schreibt: »Wir sind Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns zuspräche« (2.Kor.5:20); wenn wir also zusprechen, ist es so, als ob Gott persönlich zuspräche; wenn wir Gottes Worte sprechen, spricht Gott. Christus wirkt durch die Glieder Seines Körpers (Röm.15:18). Siehe auch: Luk.9:48; Joh.5:23; 13:20; 1.Thess.4:8.

 

Die Rückkehr der zweiundsiebzig Jünger

 

  »Als die Zweiundsiebzig zurückkehrten, berichteten sie voller Freude: Herr, kraft Deines Namens ordnen sich uns auch die Dämonen unter! - Da sagte Er zu ihnen: Ich schaute den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen. Siehe, Ich habe euch Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten, und Vollmacht über die gesamte Macht des Feindes, und keinesfalls wird euch irgendetwas schaden. Indessen, freut euch nicht darüber, dass die Geister sich euch unterordnen. Freut euch aber, dass eure Namen in den Himmeln eingeschrieben sind« (Verse 17-20).

  Jesus Christus, der Sohn Gottes, des Allmächtigen, ist »hocherhaben über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in diesem Äon, sondern auch in dem zukünftigen genannt wird« (Eph.1:21). Der Vater hat Ihm alle Vollmacht im Himmel und auf der Erde gegeben (Mat.28:18). Und Er wiederum hatte Seinen Jüngern die Gewalt sowohl über die gefährlichen Tiere gegeben wie auch über alle satanischen und dämonischen Geister. Was die Jünger erlebt hatten, war ein Zeichen auf das kommende Königreich und auch ein Vorgeschmack darauf, wenn alle Finsternismächte im Abgrund gebunden sind (Off.20:2) und Frieden zwischen den Tieren sowie Mensch und Tier herrscht (Jes.11:6-9). Die Jünger erfuhren Psalm 91:13: »Auf den schwarzen Löwen und die Kobra wirst du treten, den Junglöwen und die Schlange zertreten.«

  Die Vollmacht der Zweiundsiebzig war so gewaltig, dass der Satan seinen schwer bedrängten Untergebenen eilends beizustehen suchte. Der Satan kann aber gar nichts ausrichten, wenn Christus ihm nicht Raum und Zeit dafür gibt. Noch aber hat »der Gott dieses Äons« (2.Kor.4:4) nach Gottes Vorsatz seine Funktion als Widerwirker Gottes, damit die Menschen lernen, was gut und böse ist und die Größe und Herrlichkeit Christi auf dem dunklen Hintergrund umso eindrücklicher kennenlernen.

  Weil Seine Jünger von den Finsternismächten noch viel zu leiden haben werden, stellte der Herr ihre Freude, die sie über ihre Vollmacht empfanden, auf ein bedeutenderes Fundament, nämlich dass ihre Namen im Himmel eingeschrieben sind und sie mithin allezeit in der Gnade Gottes stehen. Dies ist das Wichtigste.

  Von der Buchrolle des Lebens, in der alle treuen Israeliten eingetragen sind, lesen wir viele Male in der Heiligen Schrift: 2.Mose 32:32; Ps.69:29; Jes.4:3; Dan.12:1; Phil.4:3; Heb.12:23; Off.3:5; 13:8; 20:12,15; 21:27.

 

Jesus frohlockte

 

  »In dieser Stunde frohlockte Er im heiligen Geist und sagte: Ich huldige Dir, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass Du dieses vor Weisen und Verständigen verbirgst, aber es Unmündigen enthüllst. Ja, Vater, denn so war es Dein Wohlgefallen vor Dir« (Vers 21).

  Merken wir uns sehr wohl: »Meine planenden Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht Meine Wege - Treuewort Jewes -, denn wie die Himmel erhabener sind als die Erde, so sind Meine Wege erhabener als eure Wege und Meine planenden Gedanken als eure Gedanken« (Jes.55:8,9).

  Die Zweiundsiebzig, ja Seine Jünger überhaupt - sie stammten meist aus den einfachen Bevölkerungsschichten, die von den Oberen und Mächtigen »verwünschte Pöbel« genannt wurden (Joh.7:49) -, diese gebrauchte Christus als Seine Mitarbeiter, und diesen wurde die Herrlichkeit des Königreichs und damit auch Gottes offenbart. Die Oberen dagegen waren blind und Jesu Gegner; an ihnen erfüllte sich Jesaias Wort: »Die Weisheit [dieses Volkes] soll sich verlieren, und das Verstehen seiner Verständigen soll sich verbergen« (Jes.29:14). Dies war Gottes Wille. Dies vermehrt Seine Herrlichkeit und Seinen Ruhm, dass Er mittels der Schwachen zum Ziele kommt.

  »Seht doch nur eure Berufung an, Brüder; da sind nicht viele Weise dem Fleische nach, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme; sondern das Törichte der Welt erwählt Gott, damit Er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt erwählt Gott, damit Er das Starke zuschanden mache. Das Niedriggeborene der Welt und das von ihr Verschmähte erwählt Gott, ja das, was bei ihr nichts gilt, um das abzutun, was bei ihr etwas gilt, damit sich überhaupt kein Fleisch vor den Augen Gottes rühmen könne. Aus Ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott her zur Weisheit gemacht worden ist, wie auch zur Gerechtigkeit, Heiligung und Freilösung, damit es so sei, wie geschrieben steht: Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn!« (1.Kor.1:26-31).

 

»... wem der Sohn es zu enthüllen beschließt«

 

  Ergänzend sagte Jesus: »Alles ist Mir von Meinem Vater übergeben worden; und niemand erkennt, wer der Sohn ist, als nur der Vater - und wer der Vater ist, als nur der Sohn und wem der Sohn beschließt, es zu enthüllen« (Vers 22).

  Nehmen wir auch dies zur Kenntnis: Der Mensch kann von sich selbst aus den Vater und den Sohn nicht erkennen (vgl. Mat.11:27).

  »Der seelische Mensch ... nimmt nichts von den Tiefen des Geistes Gottes an; denn sie sind ihm Torheit. Und er kann sie nicht erkennen, da sie nur geistlich erforscht werden können« (1.Kor.2:14; vgl. Röm.8:7). Gott allein ist es, der die Augen und die Ohren  öffnet (Jes.50:5). »Er (der Elah der Himmel) gewährt den Weisen Weisheit und Erkenntnis den im Verständnis Erfahrenen. Er enthüllt die tiefen und verborgenen Dinge, Er weiß, was in der Finsternis ist, und der Strom des Lichts wohnt bei Ihm« (Dan.2:21,22). Johannes der Täufer sagte: »Kein Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben wird« (Joh.3:27).

  Mithin beruht unsere Rettung nicht auf unserer Entscheidung, sondern Gott war es, der uns vor dem Niederwurf der Welt (1.Mose 1:2) auserwählte und uns in unseren Tagen berief, uns den Glauben in Gnaden gewährend (Röm.8:30; Eph.2:8; Phil.1:29). Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn! Nichts ist aus uns - alles ist Gnade!

  Jesus ist der alleinige Mittler zwischen Gott und den Menschen (1.Tim.2:5), auch der Erkenntnis Gottes!

 

Glückselig sind die Jünger!

 

  »Und zu den Jüngern gewandt, sagte Er, als sie für sich allein waren: Glückselig sind die Augen, die erblicken, was ihr erblickt! Denn Ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten gewahren, was ihr erblickt, und haben es nicht gewahrt, und von Mir hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört« (Verse 23+24; vgl. Mat.13:16+17).

  Die Jünger Jesu sind außerordentlich bevorzugt: Sie dürfen Jesus sehen und hören, Ihn sogar mit ihren Händen betasten (1.Joh.1:1).

  Die Gläubigen früherer Zeiten hatten sich danach gesehnt, es aber nicht erlangt. »Sie haben die Verheißungen nicht davongetragen, sondern haben sie lediglich von Weitem gewahrt und freudig begrüßt (Heb.11:13). Der sterbende Jakob rief aus: »Auf Deine Rettung, Jewe, bin ich in Erwartung!« (1.Mose 49:18). Der Psalmist betete: »Ich schaue nach Deiner Rettung aus, Jewe« (Ps.119:166). Jesus sagte: »Abraham, euer Vater, frohlockte, dass er Meinen Tag gewahren sollte, und er gewahrte ihn (1.Mose 22:8) und freute sich« (Joh.8:56). Der greise Simeon starb nicht, ehe er den Messias bei dessen Darstellung in der Weihestätte gesehen hatte (Luk.2:22-32). Auch die Prophetin Hanna vom Stamm Asser, die nach der Erlösung Israels ausschaute, durfte das Kind Jesus gewahren (Luk.2:36-38).

  Der Apostel Petrus erklärt: »Nach dieser Rettung haben schon die Propheten ernstlich gesucht und geforscht, die von der euch erwiesenen Gnade prophetisch geredet haben, indem sie forschten, was für eine oder welche Frist es sei, die der Geist Christi in ihnen offenkundig machte, wenn er vorher bezeugte die für Christus bestimmten Leiden und Seine Verherrlichung danach. Ihnen wurde enthüllt, dass sie dies nicht sich selbst, sondern euch durch ihren Dienst vermittelten, was euch nun durch die kundgetan wurde, die euch durch den vom Himmel gesandten heiligen Geist Evangelium verkündigen, in welches auch die Boten zu spähen begehren« (1.Pet.1:10:12).

  Möge die Glückseligkeit der Jünger, deren Augen den Messias sahen, in Dank und Lobpreis überfließen!

 

 

Vom barmherzigen Samariter und vom Beten

(Lukas 10:25-11:13)

 

  »Und siehe, ein Gesetzeskundiger stand auf, um Ihn auf die Probe zu stellen, und fragte: Lehrer, was muss ich tun, damit mir äonisches Leben zugelost werde? - Er aber sagte zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Wie liest du da?« (Verse 25+26).

  Für »... um Ihn auf die Probe zu stellen« könnte man auch schreiben: »... um Ihn zu versuchen«, die herrschende religiöse Klasse suchte nämlich in Jesu Antworten einen Anklagepunkt gegen Ihn zu finden (Luk.11:54).

  Wie erlangt man äonisches Leben, Leben in den beiden kommenden Äonen, im Königreich Israels auf dieser und dann auf der neuen Erde? Eigentlich musste der Gesetzeskundige dies wissen; und er wusste es auch, wie seine Antwort an Jesus zeigte. Er wusste es, aber er handelte nicht entsprechend. Keiner nämlich konnte das Gesetz in allem halten. Würde er das Gesetz tun, würde er für die Äonen leben (3.Mose 18:5; 5.Mose 30:16; Röm.2:7). Aber dazu war das Gesetz gar nicht gegeben, denn durch das Gesetz kommt ja nur Erkenntnis der Sünde (Röm.3:20; 7:13), was zum Ruf nach dem Retter und der Gnade führt.

 

Die Antwort des Gesetzeskundigen

 

  »Da antwortete er: Lieben sollst du den Herrn, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele, aus deinem ganzen Vermögen und mit deiner ganzen Denkart sowie deinen Nächsten wie dich selbst. - Darauf entgegnete Er ihm: Du hast richtig geantwortet; tue dies, so wirst du leben. - Der aber wollte sich rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?« (Verse 27-29).

  Der Gesetzeskundige hatte mit der Summe des Gesetzes, der Zusammenfassung von 5.Mose 6:5 und 3.Mose 19:18, völlig richtig geantwortet. Ja, der Mensch soll Gott mit ganzem Herzen lieben. Das Herz ist der Kern seines geistlichen Wesens und der Sitz des Verständnisses (Mat.13:15). Mit ganzer Seele, also ganzem Bewusstsein, soll er Gott lieben. Und mit ganzem Vermögen, das heißt der ganzen Stärke, mit der er etwas zu tun vermag. Und mit seinem ganzen Denken (griech. dianoia) soll er Gott lieben, mit ganzer Denkkraft, ganzem Durchdenkungsvermögen, mithin der Fähigkeit, etwas bis in die Tiefen und bis zu den Konsequenzen zu durchdenken.

  Seinen Nächsten kann übrigens nur derjenige wie sich selbst lieben, der Gott liebt, welcher die Kraft dazu gibt.

  Jesus bestätigte die Antwort des Gesetzeskundigen und fügte hinzu: »Tue dies!« Da muss jenem deutlich geworden sein, dass er eine solche Liebe nicht ausübt, ja es gar nicht kann. So versuchte er sich zu rechtfertigen und sich mit der spitzfindigen Gegenfrage: »Und wer ist mein Nächster?« herauszureden. Unter einem Nächsten verstanden die Juden ohnehin nur ihresgleichen, wie der Herr dies mit den Worten aufgegriffen hatte: » Ihr habt gehört, dass geboten worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen (3.Mose 19:18; Ps.139:21,22). Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen« (Mat.5:43,44).

  Mit dem folgenden Gleichnis korrigierte Jesus die Fragestellung des Gesetzeskundigen, die hätte lauten müssen: »Wem bin ich der Nächste?«

 

Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter

 

  »Jesus nahm es mit ihm auf und erwiderte: Ein Mann zog von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel unter Wegelagerer; die zogen ihn aus, versetzten ihm Schläge, gingen davon und ließen ihn halbtot liegen. Es traf sich aber von ungefähr, dass ein Priester auf jenem Weg hinabzog. Als er ihn gewahrte, ging er auf der anderen Seite vorüber. Gleicherweise kam auch ein Levit an die Stelle. Als er ihn gewahrte, ging auch er auf der anderen Seite vorüber. Dann kam ein Samariter, der unterwegs war, in seine Nähe. Als er ihn gewahrte, jammerte er ihn. Da trat er herzu, verband seine Wunden und goss Öl und Wein darauf. Dann ließ er ihn auf sein eigenes Reittier steigen, führte ihn in eine Herberge und versorgte ihn. Bevor er am Morgen weiterzog, holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Herbergswirt und sagte zu ihm: Versorge ihn, und was du mehr ausgeben solltest, werde ich dir bezahlen, wenn ich wiederkomme. - Wer von diesen Dreien scheint dir nun der Nächste dessen geworden zu sein, der unter die Wegelagerer gefallen war? - Darauf antwortete jener: Der ihm Barmherzigkeit erwiesen hat. - Da sagte Jesus zu ihm: Geh und handle du in gleicher Weise!« (Verse 30-37).

  Priester hatten im Tempel Dienst zu tun, Leviten assistierten ihnen. Samariter waren ein Mischvolk aus Juden und von den Assyrern angesiedelten Ausländern. Öl und Wein waren Heilmittel; Öl weichte die Wunden auf, Wein desinfizierte sie.

  Der Gesetzeskundige brauchte keine Belehrung, sondern Liebe und Barmherzigkeit. All sein Wissen war nutzlos, wenn er keine Liebe hatte (vgl. 1.Kor.13:1-3). Er brauchte ein neues Herz, was nur durch den Glauben an Jesus zu erlangen war, der ihn aus dem Geist Gottes von oben her neu zeugen würde (Joh.3:1-8). Dann würde er dem Notleidenden der Nächste sein. Und er würde selbst Erbarmen empfangen, »denn das Gericht ist unbarmherzig gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat« (Jak.2:13). »Glückselig (aber) sind die sich Erbarmenden; denn sie sollen Erbarmen erlangen« (Mat.5:7).

  Legen wir das Gleichnis nun allegorisch (sinnbildlich) aus:

  Der halbtot geschlagene Mann ist der Gesetzeskundige, insofern das Gesetz sagt: »Verflucht ist jeder, der nicht bei allen in der Rolle des Gesetzes geschriebenen Geboten bleibt, um sie zu erfüllen« (Gal.3:10; 5.Mose 27:26). Er hoffte, dass der Priester und der Levit, also die religiösen Riten, ihm helfen würden. Aber das Gesetz erlaubte dem Priester und dem Leviten gar nicht, sich an Toten - vielleicht unter ihrer Hand Sterbenden - zu verunreinigen. Das Gesetz half dem Sünder nicht, sondern verurteilte ihn zum Tode.

  Dann kam der Samariter; dies ist der Herr Jesus, der Verachtete (Jes.53:3). Jesus wird durch die Sünde und den Tod nicht verunreinigt und unfähig, Sein Amt auszuüben. Der Priester und der Levit können bei all ihre kultischen Heiligkeit die Liebe, die das Gesetz fordert, nicht geben. Jesus aber erwies dem Halbtoten Liebe und Barmherzigkeit. »Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, Gnade und Wahrheit sind jedoch durch Jesus Christus geworden« (Joh.1:17). Jesus gab Sich für alle dahin und starb für alle. Seine Liebe rettet.

 

Maria und Martha

 

  Als sie weiterzogen, kam Er in ein Dorf, wo Ihn eine Frau mit Namen Martha in ihren Haus beherbergte. Auch ihre Schwester, die Maria hieß, war dort; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte Seinen Worten zu« (Verse 38+39).

  Das Dorf hieß Bethanien und lag am Osthang des Ölbergs. Auch Lazarus, der Bruder der beiden Schwestern, wohnte dort (Joh.11:1; 12:2). Es war nach dem Laubhüttenfest des Jahres 31 n. Chr. (Joh.7:14).

  »Martha aber wurde durch vieles Bedienen abgelenkt; und herzutretend sagte sie: Herr, kümmert es Dich nicht, dass meine Schwester mich allein bedienen lässt? Sage ihr nun, dass sie mit mir zugreifen möge! - Der Herr aber antwortete ihr: Martha, Martha, du sorgst dich und bist um vieles in Unruhe; doch weniges braucht man - oder nur eins. Maria hat nämlich das gute Teil erwählt, das ihr nicht weggenommen werden soll« (Verse 40-42).

  Jede der beiden Frauen ehrte den Herrn, die eine durch Bedienen (vgl. Joh.12:2), die andere durch Zuhören. Dienen und lernen - der Herr schätzte beides. Der Dienst für den Herrn darf aber das Hören auf Sein Wort, das Studium des Wortes Gottes, nicht an den Rand drängen. Dienst ohne rechtes geistliches Verständnis richtet manchen Schaden an. Eins ist wirklich not: das Hören auf das Wort. Rechte Erkenntnis ist die nötige Voraussetzung für einen Dienst, der Jesu Herz erfreut.

 

Das Vaterunser

 

  »Einst war Er an einem Ort im Gebet. Als Er aufgehört hatte, sagte einer Seiner Jünger zu Ihm: Herr, lehre uns beten, so wie auch Johannes seine Jünger lehrte! - Da sagte Er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Unser Vater in den Himmeln ...« (Luk.11:1+2 a).

  In den Kodizes Sinaiticus und Vaticanus steht nur: »Vater!«

  Durch Jesus Christus, den Sohn, den Mittler, ist Gott nun nicht mehr nur ganz allgemein der Vater des Volkes Israel (5.Mose 32:6; Jes.64:7,8) und auch allgemein der Gläubigen Israels (Jes.63:16), sondern jetzt ganz persönlich der Vater eines jeden Einzelnen in der Gemeinschaft der Gläubigen. Sie dürfen den Allgewaltigen, Allesbewirkenden und unnahbar Heiligen jetzt mit dem vertrauten Begriff, nämlich mit »Vater!«, anreden. Jesus hat sie an das Vaterherz gebracht.

 

»Geheiligt werde Dein Name!« (Vers 2 a).

 

  Der Name des Elohims Israels ist Jewe (2.Mose 3:15; 20:2,7). Dies ist die erste Bitte und das vorrangige Anliegen der Betenden, dass der Name Gottes und damit Gott Selbst von den Gläubigen und noch von möglichst vielen anderen Menschen geheiligt werde, dass Seiner mit Ehrfurcht gedacht und Er verherrlicht werde in Wort und Tat. Möge Sein Name durch keine Sünde entheiligt werden (3.Mose 22:32).

 

»Dein Königreich komme!« (Vers 2 b).

 

  Das von Mose und allen Propheten verheißene Königreich für Israel, in welchem Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand herrschen und von dem aus Israel alle Nationen regieren wird, möge bald kommen. Dies war die sehnliche Bitte. Es hatte sich ja schon genaht (Mat.4:17; Mark.1:15; Luk.10:9). Leider verwarf Israel den König, Jesus, sodass das Königreich in weite Ferne rückte (Ap.1:6,7).

  Wir Gläubigen heute, die wir Christi Körper sind (Eph.1:23), werden übrigens nicht in jenem Königreich auf der Erde leben, sondern sind für Jesu überhimmlisches Königreich gerettet (Eph.2:6; 2.Tim.4:18).

  Die Tatsache, dass die Regentschaft Gottes schon damals im Inneren der Gläubigen aufgerichtet war (Luk.17:21), wird von dieser Bitte nicht berührt.

 

»Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf der Erde!«

(Vers 2 b).

 

  Da im ganzen All tatsächlich nur der Wille Gottes geschieht (Eph.1:11; Jes.14:24; 45:6,7,12; 46:9-11; Dan.4:32; Ps.115:3; 135:6; Spr.16:9; 19:21), drückt diese Bitte zunächst einmal aus, dass nicht mein Wille geschehe, sondern ausdrücklich Sein Wille, der nur der beste sein kann, weil Gott Liebe ist und allein weise. Sein Wille geschehe auch mir und werde von mir dankbar angenommen. Mir geschehe, wie Du willst. Wer diese Bitte ausspricht, gibt aber auch kund, dass man will, dass der Wille Gottes bis hin zur Rettung aller Menschen (1.Tim.4:10), zur Aussöhnung des Alls (Kol.1:20) und zur Vervollständigung des Alls in allem (Eph.1:23) vollzogen werde.

 

»Unser auskömmliches Brot gib uns täglich« (Vers 3).

 

  Andere übersetzen: unser nötiges Brot ... Das griechische Wort epiousion (wörtl. daraufseiend) meint aber etwas mehr als das unbedingt Nötige. Für die Jünger, die Jesus nachfolgten, war diese Bitte existenziell, weil sie nie wussten, ob und was sie etwa am Abend desselben Tages zu essen bekamen. In Psalm 30:8 steht geschrieben: »Lass mich das Brot brechen, das mir gesetzmäßig gebührt.«

 

»Erlass uns unsere Sünden; denn auch wir selbst

erlassen jedem, der uns etwas schuldet« (Vers 4 a).

 

  Nach dem Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7) bekam man seine Sünden nur dann erlassen, wenn man zuvor anderen vergeben hatte (Mat.5:12,14,15) und im Übrigen unter den Bedingungen der Umsinnung (Luk.3:3; 24:27; Ap.5:31) sowie des offenen Bekenntnisses der Sünden von Fall zu Fall (1.Joh.1:9). Bei Nichtbewährung wurde die Vergebung rückgängig gemacht (Mat.18:23-35; 2.Pet.2:20-22).

  Nach dem Evangelium, das dem Apostel Paulus enthüllt wurde (Gal.1:12), und entsprechend der heilsgeschichtlichen Verwaltung (oikonomia; Eph.3:2), in der wir leben, haben wir nicht Erlassung der Sünden, sondern Rechtfertigung weit weg von allen Sünden ein für alle Mal vom Glaubensanfang an. Wir sind für gerecht erklärt. An Sünden ist nicht mehr zu denken. Uns bleibt nur noch übrig, zu danken und Gott für die überströmende, bedingungslose Gnade zu preisen.

  Der König Israels erlässt Seinem Volk die Sünden; uns aber hat der Richter - ein Richter kann keine Vergebung aussprechen -, da wir unser Urteil, nämlich unsere Mitkreuzigung (Röm.6), bereits empfangen haben, gerechtfertigt, zu Gerechten erklärt.

 

»Bring uns nicht in Versuchung hinein, sondern

birg uns vor dem Bösen!« (Vers 4 b).

 

  Der zweite Satzteil findet sich nur in den Kodizes Sinaiticus 2 (redig.) und Alexandrinus.

  Die Jünger sollen den Vater in den Himmeln darum bitten, dass Er sie nicht in Situationen hineinführe, in der der Böse, der Satan, sie versuchen, das heißt zur Sünde verleiten kann.

  Im Allgemeinen werden die Jünger der Verführung widerstehen und als Erprobte und Bewährte daraus hervorgehen (Jak.1:2,3; 4:7; 1.Joh.5:18), zumal der Herr gebetet hatte, dass sie vor dem Bösen bewahrt werden mögen (Joh.17:15).

  Nun wird aber in der zweiten Hälfte der Endzeit, in der Zeit der großen Drangsal (Mat.24:21), eine besondere, übermächtige »Stunde der Versuchung« (Off.3:10) über Israel und die ganze Welt hereinbrechen. Alle, die das Bild des wilden Tieres, des Antichristus, des Menschen der Gesetzlosigkeit, nicht anbeten, werden getötet werden (Off.13:15). Mögen die Jünger in diese Versuchung, das wilde Tier anzubeten und damit von Jesus abzufallen, nicht hineinkommen! In jener Zeit wird Gott viele bergen (Off.7:2-4; 12:6,13-17) und wiederum viele so kräftigen und bewahren, dass sie widerstehen - bis zum Tode. Jenen gilt dann: »Glückselig sind die Toten, die von jetzt an in dem Herrn sterben« (Off.14:13); »Glückselig der Mann, der in Versuchung ausharrt: Wird er als bewährt erfunden, so wird er den Kranz des Lebens erhalten, welchen Er denen verheißen hat, die Ihn lieben« (Jak.1:12). Diese Treuen werden am äonischen Leben im Königreich Israels teilhaben.

  Was uns anbelangt, die Glieder der Körpergemeinde, sind wir aus der Obrigkeit der Finsternis geborgen und in den geistlichen Herrschaftsbereich des Sohnes Gottes versetzt (Kol.1:13). Er bewahrt uns vor den Kriegslisten des Satans, wenn wir die gesamte Waffenrüstung Gottes anziehen (Eph.6:10-17). Unsere Rettung zum äonischen Leben im überhimmlischen Königreich Christi (2.Tim.4:18) kann der Satan nicht antasten (Röm.8:30; 1.Thess.5:4,9,10; 2.Thess.3:3), zumal wir bereits Gerettete sind (Eph.2:8) und zudem versiegelt (Eph.1:13).

 

»Bittet!«

 

  »Weiter sagte Er zu ihnen: Wer von euch würde einen Freund haben und nicht um Mitternacht zu ihm gehen und ihn bitten: Freund, borge mir drei Brote, weil nun ein Freund von mir von der Reise bei mir angekommen ist und ich nichts habe, was ich ihm vorsetzen sollte. - Jener aber würde von innen antworten: Verursache mir keine Mühe, die Tür ist schon verschlossen, und meine Kinder sind mit mir zu Bett gegangen; ich kann nicht aufstehen, um dir Brot zu geben! - Ich sage euch: Wenn er auch nicht aufstehen und es ihm geben wird, weil er sein Freund ist, so wird er sich doch um seiner Unverschämtheit willen erheben und ihm geben, soviel er bedarf« (Verse 5-8).

  Unverschämt, unbescheiden, aufdringlich zu bitten, geziemt Gläubigen keinesfalls und haben sie auch gar nicht nötig angesichts Gottes, der ihr fürsorgender Vater ist und ihnen gern und großmütig gibt (Jak.1:5).

  Es folgt die Nutzanwendung des Gleichnisses:

  »Darum sage Ich euch: Bittet, und euch wird gegeben werden; sucht, und ihr werdet finden; klopft an, und euch wird geöffnet werden. Denn jeder, der bittet, erhält; und wer sucht, der findet; und dem, der anklopft, wird geöffnet werden« (Verse 9+10).

  Es galt, entschieden zu bitten, ernstlich zu suchen und von ganzem Herzen anzuklopfen. Und selbstverständlich empfingen die Gläubigen und fanden und wurde ihnen aufgetan, sollte es denn im Königreich jemandem an irgendetwas mangeln? Oder jetzt denen um Jesus, das nahe Königreich vor Augen und die Kräfte des zukünftigen Äons schmeckend (Heb.6:5)?

  Es waren allerdings Bedingungen zu erfüllen:

- dass man den Vater überhaupt ersuchte (Luk.11:9+10);

- dass man im Glauben bat (Jak.1:6);

- dass man Gottes Gebote hielt und das vor Seinen Augen Wohlgefällige tat (1.Joh.3:22);

- dass man nach dem Willen Gottes bat (1.Joh.5:14).

  Gewiss dürfen auch wir uns vertrauensvoll mit jeder Bitte an unseren treuen Gott und Vater wenden; allerdings wissen wir nicht, was wir beten sollten gemäß dem, was sein muss (Röm.8:26). Wir wissen aber, dass Er denen, die Ihn lieben, alles zum Guten zusammenwirkt - denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind (Röm.8:28).  Wir wissen außerdem, dass Gott Liebe ist und allein weise (Röm.16:27) und Er alles nach Seinem für den Ablauf der Äonen gefassten Vorsatz durchführt (Eph.3:11) - mithin haben wir völligen Frieden über Seinen Wegen mit uns und der gesamten Menschheit.

  Töricht wäre es, Seinen Willen - den besten, den es gibt - ändern zu wollen, oder nicht gemäß dem uns angehenden, dem Paulus enthüllten Glaubensgut und den uns für die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung durch Paulus gegebenen Anweisungen für unseren Wandel und Dienst zu bitten (Phil.3:17; 4:9).

  Abschließend unterstrich Jesus Seine Worte mit dem Hinweis auf das Handeln eines Familienvaters:

  »Welcher Vater ist unter euch, den sein Sohn um Brot bitten sollte - er wird ihm doch keinen Stein reichen! Oder auch um einen Fisch, er wird ihm anstatt des Fisches keine Schlange reichen! Und sollte er um ein Ei bitten, so wird er ihm doch keinen Skorpion reichen! Wenn ihr nun, die ihr doch böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen heiligen Geist geben, die Ihn bitten!« (Verse 11-13).

  Gott bewirkt alles nach dem Ratschluss Seines Willens (Eph.1:11; Jes.46:10) und schafft auch das Finstere und das Böse (Jes.45:7) - alles ist aus Ihm (Röm.11:36). In diese Seine Allgewalt ist eingeschlossen, dass Er Sich den Ihn bittenden Gläubigen herrlicher als ein Familienvater erweist. Trotz der Tatsache, dass »das Streben des menschlichen Herzens böse ist von seiner Jugend an« (1.Mose 8:21), gibt ein irdischer Vater seinen Kindern nur Gutes. Wie viel mehr gibt der Vater im Himmel den Seinen gute Gaben (Jak.1:17).

  Seine beste Gabe ist der heilige Geist, Sein Geist - da Gott Geist ist (Joh.4:24), gibt Er Sich praktisch Selbst. So verleiht Er Seinen Kindern die Kraft zu einem Ihm wohlgefälligen Tun. Sein Geist ist grundlegend für den Wandel und Dienst der Heiligen.

  Den Gläubigen Israels wurde der Geist an jenem denkwürdigen Pfingsttag des Jahres 32 n. Chr. zugeteilt (Ap.2). Uns wohnt der Geist Gottes seit unserem Glaubensanfang inne (Eph.1:13; Röm.8:9).

  Mit einem Lobpreis Gottes durch König David schließen wir den Abschnitt über das Beten: »Du, Jewe, bist gut und erbarmend und erzeigst große Huld all denen, die zu Dir rufen« (Ps.86:5).

 

 

»Wehe euch, ihr Pharisäer!«

(Lukas 11:14-54)

 

  »Einst trieb Er einen Dämon aus, der stumm war. Als der Dämon ausgefahren war, geschah es, dass der Stumme sprach; und die Volksmenge staunte. Einige von ihnen aber sagten: Durch Beezeboul, den obersten der Dämonen, treibt Er die Dämonen aus. - Da antwortete Er: Wie kann Satan den Satan austreiben?« (Verse 14+15).

  Wo war der Glaube in Israel, dass Jesus der Messias ist und in der Vollmacht Seines himmlischen Vaters handelt? Da viele nicht anerkennen wollten, dass Jesus von Gott war, mussten sie die Wunder konsequenterweise dem Satan und seinen Boten oder dem Beezeboul und seinen Dämonen zuschreiben, mag es auch noch so unlogisch sein, dass der oberste der Dämonen seine Mitarbeiter austreibe. Zudem unterstellten sie dem Herrn, mit dem Satan im Bunde oder sogar Selbst besessen zu sein.

  Beezeboul bedeutet »Herr (Eigner) der Fliegen« (vgl. 2.Kön.1:2).

  Jede Dämonenaustreibung war ein Zeichen dafür, dass der Satan samt allen bösen Geistern während der Zeit des Königreichs hinausgeworfen sein wird. Sie werden im Abgrund gebunden sein (Off.20:2,3).

 

Andere wollten ein Zeichen

 

  »Andere wieder stellten Ihn auf die Probe und suchten durch Ihn ein Zeichen vom Himmel zu erhalten. Da Er aber ihre Gedanken gewahrte, sagte Er zu ihnen: Jedes Königreich, das mit sich selbst uneins ist, wird veröden, und Haus fällt auf Haus. Wenn auch Satan mit sich selbst uneins ist, wie wird sein Königreich bestehen können - weil ihr behauptet, dass Ich die Dämonen durch Beezeboul austreibe« (Verse 16-18).

  Sie wollten Jesus versuchen, ihnen ein Zeichen vom Himmel zu geben; dann würden sie ihren Vorwurf, Er treibe Dämonen durch Beezeboul aus, zurücknehmen. Die Austreibung des Dämons aus dem Stummen war aber doch ein Zeichen vom Himmel! Warum erkennen sie es nicht an? Was wollen sie noch mehr?

  Jesus sprach weiter:

  »Wenn ich die Dämonen durch Beezeboul austriebe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Deshalb werden sie eure Richter sein. Wenn Ich aber durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, so kommt demnach das Königreich Gottes schon im Voraus auf euch« (Verse 19+20).

  Die mosaisch gläubigen Juden, die Dämonen austrieben, ohne dass ihnen vorgeworfen wurde, dies in der Kraft Beezebouls zu tun, werden die heuchlerischen Kritiker Jesu richten; schon der Hinweis vor dem großen, weißen Thron auf dieses Beispiel verurteilt die Gegner Jesu.

  Nun aber, da Jesus die Dämonen austreibt, und zwar durch den Finger Gottes, den einst Ägypten unter den zehn Plagen spürte (2.Mose 8:19) - Gott braucht nur einen Finger zu rühren -, erfährt Israel jetzt schon die Gottesherrschaft in einzelnen, zeichenhaften Fällen. Die Befreiung von bösen Geistern, die die Menschheit drangsalieren, ist eine elementare Voraussetzung für den Frieden und die Gerechtigkeit im tausendjährigen Königreich Israels.

 

Jesus ist stärker

 

  Sehen die Juden denn nicht, dass Jesus stärker als der Satan ist? Wie denn der Herr es ihnen verdeutlichte: »Wenn der Starke bewaffnet seinen Hof bewacht, lässt man seinen Besitz in Frieden. Falls aber ein Stärkerer als er ihn überfällt und überwindet, nimmt er seine gesamte Waffenrüstung mit, auf die er vertraute, und verteilt seinen Raub. Wer nicht mit Mir ist, der ist gegen Mich, und wer nicht mit Mir sammelt, der zerstreut« (Verse 21-23).

  Nur ein Stärkerer kann Dämonen austreiben und den Satan binden und in den Abgrund werfen. Und wer der Stärkere ist, das hat Jesus durch die Dämonenaustreibung gerade bewiesen. Der Apostel Johannes schreibt in diesem Sinne: »Ihr seid aus Gott, Kindlein, und ihr habt sie (die Welt) überwunden, weil der in euch Wirkende größer ist als der in der Welt« (1.Joh.4:4).

  Wer jetzt nicht mit Jesus ist - Neutralität oder weiteres Abwarten sind nicht mehr hinzunehmen; zwischen Gott und dem Satan gibt es kein Niemandsland -, der ist gegen Jesus. Und wer von nun an nicht mit dem Herrn zusammenarbeitet, der betreibt den Untergang des Volkes.

 

Wer erfüllt das Herz?

 

  Sollte ein Mensch, der durch Jesus von Dämonen befreit wurde, dennoch nicht glauben, dass Jesus der Messias und der Sohn Gottes ist, würde dies schlimme Folgen für ihn haben. Davon lesen wir in den Versen 24 bis 26:

  »Wenn der unreine Geist von einem Menschen ausgefahren ist, durchzieht er wasserlose Stätten, sucht dort Ruhe und findet sie nicht. Dann sagt er: Ich werde in mein Haus zurückkehren, von wo ich ausfuhr! Und wenn er kommt, findet er es unbesetzt, gefegt und geputzt. Dann geht er hin und nimmt sieben andere Geister mit sich, ärger als er selbst; sie ziehen ein und hausen dort, sodass es jenem Menschen zuletzt ärger ergehen wird als zuvor« (Verse 24-26).

  Dämonen suchen wasserlose, trockene Stätten. Und ins Wasser wollen sie keinesfalls, da sie zukünftig zusammen mit dem Satan im Abgrund - dazu gehört alles unter der Wasser- und Erdoberfläche - gebunden sein werden (Off.20:3). Deshalb wollten die in Gergesa lieber in die Schweine geschickt werden (Luk.8:30-33).

  Dämonen haben kein Recht, in Menschen zu wohnen. Hausten sie aber einst in einem Menschen, streben sie danach, dorthin zurückzukehren. Wenn der Mensch nun einem leerstehenden Haus gleicht, wird es ihm ärger ergehen als zuvor. Wohnt aber Jesus durch den Glauben in seinem Herzen, dann und nur dann ist er vor einem erneuten Übergriff des Dämons geschützt.

  Dies ist übrigens ein Gleichnis auf Israel: Ihr Götzendienst, die Übertretung des ersten Gebotes, brachte sie in die babylonische Gefangenschaft. Hierdurch wandten sie sich von den Götzen ab. Es folgte aber kein wahrer Gottesdienst. Dieser Platz ist leer. In der Endzeit wird der Antichristus, das wilde Tier, den Platz einnehmen. Dann ergeht es Israel ärger als in der babylonischen Gefangenschaft.

  Nach Matthäus 12:45 sind Jesu Worte auch auf seine Generation, die böse, zu beziehen. Nach der Ablehnung Jesu erging es Israel im Jüdischen Krieg (66-70 n. Chr.), der mit der Zerstörung Jerusalems und der Zerstreuung der Juden in alle Welt endete, aufs ärgste.

  Hören wir noch die Warnung Jesu an den Geheilten vom Teich Bethesda: »Siehe, du bist gesund geworden; sündige nicht mehr, damit dir nicht etwas Ärgeres widerfahre« (Joh.5:14; vgl. 2.Pet.2:20,21). - In welch einer Gnade wir dagegen doch heute in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung stehen! »Wo die Sünde zunimmt, da strömt die Gnade über« (Röm.5:20), damit nur sie uns erziehe, die Unfrömmigkeit und die weltlichen Begierden abzulegen (Tit.2:12).

 

Glückselig sind die das Wort Bewahrenden

 

  »Indem Er das sagte, geschah es, dass eine Frau aus der Volksmenge ihre Stimme erhob und Ihm zurief: Glückselig ist der Leib, der Dich getragen hat, und die Brüste, die Du gesogen hast. - Er aber erwiderte: Glückselig sind vielmehr die, welche das Wort Gottes hören und bewahren!« (Verse 27+28).

  Gewiss ist Jesu Mutter glückselig. Das liegt aber nicht an natürlichen Gegebenheiten. Es ist schon ein Vorzug, das Wort Gottes überhaupt zu Gehör zu bekommen. Glückselig ist aber nur, wer es glaubt und glaubend bewahrt, und dies heißt, es in Treue zu tun. Die Pharisäer, völlig verkennend, dass Jesus nur die Worte Seines Vaters sagt (Joh.8:26; 12:49; 15:15), ja mithin das Wort Gottes ist (Joh.1:1,14), waren weit davon entfernt, diese geistliche Haltung einzunehmen.

 

Das Zeichen des Jona

 

  »Da sich nun weitere Scharen ansammelten, begann Er, zu ihnen zu sprechen: Diese Generation ist eine böse Generation; sie sucht ein Zeichen; doch man wird ihr kein Zeichen geben außer dem Zeichen des Propheten Jona. Denn so wie Jona den Ninivitern zum Zeichen wurde, ebenso wird es auch der Sohn des Menschen für diese Generation sein. Die Königin des Südens wird mit den Männern dieser Generation zum Gericht auferweckt werden und wird sie verurteilen; denn sie kam von den Enden der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören; und siehe, hier ist mehr als Salomo! Männer, Niniviter, werden mit dieser Generation zum Gericht auferstehen und sie verurteilen; denn auf den Heroldsruf des Jona hin sinnten sie um; und siehe, hier ist mehr als Jona!« (Verse 29-32).

  Diese Generation hat viele Zeichen und Wunder Jesu erlebt, und dennoch glaubten sie nicht, dass Er der verheißene Sohn Davids ist (2.Sam.7:12-14). Sie erkannten Seine Zeichen nicht an, schrieben sie sogar dem Beezeboul zu (Luk.11:15). Böser kann man nicht sein! Ihr tiefer Unglaube würde auch kein weiteres Zeichen, ja überhaupt keines anerkennen.

  Die Königin des Südens, von Saba im Bereich des Schilfmeeres (1.Kön.10; 2.Chron.9:1-8), hatte sich auf eine lange, beschwerliche Reise begeben, um die Weisheit Salomos, der keine Zeichen tat, zu hören; umso mehr sollten die Juden Jesus zu hören begehren! Die Niniviter glaubten den Worten Jonas, der vor ihnen ebenfalls keine Zeichen tat; die Juden aber glaubten Jesus, dem viel Größeren, dem Sohn Gottes, nicht, obwohl Er Seine Botschaft vom Königreich durch viele Zeichen bestätigt hatte. Jene Ausländer hatten mehr Glauben als Israel!

  Nein, ihnen wird kein Zeichen mehr gegeben! Und doch: Ein Zeichen, ein ganz besonderes, wird ihnen gegeben werden: das des Jona! Für die Niniviter war Jona zum Zeichen dafür geworden, dass der Gott Israels der wahre ist (Jona 3:5-10), weil Er Jona aus dem Bauch des großen Fisches vor dem Tode gerettet hatte (Jona 2:11). Ebenso wird Jesus das große Zeichen Gottes für Israel sein, als Er aus dem Tode gerettet werden wird.

 

Die Leuchte des Körpers

 

  Des Weiteren sprach der Herr Jesus Christus:

  »Niemand zündet eine Leuchte an und setzt sie weder ins Verborgene noch unter einen Scheffel, sondern auf den Leuchter, damit die Hereinkommenden das Licht erblicken. Dein Auge ist die Leuchte des Körpers. Folglich, wenn dein Auge klar ist, ist auch dein ganzer Körper licht. Falls es aber böse ist, wird auch dein Körper finster sein. Daher achte darauf, dass nicht das Licht in dir Finsternis ist. Wenn nun dein ganzer Körper licht und kein Teil davon finster ist, wird er ganz licht sein, wie wenn die Leuchte dir durch ihre Strahlen Licht spendet« (Verse 33-36).

  Ein Scheffel ist ein Hohlmaß für trockene Güter, ein Gefäß.

  Durch das Auge fällt Licht in den Körper. Nun kommt es darauf an, ob das Aufnahmeorgan für das Licht des Wortes Gottes der Glaube oder der Unglaube ist; beides hat große Auswirkungen auf den ganzen Körper, auf das gesamte Verhalten des Menschen. Wer mit den Augen des Glaubens blickt, dessen ganzer Wandel im Körper wird lichtvoll sein, voll guter Werke. Wer dagegen das Wort Jesu mit Unglauben aufnimmt, dessen Denken und Handeln wird sich immer mehr verfinstern.

  Der Psalmist betete: »Enthülle meine Augen, damit ich erblicke die Wunder an Deinem Gesetz« (Ps.119:18).

  Der Wandel eines Menschen mit glaubenden Augen wird sich in edlen Werken vollziehen und mithin ein Zeugnis für die draußen sein. Mögen die Gläubigen ihr Tun nicht unter den Scheffel stellen, sondern zur Verherrlichung Gottes weit hinaus leuchten lassen!

 

Äußere und innere Reinheit

 

  »Während Er noch sprach, ersuchte Ihn ein Pharisäer, das Frühmahl bei ihm einzunehmen. Da ging Er in dessen Haus und ließ Sich zu Tisch nieder. Als der Pharisäer das gewahrte, staunte er, dass Er Sich vor der Mahlzeit nicht zuerst gewaschen hatte. Da sagte der Herr zu ihm: Nun, ihr Pharisäer, ihr reinigt den Becher und die Essplatte von außen, euer Inneres ist jedoch angefüllt mit Raub und Bosheit! Ihr Unbesonnenen! Der das Äußere geschaffen hat, hat Er nicht auch das Innere geschaffen? Indessen gebt das, was darin ist, als Almosen, und siehe, dann ist euch alles rein« (Verse 37-41).

  Vom Gesetz war es nicht geboten, die Hände vor dem Essen zu taufen (so wörtlich), das heißt in Wasser zu tauchen. Die Pharisäer und alle, die etwas auf sich hielten, taten es aber, und zwar kaum aus hygienischen, sondern aus zeremoniellen Gründen, insofern man bei der Arbeit oder auf dem Markt mit Sündern oder deren Sachen in Berührung gekommen sein konnte.

  Nun, gegen die Reinigung des Äußeren ist an sich nichts einzuwenden. Doch wie steht es um das Innere? Von innen, aus dem Herzen, gehen die üblen Erwägungen, die Habgier und die Hurerei, der Betrug, die Lästerung und der Stolz hervor. Das Böse geht von innen aus und macht den Menschen unrein (Mark.7:22,23).

  Wer jedoch gibt, und zwar das, was er in seinen Gefäßen hat, dem ist alles rein, der handelt in Reinheit, was bereits Ausdruck der Umsinnung sein kann oder zur Umsinnung und zu einem reinen Herzen führen kann.

  Nicht das Äußere, sondern das demütige Herz ist das wahre Opfer für Elohim (Ps.51:19; Hos.6:6).

 

Wehe den Pharisäern!

 

  »Doch wehe euch, ihr Pharisäer! Ihr verzehntet die Minze, die Raute und jedes Gemüse; doch am gerechten Richten und der Liebe Gottes geht ihr vorüber. Dies muss man beachten und jenes nicht unterlassen. Wehe euch, ihr Pharisäer! Ihr liebt es, den Vordersitz in den Synagogen zu haben und euch auf den Märkten begrüßen zu lassen. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr seid wie unkenntlich gewordene Gräber, und die Menschen, die darauf wandeln, wissen es nicht« (Verse 42-44).

  Die Pharisäer befolgten zwar die Bestimmungen des Gesetzes, den Zehnten zum Unterhalt des Priestertums Levi zu geben (3.Mose 27:30; 4.Mose 18:21; 5.Mose 14:22), und gaben sogar peinlich genau auch den Zehnten von kleinsten Gartengewächsen, aber gerechte Rechtsprechung und Liebe zu üben vergaßen sie. Jewe hat aber doch mehr Wohlgefallen am Hören Seiner Stimme als an Darbringungen und Opfern (1.Sam.15:22; Micha 6:6,7). »Er teilte dir mit, o Mensch, und so sage nun, was gut ist und was Jewe von dir fordert, als nur gerechtes Gericht und huldvolle Liebe zu üben und bescheiden mit deinem Elohim zu gehen« (Micha 6:8).

  Die Pharisäer fürchteten die rituelle Unreinheit und merkten gar nicht, dass ihr Bestreben, stets die Ersten zu sein und in ihrem Stolz von den Menschen geehrt zu werden, Sünde ist.

  Wer einen Leichnam oder ein Grab berührte, war nach 4.Mose 19:16 sieben Tage lang rituell unrein. Den unkenntlichen Gräbern glichen die Pharisäer insofern, als sie mit ihrer Selbstsucht und Heuchelei das gesamte Volk verunreinigten, ohne dass es dies recht bemerkte.

 

Wehe den Gesetzeskundigen!

 

  »Da antwortete Ihm einer der Gesetzeskundigen: Lehrer, wenn Du das sagst, beschimpfst Du auch uns! - Er aber entgegnete: Wehe auch euch, ihr Gesetzeskundigen! Ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten, ihr selbst aber wollt die Lasten nicht mit einem eurer Finger anrühren« (Verse 45+46).

  Die religiösen Führer des Volkes hatten im Laufe der Jahrhunderte in Auslegung des Gesetzes eine übermäßige Vielzahl von zusätzlichen Bestimmungen verfasst, deren Einhaltung sie forderten (Mat.23:4). Dazu hatte Jesus gesagt: »Damit macht ihr das Wort Gottes um eurer Überlieferungen willen ungültig! Ihr Heuchler! Trefflich hat Jesaia von euch prophezeit (29:13): Dieses Volk ehrt Mich mit den Lippen, ihr Herz aber ist weit von Mir entfernt; in eitler Weise verehren sie Mich und lehren die Vorschriften der Menschen als Lehren« (Mat.15:6-8).

  Dann hielt der Herr Jesus den Gesetzeskundigen vor:

  »Wehe euch! Ihr baut die Grabmäler der Propheten auf, wiewohl eure Väter sie getötet haben. Demnach seid ihr Zeugen und pflichtet den Werken eurer Väter bei; denn sie haben jene getötet, ihr aber baut ihnen Grabmäler auf. Deshalb sagt auch die Weisheit Gottes: Ich werde Propheten und Apostel zu ihnen schicken, und von ihnen werden sie einige töten und verjagen, damit das Blut aller Propheten, das vom Niederwurf der Welt an vergossen worden ist, von dieser Generation gefordert werde, vom Blut Abels bis auf das Blut des Zacharias, der zwischen Altar und Haus umkam. Ja, Ich sage euch: Es wird von dieser Generation gefordert werden« (Verse 47-51).

  Zeugen der Ermordung der Propheten, der im Namen Gottes Redenden, waren die Oberen des Volkes in der Weise, dass sie diese Wahrheit durch ihre Bautätigkeit bezeugten. Statt aber auf die Propheten zu hören, befriedigten sie mit ihrer ehrenvollen Tat der Grabmalerbauung nur ihre fleischliche Gesinnung. Darin unterschieden sie sich in nichts von ihren Vätern.

  Unser Herr Jesus wusste, was im Menschen ist (Joh.2:25) und jene den Werken ihrer Väter beipflichteten. Sie verweigerten sich nämlich dem Ruf der Propheten zur Umsinnung und zum Glauben und werden, ebenso wie ihre Väter handelten, alsbald den Herrn Jesus ermorden und Seine Apostel verfolgen.

  Fleisch, besonders das religiöse, das die eigene Gerechtigkeit aufzustellen sucht (Röm.10:3), war schon immer gegen Gott eingestellt. »Die Gesinnung des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott, weil sie sich dem Gesetz Gottes nicht unterordnet; denn sie kann es auch nicht« (Röm.8:7).

  Das Blut all der ermordeten Männer Gottes einer bestimmten Zeitspanne wird von Jesu Generation gefordert werden; das Strafgericht Gottes wird genau an dieser Generation vollzogen, die die Anwesenheit Jesu und Seine herrliche, durch viele Zeichen und Wunder beglaubigte Botschaft sowie die Erfüllung vieler Prophetenworte in Ihm erleben durfte und Ihn dennoch verwarf.

  Der erste Märtyrer des Glaubens war Abel (1.Mose 4:8; Heb.11:4), der von seinem opfernden und mithin religiösen Bruder Kain erschlagen wurde. Der letzte Blutzeuge (nach der Ordnung der hebräischen heiligen Schriften, die mit dem zweiten Buch der Chronik abschließen) war Zacharias, der Sohn Barachias (Mat.23:35), nicht zu verwechseln mit dem 521 v. Chr. berufenen Propheten Sacharja, dem Sohn Berechjas (Sach.1:1). Zacharias (auch Sacharja geschrieben) war der Sohn oder Enkel des Priesters Jojada, der zur Zeit des Königs Joasch von Juda (851-812 v. Chr.) wegen seiner mahnenden Worte im Vorhof des Hauses Jewes gesteinigt worden war (2.Chron.24:20-22).

  Mit dem Jüdischen Krieg und der Zerstörung Jerusalems samt des Tempels im Jahr 70 n. Chr. wurde das Blut aller Märtyrer von jener Generation gefordert, wie Zacharias sterbend gebetet hatte: »Jewe sieht es und wird es abfordern.« - Dieses Gebet entsprach dem Gesetz. Bereits Stephanus betete ganz anders: »Herr, stelle diese Sünde nicht gegen sie!« (Ap.l7:60). Und wir heute entgegnen allen im Geist der Versöhnung und der Gnade.

  Abschließend rief unser Herr aus:

  »Wehe euch, ihr Gesetzeskundigen! Ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst geht nicht hinein, und den Hineingehenden verwehrt ihr es« (Vers 52).

  Die Heilige Schrift hätten sie lehrmäßig aufschließen sollen, um Umsinnung und Glauben zu wirken, damit die Menschen in das Königreich Israels hineingelangen mochten. Stattdessen unterdrückten sie das Wort Gottes, den wahren Schlüssel der Erkenntnis, lehrten die Überlieferungen der Menschen und führten das Volk auf diese Weise in die Irre. Zugleich schlossen sie sich und die anderen von Jesu Lehre aus.

 

Die Feindschaft der Schriftgelehrten

 

  Von der Reaktion auf Jesu Weherufe erfahren wir durch die Verse 53 und 54.

  »Als Er von dort herauskam, begannen die Schriftgelehrten und Pharisäer, Ihm unsagbar zuzusetzen und Ihn über mehr Dinge auszufragen, um Ihm aufzulauern und etwas aus Seinem Mund zu erjagen, damit sie Ihn anklagen könnten.«

  Wer andere ermahnt, zieht sich deren Feindschaft zu. (Deshalb unterbleibt auch heutzutage manche dringend nötige Gemeindezucht.) Es macht allerdings einen Unterschied, ob der Ermahnte weise ist oder ein Tor. Auf Zucht zu achten, ist ein Pfad zum Leben (Spr.10:17). Ein Spötter wird den ihn Tadelnden hassen, der Weise aber wird ihn lieben (Spr.9:8). Denn wer Zucht liebt, liebt Erkenntnis, wer aber Ermahnung hasst, ist dumm (Spr.12:1).

  Nach diesem Zusammenstoß mit den Pharisäern und Gesetzeskundigen war der Weg Jesu an das Kreuz vorgezeichnet - nach Menschenweise gesprochen, denn in Gottes Vorsatz war das Lämmlein bereits vom Niederwurf der Welt an geschlachtet (Off.13:8; 1.Pet.1:20).

 

 

Sorgt euch nicht!

(Lukas 12:1-48)

 

  »Unterdessen hatte sich eine Volksmenge von Zehntausend versammelt, sodass sie einander traten. Da begann Er zuerst zu Seinen Jüngern zu sagen: Nehmt euch in Acht vor dem Sauerteig der Pharisäer, und das ist die Heuchelei!« (Vers 1).

  Ab Kapitel zwölf finden wir mancherlei Weisungen unseres Herrn Jesus an Seine Jünger, die sie auf die Feindschaft der Welt vorbereiten soll. Jesus sprach vor den Ohren der Volksmenge zu ihnen.

  Die Pharisäer taten so, als seien sie fromm, das heißt als verehrten sie Gott in rechter Weise, obwohl sie die Überlieferungen der Menschen beachteten und nicht das Wort Gottes. Die Jünger sollen sich von ihrer Heuchelei nicht täuschen und erst recht nicht anstecken lassen sowie auf keinen Fall selbst heucheln, sondern allezeit wahrhaftig, aufrichtig und geradlinig sein.

  Der zersetzend wirkende Sauerteig wird in der Heiligen Schrift bildlich stets negativ gebraucht.

  Heuchelei wäre auch völlig sinnlos, weil alles offenbar werden wird, wie Vers zwei sagt:

  »Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt werden wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt werden wird« (Vers 2).

  Schon zu Lebzeiten eines Menschen wird manches offenbar werden, alles aber dann vor dem großen, weißen Thron (Off.20:12). Der Herr bezog Seine Worte auf den bevorstehenden Dienst der Jünger und sagte:

  »Darum wird man alles, was ihr im Finstern redet, im Licht hören, und was ihr in den Kammern flüsternd ins Ohr sprecht, wird man auf den Flachdächern herolden« (Vers 3).

  Die Jünger müssen wissen, dass alle ihre Worte, und seien sie in der innersten und dunkelsten Kammer (gewöhnlich der fensterlosen Vorratskammer) eines Hauses geflüstert worden, von den Menschen weitergetragen werden. Möge das Wort der Jünger darum niemals das Licht zu scheuen brauchen. Von den Flachdächern aus konnte man zu vielen Menschen in der ganzen Gasse reden. Das Wort Jesu ist es wert, weit hinaus verkündigt zu werden.

 

Wer zu fürchten ist

 

  »Ich sage euch, Meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Körper töten, danach aber nichts mehr darüber hinaus zu tun vermögen. Ich werde euch nun anzeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der Vollmacht hat, nach dem Töten auch in die Gehenna zu werfen. Ja, Ich sage euch: Diesen fürchtet!« (Verse 4+5).

  Die Menschen können nur töten und sonst weiter nichts tun. Vor ihnen sollen sich die Jünger somit nicht fürchten. Zu fürchten ist der, der die wahre Autorität hat, Gott! Gott ist zu fürchten! »Einer allein ist der Gesetzgeber und Richter, Er, der retten und umbringen kann« (Jak.5:12). Bei Seiner Ankunft wird der Herr die Spreu vom Weizen trennen und sie in die Gehenna werfen (Mat.3:12; Luk.3:17).

  Die Gehenna (Mat.5:22,29,30), die Schlucht des Sohnes Hinnoms (Jos.15:8; 2.Kön.23:10), das Tal Hinnom südlich von Jerusalem, in der der Abraum der Stadt verbrannt wurde, ist der Ort des äonischen Feuers (Mat.18:8,9; Mark.9:45; Off.20:14,15). Während des tausendjährigen Königreichs werden die Leichen der Übertreter des Gesetzes dort hineingeworfen (Jes.66:24; Ps.101:8).

 

Alle unsere Haare sind gezählt

 

  Dann ergänzte unser Herr Seinen Ausspruch durch einen kraftvollen Zuspruch:

  »Verkauft man nicht fünf Spätzlein für zwei Groschen? Doch nicht eines von ihnen ist vor den Augen Gottes vergessen. Bei euch jedoch sind sogar die Haare auf dem Haupt alle gezählt! Daher fürchtet euch nicht! Ihr überragt die vielen Spätzlein!« (Verse 6+7).

  Unser treuer Gott und Vater, Er, der Allesbewirkende (Eph.1:11), sorgt für uns in der allerbesten Weise! Allezeit sind wir vor Seinem liebenden Angesicht! Nichts ist zu gering für Ihn, und keines unserer Probleme ist Ihm zu groß. Wir wissen, »dass Gott denen, die Gott lieben, alles zum Guten zusammenwirkt - denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind« (Röm.8:28).

 

Das Bekenntnis zu Jesus

 

  »Weiter sage Ich euch: Jeder, der sich vor den Menschen zu Mir bekennen wird, zu dem wird sich auch der Sohn des Menschen vor den Boten Gottes bekennen. Wer Mich aber vor den Augen der Menschen verleugnen wird, der wird auch vor den Augen der Boten Gottes verleugnet werden« (Verse 8+9).

  Das Bekenntnis zu dem Herrn Jesus Christus war heilsnotwendig. Dies trifft nicht für uns zu, die wir in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (oikonomia, Verfahrensordnung; Eph.3:2) leben. Wir sind und bleiben allein durch Glauben und allein in der Gnade gerettet (Eph.2:8), selbst wenn wir uns des Herrn schämen sollten (2.Tim.1:8).

 

Die Sünde wider den heiligen Geist

 

  »Jedem, der ein Wort gegen den Sohn des Menschen reden wird, dem wird es erlassen werden; wer aber gegen den heiligen Geist lästert, dem wird es nicht erlassen werden« (Vers 10).

  Alle Feindschaft, alle Sünden, aller Unglaube wird denen, die umsinnen und Jesus glauben, vergeben werden, weil sie bislang in Unkenntnis gehandelt hatten (Ap.3:17). Nach dem Gesetz des Mose konnte man nicht gerechtfertigt werden von Sünden, die  »mit erhobener Hand« getan wurden, das heißt absichtlich und wissentlich (4.Mose 15:30; Ap.13:39). Diejenigen werden alsbald die Sünde wider den heiligen Geist begehen, die das Zeugnis des heiligen Geistes, dass Jesus der Messias ist, ablehnen, das durch die Zeichen und Wunder der zwölf Apostel erbracht wird, die jene im Namen Jesu in Erweisung Seiner Auferstehung tun. Seit der Auferstehung Jesu ist Israel nicht mehr unwissend. Jeder, der nun noch gegen Ihn ist, lästert Gott und bekommt keine Vergebung, weder in diesem noch in dem zukünftigen Äon des tausendjährigen Königreichs Israels (Mat.12:32), sondern bleibt im Tode. Deshalb auch ist Israel als Volk in diesem Äon für zweitausend Jahre verworfen (Hos.6:2; 2.Pet.3:8; Röm.11:15).

  Wohl können wir, die Glieder des Körpers Christi (Eph.1:22,23), den heiligen Geist betrüben (Eph.4:30), doch jene besondere Sünde können wir gar nicht tun.

Der heilige Geist wird euch lehren

 

  Ferner sagte Jesus:

  »Wenn man euch in die Synagogen und vor Fürstlichkeiten und Obrigkeiten bringt, so sorgt euch nicht, wie oder womit ihr euch verteidigen oder was ihr sagen sollt; denn zur selben Stunde wird euch der heilige Geist lehren, was ihr sagen müsst« (Verse 11+12).

  Heute, in der gegenwärtigen Heilsverwaltung, bekommen wir nicht unmittelbar vom Geist Gottes eingegeben, was wir sagen sollen (Ap.4:8; 7:2,55) - dies geschah damals, als die Kräfte des zukünftigen Äons noch wirksam waren (Heb.6:5) -, sondern wir schöpfen in aller Schwachheit aus dem von Paulus vervollständigten Wort (Kol.1:25), das wir erlernt (Röm.16:17) und mit dem wir uns reichlich ernährt haben (1.Tim.4:6). Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über (vgl. Mat.12:34).

 

Das Leben besteht nicht aus dem Besitz

 

  »Da sagte jemand aus der Volksmenge zu Ihm: Lehrer, gebiete meinem Bruder, das Losland mit mir zu teilen! - Er aber antwortete ihm: O Mensch, wer hat Mich als Richter oder Schiedsmann über euch eingesetzt? - Weiter sagte Er zu ihnen: Seht zu und bewahrt euch vor jeder Habgier; denn wenn jemand auch Überfluss hat, so besteht sein Leben doch nicht aus seinem Besitz« (Verse 13-15).

  Für solche Rechtsstreitigkeiten gab es in Israel Richter und Schiedsmänner; diese Rechtssache war deren Amt, das der Herr zu achten hatte. Mit der Warnung vor der Habgier löste Jesus das Problem des Ihn ersuchenden Mannes im Grunde völlig.

  Was uns betrifft, sollen wir zwar für das Gute an allen wirken (Gal.6:10), können mithin jemandem Rechtsbeistand leisten, sollten aber sehr wohl überlegen, was unsere eigentliche Aufgabe ist und uns nicht verzetteln und ablenken lassen.

  Dass das Leben nicht aus dem Besitz besteht, schilderte unser Herr sodann sehr anschaulich mit der folgenden Erzählung.

 

Der unbesonnene Reiche

 

  »Dann redete Er in einem Gleichnis zu ihnen: Der Acker eines reichen Mannes hat gut getragen; so erwog er bei sich: Was soll ich tun, da ich keinen Platz habe, wohin ich meine Früchte sammeln soll? Dann sagte er sich: Dies will ich tun: Ich werde meine Scheunen einreißen, größere bauen und dort all mein Getreide und meine Güter sammeln. Und zu meiner Seele werde ich sagen: Seele, du hast für viele Jahre zahlreiche Güter daliegen; ruhe dich aus, iss, trink und sei fröhlich! - Gott aber sagte zu ihm: Du Unbesonnener, in dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und was du dir bereitet hast, wem wird es zufallen? - So ergeht es jedem, der für sich selbst Schätze aufspeichert und nicht für Gott reich ist« (Verse 16-21).

  Mögen wir uns nicht von unserer Seele leiten lassen, dem Bewusstsein, das durch die Sinne des Sehens, Hörens, Schmeckens, Riechens, Tastens und Denkens befriedigt wird, sondern von dem geistgetragenen Wort Gottes. König David dichtete einst: »Ja, als ein Schattenbild geht ein Mann einher; ja, nur um Eitelkeit lärmen sie; so häuft er Güter auf und weiß doch nicht, wer sie einsammeln wird. Und nun, was ist meine Erwartung? Es ist Jewe. All mein Warten - es gilt Dir!« (Ps.39:7,8). Reich für Gott sollen wir sein, Ihm mit allem, was wir sind und haben, hingebungsvoll dienen, als in Christus reich Gemachte (2.Kor.8:9).

  Wer zu Jesu Zeiten zuerst das Königreich Gottes und seine Gerechtigkeit suchte, dem fügte Gott alles Nötige für den Bedarf hinzu (Mat.6:33). Und uns schreibt Paulus: »Mein Gott aber wird all euren Bedarf ausfüllen nach Seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus« (Phil.4:19; s. a. 1.Tim.6:6-10+17-19).

 

Seid nicht besorgt!

 

  »Zu Seinen Jüngern aber sagte Er: Deshalb sage Ich euch: Seid nicht besorgt für eure Seele (also was ihr essen möget) noch für euren Körper (was ihr anziehen sollt). Denn die Seele ist mehr als die Nahrung und der Körper mehr als die Kleidung. Betrachtet die Raben: sie säen nicht, noch ernten sie, sie haben keine Kammer und keine Scheune, und Gott nährt sie doch. Um wie viel mehr überragt ihr nun die Flügler!« (Verse 22-24).

  Wenn Gott schon den Jungen der Raben - unreine Tiere sind sie (3.Mose 11:15) - Nahrung gibt, wenn sie rufen (Ps.147:9), wie viel mehr den Seinen!

  Unser Herr bringt die Kleidung mit dem Körper in Verbindung. Das können wir nachvollziehen. Und die Nahrung mit der Seele. Das ist uns fremd. Doch ergeht es uns unserem Empfinden nach - die Seele ist das Bewusstsein, die Empfindung, die Wahrnehmung - nur dann wohl, wenn wir recht ernährt sind.

 

Betrachtet die Anemonen!

 

  Jesus fuhr fort: »Wer von euch kann mit Sorgen seinem Vollwuchs eine Elle hinzufügen? Folglich, wenn ihr doch nicht das Geringste könnt, was sorgt ihr euch um das Übrige? Betrachtet die Anemonen, wie sie wachsen! Sie mühen sich nicht, noch spinnen sie. Ich sage euch: Nicht einmal Salomo in all seiner Herrlichkeit war so umhüllt wie eine von diesen. Wenn aber Gott das Gras auf dem Feld, das heute da ist und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wie viel eher wird Er euch kleiden, ihr Kleingläubigen?« (Verse 25-28).

  Über König Salomo kann man in 1.Könige 10:4-9 nachlesen.

  Kleingläubige sorgen sich. Sich Sorgen machen steht also in einem Verhältnis zum Glauben. Wer Gott wenig zutraut, macht sich heftige Sorgen. Wer Gott völlig vertraut, hat keine Sorgen, vor allem wer die Heilige Schrift kennt, die ihm die Liebe und Weisheit Gottes vor Augen führt ebenso wie Sein Allesbewirken (Eph.1:11).

  Petrus schreibt: »Eure gesamte Sorge werft auf Ihn, weil Er Sich um euch kümmert« (1.Pet.5:7). Paulus legt uns nahe: »Sorgt euch um nichts, sondern lasst in allem eure Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott bekannt werden (Phil.4:6). Und im Übrigen wissen wir: »Wenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein?« (Röm.8:31).

 

Wonach die Gläubigen trachten sollen

 

  »Daher sucht auch ihr nicht, was ihr essen und was ihr trinken sollt, und seid nicht ängstlich besorgt; denn nach all diesem trachtet man bei den Nationen der Welt. Euer Vater weiß doch, dass ihr dieser Dinge bedürft. Suchet indessen das Königreich Gottes, und man wird euch dies alles hinzufügen« (Verse 29-31).

  Kai mê meteõrizesthe ist schwer zu übersetzen; etwa: Seid nicht wie die Luft, aufgeregt, unruhig, in der Schwebe; wir schreiben: Seid nicht ängstlich besorgt.

  Die Gläubigen Israels sollen sich keinesfalls nach den Nationen richten. Israel zählt ja ohnehin nicht zu den Nationen (4.Mose 23:9). Wer in das Königreich Israels einzugehen sucht, wird ganz auf die Worte Gottes und Jesu ausgerichtet sein in Treue und Gehorsam, in einem Gott wohlgefälligen Wandel und Dienst. Ihr Vater in den Himmeln wird ihnen geben, was sie brauchen, seien es gute Ernten, die Vermehrung des Viehs oder gute Erträgnisse ihres Handwerks. Steht doch geschrieben: »Die Augen Jewes durchstreifen die ganze Erde, um denen beizustehen, deren Herz vollkommen auf Ihn gerichtet ist« (2.Chron.16:9).

 

Der Schatz in den Himmeln

 

  »Fürchte dich nicht, du kleines Herdlein, da es eurem Vater wohlerscheint, euch das Königreich zu geben. Verkauft euren Besitz und gebt davon Almosen! Macht euch selbst Beutel, die nicht alt werden, einen unerschöpflichen Schatz in den Himmeln, wo sich kein Dieb naht und keine Motte etwas verdirbt; denn wo euer Schatz ist, dort wird auch euer Herz sein« (Verse 32-34).

  Wenn die Herde der Gläubigen und Treuen auch noch so klein und wehrlos ist, besteht dennoch kein Grund zum Fürchten - angesichts des sie liebenden Vaters und des äonischen Lebens im Königreich. »Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob, ihr Sterblichen Israels! Ich, Ich helfe dir - Treuewort Jewes -, und dein Erlöser ist der Heilige Israels« (Jes.41:14). Der Heilige Israels ist Jesus, der Messias. Jakobus schreibt: »Hört, meine geliebten Brüder, hat nicht Gott die Armen in dieser Welt zu Reichen im Glauben und Losteilinhabern des Königreichs erwählt, das Er denen verheißen hat, die Ihn lieben?« (Jak.2:5).

  Wie der Herr geboten, so veräußerten zum Beispiel die Jünger der Gemeinde zu Jerusalem im folgenden Jahr all ihr über das vom Gesetz verbürgte Losteil hinausgehendes Erworbene und brachten den Erlös den Aposteln. Davon wurde jedem zugeteilt, je nachdem einer Bedarf hatte (Ap.2:45; 4;34).

  Die Gedanken der Reichen kreisen um ihren Reichtum. Die Gläubigen mühen sich, bei Gott reich zu sein. Im Königreich wird ihnen viel mehr gegeben werden.

 

Welche Sklaven glückselig sind

 

  Und nun sprach der Herr Jesus Christus:

  »Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Leuchten brennen, sodass ihr den Menschen gleich seid, die nach ihrem Herrn ausschauen, wann er wohl von der Hochzeitsfeier aufbrechen würde, damit sie ihm, wenn er kommt und anklopft, sofort öffnen können. Glückselig sind jene Sklaven, die der Herr bei seinem Kommen wachend finden wird! Wahrlich, Ich sage euch: Er wird sich umgürten, sie zu Tisch lagern lassen und herzutreten, um sie zu bedienen. Wenn er in der zweiten Nachtwache oder auch erst in der dritten Nachtwache kommen sollte und sie so bereit findet - glückselig sind jene Skaven! Dies aber erkennt ihr: Wenn der Hausherr wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, würde er wachen und nicht die Wand seines Hauses durchgraben lassen. Daher seid auch ihr bereit, weil der Sohn des Menschen zu einer Stunde kommt, da ihr es nicht meint« (Verse 35-40).

  Jesu Botschaft ist eindeutig und eindringlich: Wachet, löscht das Licht nicht, seid jederzeit bereit, den wiederkommenden Herrn Jesus zu empfangen! Schaut allezeit nach dem Herrn aus, weil ihr nicht wisst, zu welcher Stunde Er kommt! Wer schläft, verpasst Seine Ankunft und wird das Königreich Israels nicht betreten.

  Das uns, die Glieder der Körpergemeinde (Eph.1:22,23), angehende Evangelium sagt uns, dass wir auch dann gerettet werden, wenn wir schlummern (1.Thess.5;9,10). Mögen wir nie diese Gnade vergessen, in der wir stehen, die überfließend ist (Röm.5:20; Eph.1:8).

  Der Sohn des Menschen ist Jesus Selbst, von dem in Daniel 7:13,14 geschrieben steht, dass einer wie eines Menschen Sohn zu dem allgewaltigen Verfüger gebracht und ihm ein räumlich unbegrenztes Königreich für die Äonen gewährt wurde.

  Der Sohn des Menschen kommt wie ein Dieb in der Nacht, ebenso wie der Tag des Herrn, der siebenjährigen Zornesgerichte Gottes, wie ein Dieb in der Nacht kommt (1.Thess.5:2). Dies betrifft uns nicht (1.Thess.5:4). Wir haben eine andere und frühere Erwartung als Israel.

  »Siehe , Ich komme wie ein Dieb. Glückselig ist, wer wacht« (Off.16:15).

  Die vier Nachtwachen sind nach Markus 13:35

- die des Abends von 18 - 21 Uhr,

- die der Mitternacht von 21 - 24 Uhr,

- die des Hahnenschreis von 24 - 3 Uhr

- und die des Morgens von 3 - 6 Uhr.

  »Siehe, Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand Meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde Ich auch hineingehen und das Mahl mit ihm halten und er mit Mir« (Off.3:20).

 

Der besonnene Verwalter

 

  »Da fragte Ihn Petrus: Herr, sagst Du dieses Gleichnis zu uns oder auch zu allen anderen?« (Vers 41).

  Des Petrus Frage war wohl durch die Aussage Jesu, dass die wachenden Sklaven sogar von ihrem Herrn bedient werden (Vers 37), veranlasst.

  »Der Herr antwortete: Wer ist wohl der treue und besonnene Verwalter, den der Herr über sein Gesinde einsetzen wird, um ihnen zur rechten Zeit das Maß an Getreide zu geben? Glückselig ist jener Sklave, den sein Herr, wenn er kommt, so tätig finden wird. Wahrhaftig, Ich sage euch: Er wird ihn über all seinen Besitz einsetzen. Wenn aber jener Sklave in seinem Herzen sagt: Mein Herr bleibt mit seinem Kommen aus - und fängt an, Knechte und Mägde zu schlagen und beginnt zu essen, zu trinken und sich zu berauschen, dann wird der Herr jenes Sklaven an einem Tag eintreffen,da er es nicht vermutet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt, und wird ihn zweiteilen lassen und ihm sein Teil bei den Ungetreuen geben« (Verse 42-46).

  Aus Jesu Antwort geht hervor, dass das Gleichnis im Grunde allen gilt, die im Königreich Israels leben wollen, in das allerdings nur die wachenden, tätigen und treuen Gläubigen hineinkommen, solche, die vom Üblen abstehen (2.Pet.2:20), solche, die ihre Berufung und Auserwählung durch edle Werke bestätigen (2.Pet.1:10,11), und solche, die den Herrn erwarten. Diese Treuen werden über die anderen Sklaven und den Besitz des Herrn eingesetzt werden.

  Jesu Antwort spricht zugleich aber die zwölf Apostel ganz besonders an, weil Er von einem Verwalter redete. Ein Verwalter, meist selbst ein Sklave, war über die anderen Sklaven eingesetzt, auch um jenen die Speise zur rechten Zeit zu geben. Darin durften sich die Apostel erkennen, die das Wort Gottes an ihre Mitsklaven austeilen sollen. So wie Petrus später schreibt, wenn auch auf alle bezogen: »Dient einander als treffliche Verwalter der mancherlei Gnade Gottes« (1.Pet.4:10).

  Abschließend sagte Jesus:

  »Derjenige Sklave aber, der den Willen seines Herrn kennt und nichts bereitet oder nach dessen Willen getan hat, wird viel geprügelt werden. Wer ihn jedoch nicht kennt, aber etwas getan hat, was Schläge verdient, wird wenig geprügelt werden. Bei jedem, dem viel gegeben wurde, wird man viel suchen, und wem viel anvertraut ist, von dem wird man weit mehr fordern« (Verse 47+48).

  Besonders viel erwarten darf man von Israel. Denn in das gesamte Land ging der Schall der Worte Jewes und Jesu aus (Röm.10:18; Ps.19:5). Aber - ach! Israel ist ein widerspenstiges und widersprechendes Volk (Röm.10:21; Jes.65:2). Deshalb werden sie in der Endzeit, der Zeit des Zornes Gottes, besonders schwere Gerichte erfahren.

  Gottes Gerichte sind gerecht und bringen zurecht. Dabei berücksichtigt Er alle Umstände, zum Beispiel die Erkenntnis des Einzelnen und seine Werke.

  Dass auch der, der den Willen des Herrn nicht kennt, Zornesschläge erleiden muss, entspricht 3.Mose 5:17: »Wenn jemandes Seele sündigt und etwas von all dem tut, was nach den Geboten Jewes nicht getan werden soll, und er es nicht erkannte, so ist er dennoch schuldig und trägt seine Vergehung.«

  Wem viel gegeben wurde, bei dem wird man viel suchen. Dem entspricht Jakobus 4:17: »Wer trefflich zu handeln weiß und es nicht tut, für den ist es Sünde.«

  Und wem etwas anvertraut ist - zum Segen für andere -, von dem wird man noch mehr fordern, nämlich auch noch die Erträgnisse der ihm anvertrauten Talente (Mat.25:15-28).

  Wie dankbar dürfen wir doch sein, dass wir in der überströmenden, reinen, nicht mit Werken vermischten Gnade Gerettete sind (Eph.2:8,9) und nicht in das Gericht, das über die Erde kommt, hineinkommen (Röm.5:9; 1.Thess.1:10; 5:9), sondern vorher zu unserem geliebten Herrn und Haupt Jesus Christus hin entrückt werden (1.Thess.4:13-18).

 

 

Mancherlei Mahnungen

(Lukas 12:49-13:30)

 

  Es war im Herbst des Jahres 31 n. Chr., wenige Monate vor Seinem Tode im Frühjahr des nächsten Jahres, als unser Herr Jesus Christus sprach:

  »Um Feuer auf die Erde zu werfen bin Ich gekommen; und was wollte Ich lieber, als dass es schon entzündet wäre! Doch mit einer Taufe habe Ich Mich noch taufen zu lassen, und wie drängt es Mich, bis sie vollendet ist!« (Verse 49+50).

  Kam unser Herr, um das Feuer des Gerichts zu ihrer Reinigung auf die Erde zu werfen? Oder um das Feuer des heiligen Geistes auf alles Fleisch Israels auszugießen, wie dann zu Pfingsten des Jahres 32 n. Chr. bereits ansatzweise geschehen (Ap.2:3,17)?

  Da Jesus zum Ausdruck brachte, dass Er jenes Feuer wünscht und die Voraussetzung dafür Seine Taufe in den Tod ist, wie der Zusammenhang erkennen lässt, und Sein Tod der Rettung der Menschen durch die geistliche Kraft des Evangeliums dient, ja dass Er zu diesem Zweck gekommen ist, dürfte Er mit dem Feuer den heiligen Geist gemeint haben. Die Gläubigen werden vom Geist geleitet Feuer und Flamme für Ihn sein.

  Die Taufe, von der Er sprach, war Sein Leiden und Sterben.

  Wir Gläubigen heute haben nach dem dem Apostel Paulus enthüllten Evangelium (Gal.1:12; 2:7) übrigens auch eine Taufe (Eph.4:5) erlebt, da wir nämlich beim Glaubensanfang in Christus Jesus hinein, das heißt in Seinen Tod hinein getauft wurden (Röm.6:3). Wir wurden zusammen mit Ihm in dieser Seiner Leidenstaufe in den Tod begraben (Röm.6:4; Kol.2:12).

 

Zwietracht auf der Erde

 

  »Meint ihr, dass Ich gekommen bin, um der Erde Frieden zu geben? Nein, Ich sage euch, sondern vielmehr Zwietracht. Denn von nun an werden fünf aus einem Haus uneins sein, drei gegen zwei und zwei gegen drei. Der Vater wird mit dem Sohn und der Sohn mit dem Vater uneins sein, die Mutter mit der Tochter und die Tochter mit der Mutter, die Schwiegermutter mit ihrer Schwiegertochter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter« (Vers 51-53).

  Jesus, der Messias Israels, wird der Erde Frieden bringen (Jes.9:5,6; Luk.2:14). Vorläufig aber, solange Er von Israels verworfen ist und nur wenige an Ihn glauben, werden Zwietracht und Hass, ja das Schwert (Mat.10:34; Mark.13:12) unter den Menschen sein, weil der eine für Jesus und der andere gegen Ihn ist (Joh.7:12; 9:16; Ap.14:4). Damit müssen die Jünger rechnen! Feindschaft wird ihnen entgegenschlagen. Das ist die Realität in diesem bösen Äon.

 

Israel erkennt diese Frist nicht

 

  »Dann sagte Er noch zu der Volksmenge: Wenn ihr im Westen eine Wolke aufgehen seht, sagt ihr sofort: Es kommt Regenwetter! Und so geschieht es. Und wenn der Südwind weht, sagt ihr: Es wird Gluthitze geben! und so geschieht es. Ihr Heuchler! Ihr wisst das Angesicht des Himmels und der Erde zu prüfen; wie kommt es aber, dass ihr diese Frist nicht zu prüfen wisst? Wieso könnt ihr dann nicht auch von euch selbst aus beurteilen, was gerecht ist?« (Verse 54-57).

  Ja, wenn doch Israel erkennen würde, in welcher Gnadenfrist es sich befindet, da Gott Sein Volk durch Jesus aufgesucht hat (Luk.1:78)! »Er kam in Sein Eigentum, doch die Seinen nahmen Ihn nicht an« (Joh.12:11). Gerecht wäre es, Jesus, den Gerechten zu erkennen und Ihm zu glauben. Aber, welch ein Jammer: sie erkennen den Sohn Gottes nicht. Ein andermal sagte Jesus: »Wer aus Gott ist, der hört die Worte Gottes. Ihr hört deshalb nicht, weil ihr nicht aus Gott seid!« (Joh.8:48).

 

Auf dem Wege zum Gericht

 

  Folglich ist Israel auf dem Wege zum Gericht, wie der Herr in diesem Zusammenhang sagen musste:

  »Denn wenn du mit deinem Prozessgegner zur Obrigkeit gehst, gib dir auf dem Weg Mühe, ihn zu beschwichtigen, damit er dich nicht zum Richter schleppt und der Richter dich dem Strafvollstrecker übergibt und der Strafvollstrecker dich ins Gefängnis wirft. Ich sage dir: Du wirst von dort keinesfalls herauskommen, bis du auch das letzte Scherflein bezahlt hast!« (Verse 58+59).

  Israel wird in das siebenjährige Gericht unter dem Antichristus kommen; furchtbar wird es sein. Und nur ein Überrest Israels wird für die Äonen gerettet werden (Jes.4:3; 13:13; 28:15; 34:8; Jer.51:6; Mat.24:1-29; Röm.9:27-29).

  Besser täten die Juden, vorher und rechtzeitig, mithin jetzt ihr Verhältnis zu Jesus in Ordnung zu bringen. Dies aber entsprach nicht Gottes Vorsatz. Nur eine Auswahl soll das äonische Leben im Königreich erlangen (Röm.11:7,8). Gott schloss Israel in die Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich ihrer zur rechten Zeit erbarme (Röm.11:32).

 

Umsinnen oder umkommen

 

  »Zur selben Frist waren einige anwesend, die Ihm von den Galiläern berichteten, deren Blut Pilatus mit dem ihrer Opfertiere vermischt hatte. Ihnen antworte Jesus: Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren als alle anderen Galiläer, weil sie dies erlitten haben? Nein, sage Ich euch; sondern wenn ihr nicht umsinnt, werdet ihr alle gleicherweise umkommen. Oder jene achtzehn, auf die der Turm von Siloa fiel und sie tötete, meint ihr, dass sie Schuldige waren, mehr als alle anderen Menschen, die in Jerusalem wohnen? Nein, sage Ich euch; sondern wenn ihr nicht umsinnt, werdet ihr alle in derselben Weise umkommen« (Luk.13:1-5).

  Da waren welche von einem Turm erschlagen worden. Römische Soldaten hatten Opfernde niedergemetzelt. Der Prophet Amos hatte gesagt: »Geschieht etwa etwas Böses in der Stadt, und Jewe hätte es nicht bewirkt?« (Amos 3:6; Jes.45:7). Was Jesus wohl dazu sagen wird? Seine Antwort war: Umsinnen oder umkommen.

  Umkommen, für die kommenden Äonen tot sein - das hieße das Königreich nicht zu erleben. Umsinnen, mitdenken, umdenken, vom Sündigen und vom Unglauben abstehen, die Gesinnung ändern, die Gesinnung Jesu annehmen - das wäre die Rettung.

  Es ist nicht erlaubt, von einem besonderen Leid auf eine besondere Sünde zu schließen (Siehe Hiob: Jes.45:7). Die Gläubigen ausgenommen, sind alle unter der Sünde und gibt es keinen Gerechten, auch nicht einen (Röm.3:9,10). Erst vor dem großen, weißen Thron werden die Ungläubigen ihre Strafe ihren Sünden gemäß erhalten (Off.20:12), nämlich Zorn und Grimm, Drangsal und Druck über ihre Seele (Röm.2:8,9).

 

Das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum

 

  »Dann erzählte Er dieses Gleichnis: Jemand hatte einen Feigenbaum in seinen Weinberg gepflanzt. Als er kam und Frucht an ihm suchte, fand er jedoch keine. Da sagte er zu dem Weingärtner: Siehe, seit drei Jahren komme ich und suche Frucht an diesem Feigenbaum und finde keine; haue ihn daher um! Warum soll das Land, auf dem er steht, auch noch brachliegen? Er aber antwortete ihm: Herr, lass ihn noch dieses Jahr stehen, bis ich um ihn herum gegraben und Dünger geworfen habe. Wenn er in Zukunft doch noch Frucht tragen sollte - gut; andernfalls aber solltest du ihn umhauen« (Verse 6-9).

  Der Weinberg steht für das Land Israel (Jes.5:1-7). Der Feigenbaum ist ein Bild auf das Volk Israel, das im Königreich in Frieden und Gerechtigkeit wohnt (1.Kön.5:5; Hos.9:10; Micha 4:4; Sach.3:10).

  Seit drei Jahren tat Jesus Dienst unter Seinem Volk und hatte bis damals, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch keine Frucht an dem Feigenbaum Israel gefunden. Folglich verfluchte der Herr Sein Volk Israel wenige Tage vor Seinem Tode, indem Er zu dem Feigenbaum, der am Weg nach Jerusalem stand und keine Frucht trug, sprach: »Nie mehr komme Frucht von dir für den Äon!« Und der Feigenbaum verdorrte auf der Stelle (Mat.21:19). Für den gegenwärtigen Äon ist Israel verworfen (Röm.11:15).

 

Die Heilung der gekrümmten Frau

 

  Einst lehrte Er an den Sabbaten in einer der Synagogen; und siehe, dort war eine Frau, die seit achtzehn Jahren einen Geist der Hinfälligkeit hatte; die war zusammengekrümmt und konnte sich nicht völlig emporrichten. Als Jesus sie gewahrte, rief Er sie zu Sich und sagte: Frau, du bist von deiner Hinfälligkeit frei! - Dann legte Er ihr die Hände auf, und auf der Stelle wurde sie wieder aufgerichtet, und sie verherrlichte Gott.

  Da Jesus am Sabbat geheilt hatte, wandte sich nun der Synagogenvorsteher entrüstet an die Volksmenge und sagte: Sechs Tage sind es, an denen man arbeiten muss; daher komm an diesen und lasst euch heilen, aber nicht am Tag des Sabbats! - Da antwortete ihm der Herr: Ihr Heuchler, bindet nicht jeder von euch am Sabbat sein Rind oder seinen Esel von der Krippe los und führt ihn hin und tränkt ihn? Diese Frau aber, eine Tochter Abrahams, die der Satan, siehe, achtzehn Jahre gebunden hatte, musste sie nicht am Tag des Sabbats von dieser Fessel losgebunden werden? - Als Er dies sagte, schämten sich alle, die Ihm widerstrebten, und die gesamte Volksmenge freute sich über all die herrlichen Taten, die durch Ihn geschahen« (Verse 10-17).

  »Jewe spricht, und es geschieht; Er gebietet, und es steht da« (Ps.33:9). So wie die Frau es erfuhr - »Jewe richtet die Gebeugten auf« (Ps.146:8) -, so wird der Messias auch Israel aufrichten zum Leben im tausendjährigen Königreich, in welchem Krankheiten, Sünde und Tod die Ausnahme sind.

  Noch hat Satan die Gewalt des Todes (Heb.2:14) und mithin auch der Krankheiten (2.Kor.12:7). Aber der Sieger, Jesus, ist erschienen, um die Werke des Satans niederzureißen (1.Joh.3:8) und die Menschheit von ihm zu erlösen, indem Er ihn in den Abgrund wirft (Off.20:3).

  Der Synagogenvorsteher hatte weder Mitleid mit der gekrümmten Frau noch interessierte ihn der Wille Gottes, sondern es ging ihm nur um seine Selbstzufriedenheit aufgrund der Erfüllung des Gesetzes gemäß den menschlichen Vorschriften (Mat.15:6-9). Und die Wahrheit zu erkennen, dass die Rettung gerade dann von Gott kommt, wenn der Mensch nicht wirkt, eben am Sabbat, wäre zu viel von ihm verlangt.

  Dass Jesus die Frau eine Tochter Abrahams nannte - welch eine hohe Würde Er ihr damit bestätigte! -, darf uns ein Hinweis darauf sein, dass sie Glauben hatte. Ebenso wie sie wird auch der gläubige Teil Israels aufgerichtet und gerettet werden - im Sabbat des Königreichs (Heb.4:9).

 

Das Königreich gleicht einem Senfkorn

 

  »Er sagte nun: Wem ist das Königreich Gottes gleich, und mit wem soll Ich es vergleichen? Es ist einem Senfkorn gleich, das ein Mensch nahm und in seinen Garten warf. Dort wuchs es und wurde zu einem großen Baum, und die Flügler des Himmels fanden in seinen Zweigen Unterschlupf« (Verse 18+19; siehe auch Mat.13:31,32).

  Matthäus berichtet diese Parabel im Rahmen der »Geheimnisse« des Königreichs (Mat.13:11), das heißt, das Folgende war bisher über das Königreich noch nicht offenbart worden. Noch nicht enthüllt war bis zu jener Zeit, wie sich das Königreich zwischen der Verwerfung und der Wiederkunft Jesu darstellen wird.

  Die Flügler (die fliegenden Tiere, nicht nur die Vögel) stehen für die bösen Geister, denn ebenso wie die Flügler den an den Weg gesäten Samen wegpicken, so rauben die bösen Geister das ins Herz gesäte Wort Gottes (Mat.13:4,19).

  Das schnelle Aufschießen des Senfkorns drückt das rasante Überhandnehmen der Gesetzlosigkeit zur Endzeit hin aus und das plötzliche Aufkommen des antichristlichen Weltreichs, in welchem Israel, und zwar das abtrünnige, »Hure Babylon« genannt, eine führende Rolle spielen wird. Israel wird mit einem Male alle Fäden der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Händen haben. Es wird dem furchtbaren Betrug des Satans anheimfallen und den Antichristus, den Menschen der Gesetzlosigkeit (2.Thess.2:3), im Buch der Enthüllung Jesu Christi »wildes Tier« genannt, für den wahren Christus halten und dessen Reich für die Erfüllung der Verheißungen.

  Der Säende ist übrigens der Satan (Mat.13:28).

  Das wahre Königreich Gottes wächst nicht, sondern wird von unserem Herrn Jesus, dem Messias, bei Seinem Kommen aufgerichtet (Mat.24:30; Off.11:15).

 

Das Königreich gleicht dem Sauerteig

 

  »Wiederum sagte Er: Mit wem soll Ich das Königreich Gottes vergleichen? Es ist dem Sauerteig gleich, den eine Frau nahm und in drei Maß Mehl verbarg, bis es ganz durchsäuert war« (Verse 20+21; siehe auch Mat.13:33).

  Sauerteig ist in der Heiligen Schrift stets das Symbol für Übles und Zersetzung, für die Durchdringung mit falschen Lehren. Zum siebentätigen Fest der ungesäuerten Brote (Mat.26:17) hatten die Israeliten allen Sauerteig aus ihren Häusern zu entfernen (2.Mose 12:15). Alle Vorbilder auf Christus sollen ohne Sauerteig sein; so sollte das Blut des Opfers nicht zusammen mit Gesäuertem geopfert werden (2.Mose 23:18; 34:25), und kein Nahungsgeschenk (Speisopfer), das sie Jewe darbrachten, sollte mit Sauerteig zubereitet werden, weder Sauerteig noch Honig sollten sie Jewe als Feueropfer räuchern (3.Mose 2:11). Eindringlich warnte Jesus Christus Seine Jünger: »Seht zu und nehmt euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer in Acht! ... Dann verstanden sie, dass Er nicht gesagt hatte, sich vor dem Sauerteig der Brote in Acht zu nehmen, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer« (Mat.16:6,12). Und der Apostel Paulus ermahnt, sich gründlich von dem alten Sauerteig des Üblen und der Bosheit zu reinigen, weil schon ein klein wenig Sauerteig den ganzen Teig, die ganze Gemeinde, durchsäuert (1.Kor.5:6-8; Gal.5:9).

  Das Gleichnis bedeutet mithin, dass ein von der Bosheit und Gottlosigkeit völlig durchdrungenes und zersetztes Königreich bestehen wird, und zwar im letzten der siebzig Jahrsiebener (Dan.9:27). Die Frau, die den Teig durch die Beifügung von Sauerteig für die Menschen gut genießbar macht, ist die Hure Babylon, das abtrünnige Israel, die Hure, die den Menschen das falsche Königreich schmackhaft macht (Off.17+18). »Babel« heißt übrigens Vermengung, Verwirrung, Zersetzung (1.Mose 11:9).

 

Die enge Tür

 

  »Lehrend durchzog Er so Stadt um Stadt und Dorf um Dorf und richtete Seinen Gang nach Jerusalem. Da fragte Ihn jemand: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? - Er aber sagte zu ihnen: Ringt danach, durch die enge Tür einzugehen; denn viele, sage Ich euch, werden hineinzukommen suchen und es nicht vermögen. Wenn ihr erst dann, nachdem der Hausherr sich erhoben und die Tür abgeschlossen hat, draußen steht und an die Tür zu klopfen beginnt und ruft: Herr, Herr, öffne uns!, so wird er euch antworten: Ich weiß nichts von euch? Woher seid ihr? - Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben doch vor deinen Augen gegessen und getrunken, und du hast auf unseren Plätzen gelehrt. - Er aber wird erwidern: Ich sage euch: Ich weiß nichts von euch! Woher seid ihr? Entfernt euch von mir alle, ihr Werker der Ungerechtigkeit!« (Verse 22-27; siehe auch Mat.7:13,14).

  Anfang des Jahres 32 n. Chr. zog Jesus durch Galiläa und Samaria (Luk.17:11) mit dem Ziel, zum Passahfest in Jerusalem zu sein, um dort Seinen Dienst zu vollenden (Luk.18:31).

  Angesichts des Widerspruchs, den Jesus erfuhr, musste man sich fragen, ob denn wirklich allen Juden - die ganz bösen ausgenommen - das Königreich gewährt wird, wie man allgemein meinte, und zwar einfach deshalb schon, weil sie ja alle Abrahams Nachkommen waren. Und so fragte denn auch jemand, ob nur wenige gerettet würden.

  Der Herr beantwortete die Frage nicht mit einer Zahl oder einem Prozentsatz, was niemandem genutzt hätte, sondern ermahnte jeden Einzelnen dringlich, darum zu ringen, durch die enge Tür einzugehen.

  Ins Königreich hinein wollen viele, wer aber hat den Glauben, dass Jesus die Tür ist (Joh.10:9), wer wird umsinnen (Luk.3:3; Ap.2:38), ungerechtes Verhalten ablegen und edle Werke erbringen (2.Pet.1:10,11; Jak.2:24)? Diese strengen Bedingungen engten den Zugang in das Königreich Israels sehr ein.

  So gab es ein »Zu spät!«. Jesaia sprach schon davon: »Forschet nach Jewe, solange Er Sich finden lässt! Rufet Ihn an, solange Er nahe ist« (Jes.55:6).

  Es gab des Weiteren ein »Ich kenne euch nicht!« Jesus lehnte die Gemeinschaft mit jenen ab, die Ihn ablehnten. Wer nicht an Jesus als den Messias glaubt, der ist nicht aus Gott (vgl. Joh.8:47). Hatten sie nicht diese Worte Jesu gehört: »Wer nicht durch die Tür in die Schafhürde eintritt, sondern anderswo hineinsteigt, der ist ein Dieb und ein Wegelagerer« (Joh.10:1) und: »Ich bin der edle Hirte und kenne die Meinen, und die Meinen kennen Mich« (Joh.10:14)? Die Ungetreuen und Ungerechten aber werden zu hören bekommen, was bereits in Psalm 6:9 geschrieben steht: »Entfernt euch alle von Mir, die ihr Gesetzlosigkeit vollbringt!«

  In der gegenwärtigen, dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (griech. oikonomia, Verfahrensordnung; Eph.3:2) ist die Tür weit offen, weiter geht es gar nicht: Wir kommen in das Königreich, nicht das Israels, sondern in das überhimmlische (Eph.2:6; 2.Tim.4:18), und zwar allein durch Glauben (Röm.3:28; Eph.2:8), ohne Umsinnung ohne Werke - somit allein in der Gnade!

 

Erste werden Letzte sein

 

  An die Parabel anschließend beantwortete der Herr die Frage, ob nur wenige gerettet würden, des Weiteren wie folgt:

  »Dort wird dann Jammern und Zähneknirschen sein, wenn ihr Abraham, Isaak, Jakob und alle Propheten im Königreich Gottes sehen werdet, euch selbst aber draußen als Verworfene. Vom Osten und Westen, vom Norden und Süden werden sie eintreffen und sich im Königreich Gottes zu Tisch lagern. Und siehe, es sind Letzte, die Erste sein werden, und es sind Erste, die Letzte sein werden« (Verse 28-30; siehe auch Mat.19:30; 20:16; Mark.10:31).

  Dort - draußen vor der Tür, außerhalb des Königreichs - werden die ungläubigen Juden stehen und jammern und mit den Zähnen knirschen. Dies wird bei ihrer Auferstehung zum Gericht vor dem großen, weißen Thron geschehen (Joh.5:29).

  Die gläubigen und treuen Juden nur werden äonisches Leben zugelost bekommen (Mat.19:29) und die Wohltaten des tausendjährigen Königreichs Israels genießen. Aus allen Himmelsrichtungen werden sie eintreffen. Damit sind nicht Menschen aus den Nationen gemeint, sondern die dorthin zerstreuten Juden. Jewe sagte zu Israel: »Fürchte dich nicht, denn Ich bin mit dir! Vom Aufgang der Sonne werde Ich deinen Samen heimbringen, und vom Westen schare Ich dich zuhauf. Sprechen will ich zum Norden: Gib her!, und zum Süden: Halte nur nicht im Gewahrsam! Bringe Meine Söhne von fernher und Meine Töchter vom Ende der Erde!« (Jes.43;:11,5-7; 49:12,13; Ps.107:3). Jesus wird Seine Boten aussenden, die Seine Auserwählten von den vier Winden her versammeln werden (Mat.24:31).

  Innerhalb des Königreichs wird es Erste und Letzte, Hochgestellte und Geringe, geben. Einst Letzte, zu ihrer Zeit gering Geachtete, werden höchste Plätze einnehmen, wie zum Beispiel die zwölf Apostel; sie werden auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels regieren (Mat.19:28). Jeder, der Jesu Namens wegen Häuser, Eltern, Frau und Kinder oder Felder verlassen hatte, wird dies hundertfältig wiedererhalten (Mat.19:29).

  Wer der Letzte von allen war und aller Diener wurde, wird der Erste sein (Mark.9:35). Der Allerletzte, der Sich am tiefsten erniedrigte, nämlich bis zum Tod am Fluchholz, Jesus, wird der Allererste sein. Lobpreis und Verherrlichung sei Ihm, dem Sohn Gottes!

 

 

»Ihr habt nicht gewollt!«

(Lukas 13:31-14:35)

 

  Anfang des Jahres 32 n. Chr. hatte unser Herr Jesus Christus Seinen Gang nach Jerusalem gerichtet, um dort Seinen Dienst, zu dem der Vater Ihn ausgesandt hatte, im Leiden und Sterben zu vollenden (Luk.13:22).

  Gerade hatte Er deutlich gemacht, dass nicht alle Juden in das Königreich Gottes kommen werden (Luk.13:28).

 

Herodes will Jesus töten

 

  »Zur selben Stunde traten einige Pharisäer herzu und sagten zu Ihm: Geh hinaus und zieh fort von hier, denn Herodes will Dich töten! - Doch Er entgegnete ihnen: Geht und sagt diesem Schakal: Siehe, Ich treibe Dämonen aus und vollführe Heilungen, heute und morgen, und am dritten Tag werde Ich vollendet. Indessen, heute, morgen und am kommenden Tag muss Ich weiterziehen; denn es geht nicht an, dass ein Prophet außerhalb Jerusalems umkommt« (Verse 31-33).

  Herodes Antipas, Vierfürst in Galiläa und Peräa, hasste Jesus ohne Grund (Joh.15:25; Ps.35:19; 69:5). Er und die Pharisäer in seinem Herrschaftsgebiet wollten Ihn loswerden.

  Aber der Herr ließ Sich nicht einschüchtern. Die Pharisäer sollten dem Herodes berichten, dass Er - ganz allgemein gesagt - heute und morgen, also weiterhin bleiben und Heilungen wirken werde. Indessen, Er werde weiterziehen und am  dritten Tag, also darauf, wenn es an der Zeit ist, in Jerusalem sein. Herodes werde Ihn nicht umbringen können, weil Er in Jerusalem umkommen müsse.

  Nach dem Gesetz waren die Opfer in Jerusalem darzubringen. Da das Blut von Stieren und Böcken keinesfalls Sünden hinwegnehmen kann (Heb.10:4), ist Jesus das einzig wahre Opferlamm, das der Welt Sünde trägt (Joh.1:29). Vollendet wurde unser Herr am Fluchholz auf Golgatha. Der Urheber der Rettung wurde dort durch Leiden vollkommen gemacht (Heb.2:10). Des Weiteren ist in Hebräer 5:8,9 zu lesen: »Obgleich Er der Sohn ist, lernte Er den Gehorsam durch das, was Er litt. Und so vollkommen gemacht, ist Er allen, die Ihm gehorchen, die Ursache äonischer Rettung.«

Jesu Wehklage über Jerusalem

 

  Die Tatsache, dass Er in Jerusalem umkommen werde, nahm Jesus zum Anlass, um über diese Stadt zu wehklagen:

  »Jerusalem, Jerusalem, das die Propheten tötet und die steinigt, die zu ihm geschickt werden! Wie oft wollte Ich deine Kinder versammeln, in derselben Weise, wie eine Henne ihre Nestbrut unter den Flügeln versammelt; doch ihr habt nicht gewollt. Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen werden; denn Ich sage euch: Ihr werdet Mich keinesfalls gewahren, bis die Zeit eintrifft, dass ihr sagt: Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!« (Verse 34+35).

  Jerusalem, die heilige Stadt, ist ein Zentrum des Unglaubens und des Mordens (Beispiele: 2.Chron.24:20-22; Jer.26:20-23). Wenn die Priester und Könige Jewe nicht treu dienten, sandte Er Seine Propheten, um sie zu ermahnen. Die Oberen des Volkes wollten aber deren Ruf zur Umsinnung nicht hören; deshalb töteten sie sie.

  Religion ohne den Geist Gottes bringt die übelsten und bösesten Handlungen der Menschen hervor.

  »Doch ihr habt nicht gewollt!« Fleisch kann sich denn auch nicht Gott unterordnen (Röm.8:7). »Sie konnten deshalb nicht glauben, weil Jesaia ... gesagt hatte: Er hat ihre Augen geblendet und ihr Herz verstockt, damit sie mit den Augen nicht wahrnehmen, noch mit dem Herzen begreifen und sich umwenden und Ich sie heilen könnte« (Joh.12:39,40; Jes.6:9,10). Dies entsprach Gottes in Christus Jesus, unserem Herrn, gefassten Vorsatz für den Ablauf der Äonen (Eph.3:11).

  Israel wird zur Öde werden. Bis wann? Bis sie Jesus als ihren Messias erkennen und ausrufen: »Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!« Einen kleinen Vorgeschmack darauf erhielt Israel bereits bei Jesu Einritt in Jerusalem (Mat.21:9; Luk.19:38). Dann aber, wenn Israel endlich umsinnt und glaubt und wiedergezeugt ist, dann wird sich völlig erfüllen, was in Psalm 118:24-26 geschrieben steht: »Dies ist der Tag, den Jewe gemacht hat; lasst uns frohlocken und uns freuen in Ihm. Ach Jewe, rette uns doch nun! Ach Jewe, lass uns doch nun gedeihen! Gesegnet im Namen Jewes ist, der da kommt!«

 

Die Heilung eines Wasserssüchtigen

 

  »Als Er an einem Sabbat in das Haus eines der obersten der Pharisäer gegangen war, um dort Brot zu essen, beobachteten sie Ihn scharf. Und siehe, ein Mann trat vor Ihn, der wassersüchtig war. Da wandte Sich Jesus an die Gesetzeskundigen und Pharisäer und sagte zu ihnen: Ist es erlaubt, am Sabbat zu heilen oder nicht? - Sie aber waren still. Darauf fasste Er ihn an und heilte ihn; dann entließ Er ihn und sagte zu ihnen: Wenn einem von euch der Sohn oder das Rind in den Brunnen fallen sollte, wird er ihn nicht sofort emporziehen, auch am Tag des Sabbats? - Und dazu vermochten sie Ihm nichts dagegen zu antworten« (Luk.14, Verse 1-6).

  Wieder kam es wegen der Frage der Heilung am Sabbat zu einer Konfrontation mit den Pharisäern.

  Das Gesetz gebot, den Sabbat zu heiligen und keine Arbeit des Lebensunterhalts zu verrichten (2.Mose 20:8). Heilungen und Hilfeleistungen waren nicht verboten. Die Pharisäer aber hatten zusätzlich zum Gebot eine Vielzahl von Auslegungsvorschriften entwickelt, sodass man am Sabbat so gut wie gar nichts tun durfte. So machten sie das Wort Gottes um ihrer Überlieferungen willen ungültig (Mat.15:6,9). Wenn sie doch erkannt hätten, was geschrieben steht: »Barmherzigkeit will Ich und nicht Opfer« (Mat.12:7; Hos.6:6) und was Jesus bei anderer Gelegenheit sagte: »Der Sabbat wurde um des Menschen willen eingesetzt und nicht der Mensch um des Sabbats willen, sodass der Sohn des Menschen auch Herr über den Sabbat ist« (Mark.23:27,28).

  Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Pharisäer den Wassersüchtigen bestellt hatten, um einen Anklagegrund gegen Jesus zu finden, zumal der Herr den Mann direkt nach der Heilung aus dem Gastmahl entließ. Da Jesus ihre Gedanken kannte, ergriff Er die Initiative und stellte die Frage, ob es erlaubt sei, am Sabbat zu heilen. Sie aber schwiegen sicherlich aus Falschheit still. Hätte Jesus den Mann nicht geheilt, hätten sie gefolgert, dass Er es nicht könne und mithin nicht der Messias sei.

  Der Herr aber erhaschte die Weisen in ihrer List (1.Kor.3:19; Hiob 5:13).

 

 

Wer erhöht und wer erniedrigt wird

 

  »Den geladenen Gästen aber erzählte Er ein Gleichnis, weil Er auf sie Acht gegeben hatte, wie sie sich die ersten Liegeplätze erwählten; zu ihnen sagte Er: Wenn du von jemandem zu einer Hochzeitsfeier eingeladen wirst, so lagere dich nicht auf den ersten Liegeplatz, sonst könnte ein mehr Wertgeachteter als du von ihm eingeladen worden sein, und er, der dich und ihn eingeladen hat, könnte kommen und dich ersuchen: Gib diesem den Platz! Dann würdest du mit Schande anfangen, den letzten Platz innezuhaben. Nein, wenn du eingeladen wirst, so geh und lass dich auf dem letzten Platz nieder. Wenn dann der, der dich eingeladen hat, kommt und dich ersucht: Freund, rücke höher!, da wird dir vor den Augen aller, die mit dir zu Tisch liegen, Verherrlichung zuteil werden. Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden« (Verse 7-11).

  So wird es auch im Königreich, der großen Hochzeitsfeier Israels, sein: die in diesem bösen Äon den unteren Weg gingen, werden im Tausendjahrreich eine hohe Stellung einnehmen (Luk.13:30; 19:17).

  Jesus bekräftigte, was in den Sprüchen 25:6,7 geschrieben steht: »Brüste dich nicht vor dem Regenten und stehe nicht am Ort der Großen, denn es ist besser, dass man zu dir sagt: Komm hier herauf - als dass man dich vor einem Edlen erniedrigt.« Jewe wird das demütige Volk retten, die Augen des Hohen aber erniedrigen (Ps.18:28).

  Jakobus betont: »Gott widersetzt Sich den Stolzen, den Demütigen aber gibt Er Gnade. ... Demütigt euch nun vor den Augen des Herrn, und Er wird euch erhöhen« (Jak.4:6+10, vgl. 1.Pet.5:5+6). Mögen wir unserer überhimmlischen Berufung würdig wandeln, nämlich mit aller Demut (Eph.4:1,2). Einer achte den anderen in Demut höher als sich selbst (Phil.2:3). Ja, diese Gesinnung sei in uns, die auch in Christus Jesus ist, der Sich Selbst erniedrigte und gehorsam wurde bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod. Darum hat Gott Ihn auch überaus hoch erhöht (Phil.2:5,8,9).

 

Vergeltung der edlen Werke in der Zukunft

 

  »Er sagte dann auch zu dem, der Ihn eingeladen hatte: Wenn du eine Frühmahlzeit oder ein Mahl hältst, dann rufe weder deine Freunde noch deine Brüder noch deine Verwandten noch reiche Nachbarn herbei; damit nicht auch sie dich wieder einladen und dir Vergeltung werde. Sondern wenn du einen Empfang gibst, dann lade Arme und Krüppel, Lahme und Blinde dazu ein, und du wirst glücklich sein, weil sie nichts haben, um es dir vergelten zu können; denn es wird dir bei der Auferstehung der Gerechten vergolten werden« (Verse 12-14).

  Einst hatte Jesus im Zusammenhang mit Seiner Gerichtsvollmacht gesagt: »Es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, Seine Stimme hören werden; und es werden hervorgehen, die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Schlechte verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts« (Joh.5:28,29; vgl. Dan.12:2; Apg.24:15).

  Die Auferstehung der Gerechten ist die zum Leben im Königreich führende; die Auferstehung zum Gericht vor dem großen, weißen Thron findet tausend Jahre später statt. Unsere Auferstehung übrigens, die der Körpergemeinde, geschieht vor jener ersten Auferstehung, an dem uns beschiedenen Tag Christi.

  Das Denken der Pharisäer war geprägt von ihren Werken und Leistungen in Erwartung der Gegenleistung Gottes in Gestalt des äonischen Lebens. Deshalb machte Jesus Seinem Gastgeber am Beispiel von Gastmahlen deutlich, wie jener wirklich glücklich werden würde. Außerdem würde er sich einen Schatz im Himmel sammeln (Mat.6:20) und reich bei Gott werden (Luk.12:21). »Glückselig ist, wer an dem Armen einsichtig handelt; am Tage des Übels wird Jewe ihn erretten« (Ps.41:2; vgl. Spr.14:21).

  Auch wer unter uns von ganzem Herzen denen gibt, die es ihm nicht vergelten können, wird nicht nur Freude daran haben, sondern es wird ihm zudem von unserem Gott und Vater vor der Preisrichterbühne vergolten werden (Röm.2:6; 1.Kor.3:8-15; 2.Kor.5:10; Phil.4:17; Kol.3:24; 2.Tim.4:8).

 

Die Parabel von dem großen Gastmahl

 

  »Als dies einer von denen, die mit zu Tisch lagen, hörte, sagte er zu Ihm: Glückselig ist, wer im Königreich Gottes Brot essen wird« (Vers 15).

  Dieser Mann, gewiss selbst ein Pharisäer oder Schriftgelehrter - andere waren wohl nicht eingeladen -, wollte das Tischgespräch auf eine höhere Ebene bringen, weg von der Thematik der Armen und Krüppel, Lahmen und Blinden, und nahm das Wort Jesu von der Auferstehung der Gerechten zum Anlass, die zukünftige Glückseligkeit zu preisen. Dabei unterstellte er, dass gerade sie, die sich so sehr bemühten, die Pharisäer und Gesetzeskundigen, am Königreich Israels, an jenem großen Festmahl, teilhaben werden.

  »Er (Jesus) aber antwortete ihm: Ein Mann gab ein großes Gastmahl und lud viele dazu ein. Dann schickte er zur Stunde des Mahls seinen Sklaven aus, um den Geladenen sagen zu lassen: Kommt, denn alles ist schon bereit. - Aber aus einer Gesinnung heraus begannen sie alle sich zu entschuldigen. Der erste ließ ihm sagen: Ich will ein Feld kaufen und bin genötigt hinauszugehen, um es zu besichtigen. Ich ersuche dich: Halte mich für entschuldigt. Ein anderer sagte: Ich will fünf Joch Rinder kaufen und gehe gerade, um sie zu prüfen. Ich ersuche dich: Halte mich für entschuldigt. Noch ein anderer sagte: Ich will eine Frau heiraten und kann deshalb nicht kommen.

  Der Sklave kam zurück und berichtete dies seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sagte zu seinem Sklaven: Geh schnell hinaus auf die Plätze und Gassen der Stadt und führe die Armen und Krüppel, die Blinden und Lahmen hier herein! - Alsdann berichtete ihm der Sklave: Herr, es ist geschehen, wie du angeordnet hast; doch es ist noch Platz. Das sagte der Herr zu dem Sklaven: Geh hinaus auf die Wege und Steinwälle und nötige sie hereinzukommen, damit mein Haus voll werde! Denn ich sage euch: Von jenen Männern, die zuerst geladen waren, wird keiner mein Mahl schmecken« (Verse 16-24).

  Schon seit langem hatte Gott das Festmahl, das Königreich, Seinem Volk angekündigt und es dazu seingeladen.

  Zur Stunde des Mahls, als der König, Jesus, unter ihnen weilte und das Reich hätte anbrechen können, aber wollten sie nicht. Sie waren mit der Aufstellung ihrer eigenen Gerechtigkeit und der Mehrung ihres Vermögens beschäftigt. Bei all ihrer kultischen Religiosität waren sie weltlich gesinnt. Es gab keinen, der Gott ernstlich suchte (Röm.3:11; Hos.7:10). So traf zu, was schon Jesaia sagte: »Ihr wolltet nicht!« (Jes.30:15; Joh.5:40). Sie hörten nicht, obwohl geschrieben steht: »Heute, wenn ihr Seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht wie einst in der Verbitterung« (Heb.3:15; Ps.95:7,8). Infolge ihres Unglaubens konnten sie nicht in das Feiern Gottes eingehen (Heb.3:18,19).

  Israel wies den ab, der es einlud. So kam der Zorn Gottes schon im Voraus über dieses Volk (1.Thess.2:16). Mose hat dies alles bereits vorausgesagt (5.Mose 32:15,19,22).

  Diejenigen Juden, die dann in der Endzeit an Jesus als den Messias glauben und die Einladung annehmen, sind keineswegs den Vornehmen, sondern den Armen und Krüppeln vergleichbar, werden sie doch in der Zeit größter Drangsale vom Antichristus aufs heftigste verfolgt werden (Mat.24:21). Ja, das Königeich Gottes wird nicht der Generation Jesu gegeben, sondern einer anderen Nation, nämlich dem wiedergezeugten und gläubigen Israel in der Zeit des Endes des gegenwärtigen bösen Äons (Mat.21:43).

  Schließen wir diesen Teil der Betrachtung mit einem Gotteswort, das allen Menschen, auch allen gläubigen, gilt: »Hütet euch, dass ihr nicht den abweist, der zu euch spricht!« (Heb.12;:25).

 

Entschiedene Nachfolge

 

  Die folgende Rede unseres Herrn Jesus Christus vor einer Menge von Interessierten von Vers 26 bis 35 über das Hassen, den Turmbau, den Kriegszug und das Salz hat den einen Grundgedanken: Halbherzige Nachfolge ist nutzlos; nur Entschiedene und Konsequente können Jesu Jünger sein; und dies soll man vorher bedenken. Nur wer auf alles verzichten kann, kann ungeteilten Sinnes Jesus nachfolgen.

 

Das Hassen der Verwandten und der eigenen Seele

 

  »Als einst große Scharen mit Ihm zogen, wandte Er Sich um und sagte zu ihnen: Wenn jemand zu Mir kommt und nicht seinen Vater und seine Mutter, seine Frau und seine Kinder, seine Brüder und seine Schwestern, dazu auch noch seine eigene Seele hasst, der kann nicht Mein Jünger sein; und wer nicht sein Kreuz trägt und Mir nachfolgt, kann nicht Mein Jünger sein« (Verse 25-27).

  Das Hassen geschieht praktisch dadurch, dass sich ein Jünger Jesu weder von den Jesus feindlichen  noch von den toleranten Verwandten beeinflussen lässt, sondern für ihn allein der Wille des Herrn maßgebend ist. Seine eigene Seele hasst man, indem man dem Herrn auch dann folgt, wenn man mit dem Tode bedroht wird.

  Die Redewendung »sein Kreuz tragen« kam davon, dass ein zum Kreuzestod Verurteilter den Pfahl selbst zur Hinrichtungsstätte tragen musste. Sein Kreuz tragen bedeutet mithin, alle Drangsale und Leiden um des Glaubens und der Treue zu Jesus willen bis hin zum Tode zu ertragen. Es gilt, mit Ausdauer auszuharren bis zur Vollendung (Heb.10:36; 12:1; Off.13:10; 14:12).

 

Der Turmbau

 

  Jesus sprach weiter: »Denn wer von euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuerst hin, um die Kosten zu berechnen, ob er auch die Mittel zur Ausführung habe? Sonst hat er den Grund gelegt, vermag aber nicht, den Bau zu vollenden, und alle, die zuschauen, fangen an, ihn zu verhöhnen und sagen: Dieser Mensch fängt zu bauen an und vermag nicht, es zu vollenden« (Verse 28-30).

  Berechne die Kosten der Nachfolge! Bist du bereit, den vollen Preis bis hin zu einem gewaltsamen Tod zu bezahlen? Oder wirst du auf halbem Wege kneifen und dich bei Gefahr etwa nicht zum Herrn bekennen? Nach dem Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7) verlor man damals in einem solchen Fall seine Rettung (Mat.10:32,33; Luk.12:8,9; 1.Joh.2:23).

 

Der Kriegszug

 

  Jesus fuhr fort: »Oder welcher König geht in die Schlacht, um mit einem anderen König zusammenzutreffen, und setzt sich nicht zuerst hin, um darüber zu beraten, ob er imstande ist, mit zehntausend dem zu begegnen, der mit zwanzigtausend gegen ihn zieht? Andernfalls muss er, wenn er noch weit von ihm entfernt ist, eine Gesandtschaft schicken und ihn um Friedensverhandlungen ersuchen. So kann nun keiner von euch Mein Jünger sein, der sich nicht von all seinem Besitz trennt« (Verse 31-33).

  Dem Feind kann nur begegnen, den Sieg als Jünger erringt nur, wer  sich von all seinem Besitz losgesagt hat. Wer noch im Herzen daran gebunden ist oder den über sein Losteil hinausgehenden erworbenen Besitz zu bewirtschaften hatte - wie sollte er den Dienst des Herrn siegreich tun können? Deshalb verkauften die Jünger ihre Freiäcker und anderes Erworbene (Ap.4:34). Im Königreich Israels werden sie übrigens alles hundertfältig wiedererhalten, und äonisches Leben wird ihnen zugelost werden (Mast.19:29).

 

Fades Salz

 

  Abschließend wies Jesus auf Folgendes hin:

  »Salz ist nun etwas Ausgezeichnetes; wenn aber auch das Salz fade wird, womit soll man es wieder würzen? Es ist weder für das Land noch für den Dünger verwertbar, und man wirft es hinaus. Wer Ohren hat zu hören, der höre!« (Verse 34+35).

  Hört! Merket auf! Mit fade gewordenem Salz kann man absolut gar nichts anfangen. Darum: Sei ganz Sein oder lass es ganz sein!

  Für rückfällig Werdende wäre es besser gewesen, sie hätten den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt (2.Pet.2:21). »Denn es ist unmöglich, die, die einmal erleuchtet waren und das überhimmlische Geschenk geschmeckt haben und so Mitteilhaber des heiligen Geistes wurden, die sowohl das köstliche Wort Gottes wie auch die Kräfte des zukünftigen Äons schmeckten, dann aber abfallen, wieder zur Umsinnung zu erneuern, kreuzigen sie doch den Sohn Gottes für sich selbst aufs neue und prangern Ihn an. Denn das Land, das den Regen trinkt, der oftmals auf dieses kommt, und Kraut sprießen lässt, verwertbar von jenen, für die es beackert wird, bekommt von Gott seinen Anteil am Segen. Bringt es aber Dornen und Sterndisteln hervor, ist es unbewährt und dem Fluch nahe, um zum Abschluss in Brand zu geraten« (Heb.6:4-8).

 

 

Das fünfteilige Gleichnis von den Pharisäern und den Sündern, I

(Lukas 15)

 

  »Es waren gerade all die Zöllner und Sünder, die sich Ihm nahten, um Ihn zu hören. Doch die Pharisäer wie auch die Schriftgelehrten murrten laut und sagten: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen« (Verse 1+2).

  Welch ein schönes Zeugnis die Pharisäer und Schriftgelehrten unserem Herrn Jesus Christus ungewollt ausstellten: Dieser nimmt die Sünder an! Ja, dazu war Er gekommen, die Sünder für das Königreich Israels zu retten.

  Die selbstgerechten religiösen Führer hatten allerdings abfällig von den Sündern, dem gemeinen Volk, gesprochen. Und Zöllner waren besonders übel beleumdet, weil sie mit der römischen Besatzungsmacht zusammenarbeiteten und noch für sich selbst allerhand herauswirtschafteten.

  »... und isst mit ihnen.« Ein gemeinsames Mahl war Ausdruck der Gemeinschaft. Damit - so meinten die Pharisäer - habe Jesus Sich erniedrigt.

  Die zwei Hauptgruppen des Volkes vor Augen, nutzte Jesus die Gelegenheit, um ihnen ihre Herzenshaltung und ihr weiteres Ergehen deutlich zu machen, und zwar in einem großen, fünfteiligen Gleichnis, in einem Gleichnis von fünf Bildern.

  Im ersten Bild stellte Er mit den neunundneunzig Schafen die selbstgerechten Oberen und mit dem verlorenen Schaf den Sünder dar, der umsinnt.

  Im zweiten schilderte Er mit der Frau, die ihre Drachme suchte, das gewissenhafte Israel, das den verlorenen Sünder sucht und zur Umsinnung führt.

  Wiederum stellt der verlorene Sohn den umsinnenden Sünder dar, über den Freude im Himmel herrscht. Der daheimgebliebene Sohn dagegen, der seinem Bruder den liebevollen Empfang missgönnt, repräsentiert die selbstgerechten Führer des Volkes.

  Der ungerechte Verwalter, der im vierten Bild angesprochen wird, steht für die Pharisäer und Schriftgelehrten, die ihr Volk eigentlich gerecht verwalten sollten. Die Verwaltung wird ihnen genommen.

  Im fünften Bild wird das reiche königliche und priesterliche Israel den Armen gegenübergestellt. Sie sterben allesamt, was den Untergang der Nation bedeutet. Die einen leiden Qualen im Feuer des Judenhasses, den anderen, die glauben, ohne die Verheißungen empfangen zu haben wie einst Abraham, wird zugesprochen.

 

Dieses Gleichnis

 

  »Da erzählte Er ihnen dieses Gleichnis« (Vers 3).

  Jesu Rede endet mit Kapitel 16:31. Das Gleichnis schließt alle fünf Bilder ein.

 

Das Gleichnis vom verlorenen Schaf

 

  »Welcher Mann unter euch, der hundert Schafe hat und eins von ihnen verliert, lässt nicht die neunundneunzig in der Wildnis zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Wenn er es gefunden hat, legt er es voller Freude auf seine Schultern, geht nach Hause, ruft seine Freunde und Nachbarn herbei und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Ich sage euch: So wird im Himmel mehr Freude sein über einen Sünder, der umsinnt, als über neunundneunzig Gerechte, die der Umsinnung nicht bedürfen« (Verse 4-7).

  Jesus ist der edle Hirte (Joh.10:11). Da Er nur zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt war (Mat.15:24), stellen die hundert Schafe die Nation Israel dar. Die neunundneunzig Selbstgerechten meinen, der Umsinnung nicht zu bedürfen; sie werden schutzlos in der Wildnis zurückgelassen, wo wilde Tiere sie angreifen können; sie rufen nicht nach dem Beistand des Hirten und sind dem Untergang geweiht.

  Nach einem Schaf etwa in den Schluchten der Wildnis von Judäa zu suchen, war lebensgefährlich. Dies entspricht dem Herabstieg Jesu bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod. Wie in Hesekiel 34:11 geschrieben, ist es Jewe, der Seinem Kleinvieh nachforscht und Sich ihrer annimmt.

  Die Zöllner und Sünder merkten, dass sie Ihn brauchten. Und erwiderten Seine Liebe und sinnten um. Und Er barg sie für das Leben in den Äonen des Königreichs.

  Die Pharisäer sollten sich darüber freuen. Da sie aber an Sündern gar kein Interesse hatten, konnten sie es nicht. Dies wiederum musste ihren Hass auf Jesus verstärken.

 

Das Gleichnis von der verlorenen Drachme

 

  »Oder welche Frau, die zehn Drachmen hat, wird nicht, wenn sie eine Drachme verliert, eine Leuchte anzünden, das Haus fegen und fürsorglich suchen, bis sie sie findet? Wenn sie sie gefunden hat, ruft sie die Freundinnen und Nachbarinnen herbei und sagt: Freut euch mit mir, denn ich habe die Drachme gefunden, die ich verloren hatte! So, sage Ich euch, wird vor den Augen der Boten Gottes Freude sein über einen Sünder, der umsinnt« (Verse 8-10).

  Diese Drachme, diese griechische Silbermünze, war wahrscheinlich eine besondere, nämlich vom Kopfschmuck der Frau. Silber steht übrigens für Weisheit und Gerechtigkeit (Spr.2:4; 10:20) sowie für Loskauf (Auslösung, Erlösung; 4.Mose 18:15,16).

  Die Frau symbolisiert Israel, das in der Heiligen Schrift oft unter dem Bild einer Frau (auch einer Braut, Witwe oder Hure) geschaut wird. Israel war mit mancherlei wertvollem Schmuck bedacht worden - mit den Worten des Paulus gesagt: mit dem Sohnesstand und der Herrlichkeit, den Bündnissen und der Gesetzgebung, dem Gottesdienst und den Verheißungen, den Vätern und dem Christus dem Fleische nach (Röm.9:4,5).

  Die Deutung des Gleichnisses liegt auf der Hand: Das gläubige und treue Israel müht sich um den verlorenen Sünder - um den, der seines Schmuckes entbehrte - und bringt ihn zur Umsinnung.

 

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn

 

  »Weiter sprach Er: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zum Vater: Vater, gib mir den Teil deines Vermögens, der mir zufällt. Da teilte er ihm den Lebensunterhalt zu. Nach nicht vielen Tagen sammelte der jüngere Sohn all seine Habe, verreiste in ein fernes Land und vergeudete dort sein Vermögen, indem er liederlich lebte.

  Als er alles verbraucht hatte, kam eine schwere Hungersnot über jenes Land, und er selbst begann Mangel zu leiden. So ging er hin und schloss sich einem der Bürger jenes Landes an, der ihn auf seine Felder schickte, um die Schweine zu weiden. Da begehrte er nur, sich an den Johannisschoten zu sättigen, von denen die Schweine aßen; doch niemand gab sie ihm.

  Nun ging er in sich und fragte sich mit Nachdruck: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluss, während ich hier vor Hunger umkomme! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gegen den Himmel und vor deinen Augen gesündigt; ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen; halte mich wie einen deiner Tagelöhner. - Dann machte er sich auf und ging zu seinem Vater« (Verse 11-20 a).

  Das war Sündenerkenntnis! Das war Umsinnung! Das war Erkenntnis der Unwürdigkeit, länger Sohn zu heißen! Das war Umwendung zum Richtigen hin, nämlich zum Vater!

  Nach 5.Mose 21:17 standen im Falle von zwei Söhnen dem ältesten zwei und dem jüngeren ein Drittel des Erbes zu.

  Da das Schwein der Inbegriff der Unreinheit war (3.Mose 11:7), bedeutete das Weiden der Schweine allertiefste Schmach.

  Wir lesen weiter:

  »Als er noch weit entfernt war, gewahrte ihn sein Vater; da jammerte er ihn, und er lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und küsse ihn zärtlich. Da sagte der Sohn zu ihm: Vater, ich habe gegen den Himmel und vor deinen Augen gesündigt; ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen; halte mich wie einen deiner Tagelöhner. Doch der Vater gebot seinen Sklaven: Schnell, bringt das beste Gewand heraus und zieht es ihm an; gebt ihm auch einen Ring an seine Hand und Sandalen an die Füße; bringt das gemästete Kalb und schächtet es; lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und lebt wieder auf, er war verloren und ist gefunden worden! - Und sie fingen an, fröhlich zu feiern« (Verse 20 b-24).

  Das Gewand, der Ring und die Sandalen waren Ehrengaben, die die Wiedereinsetzung in den Sohnesstand zum Ausdruck brachten und die man auch zu einem Festmahl trug. Das fröhliche Feiern entspricht der Freude im Himmel über einen Sünder, der umsinnt. Die Teilnahme am Fest ist der am Königreich vergleichbar.

  Bei alledem aber ist die Gesinnung des Vaters überwältigend. Jesaia kannte sie: »Der Frevler verlasse seinen Weg und der selbstsüchtige Mann seine Gedanken; er kehre um zu Jewe, und Er wird Sich seiner erbarmen, und zu unserem Elohim, denn Er ist reich an Vergebung« (Jes.55:7). Des Weiteren schrieb Jesaia: »Wonne, ja Wonne habe ich an Jewe, meine Seele frohlockt in unserem Elohim! Denn Er kleidet mich in die Gewänder des Heils, und in den Mantel der Gerechtigkeit hüllt Er mich ein« (Jes.61:10). Und aus dem Mund des Königs David vernehmen wir: »Du, Jewe, bist gut und erbarmend und erzeigst große Huld all denen, die zu Dir rufen« (Ps.86:5); »Mitleidsvoll und gnädig ist Jewe, langsam zum Zorn und groß an Huld. ... Wie sich ein Vater über die Söhne erbarmt, so erbarmt Sich Jewe über die, die Ihn fürchten« (Ps.103:8,13).

  Erkennen wir Gottes Weisheit, die darin besteht, dass der Sohn zunächst verloren gehen musste - allgemein ausgedrückt: die Weisheit Gottes, die in Christus Jesus, und diesem als gekreuzigt, besteht (1.Kor.2:2,7,8)? Ohne diese seine Lebensgeschichte hätte der verlorene Sohn die  umfassende Liebe des Vaters nicht kennengelernt und damit auch den Vater nicht völlig. Nach Gottes in Christus Jesus, unserem Herrn, für den Ablauf der Äonen gefassten Vorsatz (Eph.3:11) bilden Sünde und Tod den dunklen Hintergrund, damit das helle Licht Seiner Gnade dereinst alle Herzen erfülle. Schon bevor die Sünde in die Welt Adams eindrang (Röm.5:12), stand Jesus als das Lamm, das sein Blut vergießt, bereit (1.Pet.1:20; Off.13:8). Gottes Wege sind vollkommen!

 

Der ältere Sohn

 

  Im letzten Abschnitt unseres Gleichnisses lesen wir von dem älteren Sohn; ihm war das Herz des Vaters noch fremd, ebenso wie das Herz des himmlischen Vaters den Pharisäern.

  »Sein älterer Sohn aber war auf dem Feld. Als er kam und sich dem Haus näherte, hörte er Musik und Reigenchöre. Da rief er einen der Knechte herzu und erkundigte sich, was dies bedeuten solle. Der antwortete ihm: Dein Bruder ist eingetroffen, und dein Vater hat das gemästete Kalb geschächtet, weil er ihn gesund wiedererhalten hat. - Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen, doch sein Vater kam heraus und sprach ihm zu. Er aber antwortete seinem Vater: Siehe, so viele Jahre sklave ich dir und habe niemals dein Gebot übergangen; doch mir hast du noch nie ein Zicklein gegeben, damit ich mit meinen Freunden fröhlich sei. Nun aber, als dieser dein Sohn kam, der den von dir erhaltenen Lebensunterhalt mit Huren verzehrte, hast du ihm das gemästete Kalb geschächtet. - Doch er erwiderte ihm: Kind, du bist immer bei mir, und all das Meine ist dein. Wir sollten nun fröhlich sein und uns freuen, denn dieser dein Bruder war tot und lebt wieder auf, er war verloren und ist gefunden worden« (Verse 25-32).

  Jetzt war das Verborgene des Herzens des daheimgebliebenen Sohnes offenbar geworden. Er missgönnte seinem Bruder das barmherzige Handeln des Vaters ebenso wie die Pharisäer das Erbarmen Jesu den Sündern. Es mangelte dem Älteren an der Liebe zu dem Sünder, so wie die Oberen des Volkes sich hochnäsig von dem Pöbel abwandten. - Damit kein Missverständnis erstehe: Gott hasst die Sünde, aber Er liebt den Sünder! Den Beweis dafür hat Er in der Dahingabe Seines Sohnes Jesus Christus bis zum Tode erbracht.

  Man beachte einmal, dass der ältere Sohn das Wort »Vater« nicht in den Mund nahm. Auch das Wort »Bruder« kam ihm nicht über die Lippen, sondern nur das abweisende »dieser dein Sohn«. Zudem warf er seinem Vater Ungerechtigkeit vor und drückte er seine Verachtung für seinen Bruder wegen dessen liederlichem Lebenswandel aus. Alle seine Kleinlichkeit und Unbarmherzigkeit trat zutage.

  Die zuhörenden Pharisäer, die darüber gemurrt hatten, dass Jesus mit den Sündern aß, müssen jetzt sehr beschämt gewesen sein. Der Sohn hatte auf seine Arbeit im Hause des Vaters gepocht und auf das Halten aller Gebote; die Pharisäer müssten sich in dieser Anspruchshaltung wiedererkannt haben. Wo aber blieb die Liebe?

  Dann versuchte der Vater, den älteren Sohn zu gewinnen. Es gehöre doch alles auch ihm. Den jüngeren Sohn nannte der Vater bewusst »dieser dein Bruder«. Die Pharisäer hatten wohl vergessen, dass die sündigenden Volksgenossen ihre Brüder waren.

  Unser Herr Jesus sagte im Gleichnis nicht, ob der ältere Sohn umsinnte, und zwar deshalb nicht, damit es als Mahnung und Appell an die Pharisäer und Schriftgelehrten ende.

 

 

Das fünfteilige Gleichnis von den Pharisäern und den Sündern, II

(Lukas 16)

 

  Wir setzen die Betrachtung des großen, aus fünf Bildern bestehenden Gleichnisses Jesu über die Herzenshaltung und das weitere Ergehen der Pharisäer und der Sünder fort.

 

Das vierte Bild: Das Gleichnis vom ungerechten Verwalter

 

  »Zu Seinen Jüngern sagte Er dann noch: Da war ein reicher Mann, der einen Verwalter hatte. Dieser wurde bei ihm von einem Widersacher beschuldigt als einer, der dessen Besitz vergeude. Da ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: Was ist das, was ich von dir hören muss? Erstatte Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst nicht mehr Verwalter sein. Nun sprach der Verwalter bei sich: Was soll ich tun, da mein Herr mir die Verwaltung wegnimmt? Um zu graben bin ich nicht stark genug, und zu betteln schäme ich mich. Ich erkenne jetzt, was ich tun werde, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich aus der Verwaltung abgesetzt werde.

  Dann rief er jeden Schuldner seines Herrn einzeln zu sich; den ersten fragte er: Wie viel schuldest du meinem Herrn? Der antwortete: Hundert Bath Öl. Da sagte er zu ihm: Nimm deine Schuldschrift, setze dich und schreibe schnell fünfzig! Darauf fragte er einen anderen: Wie viel schuldest du denn? Der antwortete: Hundert Kor Weizen. Da sagte er zu ihm: Nimm deine Schuldschrift und schreibe achtzig!

  Jener Herr lobte den ungerechten Verwalter, dass er klug gehandelt habe; denn die Söhne dieses Äons sind im Umgang mit ihrer Generation klüger als die Söhne des Lichts« (Luk.16, Verse 1-8).

  Ein reicher Mann! Die Pharisäer horchten auf, denn es war vom von Gott reich bedachten Israel die Rede. Und der Verwalter! Sie waren es, die über das Haus Israel wachten und es verwalteten. Dann aber mussten sie hören, dass sie abgesetzt würden. Deshalb hatte Jesus dieses Gleichnis insbesondere Seinen Jüngern erzählt, weil sie nämlich die Verwaltung Israels übernehmen werden. Er hatte ihnen bei anderer Gelegenheit zugesagt: »Wahrlich, Ich sage euch: die ihr Mir gefolgt seid, in der Wiederwerdung, wenn der Sohn des Menschen auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzt, werdet auch ihr auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten« (Mat.19:28).

  Die Söhne dieses bösen Äons (Gal.1:4) sind untereinander klüger, wenn es um ihren Vorteil geht, als die Söhne des Lichts; dies sind die Menschen, die das Licht der Erkenntnis Gottes in ihrem Herzen haben, also die Gläubigen. Die Klugheit des ungerechten Verwalters war nur Raffinesse und hatte Betrug zum Inhalt. Er hatte sich mit der Verminderung der Schuldsumme Freunde gemacht, die es ihm nach seiner Entlassung vergelten werden.

 

Der ungerechte Mammon

 

  Alsdann kam Jesus auf die Anwendung des Gleichnisses zu sprechen:

  »Sage Ich euch etwa: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er euch ausgegangen ist, man euch in die äonischen Zelte aufnehme?« (Vers 9).

  Das stark betonte »Ich« unseres Herrn, wörtlich: »Und Ich, Ich sage euch«, lässt uns diesen Vers neun als gegensätzlich verstehen. In die Zelte des kommenden Äons gelangt man nicht dadurch, dass man sich mit ungerecht erworbenem Mammon Freunde gemacht hat. Aus Glauben, nicht durch Schlauheit, kommt man in das Königreich.

  Unter Mammon versteht man nicht nur einfach Geldwerte, sondern auch die dahinter stehenden Götzen sowie die Höherachtung der Geldwerte als der Menschen, die man ausnutzt, um an die Werte zu kommen. Schließlich bedeutet Mammon den falschen Gott, den Gott-Ersatz.

  Jesus fuhr fort zu sprechen:

  »Wer im Geringsten treu ist, der ist auch in vielem treu, und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch in vielem ungerecht. Wenn ihr nun mit dem ungerechten Mammon nicht treu wart, wer wird euch das wahrhafte Gut anvertrauen? Und wenn ihr mit fremdem Gut nicht treu wart, wer wird euch das Eure geben? Kein Haussklave kann zwei Herren sklaven; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird für den einen einstehen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott sklaven und dem Mammon« (Verse 10-13).

  Wer also mit geringen Dingen nicht treu umging, der ist für das Königreich nicht tauglich. Wer aber treu damit umging, kann auch mit vielem treu umgehen und wird daher im Königreich über vieles eingesetzt werden. Zum Beispiel wird jemand, der im Geringsten treu war, über zehn Städte Vollmacht erhalten (Luk.19:17). Werden jemandem, der in den irdischen Dingen untreu war, himmlische Güter anvertraut?

  Man kann nicht zwei Herren dienen, man kann nicht Gott dienen und dem Mammon. Wer den Mammon liebt, hasst Gott; wer für den Mammon einsteht, verachtet Gott. Ein rechter Verwalter Gottes richtet mithin seinen Sinn nur auf den Willen und die Verherrlichung seines Gottes und Vaters.

  All unser irdischer Besitz ist uns ohnehin nur für einen vorübergehenden Zeitraum anvertraut. Deshalb gilt es, zu haben als hätte man nicht (1.Kor.7:29-31).

  Im Übrigen sind wir Gläubigen in Christus Jesus allesamt Verwalter, und zwar insbesondere der Geheimnisse, die Gott dem Apostel Paulus für die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung der überströmenden Gnade enthüllt hat (1.Kor.4:1). Hierbei sucht man bei einem Verwalter nur, »dass ein solcher treu erfunden werde« (1.Kor.4:2).

 

Die geldgierigen Pharisäer

 

  »Dies alles hörten aber auch die Pharisäer, die zu den Geldgierigen gehörten, und sie verspotteten Ihn. Da sagte Er zu ihnen: Ihr seid es, die sich vor den Augen der Menschen selbst rechtfertigen. Gott aber kennt eure Herzen; denn was vor den Menschen hoch dasteht, ist ein Gräuel vor den Augen Gottes« (Verse 14+15).

  »Scheol und Abaddon (Regent des Abyssos, Abgrunds; Off.9:11) sind Jewe gegenwärtig, wie viel mehr die Gesinnungen der Herzen der Söhne Adams« (Spr.15:11); heißt es doch in Psalm 33:15 zudem: »Er bildet ihnen allesamt das Herz« Vor Gott ist alles offenbar (Heb.4:13).

  Die geldgierigen (wörtlich: Silber liebenden oder silberbefreundeten) und sich selbst rechtfertigenden Pharisäer konnten nichts anderes als ein Gräuel in den Augen Gottes sein. Wer aber ein Gräuel ist, hat sich von Gott geschieden und wird das Königreich nicht sehen. (Vom Königreich und von der Ehescheidung hören wir sogleich in den Versen 16 bis 18.)

 

Das Königreich als Evangelium

 

  Jesus sprach weiter:

  »Das Gesetz und die Propheten reichen bis auf Johannes. Von da an wird das Königreich Gottes als Evangelium verkündigt; jeder drängt sich mit Gewalt hinein, [und Gewalttätige reißen es an sich]. Es ist aber leichter, dass Himmel und Erde vergehen, als dass ein Hörnlein vom Gesetz falle« (Verse 16+17).

  Bisher hatte Gott durch das Gesetz und die Propheten zu Israel gesprochen (Heb.1:1). Jetzt sprach Er durch Johannes, den größten der Propheten (Mat.11:11), und durch Seinen Sohn Jesus Selbst. Da das Königreich Gottes sich nun genaht hatte und zum Schwerpunkt der Verkündigung geworden war (Mat.1:17), wollten viele vehement hineingelangen. (Der Satzteil »und Gewalttätige reißen es an sich« findet sich nur im redigierten Kodex Sinaiticus (S 2). Falls er zum Grundtext gehört, hieße dies, dass falsche Regenten das Königreich ausrufen werden, zuletzt der Antichristus.)

  Die Pharisäer, diese ungerechten und gräuelhaften Verwalter, versuchten ebenfalls mit Nachdruck, in das Königreich Gottes einzutreten; wegen ihrer Werkgerechtigkeit und Geldgier wird es ihnen aber nicht gelingen. Es fehlte ihnen der Glaube, dass Jesus der Messias und Sohn Gottes ist, sowie die Umsinnung ihres Herzens. Sinnesänderung und glauben waren Bedingung. Johannes der Täufer hatte ihnen deutlich gesagt: »Otternbrut! Wer hat euch zu verstehen gegeben, vor dem zukünftigen Zorn fliehen zu können? Bringt daher Frucht, würdig der Umsinnung!« (Mat.3:7,8).

  Nicht das kleinste Hörnlein oder Häkchen an einem Buchstaben des Gesetzes wird fallen und den Pharisäern etwa ein Schlupfloch bieten.

 

Die Scheidung Israels von Gott

 

  Die Ausführungen Jesu zum Gleichnis vom ungerechten Verwalter, des Herrn Worte über die geldgierigen, ins Königreich drängelnden Pharisäer, die Gott ein Gräuel sind, schließen mit dem folgerichtigen Ausspruch, und zwar der Scheidung Israels von Gott.

  »Jeder, der seine Frau entlässt und eine andere heiratet, bricht die Ehe; und jeder, der die vom Mann Entlassene heiratet, bricht auch die Ehe« (Vers 18).

  Da Israel in den hebräischen heiligen Schriften mehrfach als Ehefrau Jewes dargestellt wird (Jes.54:1,6-8; 62:4,5; Jer.2:2; Hos.2:9,18,21; Off.12:1; 19:7), verstanden die Pharisäer, was Jesus zum Ausdruck gebracht hatte: Ihr habt die Ehe gebrochen, die ihr Jewe verlassen (oder: entlassen) und einen anderen, nämlich den Mammon und eure Selbstgerechtigkeit, geheiratet habt. Ihr habt den Bund gebrochen (Jer.31:32). Das Gericht ist mithin unausweichlich. Dieses Gericht wird dann im fünften Bild des fünfteiligen Gleichnisses von Lukas 15 und 16 aufgezeigt, dem vom reichen Mann und  Lazarus (Luk.16:19-31).

  Zur Ehescheidung an sich sei kurz erwähnt: Mose gestattete die Scheidung (5.Mose 24:1-4) »wegen eurer Hartherzigkeit« (Mat.19:8). Sie war rechtens, wenn eine »Blöße« vorlag (5.Mose 24:1), das heißt ein schwerer Mangel, und der konnte nur Hurerei und mithin Ehebruch sein (Mat.5:32). Nur deshalb wollte Joseph seine Frau Maria entlassen (Mat.1:19). Andernfalls bestand die Ehe weiter, und jede Wiederverheiratung stellte Ehebruch dar.

  Wir heute haben 1.Korinther 7:10-16,27,29 zu beachten.

  In Lukas 16:18 geht es aber nicht um Mann und Frau, sondern um Gott und Israel. Wir denken dabei auch an ein anderes Wort Jesu: »Wer sich Meiner und Meiner Worte unter dieser ehebrecherischen und sündigen Generation schämt, dessen wird Sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn Er in der Herrlichkeit Seines Vaters mit den heiligen Boten kommt« (Mark.8:38).

 

Das fünfte Bild: Das Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus

 

  Zum Schluss Seiner großen Gleichnisrede führte unser Herr Jesus Christus aus:

  »Da war ein gewisser reicher Mann, der sich in Purpur und Batist kleidete und prunkvoll Tag für Tag in Fröhlichkeit dahinlebte. Und da war ein gewisser Armer mit Namen Lazarus, der mit Eiterbeulen vor dessen Torhalle daniederlag und nur begehrte, sich von den Abfällen zu sättigen, die vom Tisch des Reichen fielen. Es kamen jedoch die streunenden Hunde und leckten seine Eiterbeulen. Dann geschah es, dass der Arme starb und von Boten fortgebracht wurde - in Abrahams Schoß. Aber auch der Reiche starb und wurde begraben. Als er im Ungewahrten in Qualen war und seine Augen aufhob, sah er Abraham von ferne und Lazarus in dessen Schoß« (Verse 19-23).

  Wieder wussten die Pharisäer sich persönlich angesprochen, als sie mit nahezu den gleichen Worten Jesu wie beim Gleichnis vom ungerechten Verwalter von einem gewissen reichen Mann hörten, mithin von dem bevorzugten Volk Israel, dessen würdevollen Vertreter sie waren.

  Der Reiche kleidete sich in königlichen Purpur und priesterlichen Batist (eine feine Leinwand). Das durch diese Kleidung genau bezeichnete Volk war Israel, das Volk von Königen und Priestern (1.Pet.2:9); und wir - davon waren die Pharisäer überzeugt - repräsentieren es. »Priester Jewes« werden sie genannt werden (Jes.61:6). Durch Mose hatten sie das Wort Jewes vernommen: »Und ihr, ihr sollt für Mich ein königliches Priestertum (oder: eine regierende Priesterschaft) und eine heilige Nation werden« (2.Mose 19:6). Über die ganze Erde werden sie herrschen (5.Mose 28:1,13; Jes.2:2,3; 60:3,5,12; Dan.2:44; 7:14).

  Zum Volk gehörten allerdings auch die Armen. Was hatten die Pharisäer über sie gesagt? Dies: »Glaubt etwa jemand von den Oberen oder von den Pharisäern an Ihn (Jesus)? Nein, nur dieser Pöbel, der das Gesetz nicht kennt - verwünscht sind sie!« (Joh.7:48,49).

  Der arme Lazarus und auch der reiche Mann starben. Das heißt: das ganze Israel wird sterben, und zwar als Nation. Eine Reihe einzelner Juden wird unter den anderen Völkern weiterleben. Schon Mose hatte Israel gesagt, dass sie einmal unter alle Nationen zerstreut werden würden (5.Mose 28:37,64). Israel werde zu einer Leiche werden (5.Mose 28:26).

  Aber die Juden sind doch Abrahams Kinder! Also kommen sie doch - wenigstens die frommen Pharisäer - in das Königreich! Diesem Irrtum wehrte schon Johannes der Täufer:»Meint nur nicht, ihr könntet bei euch selbst sagen: Wir haben Abraham zum Vater« (Mat.3:9). Dem Zorn Gottes entrinnt man nur, wenn man Frucht bringt, würdig der Umsinnung (Mat.3:7,8; vgl. Mat.8:11,12).

  Es fällt auf, dass Jesus mit dem armen Lazarus den Zuspruch verband, dass jener in Abrahams Schoß gebracht wurde. Da Abraham der Vater aller Glaubenden ist (1.Mose 15:6; Röm.4:3,12,16), ist der Arme hierdurch als gläubig beschrieben.

  Der Arme und der Reiche waren im Ungewahrten (oder: Ungewahrbaren; von a-idês, unwahrnehmbar, hebr. Scheol), mit einem abstrakten Begriff frei ausgedrückt: im Totenreich, das man nicht wahrnehmen kann, ebenso wie man die Toten nicht wahrnehmen kann. Auch unser Herr Jesus war im Ungewahrbaren (Ps.16:10; Ap.2:27,31). Eine Hölle gibt es nach der Heiligen Schrift nicht, weder den Begriff noch die Sache.

  Auch die Toten selbst nehmen nichts wahr. Auch Abraham nicht, weil er ja tot ist. Die Schrift sagt: »Abraham weiß nichts von uns« (Jes.63:16).

  Israel als Nation wird demgemäß ins Unwahrnehmbare hinabgestoßen werden. Und so kam es auch: Es war vom Jahr 70 n. Chr. bis 1948 nicht zu sehen. In der Zeit dazwischen, ja noch bis heute - das Israel in Purpur und Batist ist immer noch im Ungewahrbaren -, macht der Judenhass einzelnen Juden jeden Tag zur Qual, wie Mose es angekündigt hatte: »Und unter den Nationen kommst du nicht zur Ruhe, und deine Fußsohle wird keinen Rastplatz finden. Und Jewe gibt dir dort ein bebendes Herz, erlöschende Augen und eine verschmachtende Seele. Und deine Organe machen sich dir bewusst, und du ängstigst dich nachts und tags, und kein Vertrauen hast du in deine Organe. Am Morgen sprichst du: Wäre es doch Abend!, und am Abend sprichst du: Wäre es doch Morgen! - aufgrund der Angst, ja der Angst deines Herzens und aufgrund dessen, was deine Augen sehen, ja sehen müssen« (5.Mose 28:65-67; siehe auch Verse 15-68).

  Jesus musste nicht befürchten, wegen einer Irrlehre über den Zustand der Toten von den Pharisäern angeklagt zu werden, als Er davon sprach, dass der tote Reiche den Abraham und den Lazarus sah - was Tote ja nicht können -, weil sie alle wussten, dass sie einem Gleichnis lauschten.

  Das Zeugnis der Schrift über die buchstäblich Toten ist: Der Tod ist die Umkehrung des Schöpfungsprozesses, von dem wir in 1.Mose 2:7 lesen: »Dann formte Jewe Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase, und der Mensch wurde eine lebende Seele.« Ein Körper und der Geist Gottes zusammen machen erst den Menschen aus, verleihen ihm Leben, sodass er eine Seele hat; sie ist das Bewusstsein.

  Der Tod nun ist Rückkehr: »Und der Staub kehrt zur Erde zurück, so wie er gewesen, und der Geist kehrt zu Elohim zurück, der ihn gab« (Pred.12:7; vgl. Ps.104:29; Hiob 34:15).

  Tote haben kein Bewusstsein: »Die Toten wissen gar nichts ... sie haben für äonisch keinen Anteil mehr an allem, was unter der Sonne geschieht. ... Alles, was deine Hand in deiner Kraft zu tun findet, das tue, denn es gibt weder Werke noch Berechnung, weder Erkenntnis noch Weisheit im Scheol, wohin du gehst« (Pred.9:5,6,10). König David sang: »Im Tode gedenkt man Deiner nicht; wer huldigt Dir (Jewe) im Ungewahrten?« (Ps.6:6; vgl. Ps.115:17; 146:4).

  Der Todeszustand kann übrigens mit dem des Schlafs verglichen werden, wie unser Herr es tat (Dan.12:13; Mat.9:24).

  Aber in unserem Schriftabschnitt geht es gar nicht um den Todeszustand. Wir haben dem nachzuspüren, was das Gleichnis sagen will. In einer Parabel können Tote selbstverständlich reden, wie zum Beispiel auch die Bäume in Jothams Fabel (Rich.9:7-20,57).

 

»Sende Lazarus!«

 

  »Da rief er (der reiche Mann im Ungewahrten): Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers in Wasser tauche und mir die Zunge kühle, denn ich leide Schmerzen in dieser Flamme. - Aber Abraham antwortete: Kind, erinnere dich daran, dass du dein Gutes während deines Lebens erhieltest und Lazarus gleicherweise das Üble; nun aber wird ihm hier zugesprochen, während du Schmerzen leidest. Zu diesem allen ist zwischen uns und euch eine große Kluft festgelegt, damit die, die von hier zu euch hinüberschreiten wollen, es nicht können, auch nicht die, die von dort zu uns herüberfahren möchten« (Verse 24-26).

  Zwischen den Gläubigen und den Ungläubigen besteht ein unvermischbarer Unterschied: die einen sind in Christus, die anderen in Adam (1.Kor.15:22,47,48). Beide müssen zwar die Judenverfolgungen erleiden, dem Gläubigen aber wird durch das Wort Gottes zugesprochen - dargestellt durch die Geborgenheit in Abrahams Schoß -, die anderen spüren nur die Schmerzen in der Flamme des Judenhasses.

  In der Bibel steht der Begriff Feuer - wenn er bildlich gebraucht wird - für Drangsale und Leiden. Israel war im Schmelzofen Ägyptens gewesen (5.Mose 4:20). Der Zorn Gottes ist ein verzehrendes Feuer (5.Mose 4:24; 9:3; 29:19; Nahum 1:6; Heb.12:29).

 

Sie werden sich auch von einem Auferstandenen nicht überzeugen lassen

 

  »Da rief er (der Reiche): Dann ersuche ich dich, Vater, ihn (Lazarus) in das Haus meines Vaters zu senden - denn ich habe fünf Brüder -, damit er ihnen davon Zeugnis gebe, auf dass sie nicht auch an diesen Ort der Qual kommen. - Abraham antwortete ihm: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören! - Da rief er: Nein, Vater Abraham, doch wenn jemand von den Toten zu ihnen ginge, werden sie umsinnen. - Er aber antwortete ihm: Wenn sie nicht auf Mose und die Propheten hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand aus den Toten aufersteht« (Verse 27-31).

  Und so war es auch, als unser Herr Jesus Christus in jenen Tagen Lazarus von Bethanien aus den Toten auferweckte (Joh.11:1-45). Diese Tatsache änderte überhaupt nichts an der Haltung der Pharisäer; sie beschlossen, Jesus zu töten (Joh.11:46-53). Und nicht allzu lange darauf schrie eine Menge Volkes: »Kreuzige Ihn!«

 

 

»Wann kommt das Königreich Gottes?«

(Lukas 17:1-18:17)

 

  »Weiter sagte Er zu Seinen Jüngern: Es ist undenkbar, dass keine Fallstricke kommen; indessen, wehe jenem Menschen, durch den sie kommen! Zuträglicher wäre es für ihn, wenn ihm ein Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geschleudert würde, als dass er einem dieser Kleinen Anstoß gibt. Gebt auf euch selbst Acht!« (Verse 1-3 a).

  Wer als Jünger Jesu einem Bruder, einem dieser Kleinen, im Glauben nicht Gefestigten, zum Fallstrick wird, zum Anlass für eine Verstrickung in eine Sünde, für den wäre es im Gericht besser, dass seinem Treiben ein baldiges Ende gemacht würde. Gib daher Acht auf dich selbst! Hüte dich!

  Sogar Petrus hatte schon erfahren müssen, dass er dem Herrn zum Fallstrick werden konnte, als er Ihn von Seinem Leidensweg abhalten wollte und Jesus ihm entgegnete: »Geh hinter Mich, Satan! Du bist Mir ein Fallstrick! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern das, was menschlich ist« (Mat.16:23). In der Gemeinde zu Pergamus wird es welche geben, »die sich an die Lehre Bileams halten, der Balak lehrte, vor den Augen der Söhne Israels einen Fallstrick zu werfen, nämlich Götzenopfer zu essen und zu huren« (Off.2:14). Mögen die Gläubigen einander nicht durch Irrlehren und schlechtes Benehmen zum Straucheln bringen. Darum: «Gebt Obacht auf euch selbst, damit ihr nicht das verliert, was ihr bereits erwirkt habt, sondern den vollen Lohn erhaltet« (2.Joh.8).

  Sehr ernste Worte mussten die Gläubigen aus Israel gemäß dem Evangelium der Beschneidung hören! Mögen sie aber auch uns, die wir nach dem dem Apostel Paulus enthüllten Evangelium der Unbeschnittenheit (Gal.1:12; 2:7) in der überströmenden Gnade stehen, zur Ermahnung dienen.

 

Ermahnen und vergeben

 

  Jesus setzte Seine Rede fort.

  »Wenn nun dein Bruder sündigt, so verwarne ihn; und wenn er umsinnt, vergib ihm! Selbst wenn er am Tag siebenmal an dir sündigt und siebenmal zu dir zurückkehrt und sagt: Ich sinne um -, so sollst du ihm vergeben« (Verse 3 b+4).

  Schon Mose sagte, dass man seinen Nächsten ernstlich zurechtweisen soll, damit man nicht seinetwegen Schuld trage (3.Mose 19:17). Bei dem Begriff »Bruder« kann man zwar auch an jeden jüdischen Volksgenossen denken, es dürfte aber ein Bruder im Glauben gemeint sein, der zu verwarnen ist.

  Die Handlungsweise, den Glaubensgeschwistern unter der Bedingung der Umsinnung gar siebenmal zu vergeben, entspricht dem Evangelium der Beschneidung, wonach Gott im Falle der Sinnesänderung die Sünden erlässt (Jes.55:7; Luk.3:3; Ap.2:38: 3:19). Die Zahl sieben steht für geistliches Verhalten und Vollendung.

  Wir, die Glieder des Körpers Christi (Eph.1:22,23), sind übrigens ohne Umsinnung von allen Sünden gerechtfertigt, allein durch Glauben (Röm.3:28), in unvermischter Gnade. Auch wir ermahnen einander (1.Kor.5:6,13; Kol.3:16; 1.Thess.5:14).

 

Glauben wie ein Senfkorn

 

  »Da sagten die Apostel zum Herrn: Verleihe uns mehr Glauben! - Der Herr aber antwortete: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, würdet ihr diesem Schwarzmaulbeerbaum gebieten: Entwurzele dich und verpflanze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen« (Verse 5+6).

  Den Aposteln wird bewusst geworden sein, dass es leichter ist zu sagen: Sei geheilt!, als siebenmal zu vergeben. Mithin brauchten sie einen gereiften Glauben. So wandten sie sich an den Urheber und Vollender des Glaubens, Jesus (Heb.12:2).

  Der Herr verhieß ihnen: Selbst wenn ihr Glaube so klein sein sollte wie der kleinste der Samen - das ist etwas anderes als der Kleinglaube, der Gott wenig zutraut (Mat.17:20) - wird das, was sie gebieten, geschehen. Nach Johannes 14:12 werden sie sogar in den Kräften des zukünftigen Äons (Heb.6:5), des tausendjährigen Königreichs Israels, noch größere Werke als Jesus vollbringen. Alles, was sie dem Willen Gottes gemäß erbitten, werden sie erhalten (1.Joh.5:14; 4:22).

 

Was ein Sklave zu tun schuldet

 

  Ferner sagte Jesus zu Seinen Jüngern:

  »Wer von euch, der einen Sklaven beim Pflügen oder Hirten hat, wird ihm, wenn er vom Feld hereinkommt, gebieten: Komm sofort herbei und lass dich zu Tisch nieder! - Sondern wird er ihm nicht gebieten: Bereite mir zu, was ich als Mahlzeit haben soll! Umgürte dich und bediene mich, bis ich gegessen und getrunken habe; danach kannst auch du essen und trinken. - Hat er etwa Dank für den Sklaven, dass er die Anordnungen ausgeführt hat? Ich meine nicht! So auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch angeordnet war, dann sagt: Wir sind unbrauchbare Sklaven, wir haben nur getan, was wir zu tun schuldig waren« (Verse 7-10). Sehr wohl vergilt Gott jedem nach seinen Werken (Mat.25:13-30; Luk.19:11-27). Hier aber geht es nur um den einen Aspekt, nämlich des selbstlosen Dienens, zudem ohne stolz darauf zu sein. Was haben wir denn aufzuweisen, das wir nicht von Gott erhalten hätten (1.Kor.4:7)? Wir Sklaven Christi sollten uns fragen, ob wir denn überhaupt in all den Werken, die Gott für uns vorherbereitet hatte, gewandelt sind (Eph.2:10)! Hören wir noch das Bekenntnis des Paulus: »Wenn ich das Evangelium verkündige, so gibt mir das keinen Grund zum Rühmen, weil es eine mir auferlegte Notwendigkeit ist« (1.Kor.9:16). »Ich pflanze, Apollos tränkt, doch Gott lässt es wachsen. Daher ist weder der Pflanzende noch der Tränkende etwas, sondern der es wachsen lässt, nämlich Gott« (1.Kor.3:6,7). Was sind wir zu tun schuldig? Unserem Herrn Jesus Christus zu gehorchen, Seine Anordnungen auszuführen. Ist es etwas Außergewöhnliches und besonders Dankenswertes, zu tun, was man ohnehin tun muss?

 

Die Heilung der zehn Aussätzigen

 

  »Auf Seinem Gang nach Jerusalem zog Er auch mitten durch das Gebiet zwischen Samaria und Galiläa. Als Er dort in ein Dorf hineinkam, begegneten Ihm zehn aussätzige Männer, die weit von Ihm entfernt stehen blieben. Sie erhoben ihre Stimme und riefen: Jesus, Meister, erbarme Dich unser! - Als Er sie gewahrte, gebot Er ihnen: Geht hin und zeigt euch den Priestern! - Während sie dann hingingen, wurden sie gereinigt. - Einer von ihnen aber kehrte um, als er gewahrte, dass er geheilt war; er verherrlichte Gott mit lauter Stimme, fiel auf sein Angesicht Ihm zu Füßen und dankte Ihm. Und er war ein Samariter. Als Antwort sagte Jesus: Sind nicht alle zehn gereinigt worden? Wo sind denn die neun? Hat sich sonst keiner gefunden, der umgekehrt ist, um Gott Verherrlichung zu geben, außer diesem Ausländer? - Dann sagte Er zu Ihm: Steh auf und geh hin! Dein Glaube hat dich gerettet« (Verse 11-19).

  Jesus befand Sich Anfang des Jahres 32 n. Chr. auf dem Weg nach Jerusalem, damit alles, was bei den Propheten über Ihn geschrieben steht, vollendet werde (Luk.13:22; 18:31).

  Die zehn Aussätzigen (oder: Leprakranken) standen dem Gesetz gemäß weitab (3.Mose 13:46). Nach ihrer Heilung hatten sie sich den Priestern zu zeigen (3.Mose 13:23; 14:2). Dies war ein gewaltiges Zeugnis jenen gegenüber, dass Jesus der Messias ist.

  Nur einer kehrte, als er sich geheilt sah, noch auf dem Weg um, um Jesus zu danken, ausgerechnet ein Samariter, ein Mann aus dem Mischvolk, das bei den Juden verhasst war (2.Kön.17:24-41). Sein Glaube rettete ihn für das Leben im Königreich.

  Warum dankten die neun Juden nicht? Nun, ebenso wie das gesamte Volk meinten sie als Angehörige des ausersehenen Volkes, ein Anrecht auf Gottes Eingreifen zu haben. Sollten sie für etwas danken, was ihnen sowieso zusteht? - Und so versäumten sie das Elementarste, nämlich Gott Verherrlichung zu geben.

 

Das Königreich ist in euch

 

  »Als Er von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Königreich Gottes?, antwortete Er ihnen: Das Königreich Gottes kommt nicht so, dass man es durch Aufpassen wahrnehmen könnte, noch wird man es ansagen: Siehe hier! oder: Siehe dort! Denn siehe, das Königreich Gottes ist in eurem Inneren« (Verse 20+21).

  Das Königreich kommt nicht wie mit einem großen, weltweit sichtbaren Triumphzug - und zwar jetzt nicht, sondern die Königsherrschaft Gottes beginnt in den Herzen der Glaubenden.

  Das griechische Wort basileia bedeutet sowohl Königreich, Königswürde und Königtum als auch Königsherrschaft (oder: Regentschaft). Deshalb ist bei diesem Begriff stets zu überlegen, ob es sich um die sichtbare Herrschaft eines Staates oder die unsichtbare Herrschaft Gottes im Herzen handelt (siehe Stichwortkonkordanz zum Konkordanten Neuen Testament, Seite 506).

  Das sichtbare Gottesreich wäre nur eine halbe Sache, wenn es nicht von Menschen, in deren Herzen der König Jesus herrscht, mitgetragen würde. Mögen die Zuhörer Jesu Ihn als ihren Herrn annehmen, mit anderen Worten: mögen sie durch Glauben und die Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden (Luk.3:3) von neuem geboren werden, von oben her; mögen sie aus dem Geist gezeugt werden (Joh.3:3,8).

 

Wie der Blitz

 

  »Zu Seinen Jüngern aber sagte Er: Es werden Tage kommen, wenn ihr begehren werdet, einen der Tage des Sohnes des Menschen zu gewahren, doch ihr werdet ihn nicht sehen. Man wird euch ansagen: Siehe dort! oder: Siehe hier! - Geht nicht hin, auch lauft ihnen nicht nach! Denn so wie der Blitz von hier unter dem Himmel aufblitzt und bis nach dort unter dem Himmel aufleuchtet, so wird es auch mit dem Sohn des Menschen an Seinem Tag sein. Zuerst aber muss Er viel leiden und von dieser Generation verworfen werden« (Verse 22-25).

  Am Tag Jesu, am Tag Seiner Wiederkunft zu Israel, werden Ihn alle sehen, so wie ein Blitz von allen wahrgenommen wird. Niemand muss sich an irgendeinen Ort begeben, um Ihn sehen zu können, falschen Propheten folgend und von bösen Geistern irregeführt (1.Joh.4:1). Mit dem Blitz erklärte Jesus ausdrücklich, dass das Königreich plötzlich kommen werde.

  Seinen Jüngern aber, die um Ihn waren, teilte Er mit, dass sie während ihrer Lebenszeit Seinen Tag nicht sehen werden, so sehr sie sich auch danach sehnen sollten, etwa unter Drangsalen.

 

Wie in früheren Tagen

 

  Jesus sprach weiter: »Wie es in den Tagen Noahs war, so wird es auch in den Tagen des Sohnes des Menschen sein. Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche hineinging und die Überflutung kam und sie alle umbrachte. Es geschah in gleicher Weise wie in den Tagen Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten. Aber an dem Tag, als Lot aus Sodom hinausging, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um. In derselben Weise wird es an dem Tag geschehen, wenn der Sohn des Menschen enthüllt wird« (Verse 26-30).

  Dem Kommen Jesu geht das Gericht über Israel voraus, denn ungläubige Juden können nicht das auserwählte Volk bilden, das allen Völkern zum Segen ist.

  »... wenn der Sohn des Menschen enthüllt wird«, heißt es in Vers 30. Dies geschieht in der siebenjährigen Endzeit, die insbesondere im Buch der Enthüllung Jesus Christi, gewöhnlich Offenbarung des Johannes genannt, beschrieben wird.

  Ganz plötzlich wird das Gericht beginnen, wie in den Tagen Noahs (1.Mose 6:11-13) und Lots (1.Mose 19:15).

 

Niemand wende sich zurück

 

  Wir hören weiter: »Wer an jenem Tag auf dem Flachdach sein wird und seine Geräte im Haus hat, der steige nicht erst hinab, um sie mitzunehmen; gleicherweise, wer auf dem Feld ist, wende sich nicht nach dem um, was hinten ist. Denkt an Lots Frau! Wer sich seine Seele anzueignen sucht, wird sie verlieren; wer sie aber verliert, wird sie zum Leben zeugen« (Verse 31-33).

  Wenn der Antichristus, das wilde Tier, der Mensch der Gesetzlosigkeit, in der Mitte des letzten Jahrsiebeners den Gräuel der Verödung im Tempel aufrichtet (Dan.9:27; Mat.24:15-18; 2.Thess.2:4), dann sollen die in Judäa in höchster Eile in die Berge der Wüste Juda fliehen und nichts mitnehmen, denn der Herr wird sie dort versorgen (Off.12:6,14). Wer an seinem Besitz hängt oder sich danach zurücksehnt - wie Lots Frau (1.Mose 19:17,26) -, wird seine Seele nicht in das Königreich hineinbringen können. Sollte aber jemand sonstwo auf der Welt um seiner Treue zu Jesus willen getötet werden und somit seine Seele verlieren, so wird er sie für das äonische Leben retten.

Wie in früheren Tagen

 

  Jesus sprach weiter: »Wie es in den Tagen Noahs war, so wird es auch in den Tagen des Sohnes des Menschen sein. Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche hineinging und die Überflutung kam und sie alle umbrachte. Es geschah in gleicher Weise wie in den Tagen Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten. Aber an dem Tag, als Lot aus Sodom hinausging, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um. In derselben Weise wird es an dem Tag geschehen, wenn der Sohn des Menschen enthüllt wird« (Verse 26-30).

  Dem Kommen Jesu geht das Gericht über Israel voraus, denn ungläubige Juden können nicht das auserwählte Volk bilden, das allen Völkern zum Segen ist.

  »... wenn der Sohn des Menschen enthüllt wird«, heißt es in Vers 30. Dies geschieht in der siebenjährigen Endzeit, die insbesondere im Buch der Enthüllung Jesus Christi, gewöhnlich Offenbarung des Johannes genannt, beschrieben wird.

  Ganz plötzlich: »Wer an jenem Tag auf dem Flachdach sein wird und seine Geräte im Haus hat, der steige nicht erst hinab, um sie mitzunehmen; gleicherweise, wer auf dem Feld ist, wende sich nicht nach wird das Gericht beginnen, wie in den Tagen Noahs (1.Mose 6:11-13) und Lots (1.Mose 19:15).

 

Niemand wende sich zurück

 

  Wir hören weiter dem um, was hinten ist. Denkt an Lots Frau! Wer sich seine Seele anzueignen sucht, wird sie verlieren; wer sie aber verliert, wird sie zum Leben zeugen« (Verse 31-33).

  Wenn der Antichristus, das wilde Tier, der Mensch der Gesetzlosigkeit, in der Mitte des letzten Jahrsiebeners den Gräuel der Verödung im Tempel aufrichtet (Dan.9:27; Mat.24:15-18; 2.Thess.2:4), dann sollen die in Judäa in höchster Eile in die Berge der Wüste Juda fliehen und nichts mitnehmen, denn der Herr wird sie dort versorgen (Off.12:6,14). Wer an seinem Besitz hängt oder sich danach zurücksehnt - wie Lots Frau (1.Mose 19:17,26) -, wird seine Seele nicht in das Königreich hineinbringen können. Sollte aber jemand sonstwo auf der Welt um seiner Treue zu Jesus willen getötet werden und somit seine Seele verlieren, so wird er sie für das äonische Leben retten.

 

»... dort versammeln sich auch die Geier«

 

  »Ich sage euch: In jener Nacht werden zwei auf einem Lager sein, der eine wird mitgenommen und der andere zurückgelassen werden. Von zwei am selben Mühlstein Mahlenden wird die eine mitgenommen, die andere aber zurückgelassen werden. [Vers 36 nicht im Grundtext.] Als Antwort sagten sie zu Ihm: Wo, Herr? - Er aber erwiderte ihnen: Wo ein Körper ist, dort werden sich auch die Geier versammeln« (Verse 34-37).

  Bei der Wiederkunft Jesu zu Israel werden der eine und die eine im Ausland zurückgelassen werden, der andere und die andere aber von Boten (Engeln) in das verheißene Land mitgenommen werden, wie in Matthäus 24:31 zu lesen: »Alsdann wird Er (Jesus) Seine Boten mit lautem Posaunenton aussenden, und sie werden Seine Auserwählten von den vier Winden her versammeln, vom äußersten Ende der Himmel an bis wieder zu ihrem äußersten Ende.«

  Wo geschieht das Gericht? In der ganzen Welt, insbesondere aber in Israel. Alle werden genau wissen wo, ebenso wie man weiß, dass dort, wo sich die Geier ansammeln, ein Leichnam oder Aas liegt. Es ist auch daran zu denken, dass die versammelten Nationen in der Endzeit wie Raubvögel auf Israel stürzen werden. Mose sprach von einer Nation, die Israel wie ein Geier auffressen wird (5.Mose 28:49-57; vgl. Hos.8:1-3; Off.16:14). Man darf deshalb daran denken, weil das hebräische Wort für Körper oder Leib (GUIE; punktiert GöWiJaH) eng mit dem Wort für Nation (GUI; punktiert GOJ) verwandt ist. Der Körper ist einer Nation von Zellen vergleichbar. - Vielleicht ist aber auch ganz anders zu fragen, nämlich: Wohin werden die Treuen mitgenommen? Dorthin, wo der Körper, wo Israel ist, wo Jesus bei Seiner Anwesenheit körperlich ist.

 

Das Gleichnis vom ungerechten Richter

 

  »Dann erzählte Er ihnen ein Gleichnis dafür, dass sie allezeit beten müssten und nicht entmutigt sein. Er sagte: In einer Stadt war ein Richter, der Gott nicht fürchtete und sich vor keinem Menschen scheute. Da war auch eine Witwe in jener Stadt, die zu ihm kam und bat: Verschaffe mir doch Recht vor meinem Prozessgegner! - Eine Zeitlang wollte er nicht, danach aber dachte er bei sich: Wenn ich auch Gott nicht fürchte und mich vor keinem Menschen scheue, so werde ich dieser Witwe doch Recht verschaffen, weil sie mir Mühe verursacht, damit sie nicht zum Abschluss kommt und mich ins Gesicht schlägt. - Weiter sagte der Herr: Hört, was der ungerechte Richter sagt! Sollte nun Gott nicht auch Seinen Auserwählten Recht verschaffen, die Ihn Tag und Nacht um Hilfe anrufen? Und Er hat Geduld mit ihnen. Ich sage euch: In Schnelligkeit wird Er ihnen Recht verschaffen. Indessen, wird wohl der Sohn des Menschen bei Seinem Kommen den Glauben auf Erden finden?« (Luk.18:1-8).

  Es steht völlig außer Frage, dass Gott in der Endzeit in den Drangsalen unter dem Antichristus Tag und Nacht auf den gläubigen Überrest Israels bedacht ist und ihnen alles zum Besten zusammenwirkt (vgl. Röm.8:28). Die Aufdringlichkeit jener Witwe haben sie nicht nötig. Ihr Vater in den Himmeln weiß doch, was sie brauchen (Mat.6:7,8). Mögen sie Gottes Gebote halten, das Ihm Wohlgefällige tun und Seinem Willen gemäß beten, und sie werden empfangen, was sie erbitten (1.Joh.3:22; 5:14; Joh.14:14; Mark.11:24).

  Der Satz: »Und Er hat Geduld mit ihnen« in Vers sieben ist schwer verständlich, dürfte aber seine Erklärung in 2.Petrus 3:9 finden: »Der Herr ist nicht säumig mit der Verheißung ..., sondern Er hat Geduld um euretwillen, da Er nicht beabsichtigt, dass einige umkommen, sondern dass alle für die Umsinnung Raum machen.«

  Indessen, wird der Herr in der Endzeit noch Glauben vorfinden? - Dies war und ist ein Appell an die Hörer und Leser dieses Wortes, Ihm uneingeschränkt zu glauben, Ihm zu vertrauen und Ihm treu zu sein. Die Heiligen sollen sich nicht entmutigen lassen. Denn Jesus kommt in Schnelligkeit (Off.22:6,7), Seine Hilfe und Rettung ebenso. Dabei müssen sie um das Wort in Hebräer 10:36 und 37 wissen: »Ihr habt Ausdauer nötig, damit ihr nach Erfüllung des Willens Gottes die Verheißung davontragt. Denn noch eine Weile, eine kleine Weile, und der Kommende wird eintreffen und nicht ausbleiben.«

 

Das Gleichnis von dem Pharisäer und dem Zöllner

 

  »Einigen, die von sich selbst überzeugt waren, dass sie gerecht seien, und die alle Übrigen für nichts hielten, erzählte Er dieses Gleichnis: Zwei Männer gingen zur Weihestätte hinauf, um zu beten. Der eine war ein Pharisäer und der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand da und betete dies zu sich selbst: Gott , ich danke Dir, dass ich nicht so wie die übrigen Menschen bin, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal am Sabbat und verzehnte alles, was ich erwerbe. - Der Zöllner aber stand von ferne und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug an seine Brust und sagte: Gott, sei mir Sünder versühnt! - Ich sage euch: Dieser ging vor jenem gerechtfertigt in sein Haus hinab; denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden« (Verse 9-14).

  Der Pharisäer betete zu sich selbst - wie wahr, da Gott Seine Augen vor solchen Betern verhüllt (Jes.1:15). Dass er zweimal des Sabbats fastete, besagt, dass er dies in den beiden Sabbathälften, der Nachthälfte und der Taghälfte, tat.

  Wo auch immer der Zöllner stand, er sah den Rauch der Sündopfer aus der Weihestätte zu Gott aufsteigen und begriff die Wahrheit von der Versühnung. »Gott, sei mir Sünder versühnt!« - Wo sonst fand man damals in Israel ein solch treffliches Gebet der Erkenntnis der Sünde und der Versühnung? (Es ist dem Esras vergleichbar; Esra 9:6). Und er empfing Gnade von Gott. Denn »Gott widersetzt Sich den Stolzen, den Demütigen aber gibt Er Gnade« (Jak.4:6; 1.Pet.5:5; Spr.3: 34).

  Jesus erzählte diese Parabel auch deshalb, weil Er das große Sündopfer werden sollte, das Lamm, das der Welt Sünde auf Sich nimmt (Joh.1:29).

  Der Zöllner war von Gott für gerecht erklärt worden. Dies war aber keine Rechtfertigung allein durch Glauben und damit allein in der Gnade (Röm.3:28; 4:16). Die Rechtfertigung aus Glauben und Umsinnung (oder aus Glauben und Werken; Jak.2:24) gründete sich auf ein Sündopfer und war nicht bleibend, sondern musste im Falle einer erneuten Verfehlung erneut erlangt werden. Es war praktisch Vergebung von Fall zu Fall. - Wir dagegen, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23), sind nach dem dem Paulus enthüllten Evangelium (Gal.1:12; 2:7) von Glaubensanfang an ein für allemal gerechtfertigt, das heißt für gerecht erklärt, ebenso wie wir ein für allemal zusammen mit Christus starben und auferweckt wurden (Röm.6:6,10,11).

 

Wie ein kleines Kind

 

  »Dann brachte man auch die neugeborenen Kinder zu Ihm, damit Er sie anrühre. Als die Jünger das gewahrten, schalten sie die Leute. Jesus aber rief sie zu Sich und sagte: Lasst die kleinen Kinder zu Mir kommen und verwehrt es ihnen nicht, denn für solche ist das Königreich da. Wahrlich, Ich sage euch: Wer das Königreich Gottes nicht annimmt wie ein kleines Kind, kann keinesfalls in dasselbe eingehen« (Verse 15-17).

  Jesus sollte die kleinen Kinder segnend anrühren. Seine Jünger meinten aber, dass ihr Herr und Meister Sich mit Unmündigen nicht abgeben sollte. Jesus ist aber für alle da.

  Nur wer glaubt wie ein Kind, nämlich in Herzenseinfalt und Lauterkeit auf Christus ausgerichtet (vgl. 2.Kor.11:3) und Gott völlig vertrauend, ohne Gedanken der Selbstgerechtigkeit, nur der kann in das Königreich Israels eingehen. Damit ist  die unabdingbare Grundhaltung des Herzens beschreiben. Weiteres ist hier nicht angesprochen, etwa dass der Glaube durch edle Werke bestätigt werden muss (2.Pet.1:10,11).

 

 

Vom Reichtum und dem Oberzöllner Zachäus

(Lukas 18:18-19:27)

 

  »Dann fragte Ihn ein Oberer: Guter Lehrer, was soll ich tun, damit mir äonisches Leben zugelost werde? - Jesus aber antwortete ihm: Was nennst du Mich gut? Niemand ist gut außer dem Einen: Gott. Du weißt die Gebote: Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht morden, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch zeugen, ehre deinen Vater und deine Mutter!« (Verse 18-20).

  Es ist typisch für einen Juden, dass er danach fragt, was er tun soll (Röm.9:32). Und es ist ja auch gar nicht falsch, edle Werke zu tun, wie Mose es sagt: »Siehe, ich habe dir heute das Leben und das Gute vorgelegt und den Tod und das Böse, indem ich dir heute gebiete, Jewe, deinen Elohim, zu lieben, auf Seinen Wegen zu gehen und Seine Gebote, Seine Satzungen und Seine Rechtsbestimmungen zu bewahren, sodass du lebst und dich mehrst und Jewe, dein Elohim, dich segnet in dem Land, wohin du kommst, um es zu besitzen« (5.Mose 30:15,16). Auch der Apostel Paulus bekräftigt: »Wer alle Gebote erfüllt, wird in ihnen leben« (Gal.3:12; 3.Mose 18:5; vgl. Röm.2:7). Aber es gibt keinen solchen Menschen. »Es gibt keinen Gerechten, auch nicht einen!« (Röm.3:10).

  Das Grundlegende und Entscheidende ist der Glaube. Die edlen Werke haben den Glauben nur zu bestätigen (2.Pet.1:10,11; Jak.2:24). Jesus nannte einige Gebote - und zwar fürs Erste, denn im weiteren Gesprächsverlauf sollte sich noch einiges herausschälen - wohlwissend um das, was Paulus später so ausdrückte: »Wenn ein Gesetz gegeben wäre, das lebendig machen könnte, dann käme die Gerechtigkeit wirklich aus dem Gesetz. Die Schrift schließt jedoch alle zusammen unter  die Sünde ein, damit die Verheißung aus dem Glauben Jesu Christi denen gegeben werde, die glauben« (Gal.3:21,22). - Mit diesem Zitat berühren wir das dem Paulus für uns heute enthüllte Evangelium, wonach man allein durch Glauben und damit in nicht mit Werken vermischter Gnade gerechtfertigt und für das Leben in den zukünftigen Äonen gerettet wird (Röm.3:24,28; 4:16). - Doch zurück zu Israel, das Glauben und edle Werke erbringen muss.

  Warum wies Jesus die Eigenschaft »gut« von Sich und schrieb sie allein Seinem Gott und Vater zu (Mat.19:17; Mark.10:18)? Weil Er alle Ehre Seinem Vater, der Quelle von allem, auch Seiner eigenen Gutheit, geben wollte. Ja, »Jewe ist gut, für äonisch währt Seine Gnade« (Ps.100:5). »Gott ist Liebe« (1.Joh.4:8). Und weil das äonische Leben auch am Halten der Gebote hängt und das Urteil darüber unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit und eben nicht der Gutheit, welche Milde und Nachsicht einschließt, von Jesus, dem gerechten Richter, gesprochen wird. Auch deshalb war es nicht passend, Ihn mit »gut« anzureden.

 

»Eins fehlt dir noch«

 

  Hören wir nun die Antwort des Oberen hinsichtlich des Haltens der Gebote.

  »Da entgegnete er: Dies alles habe ich von meiner Jugend an bewahrt. - Als Jesus das hörte, sagte Er zu ihm: Eins fehlt dir noch: Verkaufe alles, was du erworben hast, verteile den Erlös an die Armen, und du wirst einen Schatz in den Himmeln haben; dann komm herzu und folge Mir! - Der aber wurde tief betrübt, als er dies hörte; denn er war überaus reich« (Verse 21-23).

  Der Obere hatte viele Grundstücke erworben, die über das ihm nach dem Gesetz zugefallene Losteil hinausgingen (4.Mose 33:54). Und davon wollte er nicht lassen. Er liebte seinen Reichtum und nicht das Wohlergehen der Armen. Er beachtete auch das Wort Jesu nicht. So zeigte sich, dass es ihm an der Liebe zu Gott und der Liebe zum Nächsten mangelte. Er hielt die Grundgebote also nicht, die da lauten: »Höre, Israel, Jewe, unser Elohim, ist einzig. Und du sollst Jewe, deinen Elohim, lieben mit deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Seele und mit all deiner Kraft« (5.Mose 6:4,5). »Und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3.Mose 19:18).

  Im Übrigen war jetzt an Jesus zu glauben und Ihm nachzufolgen, denn Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh.14:6); Er ist der Weg zum Vater und zum äonischen Leben.

 

Reichtum ist ein Hindernis

 

  Jesus nutzte die Gelegenheit, um etwas Grundsätzliches über die Reichen zu sagen.

  »Als Jesus gewahrte, wie er (der Obere) tief betrübt wurde, sagte Er: Die Geld haben - wie angewidert davon werden sie in das Königreich Gottes eingehen! Denn es ist leichter für ein Kamel, durch das Öhr einer Ahle zu gehen, als für einen Reichen, in das Königreich Gottes einzugehen. - Da sagten die Zuhörer: Wer kann dann gerettet werden? - Er antwortete: Das bei den Menschen Unmögliche ist bei Gott möglich« (Verse 24-27).

  Nicht der Reichtum an sich ist übel, sondern dass einer daran klebt. Die Rückfrage der Zuhörer zeigt, dass alle Menschen im Grunde an ihrem Besitz haften. Solchen ist es nicht möglich, sich zum Königreich umzuwenden. Gott allein aber ist es möglich, auch einem Reichen die Umsinnung zu schenken. Dann wird ihn sein Geld anwidern. Vielleicht ist auch zu lesen, dass das Geld widrig, also ein Hindernis ist. Aber: »Ist irgendeine Sache zu schwierig für Jewe?« (1.Mose 18:14). »Bei Gott ist kein Ding unmöglich« (Luk.1:37; Jer.32:17).

 

Was die Jünger bekommen werden

 

  Was die Jünger Jesu betrifft, hatten sie ihren Besitz verlassen und folgten Jesus nach. Was wird ihnen dafür zuteil werden? Petrus wollte dies geklärt wissen.

  »Dann sagte Petrus: Siehe, wir haben unser Eigentum verlassen und sind Dir gefolgt. - Er aber entgegnete ihnen: Wahrlich, Ich sage euch: Da ist niemand, der sein Haus, Frau oder Geschwister, Eltern oder Kinder wegen des Königreichs Gottes verlassen hat, der es nicht auf jeden Fall in dieser Frist vielfältig wiedererhält - und im kommenden Äon äonisches Leben« (Verse 28-30).

  Die Gläubigen werden im Äon des tausendjährigen Königreichs leben. Doch schon damals wurde ihnen mehr zuteil, als sie verlassen hatten, nämlich viele gastfreundliche Häuser und viele Glaubensgeschwister. Keiner der Heiligen litt denn auch nach Pfingsten Not, da sie all ihren Besitz als gemeinsam ansahen (Ap.2:44,45; 4:32-35).

  In der gegenwärtigen, dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (Eph.3:2) haben wir zwar jeden geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen (Eph.1:3), aber keine Verheißung, dass wir unseren Besitz nicht verlieren oder nicht bis zum Tode verfolgt würden. Und sollten wir eine Summe Geldes spenden - wir werden diese kaum von anderen vielfältig wiedererhalten.

 

Die dritte Leidensankündigung

 

  »Er nahm dann die Zwölf beiseite und sagte zu ihnen: Siehe, wir ziehen hinauf nach Jerusalem; dort wird alles, was über den Sohn des Menschen von den Propheten geschrieben ist, vollendet werden. Denn Er wird den Nationen übergeben, verhöhnt, misshandelt und angespien werden. Die werden Ihn geißeln und töten; und am dritten Tag wird Er auferstehen. - Doch sie verstanden nichts von all diesem; denn der Sinn dieser Rede war vor ihnen verborgen, und sie erkannten das Gesagte nicht« (Verse 31-34).

  Es war wohl Anfang April des Jahres 32 n. Chr., zu Beginn des jüdischen Monats Nisan, als der Herr Seine Leiden zum dritten Mal ankündigte (Luk.9:22,44).

  Die Apostel begriffen nicht, weil sie an ihrer Vorstellung festhalten wollten, dass Jesus Seine Regentschaft in Herrlichkeit jetzt aufrichten werde, obwohl sie von der Feindschaft der Oberen des Volkes wussten. Sie konnten die klare Rede des Herrn nicht verstehen, weil sie im Herzen gegen die Aussage waren. Gottes Worte aber kann man nur dann verstehen, wenn man sie von Herzen liebt.

  Die Leiden des Messias waren in den hebräischen heiligen Schriften mehrfach vorausgesagt worden (Jes.50:6; 52:13-53:12; Sach.11:12; 13:7; Ps.16:10; 22; 34:20; 69:5,10,22).

 

Die Heilung des Blinden vor Jericho

 

  »Als Er dann in die Nähe von Jericho kam, saß da ein Blinder bettelnd am Weg. Der hörte die Volksmenge vorüberziehen und erkundigte sich, was dies bedeute. Man berichtete ihm: Jesus der Nazarener geht vorüber. - Da schrie er: Jesus, Sohn Davids, erbarme Dich meiner! - Obwohl die Vorangehenden ihn schalten, damit er stillschweige, schrie er noch viel mehr: Jesus, Sohn Davids, erbarme Dich meiner! - Nun blieb Jesus stehen und befahl, ihn zu Ihm zu führen. Als er nahe herangekommen war, fragte Er ihn: Was willst du, dass Ich dir tun soll? - Er antwortete: Herr, dass ich sehend werde! - Darauf sagte Jesus zu ihm: Werde sehend, dein Glaube hat dich gerettet. - Auf der Stelle wurde er sehend, und er folgte Ihm und verherrlichte Gott. Auch das gesamte Volk gab Gott Lob, als es das gewahrte« (Verse 35-43).

  Dieser Mann hatte den Glauben, dass Jesus der Messias ist, denn mit der Anrede »Sohn Davids« huldigte er dem Messias. Der Messias musste ein Sohn Davids sein (2.Sam.7:12-14; 23:5; Jes.11:1-10; Jer.23:5; Hes.34:23,24; Ps.132:11). Außerdem kannte Jesus das Herz eines jeden Menschen (Joh.2:25); Jewe hatte es gebildet (Ps.33:15).

  Markus berichtet, dass Jesus aus Jericho hinausging, als Er den Blinden - Bartimäus war sein Name - heilte (Mark.10:46-52). Da es damals das alte Jericho und ein neues gab, wo die Winterresidenz des Herodes d. Gr. war, konnte man aus dem einen Jericho hinausgehen und zugleich in das andere hineingehen. Die Heilung zweier Blinder bei Jericho, wovon Matthäus berichtet (20:29-34), war ein anderes, weiteres Ereignis.

  Die Heilung Blinder war ein von den Propheten angesagtes Erkennungsmerkmal des Messias (Jes.35:5; 61:1; Mat.11:5).

 

Zachäus

 

  »So kam Er nach Jericho hinein und wollte hindurchziehen. Und siehe, da stand ein Mann, mit Namen Zachäus genannt; er war ein Oberzöllner, auch war er reich. Der suchte Jesus zu sehen, um zu erfahren, wer Er sei, konnte es aber wegen der Volksmenge nicht, weil er von kleinem Wuchs war, Darum lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Ihn zu sehen; denn Er war im Begriff, auf jenem Weg hindurchzuziehen. Als Er nun an die Stelle kam, blickte Jesus auf und sagte zu ihm: Zachäus, steige eilend herab; denn heute muss Ich in deinem Hause bleiben. - Da stieg er eilends herab, und er beherbergte Ihn mit Freuden. Alle, die das gewahrten, murrten laut und sagten: Der geht zu einem Mann, der als Sünder bekannt ist, um zu übernachten« (Luk.19:1-7).

  Jesus wusste, vom Geist Gottes geleitet, um diesen Mann und dessen ernsthaftes Anliegen. So rief Er ihn mit Namen, wie denn Jewe die Seinen mit Namen ruft (Jes.43:1).

  Zachäus war ein Sünder der übelsten Sorte; er zog die Steuern für die Römer mit einem Aufschlag für sich selbst ein, beging damit in den Augen der Juden Volksverrat, und erpresste mehr als rechtens war. Als Oberzöllner oder Steuerpächter tat er das nicht persönlich, sondern durch seine Untergebenen.

 

Zachäus wird gerettet

 

  »Zachäus aber trat zum Herrn und gelobte: Siehe, Herr, die Hälfte meines erworbenen Besitzes gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem etwas erpresst habe, will ich es vierfältig wiedergeben. - Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus Rettung zuteil geworden, weil auch er ein Sohn Abrahams ist. Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist« (Verse 8-10).

  Im Angesicht Jesu Christi fielen dem Zachäus alle Sünden ein und vollzog er eine radikale Umsinnung. Nach 3.Mose 5:20-26 hätte er das Erpresste nur mit einem Fünftel mehr zu erstatten brauchen und ein Schuldopfer vom Kleinvieh darbringen müssen; er gelobte aber, das Vierfache zu erstatten wie bei einem Diebstahl (2.Mose 21:37 (22:1); 2.Sam.12:6).

  Dieses Ereignis zeigt, dass es bei Gott möglich ist, dass ein Reicher in das Königreich eingeht (Luk.18:27). Zachäus glaubte an Jesus als den Messias und war somit ein wahrer Sohn Abrahams (Röm.4:12,16; 9:6-8). Jesus hatte das verlorene Schaf gesucht und gefunden und zum äonischen Leben gerettet (Luk.15:3-7). - Und wie jene damals, so freuen auch wir uns über die Rettung durch den Herrn Jesus Christus.

 

Das Gleichnis von den den Sklaven übergebenen Minas

 

  »Als sie dies hörten, fügte Er noch ein Gleichnis hinzu, weil Er nahe bei Jerusalem war und sie meinten, dass das Königreich Gottes im Begriff sei, auf der Stelle zu erscheinen. Daher sagte Er: Ein vornehmer Mann ging in ein fernes Land, um für sich die Königswürde anzunehmen und dann zurückzukehren. Zuvor rief er zehn seiner Sklaven, gab ihnen zehn Minas und sagte zu ihnen: Betreibt Geschäfte, bis ich wiederkomme! Seine Bürger aber hassten ihn und schickten eine Gesandtschaft hinter ihm her und ließen sagen: Wir wollen nicht, dass dieser über uns als König herrsche« (Verse 11-14).

  Sie näherten sich Jerusalem; dort würde Jesus bestimmt das Königreich aufrichten. Die Apostel kämpften schon um die Plätze zur Rechten und zur Linken Jesu (Mark.10:35-40). Jesus bedeutete nun aber Seinen Zuhörern, dass das Königreich nicht in dieser Zeit erscheinen werde.

  Der vornehme Mann ist Er Selbst, der Sohn Gottes. Er kam aus dem Himmel und ging in ein fremdes Land, und zwar nach Israel, um dort die Königswürde anzunehmen, die man Ihm aber verwehrte. »Er kam in Sein Eigentum, doch die Seinen nahmen Ihn nicht an« (Joh.1:11). »Das Licht erscheint in der Finsternis, doch die Finsternis hat es nicht erfasst« (Joh.1:5).

  Und dann kehrte Er in den Himmel zurück. Zuvor aber rief Er zehn Seiner Sklaven, Menschen, die Ihm glaubten, und gab ihnen zehn Minas; das waren Silberstücke im Wert von etwa einem Sechzigstel eines Talents oder hundert Drachmen. Eine Drachme war der Tageslohn eines Arbeiters. Nach der Zahlensymbolik stellt die Zahl zehn einen Durchgang, eine Hand, eine Handlung dar.

  Der Auftrag an die Sklaven, also die Gläubigen, war, bis zu Jesu Wiederkunft mit der Mina zu handeln, tätig zu sein.

  Die Bürger jenes Landes, Israel, aber hassten Jesus; sie wollten Ihn nicht zum Herrscher haben. Ebenso hatten sie einst zu Joseph in Ägypten und zu Mose gesprochen: »Willst du regieren, ja regieren über uns? Oder herrschen, ja herrschen über uns?« (1.Mose 37:8). »Wer hat dich zum Fürsten und Richter über uns eingesetzt?« (Ap.7:35; 2.Mose 2:14).

 

Die Belehrung der guten Sklaven

 

  Unser Herr führte das Gleichnis fort:

  »Als er nach Erhalt der Königswürde wieder zurückkam, ließ er diese Sklaven, denen er das Geld gegeben hatte, zu sich rufen, um zu erfahren, was für Geschäfte sie gemacht hatten. Da kam der erste herzu und berichtete: Herr, deine Mina hat zehn Minas eingebracht. Der erwiderte ihm: Sehr wohl, guter Sklave! Da du im Geringsten treu warst, sollst du über zehn Städte Vollmacht haben. Dann kam der zweite und berichtete: Deine Mina, Herr, hat fünf Minas eingebracht. Da sagte er auch zu diesem: Und du sollst über fünf Städte eingesetzt werden« (Verse 15-19).

  Nachdem Jesus die Königsherrschaft zuteil geworden und Er in Seiner Herrlichkeit gekommen sein wird, wird Er Gericht halten. Jeder Sklave bekommt seinen gerechten Lohn je nach seinen Werken. An der Herrschaft des wiedergezeugten und gläubigen Israel über die ganze Erde erhält jeder einzelne seinen Anteil. So sagt der Herr der Gemeinde zu Thyatira: »Wer überwindet und Meine Werke bis zur Vollendung bewahrt, dem werde Ich Vollmacht über die Nationen geben, und er soll sie mit eiserner Keule hirten, wie man die Töpfergefäße zertrümmert« (Off.2:26,27). Auch der Prophet Daniel zum Beispiel wird auferweckt werden zu seinem Losteil, einem Aufgabenbereich, der seiner Treue entspricht (Dan.12:13).

 

Das Gericht über den bösen Sklaven

 

  Sollte der Glaube aber keine Werke hervorgebracht haben, so zeigte dies, dass gar kein Glaube vorhanden war (Jak.2:17,20); die Rettung und das Leben im Königreich waren somit verloren. Davon hören wir im Folgenden:

  »Dann kam ein anderer (Sklave) und berichtete: Herr, siehe hier ist deine Mina, die ich im Schweißtuch aufbewahrt hatte. Denn ich fürchtete dich, weil du ein strenger Mensch bist: Du nimmst, was du nicht angelegt, und erntest, was du nichtgesät hast. - Dieser erwiderte ihm: Nach der Aussage deines eigenen Mundes werde dich richten, böser Sklave! Du wusstest, dass ich ein strenger Mensch bin und nehme, was ich nicht angelegt, und ernte, was ich nicht gesät habe. Weshalb gabst du mein Geld nicht auf eine Bank? Dann hätte ich es, als ich kam, mit Zinsen einfordern können. Und zu den Dabeistehenden sagte er: Nehmt ihm die Mina ab und gebt sie dem, der die zehn Minas hat. Da erwiderten sie ihm: Herr, der hat schon zehn Minas! - Ich sage euch: Jedem, der da hat, wird gegeben werden; von dem aber, der nichts hat, wird auch noch das genommen werden, was er zu haben meint« (Verse 20-26).

  Nach dem Evangelium der Beschneidung, dem Glaubensgut des Königreichs Israels, erfolgt eine strenge Beurteilung. Ohne Umsinnung, ohne Wassertaufe (Ap.2:38), ohne Werke (Jak.2:24; 2.Pet.1:10,11), ohne Frucht (Joh.15:2), ohne das Bleiben in Jesus (Joh.15:6; 1.Joh.2:28), ohne einen Wandel wie Jesus (1.Joh.2:6), ohne Treue auch im Geringsten gibt es kein äonisches Leben im Königreich Israels auf der Erde. Wer daher etwas vorzuweisen haben meint, in Wirklichkeit aber nichts hat, wird der heiligen Nation nicht angehören. Wer aber hat, und zwar all das, was gefordert wird, dem wird die Rettung verliehen werden.

  Nach dem Evangelium der Unbeschnittenheit, das dem Apostel Paulus für uns enthüllt wurde (Gal.1:12; 2:7) - heute ist Paulus der Lehrer (1.Tim.2:7; Tit.1:3) -, sind wir dagegen allein durch Glauben (Röm.3:24,28; Eph.2:8) für das Leben in den kommenden Äonen inmitten der überhimmlischen Regionen (Eph.2:6; 2.Tim.4:18) gerettet - welch eine Gnade, ja überströmende Gnade!

 

Tod den Hassern und Feinden

 

  Jesus, der König Israels, schloss Seine Gleichnisrede mit den folgenden Worten ab:

  »Indessen, diese meine Feinde, die nicht wollen, dass ich über sie als König herrsche, führt sie her und schlachtet sie vor mir ab!« (Vers 27).

  Alle Juden, die Jesus nicht als den Sohn Gottes und König Israels annehmen, werden während der kommenden Äonen Seiner Regentschaft tot sein.

  Gott hat Seinem Sohn die Vollmacht gegeben, Gericht zu halten (Joh.5:27). »Mein ist die Rache, Ich werde vergelten, so spricht der Herr« (Röm.12:19; 5.Mose 32:35). Jewe vergilt Seinen Feinden (Jes.66:6). Der Herr hatte Sein Volk gewarnt: »Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! ... Ihr Schlangen, ihr Otternbrut! Wie wollt ihr dem Gericht der Gehenna entfliehen?« (Mat.23:29,33; Luk.3:7). Dann aber wird es so weit sein: »Richten wird der Herr Sein Volk! Furchtbar ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!« (Heb.10:30,31; Ps.135:14).

 

 

In Jerusalem angekommen

(Lukas 19:28-20:19)

 

  »Nach diesen Worten ging Er voraus, um nach Jerusalem hinaufzuziehen. Als Er Sich Bethphage und Bethanien näherte (zu dem Berg hin, der Ölberg heißt), schickte Er zwei Seiner Jünger aus und sagte: Geht in das Dorf gegenüber! Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein Füllen angebunden finden, auf dem kein Mensch jemals gesessen hat. Bindet es los und führt es her! Wenn euch jemand fragt: Weshalb bindet ihr es los?, so sollt ihr ihm erwidern: Der Herr braucht es« (Verse 28-31).

  Es war sechs Tage vor dem Passahfest, also am 8. Nisan des Jahres 32 n. Chr., als Jesus zwei Jünger aussandte, damit sie Seinen für den nächsten Tag geplanten Einritt in Jerusalem vorbereiteten, und Er und Seine Jünger in Bethanien ankamen, östlich des Ölbergs gelegen, wo Maria und Martha sowie Lazarus wohnten, den Er aus den Toten auferweckt hatte (Joh.12:1).

  Dem Herrn war das prophetische Wissen gegeben worden, dass auf dem Eselsfüllen noch nie ein Mensch gesessen hatte, was Seinem Ritt auf diesem Tier eine große Bedeutung gibt, wie denn nach dem Gesetz zu besonders heiligen Zwecken nur solche Tiere verwendet wurden, die noch nie eine Arbeit verrichtet hatten (4.Mose 19:2; 5.Mose 21:3; 1.Sam.6:7).

  Sollten die Jünger nach der Berechtigung ihres Tuns gefragt werden, so sollte ihre Antwort der Würde des Königs Jesus entsprechen, dessen Worten von allen Untertanen unverzüglich Folge zu leisten ist. Alle Tiere sind ohnehin Sein (Ps.50:10) (wie auch alle Menschen).

  »Da gingen die Abgesandten (Jünger) hin und fanden es so, wie Er ihnen gesagt hatte. Als sie das Füllen losbanden, sagten dessen Herren zu ihnen: Warum bindet ihr das Füllen los? - Sie antworteten: Der Herr braucht es« (Verse 32-34).

  Matthäus schreibt dazu: »Dies ist geschehen, damit erfüllt werde, was durch den Propheten (Sacharja; 9:9) angesagt war: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir, sanftmütig und auf einer Eselin reitend, und zwar auf einem Füllen, dem Jungen des Jochtiers« (Mat.21:4,5).

 

 

Jesu Einritt in Jerusalem

 

  »Dann führten sie es (das Füllen) zu Jesus, warfen ihre Kleider auf das Füllen und ließen Jesus aufsteigen. Während Er weiterzog, breiteten sie ihre Kleider auf dem Weg aus. Als Er schon nahe an den Abstieg des Ölbergs kam, begann die gesamte Menge der Jünger, Gott mit lauter Stimme freudevoll zu loben wegen all der Machttaten, die sie gewahrt hatten, und riefen: Gesegnet sei der König, der da kommt im Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Verherrlichung inmitten der Höchsten!« (Verse 35-38).

  Ja, gesegnet, das heißt: mit Wohl-Worten bedacht, sei Jesus, der König Israels, der da kommt im Namen und Auftrag Gottes, Seines Vaters! Die Huldigung der Jünger in diesem Sinne entsprach Psalm 118:26. - Friede sei im Himmel - möge der Satan von dort hinausgeworfen werden (Off.12:9)! - Und Verherrlichung sei Jesus inmitten der höchsten himmlischen und irdischen Fürstlichkeiten!

  Es waren nicht nur die Jünger und mithin Gläubigen, die Jesus und Gott lobten und priesen, sondern auch eine zahlreiche Volksmenge, die da rief: »Hosianna dem Sohn Davids! Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna inmitten der Höchsten!« (Mat.21:9). Hosianna heißt übrigens: Rette doch! (Ps.118:25), hatte aber den Sinn des Lobpreises der Rettung.

  Das Ausbreiten der Kleider war ein Zeichen der Ehrerbietung und Hingabe (vgl. 2.Kön.9:13).

  Der König Israels zog in Seine Hauptstadt ein! Die Weissagung Daniels vom Kommen des Messias erfüllte sich (9:25). Die 69 Jahrsiebener waren um. Welch ein feierlicher Zug von freudevollen und jubelnden Menschen! Die Propheten und die Heiligen von alters her hatten sich nach diesem Tag gesehnt. Jetzt war er Wirklichkeit geworden. - So schien es. Wie wir wissen, wird er erst beim zweiten Kommen Jesu Wirklichkeit werden. Dann wird Israel von Herzen laut rufen: »Lobet Je! Lobet Jewe von den Himmeln, lobet Ihn in den Höhen. Lobet Ihn, all Seine Boten, lobet Ihn, all Sein Heer!« (Ps.148:1,2).

 

»Dann werden die Steine schreien!«

 

  Aber die Oberen des Volkes waren gegen Jesus eingestellt. Sie wollten die Huldigung unterbinden und wandten sich deshalb an Jesus.

  »Da sagten einige Pharisäer aus der Volksmenge zu Ihm: Lehrer, schilt Deine Jünger! .- Er antwortete ihnen jedoch: Ich sage euch: Wenn diese stillschweigen, werden die Steine schreien!« (Verse 39+40).

  Bislang wollte Jesus nicht, dass Seine Jünger Ihn als den Messias bekannt machten. Jetzt aber, als die Entscheidung fallen musste, sollte es öffentlich gemacht werden: Jesus ist der König Israels! - Wenn die Jünger es nicht hinausrufen würden, so würde es dennoch ertönen, und sei es durch die Steine. Diese sprichwörtliche Redewendung hatte der Prophet Habakuk einst festgehalten; er schrieb: »Der Stein wehschreit aus der Mauer, und der Sparren antwortet ihm aus dem Holzwerk des Daches« (Hab.2:11).

  Angesichts der Verwerfung des Königs durch Israel und des darauf folgenden furchtbaren Gerichts dürften die Steine auch ein Hinweis darauf sein, dass selbst die Trümmer Jerusalems in nicht allzu ferner Zeit bezeugen werden, dass Jesus der König Israels ist.

Jesus schluchzte über Jerusalem

 

  »Als Er dann nähergekommen war und die Stadt sah, schluchzte Er über sie und sagte: Wenn doch auch du, und zwar an diesem Tage, erkennen würdest, was zu deinem Frieden dient! Nun aber wurde es vor deinen Augen verborgen. Denn es werden Tage über dich hereinbrechen, wenn deine Feinde einen Wall um dich aufwerfen werden, dich umzingeln und dich von überall her bedrängen. Sie werden dich schleifen und deine Kinder in dir zu Boden schmettern und nicht Stein auf Stein in dir lassen, darum, weil du die Frist deiner gnadenreichen Heimsuchung nicht erkannt hast« (Verse 41-44).

  Dies alles geschah dann im Jahr 70 n. Chr., als die Römer am Ende der jüdischen Aufstände und des Jüdischen Krieges unter Titus die Stadt dem Erdboden gleichmachten und der Tempel in Flammen aufging.

  Jerusalem konnte die Frist seiner gnadenreichen Heimsuchung nicht erkennen, weil Gottes in Christus Jesus gefasster Vorsatz für den Ablauf der Äonen es nicht vorsah (Eph.3:11). Johannes schreibt: »Sie konnten deshalb nicht glauben, weil Jesaia wiederum gesagt hatte: Er hat ihre Augen geblendet und ihr Herz verstockt, damit sie mit den Augen nicht wahrnehmen, noch mit dem Herzen begreifen und sich umwenden und Ich sie heilen könnte« (Joh.12:39,40; Jes.6:10). Gott Selbst schloss sie in die Widerspenstigkeit ein (Röm.11:32), weil Israel verworfen werden sollte, damit den Nationen die Versöhnung zuteil werde durch das dem Apostel Paulus enthüllte Evangelium (Röm.11:15; Gal.1:12).

 

Die Reinigung der Weihestätte

 

  »Als Er in die Weihestätte ging, begann Er, alle hinauszutreiben, die darin verkauften und kauften, und sagte zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus wird ein Haus des Gebets sein! Ihr aber macht es zu einer Höhle für Wegelagerer« (Verse 45+46).

  Jesus hatte vom 9. auf den 10. Nisan in Bethanien übernachtet (Mark.11:11).

  Durch Jesaia hatte Jewe von der Weihestätte als »Meinem Haus des Gebets« gesprochen (Jes.56:7). Der Sohn Gottes hatte das Recht, das Haus Seines Vaters zu reinigen, wie Er es auch zu Beginn Seines Dienstes bereits einmal getan hatte (Joh.2:15). Diese Tat war zugleich ein Hinweis auf die Scheidung der Unreinen des Volkes von den Reinen. Die Vollmacht Jesu lässt sich auch mit dem in Maleachi 3:1-3 prophezeiten zukünftigen Kommen des Herrn zu Seinem Tempel begründen.

  Im Vorhof der Heiden verkaufte man die Tiere, die als Opfer dargebracht werden sollten, und wechselte Geld, beides in räuberischer, den Wegelagerern eigenen Gesinnung, weil zu überhöhten Preisen. Die Weihestätte war also zu einer Räuberhöhle geworden, wie einst zu Jeremias Zeiten (Jer.7:11).

 

Jesus lehrte täglich in der Weihestätte

 

  »Dann lehrte Er täglich in der Weihestätte. Die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und die Ersten des Volkes aber suchten Ihn umzubringen, doch fanden sie keine Gelegenheit, es zu tun; denn das gesamte Volk, das Ihn hörte, hing Ihm an« (Verse 47+48).

  Vom 10. bis 12. Nisan lehrte unser Herr Jesus Christus in der Weihestätte (Luk.20:1; 21:37,38; Mat.26:2; Mark.14:1).

  Das Passahfest, der 14. Nisan, nahte (3.Mose 23:5). Die Situation spitzte sich zu. Lukas beschrieb sie trefflich.

 

Die Frage nach Jesu Vollmacht

 

  »An einem jener Tage, als Er das Volk in der Weihestätte lehrte und das Evangelium verkündigte, traten die Hohenpriester und Schriftgelehrten samt den Ältesten herzu und fragten Ihn: Sage uns, mit welcher Vollmacht tust Du dies? Wer ist es, der Dir diese Vollmacht gibt? - Er antwortete ihnen: Auch Ich werde euch ein Wort fragen, beantwortet Mir dies: Die Taufe des Johannes, war sie vom Himmel oder von Menschen? - Sie überlegten nun bei sich: Wenn wir sagen: vom Himmel, wird Er erwidern: Warum nun glaubtet ihr ihm nicht? Wenn wir aber sagen: von Menschen, wird uns das gesamte Volk steinigen; denn es ist überzeugt, dass Johannes ein Prophet war. - So antworteten sie: Man weiß nicht, woher. - Da entgegnete ihnen Jesus: Dann sage auch Ich euch nicht, mit welcher Vollmacht Ich dies tue« (Luk.20:1-8).

  Die zahlreich herzugetretenen Oberen, großenteils Mitglieder des Synedriums, vielleicht eine Abordnung desselben, lauerten nur darauf, dass Jesus sage, er handele in der Vollmacht Gottes. Dies hätten sie als Gotteslästerung aufgefasst, und dann hätten sie einen Anklagegrund gegen Jesus gehabt. Deshalb stellten sie diese Fangfrage.

  Angesichts ihrer Blindheit und ihres Hasses sowie ihrer Verstocktheit gegenüber dem Zeugnis Johannes des Täufers, der Jesu Weg bereitete, hatte es keinen Sinn, den Heuchlern, Menschen, die die Wahrheit nicht lieben, eine Antwort zu geben. Zugleich aber war die Antwort Jesu sehr deutlich; sie zeigte ihnen ihren inneren Konflikt auf, da sie im Grunde wussten, dass Johannes von Gott gesandt war, sie es aber nicht wahrhaben wollten. - Und was sollte das werden: Wenn Johannes von Gott wäre, dann wäre auch Jesus von Gott. Und wenn Jesus das Sagen bekäme, hätten sie es nicht mehr; ja sie würden als Feinde des Messias umgebracht werden (Luk.19:27; 5.Mose 18:19).

  Jesus hatte die Weisen in ihrer List erhascht (Hiob 5:13; 1.Kor.1:19; 3:19).

 

Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern

 

  »Dann begann Er, dem Volk dieses Gleichnis zu erzählen: Ein Mann pflanzte einen Weinberg, verpachtete ihn an Winzer und verreiste geraume Zeit. Zur rechten Zeit schickte Er einen Sklaven zu den Winzern, damit sie ihm seinen Anteil an der Frucht des Weinbergs gäben. Die Winzer aber prügelten ihn und schickten ihn leer weg. Doch er fuhr fort und sandte einen anderen Sklaven. Sie aber prügelten und entehrten auch jenen und schickten ihn leer weg. Doch er fuhr fort und sandte noch einen dritten. Aber auch diesen verwundeten sie und warfen ihn hinaus« (Verse 9-12).

  Jeder Jude wusste aus dem Buch Jesaia, dass Israel der von Jewe gepflanzte Weinberg ist (Jes.5:1-7; Jer.2:21; 12:10; Ps.80:9). Sie kannten auch die Worte aus 2.Chronik 36:15 und 16: »Jewe, der Elohim ihrer Väter, sandte durch Seine Boten zu ihnen, Sich früh aufmachend und sendend, denn Er hatte Mitleid mit Seinem Volk und dessen Wohnstätte. Aber sie verhöhnten die Boten Elohims, verachteten Seine Worte und verspotteten Seine Propheten, bis der Zorn Jewes gegen Sein Volk aufstieg, bis es keine Heilung mehr gab« (siehe auch 1.Könige 19:14; 2.Kön.17:13; Jer.7:25,26). Den Juden muss es mithin nicht schwergefallen sein zu verstehen, dass Jesus mit den Sklaven des Weinbergbesitzers die Propheten meinte.

  Jesus nahm mehrmals Bezug auf die Verfolgung der Propheten (Mat.5:12; 23:35,37; Luk.13:34). Und Stephanus rief etwa ein Jahr später aus: »Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt?« (Ap.7:52).

  »Da sagte der Herr des Weinbergs: Was soll ich tun? Ich werde meinen geliebten Sohn senden, vor diesem werden sie sich wohl ebenso wie vor mir scheuen. Als die Winzer ihn gewahrten, folgerten sie untereinander: Dies ist der Losteilinhaber; herzu, wir wollen ihn töten, damit das Losland unser werde! So warfen sie ihn zum Weinberg hinaus und töteten ihn. Was wird nun der Herr des Weinbergs mit ihnen tun? Er wird kommen und diese Winzer umbringen und den Weinberg anderen geben. - Da sagten die Zuhörer: Möge das nicht geschehen!« (Verse 13-16).

  Diesen Teil des Gleichnisses zu verstehen, war schon etwas schwieriger. Wer ist der geliebte Sohn? Dieser konnte, da Gott der Herr des Weinbergs war, nur der Sohn Gottes sein. Ob sie wohl erkannten, dass Jesus der Sohn Gottes ist? Bei Jesu Taufe ertönte eine Stimme aus dem Himmel: »Du bist Mein geliebter Sohn, an Dir habe Ich Mein Wohlgefallen!« (Luk.3:22). Ob sie sich daran erinnerten? Und an Psalm 2:7: »Jewe sagt zu Mir: Mein Sohn bist Du, heute habe Ich Dich gezeugt.«

  Dass die Winzer den, der in Sein Eigentum kam (Joh.1:11), aus dem Weinberg hinauswarfen und draußen töteten, mag ein Hinweis darauf sein, dass Jesus außerhalb des Tores der Stadt Jerusalem leiden und sterben wird (Heb.13:12).

  Wieder hatte Jesus Seinen Tod vorausgesagt, diesmal mit diesem Gleichnis.

  Gott wird den Weinberg anderen geben, nicht dieser Generation, sondern dem wiedergezeugten Volk Israel (Mat.21:41,43).

 

Der verworfene Stein

 

  »Möge das nicht geschehen!«, hatten Jesu Zuhörer gesagt.

  »Er aber blickte sie an und sagte: Was bedeutet denn dieses Wort, das geschrieben ist: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der wurde zum Hauptstein der Ecke -? Jeder, der auf jenen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen er aber fällt, den wird er wie Spreu zerstäuben« (Verse 17+18).

  Entgegen dem Willen der Zuhörer wird dies alles so geschehen, wie der Herr es angesagt hatte.

  Jesus hatte Psalm 118:22 zitiert; da heißt es: »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der wurde zum Hauptstein der Ecke.« Weiter lautet es dort: »Dies geschah von Jewe, es ist wunderbar in unseren Augen.«

  Petrus erklärte nicht lange danach den Oberen des Volkes: »Dieser (Jesus) ist der Stein, der von euch, den Bauleuten, verschmäht wird; der ist zum Hauptstein der Ecke geworden! Und in keinem anderen ist die Rettung; denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der unter Menschen gegeben worden ist, in welchem wir gerettet werden müssen« (Ap.4:11,12).

  An diesem Stein scheiden sich die Geister. Paulus schrieb, dass Israel nicht in das Gesetz der Gerechtigkeit einläuft. »Weshalb? Da es nicht aus Glauben, sondern aus Gesetzeswerken geschieht, stoßen sie sich an dem Stein des Anstoßes, so wie geschrieben steht: Siehe, Ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Felsen des Strauchelns; und wer an Ihn glaubt, wird nicht  zuschanden werden« (Röm.9:32,33). Damit hatte Paulus auf Jesaia 28:16 zurückgegriffen: »So spricht Jewe, mein Herr: Siehe, Ich bin der, der in Zion einen Grundstein legt, einen geprüften Stein, einen kostbaren Eckstein als festgegründeten Grund. Der Glaubende wird nicht fliehen (das heißt: nicht zuschanden).«

  In Jesaia 8:13 und 14 ist zu lesen: »Jewe der Heere, Ihn sollt ihr heiligen! Er sei eure Furcht, Er sei euer Schrecken. Und Er wird euch zum Heiligtum, aber auch zum Stein des Anstoßes und zum Felsen des Strauchelns für beide Häuser Israels, zum Klappnetz und zur Schlinge den Bewohnern Jerusalems.«

  Auch Petrus nimmt in seinem ersten Brief, Kapitel 2, Verse 4 bis 8, darauf  Bezug. Dabei unterscheidet er zwischen denen, die glauben und daher »als lebendige Steine zu einem geistlichen Haus, zu einem heiligen Priestertum auferbaut werden, um geistliche Opfer darzubringen, Gott wohl annehmbar durch Jesus Christus« und denen, »die sich an dem Wort stoßen, weil sie widerspenstig sind, wozu sie auch gesetzt wurden.«

 

Sie hatten das Gleichnis verstanden

 

  Lukas berichtet weiter:

  »Da suchten die Schriftgelehrten und Hohenpriester zu dieser Stunde die Hände an Ihn zu legen; sie fürchteten sich jedoch vor dem Volk; denn sie erkannten, dass Er dieses Gleichnis auf sie bezog« (Vers 19).

  Sie hatten also sehr genau verstanden, zumal sie die heiligen Schriften kannten. Da die Liebe zur Wahrheit nicht in ihnen war, konnten sie sich nicht aus den Fesseln ihrer Widerspenstigkeit lösen. Wir wissen um den Hintergrund und Heilsvorsatz Gottes, wie in Römer 11:32 verzeichnet: »Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme.« - Sie fühlten sich persönlich beleidigt und wollten Jesus töten. Es kam aber nicht zur Tat, weil sie vor dem Volk nicht als Prophetenmörder dastehen wollten.

  Es musste alles so geschehen, damit die Schrift erfüllt werde.

 

 

Streitfragen um die Steuer und die Auferstehung

(Lukas 20:20-21:4)

 

  Es waren nur noch wenige Tage bis zum Passahfest am 14. Nisan des Jahres 32 n. Chr. (5.Mose 23:5). Die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten Jesus zu töten.

 

Steuern für den Kaiser?

 

  »So ließen sie Ihn scharf beobachten und schickten Horcher aus, die heuchelten, selbst gerecht zu sein, damit sie von Ihm ein Wort aufgreifen könnten, um Ihn dann der Oberherrschaft und Vollmacht des Statthalters zu überantworten. Daher fragten sie Ihn: Lehrer, wir wissen, dass Du recht redest und lehrst; denn Du hältst nichts von dem äußeren Ansehen der Menschen, sondern lehrst den Weg Gottes in Wahrheit. Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu geben oder nicht?« (Verse 20-22).

  Wie trefflich die Heuchler doch gegenüber Jesus die Wahrheit aussprechen konnten!

  Mit ihrer Frage sodann würden sie Jesus auf jeden Fall fangen. Sagte Er ja, stünde dies im Widerspruch zu Seiner Verkündigung des Königreichs Israels und könnte Er nicht der Messias sein, der ja doch die Befreiung von den Römern bringe. Alle nationalistisch gesinnten Juden hätte Er dann gegen Sich. Sagte Er nein, würden sie Ihn wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt den Römern überantworten. Die Pharisäer waren zwar auch gegen die römische Steuer, würden aber Jesu Antwort vor dem Statthalter nur allzu gern bezeugen.

  »Da Er aber ihre List bemerkte, sagte Er zu ihnen: Was versucht ihr Mich? Zeigt Mir einen Denar! - Als sie Ihm einen zeigten, fragte Er sie: Wessen Bild und Aufschrift hat er? - Sie antworteten: Des Kaisers. - Dann sagte Er zu ihnen: So bezahlt nun dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. - Und sie vermochten nicht, einen Ausspruch von Ihm in Gegenwart des Volkes aufzugreifen; sie staunten nur über Seine Antwort und schwiegen« (Verse 23-26).

  »Zeigt Mir einen Denar!« - Sie trugen also die Münze des Kaisers mit sich und erkannten damit an, dass sie dem Kaiser verpflichtet waren.

  »So bezahlt nun dem Kaiser, was des Kaisers ist.« - Gott untergeordnet zu sein, schließt ein, den von Ihm eingesetzten Obrigkeiten untertan zu sein. Paulus schreibt: »Jede Seele ordne sich den über ihr stehenden Obrigkeiten unter; denn es gibt keine Obrigkeit außer von Gott. Die vorhandenen sind also von Gott verordnet« (Röm.13:1).

  »... und Gott, was Gottes ist.« - Dies bedeutet, dass Gott die Tempelsteuer zu zahlen ist, darf aber auch im weitesten Sinne aufgefasst werden über das Geben des Zehnten für die Leviten bis hin zur Hingabe des ganzen Lebens zum Dienst und zur Verherrlichung Gottes.

  Und die Heuchler schwiegen. So erfüllte sich Psalm 31:18 und 19: »Beschämt werden die Frevler, und sie werden stille sein im Ungewahrten. Verstummen werden ihre Lippen der Falschheit, die gegen den Gerechten sprechen, frech in Stolz und Verachtung.«

  Wenige Tage später bezeugten jene Männer vor dem Statthalter Pilatus, Jesus habe verboten, dem Kaiser Steuern zu geben, weil Er der König sei (Luk.23:2). Pilatus aber durchschaute die Aussage zu den Steuern als unglaubwürdig und ging nicht darauf ein.

 

Die Frage der Sadduzäer zur Auferstehung

 

  »Dann traten einige der Sadduzäer herzu, die behaupten, es gebe keine Auferstehung; sie fragten Ihn: Lehrer, Mose schreibt uns vor: Wenn jemandes Bruder, der eine Frau hat, stirbt und dieser kinderlos war, dann soll sein Bruder die Frau nehmen und seinem Bruder Samen erwecken. Es waren nun sieben Brüder; der erste nahm eine Frau und starb kinderlos. Da nahm der zweite die Frau; auch dieser starb kinderlos. Dann nahm sie der dritte und in derselben Weise die sieben; sie alle hinterließen keine Kinder und starben. Als letzte von allen starb auch die Frau. In der Auferstehung nun, wem von ihnen wird sie als Frau angehören? Denn alle sieben haben sie zur Frau gehabt« (Verse 27-33).

  Die Sadduzäer, frei zu beschreiben als liberale Theologen, leugneten nicht nur die Auferstehung, sondern auch die Geister (himmlische Boten, Engel: Ap.23:8).

  Die Vorschrift des Mose über die Schwagerehe (oder: Leviratsehe) findet sich in 5.Mose 25:5.

  Den Sadduzäern ging es mit ihrer Frage darum, gegen Jesu Lehre von der Auferstehung der Toten darzustellen, dass es keine Auferstehung geben könne, weil die Frau ja dann allen sieben Männern angehören müsse, was Unsinn sei und aufzeige, dass die Auferstehung somit ebenfalls Unsinn sein müsse. Und irgendwie werde Jesus Sich bei einer solch kniffligen Frage schon blamieren und Sich als Messias disqualifizieren.

 

Die Auferstandenen heiraten nicht mehr

 

  »Jesus antwortete ihnen: Die Söhne dieses Äons heiraten und werden verheiratet. Die aber für würdig geachtet werden, jenes Äons und der Auferstehung aus den Toten teilhaftig zu werden, heiraten dann weder, noch werden sie verheiratet. Sie können doch auch nicht mehr sterben; denn sie sind wie die Boten und sind Söhne Gottes, weil sie Söhne der Auferstehung sind« (Verse 34-36).

  Nach Matthäus 22:29 hatte Jesus Seiner Antwort eine wichtige Bemerkung vorangestellt, die sich alle Gläubigen zu Herzen nehmen sollten, nämlich: »Ihr irrt, weil ihr weder mit den Schriften vertraut seid, noch die Kraft Gottes kennt.«

  Die Ehe ist eine Einrichtung für die Erde. Da die Auferstandenen nicht sterben, müssen auch keine Nachkommen gezeugt werden. Im kommenden Äon werden die Auferstandenen mithin nicht verheiratet sein.

  Der Begriff »Auferstehung aus den Toten« besagt, dass welche aus der Mitte der übrigen Toten, die für den Äon tot bleiben, auferweckt werden. Dies betrifft die sich durch ihren Glauben und Wandel dafür würdig Erweisenden. Diese Söhne der Auferstehung sind wie alle Heiligen Söhne Gottes neben Jesus, dem Sohn Gottes. Welch eine Würde! Welch eine Gnade!

  »Söhne des lebendigen Gottes« wird man alle Glieder des wiedergezeugten auserwählten Volkes nennen (Röm.9:26). »Ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet Mir zu Söhnen und Töchtern sein, sagt der Herr, der Allgewaltige« (2.Kor.4:18).

  Heute schon sind wir Gläubigen in Christus Jesus allesamt Söhne Gottes; das ist eine geistliche Tatsache. »Ihr seid alle Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus«, ist in Galater 3:26 zu lesen (siehe auch Gal.4:6; Röm.8:15).

Die Toten erwachen!

 

  Dann kam unser Herr zum Kern der Sache:

  »Dass aber die Toten erwachen, hat schon Mose im Bericht über den Dornbusch eröffnet, als er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt. Doch ist Er kein Gott der Toten, sondern der Gott der Lebendigen; denn Ihm leben alle. - Da antworteten einige der Schriftgelehrten: Lehrer, Du hast trefflich geredet. - Denn sie wagten nicht mehr, Ihn irgendetwas zu fragen« (Verse 37-40).

  Da die Sadduzäer nur die fünf Bücher Mose anerkannten und meinten, darin stehe nichts von einer Auferstehung geschrieben, und sich nun gegenüber Jesus auf Mose bezogen hatten, antwortete Er mit einer Begebenheit, die Mose berichtet.

  Am Berg Horeb erschien dem Mose ein Bote Jewes in einer Feuerflamme mitten aus einem Dornbusch. Jewe sagte zu Mose: »Ich bin der Elohim deines Vaters, der Elohim Abrahams, der Elohim Isaaks und der Elohim Jakobs« (2.Mose 3:6).

  Unser Herr sprach zum Thema: »Dass aber die Toten erwachen« (Vers 37). Er sagte somit, dass sie zur Zeit nicht wach sind, nicht leben. Um den Zustand der Toten geht es hier aber gar nicht, sondern um ihre Auferweckung; denn dies war es, was die Sadduzäer leugneten. Jesus bewies die Auferstehung der Toten wie folgt: Ein Gott der Toten zu sein, ein Verfüger über die Toten, ist nichts. Gott ist der Verfüger über die Lebenden. Wenn Gott Sich nun Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs nennt, dann muss Er sie auferwecken, damit sie Ihm leben. Nicht die Toten leben Ihm - sie preisen Ihn nicht (Ps.6:6; 115:17) -, sondern die Auferweckten leben zu Seiner Ehre, zu Seiner Verherrlichung.

  Jene Schriftgelehrten, die Jesus zustimmten, waren sicherlich solche, die zu den Pharisäern hielten, welche an die Auferstehung glaubten.

  Über den Zustand der Toten gab es zwischen den Sadduzäern und den Pharisäern keinen Streit, sagt doch die Schrift, dass der Tod die Umkehrung des Schöpfungsprozesses (»Jewe Elohim formte den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase; und der Mensch wurde eine lebendige Seele«; 1.Mose 2:7) und mithin Rückkehr ist: »Der Staub kehrt zurück zur Erde, so wie er gewesen, und der Geist kehrt zu Elohim zurück, der ihn gegeben hat« (Pred.12:7; vgl. Ps. 104:29; Hiob 34:5). Dann ist die Seele, das Bewusstsein, nicht mehr.

  Im Tod gibt es kein Bewusstsein: »Die Toten aber wissen gar nichts (oder: erkennen nichts)« (Pred.9:5). »Sie haben für äonisch keinen Anteil mehr an allem, was unter der Sonne geschieht« (Pred.9:6). »Alles, was deine Hand in deiner Kraft zu tun findet, das tue. Denn es gibt weder Tun noch Berechnung, noch Erkenntnis, noch Weisheit im Scheol, wohin du gehst« (Pred.9:10; vgl. Ps.6:6; 115:17; 146:4; Jes.38:18; 63:16).

  Unser Herr Jesus Christus verglich den Zustand des Todes mit dem des Schlafs, als Er sagte, dass das verstorbene Töchterlein des Jairus schlummere (Mat.9:24). Im Tiefschlaf ist dem Menschen die Umgebung nicht bewusst. Der Prophet Daniel ruht bis zu seiner Auferstehung (Dan.12:13). Und Hiob sehnte sich in seinem Leid nach jenem Schlaf (Hiob 3:13). Das oben erwähnte Mädchen übrigens erwachte, als ihr Geist in ihren Körper zurückkehrte (Luk.8:55).

 

Davids Sohn und Herr

 

  »Da sagte Er zu ihnen: Wie können einige behaupten, Christus sei Davids Sohn? Denn er, David, sagte in der Rolle der Psalmen: Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege. - David nun nennt Ihn Herr; wie kann Er dann Sein Sohn sein?« (Verse 41-44).

  Keiner mehr wagte Jesus etwas zu fragen; um sie aber über die Herrlichkeit des Messias zu belehrten, fragte Er sie nun etwas. Sie hatten ein zu geringes Verständnis vom Messias, den viele nur als Davids Sohn ansahen und mithin nur als einen Menschen, einen Befreier und König Israels wie jeden anderen auch.

  Der Messias muss nach dem prophetischen Wort von David abstammen. »Jewe hat dem David die Wahrheit geschworen; Er wird Sich nicht abwenden von ihr: Aus der Frucht deines Leibes werde Ich Einen auf deinen Thron setzen« (Ps.132:11; vgl. 2.Sam.7:12-14; 23:5; Jes.11:1-10; Jer.23:5; 33:15; Hes.34:23,24; 1.Chron.17:11). Matthäus und Lukas führten darum den Nachweis der Abstammung Jesu von David (Mat.1:1-17; Luk.3:23-38). Bei Seinem Einzug in Jerusalem hatten die Gläubigen Ihn als den Sohn Davids gepriesen (Mat.21:9). Aber nur wenige erkannten Ihn als Davids Herrn und mithin Gottes Sohn.

  Möge ganz Israel erkennen: Der schlichte Mann unter ihnen ist der von Gott gesandte Herr! Dem David hatte Gott dies bereits aufgeschlossen. Er schrieb in Psalm 110:1: »Die Erklärung Jewes an meinen Herrn: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege.« Gott, der Vater, gab diese Erklärung dem Herrn Davids. Davids Herr ist Gottes Sohn. Gottes Sohn ist der, der zu Seiner Rechten sitzt.

  Der Messias ist der Sohn des lebendigen Gottes. Dem Petrus wurde dies ebenfalls enthüllt, als er auf die Frage Jesu, wer Er sei, antwortete: »Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!« (Mat.16:16).

  Wörtlich bedeuten Messias (hebr. MSchICh; punktiert MaSchIaCh) und Christus (griech. christos) Gesalbter. Jesus ist der von Gott Gesalbte, Bevollmächtigte, Befähigte.

 

Jesu Warnung vor den Schriftgelehrten

 

  »Als das gesamte Volk zuhörte, sagte Er zu Seinen Jüngern: Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten, die in prächtigen Gewändern umhergehen wollen, auf den Märkten sich gern begrüßen lassen, Vordersitze in den Synagogen und erste Liegeplätze bei Gastmählern beanspruchen, die Häuser der Witwen verzehren und zum Vorwand weitschweifig beten. Diese werden ein überaus strengeres Urteil erhalten« (Verse 45-47).

  Dies ist der sehr knappe Bericht des Lukas. Matthäus gibt diese Rede Jesu ausführlich wieder (Mat.23).

  Mögen die Heiligen, besonders die, die in ausgeprägter Weise als Evangelisten, Hirten oder Lehrer tätig sind, sich von der Eitelkeit, Geltungssucht und Habsucht der Schriftgelehrten nicht anstecken lassen. Paulus schreibt in Bezug auf die Ältesten: »Die sündigen, überführe vor aller Augen, damit auch die Übrigen Furcht haben« (1.Tim.5:20).

  Die ungläubigen Schriftgelehrten nun - ihr Unglaube lässt sich an ihrem Verhalten erkennen - werden vor dem großen, weißen Thron (Off.20:12) größeren Zorn, Grimm und Druck erfahren als manche anderen Menschen, die Übles taten (Röm.2:8,9), zumal sie den Weheruf Jesaias kennen mussten: »Wehe denen, die frevlerische Satzungen machen, und denen, die Mühevolles vorschreiben, um die Armen von ihrem Recht fernzuhalten und die Elenden Meines Volkes ihres Rechts zu berauben, sodass Witwen ihre Beute werden und sie die Waisen ausplündern« (Jes.10:1,2).

 

Die Gabe der armen Witwe

 

  »Als Er dann aufblickte, sah Er die Reichen ihre Nahegaben in den Schatzkasten werfen. Dort gewahrte Er auch eine unbemittelte Witwe; die warf zwei Scherflein ein. Da sagte Er: Diese arme Witwe warf mehr ein als sie alle. Denn sie alle warfen von ihrem Überfluss in die Nahegaben Gottes ein, diese aber warf aus ihrem Mangel alles ein, was sie als Lebensunterhalt hatte« (Luk.21:1-4).

  In der Weihestätte befand sich ein Schatzkasten, in den die Juden ihre Gaben, mit denen sie sich Gott  zu nahen suchten (oder: Schenkungen), einwarfen. Die Gaben dienten dem Unterhalt der Weihestätte und ihrer Gerätschaften, der Ausstattung der Priester und Leviten für ihren Dienst sowie dem Kauf der Tiere für die regelmäßigen Opfer morgens und abends sowie zu den Festtagen.

  Im deutlichen Gegensatz zu dem gerade von Jesus kritisierten Verhalten der Schriftgelehrten stand die Gesinnung der armen Witwe, die nun in den Vorhof der Frauen eintrat. Dem Talmud (der Unterweisung durch die Gesetzeslehrer) zufolge stand der Schatzkasten dort.

  Die Witwe warf nur zwei Scherflein ein, zwei Lepta; ein Lepta war die kleinste griechische Kupfermünze. Es war all ihr Geld. Der Herr wusste dies, weil Ihm bekannt war, was in einem jeden Menschen ist (Joh.2:25).

  Hier zeigte sich, wer Jewe, den Elohim Israel, wirklich liebte. Ihr Vertrauen auf Gott war größer als ihre Sorge um ihren Lebensunterhalt. Sie brachte tatsächlich ein Opfer, während die anderen von ihrem Überfluss gaben.

  In Gottes Augen bemisst sich der Wert einer Spende nicht nach dem objektiven Betrag, sondern nach ihrem Verhältnis zur persönlichen Situation des Gebers und nach der Herzenseinstellung. »Jewe sieht das Herz an« (1.Sam.16:7). Den freudigen Geber hat Gott lieb (2.Kor.9:7).

  Die Tat der Witwe entsprach genau dem, was Jesus Seinen Jüngern nahegelegt hatte: »Seid nicht besorgt für eure Seele (also was ihr essen möget) noch für euren Körper (was ihr anziehen sollt). Denn die Seele ist mehr als die Nahrung und der Körper mehr als die Kleidung. Betrachtet die Raben: sie säen nicht, noch ernten sie, sie haben keine Kammer und keine Scheune, und Gott nährt sie doch. Um wie viel mehr überragt ihr nun die Flügler!« (Luk.12:22-24).

  Der Glaube der Witwe war dem Evangelium vom nahe herbeigekommenen Königreich gemäß (Mark.1:15) und rechnete daher mit den Kräften des zukünftigen Äons (Heb.6:5), mit den Wundern des Königreichs, wie denn unser Herr des Weiteren verheißen hatte: »Daher sucht auch ihr nicht, was ihr essen und was ihr trinken sollt, und seid nicht ängstlich besorgt. ... Euer Vater weiß doch, dass ihr all dieser Dinge bedürft. Suchet indessen das Königreich Gottes, und man wird euch dies alles hinzufügen« (Luk.12:29-31).

  Für uns heute schreibt der Apostel Paulus zu diesem Thema: »Wenn die Eifrigkeit vorliegt, ist die Gabe wohlannehmbar, nach dem Maß, was jeder hat, und nicht nach dem, was er nicht hat. Also denn nicht so, dass andere Entspannung haben, ihr aber Bedrängnis, sondern zum Ausgleich soll bei der jetzigen Gelegenheit eure Überfülle den Mangel jener ausgleichen, sodass ein andermal die Überfülle jener eine Hilfe für euren Mangel werde, damit ein Ausgleich stattfindet« (2.Kor.8:12-14).

 

 

Jesu große Rede über die Zukunft

(Lukas 21:5-38)

 

  »Als einige von der Weihestätte sagten, dass sie mit schönen Steinen und Widmungen geschmückt sei, entgegnete Er: Das, was ihr schaut - es werden Tage kommen, an denen hier nicht Stein auf Stein gelassen wird, den man nicht abbrechen wird« (Verse 5+6).

  Die Weihestätte - sie umfasste den eigentlichen Tempel, der aus dem Heiligen und dem Allerheiligsten bestand, und des Weiteren all die Höfe (Vorhöfe), Hallen und Nebengebäude - welch ein prächtiges Bauwerk!

  Jesus hatte gerade zuvor gesagt, dass dieses Haus öde gelassen werde (Mat.23:38). So mussten sich die Jünger fragen: Dieses herrliche Gebäude, in dem der Name Jewes, des Elohims Israels, wohnt - sollte es nicht für immer bestehen bleiben? Und sie zeigten auf die Weihestätte und priesen ihre Pracht (Mat.24:1; Mark.13:1).

  Jesu Antwort war ernüchternd: Kein Stein wird auf dem anderen bleiben! Erinnerten sie sich denn nicht daran, dass Gott wegen der Bosheit des Volkes bereits den Tempel Salomos im Jahr 587 v. Chr. durch die Chaldäer hatte zerstören lassen (1.Kön.9:6-9; Jer.7:14; Micha 3:12)?

  Dies würde alsbald wieder geschehen, nicht nur dass Jerusalem in Trümmer gelegt wird, wie der Herr es in diesen Tagen gesagt hatte, weil Israel die Frist seiner gnadenreichen Heimsuchung durch Jesus nicht erkannt hatte (Luk.19:44), sondern auch die Weihestätte.

  Die große Rede Jesu umfasst die gesamte Zukunft von jenem Jahr

32 n. Chr. an bis in die Endzeit, den letzten Jahrsiebener der für Israel abgetrennten siebzig Jahrsiebener (Dan.9:24), hinein und bis zur Wiederkunft Jesu zu Seinem Volk Israel.

  Manches ist inzwischen schon einmal geschehen und wird in ähnlicher Weise nochmals geschehen: einmal in der nahen Zukunft bis zur Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. und ein andermal in ferner (heute nicht mehr fernen) Zukunft der siebenjährigen Endzeit. Wie sagt der Prediger?: »Was ist das, was war? Es ist das, was wieder sein wird. Und was ist das, was getan wurde? Es ist das, was wieder getan wird. Und es gibt es nichts ganz Neues unter der Sonne« (Pred.1:9).

  Jesus sprach von der Eroberung und Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 n. Chr. Jerusalem wird aber auch in der Endzeit wieder erobert werden, wobei allerdings nur die Hälfte der Bewohner in die Gefangenschaft weggeführt wird (Sach.14:2).

  Die große Endzeitrede des Herrn ist auch in Matthäus 24 und Markus 13 verzeichnet; Lukas berichtet darüber hinaus weitere Einzelheiten der Rede.

 

Wann wird dies geschehen?

 

  »Da fragten sie Ihn: Lehrer, wann wird das nun sein, und welches ist das Zeichen, wenn dieses Geschehen bevorsteht? - Er aber antwortete: Hütet euch, damit ihr nicht irregeführt werdet! Denn viele werden in Meinem Namen kommen und sagen: Ich bin es! - und: Der Zeitpunkt hat sich genaht! - Geht ihnen nicht nach! Wenn ihr aber von Schlachten und Aufruhr hört, erschreckt nicht; denn das muss zuerst geschehen, jedoch ist es nicht sofort die Vollendung« (Verse 7-9).

  Die Frage nach dem Zeitpunkt beantwortete der Herr nicht; die Jünger sollten ihn nicht wissen, damit sie nicht entmutigt würden. »Euch steht es nicht zu, die Zeiten oder Fristen zu erfahren, die der Vater in eigener Vollmacht festgesetzt hat«, sagte Jesus kurz vor Seiner Himmelfahrt (Ap.1:7).

  Er nannte aber einige Zeichen. Da werden sich Irreführer einfinden und behaupten, im Namen Jesu zu kommen oder sogar selbst der Messias zu sein; sie werden sagen, das Königreich sei ganz nahe und man habe alles aufzugeben und ihnen zu folgen. Vor denen sollen sich die Jünger hüten. Dementsprechend warnte auch der Apostel Johannes: »Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen« (1.Joh.4:1).

  In den Jahrzehnten vor dem Jüdischen Krieg sollen viele falsche Christusse in Israel aufgetreten sein. In der Endzeit werden die falschen Heilande und Propheten sogar große Zeichen geben und Wunder tun (Mat.24:24). Schließlich wird der größte der falschen Propheten die ganze Menschheit veranlassen, das Bild des wilden Tieres anzubeten (Off.13:15). Und der Reiter auf dem weißen Pferd, der Antichristus, wird der Welt als der Messias erscheinen (Off.6:1).

  Von Schlachten und Aufruhren werden die Jünger hören. In der Zeit vor dem von 66 bis 70 n. Chr. wütenden Jüdischen Krieg gab es mancherlei Konflikte der Juden mit den Römern und Aufstände gegen sie. Gegen die Endzeit hin werden sie die Kriegszüge des Königs des Nordlands und die des Königs des Südlands beobachten (Dan.11:5-19).

  Aber alle diese entsetzlichen Ereignisse sollen die Jünger nicht in Schrecken versetzen, weil alles so geschehen muss nach dem weisen Ratschluss ihres alles bewirkenden Gottes und Vaters (Eph.1:11); alles dient Seinen Zielen.

 

Erdbeben und Hungersnöte

 

  »Dann sagte Er zu ihnen: Es wird Nation gegen Nation und Königreich gegen Königreich erweckt werden; auch werden große Erdbeben und stellenweise Hungersnöte und Seuchen sein; furchtbare Dinge und auch große Zeichen vom Himmel werden sein« (Verse 10+11).

  Nach Matthäus 24:8 ist dies alles erst der Anfang der Wehen. Zwar gab es in den Jahren bis 70 n. Chr. auch Erdbeben (in Kleinasien und Kampanien), und unter Kaiser Klaudius (41-54 n. Chr.) herrschte (wohl in den ersten Jahren seiner Regierung) eine große Hungersnot (Ap.11:28) - diese Zeichen: Kriege, Erdbeben, Hungersnot und die darauf folgenden Seuchen sowie Veränderungen am Himmel werden aber erst in der Endzeit massiv geschehen und den Jüngern - weil sie ihnen angesagt waren - zum Zuspruch dienen und sie zum Ausharren veranlassen. Die Kriege kommen nach der Öffnung des zweiten Siegels (Off.6:3,4), die Hungersnöte unter dem dritten Siegel (Off.6:5,6) und die Seuchen unter dem vierten Siegel über die Welt (Off.6:7,8). Die Zeichen am Himmel werden auch in Joel 3:3,4, in Matthäus 24:30 und im Buch der Enthüllung erwähnt und näher beschrieben (Off.6:12,14; 12:1,3; 14:6; 15:1).

 

Verfolgungen

 

  Dann kündigte der Herr Jesus Christus Verfolgungen für die Jünger an. Die Gläubigen werden im gegenwärtigen bösen Äon (Gal.1:4) zwar grundsätzlich verfolgt, so wie geschrieben steht: »Deinetwegen werden wir den ganzen Tag zu Tode gebracht, wie zu den Schlachtschafen werden wir gerechnet« (Röm.8:36), weil wir einen anderen Geist als die Welt haben und der Satan in den Söhnen der Widerspenstigkeit wirkt (Eph.2:2), in den sich zuspitzenden Zeiten wird man die Heiligen aber ganz besonders bedrängen - ihnen zum Zeichen für die nahe Wiederkunft ihres Herrn und Retters.

  »Schon vor diesem allen werden sie ihre Hände an euch legen, euch verfolgen und an die Synagogen und Gefängnisse überantworten, und ihr werdet abgeführt werden vor Könige und Regierende wegen meines Namens. Das wird euch aber Gelegenheit zum Zeugnis bieten. Daher nehmt es euch in euren Herzen vor, nicht für eure Verteidigung vorzusorgen; denn ich werde euch Worte in den Mund und Weisheit geben, denen alle, die euch widerstreben, nicht werden widerstehen oder widersprechen können. Ihr werdet aber auch von Eltern und Brüdern, Verwandten und Freunden überantwortet werden, und man wird einige von euch zu Tode bringen. ja, ihr werdet um Meines Namens willen von allen gehasst werden. Aber keinesfalls soll ein Haar von eurem Haupt verloren gehen. Durch euer Ausharren werdet ihr eure Seelen erwerben« (Verse 12-19).

  In diesem Äon - damals zur Zeit der Apostelgeschichte und erst recht in der Endzeit - werden den Gläubigen noch viele Haare ausgerauft werden, und viele werden umgebracht werden, aber ihre Seele, das heißt ihr Bewusstsein, womit praktisch sie selbst gemeint sind, wird die Herrlichkeiten des zukünftigen Äons und Königreichs genießen; kein Haar wird ihnen dann fehlen. Alle, die dem Herrn treu bleiben und ausharren bis zur Vollendung (Mark.13:13), werden das äonische Leben erlangen.

  Und wenn die Jünger abgeführt und vor Gericht gestellt werden, wird der Herr ihnen in den Kräften des zukünftigen Äons (Heb.6:5) die trefflichen Worte in den Mund legen. Durch Seinen heiligen Geist wird Er die Seinen zur selben Stunde lehren, was sie sagen müssen (Luk.12:12). So wird zum Beispiel berichtet, dass Petrus, »mit heiligem Geist erfüllt«, zu den Rechenschaft fordernden Oberen des Volkes sprach (Ap.4:8). Der Herr lässt die Treuen nicht ohne Beistand und Zuspruch.

  Zum Zuspruch wird den Jüngern des Weiteren ihr Wissen sein, dass ihnen all die Drangsale um des Namens Jesu willen widerfahren. Der Hass der Welt gegen sie ist Ausdruck des Hasses gegen ihren Herrn (Mat.10:22; 24:9; Joh.15:21; Ap.5:41).

 

Jerusalem von Heerlagern umzingelt

 

  Der Herr setzte Seine Rede fort:

  »Wenn ihr Jerusalem von Heerlagern umzingelt seht, dann erkennt, dass sich seine Verödung genaht hat. Dann sollen die in Judäa in die Berge fliehen, die mitten in der Stadt sollen aus ihr weichen, und die auf dem Land sollen nicht in sie hineingehen; denn dies sind Tage der Rache, damit alles, was geschrieben ist, erfüllt werde. Wehe aber den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen! Denn im Land wird große Not sein und Zorn über diesem Volk« (Verse 20-23).

  Im Jüdischen Krieg, endend mit der Zerstörung Jerusalems und der Weihestätte, war die Stadt von gewaltigen Heerlagern eingeschlossen. Dies wird wieder geschehen: »Die Stadt und das Heiligtum werden mit dem Kommen des anderen Beherrschers (des Antichristusses) zerstört werden« (Dan.9:26). »Armeen von ihm werden dastehen und das Heiligtum, die Hochburg, entweihen, das beständige Ritual abschaffen und den Gräuel der Verödung aufstellen« (Dan.11:31). Der Gräuel der Verödung ist das sprechende Standbild des wilden Tieres (Off.13:13) in dem des jüdischen Rituals entleerten und mithin verödeten Tempel.

  Die Gläubigen sollen in höchster Eile fliehen und noch nicht einmal in ihr Haus zurückkehren, um etwas mitzunehmen (Mat.24:17); der Herr wird sie in der Wildnis der Berge Judas dreieinhalb Jahre ernähren (Off.12:6,14). Während des Jüdischen Krieges verließen die Jünger die Stadt und Judäa im Jahr 67 n. Chr. und flohen nach Pella im Ostjordanland.

  In der Endzeit, der Frist der Rache Jewes (Jer.51:6), wird der Zorn Gottes über das Volk Israel wegen all seiner Bosheit kommen. »Siehe! Der Tag Jewes kommt, grausam mit Ingrimm und Zorneshitze, um das Erdland zur Öde zu machen, und seine Sünder vertilgt Er von ihm weg. ... Deshalb will Ich die Himmel erschüttern, und das Erdland erbebt weg von seiner Stätte bei dem Ingrimm Jewes der Heere und am Tag Seiner Zorneshitze« (Jes.13:9,13).

  Lukas berichtet den Abschnitt der Verse 20 bis 23 der Rede Jesu eher unter dem Aspekt des Zorns Gottes über Israel im ersten Jahrhundert n. Chr.; wie denn auch Paulus schreibt: »Uns verwehren sie (die Juden), zu den Nationen zu sprechen, dass diese gerettet werden, und machen so allezeit ihr Sündenmaß voll. Es kommt aber der Zorn, der zum Abschluss führt, schon im Voraus über sie« (1.Thess.2:16).

 

Unter alle Nationen zerstreut

 

  Wir lesen weiter:

  »Sie werden durch des Schwertes Schneide fallen und unter alle Nationen gefangen weggeführt werden« (Vers 24 a).

  Dies geschah im Jahr 70 n. Chr.

  Mose hatte es ebenfalls angesagt: »Jewe wird dich unter alle Völker zerstreuen von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde« (5.Mose 28:64).

  »Und Jerusalem wird von den Nationen getreten werden, bis die Fristen der Nationen erfüllt sind« (Vers 24 b).

  Wann begannen die Fristen der Nationen? Sie begannen mit König Nebukadnezar II von Babel, der von 606 bis 562 v. Chr. regierte. Er ist das im Traum geschaute Haupt aus Gold des Standbildes (Dan.2:32), wie Daniel es dem König ansagte: »Du, o König, bist der König der Könige, da dir der Elah der Himmel ein sicher geschütztes Königreich, dazu Macht, Verherrlichung und Würde gewährt hat. An jedem Ort, wo Söhne der Menschen weilen, das Wildgetier des Feldes, die Flügler der Himmel und die Fische des Meeres: Er hat sie in deine Hand gegeben. Er gibt dir Vollmacht über sie alle: Du bist es, das Haupt aus Gold« (Dan.2:37,38).

  Die Macht über alle Nationen, die Israel verheißen war (5.Mose 28:1,13), gab Gott dem Nebukadnezar. Die priesterliche Obergewalt und Vermittlerrolle aber blieb noch bei Israel. Sie bauten den Tempel wieder auf. Mit ihrer Verwerfung verloren sie auch diese (Röm.11:15).

  Wann enden die Fristen der Nationen? Mit dem Ende des gegenwärtigen bösen Äons. Der letzte Zeitabschnitt der Zertretung Jerusalems ist die zweite Hälfte des letzten Jahrsiebeners, von der es heißt: »Und die heilige Stadt werden sie (die Nationen) 42 Monate lang treten« (Off.11:2; siehe auch Sach.14:2). Mit der Wiederkunft Jesu Christi zu Seinem Volk wird das königliche und priesterliche Volk Israel die politische und die zur Gottesverehrung führende Herrschaft über die Erde übernehmen.

 

Zeichen an Sonne, Mond und Gestirnen

 

  Dann gab der Herr Seinen Jüngern weitere Zeichen an, und zwar solche, die Seinem zweiten Kommen vorausgehen:

  »Dann werden Zeichen an Sonne, Mond und den Gestirnen sein, und auf der Erde wird Beklemmung der Nationen vor Ratlosigkeit beim Brausen des Meeres und bei der Erschütterung sein, wobei die Menschen in Furcht und Vorahnung vor dem erstarren, was über die Wohnerde kommt; denn die Mächte der Himmel werden erschüttert werden. Dann wird man den Sohn des Menschen in einer Wolke mit Macht und großer Herrlichkeit kommen sehen. - Wenn aber dies zu geschehen beginnt, dann richtet euch empor und erhebt eure Häupter, weil eure Freilösung naht« (Verse 25-28).

  Unter dem »Brausen des Meeres« wird man hier nicht das Völkermeer verstehen, zumal es schon immer hin- und her wogte; und bei den »Mächten der Himmel« wird man nicht an geistliche Mächte denken (wenn diese auch beteiligt sind). Alle diese Beben und hohen Wellen, die Verfinsterung der Sonne und des Mondes oder dass der Mond blutrot wird und die Sterne auf die Erde fallen (Off.6:12,13; Joel 2:10), sind extrem außerordentliche irdische und kosmische Naturereignisse. Die Menschen werden ahnen, dass geistliche Mächte dahinterstehen, ja im Grunde wissen, dass der Tag des Zorns des Lämmleins gekommen ist (Off.6:17). Es ist die Zeit des sechsten Siegels in der zweiten Hälfte des letzten Jahrsiebeners (Off.6:12-17; Jes.34:4; Joel 3:3,4).

  Und dann wird der Herr und König Jesus Christus mit großer Macht und Herrlichkeit wiederkommen (Mat.24:30),wie auch in Daniel 7:13,14 angesagt: »Siehe, da kam mit den Wolken der Himmel einer wie eines Sterblichen Sohn; Er kam zu dem Verfüger über Tage und wurde nahe zu Ihm gebracht. Dann wurde Ihm Vollmacht, Würde und ein Königreich gewährt, und alle Völker, Stämme und Zungen sollen Ihm dienen; Seine Vollmacht, eine äonische Vollmacht, wird (für die Äonen) nicht vergehen, und Sein Königreich wird (räumlich) unbegrenzt sein.«

  In all den Nöten und Drangsalen zuvor aber dürfen die Gläubigen ihre Häupter erheben, weil sie wissen, dass ihre Freilösung naht. Freilösung (griech. apolytrõsis) ist mehr als eine schlichte Erlösung (griech. lytrõsis ), nämlich eine völlige und unverrückbare Befreiung aufgrund der Herrschaft des Messias für die Äonen.

  Der Menschheit wird der Atem vor Furcht stocken, die Jünger Jesu aber werden voller Zuversicht und Vorfreude sein.

  Was uns betrifft, die Glieder der Leibesgemeinde (Eph.1:22,23) - wir werden vor der Zeit des Zorns zu unserem Herrn und Haupt hin entrückt  (Röm.5:9; 1.Thess.1:10; 4:17; 5:9).

 

Dann ist das Königreich nahe

 

  »Weiter erzählte Er ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und all die anderen Bäume an. Wenn sie bereits knospen und ihr dies erblickt, dann erkennt ihr von selbst, dass der Sommer schon nahe ist. So auch ihr: wenn ihr dies alles eintreffen seht, dann erkennt daran, dass das Königreich Gottes nahe ist« (Verse 29-31).

  In der Endzeit werden die Jünger völlige Gewissheit über die Nähe des Königreichs haben, ebenso wie der zuerst sprossende Feigenbaum ein sicherer Vorbote des Frühlings ist; und zusammen mit all den anderen Bäumen kündigt er auch den Sommer an.

  Der Feigenbaum ist ein Symbol für Israel, insbesondere für Sicherheit, Frieden und den Schutz unter einer gerechten Regierung (1.Kön.5:5; Jer.8:13; 24; Hos.9:10; Micha 4:4; Sach.3:10).

  Ob Israel wohl heute schon, im Jahr 2010, knospt? Nach der Entrückung der gegenwärtigen, aus Juden und Nichtjuden bestehenden Gemeinde wird Sich unser Herr wieder Seinem Volk zuwenden, das Licht der Erkenntnis Gottes entzünden und Glauben wecken. Noch ist Israel verworfen (Röm.11:15). Ohne Geist Gottes kein Knospen! Mögen viele der in der Endzeit gläubigen Juden zu den Überwindern gehören (Off.2:7,11,17,26), damit sie das Königreich aber auch tatsächlich erlangen!

 

Keinesfalls sollte diese Generation vergehen

 

  »Wahrlich, Ich sage euch: Keinesfalls sollte diese Generation vergehen, bis dies alles geschehen ist« (Vers 32).

  Wenn manche Übersetzungen hier schreiben: »Diese Generation wird nicht vergehen ...«, so lassen sie unseren Herrn etwas sagen, was sich nicht erfüllte. Jesu Generation, das heißt die Erwachsenen Seiner Zeit, Seine Altersstufe im weiteren Sinn, verging.

  Abgesehen davon, dass das Wort »vergehen« in der Möglichkeitsform steht, bietet die kleine griechische Partikel »an« den Schlüssel zur Lösung. Sie bedeutet etwa »gleichsam«, »wohl« und bezeichnet eine Möglichkeit, die von gewissen Umständen abhängt, und wird, wenn sie in Verbindung mit einem Verb steht, durch Modalverben, wie »möge«, »hätte«, »würde« oder »sollte«, wiedergegeben.

  Deshalb ist folgender Gedanke auszudrücken: Das Verheißene hätte geschehen sollen, wenn Israel die Voraussetzungen erfüllt und den Messias angenommen hätte. Mithin ist zu übersetzen: »Diese Generation sollte nicht vergehen«. Unser Herr Jesus Christus wusste genau, dass nicht Sein Königreich, sondern Sein Kreuz aufgerichtet werden würde. Und so drückte Er Sich wahrheitsgemäß aus. Ein kleines Wort von nur zwei Buchstaben aus Seinem Mund gibt uns volle Klarheit.

 

Meine Worte vergehen nicht

 

  »Der Himmel und die Erde werden vergehen, aber Meine Worte werden keinesfalls vergehen« (Vers 33).

  Mit diesem Wort bekräftigte Jesus die Glaubwürdigkeit Seiner Rede.

  Dieser Himmel und diese Erde werden nach der tausendjährigen Regentschaft Jesu vergeben (Jes.51:6; Ps.102:27; Heb.1:11; 2.Pet.3:7,10,12; Off.20:11). »Doch das Wort unseres Elohim besteht für äonisch« (Jes.40:8; Ps.119:89). Sein Wort wird sich erfüllen. »Er (Jewe) spricht, und es geschieht, Er gebietet, und es steht da« (Ps.33:9).

  Für den letzten Äon dann sah der Apostel Johannes einen neuen Himmel und eine neue Erde (Off.21:1; 2.Pet.3:13).

 

Ermahnung zur Wachsamkeit

 

  Der Herr schloss seine Rede mit einer wichtigen Ermahnung:

  »Gebt auf euch selbst Acht, damit eure Herzen nicht etwa durch trunkenen Taumel und Rausch oder durch Sorgen um die Lebensbedürfnisse beschwert werden und jener Tag unvermutet wie eine Falle vor euch stehe; denn er wird über alle hereinbrechen, die auf dem Angesicht der gesamten Erde ihren Wohnsitz haben. Daher wachet, bei jeder Gelegenheit flehend, damit ihr imstande seid, diesem allen, was zukünftig geschehen soll, zu entrinnen und vor den Sohn des Menschen gestellt zu werden« (Verse 34-36).

  Gebt auf euch selbst Acht, wachet und flehet! Dies sind die Schwerpunkte der Ermahnung. Wer nicht auf sich selbst achtet, indem er sich in seiner Lebensführung ablenken lässt, weg vom Wort Gottes -, wer nicht wacht, also nicht aufpasst, was die Zeichen der Zeit sagen, und nicht ständig bereit ist - sprungbereit -, den Messias zu empfangen-, wer nicht bei jeder Gelegenheit bittet, in den Drangsalen standhaft zu bleiben, den werden die Ereignisse überrollen. Die Treuen aber werden fest stehen und ausharren (Off.14:12).

  Ganz anders verhält es sich bei uns, der Leibesgemeinde, nach dem Evangelium des Apostels Paulus: Wir sind und bleiben und werden allein in der Gnade gerettet (Eph.2:8), ob wir wachen oder schlummern (1.Thess.5:10).

 

So lehrte Jesus die Tage über

 

  Das Kapitel 21 schließt mit den Versen 37 und 38:

  »So lehrte Er die Tage über in der Weihestätte, doch des Nachts ging Er hinaus und nächtigte auf dem Berg, der Ölberg heißt. Frühmorgens aber kam das gesamte Volk zu Ihm in die Weihestätte, um Ihn zu hören.«

  Es ist durchaus anzunehmen, dass unser Herr in Bethanien nächtigte (Mark.11:11). Die Menge hörte Ihn gern und machte sich deshalb schon früh auf.

  Diese allgemeine Bemerkung des Lukas markiert zugleich das Ende der öffentlichen Verkündigung Jesu. Das Passahfest nahte und damit Jesu Leiden und Sterben.

 

 

Das Passahmahl Jesu

(Lukas 22:1-53)

 

  »Nun nahte das Fest der ungesäuerten Brote, das Passah genannt wird« (Vers 1).

  Das Passahlamm war am 14. Nisan zu essen (3. Mose 23:5). Am

15. Nisan war das Fest der ungesäuerten Brote; sieben Tage lang, also vom 15. bis 21. Nisan, aßen die Juden ungesäuerte Brote zur Erinnerung an ihren Auszug aus Ägypten (3.Mose 23:6).

  Man nannte das Fest der ungesäuerten Brote aber auch Passah und schloss zugleich den Begriff »Passah« in das siebentätige Fest ein, weil schon am Passahtag alles Gesäuerte aus den Häusern entfernt werden musste (2.Mose 12:15). Wenn in 2.Mose 12:15, Matthäus 26:17 und Markus 14:12 vom ersten Tag des Festes die Rede ist, ist mithin praktisch der Passahtag gemeint, der Tag vor dem Fest.

  Unser Herr zog übrigens das Passahmahl um einen Tag vor (Joh.13:1), wie auch viele andere Juden, weil die Schlachtung der vielen Lämmer nicht an einem Tag vollzogen werden konnte, weshalb auch die außerhalb Jerusalems Wohnenden das Passah vorher aßen.

  Wir schreiben das Jahr 32 n. Chr.

 

Die Verratsabsicht des Judas

 

  »Da suchten die Hohenpriester und Schriftgelehrten, wie sie Ihn hinrichten lassen könnten; denn sie fürchteten das Volk. Es fuhr aber Satan in Judas,. der Iskariot heißt und aus der Zahl der Zwölf war. Der ging hin und besprach sich mit den Hohenpriestern und ihren Hauptleuten, wie er Ihn ihnen verraten sollte. Hierüber freuten sie sich und kamen mit ihm überein, ihm Geld zu geben. Er stimmte zu und suchte eine günstige Gelegenheit, um Ihn ihnen ohne Wissen der Volksmenge zu verraten« (Verse 2-6).

  Das Problem für die Oberen war, Jesus unauffällig gefangen zu nehmen. Judas Iskariot wollte eine günstige Gelegenheit dafür ausfindig machen. »Der Iskariote« mag »Mann aus Karioth«, einem Ort in Juda, oder »Mann der Landstädte« bedeuten. Die Motive des Judas sind uns nicht bekannt; vielleicht war er mit Jesus unzufrieden, vielleicht lag es an seiner Geldgier (Joh.12:6), vielleicht wusste er selbst nicht so recht, was ihn trieb. Auf jeden Fall muss es ihm am Glauben gemangelt haben, was der Satan ausnutzte. Ohne die Besessenheit durch den Satan hätte Judas es allerdings nicht getan. Zu diesem Zweck aber - dem des Verrats - hatte Jesus ihn als Apostel auserwählt (Luk.6:13; Joh.6:70; 13:18).

 

Die Vorbereitung des Passahmahls

 

  »Als der Tag der ungesäuerten Brote kam, an dem man das Passah opfern musste, schickte Er Petrus und Johannes aus und sagte: Geht hin und bereitet uns das Passah, damit wir es essen. - Sie fragten Ihn: Wo willst Du das Passah essen? Wo sollen wir es bereiten? - Da antwortete Er ihnen: Siehe, wenn ihr in die Stadt hineinkommt, wird euch ein Mann begegnen, der einen Topf Wasser trägt; folgt ihm in das Haus, in das er hineingeht, redet mit dem Hausherrn jenes Hauses und sagt: Der Lehrer lässt dich fragen: Wo ist Mein Gastzimmer, wo Ich das Passah mit Meinen Jüngern essen kann? Dann wird jener euch einen großen Söller mit ausgebreiteten Polstern zeigen, dort bereitet das Mahl. - Da gingen sie hin und fanden alles so, wie Er es ihnen angesagt hatte, und bereiteten das Passah« (Verse 7-13).

  Der Tag, der da nahe gekommen war, war in diesem Fall der vorgezogene Passahtag, also der 13. Nisan. Als unser Herr Seine Jünger aussandte, ging der 12. Nisan mit dem Abend um 18 Uhr zu Ende. Das Mahl dann fand am Abend (Mat.26:20; Mark.14:17) des 13. Nisan statt, der um 18 Uhr begonnen hatte, nicht am 14. Nisan, zumal die vielen Ereignisse aus zeitlichen Gründen gar nicht alle am 14. geschehen konnten. Die Vorziehung war legitim, da der Neumond meist vor dem für einen oder zwei Tage später festgesetzten 1. Nisan lag. Das Mahl fand »vor dem Passahfest« (Joh.13:1), also nicht am 14., sondern am 13. Nisan statt.

  Jesus hatte den zwei ausgesandten Aposteln alles, was sie vorfinden würden, mit prophetischem Blick angesagt. Ein wassertragender Mann war eine Seltenheit und mithin ein deutliches Zeichen. Und ein Gastzimmer im überfüllten Jerusalem zu finden, war ein Wunder. Der Hausherr war sicherlich ein Jünger.

 

 

 

 

Erst im Königreich wird Jesus das Passah wieder essen

 

  »Als die Stunde gekommen war, ließ Er Sich nieder und die zwölf Apostel mit Ihm. Dann sagte Er zu ihnen: Sehnlich verlangt es Mich, dieses Passah vor Meinem Leiden mit euch zu essen; denn Ich sage euch: Ich werde keinesfalls davon essen, bis es im Königreich Gottes erfüllt werde. - Dann ließ Er Sich den Becher reichen, dankte und sagte: Nehmt diesen und teilt ihn unter euch; denn Ich sage euch: Ich werde von nun an keinesfalls vom Ertrag des Weinstocks trinken, bis das Königreich kommt« (Verse 14-18).

  Sehnlich verlangte unser Herr nach diesem Passahmahl in der Gemeinschaft Seiner Apostel, die Er liebte und um die Er Sich dreieinhalb Jahre gemüht hatte. Er sprach von Seinem Leiden; das Königreich würde später kommen. Eine ernste Stille wird sich über die Versammelten gelegt haben.

  An sich ist das Passah eine Freude. Wein ist das Symbol der Freude. Wein erfreut das Herz des Sterblichen, und Brot labt es, heißt es in Psalm 104:15. Das Passah drückt die Freude über die Befreiung aus Ägypten aus und ist eine Vorschattung auf das Hochzeitsmahl zwischen dem Bräutigam Jesus und der Braut Israel im Königreich (Off.3:20; 19:9), wenn es in vollendeter Weise gefeiert wird, weil die Juden von wirklich allem Bedrückenden befreit sein werden. Dann erst werden sie in die Sabbatruhe, in das Feiern Gottes eingehen (Heb.4:9,10).

 

Die Einsetzungsworte

 

  »Darauf nahm Er Brot, dankte, brach es, gab es ihnen und sagte: Nehmt! Dieses ist Mein Körper, der für euch gegeben wird; dies tut zu Meinem Gedächtnis! - In derselben Weise nahm Er auch den Becher nach dem Mahl und sagte: Dieser Becher ist der neue Bund in Meinem Blut, das für euch vergossen wird« (Verse 19+20).

  Mit diesen Worten konzentrierte der Herr das Passah auf Seine Person. Wahre Labsal und Freude liegen nicht in Brot und Wein oder der Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten, sondern in Jesu Dahingabe als Opfer für die Sünden, damit Sünde und Tod abgetan würden und Fristen der Erfrischung kommen mögen (Ap.3:20). Er ist das wahre Passahlamm, das der Welt Sünde auf Sich nimmt (Joh.1:29).

  Zur Erinnerung an Jesu Leiden und Sterben feierten die Jünger in ihren Jahrzehnten und feiern auch wir das Gedächtnismahl. In Christi Blut sind wir gerechtfertigt (Röm.5:9), durch Seinen Tod mit dem Vater ausgesöhnt (Röm.5:10).

  Der alte Bund war am Berg Sinai geschlossen worden (2.Mose 24:8); den haben die Israeliten gebrochen. Der neue Bund wird mit Israel geschlossen werden, wenn Jesus ihre Sünden wegnimmt (Röm.11:27; Jer.31:31-34). Gestiftet aber wurde dieser Bund bereits in Jesu Blut, und zwar als Er Sich durch äonischen Geist Gott makellos darbrachte (Heb.9:14).

  Selbstverständlich sind das Brot und der Wein nicht buchstäblich Christi Leib und Blut, sondern bedeuten dies.

  Jesus hatte den Juden gesagt: »Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt, hat äonisches Leben« (Joh.6:54); ja, wer glaubend Sein Opfer annimmt, wird in den zukünftigen Äonen leben.

 

Die Ankündigung des Verrats

 

  Dann sagte Jesus: »Indessen, siehe, die Hand Meines Verräters ist mit Mir auf dem Tisch. Der Sohn des Menschen geht zwar dahin, so wie es festgesetzt ist; indessen, wehe jenem Menschen, durch den Er verraten wird! - Da begannen sie, sich untereinander zu befragen, wer von ihnen es wohl sei, der vorhabe, dies zu verüben« (Verse 21-23).

  »Nach dem festgesetzten Ratschluss und der Vorerkenntnis Gottes« (Ap.2:23) sollte Jesus dahingegeben werden in Erfüllung der Schrift, insbesondere der Worte Gottes in Jesaia 53 und Psalm 22 sowie in Daniel 9:26.

  Eine besondere Tragik dabei war, dass Er von einem Seiner Vertrauten verraten werden sollte. Aber auch dies stand schon geschrieben: »Sogar der mir wohlgesinnte Mann, welchem ich vertraute, der mein Brot aß, erhebt seine Ferse hoch gegen mich« (Ps.41:10; vgl. 55:13-16).

  Inmitten der herzlichen Tischgemeinschaft ein Verräter und Todfeind! Welch ein bohrender Schmerz für unseren Herrn! Die Apostel waren ratlos und wurden sehr betrübt (Mat.26:22; Joh.13:22).

 

Wer der Größte sei

 

  »Dann entstand unter ihnen noch ein ehrsüchtiges Streiten darüber, wer von ihnen dafür gelte, der Größte zu sein. Er aber sagte ihnen: Bei den Nationen haben die Könige die Herrschaft über sie, und die über sie Vollmacht haben, werden Wohltäter genannt. Doch bei euch sollte es nicht so sein, sondern der Größte unter euch sei wie der Jüngste und der Führende wie ein Dienender. Denn wer ist der Größere, der zu Tisch liegt oder der bedient? Ist nicht er es, der zu Tisch liegt? Ich aber bin in eurer Mitte wie ein Dienender« (Verse 24-27).

  Jesus ist auf dem Weg zur tiefsten Erniedrigung - und die Apostel denken nur an sich selbst und ihre Rangordnung im Königreich. Größe aber wird am hingebungsvollen Dienen gemessen (siehe auch Mark.10:35-45; Joh.13:4-17). Der Größte ist Jesus, denn Er diente allen Menschen mit Seinem Gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod.

 

Verheißungen für die Apostel

 

  Sodann sagte Jesus: »Ihr nun seid es, die mit Mir in Meinen Anfechtungen ausgeharrt haben. Und so, wie Mir Mein Vater das Königreich durch einen Bund bestimmt hat, mache Ich einen Bund mit euch, damit ihr in Meinem Königreich an Meinem Tisch essen und trinken sollt. Auch werdet ihr auf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten« (Verse 28-30).

  Sehr wohl werden die mit dem Herrn ausharrenden und das demütige Dienen noch lernenden Apostel im Königreich die ihnen vom Vater bestimmten Plätze einnehmen (Mark.10:40) und hohe Aufgaben wahrnehmen (Mat.19:28; siehe ferner Off.21:12-14).

 

Ankündigung der Verleugnung des Petrus

 

  »Dann sagte der Herr: Simon, Simon, siehe, Satan fordert euch für sich, um euch wie das Getreide zu sieben. Ich aber habe für dich gefleht, damit dir dein Glaube nicht ausgehe; und wenn du dich einst umwendest, dann festige deine Brüder.

  Da antwortete er Ihm: Herr, ich bin bereit, mit Dir auch in das Gefängnis und in den Tod zu gehen! - Er aber entgegnete: Ich sage dir, Petrus, der Hahn wird heute nicht krähen, bis du dreimal verleugnen wirst, von Mir zu wissen« (Verse 31-34).

  Der Satan wollte die Apostel für sich gewinnen, indem er sie in Anfechtungen brächte und sie wie in einem Sieb hin und her schüttele, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Er hatte deshalb vor Gott die Apostel für sich gefordert, mithin Gott um sie gebeten, so wie er einst Gott gebeten hatte, Hiob versuchen zu dürfen (Hiob 1:11; 2:5). Immer wieder suchte Satan, wen er verschlingen könnte (1.Pet.5:8).

  Aber unser Herr Jesus Christus, der Sich stets für die Seinen verwendet (Röm.8:34; Heb.7:25), hatte Sich ebenfalls an Gott gewandt, und zwar für Petrus. Nur dieser Apostel wird hier genannt, weil er der Erste unter den Zwölf sein sollte und es darum besonders nötig hatte, in die Erniedrigung gebracht zu werden - durch Satan, durch die Verleugnung Jesu -, damit er von seiner Selbstbezogenheit und Selbstsicherheit befreit werde.

  Satans Aufgabe ist begrenzt. Er darf nur das Üble tun, das Gott in Gutes verwandeln will. Gott gebrauchte den Satan, um Petrus zu erziehen, der sich völlig überschätzte und meinte, dass sein Glaube und seine Treue zum Herrn ihm nicht ausgehe. Es war aber allein des Herrn Flehen, das ihn durch die Krise hindurchbrachte.

  Die Umwendung des Petrus begann mit seinem bitteren Schluchzen nach der Verleugnung (Luk.22:62) und wurde bei dem Gespräch des Herrn mit ihm am See Genezareth vollendet (Joh.21:15-19).

 

Die Verhältnisse haben sich geändert

 

  »Dann fragte Er sie: Als Ich euch ohne Beutel, Bettelsack und Sandalen aussandte, habt ihr da etwa Mangel an irgendetwas gelitten? - Da antworteten sie: An nichts! - Darauf sagte Er ihnen: Jedoch von nun an - wer einen Beutel hat, der nehme ihn mit sich, gleicherweise auch einen Bettelsack; und wer nichts hat, der verkaufe sein Obergewand und kaufe ein Schwert. Denn Ich sage euch: Dieses Schriftwort muss an Mir vollendet werden, nämlich: Unter die Gesetzlosen ist Er gerechnet worden. - So hat denn das, was Mich betrifft, seine Vollendung. - Da sagten sie: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter. - Er antwortete ihnen: Es ist genug« (Verse 35-38).

  Wahrlich, die Verhältnisse haben sich geändert! Bisher dominierten die Zeichen des sich nahenden Königreichs, und Jesu Ausgesandte (Luk.9:3; 10:4) wurden freundlich aufgenommen und bewirtet - jetzt aber bläst den Jüngern auf dem Hintergrund des in weite Ferne rückenden Königreichs der Wind des Widerstands der Welt entgegen.

  Sie müssen sich wappnen; sie müssen Proviant und Ersatz-Sandalen mit sich führen, wenn sie unterwegs sind. Und ein Schwert! Wenn ein Schwert nötiger ist als ein Obergewand, dann ist die Bosheit der Menschen bedrohlicher als die Kälte. Aber zuschlagen sollen sie damit nicht (Luk.22:51)! Gewiss trug man damals ein Schwert, um Straßenräuber abwehren zu können. Aber das Wort Gottes verkündigt und verteidigt man anders. Somit mag Jesu Wort vom Schwert besagen, dass sie gefährlichen Zeiten entgegengehen und sich schützen müssen.

  Wenn Jesus als Gesetzloser verurteilt wird - in Erfüllung des Wortes: »Den Übertretern wurde er zugerechnet« (Jes.53:12) und überhaupt in Erfüllung des gesamten Prophetenwortes über Sein rettendes Opfer -, dann wird man auch die Gläubigen als Übeltäter ansehen.

 

»Nicht Mein Wille, sondern der Deine geschehe!"«

 

  »Dann trat Er hinaus und ging nach Seiner Gewohnheit auf den Ölberg; dorthin folgten Ihm auch die Jünger. Als Er Sich an diesem Ort befand, sagte Er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Anfechtung hineinkommt! - Dann riss Er Sich von ihnen los; etwa einen Steinwurf entfernt kniete Er nieder und betete: Vater, wenn es Dein Beschluss ist, trage diesen Becher von Mir weg. Indessen, nicht Mein Wille, sondern der Deine geschehe! [Verse 43 und 44 nicht im Papyrus p 75, nicht in den Kodizes Alexandrinus, Vaticanus und Sinaiticus S 1 (erster, zeitgenössischer Korrektor).] - Als Er vom Gebet aufstand und zu den Jüngern kam, fand Er sie vor Betrübnis schlafend und sagte zu ihnen: Was schlummert ihr? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Anfechtung hineinkommt« (Verse 39-46).

  Nach dem Lobgesang (die Psalmen 113 und 114 sag man während des Mahls, die Psalmen 115 bis 118 zum Abschluss) zogen sie hinaus auf den Ölberg in den Garten Gethsemane (zu deutsch: Ölkelter) (Mat.26:36; Mark.14:32). Judas, der Verräter, war auch mit diesem Ort vertraut, weil Jesus Sich dort oftmals mit Seinen Jüngern versammelt hatte (Joh.18:2).

  Der Herr ermahnte Seine Apostel dringlich zu beten, damit ihnen nichts zur Anfechtung werde. Indem wir beten, halten wir uns zu Gott, und der Satan kann uns nicht zu Fall bringen.

  Lukas gibt nur einen knappen Bericht; eine ausführliche Darstellung der Gebete und mahnenden Worte Jesu findet sich in Matthäus 26:36-46 und Markus 14:32-42.

  Jesus hatte, als Er in die Welt kam, betont: »Siehe, Ich treffe ein, um Deinen Willen, o Gott, zu tun!« (Heb.10:9). Jetzt, unmittelbar vor Seinem Leiden und Sterben, war der entscheidende Moment gekommen: Muss es ein? - Ja, es muss sein; anders als durch Seinen Opfertod gibt es keine Rettung und Aussöhnung des Alls!

  Mögen übrigens auch wir stets so beten: »Indessen, nicht mein Wille, sondern der Deine geschehe!«

  Es war die Ehre und Herrlichkeit des Sohnes, Seinen Willen dem Seines Vaters unterzuordnen. So wurde Er gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod (Phil.2:8).

  Jesu Gebet in Gethsemane war eines Seiner vielen Gebete, von denen in Hebräer 5:7 geschrieben steht, dass Jesus »in den Tagen Seines Fleisches sowohl Flehen wie auch inständige Bittrufe mit starkem Geschrei und Tränen dem darbrachte, der Ihn aus dem Tode retten konnte; Er wurde wegen Seiner Ehrfurcht erhört.« Gott rettete Ihn aus dem Tode, indem Er Ihn auferweckte; und Er erhöhte Ihn überaus (Phil.2:9).

 

Die Gefangennahme Jesu

 

  »Während Er noch sprach, siehe, da kam eine Schar, und einer der Zwölf, der Judas hieß, ging ihnen voraus und näherte sich Jesus, um Ihn zu küssen. Jesus aber sagte zu ihm: Judas, mit einem Kuss verrätst du den Sohn des Menschen? - Als die um Ihn gewahrten, was bevorstand, fragten Sie Ihn: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen? - Und schon schlug jemand (einer von ihnen) auf den Sklaven des Hohenpriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. Jesus antwortete: Lasst es zu! Bis auf dieses. - Dann rührte Er die Ohrmuschel an und heilte ihn« (Verse 47-51).

  Einen Kuss, Ausdruck herzlichster Gemeinschaft, missbrauchend - den Sohn des Menschen, den verheißenen, dem das Königreich gewährt wird (Dan.7:13,14), verriet Judas auf diese schändliche Weise. Die Häscher sollten Jesus in der Dunkelheit nicht mit einem anderen verwechseln. Und dann trat Er ihnen entgegen - völlig gewiss, dass alles so geschehen müsse, sodass sie zurückwichen und zu Boden fielen (Joh.18:4-8).

  Petrus war es, der dem Sklaven namens Malchus das rechte Ohr abhieb (Joh.18:10). Jesus aber antwortete: »Lasst es zu!« Damit meinte Er Seine Gefangennahme. Mit den Worten: »Bis auf dieses« wies Er den Schwerthieb zurück und heilte das Ohr. Bisher hatte Er, soweit uns bekannt ist, noch nie einen Feind geheilt. Die Apostel hatten die zwei Schwerter (Vers 38) mit sich führen dürfen, damit der Herr sie nun die Feindesliebe lehren konnte. So sagte Er zu Petrus: »Stecke das Schwert in die Scheide! Soll Ich den Becher, den Mir der Vater gegeben hat, etwa nicht trinken?« (Joh.18:11), wie auch: »Stecke dein Schwert an seinen Platz; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen! Oder meinst du, dass Ich Meinem Vater nicht zusprechen könnte, und Er würde Mir jetzt mehr als zwölf Legionen Boten bereitstellen? Wie nun sollten denn die Schriften erfüllt werden, dass es so geschehen muss?« (Mat.26:52-54).

  »Zu den Hohenpriestern, Hauptleuten der Weihestätte und Ältesten, die gegen Ihn hergekommen waren, sagte Jesus: Wie gegen einen Wegelagerer seid ihr mit Schwertern und Knütteln ausgezogen. Als Ich täglich bei euch in der Weihestätte war, habt ihr keine Hand gegen Mich ausgestreckt. Dies jedoch ist eure Stunde und Vollmacht der Finsternis. - Da ergriffen sie Ihn, führten Ihn ab und brachten Ihn in das Haus des Hohenpriesters« (Verse 52-54 a).

  Die Hohenpriester und Ältesten waren der Truppe wohl mit einigem Abstand nachgefolgt. Ja, bei Tageslicht hatten sie sich nicht getraut, Jesus zu ergreifen (Luk.19:47), weil sie das Volk fürchteten (Luk.20:19; 22:6). Jetzt aber war es nicht nur finster, sondern es war auch die Stunde der Finsternis, des Satans und der Weltbeherrscher dieser Finsternis, der bösen Geister. So musste es nach Gottes Vorsatz sein, was unser Herr nach Matthäus 26:56 wie folgt ausdrückte: »Das Ganze ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt würden.«

 

 

Die Verhöre Jesu

(Lukas 22:54-23:31)

 

  Lukas schließt seinen Bericht über die Gefangennahme Jesu im Garten Gethsemane mit den Worten:

  »Da ergriffen sie Ihn, führten Ihn ab und brachten Ihn in das Haus des Hohenpriesters. Petrus jedoch folgte ihnen von ferne« (Vers 54).

 

Die Verhöre vor Hannas und Kaiphas

 

  Sie brachten den Herrn Jesus Christus nach dem Bericht des Johannes zuerst zu Hannas, dem Schwiegervater des Kaiphas, der Hoherpriester jenes Jahres war (Joh.18:13). Hannas und Kaiphas müssen in zwei nebeneinandergelegenen Häusern mit einem gemeinsamen Innenhof gewohnt haben, wo Petrus sich sowohl während des Verhörs durch Hannas wie auch während des durch Kaiphas aufhielt (Joh.18:16,24,25).

 

Die Verleugnung des Petrus

 

  »Als sie in der Mitte des Hofes ein Feuer angezündet hatten und zusammensaßen, setzte sich Petrus in ihre Mitte. Da gewahrte ihn eine Magd an der Lohe sitzen; und ihn unverwandt ansehend, sagte sie: Dieser war auch mit Ihm! - Er aber leugnete und sagte: Ich weiß nichts von Ihm, Frau! - Nach kurzer Zeit gewahrte ihn ein anderer und behauptete: Auch du bist einer von ihnen! - Petrus aber entgegnete: Mensch, ich bin es nicht! - Nach Verlauf von etwa einer Stunde behauptete ein anderer mit Bestimmtheit: In Wahrheit, auch dieser war mit Ihm, denn auch er ist ein Galiläer. - Da antwortete Petrus: Mensch, ich weiß nicht, was du sagst. - Und auf der Stelle, während er noch sprach, krähte ein Hahn. Darauf wandte Sich der Herr um und blickte Petrus an; nun erinnerte sich Petrus des Ausspruchs des Herrn, wie Er zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du Mich dreimal verleugnen. - Und Petrus ging hinaus und schluchzte bitterlich« (Verse 55-62).

  Petrus hatte dem Herrn selbstsicher versprochen: »Ich bin bereit, mit Dir auch in das Gefängnis und in den Tod zu gehen« (Luk.22:33). So stand er treu zu seinem Herrn, folgte der Truppe mit einigem Abstand und wagte sogar, den Hof des Hohenpriesters zu betreten. Wer aber zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle (1.Kor.10:12). Petrus setzte sich mutig zu den Sklaven, Mägden und Gerichtsdienern. Er konnte beobachten, wie Jesus verhört, geohrfeigt und verhöhnt wurde (Mat.26:66-68; Luk.22:63-65; Joh.18:22). Wenn sie seinen Herrn schlugen, was werden sie dann Seinen Jüngern antun? Todesangst vor den am Feuer Sitzenden, die ihn zu erkennen meinten, wird in ihm aufgestiegen sein, weil sie ihn dem Hohenpriester verraten könnten.

  Und Petrus verleugnete den Herrn. Da krähte ein Hahn. Jesus wandte Sich um und blickte Seinen Apostel an. Der erkannte schlagartig, was er getan hatte. Er ging hinaus und weinte bitterlich. Er hatte dem Herrn die Treue nicht bewahrt.

  Des Petrus Selbstsicherheit war zusammengebrochen. Dies gebrauchte Gott, um ihm die Lektion wahrer Größe beizubringen, wie er später selbst schrieb: »Gott widersetzt Sich den Stolzen, den Demütigen aber gibt Er Gnade. Demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit Er euch zur rechten Frist erhöhe!« (1.Pet.5:5,6).

  Des Petrus tiefer Fall wurde zu einer Grundlage seiner zukünftigen Festigkeit. Er sinnte um, weil Jesus für ihn gefleht hatte, dass sein Glaube nicht aufhöre; und wenn er sich umwende, soll er seine Brüder festigen (Luk.22:32). Als ein von tiefstem Herzen veränderter Mann konnte er sodann die Glaubensgeschwister festigen. Er konnte segensreich wirken, weil Gott segnend auf die Gedemütigten blickt, auf die, die zerschlagenen Geistes sind und die da erzittern vor Seinem Wort (Jes.66:2).

  Ja, so ist es: »Die Betrübnis nach dem Willen Gottes bewirkt Umsinnung zu einem unbereubaren Heil« (2.Kor.7:10).

 

Vor Hannas und Kaiphas

 

  Wir wenden uns wieder den Verhören zu. Lukas unterscheidet nicht zwischen dem vor Hannas und dem vor Kaiphas (Joh.18:13,24).

  »Die Männer, die Jesus verhaftet hielten, verhöhnten und schlugen Ihn. Dann bedeckten sie Sein Angesicht, schlugen Ihn und fragten: Prophezeie! Wer ist es, der Dich geschlagen hat? - Und noch vieles andere sagten sie lästernd gegen Ihn« (Verse 63-65).

  Mit dem üblen Fragespiel suchten sie Jesu prophetischen Anspruch zu widerlegen. Sie ließen Ihn den Hass spüren, den ihre Vorgesetzten gegen Ihn hatten. Wie geweissagt, wurde Jesus zu einem Verachteten (Ps.22:7; Jes.53:3). Es erfüllte sich das Wort vom Diener Jewes: »Meinen Rücken bot ich den Schlagenden und meine Wangen den Ausraufenden, mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmähungen und Speichel« (Jes.50:6).

 

Das Verhör vor dem Synedrium

 

  »Als es Tag geworden war, versammelte sich die Ältestenschaft des Volkes, Hohepriester und auch Schriftgelehrte. Die ließen Ihn in ihr Synedrium abführen und sagten: Wenn Du der Christus bist, dann sage es uns. - Er aber antwortete ihnen: Wenn Ich es euch sage, werdet ihr keinesfalls glauben. Wenn Ich euch frage, werdet ihr Mir keinesfalls antworten oder Mich freilassen. Jedoch - von nun an wird der Sohn des Menschen zur Rechten der Macht Gottes sitzen! - Da sagten sie alle: So bist Du nun der Sohn Gottes? - Er entgegnete ihnen: Ihr sagt es: Ich bin es. - Darauf riefen sie: Was brauchen wir noch Zeugnis? Denn wir haben es selbst aus Seinem Mund gehört!« (Verse 66-71).

  Über das Verhör vor dem Synedrium stehen in Matthäus 27:1 und Markus 15:1 keine Einzelheiten geschrieben, Lukas aber lässt uns wissen, dass diese Verhandlung im Grunde genau so verlief wie die vor Kaiphas (Mat.26:59-66; Mark.14:55-64; Joh.18:19-24).

  Urteile mussten am Tag gesprochen werden. Deshalb wurde das Synedrium, die oberste jüdische Behörde, am Morgen offiziell einberufen. Sie versammelten sich, wie in Psalm 2:2 gesagt, gegen Jewe und Seinen Gesalbten.

  Die alles entscheidende Frage war, ob Jesus der Messias ist; besser gesagt, ob Er Sich Selbst als den Messias bezeichne. Dies war der einzig mögliche Grund zur Verurteilung.

  Jesus sagte den Heuchlern unverblümt, dass sie Ihm sowieso nicht glauben würden. Unabhängig davon werde es aber in Kürze geschehen, dass der Sohn des Menschen zur Rechten der Macht Gottes sitzen wird. Den Mitgliedern des Synedriums fielen sofort die Worte von Psalm 110:1 ein: »Setze Dich zu Meiner Rechten« sowie Daniel 7:13, wonach der Sohn des Menschen nahe zu Gott gebracht wird. Und so wussten sie auch, was Jesus damit behauptet hatte, wie ihre Rückfrage zeigte: »So bist Du nun der Sohn Gottes?«

  Jesus erklärte ihnen, dass nicht Er, sondern sie dies gesagt hatten: »Ihr, ja ihr sagt, dass Ich, ja Ich es bin.« Somit lag formal gesehen kein Verurteilungsgrund vor, sie verstanden dieses Wort Jesu dennoch als Bestätigung, wie auch alles, was sie über Ihn wussten, nur auf genau dieses Eine hinauslaufen konnte, was sie sich aber nicht eingestehen wollten. Wer sich mithin nach ihrer verblendeten Meinung selbst zum Messias machte, hatte eine todeswürdige Gotteslästerung verübt.

  Trotz aller Zeichen und Wunder, die Jesus getan und Ihn als den Messias ausgewiesen hatten, verwarf Israel den Sohn Gottes.

 

Das Verhör vor Pilatus

 

  Todesurteile zu bestätigen und zu vollstrecken, hatten sich die Römer vorbehalten. Darum musste Jesus dem Statthalter vorgeführt werden.

  »Dann stand die gesamte Menge auf, und man führte Ihn zu Pilatus ab. Dort begann man Ihn zu verklagen und sagte: Wir haben befunden, dass dieser unsere Nation abwendig macht und verbietet, dem Kaiser Steuern zu geben, und sagt, Er Selbst sei Christus, ein König. - Pilatus fragte Ihn: Bist du der König der Juden? - Er antwortete ihm und entgegnete: Du sagst es! - Da rief Pilatus den Hohenpriestern und der Volksmenge zu: Ich finde keine Schuld an diesem Menschen. - Sie aber waren hartnäckig und entgegneten: Er hetzt das Volk auf, indem Er durch ganz Judäa hin lehrt, angefangen von Galiläa bis hierher« (Luk.23:1-5).

  Über dieses vierte Verhör, das erste vor Pilatus, wird in Matthäus 27:2+11-14, Markus 15:1-5 und Johannes 18:28-38 Weiteres berichtet. Lukas konzentriert seinen Bericht auf die zwei Anklagepunkte.

  Da die römischen Statthalter sich aus religiösen Streitigkeiten herauszuhalten suchten, begründeten die Juden ihre Anklage jetzt politisch, indem sie Jesus die Verweigerung der Steuer vorwarfen und dass Er als König gegen den Kaiser sei. Wieder wurde wahr, was in Psalm 35:11 geschrieben steht: »Zeugen des Unrechts erheben sich.«

  Nach der Acta Pilati, dem Bericht des Pilatus an den Kaiser, wusste er durch seine Horcher, dass Jesus auf die Frage, ob dem Kaiser Steuern zu geben seien, geantwortet hatte: »So bezahlt nun dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist« (Luk.20:25). Deshalb ging Pilatus auf den Anklagepunkt »Steuern« gar nicht ein. Ihm war auch bekannt, dass Jesus nie gegen die Römer geredet hatte. Die Aussage Jesus, dass dessen Königreich nicht von dieser Welt sei (Joh.18:36), wertete Pilatus, der die Messiashoffungen Israels kannte, als glaubwürdig. Ihm war auch klar, dass die Juden ihm Jesus aus Neid überantwortet hatten (Mat.27:18). So urteilte der Statthalter, dass Jesus unschuldig sei.

 

Das Verhör vor Herodes Antipas

 

  Die Ankläger hatten gesagt, dass Jesus das Volk, angefangen von Galiläa bis nach Judäa, aufhetze.

  »Als Pilatus »Galiläa« hörte, fragte er, ob der Mann Galiläer sei. Als er erfuhr, dass Er aus dem Vollmachtsgebiet des Herodes sei, sandte er Ihn zu Herodes, der in diesen Tagen ebenfalls in Jerusalem war. Herodes aber freute sich sehr, Jesus zu sehen; denn seit geraumer Zeit schon wollte er Ihn zu Gesicht bekommen, weil er viel über Ihn gehört hatte und erwartete, irgendein von Ihm bewirktes Zeichen zu gewahren. So fragte er Ihn mit vielen Worten. Er jedoch antwortete ihm nichts. Die Hohenpriester und Schriftgelehrten aber standen unnachgiebig dabei und verklagten Ihn. Daher hielt Herodes samt seinem Heeresgefolge nichts von Ihm; höhnend ließ er Ihn mit glänzender Kleidung umhüllen und sandte Ihn wieder zu Pilatus. - An demselben Tag wurden auch Herodes und Pilatus miteinander befreundet; denn vorher hatten sie in Feindschaft gegeneinander gestanden« (Verse 6-12).

  Warum antwortete der Herr nichts? Wohl unterstand Er als Galiläer der Gerichtsbarkeit des Herodes Antipas, Tetrarch (Vierfürst) von Galiläa und Peräa (1. v. Chr. - 39 n. Chr.), Er musste aber nicht in Galiläa, sondern in Jerusalem verurteilt werden. »Denn es geht nicht an, dass ein Prophet außerhalb Jerusalems umkommt« (Luk.13:33).

  Pilatus gab Herodes die Ehre, seine Zuständigkeit wahrzunehmen, andernfalls aber auch, um von ihm, einem Kenner der jüdischen Sitten, eine Stellungnahme zu erhalten, vielleicht sogar eine für Jesus günstige.

  Jesus aber antwortete dem Regenten, einem Idumäer (Edomiter), dem blutrünstigen Schakal, der Johannes den Täufer hatte enthaupten lassen (Luk.9:9; 13:32), nichts. Wie Jesaia geweissagt hatte: »Bedrückt wurde Er und gedemütigt, aber Er tat Seinen Mund nicht auf« (Jes.53:7). In Psalm 39:2 ist zu lesen: »Ich will meinen Mund im Zaum halten, solange noch ein Frevler vor mir steht.«

  Herodes Antipas verzichtete darauf, ein Urteil sprechen zu wollen. Mit dem glänzenden Obergewand verhöhnte er Jesus als einen eingebildeten König, der nicht zu verurteilen, sondern einfach nur zu verachten sei. So schickte er Ihn wieder zurück.

  Die gegenseitige Würdigung durch die Überstellung des Gefangenen machte Herodes und Pilatus von da an zu Freunden.

 

»Ich finde keine Schuld an Ihm«

 

  »Dann ließ Pilatus die Hohenpriester, die Oberen und das Volk zusammenrufen und sagte zu ihnen: Ihr habt diesen Menschen zu mir gebracht als einen, der das Volk abwendig macht; und siehe, ich habe Ihn vor euren Augen ausgeforscht und nicht eine Schuld an diesem Menschen gefunden, deren ihr Ihn anklagt. Sogar nicht einmal Herodes, denn er hat Ihn wieder zu uns gesandt. Und siehe, nichts ist von Ihm verübt worden, was den Tod verdient. Ich werde Ihn daher züchtigen und freilassen« (Verse 13-16).

  Lukas berichtet in den Versen 13 bis 25 über das sechste Verhör Jesu, das zweite vor Pilatus. Er beschränkt sich dabei auf den dreimaligen Ausspruch des Pilatus, dass Jesus unschuldig sei (Verse 14, 20 und 22), den wiederholten Protest der Juden sowie ihre Forderung, Jesus zu kreuzigen. Weitere Einzelheiten berichten Matthäus (27:15-26), Markus (15:6-15) und Johannes (18:39-19:16).

  Herodes und Pilatus hatten die Unschuld Jesu festgestellt. Pilatus meinte, mit einer Züchtigung Jesu den Durst der Menge nach einer Bestrafung stillen zu können (eine Züchtigung (gr. paideia) war keine Geißelung (gr. mastix)). Die von den Oberen überredete Menge aber war nicht umzustimmen (Mat.27:20).

 

Barabbas

 

  Sodann wollte Pilatus sich die Tradition zunutze machen, dass zum Passahfest ein Gefangener freigelassen wird.

  »Er war nämlich verpflichtet, ihnen zum Fest einen Gefangenen freizulassen. Die gesamte Menge schrie jedoch auf und rief: Hinweg mit diesem! Lass uns Barabbas frei! - Der war wegen eines Aufstands, der in der Stadt geschehen war, und wegen Mordes ins Gefängnis geworfen worden. Pilatus aber rief ihnen nochmals zu, weil er Jesus freilassen wollte. Sie jedoch riefen zurück: Kreuzige, kreuzige Ihn!« (Verse 17-21).

  Das war ein weiterer Höhepunkt ihrer Bosheit und Verblendung, angestiftet von den Oberen (Mat.27:20) die Freilassung des Schwerverbrechers Barabbas und die Kreuzigung eines Unschuldigen zu fordern. Diesen gefährlichen Aufständischen und Mörder konnte Pilatus selbstverständlich nicht freigeben; allerdings hatte er den Fehler gemacht, dem Volk die Wahl zu überlassen (Mat.27:17; Joh.18:39).

  Der Gerechte sollte aber für den Ungerechten sterben (1.Pet.3:18), zugunsten des Barabbas, aber nicht nur für diesen, sondern für alle, um sie alle zu retten und ihnen das Leben zu geben, zunächst den Auserwählten, sodann beim Abschluss der Äonen, bei der Vollendung, den anderen (1.Kor.15:20-28).

 

 

Das Urteil

 

  »Dann fragte er sie zum dritten Mal: Was hat dieser denn Übles getan? Ich finde keine Schuld an Ihm, die den Tod verdient! Ich werde Ihn daher züchtigen und freilassen! - Sie aber setzten ihm mit lautem Geschrei zu, fordernd, dass Er gekreuzigt werde; und ihre und der Hohenpriester Stimmen behielten die Oberhand. So fällte Pilatus das Urteil, ihre Forderung solle erfüllt werden. Dann ließ er den wegen Aufstands und Mordes ins Gefängnis Geworfenen frei, den sie forderten; Jesus aber überantwortete er ihrem Willen« (Verse 22-25).

  Des Pilatus richterliches Urteil hätte auf Freilassung lauten müssen. So aber war er nur der Handlanger ihres Willens. In 2.Mose 23:2 steht geschrieben: »Du sollst nicht den Vielen nachlaufen, um Übles zu tun, und bei einem Rechtsstreit so antworten, dass du dich nach den Vielen neigst, um das Recht zu beugen.« Pilatus stand zwar nicht unter dem Gesetz des Mose, das nur Israel gegeben war (Röm.2:14), sein Gewissen hätte es ihm aber auch sagen müssen (Röm.2:15).

  »Es war aber der Vorbereitungstag des Passah, etwa um die sechste Stunde« (Joh.19:14), also der 13. Nisan, der Tag vor dem Passahfest, der Rüsttag, und zwar um die sechste Stunde, mithin zwischen 11 und 12 Uhr vormittags (wie die Kodizes Alexandrinus, Vaticanus und Sinaiticus 1 ausweisen; Sinaiticus 2 hat »dritte« Stunde).

  Pilatus konnte dem massiven Druck der Hohenpriester und der Menge nicht mehr standhalten, insbesondere nicht dem von Johannes festgehaltenen Argument: »Wenn du diesen freilässt, bist du kein Freund des Kaisers! Jeder, der sich selbst zum König macht, widersetzt sich dem Kaiser!« (Joh.19:12). Der Statthalter musste um sein Ansehen beim Kaiser und auch beim Volk fürchten.

  Wie Gott das Handeln des Pilatus beurteilt, kann man in den Sprüchen 17:15 nachlesen: »Wer den Frevler rechtfertigt und den Gerechten frevlerisch behandelt - beide sind Jewe ein Gräuel.«  

  Durch das Urteil des Pilatus kam es, dass das böswillige Israel unbewusst das einzig wahre Opfer darbrachte, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde auf Sich nahm (Joh.1:29). Einige Wochen später beteten Petrus und Johannes sowie die gesamte Gemeinde zu Jerusalem: »Sie haben sich in dieser Stadt in Wahrheit gegen Deinen heiligen Knecht Jesus versammelt, den Du gesalbt hast: Herodes wie auch Pontius Pilatus mit den Nationen und den Völkern Israels, um alles auszuführen, was Deine Hand und Dein Ratschluss vorherbestimmt hatten, dass es geschehe« (Ap.4:4:27,28). Ja, alles geschah nach Gottes in Christus Jesus, unserem Herrn, für den Ablauf der Äonen gefassten Vorsatz (Eph.3:11) - zum Heil des Alls!

 

Auf dem Weg zur Richtstätte

 

  »Als sie Ihn abführten, ergriffen sie einen gewissen Simon, einen Kyrenäer, der vom Feld kam. Dem legten sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus her trage. Es folgte Ihm eine große Volksmenge, auch viele Frauen, die wehklagten und Ihn beweinten. Jesus aber wandte Sich zu ihnen um und sagte: Ihr Töchter Jerusalems, jammert nicht über Mich, jammert indessen viel mehr über euch selbst und über eure Kinder! Denn siehe, es kommen Tage, an denen man sagen wird: Glückselig sind die Unfruchtbaren, Leiber, die nicht geboren, und Brüste, die nicht genährt haben! Dann wird man anfangen, den Bergen zuzurufen: Fallt auf uns!, und den Hügeln: Bedeckt uns! Denn wenn man das am saftigen Holz tut, was wird dann am dürren geschehen?« (Verse 26-31).

  Über die Ereignisse auf dem Weg zur Richtstätte berichten Matthäus (27:32), Markus (15:21) und Johannes (19:17) nur sehr knapp.

  Es war zwischen acht und neun Uhr morgens, als sie den Herrn abführten. Markus 15:25 gibt die Tageszeit an: »Es war die dritte Stunde, als sie Ihn kreuzigten«, und zwar des 14. Nisan, des Passahtages, an welchem Christus als unser Passah für uns geopfert wurde, ja geopfert werden musste - in Erfüllung des Gesetzes (1.Kor.5:7; 3.Mose23:5).

  Zunächst hatte Jesus den Pfahl (griech. stauros, Stehendes, ein aufrechter Pfahl) Selbst getragen (Joh.19:17), dann aber machten die Römer - den Grund wissen wir nicht - von ihrem Recht Gebrauch, einen Einwohner des Landes zu einer Dienstleistung zwingen zu können. Sie ergriffen den gerade des Wegs kommenden Simon aus Kyrene in Nordafrika.

  Dann wandte Sich unser Herr den wehklagenden Frauen Jerusalems voller Mitleid zu. Nicht um Ihn, sondern über sie selbst und  ihre Kinder sollten sie jammern, die die Schrecknisse des Jüdischen Krieges von 66 bis 70 n. Chr. und den Untergang Jerusalems im Jahr 70 unter Drangsalen erleben werden, die so fürchterlich sind, dass sie lieber von den Bergen erschlagen werden als weiterleben möchten, wie einst bei der Wegführung der zehn Nordstämme nach Assur (Hos.10:8) und in der Endzeit wieder (Off.6:16).

  Das Gericht über Israel, das seinen Messias verworfen hat, war unausweichlich. Vor Pilatus hatten sie geschrien: »Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!« (Mat.27:25). Ja, Gottes Zorn wird schon im Voraus über sie kommen (1.Thess.2:16). Wenn über das saftige Holz, über Jesus, schon Leid kommt, wie viel berechtigter werden Drangsal und Elend dann über das dürre Holz, über das ungläubige und ungerechte Jerusalem, kommen!

 

 

Die Kreuzigung und Auferstehung Jesu

(Lukas 23:32-24:12)

 

  Am 14. Nisan des Jahres 32 n. Chr. in der dritten Stunde (Mark.15:25), das ist zwischen acht und neun Uhr morgens, wurde Jesus zur Richtstätte abgeführt.

  »Es wurden aber auch andere abgeführt, zwei Verbrecher, um mit Ihm hingerichtet zu werden. Als sie an die Stätte kamen, die Schädelstätte heißt, kreuzigten sie dort Ihn und die Verbrecher, den einen zu Seiner Rechten, den anderen zu Seiner Linken« (Verse 32+33).

  »Schädelstätte« hieß auf Hebräisch »Golgotha«. Dort erfüllte sich Jesaia 53:9: »Man gab Ihm samt Frevlern Sein Grab,« das heißt, man brachte Ihn zusammen mit Frevlern zu Tode.

 

Jesu erstes Wort am Pfahl

 

  Lukas lässt uns das erste Wort unseres Herrn am Pfahl wissen:

  »Jesus aber sagte: Vater, vergib ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun« (Vers 34 a).

  Diese Fürbitte Jesu ist ein wesentliches Element des Evangeliums der Beschneidung (Gal.2:7), der Frohbotschaft für Israel, dass nämlich in Unwissenheit begangene und versehentliche Sünden erlassen werden können. Keine Erlassung gab es für Verfehlungen mit »erhobener Hand« (4.Mose 15:30), das heißt für absichtliche und wissentliche. Petrus aber stellte fest: »Nun, Brüder, ich weiß, dass ihr in Unkenntnis gehandelt habt, ebenso wie auch eure Oberen« (Ap.3:17). Auch Saulus hatte deshalb Erbarmen erlangt, weil er die Verfolgung der Gläubigen unwissend betrieb (1.Tim.1:13).

  Unser Herr handelte nach Jesaia 53:12: »Er trat für die Übertreter ein.« So erfüllte Er auch Jesaia 53:11: »In Seiner Erkenntnis rechtfertigte der Gerechte, Mein Diener, die Vielen.« Er tat, wie Er Selbst gesagt hatte: »Segnet, die euch verfluchen!« (Luk.6:28); »Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen« (Mat.5:44).

  Der Vater erhörte die Bitte Seines Sohnes, wie Jesus ja auch gesagt hatte, dass jede Sünde gegen Ihn vergeben werde (Mat.12:32). Und so schloss Petrus zu Pfingsten die Tür zum Königreich Israels wieder für alle auf, die glauben, dass Jesus der Messias ist, und umsinnen (Ap.2:38). - Die Sünde wider das Zeugnis des heiligen Geistes, dass die Wunder der Apostel im Namen des Auferstandenen geschahen -dieser Unglaube konnte nicht erlassen werden (Mat.12:32), weil sie jetzt ja wussten, dass Jesus der Sohn Gottes ist.

 

Die Verlosung Seiner Kleider

 

  »Dann verteilten sie Seine Kleider, indem sie das Los darüber warfen, und das Volk stand dabei und schaute zu. Mit ihnen verspotteten Ihn auch die Oberen und sagten: Andere hat Er gerettet, Er rette Sich Selbst, wenn Er der Christus Gottes ist, der Auserwählte!« (Verse 34 b + 35).

  Psalm 22:19 hatte es vorausgesagt: »Sie werden meine Kleider unter sich verteilen und über mein Gewand das Los werfen.« Es war Brauch, dass die Kleidung eines Hingerichteten den diensttuenden Kriegern zufiel.

  Auch Jesu Verspottung war in Psalm 22 vorgezeichnet, und zwar in den Versen 8 und 9: »Alle, die mich sehen, hohnlachen meiner, sie öffnen die Lippen und schütteln das Haupt: Er wartet auf Jewe! Er wird ihn befreien! Er wird ihn bergen, denn Er hat Gefallen an ihm!« Indem die Spötter äußerten, dass Jesus andere gerettet habe, gaben sie immerhin eine Wahrheit zu und maßen sie Ihm unbeabsichtigt Taten des Messias zu (Jes.35:5,6).

  Im Übrigen bezeichneten sie Jesus schriftgemäß als den Auserwählten Gottes (Jes.42:1), höhnend zwar, aber tief in ihren Herzen muss sie doch die Frage umgetrieben haben, ob Er es nicht doch wirklich sei.

 

Der König der Juden

 

  Die römischen Krieger hatten schon am Tag zuvor mitbekommen, dass Jesus beanspruche, der König der Juden zu sein. Dies hatte Pilatus auch als den Grund der Verurteilung oben am Pfahl angegeben. Folglich konzentrierte sich der Hohn der Krieger darauf, wie wir in den Versen 36 bis 38 lesen:

  »Auch die Krieger verhöhnten Ihn, sie traten hinzu, reichten Ihm Essig und sagten: Wenn Du der König der Juden bist, so rette Dich Selbst! - Über Ihm war auch eine Inschrift in griechischen, lateinischen und hebräischen Buchstaben: Dies ist der König der Juden.«

  Die Hohenpriester fühlten sich durch diese Inschrift zutiefst verletzt (was Pilatus bestimmt beabsichtigt hatte) und verlangten von ihm, er solle schreiben, dass Jesus dies nur behauptet habe. Dieses Mal aber blieb Pilatus standhaft und antwortete: »Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben« (Joh.19:21,22).

  »Für meinen Durst lassen sie mich Essig trinken«, steht in Psalm 69:22 zu lesen. Unter dem Essig haben wir hier sicherlich den billigen Soldatenwein zu verstehen, den sie Ihm wie einem König in spöttischer Huldigung darreichten, und nicht den Betäubungstrank, der aus Wein und Galle bestand und den Jesus zurückwies (Mat.27:34).

 

Jesu zweites Wort: »Mit Mir wirst du im Paradiese sein!«

 

  »Einer der gehängten Verbrecher lästerte Ihn und sagte: Bist Du nicht der Christus? Rette Dich Selbst und uns! - Da antwortete ihm der andere und verwarnte ihn, indem er mit Nachdruck sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott, da du doch unter demselben Urteilsspruch stehst? Wir zwar gerechterweise; denn wir erhalten, was unsere Taten verdienen, die wir verübt haben. Dieser aber hat nichts Ungehöriges verübt! - Dann sagte er zu Jesus: Gedenke meiner, Herr, wenn Du in Deinem Königreich kommst! - Jesus antwortete ihm: Wahrlich, dir sage Ich heute: Mit Mir wirst du im Paradiese sein!« (Verse 39-43).

  So ist es: Wer glaubt, dass Jesus der Messias ist, und umsinnt (Ap.2:38), ja sich zu Jesus bekennt (Luk.12:8), wie es der eine Verbrecher tat, der wird in den Äonen des Königreichs Israels leben, das mit dem Begriff »Paradies« ausgemalt wird (2.Kor.12:4; Off.2:7). Heute, an seinem schlimmsten Tag, als er es am nötigsten hatte, genau heute sprach der Herr dem Verbrecher mit dieser Zusage der künftigen Herrlichkeit zu.

  Anfänglich hatte auch dieser Jesus geschmäht, sich dann aber anders besonnen (Mat.27:44; Mark.15:32). Vielleicht hatte er in jungen Jahren Psalm 106:4,5 auswendig gelernt: »Gedenke meiner, Jewe, in Deiner Gunst zu Deinem Volk, merke auf mich in Deiner Rettung, dass ich sehe das Gute Deiner Auserwählten, um mich zu erfreuen an der Freude Deiner Nation, mich zu rühmen mit Deinem Losteil.«

 

Jesu drittes Wort

 

  Jesu drittes Wort am Pfahl ist an Seine Mutter und an den Apostel Johannes gerichtet und findet sich in Johannes 19:26,27: »Frau, siehe, dein Sohn! ... Siehe, deine Mutter!«

 

Eine dreistündige Finsternis

 

  »Es war schon etwa die sechste Stunde, als eine Finsternis über das ganze Land kam bis zur neunten Stunde, weil die Sonne ausblieb« (Vers 44).

  Dieses Naturphänomen einer dreistündigen Finsternis von etwa gegen 12 bis gegen 15 Uhr (dessen Hergang uns unbekannt ist, zumal bei Vollmond keine Sonnenfinsternis eintritt) entsprach dem Wort Jesu bei Seiner Gefangennahme: »Dies ist jedoch eure Stunde und Vollmacht der Finsternis« (Luk.22:53). Gott gab Seinen Sohn den Mächten der Finsternis, dem Satan und den bösen Geistern, preis, wie in Psalm 22:13,14 prophezeit: »Viele Jungstiere umgeben mich, Bullen, die fett sind, umringen mich. Sie sperren ihre Mäuler gegen mich auf, wie ein Löwe, zerreißend und brüllend.« Der Satan ging wie ein brüllender Löwe umher und suchte Jesus zu verschlingen (1.Pet.5:8).

 

Jesu viertes Wort

 

  Über Jesu viertes und zentrales Wort am Pfahl lesen wir: »Um die neunte Stunde aber schrie Jesus mit lauter Stimme auf und rief: Eloi, Eloi, lema sabachthani!, das heißt: Mein Gott, mein Gott, wozu Du Mich verließest!« (Mat.27:46; Mark.15:34; Ps.22:2). Diese Dahingabe, diese Preisgabe Jesu an Seine Feinde ist in Psalm 22 vorgezeichnet.

 

Jesu fünftes und sechstes Wort

 

  Das fünfte und das sechste Wort waren: »Mich dürstet« (Joh.19:28) und: »Es ist vollbracht!« (Joh.19:30).

 

Der Vorhang im Tempel zerriss entzwei

 

  Das zweite symbolträchtige Ereignis (neben dem der Finsternis) war der Zerriss des Vorhangs im Tempel zwischen dem »Heiligen« (Heb.9:2; 2.Mose 40:22-27) und dem »Heiligen der Heiligen« (Heb.9:3; 2.Mose 26:31-33; 40:21); letzterer Raum ließe sich mit »Allerheiligstes« umschreiben.

  Lukas berichtet:

  »Auch riss der Vorhang des Tempels mitten entzwei« (Vers 45).

  Die beste Erklärung dazu haben wir im Hebräerbrief: »Seit dies so errichtet worden ist, gehen zwar die Priester allezeit in das erste Zelt zur Vollbringung der Gottesdienste hinein, in das zweite aber geht einmal im Jahr der Hohepriester allein, nicht ohne Blut, das er für sich selbst und die Versehen des Volkes darbringt, womit der Geist, der heilige, dies offenkundig macht, dass der Weg zu den heiligen Stätten noch nicht offenbart ist, solange das erste Zelt noch Bestand hat« (Heb.9:6-8; 2.Mose 30:10; 3.Mose 16:2).

  Gott war hinter dem Vorhang, mithin im Verborgenen, in besonderer Weise gegenwärtig (3.Mose 16:2) und war nicht ohne Weiteres erreichbar. Der Vorhang symbolisierte das Fleisch Jesu. Als Er starb, als Er Sein Fleisch dahingab, war der Weg zum Vater für alle Glaubenden frei, wie wir in Hebräer 10:19-22 a lesen: »Da wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu Freimut haben zum Eintritt in die heiligen Stätten, den Er uns eingeweiht hat (dazu wurde Er geschlachtet und ist nun ein lebendiger Weg durch den Vorhang hindurch, dies ist Sein Fleisch) und da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben, so lasst uns mit wahrhaftem Herzen herzukommen, in Vollgewissheit des Glaubens.«

  Mit dem Zerriss des Vorhangs war das levitische Ritual beendet; für die Gläubigen heißt dies: »Wir haben einen Altar, von dem zu essen die keine Vollmacht haben, die dem Stiftszelt Gottesdienst darbringen« (Heb.13:10). Durch Jesus allein haben wir allezeit freien Zugang zum Vater.

 

Jesu siebentes Wort und Aushauchen

 

  »Und Jesus rief mit lauter Stimme: Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist! - Nach diesen Worten hauchte Er aus« (Vers 46).

  Nachdem Jesus Sein Werk vollbracht hatte, indem Er Sich Selbst zur Sühnung der Sünden dargebracht hatte, legte Er Sein Leben nieder, indem Er gemäß Psalm 31:6 über Seinen Geist verfügte und aushauchte. Das Psalmwort lautet: »In Deine Hände übergebe ich meinen Geist« (vgl. Ap.7:59).

  Der Herr hatte gesagt: »Deshalb liebt Mich der Vater, weil Ich Meine Seele hingebe, damit Ich sie wieder nehme. Niemand nimmt sie von Mir, sondern Ich gebe sie von Mir Selbst aus hin. Ich habe Vollmacht, sie hinzugeben, und Ich habe Vollmacht, sie wieder zu nehmen« (Joh.10:17,18). Auch Jesaia sagte bereits, »dass Er Seine Seele in den Tod dahingab« (Jes.53:12).

  Nun war Jesus tot. Sein Geist kehrte zu Gott zurück (Pred.12:7), Seine Seele ging in das Unwahrnehmbare, das heißt in die Nichtexistenz (Ps.16:10), aber Sein Körper kehrte nicht zur Erde zurück (Ap.2:27).

 

Reaktionen der Zuschauer

 

  »Als der Hauptmann das Geschehen gewahrte, verherrlichte er Gott und sagte: Wirklich, dieser Mensch war gerecht! - Die gesamte zu diesem Anblick zusammengekommene Volksmenge schaute auf das, was da geschah, schlug sich an die Brust und kehrte um. Alle Seine Bekannten standen von ferne, auch die Frauen, die Ihm aus Galiläa gefolgt waren und dies sahen« (Verse 47-49).

  Der römische Hauptmann kam nach all dem Geschehen zu einer klaren Erkenntnis. Aber auch die Volksmenge war ergriffen und schlug sich vor Trauer an die Brust. Ob sie fassen konnten, was sie getan hatten? Ob das Licht der Erkenntnis bei all ihrer Verblendung jetzt nicht doch hindurchbrach?

 

Die Grablegung Jesu

 

  »Und siehe, ein Mann mit Namen Joseph, der zu den Ratsherren gehörte, ein guter und gerechter Mann (der mit ihrem Ratschluss und Handeln nicht einverstanden war) aus Arimathia, einer Stadt der Juden, der auch selbst nach dem Königreich Gottes ausschaute - dieser ging zu Pilatus, bat um den Körper Jesu, nahm ihn vom Kreuz herab, wickelte ihn in Leinwand und legte ihn in ein in Gestein gehauenes Grab, wo bisher noch niemand gelegen hatte. Es war der Vorbereitungstag, und der (Abend zum) Sabbat dämmerte schon. Die Frauen aber, die mit Ihm aus Galiläa gekommen waren, folgten nach, schauten sich das Grab an, wie Sein Körper beigesetzt wurde. Dann kehrten sie zurück und bereiteten Gewürze und Gewürzöle; doch den Sabbat über blieben sie nach dem Gebot in der Stille« (Verse 50-56).

  Was Lukas hier schildert, geschah am Passahtag, dem 14. Nisan, zwischen 15 und 18 Uhr. Dieser Tag war zugleich der Vorbereitungstag für den großen Festsabbat der ungesäuerten Brote am 15. Nisan (3.Mose 23:6).

  Jesus war unbedingt noch am selben Tag zu begraben, wie das Gesetz gebietet (5.Mose 21:23). Dabei erfüllte sich durch die Tat Josephs von Arimathia das Wort aus Jesaia 53:9, dass »Er in Seinem Tode bei einem Reichen war«, nämlich in der Gruft eines Reichen.

  Die Frauen nutzten die noch verbleibende Zeit am 14. Nisan bis 18 Uhr, um aromatische, wohlriechende Öle und Salben zur Einbalsamierung des Leichnams Jesu vorzubereiten. Den Festsabbat über, von 18 bis 18 Uhr, blieben die Frauen nach dem Gesetz in der Stille. - Ein normaler, wenn auch innerhalb der Festwoche liegender Sabbat begann (3.Mose 23:6-8).

  »Am Abend der Sabbate aber« (Mat.28:1) - das war der Abend, mit dem der Festsabbat um 18 Uhr endete und zugleich der Abend, mit dem der normale Sabbat um 18 Uhr begann - ließen die Hohenpriester das Grab durch eine römische Wache sichern (Mat.27:62-66). »Das war (aber) am Abend (zwischen) den Sabbaten« (Mat.28:1 a; Konkordante Übersetzung).

 

Das leere Grab

 

  »An einem der Sabbattage gingen sie (die Frauen) in aller Frühe zum Grab und brachten die Gewürze mit, die sie bereitet hatten, sie und einige mit ihnen. Sie fanden aber den Stein vom Grab fortgewälzt, und als sie hineingingen, fanden sie den Körper des Herrn Jesus nicht.

  Während sie hierüber noch ratlos waren, siehe, da traten zwei Männer in strahlender Kleidung zu ihnen. Als sie in Furcht gerieten und ihre Angesichter zur Erde neigten, sagten diese zu ihnen: Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern ist auferweckt worden. Erinnert euch daran, wie Er zu euch sprach, als Er noch in Galiläa war und sagte: Der Sohn des Menschen muss in die Hände der Menschen, der Sünder, überantwortet und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen. - Da erinnerten sie sich Seiner Worte« (Luk.24:1-8).

  Der eine der Sabbattage, an dem die Frauen »sehr früh am Morgen, bei Sonnenaufgang« (Mark.16:2) zum Grab kamen, war, da sie den Festsabbat über in der Stille waren (Luk.23:56), der normale Sabbat, der 16. Nisan. Dies war der dritte Tag; der erste Tag des Todes Jesu war der 14., der zweite der 15. und der dritte nun dieser 16. Nisan.

  Über all die mannigfachen Ereignisse am leeren Grab berichten auch Matthäus (28:1-10), Markus (16:2-8) und Johannes (20:1-18).

  Jesus ist auferweckt worden! Er lebt! Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei Seinem Gott und Vater und auch Ihm für Seinen Gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tod am Fluchholz! ­ Dem Apostel Johannes auf Patmos sagte Er: »Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige: auch Ich war tot, und siehe, lebendig bin Ich für die Äonen der Äonen!« (Off.1:18).

  Es steht uns nicht zu, den Frauen wie auch den Aposteln, denen sie sodann berichteten, Unglauben vorzuwerfen, weil sie allesamt nicht mit der Auferstehung Jesus gerechnet hatten. Mehrere Male hatte Jesus sowohl Seine Kreuzigung ebenso wie Seine Auferstehung angekündigt (Mat.16:21; 17:23). War die Kreuzigung geschehen, so musste doch auch die Auferstehung geschehen. Aber ihre Niedergeschlagenheit über den Tod Jesu war zu beherrschend für sie.

  Einst hatte Jesus gesagt: »Reißt diesen Tempel nieder, und in drei Tagen werde Ich ihn aufrichten! - Nun sagten die Juden: Sechsundvierzig Jahre wird an diesem Tempel gebaut, und Du willst ihn in drei Tagen aufrichten! - Er aber hatte von dem Tempel Seines Körpers gesprochen. Als Er dann aus den Toten auferweckt war, erinnerten sich Seine Jünger, dass Er dies gesagt hatte; und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte« (Joh.2:19-22).

 

Die Frauen berichteten den Aposteln

 

  Lukas geht nicht auf Einzelheiten ein, sondern schreibt zusammenfassend:

  »Als sie vom Grab zurückgekehrt waren, verkündigten sie dies alles den Elf und allen Übrigen. Es waren Maria, die Magdalenerin, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die übrigen Frauen mit ihnen, die dies den Aposteln berichteten. Doch in deren Augen erschienen diese Reden wie Unsinn, und sie glaubten ihnen nicht. Petrus aber stand auf und lief zum Grab hin; als er sich vorbeugte, erblickte er nur die Leinentücher. So ging er wieder fort, voller Staunen über das, was geschehen war« (Verse 9-12).

  Der Apostel Johannes übrigens, der zusammen mit Petrus zum Grab gelaufen war, berichtet, dass er im Grab alles gewahrte »und glaubte« (Joh.20:8). »Denn bisher wussten sie aus der Schrift noch nicht, dass Er aus den Toten auferstehen müsse« (Joh.20:9).

  Die von Lukas namentlich genannten Frauen waren Maria aus Magdala, aus der Jesus sieben Dämonen ausgetrieben hatte (Luk.8:2) und der der Auferstandene eine besondere Begegnung am Grab gewährte (Joh.20:11-18), Johanna, die Frau des Chusa, eines Verwalters des Herodes (Luk.8:3), und Maria, die Mutter des kleinen Jakobus und des Joses, die Frau des Kleopas (Mark.15:40; Joh.19:25).

  Matthäus lässt uns Weiteres wissen: »Als sie nun gingen, um es Seinen Jüngern zu verkünden, siehe, da begegnete ihnen Jesus und sagte: Freuet euch! - Sie aber traten herzu, umfassten Seine Füße und fielen vor Ihm nieder. Dann sagte Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündet es Meinen Brüdern, dass sie nach Galiläa gehen sollen; dort werden sie Mich sehen« (Mat.28:9,10).

  Und bald darauf, und zwar zu Pfingsten, konnte Petrus mit Gewissheit verkündigen: »Männer, Israeliten, hört diese Worte: Jesus den Nazarener, unter euch als ein von Gott gesandter Mann durch Machttaten, Wunder und Zeichen erwiesen, die Gott durch Ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst, diesen (Jesus), der euch nach dem festgesetzten Ratschluss und der Vorerkenntnis Gottes ausgeliefert wurde, habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz heften und hinrichten lassen; den hat Gott auferstehen lassen, indem Er die Wehen des Todes löste, weil Er unmöglich von ihm gehalten werden konnte. ... Diesen Jesus hat Gott auferstehen lassen, dafür sind wir alle Zeugen. ... Mit Sicherheit erkenne daher das ganze Haus Israel, dass Gott Ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt« (Ap.2:22-24,32,36).

 

 

Die Emmausjünger

(Lukas 24:13-53)

 

  Unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes und König Israels, war am Sabbat, dem 16. Nisan, auferweckt worden. Die Frauen, die frühmorgens am leeren Grab waren, hatten es den Aposteln und anderen Jüngern verkündet.

  »Und siehe, zwei von ihnen (von den Jüngern) gingen am selben Tag in ein Dorf namens Emmaus, sechzig Stadien weit von Jerusalem entfernt. Die unterhielten sich miteinander über alle diese Ereignisse. Während sie sich unterhielten und gegenseitig befragten, näherte Sich Jesus Selbst und ging mit ihnen. Aber ihre Augen waren wie gehalten, sodass sie Ihn nicht erkannten« (Verse 13-16).

  Die Lage des Ortes ist umstritten, zumal der Kodex Sinaiticus die Entfernung mit 160 Stadien angibt. Eine Stadie, die Länge eines Stadions, betrug etwa 185 m; 60 Stadien waren somit etwa 11,1 km, 160 etwa 29,6 km.

  Die zwei Jünger gehörten nicht zum Kreis der Apostel, die sich in jenen Stunden in Jerusalem aufhielten (Vers 33).

  Ihre Augen waren gehalten, sodass sie Jesus nicht erkannten. Gott hatte dies bewirkt. Warum? Man mag daran denken, dass der Auferstandene nur für Glaubende erkennbar sein soll. Auch Maria Magdalena, die zunächst meinte, den Gärtner vor sich zu haben, erkannte den Herrn erst, als Er sie bei ihrem Namen rief und sie glaubte (Joh.20:16). Ebenso erkannte der ungläubige Apostel Thomas Jesus erst dann, als er glaubte, dass der Gekreuzigte auferstanden war (Joh.20:27,28).

 

Die Darlegung der beiden Jünger

 

  »Er fragte sie nun: Was sind dies für Worte, die ihr beim Gehen miteinander austauscht? - Da blieben sie mit kummervoller Miene stehen. Der eine, mit Namen Kleopas, antwortete Ihm: Du weilst in Jerusalem und hast als Einziger nicht erfahren, was dort in diesen Tagen geschehen ist? - Da fragte Er sie: Was denn? -

  Sie antworteten Ihm: Das, was Jesus, den Nazarener, betrifft, einen Mann, der ein Prophet wurde, mächtig im Werk und im Wort vor Gott und dem  gesamten Volk, wie Ihn unsere Hohenpriester wie auch die Oberen zum Todesurteil überantwortet und Ihn gekreuzigt haben. Wir aber erwarteten, dass Er es ist, der Sich anschickt, Israel zu erlösen. Bei dem allen führt es jedoch schon zu diesem dritten Tag, seitdem das geschehen ist. Und einige Frauen von den Unseren haben uns sogar Entsetzen bereitet; sie hatten sich heute früh zum Grab begeben. Als sie Seinen Körper fanden, kamen sie zurück und berichteten, sie hätten auch eine Erscheinung von Boten gesehen, die sagten, Er lebe. Darauf sind einige, die mit uns zusammen sind, zum Grab gegangen und haben es so gefunden, wie die Frauen es auch gesagt hatten; Ihn Selbst aber gewahrten sie nicht« (Verse 17-24).

  Diese recht ausführliche Darlegung der beiden Jünger zeigt uns, was sie bis dahin wussten und was sie von Jesus glaubten, dass Er nämlich der von Mose angekündigte Prophet ist (5.Mose 18:18), und des Weiteren, was sie von Jesus erwarteten, und zwar dies, dass Er Israel von aller Fremdherrschaft erlöse (Jes.41:14; 43:14; Luk.1:68) und das Königreich herbeiführe. Dies schließt ein, dass sie in Jesus den Messias sahen.

  Nun aber war ihre Erwartung zunichte gemacht, und Trauer erfüllte sie.

  Zudem hatte der Bericht einiger Frauen ihnen Entsetzen bereitet und sie völlig aus der Fassung gebracht, da jene behaupteten, Jesus lebe.

 

Jesus schloss ihnen die Schriften auf

 

  »Da sagte Er zu ihnen: O wie seid ihr doch ohne Verständnis und so säumig im Herzen, um an alles zu glauben, was die Propheten ausgesprochen haben! Musste Christus dies nicht leiden und dann erst in Seine Herrlichkeit eingehen? - Und mit Mose anfangend, ging Er alle Propheten durch und legte ihnen aus allen Schriften das über Ihn Selbst Gesagte aus« (Verse 25-27).

  Der Herr rügte Seine Jünger, weil sie - wenn sie auch im Grunde glaubten - nicht alles und in allen Einzelheiten glaubten, was geschrieben steht. Sie hätten wissen müssen, dass der Messias zuerst leiden muss und danach erst verherrlicht wird.

  Welche Bibelstellen wird der Herr ihnen aufgeschlossen haben? - Zum Beispiel diese:

         1.Mose 3:15 - die Feindschaft zwischen dem Samen der Frau, Christus, und dem Samen der Schlange, den Feinden Christi;

         1.Mose 37:8,27 - die Ablehnung Josephs durch seine Brüder (Ap.7:9);

         2.Mose 12:7 - die Rettung aus Ägypten durch das Blut des Passahlammes;

         3.Mose 16:6,14; 23:28 - die Sühnung der Sünden durch das Blut auf der Bundeslade am Tag der Beschirmungen;

         4.Mose 21:9 - die Rettung der von der Schlange Gebissenen durch den Blick auf die von Mose auf eine Stange gesetzte kupferne Schlange;

         1.Samuel 19 - die Verfolgung des Königs David durch Saul;

         Jes.2:1-5 - die Herrlichkeit des Königreichs;

         Jes. 9:6 - die Herrlichkeit des Königs;

         Jes. 42:6,7 - der Messias als das Licht der Nationen;

         Jes. 52:13-15 und Kap. 53 - die Leiden des Messias;

         Jes. 60:1-3 das Erstrahlen des Lichtes Gottes über Jerusalem;

         Jer. 23:5,6 - ein Nachkomme Davids wird in Gerechtigkeit regieren;

         Jona 2:1 - ebenso wie Jona im Leib des Seeungeheuers war, war Jesus drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde (Mat.12:40);

         Daniel 9:26 - nach den sieben und zweiundsechzig Jahrsiebenern wird der Messias ohne Rechtsspruch abgeschnitten werden;

         Psalm 2:2 - die Oberen versammeln sich gegen Jewe und Seinen Gesalbten (Luk.22:66; Ap.4:27);

         Psalm 2:7,8 - der von Jewe gezeugte Sohn wird die gesamte Erde besitzen;

         Psalm 14:9 - die Menschen hassen Ihn, Jewe aber wird Ihn von den Toren des Todes aufheben;

         Psalm 16:10,11 - Jesu Seele wird nicht im Ungewahrbaren bleiben, sondern den Pfad des Lebens gehen (Ap.2:25-28; 13:35);

         Psalm 22 - der Herr in Seinen Leiden am Fluchholz;

         Psalm 77:15,16 - El tut Wunder und erlöst Sein Volk;

         Psalm 102:17 - Jewe wird Zion wieder bauen und in Seiner Herrlichkeit erscheinen;

         Psalm 103:17-19 - die Huld Jewes währt von Äon zu Äon für die, die Seinen Bund halten; Sein Königtum herrscht über allem.

  Viele, viele andere Schriftstellen ließen sich noch nennen, zumal die hebräischen heiligen Schriften im Grunde durchgängig von Jesus zeugen (Joh.5:39). Denken wir zum Beispiel an das Zelt der Begegnung beziehungsweise den Tempel mit seinen Einrichtungen, an die Priesterschaft und das Opferritual - auch dies alles weist symbolisch auf Jesus und Seine verschiedenen Vollmachten und Aufgaben hin (Heb.4:14; 5:6; 7:24; 8:1-13).

 

Jesus gab Sich zu erkennen

 

  »So näherten sie sich dem Dorf, wohin sie gingen; doch Er tat, als ob Er weitergehen wollte. Da drangen sie in Ihn und sagten: Bleibe bei uns, denn es geht auf die Abenddämmerung zu, und der Tag hat sich schon geneigt. - Da trat Er ein, um bei ihnen zu bleiben. Als Er mit ihnen zu Tisch lag, geschah es, dass Er das Brot nahm und segnete, es brach und ihnen reichte. Nun wurden ihnen die Augen aufgetan, und sie erkannten Ihn; doch Er wurde unsichtbar und entschwand aus ihrer Mitte« (Verse 28-31).

  Es dürfte zwischen 17 und 18 Uhr gewesen sein. Vermutlich wohnten einer der Jünger oder beide in Emmaus. Auf ihr dringliches Bitten hin trat Jesus mit ihnen in das Haus ein. Da geschah es, dass Er wie ein Gastgeber auftrat und mithin als der Herr handelte, der Er schließlich war. Als Er das Brot nahm, Gott dafür pries und es brach, erkannten die Jünger in dem gebrochenen Brot Seinen für sie gebrochenen Körper und wussten auf einmal - von Gott bewirkt -, wer es war, dem sie begegnet waren, Er, Jesus, der Auferstandene!

 

Ihre Rückkehr nach Jerusalem

 

  »Da sagten sie zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als Er auf dem Weg zu uns sprach und als Er uns die Schriften auftat? - Zur selben Stunde machten sie sich auf, kehrten nach Jerusalem zurück und fanden die Elf und die mit ihnen waren, beisammen, welche sagten: Der Herr ist wirklich auferweckt worden und ist dem Simon erschienen! - Da schilderten auch sie das auf dem Weg Erlebte und wie Er von ihnen am Brechen des Brotes erkannt worden war« (Verse 32-35).

  Den beiden Jüngern war es wie einst dem König David ergangen, der bezeugte: »Warm wurde mein Herz in meinem Inneren, bei meinem Sinnen verzehrte mich ein Feuer« (Ps.39:4). Sie hatten den Auferstandenen gesehen! Diese überwältigende Wahrheit konnten sie nicht für sich behalten, sondern mussten sie unverzüglich den Aposteln und den anderen Jüngern in Jerusalem verkünden. »Ich glaube, darum spreche ich auch« (2.Kor.4:13; Ps.116:10).

  Bevor die zwei aber erzählen konnten, rief man ihnen bereits freudig zu, dass der Herr auferstanden und dem Simon Petrus erschienen sei. Die Erscheinung vor Petrus wird nur hier berichtet; Paulus nimmt in 1.Korinther 15:5 Bezug darauf, indem er schreibt, dass Jesus zuerst dem Kephas und darauf den Zwölf erschienen ist.

 

Jesus erschien den Aposteln

 

  »Während sie noch davon sprachen, trat Jesus Selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! - Da erschraken sie, gerieten in Furcht und meinten, einen Geist zu schauen. Doch Er sagte zu ihnen: Was seid ihr so erregt, und warum steigen solche Erwägungen in euren Herzen auf? Betastet und gewahrt Mich; denn ein Geist hat kein Fleisch und Gebein, so wie ihr es an Mir schaut. - Als Er dies gesagt hatte, zeigte Er ihnen Seine Hände und Füße. Als sie es vor Freude immer noch nicht glauben wollten und erstaunt waren, fragte Er sie: Habt ihr etwas Essbares hier? - Da reichten sie Ihm ein Stück gerösteten Fisch; das nahm Er und aß es vor ihren Augen« (Verse 36-43).

  Obwohl die Apostel und die mit ihnen Versammelten inzwischen von den Frauen, von Petrus und von den Emmaus-Jüngern gehört hatten, dass Jesus lebt, erschraken sie, als Er durch die aus Furcht vor den Juden verschlossene Tür eintrat, ja plötzlich in ihrer Mitte war (Joh.20:19).

  Für sie war dies alles nun doch zu überraschend und zu neu. Das menschliche Herz kann es nur nach und nach fassen. Deshalb stellte Sich Jesus ihnen mit Geduld, Erklärungen und Verständnishilfen vor.

  Dies wollen wir gedanklich nachvollziehen:

  Geister haben nicht Fleisch und Knochen.

  Jesus aber hatte einen Körper aus Fleisch und Gebein; die Wundmale waren zu sehen, und Er konnte essen. Der Geist Jesu, den Er in die Hände Seines Vaters befohlen hatte (Luk.23:46), sodass Er starb, war in Seinen Körper zurückgekehrt, sodass auch Seine Seele - sie ist das Bewusstsein - wieder geworden war. Ähnlich war es bei Adam gewesen: »Dann formte Jewe Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase; und der Mensch wurde eine lebende Seele« (1.Mose 2:7). Wir erinnern uns auch an das Töchterlein des Jairus: Als Jesus sagte: »Mädchen, erwache!«, kehrte ihr Geist (ihr Lebensodem) zurück, sie erwachte, hatte also wieder Bewusstsein, und stand auf der Stelle auf (Luk.8:54,55).

  Jesu Auferstehungskörper enthielt allerdings kein Blut; dieses hatte Er für die Sünden der Welt ausgegossen (Luk.22:20). Und Sein Körper war mit anderen Kräften und Fähigkeiten ausgestattet, denn Er konnte Sich unsichtbar machen (Luk.24:31) und durch verschlossene Türen gegen (Joh.20:19).

  So sahen und hörten die Apostel nun den auferstandenen Herrn Jesus Christus und konnten sie Ihn auch betasten, worauf Johannes großen Wert legt, denn Er schreibt als Zeuge: »Was von Anfang an war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und mit unseren Händen betastet haben, betrifft das Wort des Lebens: Denn das Leben ist offenbar geworden, und wir haben gesehen, bezeugen und verkünden euch das äonische Leben, das zum Vater hingewandt war und uns offenbar geworden ist. Was wir gesehen und gehört haben, verkünden wir euch« (1.Joh.1:1-3).

  Die Körper der im Königreich Israels lebenden Auferstandenen werden diesem Auferstehungskörper Jesu gleichen (Luk.20:35,36; 1.Joh.3:2).

  Dem Saulus vor Damaskus erschien der Herr in einem wiederum anderen Körper, und zwar in einem überhimmlischen Herrlichkeitskörper, sodass Paulus geblendet wurde (Ap.9:3; 22:11; 26:13). Wenn wir, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23), verwandelt werden (1.Kor.15:51) - für die Entschlafenen ist die Auferstehung die Verwandlung -, wird unser Körper Seinem geistlichen, herrlichen, unvergänglichen, überhimmlischen Körper gleichen (Röm.8:29; 1.Kor.15:42-44,49; Phil.3:21).

 

Jesus unterwies die Seinen

 

  »Auch sagte Er zu ihnen: Dies sind Meine Worte, die Ich zu euch sprach, als Ich noch bei euch war: Alles muss erfüllt werden, was im Gesetz des Mose, in den Propheten und Psalmen von Mir geschrieben ist. - Dann tat Er ihren Sinn auf, die Schriften zu verstehen, und sagte zu ihnen: So steht es geschrieben, und so musste Christus leiden und am dritten Tag aus den Toten auferstehen« (Verse 44-46).

  Was in den hebräischen heiligen Schriften von Jesus geschrieben steht, habe ich im Zusammenhang mit Vers 27 an einigen Beispielen dargestellt. Er, der Christus, hatte alles erfüllt, was von Ihm geschrieben ist, und mithin getan, was Er bei Seinem Kommen in die Welt gesagt hatte: »Siehe, Ich treffe ein (in der Summe der Rolle ist von Mir geschrieben), um Deinen Willen, o Gott, zu tun« (Heb.10:7; Ps.40:9).

  Den Emmausjüngern hatte der Herr es auf der Wanderung erklärt, nun belehrte Er auch die in Jerusalem in Treue zu Ihm versammelten Gläubigen darüber. Dabei war entscheidend, dass Er ihren Denksinn aufschloss und ihnen geistliches Verständnis schenkte; schließlich kann nur Gott das Ohr öffnen (Jes.50:4,5), und nur Er ist es, der Erkenntnis gewährt (Dan.2:21,22), denn »kein Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben wird« (Joh.3:27).

  In den Jahren davor hatten die Jünger vieles nicht verstanden, zum Beispiel weder dass Jesus auf einem Eselsfüllen in Jerusalem einritt (Joh.12:16) noch dass Er den Tempel Seines Körpers in drei Tagen wieder aufrichten werde. Aber »als Er dann aus den Toten auferweckt war, erinnerten sich Seine Jünger, dass Er dies gesagt hatte; und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte« (Joh.2:22).

 

Jesu Anweisungen an Seine Apostel

 

  Der Auferstandene setzte Seine Rede fort und gab Seinen Jüngern Anweisungen, von Sich als dem Messias in der dritten Person sprechend:

  »In Seinem Namen ist Umsinnung zur Erlassung der Sünden unter allen Nationen zu herolden. Angefangen in Jerusalem, werdet ihr Zeugen dafür sein. Und siehe, Ich schicke das Verheißungsgut Meines Vaters aus auf euch; bleibt ihr aber in der Stadt Jerusalem, bis ihr mit Kraft aus der Höhe angetan werdet« (Verse 47-49).

  Diese Worte sprach unser Herr vermutlich noch an jenem Abend. Da Er Sich nach dem zweiten Bericht des Lukas aber vierzig Tage hindurch unter den Gläubigen sehen ließ und über Dinge sprach, die das Königreich Gottes betreffen (Ap.1:3), wird Er diese Anweisungen auch wiederholt und unter verschiedenen Aspekten näher erläutert haben. Die Hauptaussagen hat Lukas hier zusammengefasst.

  Wir wollen sie im Einzelnen betrachten:

  In dem Namen des Herrn Jesus Christus haben sie künftig zu handeln, in Seinem Auftrag und Seiner Vollmacht; oder wörtlich »aufgrund Seines Namens«, aufgrund all der Tatsachen, die mit Seinem Namen verbunden sind und damit mit Ihm Selbst.

  Sie sollen die Umsinnung zur Erlassung der Sünden unter allen Nationen herolden. Genau dies ist ja der große heilsgeschichtliche Auftrag Israels, nämlich als priesterliches Volk alle Nationen zu Jüngern Jesu zu machen (2.Mose 19:6; Mat.28:19; 1.Pet.2:9).

  Johannes der Täufer hatte »die Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden« (Luk.3:3) geheroldet. Dies war auch der Aufruf Jesu an Israel: »Erfüllt ist die Frist, und genaht hat sich das Königreich Gottes. Sinnt um und glaubt an das Evangelium!« (Mark.1:15). Im Königreich Israels werden nur solche leben, die ihre Gesinnung geändert haben und nunmehr Gott wohlgefällig wandeln. Das wiedergezeugte und mithin gläubige und in neuer Gesinnung wandelnde Israel wird zum Segen für die ganze Erde sein (Sach.8:13). Und dann, im tausendjährigen Königreich auf der Erde wie auch im Königreich auf der neuen Erde (Off.21:1), wird Israel den Verkündigungsauftrag unter den Nationen erfüllen, und die Nationen werden Gott für Sein Erbarmen verherrlichen (Röm.15:9; Ps.18:50) und zusammen mit Seinem Volk fröhlich sein (Röm.15:10; 5.Mose 32:43). Alle Völker werden den Herrn Jesus Christus lobpreisen (Röm.15:11; Ps.117:1).

  Zeugen werden sie sein, sagte Jesus; die Apostel, ja ganz Israel (Röm.11:26), werden aus eigenem Erleben bezeugen, dass Jesus das Leben ist (Joh.1:4; 14:6). Jesus ist auch das Licht der Nationen, sodass Gottes Rettung bis an die Enden der Erde gereicht (Jes.49:6; Ap.13:47).

  Ihren Dienst werden sie in Kraft tun, in sichtbar wirksamer Kraft, da das Verheißungsgut des Vaters - dieses ist der Geist Gottes - auf sie kommen wird. Dies sagte Jesus auch nach Apostelgeschichte 1:8: »Ihr werdet Kraft erhalten, wenn der heilige Geist auf euch kommt; und ihr werdet Meine Zeugen sein: in Jerusalem wie auch im gesamten Judäa und Samaria und bis zur letzten Grenze des Landes« (vgl. Joel 3:1). - Wir heute, in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2), tun unseren Dienst in äußerlicher Schwachheit (2.Kor.12:9,10).

  Zunächst sollen sie in Jerusalem bleiben, bis sie mit dieser Kraft aus der Höhe angetan werden. Dementsprechend ist in Apostelgeschichte 1:4,5 zu lesen: »Als Er mit ihnen Tischgemeinschaft hatte, wies Er sie an, nicht von Jerusalem zu scheiden, sondern die Verheißung des Vaters abzuwarten, »die ihr von Mir gehört habt; denn Johannes hat nur mit Wasser getauft, ihr aber werdet nicht sehr lange nach diesen Tagen in heiligem Geist getauft werden«.«

  In Jerusalem sollen sie beginnen. Zentrum und Ausgangspunkt des Wirkens des gläubigen Israels kann nur Jerusalem sein, denn dort wird der Thron des Messias stehen (Ps.132:11-17). Von Zion geht das Gesetz an die Nationen aus und das Wort Jewes von Jerusalem (Jes.2:3).

  Der Apostel Petrus vollzog den Auftrag des Herrn, wie er ihn auch im Königreich erfüllen wird, zum Beispiel gegenüber dem römischen Hauptmann Kornelius, dem er die Erlassung der Sünden für jeden, der an Jesus glaubt, verkündigte (Ap.10:43).

  Auch der Apostel Paulus verkündigte zunächst die Vergebung der Sünden (Ap.26:18), dann aber die Rechtfertigung von den Sünden (Ap.13:39), den Segen, den wir, die Glieder der Körpergemeinde (Eph.1:22,23), heute haben. Wir sind allein durch Glauben - ohne Umsinnung und Wassertaufe - und damit allein in der Gnade gerechtfertigt, von Glaubensanfang an für gerecht erklärt (Röm.3:24,28; Eph.2:8).

 

Bei Bethanien

 

  Abschließend berichtet Lukas über ein Ereignis bei Bethanien am Ölberg, das entweder während der vierzig Tage bis zur Himmelfahrt Jesu oder am Tag der Himmelfahrt stattfand, je nachdem, wie man die Textzeugen für Vers 51 b bewertet.

  »Danach führte Er sie hinaus bis nahe an Bethanien; und Seine Hände aufhebend, segnete Er sie. Während Er sie segnete, entfernte Er Sich von ihnen [und wurde in den Himmel hinaufgetragen]; und sie fielen vor Ihm nieder. Dann kehrten sie mit großer Freude nach Jerusalem zurück. Dort waren sie allezeit in der Weihestätte, lobten und segneten Gott. Amen!« (Verse 50-53).

  Der Kodex Sinaiticus hat den Versteil 51 b: »und wurde in den Himmel hinaufgetragen« nicht, er steht aber in den Kodizes Alexandrinus und Vaticanus sowie in dem sehr guten Papyrus P 75. Da Lukas in Apostelgeschichte 1:2 schreibt, dass sein erster Bericht bis zu dem Tag, da Jesus hinaufgenommen wurde, reiche, berichtet er hier somit über die Himmelfahrt Jesu, die er in Apostelgeschichte 1:2-12 ausführlich schildert.

  Bethanien lag am Ölberg, etwa 15 Stadien von Jerusalem entfernt (Joh.11:18; 15 Stadionlängen zu 185 m sind 2775 m).

  Soweit wir wissen, segnete der Herr Seine Apostel nur dieses eine Mal.

  Einst hatte Jesus gesagt: »Wenn ihr Mich liebet, würde ihr euch freuen, dass Ich zum Vater gehe« (Joh.14:28); jetzt liebten sie Ihn und freuten sie sich, und mit großer Freude kehrten sie nach Jerusalem zurück und preisen Gott.

  Auch wir loben und preisen Gott für Sein Heilswerk in Seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn! Amen!

 

 

 

Dieter Landersheim

Höhenstraße 11

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