Ausführungen zum Bericht des Markus
Der Anfang des Evangeliums Jesu
Christi (Markus 1:1-39)
Erste Auseinandersetzungen (Markus
1:40-3:6)
Große Scharen kamen zu Jesus (Markus
3:7-4:34)
Jesus tat viele Wunder und Zeichen
(Markus 4:35-6:6)
Die Aussendung der Zwölf und der
Tod Johannes des Täufers (Markus 6:7-56)
Wider die Überlieferungen der
Pharisäer (Markus 7:1-8:26)
»Was sagt
ihr, wer Ich sei?« (Markus 8:27-9:32)
Ermahnungen und Belehrungen (Markus
9:33-10:31)
Jesus zog nach Jerusalem hinauf
(Markus 10:32-11:33)
Streitgespräche in der Weihestätte
(Markus 12)
Jesu große Rede über den Abschluss
dieses Äons (Markus 13)
»Dieses ist Mein Blut des neuen
Bundes« (Markus 14:1-52)
Die Verurteilung und Kreuzigung Jesu
Christi (Markus 14:53-15:41)
Jesus wurde auferweckt! (Markus 15:42-16:8)
(Markus 1:1-39)
Einleitung
Der Bericht des Markus über die frohmachende
Botschaft Jesu Christi beruht der Überlieferung nach auf der Verkündigung des
Apostels Petrus in Rom. Das erste Mal dürfte Petrus in den Jahren 42 und 43 n.
Chr. dort gewesen sein. Markus schrieb auszugsweise auf, was er von Petrus
hörte. Die beiden kannten sich schon lange, da die Gläubigen zu Jerusalem sich
im Hause der Maria, der Mutter des Johannes mit dem Beinamen Markus,
versammelten (Ap.12:12). In seinem ersten Brief nennt Petrus den Markus seinen
Sohn. Dies zeugt von einer engen Verbundenheit; womöglich war Markus durch
Petrus zum Glauben gekommen.
Johannes Markus begleitete Barnabas und
Paulus auf der ersten Missionsreise, und zwar bis Perge (Ap.12:25; 13:5,13). Er
war der Vetter des Barnabas (Kol.4:10).
Markus
hat einen knappen, kernigen Stil und erzählt manche Einzelheiten, die nur ein
Augenzeuge, insbesondere eben Petrus, kennen konnte. Er schreibt eher über die
Taten Jesu als über dessen Worte. So zeichnete er viele Wunder auf, aber nur
vier Gleichnisse und nur eine große Rede Jesu (Mark.13:3-37). Markus schildert
uns Jesus als den Knecht Gottes, insofern eine dienende Tat Jesu auf die andere
folgt. Matthäus dagegen beschreibt Jesus als den König Israels, Lukas Ihn als
den Sohn des Menschen und Johannes Ihn als den Sohn Gottes.
Der Anfang
Markus schreibt: »Anfang des Evangeliums Jesu
Christi, des Sohnes Gottes« (Vers 1).
Deutlich sagt Markus zu Beginn sogleich, dass
er über das Evangelium Jesu Christi berichtet. Das Evangelium, die Wohlkunde,
ist, dass das Königreich Israels nahe ist (Vers 15), ja dass Jesus, der Sich
durch Seine Taten als der Messias erwies, es heraufführt. Des Weiteren
kennzeichnet Markus Jesus sofort und ohne Umschweife in bekennender und Ihn
verherrlichender Weise als den Sohn Gottes.
Mit dem Anfang des Evangeliums meint Markus
alle Ereignisse des Dienstes Jesu in Israel. Die Fortsetzung der
Evangeliumsverkündigung fand dann durch die Apostel statt. Unter dem Evangelium
versteht Markus keineswegs sein Buch, sondern den verkündigten Inhalt,
eigentlich aber Jesus Selbst, der das Evangelium in Person ist. Jesus ist die
Botschaft Gottes an die Menschen. Mit der Dahingabe Seines Sohnes gab Er ihnen
alles.
Der Name Jesus (griech. Iêsous, hebr. IEUSchO, punktiert
JöHOSchuA) setzt sich aus der ersten Silbe von Jewe (hebr. IEUE, nach den Masoreten
JHWH; »wird da sein - ist da seiend - war da«) und dem Wort Hosea (hebr.
EUSchO, punktiert HOScheA; »retten«) zusammen. Jesus bedeutet somit: Jewe, der
Retter. Der Titel Christus (griech. christos, hebr. MSchICh, punktiert
MaSchIaCh) bedeutet Gesalbter, mithin Geweihter, Bevollmächtigter.
Wie Jesaia prophezeite
»So wie in Jesaia, dem Propheten, geschrieben
steht (Siehe, Ich schicke Meinen Boten vor Deinem Angesicht her, der Deinen Weg
vor Dir herrichten wird): Stimme eines Rufers: In der Wildnis bereitet den Weg
des Herrn! Macht Seine Straßen gerade!« (Verse 2+3).
Der in der Konkordanten Übersetzung in
Klammern gesetzte Satz steht in Maleachi 3:1 und lautet dort: »Siehe, Ich
entsende Meinen Boten, und er bereitet den Weg vor Meinem Angesicht.« Dieser
Bote war Johannes der Täufer, der Vorläufer und Wegbereiter Jesu. Und in Jesaia
40:3 steht geschrieben: »Stimme eines Rufers: In der Wildnis bereitet den Weg
Jewes, begradigt in der Steppe einen Hochweg unserem Elohim.« Jesus zieht auf
einem geebneten Weg in Jerusalem ein. Aber auch dies ist ausgesagt: Wendet euch
zu dem, der da kommt; beseitigt die höckerigen und krummen Stellen in eurem
Herzen, sodass Jesus auf freier Bahn in euer Inneres einziehen kann!
Wer auf das prophetische Wort achtet, wie Petrus
dringend anrät (2.Pet.1:19), erkennt Jesus in Jewe Elohim, der da kommt. - Das speziell uns, die Körpergemeinde
(Eph.1:22,23), betreffende prophetische Wort ist das des Paulus (Eph.3:2;
Gal.2:7; Tit.1:3).
Johannes taufte
»Johannes der Täufer befand sich in der
Wildnis und heroldete die Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden. Und das
gesamte Land Judäa und alle Jerusalemiten gingen zu ihm hinaus und ließen sich
von ihm im Jordanfluss taufen, ihre Sünden offen bekennend« (Verse 4+5).
Man beachte die Beschreibung der Wassertaufe.
Sie setzte Umsinnung, das heißt Mitdenken, Umdenken, Änderung der Gesinnung,
voraus und hatte die Erlassung der einzelnen Verfehlungen zum Ergebnis. Wer
nicht umsinnte, sondern so weiter machen wollte wie bisher, erhielt keine
Vergebung. Im Übrigen mussten die Sünden offen bekannt werden (1.Joh.1:9). So
hieß es schon in den Sprüchen 28:13: »Wer seine Vergehen verdeckt hält, hat
kein Gelingen; wer sie aber bekennt und davon ablässt, findet Erbarmen.«
Bisher mussten sich nur zum Judentum
Übertretende selbst untertauchen. Neu war, dass Johannes dies vom Bundesvolk
Gottes verlangte, dass er selbst die Taufe an den Bekennenden vollzog und dass
er die Taufe mit der Umsinnung im Hinblick auf den kommenden Messias verknüpfte.
Im Königreich Israels werden schließlich nur die Reinen leben.
Es ließen sich nun praktisch alle taufen,
außer den Pharisäern und Schriftgelehrten (Luk.7:30), die dies nicht nötig zu
haben meinten.
Wir, denen das dem Apostel Paulus enthüllte
Evangelium gilt (Gal.1:12; 2:7), haben heute die Rechtfertigung von allen
Sünden allein durch Glauben (Röm.3:28). Vom Glaubensanfang an sind wir für
gerecht erklärt, an Schuld ist nicht mehr zu denken.
Übrigens war Johannes der Täufer nicht der
Prophet Elia (Joh.1:21), sondern glich ihm in der Aufgabe. Er war gewissermaßen
»ein Elia« oder wie Elia (Mat.17:11,12), da er unserem Herrn Jesus Christus »in
dem Geist und in der Kraft des Elia« vorausging (Luk.1:17). Elia wird vor der
siebenjährigen Endzeit, der Zeit des Zorngerichts Gottes, wiederkommen
(Mal.3:23).
Nach Johannes kommt
Einer
»Johannes war in Kamelhaar gekleidet, mit
einem ledernen Gürtel um seine Lenden, und aß Heuschrecken und wilden Honig. Er
heroldete und sagte: Einer kommt nach mir, der ist stärker als ich, und ich bin
nicht würdig genug, Ihm gebückt den Riemen Seiner Sandalen zu lösen. Ich zwar
taufe euch in Wasser, Er aber wird euch in heiligem Geist taufen« (Verse 6-8).
Johannes der Täufer erinnerte durch seine
Kleidung und asketische Lebensweise an den Propheten Elia (2.Kön.1:8). Er
wusste um den, der nach ihm kam, und dass er nicht würdig genug war, dem
Kommenden auch nur den geringsten Sklavendienst zu tun. Seine Ankündigung, dass
der Messias den verheißenen heiligen Geist für Israel bringen werde, war
überwältigend. Nach Joel 3:1 wird Jewe, der Elohim Israels, Seinen Geist über
alles Fleisch Israels ausgießen. Jewe wird Seinen Geist in ihr Inneres geben,
wie viele Propheten sagten (Jes.44:4; Hes.11:19; 36:27; Sach.12:10). Dies sollte
alsbald seine Erfüllung finden. Welch eine freudige Erwartung nun durch das
Volk ging!
Die Wassertaufe ist mithin etwas Vorläufiges
und Geringeres. Während der Zeit der Apostelgeschichte gab es beide Taufen: Der
heilige Geist kam auf die, die das Wort hörten und glaubten sowie umsinnten,
und man vollzog die Wassertaufe (Ap.10:44,47; 19:5,6). Heute in der dem Paulus
gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (Eph.3:2), die im Glauben besteht
(1.Tim.1:4), gibt es nur eine Taufe
(Eph.4:5), die in Christus Jesus hinein, in Seinen Tod hinein (Röm.6:3), durch
den Geist Gottes.
Die Taufe Jesu
»In jenen Tagen geschah es, dass Jesus von
Nazareth in Galiläa kam und von Johannes im Jordan getauft wurde. Sogleich aus
dem Wasser aufsteigend, gewahrte er die Himmel gespalten und den Geist wie eine
Taube herabsteigen und auf Ihm bleiben. Da ertönte eine Stimme aus den Himmeln:
Du bist Mein geliebter Sohn, an Dir habe Ich Mein Wohlgefallen« (Verse 9-11).
Es geschah Ende September/Anfang Oktober des
Jahres 28 n. Chr., dass Jesus nach dem Laubhüttenfest (15.-22. Etanim; 5.Mose
16:16) im Alter von dreißig Jahren (Luk.3:23) getauft wurde und nach der
Salbung mit dem Geist und der Beglaubigung Seiner Sohnschaft Seinen Dienst
antrat.
An sich hatte Jesus Sich der Taufe nicht zu
unterziehen, weil Er ohne Sünde war (Joh.8:46; Heb.4:15), es geziemte Ihm aber,
jede Gerechtigkeit zu erfüllen (Mat.3:15), insofern Er »den Übertretern
gleichgerechnet werden« sollte (Jes.53:12).
Dass die Himmel sich spalteten, lässt uns an
Jesaia 63:19 denken, wo es heißt: »O dass Du doch die Himmel zerrissest und Du
herabstiegst!« Dieses Wort wird Sich bei der Wiederkunft Jesu zu Seinem Volk
erfüllen.
Der Geist kam auf Jesus herab, wie eine Taube
herabschwebt. Da die Taube hier erwähnt wird, ist sie, eines der zum Opfer
geeigneten Tiere (1.Mose 15:9; 3.Mose 5:7; 4.Mose 6:10) nicht mehr nur ein
Symbol der Arglosigkeit (»Werdet ohne Arglist wie die Tauben«; Mat.10:16),
sondern von nun an auch des heiligen Geistes. Der heilige Geist, der Geist Gottes,
ist Geist aus Gott, der Selbst Geist ist (Joh.4:24). Der heilige Geist ist die
Präsenz Gottes auf der Erde.
Jesus erhielt das Vollmaß des Geistes. Der
Vater gab Ihm den Geist »nicht nach Maß« (Joh.3:34). Jesus war von nun an »voll
heiligen Geistes« (Luk.4:1). Wenn Er auch bereits aus heiligem Geist gezeugt
war (Luk.1:35), konnte man jetzt von Ihm sagen, was in Jesaia 11:2 und 61:1
geschrieben steht: »Auf Ihm ruht der Geist Jewes, der Geist der Weisheit und
des Verstehens, der Geist des Rates und der Vollmacht, der Geist der Erkenntnis
und des Jewe-Fürchtens«; »Der Geist Jewes, Meines Herrn, ist auf Mir, weil Jewe
Mich salbte, den Demütigen [Frohes] zu verkündigen, Mich sandte, zu verbinden,
die gebrochenen Herzens sind, zu herolden den Gefangenen die Freilassung und
den Gebunden das Öffnen der Einengung.«
Des Vaters sodann folgenden Worte aus den
Himmeln waren genau die aus den hebräischen heiligen Schriften bekannten, Jesus
als den verheißenen und wahren Sohn kennzeichnenden und beglaubigenden, und zwar
aus Psalm 2:7: » Jewe sagte zu Mir: Mein Sohn bist Du!«; sowie aus Jesaja 42:1:
»Ja, Mein Knecht, aufrecht halte Ich Ihn; Mein Auserwählter, an dem Meine Seele
ihr Wohlgefallen hat.«
Die Versuchung Jesu
Mit sehr knappen Worten vermerkt Markus die
Versuchung Jesu:
»Sogleich trieb der Geist Ihn in die Wildnis
hinaus; Er war vierzig Tage in der Wildnis und wurde vom Satan versucht. Er war
bei dem Wildgetier, und die Boten dienten Ihm« (Verse 12+13).
Ausführliche Darstellungen der Versuchung
Jesu finden sich in Matthäus 4:1-11 und Lukas 4:1-13.
Markus hält fest, dass der heilige Geist
Jesus antrieb, in die Wildnis zu gehen. Nach vierzig Tagen, als Ihn hungerte,
versuchte Ihn der Satan (Mat.4:2; Luk.4:2). Die Versuchung kann positiv
aufgefasst werden, insofern Gott Seinen Sohn auf die Probe stellte, damit Er
ein Bewährter werde, war vom Satan aber negativ gemeint, nämlich als Verführung
zum Sündigen. Die Versuchung stellte Jesu Vertrauen auf Gott und Seine Treue zu
Ihm auf die Probe.
Die Zahl 40 (hebr. Buchstabe M; MeM) steht
symbolisch für einen Durchgang zu etwas Neuem, insbesondere für einen Durchgang
durch ein Gericht (1.Mose 7:17; 5.Mose 8:2;: 25:3; Richt.13:1; Hes.29:12).
Jesus bestand die Versuchung, indem Er dem
Satan mit richtig angewandten Bibelworten entgegnete.
Auch wir sind gehalten, das Wort der Wahrheit
richtig zu schneiden (2.Tim.2:15), es richtig zu unterscheiden und der
richtigen Zeit (welche heilsgeschichtliche Verwaltung (oikonomia; Eph.3:2) ist
betroffen?) und der richtigen Personengruppe (ist Israel oder die Leibesgemeinde betroffen?) zuzuordnen sowie
den sachlichen Zusammenhang zu beachten.
Dann entfernte sich der Satan von Jesus bis
zu gelegener Zeit (Luk.4:13). Da kamen Boten herzu und dienten Ihm (Mat.4:11).
»Sinnet um!«
»Nach der Überantwortung des Johannes kam
Jesus nach Galiläa. Dort heroldete Er das Evangelium des Königreichs Gottes und
sagte: Erfüllt ist die Frist, und genaht hat sich das Königreich Gottes. Sinnt
um und glaubt an das Evangelium!« (Verse 14+15).
Welch ein herrliches Evangelium für Israel:
Das Königreich Gottes ist nahe! Die Frist der 69 Jahrsiebener wird bald um
sein, nämlich dann, wenn Jesus in Jerusalem einzieht (Dan.9:25). Und dann, nach
dem siebzigsten Jahrsiebener (Dan.9:24), bringt der Messias das Königreich, in
welchem endlich Frieden und Gerechtigkeit herrschen werden (Jes.9:6). An dieses
Evangelium ist zu glauben. Dabei gilt es aber, umzusinnen, damit man würdig
sei, daran teilzuhaben. »Bringt Frucht, würdig der Umsinnung«, hatte Johannes
der Täufer gesagt (Mat.3:8), der im Frühjahr des Jahres 30 n. Chr. von Herodes
Antipas, Tetrarch (Vierfürst) von Galiläa und Peräa, gefangengesetzt worden war
(Mat.4:12; 14:3; Mark.6:17; Luk.3:19,20).
Markus übergeht übrigens die ersten
anderthalb Jahre des Wirkens Jesu, wovon in Johannes 1:35 bis 5:15 zu lesen
ist.
Die Berufung von vier
Jüngern
»Am See Genezareth entlanggehend, gewahrte Er
Simon und Andreas, den Bruder des Simon, ein Beutelnetz ins Meer werfen; denn
sie waren Fischer. Jesus sagte zu ihnen: Herzu, hinter Mir her! Ich werde euch
zu Menschenfischern machen. - Und sofort verließen sie ihre Netze und folgten
Ihm. Ein wenig weiterschreitend, gewahrte Er Jakobus, den Sohn des Zebedäus,
und Johannes, seinen Bruder, wie sie, auch im Schiff, die Netze zurechtlegten.
Und sogleich berief Er sie. Da ließen sie ihren Vater Zebedäus mit den
Mietlingen im Schiff und gingen hin, hinter Ihm her« (Verse 16-20).
Jesus hatte zwar schon einige Jünger (wörtlich:
Lernende), darunter Simon Petrus, Andreas, Philippus und Nathanael mit dem
Beinamen Bartholomäus (Joh.1:35-51), nun aber berief Er Simon Petrus und
Andreas sowie Jakobus und Johannes verbindlich in Seine Nachfolge.- Nun sollten
sie im Grunde ständig bei Ihm sein und
von Ihm lernen.
Dies war eine heilige Berufung in einen neuen
Beruf, nämlich den des Menschenfischers. Sie sollten Menschen für das
Königreich gewinnen! Die wichtigste Aufgabe der Fischer damals war das Besalzen
der Fische. Salz bewahrt. Mithin sollten sie Menschen für das äonische Leben
bewahren!
Die Berufenen gehorchten sofort. Sie hatten
bereits von den Worten Johannes des Täufers und der Stimme aus den Himmeln
gehört und glaubten oder hofften zumindest, dass Jesus der Messias und König
Israels ist.
In Kapernaum
»Sie kamen dann nach Kapernaum. Als Er dort
an den Sabbaten in die Synagoge ging, lehrte Er sofort; und man verwunderte
sich über Seine Lehre, denn Er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und
nicht wie die Schriftgelehrten« (Verse 21+22).
Vollmacht hat, wer von Gott gesandt ist, alle
Gedanken dem Wort Gottes unterordnet und seine Zuhörer liebt. Mithin wurde den
Juden der Unterschied zwischen Jesus und den Schriftgelehrten sehr deutlich. Es
war üblich, dass der Synagogenvorsteher einige Männer aufforderte, aus den
hebräischen heiligen Schriften vorzulesen und eine Auslegung zu geben. So hatte
auch unser Herr immer wieder Gelegenheiten, in der Synagoge zu sprechen. Die
Schriftgelehrten bezogen sich dabei weitgehend auf die Überlieferung der
Rabbiner. Über Jesu Lehre aber war man überaus positiv verwundert, ja
regelrecht aufgewühlt.
Vollmacht, griechisch exousia, bedeutet
wörtlich »aus Sein« (aus dem Sein heraus) und besagt, dass man aufgrund von
Persönlichkeitswerten eine Autorität ist und somit Autorität hat, besonders,
wenn Gott dies wirkte.
Die Heilung eines
Besessenen
»Sogleich war in ihrer Synagoge ein Mann mit
einem unreinen Geist; der schrie auf und sagte: Ha! Was ist zwischen uns und Dir,
Jesus, Nazarener! Bist Du gekommen, uns umzubringen? Ich weiß von Dir, wer Du
bist: Der Heilige Gottes! - Jesus schalt ihn: Verstumme und fahre von ihm aus!«
- Und ihn in Krämpfen schüttelnd und mit lauter Stimme rufend, fuhr der unreine
Geist von ihm aus.
Da erschauerten sie alle, sodass sie sich
untereinander befragten: Was ist das? Eine neue Lehre? Mit viel Vollmacht
gebietet Er auch den unreinen Geistern, und sie gehorchen Ihm. - Sogleich ging
die Kunde von Ihm überall hinaus in die ganze Umgegend Galiläas« (Verse 23-28).
Der Satan hatte Jesus versucht. Jesus hatte
obsiegt. Nun mussten die bösen Geister damit rechnen, dass der Herr ihre
Herrschaft beenden und sie in den Abgrund bringen könnte. Sie müssen geahnt
haben, was der Apostel Johannes später klar sagte: »Dazu wurde der Sohn Gottes
offenbart, damit Er die Werke des Satans niederreiße« (1.Joh.3:8).
Der böse Geist dürfte sich durch die
Anwesenheit und die Worte Jesu provoziert gefühlt haben, sodass er aufschrie.
Er wusste aus der für uns unsichtbaren Welt, dass Jesus der Heilige Gottes ist,
von einzigartiger Heiligkeit, da Er der Sohn Gottes ist, der Heilige, in
welchem das All und somit auch dieser Geist erschaffen wurde (Kol.1:16), Er,
der die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes und das Gepräge Seines Wesens ist
(Heb.1:3).
Beachten wir, dass Jesus das Zeugnis des
unreinen Geistes nicht annahm. In Vers
34 heißt es sogar, dass Er die Dämonen nicht sprechen ließ, insbesondere nicht
sagen ließ, dass Er der Christus ist. Heutzutage ist man versucht, alles und
jedes, was nur irgendwie auf Gott hinweist, zu akzeptieren. Jesus aber verbat
Sich das Zeugnis seitens der Finsternis. Die Taktik des Satans ist, nicht offen
gegen Gott zu arbeiten, sondern sich der Welt gegenüber Gott wohlwollend zu zeigen,
sich als Bote des Lichts, mithin als Bote Gottes darzustellen (2.Kor.11:14). So
gewinnt er Einfluss auf die Menschen, sogar auf Gläubige. Der Satan gibt sich
als den heiligen Geist aus, weicht aber ein bisschen und immer ein bisschen
mehr vom Wort Gottes ab und betrügt auf diese Weise alle Gläubigen, die die
Waffenrüstung Gottes nicht angelegt haben (Eph.6:10-17).
Der Herr schalt den unreinen Geist, verwarnte
und wies ihn zurecht; dann gebot Er ihm: »Verstumme und fahre von ihm aus!« -
Und so geschah es, wie denn auch in Psalm 33:9 geschrieben steht: »Er (Jewe)
spricht, und es geschieht; Er gebietet, und es steht da.«
Jesu Vollmacht ist umfassend. Er hat nicht
nur die Vollmacht zu lehren, sondern auch, die Mächte der Finsternis
auszutreiben, was ein Hinweis darauf sein darf, dass das Königreich Israels ein
Reich des Lichts und der Gerechtigkeit und des Friedens sein wird.
Die Heilung der
Schwiegermutter des Petrus
»Sogleich aus der Synagoge heraustretend,
kamen sie mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas. Simons
Schwiegermutter aber lag fiebernd danieder. Sogleich berichtete man Ihm von
ihr; da trat Er hinzu, fasste sie bei der Hand und richtete sie auf. Das Fieber
verließ sie sofort, und sie bediente sie« (Verse 29-31).
Krankenheilungen waren ein Kennzeichen des
Messias (Jes.29:18; 35:5,6; 61:1). Dies war auch die Beweisführung Jesu auf die
Frage Johannes des Täufers hin, ob Er der Kommende sei oder man auf einen
anderen warten solle (Mat.11:2-6). - Übrigens erwähnt auch Paulus, dass Petrus
verheiratet war (1.Kor.9:5).
Jesus heilte viele
»Als es Abend wurde und die Sonne unterging,
brachte man alle zu Ihm, die mit Krankheit übel daran waren, und auch die
dämonisch Besessenen. Die ganze Stadt war an der Tür versammelt. Er heilte
viele, die mit mancherlei Krankheit übel daran waren, und trieb viele Dämonen
aus. Er ließ die Dämonen nicht sprechen, weil sie wussten, dass Er der Christus
war« (Verse 32-34).
Wahrhaftig, Jesus ist der Messias!
Die Leute brachten die Kranken und Besessenen
deshalb erst am Abend zu unserem Herrn, weil man vor dem Ende des Sabbats um
18
Uhr keine Lasten tragen durfte.
Die Dämonen konnten dem Gebieten Jesu nichts
entgegensetzen. Sie wussten, wer Er war, sollten es aber nicht aussprechen,
weil die Menschen nicht den Dämonen glauben sollten, sondern dem Wort Gottes.
Sie sollten glauben, dass sich all das, was geschrieben steht, in Jesus
erfüllte.
Dies alles veranlasst uns, unseren Herrn
Jesus Christus mit den Worten des Psalms 103 zu segnen: »Segne Jewe, meine
Seele, und all mein Inneres Seinen heiligen Namen! Segne Jewe, meine Seele, und
vergiss doch nicht all Seine Wohltaten! Der vergibt all deine Verwerflichkeit,
der da heilt all deine Krankheiten. Der dein Leben aus der Grube erlöst, der dich
krönt mit Huld und Erbarmen« (Ps.103:1-4).
Jesus betete
»Sehr früh am Morgen, als es noch Nacht war,
stand Er auf, trat hinaus, ging an eine einsame Stätte und betete dort. Simon
und die mit ihm waren, eilten Ihm nach. Sie fanden Ihn und sagten zu Ihm: Alle
suchen Dich! - Da erwiderte Er ihnen: Gehen wir irgendwo anders hin, in die
benachbarten Landstädte, damit Ich auch dort herolde; denn dazu bin Ich
ausgegangen. - So kam Er in ihre Synagogen in ganz Galiläa, wo Er heroldete und
die Dämonen austrieb« (Verse 35-39).
Jesus betete. Er pflegte die Gemeinschaft mit
Seinem Vater. Sicherlich huldigte Er Ihm, dass nun solche wunderbaren Taten zum
Zeichen für das anbrechende Königreich und zur Verherrlichung Gottes in Kapernaum
geschehend durften. Im Gebet wird unser Herr wohl auch Kraft für Seinen nun in
ganz Galiläa bevorstehenden Dienst geschöpft haben. Jesus war eben nicht nur
nach Kapernaum gesandt. Gar alle Israeliten sollten vom Königreich hören.
Die Volksmenge kam schon frühmorgens wieder
zum Haus des Simon zurück, um Jesus anzuschauen und zu bewundern. Aber Er war
schon fort. Simon Petrus meinte, Ihn zurückholen zu müssen, damit Seinem Herrn
weitere Ehre zuteil werde. Aber Jesus war nicht gekommen, um angestaunt zu
werden, sondern um zu dienen und zur Umsinnung und zum Glauben aufzurufen.
(Markus 1:40-3:6)
Jesus zog durch ganz Galiläa, ging in die
Synagogen, heroldete die Umsinnung und das Evangelium des Königreichs Gottes
und trieb Dämonen aus (Mark.1:15,39).
Die Heilung eines
Aussätzigen
»Da kam ein Aussätziger zu Ihm, sprach Ihm
zu, und vor Ihm auf die Knie fallend sagte er zu Ihm: Herr, wenn Du willst,
kannst Du mich reinigen! - Da Ihn der Mann jammerte, streckte Jesus Seine Hand
aus, rührte ihn an und sagte zu Ihm: Ich will! Sei gereinigt! - Sogleich ging
der Aussatz von ihm, und er war gereinigt. Ihm drohend, wies Er ihn sogleich
hinaus und gebot ihm: Siehe zu, sage niemandem etwas, sondern gehe hin, zeige
dich dem Priester und bringe für deine Reinigung dar, was Mose anordnete, ihnen
zum Zeugnis« (Mark.1:40-44).
»Wenn Du willst« - diese Formulierung lässt
auf ein Vertrauen des Aussätzigen auf Jesus als den Messias schließen. Und
Jesus wollte. Sein mit dem Willen des Vaters übereinstimmender Wille geschieht
im Himmel und auf der Erde. »Er (Jewe) spricht, und es geschieht, Er gebietet,
und es steht da« (Ps.33:9).
Das Erbarmen Jesu mit dem Mann lässt uns in
das Herz Seines Gottes und Vaters blicken, »des Vaters des Mitleids und des
Gottes allen Zuspruchs« (2.Kor.1:3).
Der gereinigte Mann sollte sich dem Priester
zeigen und die Opfergaben darbringen, wie es in 3.Mose 14 vorgeschrieben war.
Der Geheilte sollte ihm bezeugen, wer diese plötzliche Gesundung bewirkt hatte.
Die Aufgabe der Priester war, die Sünden zu beschirmen und die Folgen der
Sünde, nämlich die Krankheiten, zu beheben oder als oberste Gesundheitsbehörde
wenigstens ihre Behebung offiziell festzustellen.
Jesus hatte Seinen Dienst nicht damit
begonnen, die Oberen zu gewinnen, denen sodann das ganze Volk gefolgt wäre,
sondern Sich an die Menschen im Allgemeinen gewandt. Nun aber lernten auch die
Oberen Jesus kennen, das einzig wahre Opfer für Sünden (Joh.1:29), der auch die
Folgen der Sünde beheben konnte. Mit einem klein wenig geistlichen Verständnis
würden die Priester Jesus als den Messias und Sohn Gottes erkennen können. Aber
sie waren blind. Wie konnten sie nur einen Aussätzigen für rein erklären und
zugleich den verwerfen, der ihn heilte?
Wir kommen zu der Frage, warum der Gereinigte
seine Heilung nicht weit hinaus bekannt machen sollte.
Die Antwort erschließt sich aus dem folgenden
Vers 45:
»Als jener (der Geheilte) aber herauskam,
begann er das Wort zu herolden und es weithin wohlbekannt zu machen, sodass
Jesus nicht länger öffentlich in eine Stadt gehen konnte, sondern draußen an
einsamen Stätten war. Doch kamen sie zu Ihm von überall her.«
Die Folge des Ungehorsams jenes Mannes war -
und dies wollte Jesus vermeiden -, dass Er Seine Verkündigung in den Städten
und Synagogen nicht fortsetzen konnte, ohne von Menschenmassen umdrängt zu
werden, und Er Sich draußen in der Ödnis aufhielt. Aber auch dort strömten die
Leute zu Ihm. - Im Übrigen zog unser Herr Sich zurück, um nicht als
Wunderheiler Sensationslüste zu fördern. Die Wunder waren nur Zeichen für die
Wahrheit Seines Wortes, für Seine Messianität und für die Nähe des Königreichs.
Wieder in Kapernaum
»Nach etlichen Tagen kehrte Er wieder nach
Kapernaum zurück. Als man hörte, dass Er zu Hause war, versammelten sich sofort
so viele, sodass sie nicht mehr Raum hatten, nicht einmal an der Tür. Und Er
sprach das Wort zu ihnen« (Mark.2:1,2).
Jesus wohnte in Kapernaum (Mat.4:13),
vielleicht im Haus des Petrus (Mark.1:29). Das Wort - verstehen wir darunter
das ganze Evangelium -, das Er sprach, war Geist und Leben (Joh.6:63) und der
rechte Zuspruch für die geplagten Menschen. Der Geist Jewes war auf unserem
Herrn, den Elenden (oder: Demütigen) frohe Kunde zu bringen und die
aufzurichten, die zerbrochenen Herzens waren (Jes.61:1).
Die Heilung eines
Gelähmten
»Da kamen sie und brachten einen Gelähmten zu
Ihm, von Vieren emporgehoben. Da sie ihn der Volksmenge wegen nicht zu Ihm bringen
konnten, deckten sie da, wo Er war, das Dach ab. Als sie es aufgegraben hatten,
senkten sie die Matte, worauf der Gelähmte lag, hinab. Ihren Glauben gewahrend,
sagte Jesus zu dem Gelähmten: Kind, deine Sünden sind dir erlassen!« (Verse
3-5).
Die über
eine Außentreppe erreichbaren Flachdächer waren mit Balken, Latten und
Lehm bedeckt, sodass man sie von oben her aufgraben konnte. Entscheidend dürfte
hier der Glaube der Vier und besonders des Gelähmten gewesen sein, dass sie
sich solche Mühe machten und dazu noch den Schaden wiedergutmachen mussten.
Zum einen stellen wir fest, dass Jesus sie
nicht für die Störung tadelte; zum andern, dass Er ganz anders handelte, als
die fünf Männer erwartet hatten. Er heilte den Kranken gar nicht, sondern
vergab ihm die Sünden.
Zwar ist eine Krankheit nicht die Folge einer
bestimmten Sünde des Erkrankten (Hiob 1:8,22; Joh.9:3), wohl ist es aber die
Folge der Sünde Adams, dass alle Menschen »zum Sterben hin sterbend« sind
(1.Mose 2:17; Röm.5:12) - mit all dem damit verbundenen Leid. Der Herr hat die
Vollmacht, die Hauptprobleme der Menschheit, nämlich die Sünde und die
Vergänglichkeit, abzutun. Eine Teilhabe am Königreich Israels ist nicht in
Sünden denkbar.
Jesus erließ dem Gelähmten die Verfehlungen;
Er konnte dies deshalb tun, weil Er sie Sich aufbürden wird (Jes.53:11).
Die Reaktion der
Schriftgelehrten
»Auch einige der Schriftgelehrten waren dort;
sie saßen dabei und folgerten in ihren Herzen: Was redet dieser da? Der
lästert! Wer kann Sünden erlassen außer dem Einen - Gott! - Sogleich erkannte
Jesus in Seinem Geist, dass sie so bei sich folgerten, und sagte zu ihnen: Was
folgert ihr dieses in euren Herzen? Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu
sagen: Deine Sünden sind dir erlassen - oder zu sagen: Erhebe dich, nimm deine
Matte auf und wandle? - Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen
Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu erlassen (sagte Er zu dem Gelähmten): Dir
sage Ich, erhebe dich, nimm deine Matte auf und gehe hin in dein Haus! - Da
erhob er sich, und sogleich die Matte aufnehmend, ging er vor aller Augen
hinaus, sodass sie alle vor Verwunderung außer sich waren. Sie verherrlichten
Gott und sagten: So etwas haben wir noch nie gesehen« (Verse 6-12).
Ja, nur Gott kann Sünden vergeben (Jes.43:25;
Ps.103:3) - und der von Ihm Bevollmächtigte (Ap.5:31), der »Sohn des Menschen«.
Dieser Begriff kennzeichnete für jeden, der das Prophetenwort Daniels kannte,
den Messias und Sohn Gottes. In Daniel 7:13,14 ist zu lesen: »Siehe, da kam mit
den Wolken der Himmel einer wie eines Sterblichen Sohn (oder: wie eines Mannes
Sohn); Er kam zu dem Verfüger über Tage (Gott) und wurde nahe zu Ihm gebracht.
Dann wurde Ihm Vollmacht, Würde und ein Königreich gewährt, und alle Völker,
Stämme und Zungen sollen Ihm dienen; Seine Vollmacht, eine äonische Vollmacht,
wird (für die Äonen) nicht vergehen, und Sein Königreich wird (räumlich)
unbegrenzt sein.«
Jesus konnte den Menschen ins Herz sehen
(Joh.2:25). Und dann bewies Er den eine Gotteslästerung unterstellenden
Schriftgelehrten (darauf stand Steinigung; 3.Mose 24:16), dass Er Vollmacht
hatte. Eine Sündenvergebung war leicht auszusprechen, weil das Ergebnis nicht
nachprüfbar war, aber eine Heilung musste wirklich stattgefunden haben und
sofort sichtbar sein. Und so heilte der Herr den Gelähmten und bewies damit
Sein Recht, dessen Verfehlungen zu erlassen. Möge das, was die Schriftgelehrten
mit ihren Augen wahrnahmen, ihnen dann auch den Sinn für die geistlichen
Tatsachen aufgetan haben. Aber wahrscheinlich begann hier anfangs des Jahres 31
n. Chr. - wenn nicht schon früher - ihre Feindschaft gegen den Herrn Jesus
Christus.
Die Rettung durch Jesus war umfassend: der
ganze Mensch wurde heil gemacht. Voraussetzung dafür war der Glaube, dass Jesus
von Gott gesandt war.
Die Berufung des Levi
»Dann ging Er wieder an den See hinaus, und
die gesamte Schar kam zu Ihm, und Er lehrte sie. Im Vorübergehen gewahrte Er
Levi, den Sohn des Alphäus, am Zollamt sitzen und sagte zu ihm: Folge Mir! - Da
stand er auf und folgte Ihm nach« (Verse 13+14).
Levi trug auch den Namen Matthäus (Mat.9:9;
10:3). Er gehorchte dem Herrn, von dem er schon vieles gehört haben und der der
Messias sein musste, unverzüglich und wurde Sein Jünger. Ihm nachzufolgen,
bedeutete damals ganz praktisch, den Beruf aufzugeben und gemeinsam mit Jesus
durch das Land zu ziehen.
Levi
stand im Dienst des Vierfürsten Herodes Antipas und zog Steuern für ihn und die
Römer ein, die das Land unterdrückten. Zöllner standen auf der untersten
sozialen Stufe, denn kein aufrichtiger Jude würde sich für eine gegen das
Vaterland gerichtete Tätigkeit hergeben. Außerdem mussten die Zöllner noch
ihren eigenen Verdienst herausschlagen. So war dies in verschiedener Hinsicht
ein übles Geschäft. Nur Rücksichtslose
und Habgierige konnten so tief fallen. Daher waren die Zöllner die
verachtetsten Menschen in Israel.
Um Sünder zu berufen,
kam Jesus!
»Als Er in dessen Haus zu Tisch lag, geschah
es, dass auch viele Zöllner und Sünder mit Jesus und Seinen Jüngern zu Tisch
lagen; denn es waren viele, die Ihm nachfolgten. Auch die Schriftgelehrten der
Pharisäer gewahrten Ihn dort, wie Er mit den Zöllnern und Sündern aß, und
sagten zu Seinen Jüngern: Warum isst und trinkt denn euer Lehrer mit den
Zöllnern und Sündern? - Jesus hörte es und erwiderte ihnen: Nicht die Starken
bedürfen des Arztes, sondern die mit Krankheit übel daran sind. Ich kam nicht,
um Gerechte zu berufen, sondern Sünder« (Verse 15-17).
»Es gibt keinen, der gerecht ist, auch nicht
einen!« (Röm.3:10; Ps.14:1-3). Jesus kam nicht für solche, die es gar nicht
gibt. »Alle sündigten« (Röm.3:23; 5:12). Alle wurden durch den Ungehorsam Adams
als Sünder eingesetzt (Röm.5:19). Jesu Wort, nicht für Gerechte gekommen zu
sein, war besonders auf die Selbstgerechten bezogen, auf die Schriftgelehrten
und die anderen Religiösen, die ihre »eigene Gerechtigkeit aufzustellen
suchten« (Rö.10:3).
Die Selbstgerechten meinen, Jesus nicht nötig
zu haben; alle jedoch bedürfen des Sühnopfers Jesu Christi zur Erlassung ihrer
Verfehlungen. Die anwesenden Schriftgelehrten der pharisäischen
Glaubensrichtung waren der Ansicht, dass der Messias Sich im Königreich nur mit
dem heiligen »Überrest« (Jes.10:22) umgeben werde und die Sünder im
vorangehenden Zorngericht umkämen. Das ist ja völlig richtig - wie aber wird
man ein Heiliger? Nur durch Jesus, nur durch die Vergebung. Darum brauchte
Israel zuallererst ein Sühnopfer und dann erst einen König.
Das Königreich wird nicht eher kommen, als
bis sie sagen: »Wir
alle - wie Kleinvieh gingen
wir irre; jedermann von uns schaute nur auf seinen eigenen Weg. Doch Jewe ließ
Ihn einstehen für die Vergehung von uns allen«
(Jes.53:6).
Ja, »der Sohn des Menschen ist gekommen, zu
suchen und zu retten, was verloren ist« (Luk.19:10).
Dadurch, dass Jesus Gemeinschaft mit den verachtenswerten
Zöllnern und Sündern pflegte - unter Letzteren ist der »Pöbel, der das Gesetz
nicht kennt«, wie die Pharisäer sagten (Joh.7:49), zu verstehen - ehrte Er sie
sehr, was die Schriftgelehrten allerdings so empfanden, dass Er sie, die sich
im Gesetz Mühenden, nicht würdigte. Auch deshalb wurden sie Jesu Feinde. In
ihrer Verblendung übersahen sie jedoch eines der wichtigsten Gebote, nämlich
ihren Nächsten zu lieben wie sich selbst (3.Mose 19:18), und bemerkten gar
nicht, dass sie gewaltig sündigten.
Vom Fasten
»Da die Jünger des Johannes und die Pharisäer
zu fasten pflegten, kamen etliche und sagten zu Ihm: Warum fasten die Jünger
des Johannes und die Jünger der Pharisäer, aber Deine Jünger fasten nicht? - Jesus
antwortete ihnen: Die Söhne des Brautgemachs können doch nicht fasten, während
der Bräutigam bei ihnen ist! Solange sie den Bräutigam bei sich haben, können
sie nicht fasten. Es werden aber Tage kommen, wenn der Bräutigam von ihnen
genommen wird, und an jenem Tag werden sie dann fasten« (Verse 18-20).
Zwar ist die Hochzeit des Lämmleins noch
nicht gekommen und hat sich Israel, Seine Braut, noch nicht bereit gemacht
(Off.19:7), aber der Bräutigam, Jesus, der König, ist da - Grund genug, um sich
zu freuen! Fasten wäre für die Söhne des Brautgemachs, das heißt für die
Begleiter des Bräutigams, fehl am Platze, ist Hungern doch eine Erniedrigung
für den Menschen, mit den Worten von 3.Mose 23:27 ausgedrückt, eine Demütigung
der Seele. Wenn der Bräutigam gefangengenommen wird und die Jünger schließlich
verlässt, um in den Himmel hinaufzusteigen, und insbesondere dann während der
Endzeit, in der härteste Entscheidungen unter größtem Druck (Mat.24:15-22,
Off.13:15) zu treffen sein werden, dann werden die Jünger Jesu mit Fasten Seine
Wiederkunft ersehnen.
Nach dem Gesetz war nur am Tag der
Beschirmungen in Demut angesichts der Sünden zu fasten (3.Mose 23:27), im Laufe
der Zeit aber erlegten sich die Religiösen immer mehr Fastentage oder
-tageshälften
auf. Aber auch wahre Gläubige unterstrichen ihre Trauer über die Sünde und
ihren Ruf nach dem Erlöser mit Fasten. Unser Herr wandte Sich nicht
grundsätzlich gegen das Fasten, sondern nur gegen die heuchlerische Verstellung
des Angesichts zu einer kummervollen Miene (Mat.6:16).
Übrigens fasteten die Jünger des Johannes,
weil der Täufer in dem Geist und in der Kraft des strengen Elias handelte
(Luk.1:17). Jesus aber war nicht gekommen, um Gericht zu üben, wirkte Er doch
nicht im Geist jenes Propheten (Luk.9:54,55).
Jungen Wein in neue
Schläuche
Mit zwei eindrücklichen Bildern verdeutlichte
unser Herr die neue, mit Ihm angebrochene Zeit:
»Niemand näht einen ungewalkten Flicklappen
auf ein altes Kleid. Sonst reißt das Füllstück davon ab, das Neue von dem
Alten, und der Riss wird ärger. Niemand tut jungen Wein in alte Schläuche.
Sonst wird der junge Wein die Schläuche bersten lassen, sodass der Wein
vergossen wird und die Schläuche umkommen. Sondern man tut jungen Wein in neue
Schläuche« (Verse 21+22).
Mit Jesus hat die neue Zeit angefangen - Sein
Königreich ist nahe (Mark.1:15). Darum stellt euch auf Ihn ein! Lasst das Alte
hinter euch! Jetzt braucht niemand mehr zu fasten! Wie denn auch Johannes der
Täufer von Jesus sagte: »Jener muss wachsen, ich aber geringer werden«
(Joh.3:30). Der ermahnende und den Weg Jesu vorbereitende Dienst des Johannes
war abgeschlossen; jetzt galt es, auf Jesus zu blicken. Und der ließ Sich nicht
in alte Gewohnheiten pressen.
Nicht dass damit auch nur das geringste
Bibelwort hinfällig geworden wäre, nein, Er, von dem die hebräischen heiligen
Schriften sprechen (Joh.5:39), erfüllte sie und erfüllte sie vollends mit
Leben. Was zum Beispiel das Gesetz des Mose betrifft - es ist heilig, gerecht
und gut, aber niemand konnte es halten, nur Jesus erfüllte es; so lebe nun in
Treue zu Jesus, und in Ihm wirst du auch das Gesetz tun.
Die Sabbatfrage
Dann kam es zu einer weiteren
Auseinandersetzungen mit den Pharisäern, und zwar wegen des Sabbats.
»Als Er an den Sabbaten durch die Saaten ging,
geschah es, dass Seine Jünger begannen, auf dem Wege Ähren abzurupfen. Da
sagten die Pharisäer zu Ihm: Siehe, warum tun sie an den Sabbaten, was nicht
erlaubt ist? - Er antwortete ihnen: Habt ihr noch nie gelesen, was David tat,
als er Bedarf hatte und hungrig war, er selbst und die bei ihm waren, wie er
unter Abiathar, dem Hohenpriester, in das Haus Gottes einging und die
Schaubrote aß, die zu essen nicht erlaubt ist außer den Priestern allein, und
wie er auch denen davon abgab, die mit ihm waren? - Weiter sagte Er zu ihnen:
Der Sabbat wurde um des Menschen willen eingesetzt und nicht der Mensch um des
Sabbats willen, sodass der Sohn des Menschen auch Herr über den Sabbat ist«
(Verse 23-28).
Jesus ist der Herr über Sinn und Zweck des
Sabbats und alles Tun und Lassen an diesem siebenten Tag. Welch ein klares
Wort, dass der Sabbat um des Menschen willen eingesetzt wurde, damit er für
einen Tag mit dem Arbeiten aufhöre, sein Körper sich erhole und er seine Seele
auf Gott ausrichte. Sabbat bedeutet »aufhören«; damit ist ein Ruhen von eigenen
Werken sowie in Gott und mithin ein Feiern verbunden (Heb.4:9-11).
Das Gesetz des Mose erlaubte es ausdrücklieh,
Ähren vom Feld eines anderen mit der Hand abzurupfen, die Sense zu schwingen
nur war verboten (5.Mose 23:26).
Und wie verhält es sich am Sabbat? Der Mensch
hat den Vorrang, er darf seinen Hunger im Vorübergehen stillen. Erwerbsarbeit
aber war verboten (2.Mose 20:10; 23:12; 31:13-17; 34:21; 5.Mose 5:14). Die
Pharisäer aber hatten das Sabbatgebot noch genauer beachten wollen und deshalb
viele Zusatzbestimmungen erlassen, damit man das Gebot auf keinen Fall
übertrete. Sie hatten angesichts des Verhaltens der Jünger Jesu und der
Tatsache, dass Jesus es duldete, nur ihre menschlichen Überlieferungen im
Blick, die den Sabbat zu einem strengen Tag machten, und waren empört.
Jesus bedeutete ihnen: Wenn schon David die
heiligen Brote (2.Mose 24:6), die nur die Priester essen durften (2.Mose 29:33;
3.Mose 24:9), in der von dem Hohenpriester Abiathar, dem Sohn des Hohenpriesters
Abimelech, geprägten Zeit (1.Sam.22:20; 2.Sam.15:24) aß, als ihn hungerte
(1.Sam.21:1-7), wie viel mehr dürfen dann Jesu Jünger an dem heiligen Tag Ähren
abrupfen und essen!
Sollte man mit einem Hungernden nicht
Erbarmen haben? Matthäus berichtet ein weiteres Wort Jesu bei dieser
Begebenheit: »Wenn ihr nur erkannt hättet, was das ist: Barmherzigkeit will Ich
und nicht Opfer (Hos.6:6), so würdet ihr die Schuldlosen (die Jünger) nicht
schuldig sprechen« (Mat.12:7). Jakobus ermahnt: »Das Gericht ist unbarmherzig
gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat. Barmherzigkeit rühmt sich
gegenüber dem Gericht« (Jak.2:13).
Die Pharisäer waren nicht nur unbarmherzig,
sondern sündigten zudem in elementarer Weise an der Heiligen Schrift, wie der
Herr bei anderer Gelegenheit sagte, die die Sabbatfrage aber ebenso betrifft:
»Ihr macht das Wort Gottes um eurer Überlieferungen willen ungültig! Ihr
Heuchler! Trefflich hat Jesaia von euch prophezeit: Dieses Volk ehrt Mich mit
den Lippen, ihr Herz aber ist weit von Mir entfernt; in eitler Weise verehren
sie Mich und lehren die Vorschriften der Menschen als Lehren« (Mat.15:6-9).
Die Heilung einer
verdorrten Hand
»Als Er wieder in die Synagoge kam, war dort ein
Mensch, der eine verdorrte Hand hatte. Und sie beobachteten Ihn scharf, ob Er
ihn an den Sabbaten heilen würde, damit sie Ihn anklagen könnten. Da sagte Er
zu dem Menschen, der die verdorrte Hand hatte: Erhebe dich und stelle dich in
die Mitte! - Und zu ihnen sagte Er: Ist es erlaubt, an den Sabbaten Gutes zu
tun oder Übles zu tun, eine Seele zu retten oder sie zu töten? - Sie aber
schwiegen still. Dann blickte Er sie ringsumher mit Zorn an, betrübt über die
Verstockung ihres Herzens, und sagte zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! -
Da streckte er sie aus, und seine Hand war wiederhergestellt. Die Pharisäer
aber gingen hinaus und hielten sogleich mit den Herodianern eine Beratung über
Ihn ab, wie sie Ihn umbrächten« (Mark.3:1-6).
Wer kann das fassen? Der Verheißene ist da,
Er rettet und heilt und tut die Zeichen und Wunder, die vom Messias geweissagt
sind (Jes.35:5,6; 61:1), aber die herrschende Klasse denkt nur an ihre
Autorität, die sie zu verlieren droht, und hat nichts Besseres zu tun, als sich
zu beraten, wie sie Ihn umbrächten.
Jesus hatte nicht die Absicht, Sich in der
Synagoge, in der auch die Pharisäer waren, vorsichtig zurückzuhalten. Er war
es, der den Mann, dessen Hand vermutlich von Muskelschwund befallen war, in die
Mitte rief. Die Hand sah aus wie das Sabbathalten der Pharisäer, vertrocknet,
verschrumpft, seelenlos, tot. Und dann brachte der Herr mit Seiner Frage, ob
man am Sabbat Gutes oder Übles tun dürfe, das Verborgene ihrer Herzen ans
Licht. Sie schwiegen. Wie beschämend! Wenn sogar die Priester an den Sabbaten
tätig waren und segensreich wirkten, sollte man dann nicht auch selber Gutes
tun, Liebe üben und Kranken Barmherzigkeit erweisen dürfen? Und wird Jewe, der
Elohim Israels, im tausendjährigen Königreich, dem großen Sabbat Israels
(Heb.4:9; Jes.14:3; Ps.95:11), denn nicht Gutes über Gutes tun?
Sollte Jesus den Mann am Sabbat etwa nicht
heilen? Es wäre ja wie Töten. »Denn wer nun trefflich zu handeln weiß und es
nicht tut, für den ist es Sünde«, schreibt Jakobus (4:17).
Mit berechtigtem Zorn blickte Jesus sie
ringsumher an. Sein Zorn erwuchs nicht aus einer Überhebung, sondern aus Seiner
Betrübtheit über sie. Sein Zorn war
schon in Psalm 119:53 vorgezeichnet, wo es heißt: »Zornesglut hat mich
ergriffen wegen der Frevler, die Dein Gesetz verlassen haben.«
Und was taten die Pharisäer am Sabbat? Gutes
oder Übles? Sie schmiedeten Mordpläne! Dabei verbündeten sie sich sogar mit
ihren verhassten Erzfeinden, den mit den Römern zusammenarbeitenden Anhängern
des Herodes, und zwar deshalb, weil theologische Gründe allein nicht ausreichen
würden, um Jesus zu töten, und man etwas finden musste, wonach Er Sich
irgendwie politisch gegen Herodes gestellt habe.
Seit jener Zeit - etwa dem Frühjahr des
Jahres 31 n. Chr. - überschattete die Feindschaft der Oberen den Dienst Jesu.
Diesen Abschnitt abschließend, sei Johannes
12:37-41 zitiert:
»Obgleich Er so viele Zeichen vor ihnen getan
hatte, glaubten sie nicht an Ihn, damit das Wort des Propheten Jesaia erfüllt
werde, in welchem er ankündigte: Herr, wer glaubt unserer Kunde? Und wem wurde
der Arm des Herrn enthüllt? (Jes.53:1). Sie konnten deshalb nicht glauben, weil
Jesaia wiederum gesagt hatte: Er hat ihre Augen geblendet und ihr Herz
verstockt, damit sie mit den Augen nicht wahrnehmen, noch mit dem Herzen
begreifen und sich umwenden und Ich sie heilen könnte (Jes.6:9,10). - Dies
sagte Jesaia, als er Seine (und zwar Jesu) Herrlichkeit gewahrt hatte und von
Ihm sprach.«
Glückselig ist, wer erkennt, dass mit Jesus
die Herrlichkeit Gottes zu den Menschen gekommen ist!
(Markus 3:7-4:34)
In den
folgenden Versen gibt Markus einen Überblick über das Wirken unseres Herrn
Jesus Christus am See Genezareth, wahrscheinlich nach dem Fest der
Erstlingsernte (Pfingsten; 3.Mose 23:15-21) des Jahres 31 n. Chr.
»Jesus
zog Sich mit Seinen Jüngern an den See zurück, und eine zahlreiche Menge aus
Galiläa folgte Ihm. Auch aus Judäa, aus Jerusalem, Idumäa und von jenseits des
Jordan und aus der Gegend um Tyrus und Sidon kam eine zahlreiche Menge zu Ihm,
als man hörte, wie viel Er tat. Da gebot Er Seinen Jüngern, um der Scharen
willen ein Boot für Ihn breitzuhalten, damit sie Ihn nicht bedrängten. Denn
viele heilte Er, sodass alle, die von Geißeln geplagt waren, sich auf Ihn stürzten,
um Ihn anzurühren. Und wenn die unreinen Geister Ihn schauten, fielen sie vor
Ihm nieder, schrien und sagten: Du bist der Sohn Gottes! - Doch Er warnte sie
sehr, Ihn nicht öffentlich bekannt zu machen« (Verse 7-12).
Jesus
lehrte, vergab Sünden, heilte Kranke und trieb Dämonen aus - daran schauten die
Jünger und viele andere Menschen Seine Herrlichkeit, die mit Barmherzigkeit,
Gnade und Wahrheit verbunden war, die Herrlichkeit des vom Vater
einziggezeugten Sohnes (Joh.1:14).
Den
bösen Geistern gebot Jesus deshalb zu schweigen (vgl. Mark.1:34), weil die
Menschen nicht aufgrund von deren Zeugnis an Jesus als den Messias glauben
sollten.
Die Berufung der zwölf
Apostel
»Dann
stieg Er auf den Berg hinauf und rief die herzu, die Er um Sich haben wollte,
und sie gingen zu Ihm. Er bestimmte zwölf, die Er auch Apostel nannte, damit
sie mit Ihm seien und Er sie aussende, um zu herolden. Auch sollten sie
Vollmacht haben, Krankheiten zu heilen und Dämonen auszutreiben. Dazu bestimmte
Er die Zwölf, nämlich Simon, dem Er den Namen Petrus beilegte; ferner Jakobus,
den Sohn des Zebedäus, und Johannes, den Bruder des Jakobus, denen Er den Namen
»Boanerges« beilegte, das heißt »Söhne des Donners«; ferner Andreas, Philippus
und Bartholomäus, Matthäus und Thomas, Jakobus, den Sohn des Alphäus, und
Thaddäus, Simon, den Kananäer, und Judas Iskariot, der Ihn dann verriet« (Verse
13-19).
Jesus
hatte schon einige in Seine Nachfolge gerufen (Mark.1:16-20; Joh.1:35-50).
Jetzt war Er auf einen Berg (oder: auf ein Berggebiet) gestiegen. Ein Berg
steht symbolisch für Macht und Vollmacht. Die Nacht über hatte Er zu Gott
gebetet (Luk.6:12). Und dann erwählte und berief Er nach Seinem souveränen
Willen aus der Schar der Jünger zwölf, die Er auch Apostel, das heißt Beauftragte,
nannte (Luk.6:13).
Die Zahl
zwölf weist auf den Dienst der Apostel für das Zwölf-Stämme-Volk hin, über das
sie einmal herrschen werden (Mat.19:28) und das in den beiden kommenden Äonen die
ganze Welt regieren wird (2.Mose 19:6; 5.Mose 28:1; Ps.2:8; Mat.28:19).
Den
Simon nannte der Herr auch Petrus, das heißt Fels (hebr. Kephas), weil Er auf
dieses feste Fundament die herausgerufene Gemeinde Israels bauen wird
(Mat.16:18). Bartholomäus wurde auch Nathanael genannt (Joh.1:45). Matthäus
hieß auch Levi (Mark.2:14). Thaddäus war nach Lukas 6:16 Judas, der Sohn des
Jakobus. Simon, der Kananäer, wurde »Eiferer« gerufen (Luk.6:15), wie denn auch
Kananäer Eiferer bedeutet; der Begriff hat nichts mit Kanaan zu tun.
Iskariot
dürfte »Mann aus Karijot«, einem Dorf nördlich von Silo in Judäa, bedeuten.
Jesus wusste von Anfang an, was in Judas Iskariot steckte (Joh.2:25). Auch
diesen hatte Er ausgewählt, denn Jesus sollte nach Gottes Vorsatz von einem
Vertrauten verraten werden (Ps.41:10; 55:13-15; Joh.13:18).
Eine ekstatische Menge
»Sie
traten nun in ein Haus, und wieder kam die Volksmenge zusammen, sodass man
nicht einmal Brot essen konnte. Die bei Ihm waren und es hörten, kamen heraus,
um sie zu halten; denn man sagte, dass sie außer sich sei« (Verse 21+22).
Unter
den griechischen Worten für »die bei Ihm waren« verstand man gewöhnlich die
Angehörigen; Jesu Verwandte aber standen draußen (Vers 31) und konnten somit
nicht aus dem Haus herauskommen. Der Übersetzung »... kamen heraus, um Ihn
(statt »sie«, die Menge) zu halten; denn man sagte, dass Er (statt »sie«, die
Menge) außer sich (wörtlich: in Ekstase) sei« vermögen wir nicht beizutreten;
wir beziehen diese Aussagen auf die Volksmenge.
Beezeboul
»Die
Schriftgelehrten aber, die von Jerusalem herabgezogen waren, erklärten: Er hat
den Beezeboul, und: Durch den obersten der Dämonen treibt Er die Dämonen aus. -
Da rief Er sie herzu und sprach in Gleichnissen zu ihnen: Wie kann Satan den
Satan austreiben? Wenn ein Königreich mit sich selbst uneins ist, kann jenes
Königreich nicht bestehen. Wenn ein Haus mit sich selbst uneins ist, kann jenes
Haus nicht bestehen. Wenn der Satan gegen sich selbst aufsteht und uneins ist,
kann er nicht bestehen, sondern hat seinen Abschluss gefunden. Niemand kann jedoch in das Haus des Starken
eindringen, um dessen Hausrat zu plündern, wenn er nicht zuerst den Starken
bindet; erst dann wird er dessen Haus plündern« (Verse 22-27).
Beezeboul treibt nicht seine eigenen Mitarbeiter aus. Satan wendet sich
nicht gegen sich selbst. Eigentlich hätte dies den Schriftgelehrten von
vornherein klar sein müssen, aber wenn man Jesus etwas Böses nachsagen will,
ist selbst die dümmste Behauptung recht.
Jesus
ist es, der Stärkere als der Starke, der Hocherhabene über den Satan, der
dessen Haus plündert, das heißt der dessen Untergebene austreibt.
Beezeboul, der Fliegen-Baal, frei übertragen: der Herr der Fliegen (Baal
heißt Eigner), untersteht dem Satan und ist der oberste der Dämonen, der
niedrigsten Geister. Baal Zöbub war der Götze der Philisterstadt Ekron
(2.Kön.1:2).
Die Sünde wider den
heiligen Geist
Und dann
kam Jesus zur Hauptaussage:
»Wahrlich, Ich sage euch: Alle Versündigungen und Lästerungen, so viel
sie auch lästern mögen, werden den Söhnen der Menschen erlassen werden; wer
aber gegen den Geist, den heiligen, lästert, hat für den Äon keine Erlassung,
sondern ist der äonischen Folge der Sünde verfallen. - So sprach Er, weil sie
sagten: Einen unreinen Geist hat Er!« (Verse 28-30).
Alle
Sünden, die die Juden gegen Jesus begehen werden bis hin zur Kreuzigung, werden
ihnen vergeben werden, wie der Herr ja auch am Kreuz erbat: »Vater, vergib
ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun« (Luk.23:34), weil sie in Unkenntnis
gehandelt hatten, wie Petrus feststellte (Ap.3:17).
Wer aber
nach Pfingsten, wenn Petrus und Johannes Kranke in der Kraft des heiligen
Geistes im Namen des Auferstandenen heilen, sagt, dies sei vom Satan geschehen, der begeht eine
Sünde wider besseres Wissen, die ihm nicht erlassen wird, wie auch das Gesetz
sagt (4.Mose 15:30), was sich bis in den nächsten Äon hinein auswirkt (nicht
nur im derzeitigen Äon), indem er der äonischen Folge der Sünden, nämlich dem
Tod, verfallen ist. Schließlich wissen die Juden während der Zeit der
Apostelgeschichte, dass Jesus der Heilende und mithin der Messias und Sohn
Gottes ist.
In der
gegenwärtigen, dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung
(griech. oikonomia, Haushaltung, Verfahrensordnung; Eph.3:2) strömt die Gnade
über, auch wenn die Sünde noch so groß gewesen sein sollte (Röm.5:20). Alle,
die an Jesus glauben, haben die Rechtfertigung von Glaubensanfang an
(Röm.3:24,28); sie sind für gerecht erklärt, eine Schuld haftet ihnen nicht
mehr an. Außerdem haben wir in Christus Jesus durch Sein Blut die Vergebung der
Kränkungen, die wir dem Vaterherzen zufügten, »nach dem Reichtum Seiner Gnade,
die Er in uns überfließen lässt« (Eph.1:7,8 a).
Die wahren Verwandten
Jesu
»Als Seine
Mutter und Seine Geschwister kamen, blieben sie draußen stehen, schickten zu
Ihm und ließen Ihn rufen. Doch eine Schar saß um Ihn her. Da sagte man zu Ihm:
Siehe, deine Mutter, Deine Brüder und Deine Schwestern draußen suchen Dich! -
Als Antwort sagte Er zu ihnen: Wer sind Meine Mutter und Meine Geschwister? -
Und auf sie umherblickend, die rings um Ihn saßen, sagte Er: Siehe, Meine
Mutter und Meine Geschwister! Denn wer den Willen Gottes tut, der ist Mein
Bruder und Meine Schwester und Meine Mutter« (Verse 31-35).
Wir sind
davon überzeugt, dass Jesus die familiären Beziehungen als solche nicht
schmälern wollte, ebenso aber auch davon, dass die geistlichen Beziehungen
gewichtiger sind. Wer den Willen Gottes tut, wer seinen Glauben in Treue und
Gehorsam Gott gegenüber ausdrückt, der ist im Geist mit Jesus verwandt. Und Er
schämt Sich nicht, sie Brüder zu nennen (Heb.2:11).
Mögen
aber auch die familiären Beziehungen für unseren Dienst im Herrn fruchtbar
werden!
Das Gleichnis vom
vierfachen Ackerfeld
»Als Er
wieder begann, am See zu lehren, versammelte sich eine sehr zahlreiche Schar um
Ihn, sodass Er in ein Schiff stieg und Sich darin auf dem See setzte. Doch die
gesamte Schar war auf dem Land, dem See zugewandt. Er lehrte sie vieles in
Gleichnissen und sagte zu ihnen in Seiner Belehrung: Hört zu! Siehe, der Sämann
ging aus, um zu säen. Und es geschah beim Säen, dass etwas an den Weg fiel, und
die Flügler kamen und fraßen es. Anderes fiel auf das Felsige, wo es nicht viel
Erde hatte; und es schoss sogleich auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Aber
als die Sonne aufging, wurde es versengt; da es keine Wurzel hatte, verdorrte
es. Wieder anderes fiel in die Dornen, und die Dornen kamen hoch und erstickten
es, und es gab keine Frucht. Anderes aber fiel auf ausgezeichnetes Land, wo es
hochkam, wuchs und Frucht gab; eines trug dreißig-, eines sechzig- und eines
hundertfältig. - Weiter sagte Er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!«
(Mark.4:1-9). Dies ist eine Parabel (griech. parabolê,
wörtl. Neben-Wurf), eine an einem Beispiel im übertragenen Sinn gegebene
lehrhafte Darstellung.
Ohren zu
hören hat, wer gern, glaubend und gehorsamsbereit hört. Das ist ein Geschenk
Gottes. Nur Er öffnet das Ohr (Jes.50:5). Die Nichtauserwählten aber können
nicht hören, wie unser Herr sagt: »Wer aus Gott ist, der hört die Worte Gottes.
Ihr hört deshalb nicht, weil ihr nicht aus Gott seid!« (Joh.8:47).
Das Geheimnis des
Königreichs
»Als Er
allein war, befragten Ihn die, die mit den Zwölf um Ihn waren, wegen der
Gleichnisse. Da sagte Er zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Königreichs
gegeben, jenen draußen aber wird alles in Gleichnissen gesagt, damit sie sehend
sehen und doch nicht wahrnehmen, und hörend hören und doch nicht verstehen,
damit sie sich nicht umwenden und ihnen die Versündigungen erlassen werden«
(Verse 10-12).
An denen
draußen erfüllte sich wieder das Verstockungsgericht, das der Prophet Jesaia
ausgesprochen und der Herr hier zitiert hatte (Jes.6:9,10; vgl. 5.Mose 29:3;
Jer.5:21). Denen aber, die an Jesus glaubten, war es gegeben, das Geheimnis des
Königreichs zu verstehen. Dieses ist, dass das Königreich aufgrund des
Unglaubens der Juden zunächst nicht kommt. Das sollten die draußen nicht
erkennen, ebenso wenig wie dies, dass das Königreich Israels in der Zwischenzeit
von der Finsternis verkehrt wird, dem Unkraut (Mat.13:24-30) und dem trügerisch
schnell wachsenden Senfkorn (Mat.13:31+32) gleicht und völlig verdorben sein
wird, so wie der Sauerteig alles durchsäuert (Mat.13:33). Mit dem Gleichnis vom
vierfachen Ackerfeld zeigte Jesus die Ursachen der Verwerfung des Königreichs
durch Israel auf, nämlich das Wirken Satans, die Schwachheit des Fleisches und
die Welt mit ihren Sorgen und Verführungen.
Die
Tatsache, dass der Herr von nun an in Gleichnissen sprach, zeigt einen neuen
Dienstabschnitt an. Bisher sprach Er in klaren Worten. Die Gleichnisse sollen
das Verständnis der geistlichen Wahrheiten keineswegs erleichtern, sondern sie
verhüllen. Ungeistliche Menschen sollten den Sinn nicht begreifen können. - Jesus
konnte dem Volk nicht das Königreich verheißen und ihm gleichzeitig von
vornherein sagen, dass es es verwerfen werde.
Die Auslegung der
Parabel
Aber
auch die Jünger hatten Probleme mit dem Verständnis der Parabel.
»Dann
sagte Er zu ihnen: Gewahrt ihr den Sinn dieses Gleichnisses nicht? Wie werdet
ihr denn den Sinn aller anderen Gleichnisse erkennen? - Der Sämann sät das
Wort. Diese sind die an dem Weg, wo das Wort gesät wird: wenn sie es hören,
kommt sogleich der Satan und nimmt ihnen das Wort, das in sie gesät ist.
Gleicherweise sind diese, die auf das Felsige gesät werden: wenn sie das Wort
hören, nehmen sie es sogleich mit Freuden an. Doch haben sie keine Wurzel in
sich, sondern sind wetterwendisch. Wenn sich danach Drangsal oder Verfolgung um
des Wortes willen erhebt, straucheln sie sogleich. Da sind andere, die in die
Dornen gesät werden. Diese sind es, die das Wort hören; doch die Sorgen dieses
Äons, die Verführung des Reichtums und die Begierden um das Übrige ziehen ein
und ersticken das Wort, sodass es unfruchtbar wird.
Aber
jene, die auf ausgezeichnetes Land gesät werden, sind solche, die das Wort
hören, es annehmen und Frucht bringen, einer dreißig-, einer sechzig- und einer
hundertfältig« (Verse 13-20).
Der
Sämann ist Jesus sowie alle die Seinen, die das Wort Gottes ausstreuen. Ohne
dies geht es übrigens nicht, denn der Glaube entsteht aufgrund des Gehörten
(Röm.10:17). Das Ackerfeld sind die Herzen der Menschen.
Frucht
ist alles in Werken und in Worten, was der Verkündigung des Wortes, der
Auferbauung der Gläubigen und der Verherrlichung Gottes dient. Die in den
Herzen der Heiligen erwachsende Frucht des heiligen Geistes ist Liebe, Freude,
Friede, Geduld, Milde, Gutheit, Treue, Sanftmut und Selbstzucht (Gal.5:22). Zur
Frucht zählen insbesondere Menschen, die durch das Wirken der Gläubigen zum
Glauben gekommen sind.
Von der
Ernte ist in der Parabel nicht die Rede; die ist noch weit entfernt.
Mögen
auch wir umso mehr auf das ausgesäte Wort Acht geben, das wir schriftlich und
durch Paulus vervollständigt (Kol.1:25) vorliegen haben, damit wir nicht daran
vorbeigleiten (Heb.2:1), und deshalb darum beten und bitten, dass wir mit der
Erkenntnis des Willens Gottes »in aller geistlichen Weisheit und allem
geistlichen Verständnis erfüllt werden, um des Herrn würdig zu wandeln und Ihm
in jeder Weise zu gefallen - als solche, die in allem guten Werk Frucht
bringen, in der Erkenntnis Gottes wachsen und mit aller Kraft nach der Gewalt
Seiner Herrlichkeit gekräftigt werden zu aller Ausdauer und Geduld mit Freuden«
(Kol.1:9-11).
Das Licht macht alles
offenbar
»Weiter
sagte Er zu ihnen: Die Leuchte kommt doch nicht herein, damit man sie unter den
Scheffel oder unter die Liege setze? Nein, vielmehr damit man sie auf den Leuchter
setze. Denn nichts ist verborgen, es sei denn, damit es offenbar werde; noch
geschieht etwas verhohlen, außer damit es an die Öffentlichkeit komme. Wenn
jemand Ohren hat zu hören, der höre!« (Verse 21-23).
Das
Licht, das ausgesäte Wort Gottes, erleuchte nicht nur alle, führe nicht nur
alle zur Erkenntnis Gottes, sondern es wird auch alles offenbar machen, sowohl
das, was im Herzen ist, wie auch das, was im Verborgenen geschah (vgl.
Röm.2:16).
Niemand
stelle das die Menschen erleuchtende Wort Gottes unter einen Scheffel, ein
Hohlmaß, einen Behälter, lasse es also in der dem Fleisch so nahe liegenden
Selbstzufriedenheit und Trägheit schlummern, sondern stelle es auf den besten
Platz, mache es mithin weit hinaus bekannt! Streue es aus; schon dabei wird das
der soeben gehörten Parabel nach Vierfache, das in den Herzen der Menschen
verborgen ist, offenbar werden; und später dann vor dem Richterstuhl Gottes
ohnehin alles (Heb.4:12,13; Off.20:11-15).
Wer
Ohren hat zu hören, der wisse sich ermahnt, nichts zu tun, was er im Dunkeln zu
halten wünscht, und aufgerufen, das Licht, das Evangelium, ja Jesus Selbst,
auszustrahlen.
Mit welchem Maß gemessen
wird
»Dann
sagte Er zu ihnen: Gebt Obacht auf das, was ihr hört! Mit welchem Maß ihr
messt, wird man euch messen, und man wird euch noch etwas hinzufügen. Denn wer
hat, dem wird gegeben; und wer nicht hat, von ihm wird auch das, was er zu
haben meint, genommen werden« (Verse 24+25).
Gott ist
gerecht. Er wird jeden Ungläubigen nach seinen Werken verurteilen
(Off.20:12,13). Um das Königreich Israels zu erlangen, hat man neben dem
Glauben edle Werke zu erbringen (Jak.2:24; 2.Pet.1:10,11) und sich von üblen
Taten fernzuhalten (2.Pet.2:20). Nun ist es so, dass man das, was andere tun,
sei es gut oder schlecht, recht objektiv, meist aber auch sehr streng
beurteilt. Denselben Maßstab legt Gott dann auch an. Dagegen kann niemand etwas
einwenden. Es ist gerecht. Darum: Erweise Erbarmen! »Denn das Gericht ist
unbarmherzig gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat. Barmherzigkeit
rühmt sich gegenüber dem Gericht« (Jak.2:13).
Die da
meinen, vor Gott etwas aufzuweisen zu haben - es wird ihnen im Gericht genommen
werden; den anderen, den Treuen und Barmherzigen (Mat.5:7), wird der Lohn dafür
zusätzlich zugesprochen werden.
Wer gern
gibt, dem gibt Gott noch hinzu (2.Kor.9:6-11). »Die Segen spendende Seele wird
reich gesättigt, und wer andere tränkt, erhält noch eine Zugabe« (Spr.11:25).
Ebenso gilt auch dies: Wer im Glauben und in der Treue wandelt, dem wird auch
die Erkenntnis der Geheimnisse des Königreichs gegeben werden. Wer es aber an
der Treue fehlen lässt, der wird aus der Rolle des Lebens gestrichen werden
(2.Mose 32:33; Ps.69:29; Luk.10:20; Off.13:8; 20:12,15).
Kurz
gesagt: Geistliche Segnungen vermehren sich umso mehr man sie austeilt. Wer
aber keinen Glauben hat, der wird auch alle die Vorzüge verlieren, die er als
Jude in der Welt hat.
Die Parabel von der
wachsenden Saat
»Er
fügte noch hinzu: Mit dem Königreich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch das
Saatkorn auf das Land wirft und schlummert und sich wieder erhebt bei Nacht und
Tag, und das Saatkorn keimt und wird länger, doch er weiß nicht wie. Das Land
bringt von selbst Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach das volle
Getreide in der Ähre. Wenn sich aber die Frucht darbietet, schickt er sogleich
die Sichel, da die Ernte bevorsteht« (Verse 26-29).
Das
Königreich Gottes kommt nicht sofort; viele Tage und Nächte vergehen. Aber das
ausgesäte Wort Gottes in seiner Kraft ist lebendig und wirksam (Heb.4:12), es
wächst und wird Frucht hervorbringen. Wenn das Königreich anbricht, und zwar
beim Abschluss dieses Äons (Mat.13:39), wird die Ernte eingebracht; die
Menschen, die Frucht gebracht haben, würdig der Umsinnung (Mat.3:8), werden für
die Äonen leben.
Während
der pfingstlichen Heilsverwaltung (griech. oikonomia), von der die
Apostelgeschichte berichtet, war Israel noch nicht reif für die Ernte. »Seid
nun geduldig, Brüder, bis zur Anwesenheit des Herrn. Siehe, der Landmann wartet
auf die kostbare Frucht der Erde und geduldet sich auf sie« - dies ist der
Zuspruch des Jakobus (5:7) wie auch dieses Gleichnisses.
Das Gleichnis vom
Senfkorn
»Dann
sagte Er: Womit sollen wir das Königreich Gottes vergleichen, oder in was für
einem Gleichnis sollen wir es darlegen? Es ist wie ein Senfkorn, das, wenn man
es auf das Land sät, kleiner ist als alle anderen Samen auf der Erde; doch wenn
es gesät ist kommt es hoch und wird größer als alle Gemüse und bringt große
Zweige hervor, sodass die Flügler des Himmels unter seinem Schatten
Unterschlupf finden können« (Verse 30-32).
Dieses
Gleichnis steht in einem eklatanten Gegensatz zu dem vorhergehenden, insofern
Senf sehr schnell wächst und das wahre Königreich somit nicht gemeint sein
kann, sondern nur das falsche, das wir unter dem Bild der Hure Babylon kennen
(Off.17+18). Unser Herr offenbarte die trügerische Erscheinungsform des
Königreichs in der Zwischenzeit bis zu Seiner Anwesenheit.
Zwar
wird auch das wahre Königreich groß sein und die ganze Erde umfassen, aber die
Einbeziehung der Flügler, die Jesus im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld
gerade als vom Satan erklärt hatte (Mark.4:4,14), bestärkt uns darin, in diesem
Gleichnis das Königreich des Antichristen beschrieben zu sehen, das eine
Wohnstätte der Dämonen und aller üblen Machenschaften sein wird (Off.18:2,5).
Jesus erzählte weit mehr
Gleichnisse
»In
vielen solchen Gleichnissen sprach Er das Wort zu ihnen so, wie sie zu hören befähigt
waren. Doch ohne Gleichnis sprach Er nicht zu ihnen. Aber für Sich allein, mit
Seinen eigenen Jüngern, erläuterte Er ihnen alles« (Verse 33+34).
Der Herr
handelte nach Psalm 78:2; dort steht geschrieben: »Ich will meinen Mund mit
einem Gleichnis auftun, ich will aussprechen Rätsel von der Vorzeit an.« Er
erzählte viele Gleichnisse (siehe zum Beispiel Matthäus 13 und Lukas 15 und 16)
- dem Auffassungsvermögen Seiner Zuhörer angemessen. Seine verhüllende Rede
ihnen gegenüber darf als Anbahnung ihrer Preisgabe an das Gericht verstanden
werden.
Seinen
Jüngern erklärte Er die Gleichnisse, denn ihnen war es gegeben, die Geheimnisse
des Königreichs zu verstehen (Mark.4:11), was nämlich noch alles geschehen
muss, bis es anbricht.
(Markus 4:35-6:6)
»Als es an jenem Tag Abend wurde, sagte Er zu
ihnen: Lasst uns zum jenseitigen Ufer hinüberfahren! - Und die Schar
verlassend, nahmen sie Ihn mit, wie Er im Schiff war; und noch andere Schiffe
waren bei Ihm« (Verse 35+36).
Nach den Königsreichsgleichnissen, die Jesus
auf dem See Genezareth vom Schiff aus den am Ufer Stehenden erzählt hatte
(Mark.4:1-34), berichtet Markus über mehrere Wunder, die Seine Gleichnisreden
bekräftigten und Zeichen für das kommende Königreich waren wie auch dafür, dass
Er der Messias ist.
Die Stillung des Sturmes
»Da entstand ein großer Wirbelwind, und die
Wogen schlugen ins Schiff, sodass das Schiff sich schon mit Wasser anfüllte. Er
war im Hinterschiff und schlummerte auf dem Kopfkissen. Da weckten sie Ihn und
sagten zu Ihm: Lehrer, kümmert es Dich nicht, dass wir umkommen? - Und
aufgewacht, schalt Er den Wind und sagte zu dem See: Schweig still! Verstumme!
- Da flaute der Wind ab, und es trat große Stille ein. Doch zu ihnen sagte Er:
Was seid ihr so verzagt? Wie - habt ihr keinen Glauben? - Sie fürchteten sich
aber mit großer Furcht und sagten zueinander: Wer ist wohl dieser, da auch der
Wind und der See Ihm gehorchen?« (Verse 37-41).
Wer ist dieser? Er ist der Christus, der Sohn
des lebendigen Gottes. »Er spricht, und es geschieht; Er gebietet, und es steht
da« (Ps.33:9). Er wird auch das Königreich für Israel heraufführen! »Jewe,
Elohim der Heerscharen, wer ist wie Du, ein unbesiegbarer Je, mit Deiner Treue
rings um dich her? Du herrschst über das anschwellende Meer; wenn seine Wogen
sich erheben, Du bringst sie zur Ruhe« (Ps.89:9,10). Einst »schalt Er das
Schilfmeer, und es verlief sich« (Ps.106:9), und jetzt erwies Sich Jesus wieder
als der Elohim, »der aufhören lässt das Brausen der Meere, den Aufruhr ihrer
Wogen und das Lärmen der Volksstämme« (Ps.65:8; vgl. Ps.107:25-30).
Das wunderbare Ereignis auf dem See lässt uns
auch an die nach den Wirbeln der Endzeit eintretende Sabbatruhe für das
auserwählte Volk denken (Heb.4:9).
Plötzliche Stürme auf dem See Genezareth sind
nicht ungewöhnlich. Die Jünger sollten in Jesus zu vertrauen lernen. Übrigens
haben die Kodizes Sinaiticus und Vaticanus statt »Habt ihr keinen Glauben?«
»Habt ihr noch keinen Glauben?« - Ihr Glaube dürfte gewachsen sein.
Der Besessene von
Gergesa
»Dann kamen sie an das jenseitige Ufer des
Sees in die Gegend von Gergesa. Als Er aus dem Schiff gestiegen war, kam Ihm
von den Gräbern her sogleich ein Mann mit einem unreinen Geist entgegen. Der
hatte seine Wohnung in den Gräbern, und niemand konnte ihn mehr binden, auch
nicht mit Ketten; denn er war oftmals mit Fußschellen und Ketten gebunden
worden, doch wurden die Ketten von ihm zerrissen und die Fußschellen
zerbrochen, und niemand vermochte ihn zu bändigen. Allezeit, bei Nacht und bei
Tag, war er in den Gräbern und in den Bergen, wo er schrie und sich mit Steinen
zerschlug. Als er Jesus von ferne gewahrte, lief er herzu, fiel vor Ihm nieder
und schrie mit lauter Stimme: Was ist zwischen mir und Dir, Jesus, Du Sohn Gottes,
des Höchsten? Ich beschwöre Dich bei Gott, quäle mich nicht! - Denn Er sagte zu
ihm: Fahre aus dem Mann aus, du unreiner Geist! - Dann fragte Er ihn: Was ist
dein Name? - Und er antwortete Ihm: Mein Name ist Legion, da wir so viele sind.
- Und er flehte Ihn sehr an, damit Er ihn nicht aus der Gegend hinausschicke«
(Mark.5:1-10).
Die Region der Gergesener (oder: Gerasener)
lag am Ostufer des Sees. Die Bevölkerung bestand aus Juden und Heiden.
Die bösen Geister sprachen, obwohl ihrer
viele waren, durch den Mund des Besessenen wie einer. Dem Befehl Jesu,
auszufahren, unterwarfen sie sich sofort, denn sie glauben ja, dass Gott Einer
ist, und schaudern dabei (Jak.2:19). Jesus ist der Herr und Verfüger über sie.
Sie kennen Jesus wie auch Gott, den Höchsten.
Dieser Ausdruck El Eljon (hebr. AL OLIUN, punktiert EL sowie ÄL ÄLJON) findet
sich mehrfach in den hebräischen heiligen Schriften (1.Mose 14:18-20-22; 4.Mose
24:16; Jes.14:14).
Die Geister flehten den Herrn an, sie nicht
zu quälen und aus der Gegend auszuweisen. Für die bösen Geister ist es eine
Qual, in unwahrnehmbaren Banden der Dunkelheit im Abgrund (Luk.8:31) gebunden
zu sein (2.Pet.2:4; Jud.6). Zum Abgrund zählt biblisch alles, was unter der
Erd- und Wasseroberfläche ist. In der Gegend wollten die Geister bleiben, also
auf jeden Fall auf der Erdoberfläche.
Eine römische Legion zählte etwa 4.000 bis
6.000 Krieger und 300 Reiter; hinzu kam der Tross. Das heißt aber nicht, dass
es genauso viele Geister waren, sondern deutet umgangssprachlich einfach eine
sehr große Zahl an.
In die Schweine
»Nun war dort an dem Berg ein großer Auftrieb
weidender Schweine. Da flehten Ihn alle Dämonen an und baten: Sende uns in die
Schweine, damit wir in sie fahren! - Jesus gestattete es ihnen sofort. Da fuhren
die unreinen Geister aus; als sie in die Schweine fuhren, stürmte der gesamte
Auftrieb den Abhang hinab in den See. Es waren etwa zweitausend, und sie
ertranken im See. Die sie weideten, flohen dann und berichteten es in der Stadt
und auf den Gehöften. Da gingen die Leute hinaus, um zu sehen, was geschehen
war. Als sie zu Jesus kamen, schauten sie den dämonisch Besessenen an, der die
Legion gehabt hatte, wie er bekleidet und ganz vernünftig dort saß, und sie
fürchteten sich. Die es gesehen hatten, erzählten ihnen, wie das mit dem
dämonisch Besessenen und den Schweinen vor sich gegangen war. Da begannen sie
Ihm zuzusprechen, von ihrem Grenzgebiet fortzugehen« (Verse 11-17).
Eine solche Nähe der Ausstrahlung der
Herrlichkeit Gottes konnten die Gergesener nicht ertragen. Statt sich vor Jesus
anbetend niederzuwerfen, zogen sie es vor, sich nicht weiter in ihrer
Lebensweise stören zu lassen, und baten Ihn, fortzugehen. Vielleicht fürchteten
sie auch, weitere Schweineherden zu verlieren, wenn Jesus länger dort bliebe.
Es war des Herrn Absicht, die unreinen
Geister in den Abgrund zu bringen wie auch die Schweinehalter zu richten, die
gewiss Juden waren, aber gegen das Gesetz des Mose verstießen, da Schweine als
unrein galten (3.Mose 11:7; 5.Mose 14:8). Heiden hätten Schadenersatz für die
umgekommenen Schweine gefordert, die Juden aber wussten, dass der Verlust sie
zu Recht traf.
Ein Verkündigungsauftrag
»Als Er in das Schiff stieg, sprach der zuvor
dämonisch Besessene Ihm zu, um bei Ihm sein zu dürfen; doch Er ließ ihn nicht,
sondern sagte ihm: Geh in dein Haus zu den Deinen und verkünde ihnen alles, was
der Herr an dir getan und wie Er Sich deiner erbarmt hat. - Da ging er hin und
begann in dem Gebiet der Zehn Städte alles zu herolden, was Jesus an ihm getan
hatte, und alle waren erstaunt« (Verse 18-20).
Jesus wollte den Geheilten nicht als
Prunkstück mit Sich führen. Und wenn die Gergesener Ihn auch abgewiesen hatten,
sollten sie dennoch nicht ohne das Zeugnis jenes Mannes über die mit Jesus
anbrechende Gottesherrschaft sein.
Die »Dekapolis« war ein Bund von zehn
griechisch geprägten Städten, die (mit einer Ausnahme) alle im Ostjordanland
lagen. Schweinezucht zur Versorgung ihres Gebiets mit Fleisch war ein
einträgliches Geschäft.
Abschließend sei angemerkt, dass das gesamte
Geschehen auch ein Hinweis auf die siebenjährige Endzeit sein dürfte, in der
Israel von noch mehr Dämonen als jemals in früheren Zeiten besessen sein wird
(Mat.12:43-45), wenn es das wilde Tier, den Antichristus, anbetet (Off.13:8).
Bei der Wiederkunft Jesu zu Israel sodann werden der Satan und dessen Anhang in
den Abgrund geworfen (Off.20:3).
Der Synagogenvorsteher
Jairus
»Nachdem Jesus im Schiff wieder an das
jenseitige Ufer hinübergefahren war, versammelte sich eine große Volksmenge bei
Ihm, während Er noch am See war. Und siehe, da kam einer der Synagogenvorsteher
mit Namen Jairus; Ihn gewahrend, fiel er Ihm zu Füßen, sprach Ihm sehr zu und
sagte: Mein Töchterlein befindet sich in den letzten Zügen. Komm und lege ihr
die Hände auf, damit sie gerettet werde und lebe! - Da ging Er mit ihm hin; und
es folgte Ihm eine große Volksmenge, die Ihn umdrängte« (Verse 21-24).
Der Herr war bereit, der Bitte des Jairus zu
entsprechen. Da trat eine Verzögerung ein, ebenso wie das Königreich erst nach
einer Unterbrechung kommen wird (Röm.11:15,25). Außerdem wollte Jesus an dem
Töchterlein Größeres tun als nur eine Krankenheilung.
Die Heilung der blutflüssigen Frau
»Dort war auch eine Frau, die seit zwölf
Jahren infolge Blutfluss bei vielen Ärzten viel gelitten und all ihre Habe
dabei verbraucht hatte. Doch nichts hatte ihr genützt, sondern es wurde
vielmehr ärger. Als sie von Jesus hörte, kam sie in der Volksmenge von hinten
herzu und rührte Sein Obergewand an; denn sie sagte sich: Wenn ich auch nur
Seine Kleidung anrühre, werde ich gerettet. Da vertrocknete sogleich die Quelle
ihrer Blutung, und sie erkannte an ihrem Körper, dass sie von der Geißel
geheilt war. Auch Jesus erkannte sogleich an Sich Selbst die von Ihm
ausgegangene Kraft, wandte Sich in der Volksmenge um und fragte: Wer hat Meine
Kleidung angerührt? - Da sagten Seine Jünger zu Ihm: Du siehst, dass die
Volksmenge Dich umdrängt und fragst: Wer hat Mich angerührt? - Er aber blickte
ringsumher, um die zu gewahren, die das getan hatte. Weil die Frau wusste, was
an ihr geschehen war, kam sie, sich fürchtend und zitternd, herbei, fiel vor
Ihm nieder und bekannte Ihm die gesamte Wahrheit. Er aber sagte zu ihr:
Tochter, dein Glaube hat dich gerettet; gehe hin in Frieden, und sei gesund von
deiner Geißel« (Verse 25-34).
In der Zwischenzeit, vor und nach der dem
Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (Eph.3:2), bis das Königreich
kommt, wurden und werden einzelne Juden, der Überrest nach der Gnadenauswahl
(Röm.11:5,7), durch Glauben und Bekennen gerettet (Röm.10:9), so auch diese
Frau. Sie glaubte, dass Jesus der Messias und Retter ist. Der Unterschied
zwischen ihr und der Menge war zum einen das Bewusstsein ihrer Unreinheit nach
dem Gesetz (3.Mose 15:25) und zum andern ihr Glaube. Die Berührung des Gewandes
Jesu durch die Menge war völlig belanglos.
Sicherlich hätte der Herr die Frau auch von
Sich aus erkennen können, da Er das Innere eines jeden Menschen kannte
(Joh.2:25), doch wollte Er, dass die Frau ihren Glauben mit dem Munde bekenne
und ihre ganze Geschichte darstellen sollte, allen zum Zeugnis, und fragte
deshalb in die Menschenmasse hinein.
Die Rettung der Frau war umfassend: Sie wurde
nicht nur von ihrer Erkrankung gerettet, sondern auch für das äonische Leben;
sie wird in den kommenden Äonen im Königreich Israels leben.
Mit der liebevollen Anrede »Tochter« würdigte
der Herr diese Frau außerordentlich und nahm sie gewissermaßen in Seine
Glaubensfamilie auf. Jesus hatte nämlich gesagt, dass alle die, die den Willen
Gottes tun, Seine Verwandten seien (Mark.3:35).
»Fürchte dich nicht,
glaube nur!«
»Während Er noch sprach, kamen einige aus dem
Haus des Synagogenvorstehers und berichteten: Deine Tochter ist gestorben; was bemühst
du den Lehrer noch? - Jesus jedoch überhörte den Bericht, der gesprochen wurde,
und sagte zu dem Synagogenvorsteher: Fürchte dich nicht, glaube nur! - Dann
ließ Er ihm niemand außer Petrus, Jakobus und Johannes, den Bruder des Jakobus,
folgen. So kamen sie zum Haus des Synagogenvorstehers, wo Er auf den Tumult
schaute, wie sie sehr jammerten und laut wehklagten« (Verse 35:38).
Mit der durch die Frau eingetretenen
Verzögerung war die Geduld und der Glaube des Jairus auf die Probe gestellt
worden. Und nun musste er zudem hören, dass seine Tochter gestorben war. Damit
war alle Hoffnung dahin! Jesus aber sprach ihm sofort zu: »Fürchte dich nicht,
glaube nur!«
Insofern das tote Mädchen ein Bild für das
tot daliegende Israel ist, spricht der Herr zu: Glaube nur, Israel wird leben,
wie die Propheten es sagten (zum Beispiel Jes.26:19; 35:2; 60:1-3).
In Anlehnung an 5.Mose 17:6 nahm Jesus drei
Apostel als Zeugen mit, denen damit eine besondere Schulung zuteil wurde. Als
sie zum Haus des Jairus kamen, hatte man schon mit der Totenklage begonnen.
Die Auferweckung des
Töchterlein des Jairus
»Er ging nun hinein und sagte zu ihnen: Was
macht ihr für einen Tumult und jammert? Das Mädchen ist nicht gestorben,
sondern schlummert. - Da verlachten sie Ihn. Er aber trieb alle hinaus, nahm
nur den Vater und die Mutter des Mädchens sowie die bei Ihm waren mit Sich und
ging in den Raum, wo das Mädchen aufgebahrt war. Dann fasste Er das Mädchen bei
der Hand und sagte zu ihm: Talitha, kumi! - Da ist verdolmetscht: Mädchen, Ich
sage dir: erwache! - Sogleich stand das Mädchen auf und wandelte; es war
nämlich etwa zwölf Jahre alt. Und sogleich waren sie vor großer Verwunderung
außer sich. Doch Er verwarnte sie sehr, damit dies niemand erfahre, und gebot,
ihr zu essen zu geben« (Verse 39-43).
Dieses Mädchen war neben dem Jüngling zu Nain
und Lazarus von Bethanien eine der drei Toten, die unser Herr Jesus Christus
auferweckte (Luk.7:14; Joh.11:43).
Jesus verglich den Tod mit dem Schlaf, wie
auch Hiob dies bereits getan hatte (Hiob 3:13; 14:12; Dan.12:13; Mat.9:24).
Schlafende nehmen nichts wahr. Hierin gleichen sie den Toten.
Wo sind die Toten? Im Scheol (hebr. von
»erfragen«. ohne Antwort zu bekommen), im Hades (griech. von a-idês,
»ungewahrbar«), im Unwahrnehmbaren, einem abstrakten Begriff für Nichtexistenz.
Der Tod ist die Umkehrung des
Schöpfungsprozesses, von dem wir in 1.Mose 2:7 lesen: »Dann formte Jewe Elohim
den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase, und
der Mensch wurde eine lebendige Seele.« Der Tod ist die Rückkehr des Geistes zu
Gott und des Körpers zu Erde (Hiob 34:15; Ps.104:29; Pred.12:7). Und dann ist
die Seele - sie ist das Bewusstsein - nicht mehr; der Mensch existiert nicht
mehr. Die Toten wissen gar nichts (Ps.6:6; 39:14; 115:17; 146:4; Jes.38:18;
63:16; Pred.9:5,6,10).
Wie liebevoll von unserem Gott und Vater,
dass für die Toten - nach ihrem Bewusstsein - auf den Eintritt des Todes hin
sofort die Auferstehung folgt. Sie wissen ja nicht, wie viel Zeit vergangen
ist, ja noch nicht einmal, dass sie gelebt haben. Kehrt der Geist, der
Lebensodem Gottes, in den Körper zurück, dann leben sie wieder, so wie es bei
dem Mädchen war: »Und ihr Geist kehrte zurück, und sie stand auf der Stelle
auf« (Luk.8:55).
Diese Totenauferweckung war ein Zeichen
dafür, dass Israel wieder leben wird.
Wieder verbot Jesus, Seine Tat bekannt zu
machen, damit die Menschen Ihm nicht wegen des Wunders nachliefen, denn Er
suchte Glauben in Israel.
Jesus in Nazareth
»Darauf zog Er von dort weiter und kam in
Seine Vaterstadt, und Seine Jünger folgten Ihm. Als es Sabbat geworden war,
fing Er an, in der Synagoge zu lehren; und die Vielen, die zuhörten,
verwunderten sich und sagten: Woher hat dieser das alles? Und welche Weisheit
ist diesem gegeben? Und solche Machttaten geschehen durch Seine Hand? Ist
dieser nicht der Handwerker, der Sohn der Maria und der Bruder des Jakobus,
Joses, Judas und Simon? Sind nicht Seine Schwestern hier bei uns? - So nahmen
sie Anstoß an Ihm. Jesus aber sagte zu ihnen: Ein Prophet ist nicht ungeehrt,
außer in seiner eigenen Vaterstadt, bei seinen Verwandten und in seinem Haus. -
Er konnte dort auch keine Machttat vollbringen, außer dass Er wenigen Siechen
die Hände auflegte und sie heilte. Und Er staunte über ihren Unglauben«
(Mark.6:1-6 a).
Im Jahr zuvor, dem Jahr 30 n. Chr., war Jesus
schon einmal wieder nach Nazareth gekommen, wo Er aufgewachsen war. Die
Nazarener waren Ihm feindlich gesonnen gewesen und wollten Ihn sogar den Abhang
am Rand des Berges, auf dem ihre Stadt
gebaut war, hinabstürzen (Luk.4:16-30).
Nun besuchte Er Seine Vaterstadt wieder,
dieses Mal als ein weithin bekannter Lehrer mit Seiner Jüngerschar. Alle hatten
von Seiner Weisheit und Seinen Wundertaten gehört. Aber sie konnten nicht
glauben, dass einer der Ihren, den sie ja doch kannten, von Gott auserwählt
sein könnte und sie nun belehren wolle. Sie fragten sich, woher Er Seine
Fähigkeiten habe, und wenn nicht von Gott, dann vielleicht vom Satan. Und so
trauten sie Ihm nicht und glaubten Ihm nicht. Kaum jemand kam zu Ihm, um Ihn um
Heilung zu bitten. »Sohn der Maria« nannten sie Ihn in verächtlicher Weise,
denn selbst wenn Maria vermutlich Witwe gewesen sein sollte, hätte man
normalerweise »Sohn des Joseph« gesagt.
Jesaias Weissagung erfüllte sich: »Nichts
Ansehnliches und keine Ehre hatte Er, als wir Ihn sahen, und kein Aussehen
(oder: Ansehen) ..., dass wir Ihn begehrt hätten. Verachtet war Er und gemieden
von den Männern ... so verachtet, dass wir Ihn für nichts hielten«
(Jes.53:2,3).
Dem Unglauben der Nazarener begegnete Jesus
damit, dass Er keine segensreichen Taten vollbrachte. Vor verschlossenen Herzen
zu wirken, ist sinnlos.
»Jesus zog darauf durch die Dörfer ringsumher
und lehrte«
(Vers
6 b).
(Markus 6:7-56)
Jesus zog mit Seinen Aposteln durch die
Dörfer Galiläas und lehrte (Mark.6:6).
Die Aussendung der zwölf
Apostel
»Dann rief Er die Zwölf zu Sich und begann,
sie je zwei und zwei auszuschicken; dazu gab Er ihnen Vollmacht über unreine
Geister und wies sie an, dass sie nichts mit auf den Weg nehmen sollten als nur
einen Stab, kein Brot, keinen Bettelsack, kein Kupfergeld im Gürtel; jedoch
Sohlen sollten sie sich unterbinden, aber nicht zwei Untergewänder anziehen«
(Verse 7-9).
Die Apostel sollten im Hinblick auf das
kommende Gottesreich völlig darauf vertrauen, dass sie unterwegs versorgt
werden würden. Im Übrigen waren alle diese Dinge aufgrund der großen
Gastfreundschaft in Israel nur eine unnötige Belastung und stellten eine Gefahr
dar, überfallen und ausgeraubt zu werden. Matthäus schreibt zudem, dass sie
keine Sandalen mit auf den Weg nehmen sollten (Mat.10:10); damals trugen
Wanderer ein Paar Ersatz-Sandalen bei sich. Im Gegensatz zu Markus berichten
Matthäus (10:10) und Lukas (9:3), dass die Apostel keinen Stab mitnehmen
sollten. Ein Stab war damals allerdings zum Schutz vor Schlangen, anderen
wilden Tieren und den vielen Hunden sehr empfehlenswert. Vielleicht steht die
Aussage bei Matthäus unter dem Gesichtspunkt des Erwerbs (Mat.10:9), dass sie
sich also einen Stab nicht extra besorgen sollten.
Jeweils zu zweit schickte der Herr sie aus,
zumal nach dem Gesetz eine Sache nur aufgrund der Aussage zweier oder dreier
Zeugen Geltung haben sollte (4.Mose 35:30; 5.Mose 17:6; 19:15; 2.Kor.13:1). Zu
zweit zu sein, war aber auch deshalb wichtig, damit man Gedanken austauschen
und sich gegenseitig unterstützen konnte.
»Weiter sagte Er ihnen: Wo auch immer ihr in
ein Haus einkehrt, dort bleibt, bis ihr von dort wieder hinauszieht. Welcher
Ort euch nicht aufnimmt noch auf euch hört - geht von dort hinaus und schüttelt
auch den Staub ab, der unter euren Füßen ist, ihnen zum Zeugnis. [Wahrlich, Ich
sage euch: Am Tage des Gerichts wird es Sodom oder Gomorra erträglicher ergehen
als jener Stadt!] - So zogen sie aus und heroldeten, damit man umsinne; auch
trieben sie viele Dämonen aus und rieben viele Sieche mit Öl ein und heilten
sie« (Verse 10-13).
Innerhalb eines Dorfes sollten sie den
Gastgeber nicht wechseln, weil ein Dorfbewohner sonst den anderen überbieten
würde; üppige Gastmähler wären dem Dienst der Apostel aber abträglich.
Den Staub der Jesu Botschaft ablehnenden Orte
von den Füßen zu schütteln, bedeutete, sich von ihnen zu distanzieren und sie
dem Gericht Gottes zu überlassen. Das Wort Jesu, dass es Sodom und Gomorra im
Gericht erträglicher ergehen werde als jener Stadt, steht nicht in den Kodizes
Sinaiticus und Vaticanus, sondern nur im Kodex Alexandrinus, gehört also nicht
zum Text des Markus, sondern ist eine spätere Übernahme aus Matthäus 10:13.
Und so zogen die Apostel aus, heroldeten die
Umsinnung, damit man in das Königreich komme, trieben viele Dämonen aus und
heilten Kranke, indem sie sie mit Öl einrieben, nicht weil es heilkräftig war,
sondern weil es ein Symbol für den Geist Jesu war, in dessen Kraft die Apostel
handelten (vgl. Jak.5:14).
Später fragte der Herr sie, ob sie an etwas
Mangel gelitten hätten, und sie antworteten: »An nichts« (Luk.22:35).
Was Herodes meinte
»Das hörte auch der König Herodes (denn Sein
Name war öffentlich bekannt geworden) und sagte: Johannes der Täufer ist von
den Toten erwacht, und deshalb wirken die Kräfte in ihm! - Andere aber sagten:
Es ist Elia! - Wieder andere sagten: Er ist ein Prophet wie einer der alten
Propheten! - Als Herodes davon hörte, sagte er: Johannes, den ich enthaupten
ließ, der wurde von den Toten auferweckt« (Verse 14-16).
Der Tetrarch (Vierfürst) Herodes Antipas,
Sohn Herodes des Großen und der Malthake, regierte von 1 v. Chr. bis 39 n. Chr.
über Galiläa und Peräa im Ostjordanland und war somit der Landesherr Jesu.
Die Meinung mancher, Jesus sei Elia, kam
daher, dass der Prophet Maleachi prophezeit hatte, dass Jewe Elohim Israel den
Propheten Elia senden wird, bevor der Tag Jewes kommt, der große und
gefürchtete (Mal.3:23). Johannes der Täufer war in dem Geist und der Kraft
Elias gekommen (Luk.1:17). Johannes
hatte keine Wunder getan. Umso mehr war Herodes jetzt erschrocken, weil er
davon überzeugt war, dass Jesus der auferstandene Täufer sei, der nun nach
seiner Auferstehung Wunder tue und sich an ihm rächen könnte.
Herodes und Johannes
»Denn er, Herodes, hatte hingeschickt, sich
des Johannes bemächtigt und ihn gebunden ins Gefängnis geworfen wegen Herodias,
der Frau seines Bruders Philippus, weil er sie geheiratet hatte. Johannes hatte
nämlich dem Herodes gesagt: Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines Bruders
zu haben! - Herodias trug ihm das nach und wollte ihn töten lassen, konnte es
aber nicht; denn Herodes fürchtete Johannes, weil er wusste, dass er ein
gerechter und heiliger Mann war. Daher hielt er ihn in Gewahrsam, und so oft,
wenn er ihn gehört hatte, war er in großer Verlegenheit, doch hörte er ihn
gern« (Verse 17-20).
Herodes hatte Herodias seinem Halbbruder
Philippus abspenstig gemacht, sodass sie sich scheiden ließ und Herodes
heiratete, der sich ebenfalls von seiner Frau scheiden ließ. Johannes hatte
dies Sünde genannt (3.Mose 20:21; 18:16). (Aber auch heute kostet es unter
Gläubigen in Christus Jesus den Kopf, wenn einer im konkreten Fall sagt, dass
man zum Beispiel vor der Eheschließung keinen Geschlechtsverkehr miteinander
haben darf; 1.Kor.7:2,9; 5:11; 6:9; 1.Thess.4:3,4,8; Heb.13:4).
Die Enthauptung Johannes
des Täufers
»Da kam ein gelegener Tag, als Herodes seinen
Geburtstag feierte und seinen Würdenträgern, Obersten und Ersten Galiläas ein
Mahl veranstaltete. Als ihre, der Herodias, Tochter hereinkam und tanzte,
gefiel sie Herodes und denen, die mit ihm zu Tisch lagen. Da sagte der König zu
dem Mädchen: Erbitte von mir, was du willst; ich werde es dir geben! - Und er
schwor ihr: Was auch immer du von mir erbittest, das werde ich dir geben bis
zur Hälfte meines Königreichs.
Da ging sie hinaus und fragte ihre Mutter:
Was soll ich erbitten? - Sie aber antwortete: Das Haupt Johannes des Täufers! -
Sogleich ging sie in Eile zum König hinein und bat ihn: Ich will, dass du mir
unverzüglich auf einer Platte das Haupt Johannes des Täufers gebest. - Obwohl
der König tief betrübt wurde, wollte er sie um der Eide und der mit ihm zu
Tisch Liegenden willen nicht abweisen.
So schickte der König sogleich einen
Leibwächter aus mit der Anordnung, sein Haupt zu bringen. Der ging hin,
enthauptete ihn im Gefängnis, brachte sein Haupt auf einer Platte und gab es
dem Mädchen, und das Mädchen gab es ihrer Mutter.
Als seine Jünger dies hörten, kamen sie,
nahmen seinen Leichnam und legten ihn in ein Grab« (Verse 211-29).
Die Tochter der Herodias hieß Salome. Das
Versprechen des Herodes, ihr bis zur Hälfte seines Regierungsbezirks zu geben,
war nur eine Redewendung für eine großzügige Gabe, denn als römischer Vasall
konnte er nicht über auch nur einen Quadratmeter verfügen.
Herodes regierte wahrlich nicht in
Gerechtigkeit, sondern in Leidenschaften und Ehrsucht. Welch ein Gegensatz zum
Charakter des wahren Königs Jesus Christus!
Die Enthauptung Johannes des Täufers geschah
nach Gottes Vorsatz, wie Johannes selbst sagte: »Jener muss wachsen, ich aber
geringer werden« (Joh.3:30). Sein Dienst, dem Messias den Weg zu bahnen, war
beendet.
Die Rückkehr der Zwölf
»Die Apostel versammelten sich dann wieder
bei Jesus und berichteten Ihm alles, was sie getan und was sie gelehrt hatten.
Da sagte Er zu ihnen: Herzu, ihr allein für euch! Kommt an eine einsame Stätte
und ruht ein wenig! Denn es waren viele, die kamen und gingen, und nicht einmal
zum Essen hatten sie Gelegenheit. So fuhren sie im Schiff an eine einsame
Stätte, für sich allein. Doch viele hatten sie wegfahren sehen und sie erkannt.
Daher liefen sie zu Fuß aus allen Städten dort zusammen und kamen ihnen zuvor.
Beim Aussteigen gewahrte Jesus eine große Volksmenge, und sie jammerte Ihn;
denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten hatten; und Er begann, sie vieles
zu lehren (Verse 30-34).
»Ruhet ein wenig!« Wie dankbar werden die
Jünger für diesen fürsorglichen Zuspruch gewesen sein! Aber es kam anders. Die
Menge hatte erkannt, wohin sie fuhren, und war schon da, als sie anlegten.
Die Menschen jammerten den Herrn, nicht nur
wegen der Bedrückung durch die römische Besatzungsmacht, sondern weil die
Oberen, die Priesterschaft und die Schriftgelehrten, nur an sich selbst dachten
und es dem Volk an rechter Gotteserkenntnis mangelte. Keiner kümmerte sich
wirklich um sie.
Sie waren tatsächlich wie Schafe ohne Hirten,
wie die Propheten einst gesagt hatten (1.Kön.22:17; Jes.53:6; Jer.23:11,2;
Hes.34:5). Jesus war der wahre Hirte der Schafe, des gläubigen Überrests
Israels (Jer.23:4; Hes.34:23,24; Joh.10:1-16).
Des Herrn Erfrischung bestand darin, dass Er
den Menschen jetzt wieder diente und sie belehrte.
Die Speisung der
Fünftausend
»Als die Stunde schon vorgerückt war, traten
Seine Jünger zu Ihm und sagten: Die Stätte ist öde und die Stunde schon
vorgerückt; entlasse sie, damit sie in die Gehöfte und Dörfer ringsumher gehen
und sich Brot kaufen; denn sie haben nichts, was sie essen könnten. - Er aber
antwortete ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen! - Darauf erwiderten sie Ihm: Sollen
wir hingehen und für zweihundert Denare Brot kaufen, um ihnen zu essen zu
geben? - Er fragte sie nun: Wie viele Brote habt ihr? Geht hin und seht nach! -
Als sie es erfahren hatten, berichteten sie Ihm: Fünf Brote und zwei Fische. -
Da ordnete Er an, sie sollten sich alle auf dem grünen Gras lagern,
Tischgesellschaft neben Tischgesellschaft. So ließen sie sich gruppenweise zu
hundert und zu fünfzig nieder. Dann nahm Er die fünf Brote und die zwei Fische,
blickte zum Himmel auf, segnete und brach die Brote in Stücke und gab sie
Seinen Jüngern, damit sie sie ihnen vorsetzten; auch teilte Er allen die zwei
Fische aus. Da aßen sie alle und wurden satt. Die Brocken aber hoben sie auf
(was zwölf Tragkörbe füllte), dazu auch von den Fischen. Und die von den Broten
gegessen hatten, waren fünftausend Männer« (Verse 35-44; vgl. Mat.14:15-21;
Luk.9:12-17).
Das Gespräch zwischen Jesus und Seinen
Jüngern, das Markus so ausführlich schildert, zeigt deutlich, dass sie ganz und
gar in herkömmlicher Weise dachten; die Messianität Jesu hatten sie in ihr
Denken nicht einbezogen; anders gesagt: der Glaube an Ihn fehlte ihnen oder kam
nicht zum Tragen.
Fünf Brote und zwei Fische waren es anfangs
gewesen. Da die Fünf nach der Zahlensymbolik für das Werden und die Zwei für
den Zweiten, den Sohn, steht, ist Jesus auch hiernach ebenso wie der Vater der
Werdenmachende und ist Er der Sohn Gottes und der Messias.
Fünftausend Männer wurden satt, dazu wohl
ebenso viele Frauen und auch noch Kinder. Das Wunder der Brotvermehrung war ein
Zeichen für den Wohlstand und Überfluss im tausendjährigen Königreich Israels,
wenn die Körbe und die Backtröge gesegnet werden (5.Mose 28:5) und das Land von
Milch und Honig überfließt (2.Mose 3:8; Jes.49:10; Joel 4:18).
Jesus wandelte auf dem
See
»Sogleich nötigte Er Seine Jünger, in das
Schiff zu steigen und an das jenseitige Ufer nach Bethsaida vorauszufahren,
während Er die Volksmenge entlassen wollte. Nachdem Er sie verabschiedet hatte,
ging Er auf den Berg, um zu beten.
Als es Abend wurde, war das Schiff in der
Mitte des Sees und Er allein auf dem Land. Da Er gewahrte, dass sie sich beim
Rudern quälten (denn der Wind war ihnen entgegen), kam Er, auf dem See
wandelnd, um die vierte Nachtwache zu ihnen und wollte an ihnen vorübergehen.
Als sie Ihn auf dem See wandeln sahen, meinten sie, es sei ein Gespenst, und
schrien auf; denn alle sahen Ihn und waren sehr erregt. Doch sogleich sprach Er
sie an und sagte zu ihnen: Fasst Mut! Ich bin es; fürchtet euch nicht! - Dann
stieg Er zu ihnen ins Schiff, und der Wind flaute ab. Da waren sie unter sich
über alle Maßen entsetzt und sehr erstaunt; denn sie hatten das Wunder mit den
Broten nicht verstanden, da ihr Herz weiterhin verstockt war« (Verse 45-52).
Der Grund dafür, dass Jesus auf einen Berg stieg
und Sich dem Volk entzog, war, dass sie Ihn entführen und mit Gewalt zu ihrem
König machen wollten (Joh.6:15). Dort auf dem Berg betete der Herr. Er pflegte
die Gemeinschaft mit Seinem Gott und Vater. Sicherlich dankte Er Ihm für das
Aufleuchten Seiner Herrlichkeit durch das Zeichen der Brotvermehrung und tat Er
auch Fürbitte für Sein Volk.
Nicht nur Krankheiten und Gesundheit, nicht
nur böse Geister, nicht nur Brote und Fische sind Ihm untertan, sondern auch
der See, ja die gesamte Schöpfung. Er trägt das All durch Sein machtvolles Wort
(Heb.1:3). Das All hat in Ihm seinen Bestand (Kol.1:17). »El streckt die Himmel
aus, Er allein, und tritt über die Wellen des Meeres« (Hiob 9:8).
Die Jünger hatten immer noch nicht erkannt,
dass Jesus mehr war als ein Prophet, wie nahe Er Gott als dessen Sohn stand und
welche Vollmachten Er hatte.
Sie quälten sich beim Rudern, weil der Wind
ihnen entgegenstand. So kam Jesus in der vierten Nachtwache, das ist zwischen
drei und sechs Uhr in der Nacht, zu ihnen. Er wollte vorübergehen, und zwar in
dem Sinne, dass Er ihnen erscheinen wollte, damit Seine Herrlichkeit allen zum
Zuspruch werde. Nach dem Vorübergehen Seiner Erscheinung würden sie alle Furcht
verloren haben und innerlich gekräftigt
sein.
Zur symbolischen Bedeutung des Ereignisses
sei gesagt: Der Herr ist aufgestiegen und wird in der Endzeit, der
siebenjährigen Zeit des Zorns und gerechten Gerichts Gottes, und insbesondere
in der dreieinhalbjährigen Drangsalszeit (Mat.24:21) Fürbitte für Sein Volk
Israel tun, das auf den Wogen des Völkermeers bei widrigen Winden, mithin dem
Ansturm der den Judenhass schürenden bösen Geister, qualvoll zu rudern haben
wird. Das Wissen der gläubigen Juden um die Erscheinung ihres Messias wird sie
stärken. »Jewe gibt einen Weg im Meer und in starken Wassern einen Steg«
(Jes.43:16). Schließlich wird Jesus in der dunkelsten Nacht kommen, den Anbruch
des Morgens bringend, Satan binden und in den Abgrund werfen (Off.20:2,3) und
Seinem auserwählten Volk Israel die Ruhe und den Frieden Seines Königreichs
gewähren.
Weitere Heilungen
»Nachdem sie hinübergefahren waren, kamen sie
bei Genezareth ans Land und legten dort an. Als sie aus dem Schiff gestiegen
waren, erkannten Ihn die Männer jenes Ortes sogleich, liefen in jener ganzen
Gegend umher und begannen, die mit Krankheit übel daran waren, auf ihren Matten
dorthin zu tragen, wo sie hörten, dass Er gerade war. Wo auch immer Er in
Dörfer, in Städte oder Gehöfte ging, legten sie die Kranken und Schwachen auf
den Märkten nieder und sprachen Ihm zu, dass sie auch nur die Quaste Seines
Obergewandes anrühren dürften; und so viele sie auch anrührten, wurden
gerettet« (Verse 53-56).
Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei dem
Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus; Er nahm Sich Seines Volkes an!
Der Ort Genezareth lag in einer von Bächlein
durchflossenen, fruchtbaren und dicht besiedelten Gegend am Nordwestufer des
Sees. Ein Bild für das Königreich! Der Glaube der Menschen dort bestand wohl
darin, dass von Jesus göttliche Heilkräfte ausgingen. Welch ein auf das
Königreich Israels hinweisender Segen: Wer sich an Jesus wandte, wurde geheilt,
ja wird für das äonische Leben gerettet werden!
Nach dem Gesetz hatten die Söhne Israels an
den vier Zipfeln ihrer Oberkleider je eine Quaste mit einer Schnur aus
violettem Purpur zu tragen, damit sei allezeit an die Gebote Jewes denken und
sie tun mögen (4.Mose 15:38; 5.Mose 22:12). Die Quasten vervollständigten das
Obergewand. Wer die Vervollständigung der Kleidung Jesu anrührte, rührte damit
- auch wenn sie es damals nicht wussten - die Vervollständigung Jesu an, die am
Kreuz auf Golgatha geschah. Dort wurde Er vollkommen gemacht (Heb.2:10; 5:9).
Die Gemeinschaft Seines Blutes ist die Grundlage allen Segens.
Angesichts der Ereignisse bei Genezareth
freuen wir uns darüber, dass die Verheißung aus Maleachi 3:20 für Israel
Wirklichkeit werden wird, die da lautet: »Aber euch, die ihr Meinen Namen
fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und Heilung ist unter
ihren Flügeln.«
(Markus 7:1-8:26)
»Dann versammelten sich Pharisäer und einige
Schriftgelehrte, die von Jerusalem gekommen waren, bei Ihm. Sie gewahrten aber,
dass einige Seiner Jünger mit gemeinen (das heißt ungewaschenen) Händen Brot
aßen; denn die Pharisäer und alle Juden essen nicht, es sei denn, sie hätten
sich mit einer Handvoll Wasser die Hände gewaschen, weil sie die Überlieferung
der Ältesten halten. Auch vom Markt kommend, essen sie nicht, es sei denn, sie
hätten sich besprengt. Und noch vieles andere gibt es, was sie zu halten
angenommen haben, so das Eintauchen von Bechern, Kannen, Kupfergeschirr [und
Liegen]. Die Pharisäer und Schriftgelehrten fragten Ihn nun: Warum wandeln
Deine Jünger nicht nach der Überlieferung der Ältesten, sondern essen das Brot
mit ungewaschenen Händen? - Er antwortete ihnen: Trefflich hat Jesaia von euch
Heuchlern prophezeit, wie geschrieben steht: Dieses Volk ehrt Mich mit den
Lippen, ihr Herz aber ist weit von Mir entfernt; in eitler Weise verehren sie
Mich und lehren die Vorschriften der Menschen als Lehre. - Denn ihr verlasst
das Gebot Gottes und haltet die Überlieferung der Menschen durch Eintauchen von
Kannen und Bechern. Solche Dinge und dergleichen mehr tut ihr viel«
(Mark.7:1-8).
Nach dem Gesetz hatten nur die diensthabenden
Priester ihre Hände (und Füße) zu waschen (2.Mose 30:17-21; 4.Mose 31). Im
Laufe der Zeit wurde dies für alle Juden zu einer verpflichtenden Tradition.
Beim Eintauchen (griech. baptismos, »Taufen«) ging es nur um eine kultische Reinigung.
Jesus kam mit Seiner Antwort sofort zur
Sache: Es ist Heuchelei, äußerliche Förmlichkeiten zu pflegen, die Gott
wohlgefällig sein sollen, im Herzen aber nur eigene Interessen zu verfolgen.
Der Prophet Jesaia hatte es bereits in aller Deutlichkeit geoffenbart
(Jes.29:13). Er hatte übrigens des Weiteren gesagt: »... und ihre Furcht vor
Mir wurde wie ein von Menschen gelehrtes Gebot« (Jes.29:13), frei formuliert:
Ihre Gottesfurcht war nichts anderes als ein angelerntes Menschengebot.
Was ist wahre Reinheit? Es ist die innere,
die des Herzens, nicht die der Hände und des Geschirrs. Was führt zur Reinheit?
Das lebendige und wirksame Wort Gottes oder die Überlieferungen der Ältesten,
die Traditionen der Menschen?
Dass die Pharisäer und Schriftgelehrten weit
von Gott entfernt waren, zeigte sich insbesondere daran, dass sie Jesus, den
Sohn Gottes, das Wort und das Abbild Gottes, verachteten statt Ihm zu huldigen.
Mögen aber auch wir heute sehr Acht geben,
dass wir das Wort Gottes nicht durch eigensinnige Gedanken und Lehren aufheben!
Zum Wort Gottes hinführen, geistliches Verständnis fördern sollen alle unsere
Worte. Leider sind manche konfessionellen Glaubenslehren tiefer in den Herzen
verankert als das Wort Gottes. Darum: Zurück zu Gottes Wort! Was soll gelten?
Die Tradition oder die Heilige Schrift?
Der Apostel Paulus, der selbst ein
übermäßiger Eiferer um seine väterlichen Überlieferungen gewesen war
(Gal.1:14), warnt davor, auf jüdische Sagen und Gebote der Menschen Acht zu
geben und sich damit von der Wahrheit abzuwenden (Tit.1:14). »Hütet euch, dass
euch niemand beraubt wegführe durch Philosophie und leere Verführung gemäß der
Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundregeln der Welt und nicht gemäß
Christus« (Kol.2:8). Alle menschlichen Vorschriften und Lehren, »die zwar einen
Ausdruck von Weisheit in willkürlichem Ritual, in Demut und Nichtverschonen des
Körpers haben«, sind von keinerlei Wert, außer zur Befriedigung des Fleisches
(Kol.2:22,23).
»Korban!«
»Weiter sagte Er zu ihnen: Trefflich versteht
ihr es, ein Gebot Gottes abzulehnen, um eure Überlieferung zu halten. Denn Mose
hat gesagt: Ehre deinen Vater und deine Mutter, und wer von Vater oder Mutter
Übles redet, soll im Tod verscheiden. Ihr aber sagt: Wenn ein Mensch zu Vater
oder Mutter sagen würde: Korban (das heißt eine Nahegabe) soll das sein, was
auch immer dir von mir zugute gekommen wäre -, so lasst ihr ihn nichts mehr für
seinen Vater oder seine Mutter tun. Damit macht ihr das Wort Gottes durch eure
Überlieferung, die ihr überliefert habt, ungültig. Solche Dinge und dergleichen
mehr tut ihr viel« (Verse 9-13).
Es ist erschütternd! Es ist unvorstellbar! Da
vermacht jemand dem Tempel eine Gabe und lässt dafür Vater und Mutter Mangel
leiden, das Gebot missachtend, seine Eltern zu ehren. »Verherrliche deinen
Vater und deine Mutter, damit deine Tage auf dem Boden, den Jewe, dein Elohim,
dir gibt, verlängert werden« (2.Mose 20:12). Waren denn die Warnungen nicht
scharf genug?: »Wer seinem Vater oder seiner Mutter höhnt (oder: flucht), der
soll getötet, ja getötet werden« (2.Mose 21:17); »Wer seinem Vater oder seiner
Mutter flucht, dessen Leuchte soll im Zentrum (wörtl. Augapfel) der Finsternis
verschwelen« (Spr.20:20).
Das Wort Korban ist hebräischer Herkunft, mit
Nahegabe zu übersetzen und bedeutet eine Gabe, mit der man sich Gott nahte, um
Ihm zu huldigen. Theoretisch räumte man mit dieser Schenkung an den Tempel Gott
einen höheren Rang ein als den Eltern. Praktisch aber vernachlässigte man die Eltern
und ehrte man auch Gott gar nicht, weil dessen erklärter Wille die Verehrung
der Eltern ist. Man überging den ausdrücklichen Willen Gottes wegen einer
vermeintlich höheren Tat. »Gebt daher Obacht, Brüder, wie ihr genau wandelt«
(Eph.5:15). Des Weiteren schreibt Paulus zu diesem Thema: »Wenn aber jemand für
die eigenen Angehörigen und vor allem für die Glieder seiner Familie keine
Vorkehrung trifft, so hat er den Glauben verleugnet und ist ärger als ein
Ungläubiger« (1.Tim.5:8).
Einst sagte Jesaia in Bezug auf Israel: »Sie
übertraten die zielgebenden Satzungen, sie vertauschten das Gesetz gegen
anderes, sie brachen den äonischen Bund« (Jes.24:5). Leider hören auch heute
viele Gläubige auf ein vertauschtes, ein andersartiges Evangelium, nicht auf
das, was wir durch Paulus empfingen (2.Kor.11:4; Gal.1:6-9).
Was den Menschen unrein
macht
»Nachdem Er die Volksmenge wieder
herzugerufen hatte, sagte Er zu ihnen: Hört Mich alle und versteht! Von außen
her gibt es nichts für den Menschen, das in ihn hineingehen und ihn gemein
machen könnte; sondern was aus dem Menschen herausgeht, das ist es, was den
Menschen gemein macht. [Wenn jemand Ohren hat zu hören, der höre!]
Als Er von der Volksmenge weg in das Haus
gekommen war, fragten Ihn Seine Jünger wegen des Gleichnisses. Da sagte Er zu
ihnen: Seid auch ihr so unverständig? Begreift ihr noch nicht, dass alles, was
von außen her in den Menschen hineingeht, ihn nicht gemein machen kann, weil es
ihm nicht ins Herz eingeht, sondern in den Leib und, alle
Speisen
reinigend, in den Abort abgeht? - Weiter sagte Er: Was aus dem Menschen
herausgeht, dasselbe macht den Menschen gemein. Denn von innen, aus dem Herzen
der Menschen, gehen üble Erwägungen hervor, Hurerei, Diebstahl, Mord, Ehebruch,
Habgier, Bosheit, Betrug, Ausschweifung, neidisches Auge, Lästerung, Stolz,
Unbesonnenheit. All dies Böse geht von innen aus und macht den Menschen gemein«
(Verse 14-23).
Unreinheit kommt also nicht von ungewaschenen
Händen oder von Speisen, sondern von einer fleischlichen Gesinnung. Rein vor
Gott und den Menschen ist, wer Gott liebt und seinen Nächsten wie sich selbst
(5.Mose 6:5; 3.Mose 19:18; Mat.22:37-40). Die Reinigungsvorschriften des
Gesetzes haben eben gerade dieses Ziel, des Volkes Gewissen zur Reinheit vor
Gott und den Menschen zu erziehen.
Und was wäre, wenn ein Jude etwas nach dem
Gesetz Unreines äße? Nicht durch die Speise würde er unrein, sondern dadurch,
dass er das Gesetz übertreten hätte.
Die Syrophönizierin
»Dann stand Er auf und ging von dort in die
Grenzgebiete von Tyrus und Sidon. Als Er in ein Haus hineinging, wollte Er,
dass es niemand erfahre; doch konnte Er nicht unbemerkt bleiben, sondern
sogleich hörte eine Frau von Ihm, deren Töchterlein einen unreinen Geist hatte.
Sie ging zu Ihm hinein und fiel zu Seinen Füßen nieder. Die Frau war aber eine
Griechin von syrophönizischer Herkunft. Sie ersuchte Ihn, dass Er den Dämon aus
ihrer Tochter austreibe. Jesus entgegnete ihr: Lass zuerst die Kinder satt
werden; denn es ist nicht schön, den Kindern das Brot zu nehmen und den
Hündlein hinzuwerfen. - Doch sie antwortete Ihm: Ja, Herr! Denn auch die
Hündlein unter dem Tisch essen vom Abfall der kleinen Kinder. - Da sagte Er zu
ihr: Um dieses Wortes willen gehe heim; der Dämon ist aus deiner Tochter
ausgefahren. - Als sie in ihr Haus kam, fand sie das Mädchen auf seinem Lager
liegen, und der Dämon war ausgefahren« (Verse 24-30).
Galiläa grenzte im Westen an Phönizien mit
den am Mittelmeer gelegenen großen Städten Tyrus und Sidon an. Man sollte nicht
wissen, dass Jesus dort ist. Vielleicht wollte Er einmal ungestört sein oder
auch eine vorzeitige Eskalation des Konflikts mit den Pharisäern vermeiden,
gewiss aber führte Ihn der Vater dorthin, um eine Königreichswahrheit zu
bekräftigen.
Matthäus bezeichnet die Frau als
»kanaanäisch« (Mat.15:22), weil sie in jenem Gebiet der Provinz Syrien wohnte.
Ihrer Kultur nach war sie Griechin, ihrer Abstammung nach Phönizierin. Die Frau
zählte also in den Augen der Juden zu den »Hunden«, wie die Ausländer allgemein
in verächtlicher Weise genannt wurden. Jesus begegnete ihr nicht in dieser
Geisteshaltung.
Das Entscheidende ist, dass die Frau den
Platz einnahm, den die Propheten den Nationen im Königreich Israels einräumen.
Sie hatte kein Recht an den Speisen auf dem Tisch, das heißt an den
Verheißungen für Israel. Jesus hatte damals auch keinen Auftrag an den Heiden
zu erfüllen, weil Er nach Matthäus 15:24 der Frau entgegnete: »Ich wurde
lediglich zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt!« Paulus schrieb,
dass Christus »Diener der Beschneidung« geworden war (Röm.15:8).
Die Frau verteidigte nicht ihre Nation und
kämpfte nicht um die Gleichstellung mit den Juden, sondern ordnete sich unter.
Ebenso wie sie aufgrund ihrer Unterordnung einen vom Tisch fallenden Brocken,
nämlich die Heilung ihrer Tochter, bekam, so wird auch den Israel im
tausendjährigen Königreich auf der Erde untergeordneten Nationen der Überfluss
vom Tisch Israels zugute kommen. Israel wird ein Segen für alle Nationen sein
(Sach.8:13) und alle Völker zu Jüngern Jesu machen (Mat.28:19).
In der gegenwärtigen, dem Apostel Paulus
gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (griech. oikonomia,
Verfahrensordnung; Eph.3:2) verhält es sich ganz anders. Fleisch, Abstammung
einschließend, ist mitgekreuzigt (Röm.6:6; Eph.2:14; Kol.2:11) und spielt keine
Rolle mehr. Wir aus den Nationen gehören zu der Gemeinde, die Christi Körper
ist (Eph.1:22,23), und sind nicht mehr nur Gäste und Verweilende (Fremdlinge),
sondern vollwertige und gleichrangige Mitbürger der Heiligen und Glieder der
Familie Gottes (Eph.2:19). »Im Geist sind die aus den Nationen (zusammen mit
denen aus Israel) gemeinsame Losteilinhaber und eine gemeinsame Körperschaft
und gemeinsame Teilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium, dessen Diener ich
(Paulus) geworden bin« (Eph.3:6,7). - Unser Losteil, das heißt unser
gemeinsamer Segens- und Aufgabenbereich, ist im Himmel (Eph.1:3; 2:6), nicht
auf der Erde.
Die Heilung eines tauben
Stammlers
»Nachdem Er aus den Grenzgebieten von Tyrus
und Sidon wieder hinausgezogen war, kam Er an den See Galiläas, mitten in den
Grenzen der Zehn Städte. Da brachte man Ihm einen Tauben und Stammelnden und
sprach Ihm zu, dass Er ihm die Hand auflege. Er nahm ihn von der Volksmenge
hinweg, sodass sie für sich allein waren, legte Seine Finger in seine Ohren,
benetzte sie mit Speichel und rührte seine Zunge an. Zum Himmel aufblickend,
seufzte Er und sagte zu ihm: Ephphatha, das heißt: Tue dich auf! - Sofort tat
sich sein Gehör auf, sogleich löste sich das Band seiner Zunge, und er sprach
richtig. Dann verwarnte Er sie, dass sie es niemandem erzählten, doch so viel
Er sie auch verwarnte, umso mehr, ja weit mehr heroldeten sie es. Und ganz über
alle Maßen verwunderten sie sich und sagten: Ausgezeichnet hat Er alles gemacht,
sogar die Tauben macht Er hören und die Sprachlosen sprechen« (Verse 31-37).
Jesus kam in das Gebiet der zu einem Bund
zusammengeschlossenen »Zehn Städte«, der Dekapolis, im Ostjordanland; nur ein
kleiner Teil davon lag westlich des Jordan.
Die uns etwas umständlich anmutende Heilung -
es hätte ja ein Wort genügt - ist ein notwendiges und eindrückliches Bild für
die Einzelheiten der Heilung Israels.
Israel ist taub, es hört nicht. Es stammelt
nur, bringt mithin das Wort Gottes so gut wie gar nicht zu den Nationen. Der
Herr legte Seine Finger in die Ohren des Mannes; es ist also des Herrn Werk,
die Ohren Israels zu öffnen. Jesaia sagte: »Morgen für Morgen erweckt Er mir
das Ohr, zu hören wie Belehrte. Jewe, mein Herr, öffnete mir das Ohr« (Jes.50:4,5).
Dann gab Jesus Speichel auf Seine Finger und
berührte die Zunge des Tauben. Der Speichel steht für das Wort, damit die Zunge
Israels das Wort in sich trage. Jesus wird ihnen Seine Worte in den Mund legen.
Und dann wird das hörende und glaubende Israel sagen: »Ich glaube, darum
spreche ich auch« (Ps.116:10; 2.Kor.4:13).
Und dann seufzte Jesus; das weist auf Seine
Leiden hin. Durch Jesu Striemen wird Israel geheilt werden (Jes.53:5;
1.Pet.2:24).
Ja, ausgezeichnet hat unser Herr Jesus
Christus alles mit dem taub gewesenen Mann gemacht, wie von Jesaia geweissagt
(Jes.35:5; 61:1-3); ausgezeichnet wird Er auch alles mit Israel machen: »Hören
werden die Tauben an jenem Tag (der Wiederkunft Jesu zu Israel) die Worte der
Schriftrolle, und aus Dunkel und Finsternis heraus werden die Augen der Blinden
sehen. Mehren werden die Demütigen ihre Freude in Jewe, und die Dürftigen der
Menschheit werden in dem Heiligen Israels (dieser ist Jesus) frohlocken«
(Jes.29:18,19).
Die Speisung der
Viertausend
»Als in jenen Tagen wieder eine große
Volksmenge zusammengekommen war und sie nichts zu essen hatten, rief Er seine
Jünger herzu und sagte zu ihnen: Mich jammert die Volksmenge; denn sie
verharren schon drei Tage bei Mir und haben nichts zu essen; wenn Ich sie
fastend in ihre Häuser entlasse, werden sie auf dem Weg ermatten; denn etliche
von ihnen sind von fernher eingetroffen. - Seine Jünger antworteten Ihm: Woher
soll jemand diese hier in der Wildnis mit Broten sättigen können? - Da fragte
Er sie: Wie viele Brote habt ihr? - Sie sagten: Sieben. - Da wies Er die
Volksmenge an, sich auf der Erde niederzulassen; dann nahm Er die sieben Brote,
dankte, brach sie in Stücke und gab sie Seinen Jüngern, damit sie sie ihnen
vorsetzten; und sie setzten sie der Volksmenge vor. Auch hatten sie nur wenige
Fischlein; die segnete Er und gebot , diese ebenfalls vorzusetzen. Da aßen alle
und wurden satt. Die Überfülle der Brocken aber hoben sie auf: sieben Körbe
voll. Es waren etwa viertausend, die gegessen hatten. Danach entließ Er sie«
(Mark.8:1-9).
Die wenige Monate vorher erfolgte Speisung
der Fünftausend (Mat.14:13-21; Mark.6:35-44; Luk.9:12-17) war auf der Grundlage
von fünf Broten und zwei Fischen im Gras am See Genezareth geschehen; zwölf
Tragkörbe (griech. kophinoi, kleine Körbe) von Brocken waren übrig geblieben.
Die Speisung nunmehr der Viertausend erfolgte auf der Basis von sieben Broten
und wenigen Fischlein in der Wildnis; sieben Körbe (griech. spyridas, große
Körbe) von Brocken blieben übrig.
Einst hatte Jewe, der Elohim Israels, Sein
Volk nach dem Auszug aus Ägypten in der Wildnis ernährt (3.Mose 16:4). Bei
allen Speisungen aber sollte niemals die Ermahnung des Mose vergessen werden:
»Und Er speiste dich mit Man (Manna),das du nicht kanntest und deine Väter
nicht kannten, um dich erkennen zu lassen, dass der Mensch nicht vom Brot
allein lebt; sondern von allem, was aus dem Mund Jewes hervorgeht, lebt der
Mensch« (5.Mose 8:3; Mat.4:4). Im Grunde ist Jesus das wahre Lebensbrot (Joh.6:30-58).
Er gibt Sich Selbst.
Dass das Wunder der Brotvermehrung für die
Viertausend in einer Wildnis stattfand, ist sicherlich ein Hinweis darauf, dass
die an Jesus Gläubigen wiederum in der »Wildnis« der siebenjährigen Endzeit,
insbesondere aber während der dreieinhalb Jahre der großen Drangsal in der
Wildnis der Berge Judas ernährt werden (Mat.24:21; Off.12:6,14).
Die Pharisäer forderten
ein Zeichen
»Sogleich stieg Er mit Seinen Jüngern in ein
Schiff und kam in das Gebiet von Dalmanutha. Da gingen die Pharisäer zu Ihm
hinaus, begannen mit Ihm Streitgespräche zu führen und suchten von Ihm ein
Zeichen vom Himmel zu erlangen, um Ihn auf die Probe zu stellen. In Seinem
Geist aufseufzend, sagte Er: Wieso trachtet diese Generation nach einem Zeichen?
Wahrlich, Ich sage euch: Wenn dieser Generation ein Zeichen gegeben werden wird
-. Damit verließ Er sie, stieg wieder in das Schiff und fuhr an das jenseitige
Ufer hinüber« (Verse 10-13).
Viele Wunder hatte der Herr bereits getan und
damit genügend Zeichen gegeben, dass Er der Messias und das Königreich nahe
ist. Was suchen sie noch nach einem Zeichen? Sie wollten Ihn nur versuchen -
versuchen wie Satan bei Jesu Dienstantritt -, in diesem Falle um einen
Anklagegrund gegen Ihn zu finden.
Die Antwort Jesu auf das üble Ansinnen der
Pharisäer war in einen abgebrochenen Satz gefasst, mit dem in Israel ein
Weheruf, ein Fluch oder eine kategorische Ablehnung angedeutet wurde, was man
sich im Einzelnen an der Stelle der nicht ausgesprochenen zweiten Satzhälfte hinzuzudenken
hatte. Es war sinnlos, solchen, die die Wahrheit nicht lieben, den auf den
Unglauben eingeschworenen Pharisäern, ein Zeichen zu geben. Mit dieser
Zurückweisung gab Jesus sie dem Gericht preis, was auch daran erkennbar ist,
dass Er sie sofort verließ, ja stehen ließ.
Das einzige Zeichen, dass ihnen doch noch
gegeben werden sollte, war das Zeichen des Jona (Mat.16:4; Luk.11:29), ein
gänzlich anderes. Es hat zum Inhalt, wie Jesus bei anderer Gelegenheit sagte:
»Diese böse und ehebrecherische Generation trachtet nach einem Zeichen; doch
man wird ihr kein Zeichen geben außer dem Zeichen des Propheten Jona; denn
ebenso wie Jona drei Tage und drei Nächte im Leib des Seeungeheuers war, so
wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein«
(Mat.12:39,40; Jona 2:1).
Dalmanutha war ein Ort in der Nähe von
Magadan am See Genezareth (Mat.15:39).
»Hütet euch vor dem
Sauerteig!«
»Sie vergaßen aber, Brote mitzunehmen, und im
Schiff hatten sie außer einem Brot nichts bei sich. Da warnte Er sie und sagte:
Sehet zu, hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und dem Sauerteig des
Herodes! - Sie aber folgerten daraus und sagten zueinander: Er meint, dass wir
keine Brote haben! - Als Jesus das erkannte, fragte Er sie: Was folgert ihr,
weil ihr keine Brote habt? Begreift ihr immer noch nicht? Versteht ihr es auch
nicht? Habt ihr jetzt noch euer Herz verstockt? Ihr habt Augen und seht nicht,
habt Ohren und hört nicht! Erinnert ihr euch denn nicht, als Ich die fünf Brote
für die Fünftausend brach, wie viele Tragkörbe voll Brocken ihr aufhobt? - Sie
antworteten Ihm: Zwölf. - Und als Ich die sieben Brote für die Viertausend
brach, wie viele Korbfüllungen mit Brocken habt ihr da aufgehoben? - Sie
antworteten Ihm: Sieben. - Da sagte Er zu ihnen: Wie kommt es, dass ihr es noch
nicht versteht?« (Verse 14-21).
Es war völlig überflüssig, sich Sorgen um
Brote zu machen. Vor dem Sauerteig der Pharisäer und dem des Herodes sollten
sie sich hüten, vor der religiösen und weltlichen Verführung. Sauerteig ist ein
Symbol für das zersetzende Durchdringen mit einer Lehre oder Lebensweise
(Mat.13:33; Luk.13:21; 1.Kor.5:6-8; Gal.5:9).
Bei Matthäus lesen wir, dass die Jünger
schließlich doch »verstanden, dass Er nicht gesagt hatte, sich vor dem
Sauerteig der Brote in Acht zu nehmen, sondern vor der Lehre der Pharisäer und
Sadduzäer« (Mat.16:12). Ein anderes Mal warnte der Herr Seine Jünger: »Nehmt
euch in Acht vor dem Sauerteig der Pharisäer, und das ist die Heuchelei!«
(Luk.12:1).
Die Heilung eines Blinden
»Dann kamen sie nach Bethsaida. Dort brachte
man Ihm einen Blinden und sprach Ihm zu, dass Er ihn anrühre. Die Hand des
Blinden ergreifend, brachte Er ihn vor das Dorf hinaus und benetzte seine Augen
mit Speichel, legte ihm die Hände auf und fragte ihn: Erblickst du etwas? - Und
aufblickend antwortete er: Ich erblicke Menschen, ich sehe sie wie wandelnde
Bäume. - Danach legte Er wieder die Hände auf seine Augen; da blickte er scharf
hin und war wiederhergestellt und konnte alles klar erblicken. Dann schickte Er
ihn in sein Haus und sagte: Gehe weder in das Dorf hinein, noch sage es
jemandem im Dorf« (Verse 22-26).
Selbstverständlich hätte der Herr den Blinden
sofort und ohne Umstände heilen können. »Jewe spricht, und es geschieht, Er gebietet,
und es steht da« (Ps.33:9). Jesus wollte aber den von Markus berichteten Weg
nehmen, um ein Zeichen für die Wiederherstellung der geistlichen Augen und der
geistlichen Erkenntnis Israels darzustellen. Die Heilung des Blinden geschah
vor dem Dorf; zur Heilung Israels trägt ihre Zerstreuung unter alle Völker bei.
Sie geschieht durch das, was aus dem Mund Jesu kommt, nämlich durch das Wort
Gottes. Aber nicht auf einmal, sondern schrittweise. Da war schon einmal ein
Anfang; er ist in der Apostelgeschichte beschrieben. Während jener Zeit der
pfingstlichen heilsgeschichtlichen Verwaltung war das Königreich nur undeutlich
zu sehen. In der Endzeit sodann werden sie es klar vor Augen haben, in fester
Nah-Erwartung. Und bei der Aufrichtung des Königreichs »werden der Blinden
Augen aufgetan und der Tauben Ohren geöffnet. Dann wird der Lahme wie ein
Hirsch springen und des Stummen Zunge jubeln« (Jes.35:5,6; vgl. 29:18;
61:1). Bethsaida war ein Fischerdorf am
Ostufer des Sees Genezareth und der Heimatort des Petrus, Andreas und Philippus
(Joh.1:44).
Nach alldem, was wir betrachtet haben, bleibt
uns nur übrig, unseren Herrn Jesus Christus zu preisen:
»Lobet Je; lobe Jewe, meine Seele. ... Jewe,
der die Augen der Blinden auftut, Jewe, der die Gebeugten aufrichtet, Jewe, der
den Gerechten liebt. ... Jewe wird regieren für den Äon, dein Elohim, Zion, von
Generation zu Generation. Lobet Je« (Ps.146:1,8,10).
(Markus 8:27-9:32)
»Jesus und Seine Jünger zogen nun weiter in
die Dörfer um Cäsarea Philippi. Auf dem Weg fragte Er Seine Jünger; Er sagte zu
ihnen: Was sagen die Menschen, wer Ich sei? - Sie antworteten Ihm: Die einen
meinen, Johannes der Täufer, andere Elia, wieder andere einer der Propheten. -
Weiter fragte Er sie: Ihr aber, was sagt ihr, wer Ich sei? - Petrus antwortete
Ihm: »Du bist der Christus, der Sohn Gottes. - Da warnte Er sie, dass sie mit
niemandem über Ihn sprächen« (Mark.8:27-30).
Cäsarea Philippi lag weit im Norden am Fuße
des Hermongebirges im Quellgebiet des Jordan.
Die Mitte des Jahres 31 n. Chr. dürfte
überschritten gewesen sein.
Ein neuer Dienstabschnitt Jesu begann. Er
verkündigte dem Volk nicht mehr das Königreich, sondern belehrte Seine Jünger
über Seine Leiden. Die Nation hatte Ihn verworfen und hielt Ihn für diesen oder
jenen. Das Königreich war von nun an nicht mehr nahe. Nur wenige hatten erkannt
und glaubten, dass Jesus der Messias und der Sohn Gottes ist.
Die Meinung der Menschen, Jesus sei der
auferstandene Johannes der Täufer, war völlig abwegig, denn Jesus war schon vor
der Enthauptung des Johannes da. Verständlicher war der Gedanke, Jesus sei ein
neuer Prophet oder einer der alten, vielleicht sogar Elia, weil dieser vor dem
Tag Jewes kommen sollte (Mal.3:23). Kaum einer aber hatte in Jesus den seit
alter Zeit verheißenen Messias (hebr. MschICh, punktiert MaSchIaCh, griech.
christos, zu deutsch: Gesalbter, das heißt: mit allen Vollmachten
Ausgestatteter) erkannt (2.Sam.7:12-16; 23:5; Jes.11:1-10; Jer.23:5; 33:15;
Hes.34:23,24; Ps.132:11; 1.Chron.17:11).
Petrus aber, als Sprecher der Zwölf, durfte
auf die Frage Jesu, was sie sagen, wer Er sei, antworten: »Du bist der
Christus, der Sohn Gottes.« Lukas gibt diesen Ausspruch verkürzt wieder: »Der
Christus Gottes« (Luk.9:20). Matthäus berichtet ausführlich: »Du bist der
Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!« (Mat.16:16; siehe auch Ps.2:9;
Heb.1:5; Joh.1:14).
Man beachte unbedingt, was der Herr dem
Petrus antwortete: »Glückselig bist du, Simon Bar Jona; denn nicht Fleisch und
Blut haben es dir enthüllt, sondern Mein Vater in den Himmeln« (Mat.16:17).
Der Mensch kann von sich aus nichts erkennen.
Gott ist es, der den Weisen Weisheit gewährt und Erkenntnis den im Verständnis
Erfahrenen (Dan.2:21). »Kein Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht
vom Himmel gegeben wird« (Joh.3:27). Nicht umsonst betete Paulus ständig um
geistliche Weisheit und Enthüllung und geistliches Verständnis zur Erkenntnis
Gottes und Seines Willens (Eph.1:17; Kol.1:9).
Israel aber sollte nicht wissen, dass der Messias
unter ihnen war. Sie sollten Ihn nach Gottes Vorsatz in Unkenntnis kreuzigen
(Ap.3:17; Luk.23:34).
Die erste
Leidensankündigung
»Von da an begann Er sie zu lehren: Der Sohn
des Menschen müsse viel leiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den
Schriftgelehrten verworfen und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen;
und Er sprach das Wort mit Freimut. Da nahm Petrus Ihn beiseite und begann Ihn
zu warnen. Jesus aber wandte Sich um, sah Seine Jünger an, verwarnte Petrus und
sagte: Geh hinter Mich, Satan! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will,
sondern was menschlich ist« (Verse 31-33; vgl. Mat.16:21-23; Luk.9:22).
Nach Gottes in Christus gefasstem Vorsatz für
den Ablauf der Äonen (Eph.3:11) sollte Israel Jesus töten (Ap.3:15) und damit
alles ausführen, was Gottes Hand und Ratschluss vorherbestimmt hatten
(Ap.4:28). Darauf bereitete der Herr nun Seine Jünger ganz offen und freimütig
vor. Es war Jesu erste Leidensankündigung. Weil dies angesichts Jesu, des
Messias und Königs, nicht so recht mit dem Denken der Jünger vereinbar war,
opponierte Petrus und sagte: »Gott ist Dir versühnt, Herr! Keinesfalls wird Dir
dies zugedacht sein!« (Mat.16:22).
Dies war sehr menschlich gedacht und im
Grunde eine Versuchung Satans. Jesus wies Petrus als Werkzeug Satans sofort
entschieden zurück, war der Sohn Gottes doch gekommen, um den Willen Gottes zu
tun (Heb.10:7,9), damit »wir in diesem Willen (Gottes) durch die Darbringung
des Körpers Jesu Christi ein für allemal geheiligt« seien (Heb.10:10).
Das
Ansinnen des Petrus erinnert uns auch an 1.Korinther 2:14: »Der seelische
Mensch aber nimmt nichts von den Tiefen des Geistes Gottes an; denn sie sind
ihm Torheit. Und er kann sie nicht erkennen, da sie nur geistlich erforscht
werden können.«
Aufforderung zur
Selbstverleugnung
Wenn Leiden über Jesus kommen, dann auch über
Seine Jünger. Um zu überwinden, müssen sie sich selbst verleugnen, völlig
zurücknehmen, auf ihre Interessen verzichten. Der Apostel Paulus drückte es
später so aus: »Und für alle starb Er, damit die Lebenden nicht mehr sich
selbst leben, sondern dem, der für sie starb und auferweckt wurde«
(2.Kor.5:15).
So lesen wir nun den Aufruf Jesu:
»Dann rief Er die Volksmenge samt Seinen Jüngern
zu Sich und sagte zu ihnen: Wenn jemand Mir nachfolgen will, so verleugne er
sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge Mir. Denn wer seine Seele retten
will, wird sie verlieren; wer aber seine Seele Meinetwegen und um des
Evangeliums willen verliert, wird sie retten. Doch was nützt es dem Menschen,
die ganze Welt zu gewinnen, wenn er dabei seine Seele verwirkt? Was könnte denn
der Mensch als Eintausch für seine Seele geben? Doch wer sich Meiner und Meiner
Worte unter dieser ehebrecherischen und sündigen Generation schämt, dessen wird
Sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn Er in der Herrlichkeit Seines
Vaters mit den heiligen Boten kommt« (Verse 34-38).
Nachfolge Jesu ist ohne Selbstverleugnung
nicht möglich. Entweder man folgt Ihm, gehorcht Ihm und ist bereit, um
Seinetwillen zu leiden, also das damit verbundene persönliche Kreuz zu tragen,
den mit Schmach verknüpften Weg zu gehen, den Gott dem Einzelnen auferlegt,
oder man räumt sich selbst den ersten Rang ein und ist sein eigener Herr. Dann
allerdings wird man seine Seele nicht in das Königreich Israels hineinretten.
Mit dem Begriff »Seele« - sie ist das
Bewusstsein - ist der ganze Mensch gemeint, wie auch in 1.Mose 2:7: »Dann
formte Jewe Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem
in seine Nase; und der Mensch wurde eine lebende Seele.« Wer seine Seele -
dieser Teil des Menschen ist hier hervorgehoben, weil die Seele das Wohlergehen
begehrt - in diesem bösen Äon (Gal.1:4) retten will, mithin sein Wohlbefinden sichern
will, dessen Seele wird sich nicht über den Segen des Königreichs freuen
können, weil er in jenen Äonen tot sein wird.
Wer aber im gegenwärtigen Äon um des
Evangeliums willen umkommt, hat Glauben und Werke (Jak.2:24; 2.Pet.1:10,11) und
hat sich des Herrn nicht geschämt, sondern sich zu Ihm bekannt - dies ist
heilsnotwendig (Mat.10:32) - und wird daher im Königreich leben.
Im Buch der Enthüllung Jesu Christi wird
bezeugt, dass in der Endzeit Lebende ihre Seele nicht liebten, bis der Tod
ihrem Leben ein Ende machte: »Durch das Blut des Lämmleins und durch das Wort
ihres Zeugnisses überwanden sie ihn (den Satan), auch liebten sie ihre Seele
nicht - bis zum Tod« (Off.12:11).
Was könnte ein Mensch geben, um seine Seele
für die kommenden Äonen zu retten? Etwa alle Schätze der ganzen Welt? Psalm
49:8,9 spricht wie folgt darüber: »Doch durch Loskauf wird kein Mann sich
loskaufen, noch wird er Elohim den Preis für seine Beschirmung geben - zu
kostbar ist der Loskauf seiner Seele, so muss er davon ablassen für den Äon.«
Nichts kann der Mensch geben, allein Jesus Christus ist sein Erlöser. Möge der
Mensch sich an Ihn halten!
So verhält es sich nach dem Evangelium der
Beschneidung, das nach unserer Verwandlung (1.Kor.15:51) und Entrückung
(1.Thess.4:17) wieder gilt. Nach dem Evangelium der Unbeschnittenheit aber, mit
dem Paulus betraut ist (Gal.2:7), sind und bleiben wir vom Glaubensanfang an
gerechtfertigt und gerettet, und zwar allein durch Glauben, damit es der Gnade
gemäß sei (Röm.3:24,28; 4:16). Außerdem werden wir nicht im Königreich Israels
auf der Erde leben, sondern inmitten der überhimmlischen Regionen niedergesetzt
werden (Eph.2:6; 2.Tim.4:18).
Die Verklärung Jesu
»Dann sprach Er zu ihnen: Wahrlich, Ich sage
euch: Unter denen, die hier stehen, sind einige, die keinesfalls den Tod
schmecken werden, bis sie das Königreich Gottes gewahren, wenn es mit Macht
gekommen ist. - Und nach sechs Tagen
nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und brachte sie auf einen
hohen Berg, wo sie für sich allein waren. Da wurde Er vor ihnen umgestaltet,
und Seine Kleidung wurde glitzernd, ganz weiß wie Schnee, derart wie kein
Walker auf der Erde sie so weiß machen kann. Und es erschien ihnen Elia mit
Mose, und sie besprachen sich mit Jesus.
Da nahm Petrus das Wort und sagte zu Jesus:
Rabbi, schön ist es für uns, hier zu sein! Wir sollten hier drei Zelte bauen,
Dir eins, Mose eins und Elia eins. - Er wusste nämlich nicht, was er antworten
sollte; denn sie waren in große Furcht geraten.
Da kam eine Wolke, die sie beschattete, und
eine Stimme ertönte aus der Wolke: Dies ist Mein geliebter Sohn; höret auf Ihn!
- Und auf einmal, als sie umherblickten, gewahrten sie niemand mehr bei sich
als nur Jesus allein« (Mark.9:1-8).
Ja, da standen drei, drei Apostel, Petrus,
Jakobus und Johannes, die das mit Macht gekommene Königreich Gottes gewahrten,
bevor sie den Tod schmeckten. Kurze Zeit später sahen sie es in einer Vision
(Mat.17:9), indem sie den verklärten Herrn Jesus erblickten, den König in
Seiner Herrlichkeit, den Garanten des herrlichen Königreichs, das Königreich in
Person.
Sechs Tage, nachdem Jesus dies angekündigt
hatte, nahm Er die drei mit auf einen hohen Berg. Der Sabbat bricht nach sechs
Werktagen an, mithin auch der Sabbat des Königreichs (Heb.4:9). Der Berg war
sicherlich der Hermon; wichtig ist allerdings nur zu wissen, dass ein Berg
symbolisch für eine Regierungsmacht steht.
Den drei Aposteln wurde ein herrlicher Blick
auf den umgestalteten Herrn Jesus gewährt. Ja, Er war wirklich der Sohn Gottes
und der Messias!
Und es erschienen Mose und Elia in
Herrlichkeit und sprachen mit Jesus über den Ausgang Seines Lebens, wie es sich
demnächst in Jerusalem erfüllen sollte (Luk.9:31). Um in einer Vision erschaut
zu werden, müssen Mose und Elia nicht leben oder auferweckt werden. Die beiden
Männer waren mit der Herrlichkeit des Königreichs umkleidet (1.Joh.3:2) und
sprachen mit dem Herrn über den entscheidenden Mittelpunkt der Heilsgeschichte.
Mose und Elia repräsentierten das Gesetz und die Propheten.
Petrus fand alles so schön, dass er nicht
recht wusste, was er sagen sollte. Und sein Vorschlag, drei Zelte zu bauen, war
denn auch nicht recht. Petrus, wie konntest du Mose und Elia auf eine Stufe mit
Jesus stellen?
Eine Wolke, die verhüllte Gegenwart Gottes
darstellend, veränderte die Situation. Der Vater bestätigte Seinen Sohn. Auf
den sollen sie hören, nicht mehr länger auf Mose und Elia, die den Messias
angekündigt hatten. Ihm allein sollen sie gehorchen. Mose hatte gesagt: »Einen
Propheten wie mich wird Jewe, dein Elohim, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern
erstehen lassen; auf Ihn sollt ihr hören« (5.Mose 18:15). Das Gesetz und die
Propheten sind in Jesus erfüllt. »Die Vollendung des Gesetzes ist Christus, zur
Gerechtigkeit für jeden, der glaubt« (Röm.10:4). Mose und Elia haben nicht
denselben Rang wie Jesus. Es gibt nur den »einen Mittler zwischen Gott und
Menschen, den Menschen Christus Jesus, der Sich Selbst für alle anstatt eines
Lösegeldes gab« (1.Tim.2:5,6). Es gibt nur den Einen, Jesus, in welchem »die
gesamte Vervollständigung der Gottheit körperlich wohnt« (Kol.2:9).
Später schreibt Petrus: »Wir sind nicht weise
ersonnenen Sagen gefolgt, als wir euch die Kraft und die Anwesenheit unseres
Herrn Jesus Christus bekannt machten, sondern wir sind Augenzeugen der
Erhabenheit desselben geworden. Denn Er erhielt von Gott dem Vater die Ehre und
die Herrlichkeit durch die Stimme, die Ihm (in was für einer Weise) von der
erhabenen Herrlichkeit dargebracht wurde: Dies ist Mein geliebter Sohn, an dem
Ich Mein Wohlgefallen habe! - Diese Stimme haben wir gehört, als sie aus dem
Himmel dargebracht wurde und wir mit Ihm auf dem heiligen Berg waren«
(2.Pet.1:16-18).
Das Auferstehen aus den
Toten
»Als sie vom Berg hinabstiegen, warnte Er
sie, dass sie niemandem erzählen sollten, was sie wahrgenommen hatten, außer
wenn der Sohn des Menschen aus den Toten auferstanden wäre. Das Wort hielten
sie fest, sich untereinander befragend, was das Auferstehen aus den Toten wohl
sei« (Verse 9+10).
Israel sollte aufgrund der Zeichen und Wunder
Jesu glauben, dass Er der Messias ist, und nicht durch das Schauen des
Königreichs veranlasst werden, Ihn zum König zu machen. Und - wie schon zu
Markus 8:30 gesagt - sie sollten Ihn in Unkenntnis kreuzigen (Ap.3:17;
Luk.23:34), weil nur in Unkenntnis verübte Sünden vergeben werden konnten
(4.Mose 15:22,27,29,30; Ap.13:39; Heb.9:7).
Das Auferstehen aus den Toten - das
Auferstehen der Gläubigen aus der Mitte der übrigen Toten -, diese Tatsache an
sich war nicht das Problem der Apostel, sondern wie dies mit Jesus
zusammenpasse. Gerade hatten sie den vor dem Tag Jewes kommenden Elia
(Mal.3:23) in einer Vision gesehen - musste Jesus somit nicht unverzüglich Sein
Königreich aufrichten? Wieso sollte Er auferstehen? Dann müsste Er ja vorher sterben.
Dies konnten die drei Apostel gedanklich nicht auf die Reihe bringen.
Elia
»Dann fragten sie Ihn: Wieso sagen die
Pharisäer und Schriftgelehrten, dass Elia zuerst kommen müsse? - Er entgegnete ihnen:
Elia kommt zwar zuerst und stellt alles wieder her. Und wie steht über den Sohn
des Menschen geschrieben - dass Er viel leiden und für nichts gehalten werden
müsse! Aber Ich sage euch: Elia war auch gekommen, und sie taten ihm an, was
immer sie wollten, so wie über ihn geschrieben steht« (Verse 11-13).
Jewe hatte gesagt: »Siehe, Ich sende euch den
Propheten Elia vor dem Kommen des Tages Jewes, des großen und gefürchteten«
(Mal.3:23).
Johannes der Täufer war nicht Elia
(Joh.1:21), sondern war dem Herrn in dem Geist und der Kraft Elias
vorausgegangen (Luk.1:17). Beide litten - Elia sollte von Isebel, der Frau des
Königs Ahab von Israel, umgebracht werden (1.Kön.19:2), und Johannes wurde
enthauptet (Mark.6:27). Muss dann der Sohn Gottes nicht ebenfalls leiden? Seine
Leiden hatte Er den Aposteln kurze Zeit vorher zum ersten Mal angekündigt
(Mat.16:21; Mark.8:31; Luk.9:22). Und davon steht auch geschrieben, so in
Daniel 9:26, dass der Messias abgeschnitten werden wird und es keinen
Rechtsspruch für Ihn gibt; in Psalm 22:7, dass Er vom Volk verachtet werde; in
Jesaia 50:6, dass Er geschlagen und bespien wird. Des Weiteren werden Seine
Leiden und Schmerzen, Seine Striemen und Sein Tod in Jesaia 53 geschildert. -
Auf diese Weise bahnte Jesus das Verständnis Seiner Apostel dafür an, dass Er
auferstehen werde.
Die Heilung eines
besessenen Knaben
»Als sie zu den anderen Jüngern kamen,
gewahrten sie eine große Volksmenge um sie herum und Schriftgelehrte, die mit
ihnen Streitgespräche führten. Sogleich überkam die gesamte Volksmenge heilige
Scheu, als man Ihn gewahrte; und sie liefen herzu und begrüßten Ihn. Da fragte
Er die Schriftgelehrten: Was führt ihr für Streitgespräche mit ihnen? Lehrer,
ich habe meinen Sohn zu Dir gebracht, denn er hat einen sprachlosen Geist; und
wo er ihn auch ergreift, reißt er ihn nieder; dann schäumt er und knirscht mit
seinen Zähnen und fällt zusammen. Da bat ich Deine Jünger, dass sie ihn
austreiben mögen, doch sie vermochten es nicht.
Er antwortete ihnen: O du ungläubige Generation!
Wie lange soll Ich noch bei euch sein, wie lange soll Ich euch noch ertragen?
Bringt ihn zu Mir! - Und sie brachten ihn zu Ihm. Als der Geist Ihn gewahrte,
schüttelte er ihn sogleich heftig in Krämpfen, und er fiel auf die Erde, wälzte
sich und schäumte. Da fragte Er seinen Vater: Wie lange ist es her, seit ihm
dies widerfährt? - Der antwortete: Von Kind an; oftmals hat er ihn auch ins
Feuer und ins Wasser geworfen, um ihn umzubringen. Wenn Du jedoch irgend
kannst, so hilf uns und lass uns Erbarmung widerfahren! - Jesus aber sagte ihm:
Warum das Wenn? Du kannst doch glauben! Alles ist dem möglich, der glaubt. -
Sogleich rief der Vater des Knäbleins laut unter Tränen aus: Ich glaube! Hilf
meinem Unglauben!
Als Jesus gewahrte, dass die Volksmenge zusammenlief,
schalt Er den unreinen Geist und sagte zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist,
Ich gebiete dir, fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn! - Schreiend und
ihn sehr in Krämpfen schüttelnd, fuhr er aus, und der Knabe lag wie tot da,
sodass die meisten sagten: Er ist gestorben. - Jesus aber, seine Hand fassend,
richtete ihn auf, und er stand auf« (Verse 14-27).
Ohne den glauben, dass Jesus der Messias ist
und darum alles vermag, keine Heilung. Jesu ganze Generation war durchweg - bis
auf wenige Ausnahmen - ungläubig. Auch der Vater des Knaben war ungläubig.
Seine Worte: »Wenn Du jedoch irgend kannst« zeigen es. Nach den Kodizes
Sinaiticus 1 und Vaticanus ist die Antwort Jesu in Vers 23 wie folgt zu lesen:
»Was das »Wenn Du kannst« angeht: Alles ist dem möglich, der glaubt.« Ein
Glaubender, bei dem die Kräfte des Königreichs Israels wirkten, »die Kräfte des
zukünftigen Äons« (Heb.6:5), vermochte nach dem »Evangelium der Beschneidung«
(Gal.2:7) alles.
Bei uns heute, in der dem Paulus gegebenen
heilsgeschichtlichen Verwaltung (griech. oikonomia, Verfahrensordnung;
Eph.3:2), vermittelt der Glaube die innere Kraft, auszuharren, wie der Herr dem
Paulus gesagt hatte: »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in
Schwachheit vollkommen gemacht« (2.Kor.12:9). »Darum sind wir nicht entmutigt;
sondern wenn auch unser äußerer Mensch verdirbt, so wird doch unser innerer
Mensch Tag für Tag erneuert« (2.Kor.4:16).
Wahrheitsgetreu drückt der Vater des Knaben
die Schwachheit und Wankelmütigkeit seines Glaubens unter Tränen aus: »Ich
glaube! Hilf meinem Unglauben!« Hilf mir aus meinem Unglauben heraus!
Er hatte sich an Jesus gewandt - dies ist
immer richtig -, und der erbarmte Sich und heilte seinen Knaben. Jetzt dürfte
er Glauben gefasst haben.
Nur durch Gebet
»Als Er in ein Haus hineingegangen war, wo
sie für sich waren, fragten Ihn Seine Jünger: Weshalb konnten wir ihn nicht
austreiben? - Er antwortete ihnen: Diese Art kann man durch nichts ausfahren
lassen außer durch Gebet« (Verse 28+29).
Nach Matthäus 17:20 hatte der Herr ihnen des
Weiteren geantwortet: »Wegen eures Kleinglaubens! Denn wahrlich, Ich sage euch:
Wenn ihr Glauben wie ein Senfkorn habt, werdet ihr diesem Berg gebieten: Geh
von hier dorthin weiter! Und er wird weitergehen, und nichts wird euch
unmöglich sein.«
Die neun am Fuß des Berges zurückgebliebenen
Apostel hatten Vollmacht über die bösen Geister (Mark.6:7). Aber ohne Glauben
und ohne Gebet konnten sie nichts tun. Ohne die Bitte an Gott und ohne den
Glauben, dass Er die Bitte erhört, war ihnen nichts möglich (vgl. 1.Joh.3:22;
5:14,15).
Im Übrigen war eine Veränderung im Dienst des
Herrn eingetreten. Israel glaubte nicht an Jesus und hatte Ihn mithin
verworfen. Folglich war die Verkündigung des Königreichs unter begleitenden Wundern
wie der Heilung des besessenen Knaben jetzt nicht mehr ihr Auftrag.
Das Heilungswunder entspricht der Tatsache,
dass die Dämonen während des Dienstes der Apostel, aufgezeichnet in der
Apostelgeschichte, nicht aus Israel ausfuhren. Nach einer Verzögerung - sie
währt nun bald zweitausend Jahre - werden die Dämonen in der siebenjährigen
Endzeit entsprechend den Krämpfen des Knaben unter größten Drangsalen aus
Israel ausfahren, aus dem wahren Israel, dem auserwählten und somit an Jesus
als den Messias gläubigen Teil Israels.
Die zweite
Leidensankündigung
»Von dort gingen sie dann weiter und zogen
durch Galiläa; Er aber wollte nicht, dass es jemand erfahre; denn Er lehrte
Seine Jünger und sagte zu ihnen: Der Sohn des Menschen wird in der Menschen Hände
überantwortet werden, und sie werden Ihn töten; aber wenn Er getötet ist, wird
Er nach drei Tagen auferstehen. - doch sie begriffen die Rede nicht, fürchteten
sich aber, Ihn zu fragen« (Verse 30-32, vgl. Mat.17:22,23; Luk.9:44).
Der Prediger Salomo sagte: »Für alles gibt es
eine bestimmte Frist, und für jedes Vorhaben unter den Himmeln gibt es eine
Zeit« (Pred.3:1). Gerade noch war Jesus von großen Volksmengen umgeben gewesen
und hatte Er das Königreich verkündigt, viele geheilt und Dämonen ausgetrieben.
Aber die Menschen glaubten nicht, dass Er der Verheißene war; insofern hatten
sie Ihn verworfen. Sein Dienst in Galiläa war somit jetzt beendet. Deshalb zog
Er durch das Land, und zwar - wie das griechische Grundtextwort deutlich macht
- ohne sich irgendwo aufzuhalten.
Aber auch Seine Jünger verstanden Ihn nicht,
weil sie sich nicht vorstellen konnten, dass Sein Tod nötig sein sollte, und
wagten nicht, Ihn zu fragen, um nicht noch mehr mit dieser Wahrheit
konfrontiert zu werden.
Hinsichtlich der Überantwortung Jesu in die
Hände der Menschen sollten wir nicht nur daran denken, dass die Juden Jesus dem
Pilatus ausliefern werden (Mat.27:2), sondern dass Gott es ist, der Seinen Sohn
in die Gewalt der Menschen geben wird. Der Vater gibt Ihn dahin (Röm.4:25),
verlässt Ihn, gibt Ihn den Menschen preis (Jes.53:10).
So geschieht durch Ihn die Rettung aller
Menschen und die Aussöhnung des Alls (1.Tim.2:6; 4:10; Kol.1:20;
1.Kor.15:20-28). Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei Ihm!
(Markus 9:33-10:31)
»So kamen sie nach Kapernaum, und als Er Sich
zu Hause befand, fragte Er sie: Was habt ihr auf dem Weg unter euch erwogen? -
Sie aber schwiegen still; denn auf dem Weg hatten sie miteinander eine
Unterredung gehabt, wer wohl der Größte sei. Da setzte Er Sich, rief die Zwölf
herbei und sagte ihnen: Wenn jemand der Erste sein will, so soll er der Letzte
von allen und aller Diener sein« (Verse 33-35).
Das Gespräch der Apostel auf dem Weg war
vermutlich dadurch angeregt worden, dass unser Herr nur drei von ihnen, nämlich Petrus, Jakobus
und Johannes, auf den Berg Seiner Verklärung mit hinaufgenommen und sie mithin
bevorzugt hatte (Mark.9:2). Ihre Gedanken sind aber auch insofern verständlich,
als die Zwölf im Königreich als die engsten Vertrauten des Königs hohe Ämter
wahrnehmen werden (Mat.19:28). Allerdings können sie sich ihre Plätze nicht
selbst aussuchen (Mark.10:40).
Deutlich wird uns mit diesen Versen der
seelische, adamitische Mensch vor Augen geführt. Jesus hatte Seinen Tod
angekündigt, die Jünger dagegen denken an ihre Erhöhung. Sollten sie nicht auch
ihrer Niedrigkeit in Demut eingedenk sein?
Wahre Größe liegt im freiwilligen,
hingebungsvollen Dienen.
Nur wer der Letzte und aller Diener wurde,
Jesus, der Sich aus Liebe zu Sündern und Gottesfeinden bis zur tiefsten Tiefe
erniedrigte, bis zum Kreuzestod, nur der wird der Erste sein. »Er (Jesus) ist
das Haupt der Körperschaft, der herausgerufenen Gemeinde, deren Anfang Er ist
als Erstgeborener aus den Toten, sodass Er in allem der Erste werde, da die
gesamte Vervollständigung (Gottes) ihr Wohlgefallen daran hat, in Ihm zu wohnen
und durch Ihn das All auszusöhnen, indem Er durch das Blut Seines Kreuzes
Frieden macht« (Kol.1:20).
Der Segen eines geringen
Dienstes
»Dann nahm Er ein kleines Kind, stellte es in
ihre Mitte, schloss es in die Arme und sagte zu ihnen: Wer eines solcher
kleinen Kinder in Meinem Namen aufnimmt, der nimmt Mich auf; und wer Mich
aufnimmt, der nimmt nicht Mich auf, sondern den, der Mich ausgesandt hat«
(Verse 36+37).
Am Beispiel eines Kindes machte Jesus
anschaulich, was Er mit dem Dienen meinte. Kinder wurden seinerzeit für gering
geachtet. Wer nun einen für gering gehaltenen Menschen in seinen Haushalt
aufnimmt, der nimmt dessen Schöpfer auf. Denn der Mensch ist im Bilde Elohims
und Ihm gleichgestaltet erschaffen (1.Mose 1:26), der Mensch ist Gottes
(Luk.3:38). Gott liebt ausnahmslos alle Seine Geschöpfe. »Gott ist Liebe, und
wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm« (1.Joh.4:16).
Wer liebevoll handelt - oftmals mit entbehrungsreichem Dienen verbunden -, hat
der Liebe Gottes in seinem Herzen Raum gegeben.
Auch andere sind für
Jesus
»Darauf erklärte Ihm Johannes: Lehrer, wir
gewahrten jemand, der uns nicht nachfolgt, in Deinem Namen Dämonen austreiben;
und da er uns nicht nachfolgt, verboten wir es ihm. - Jesus aber erwiderte:
Verbietet es ihm nicht; denn keiner wird in Meinem Namen eine Machttat
vollbringen und schnell übel gegen Mich reden können. Wer nämlich nicht gegen
uns ist, ist für uns. Denn wer euch, weil ihr Christi eigen seid, in Meinem
Namen einen Becher Wasser zu trinken gibt - wahrlich, Ich sage euch:
Keinesfalls wird er seinen Lohn verlieren« (Verse 38-41).
Da treibt jemand ohne Auftrag oder Erlaubnis
unter Anrufung des Namens Jesu Dämonen aus. Das machte die Jünger eifersüchtig.
Sie wollten ihre Privilegien für sich allein haben. Doch dann mussten sie
lernen, dass sie kein Monopol haben.
Dem Herrn Jesus dienen können auch solche
Gläubigen, die nicht zur eigentlichen Dienstgemeinschaft gehören! Hindert
niemanden an Glaubenswerken!
Dann erweiterte Jesus Seine Belehrung sogar
bis hin zu irgendwelchen Menschen, die einem Gläubigen, weil sie wissen, dass
er Christus angehört, aber auch nur einen Becher Wasser reichen, was besonders
in der Zeit der großen Drangsal überlebenswichtig ist (Mat.24:21). Auch diesen
Menschen wird der Herr es vergelten; so werden sie vor dem großen, weißen
Thron, wo sie nach ihren Werken gerichtet werden (Off.20:12,13), für jenes gute
Werk keinen Grimm und Druck Gottes über ihre Seele, also eine Erleichterung
erfahren (Röm.2:8,9).
Werdet keinem Gläubigen
zum Fallstrick
»Wer aber einem dieser Kleinen, die an Mich glauben,
Anstoß gibt, für den wäre es besser, wenn vielmehr ein Eselsmühlstein um seinen
Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde« (Vers 42).
Ein Gläubiger, der einem Bruder oder einer
Schwester in Christus Anstoß gibt, mit anderen Worten: Anlass zum Straucheln
und Sündigen gibt, zum Fallstrick wird, sodass er oder sie in eine Sünde
verstrickt wird, sollte besser heute als morgen umkommen. Auch vor dem Gericht
wäre dies besser für ihn, weil er bei einem früheren Tod weniger Sünden
aufzuweisen hätte.
Wie überwältigend herrlich ist es doch, dass
wir Gläubigen heute, die wir in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen
Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes leben (oikonomia; Eph.3:2) und der
Gemeinde angehören, die Christi Körper ist (Leibesgemeinde; Eph.1:22,23), gemäß
dem Evangelium der Unbeschnittenheit, mit dem Paulus betraut ist (Gal.2:7),
unsere Rettung nicht verlieren können, weil wir mit heiligem Geist versiegelt
sind (Eph.1:13) und weil alle Auserwählten und zum Sohnesstand Vorherbestimmten
berufen werden, alle Berufenen gerechtfertigt und alle Gerechtfertigten
verherrlicht werden (Röm.8:30) - zum Lobpreis der Herrlichkeit der Gnade!
Jene Gläubigen damals und ebenso auch wir
sollen auch die allergeringsten Geschwister achten und von Herzen annehmen
(Röm.15:7; 1.Kor.1:26-31). Paulus schreibt sogar: »Gesellt euch zu den
Niedrigen« (Röm.12:16).
Entschiedene Abwendung
von der Sünde
Dann warnte unser Herr Jesus Christus
eindringlich vor Verstrickungen in Sünden:
»Wenn nun deine Hand dich straucheln lässt,
so haue sie ab! Besser ist es für dich, verstümmelt in das Leben einzugehen,
anstatt zwei Hände zu haben und in die Gehenna, in das unauslöschliche Feuer,
zu gehen. Wenn dein Fuß dich straucheln lässt, so haue ihn ab! Denn besser ist
es für dich, verstümmelt oder lahm in das Leben einzugehen, anstatt zwei Füße
zu haben und in die Gehenna, in das unauslöschliche Feuer, geworfen zu werden.
Wenn dein Auge dich straucheln lässt, so wirf es fort! Besser ist es für dich,
einäugig in das Königreich Gottes einzugehen, anstatt zwei Augen zu haben und
in die Gehenna des Feuers geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht verendet und
das Feuer nicht verlischt. Denn jeder wird mit Feuer gesalzen werden. Salz ist
etwas Ausgezeichnetes; wenn aber das Salz nicht mehr salzig ist, womit werdet
ihr es wieder würzen? Habt Salz in euch und haltet Frieden untereinander!«
(Verse 43-50; Verse 44,46 und 49 b nicht im Grundtext).
Wenn es darum geht, das äonische Leben im
Königreich Israels zu erlangen, ist kein Preis zu hoch. Wen seine Hand zum
Stehlen verleitet, der haue sie ab! Wen sein Auge zur Hurerei verführt, der
werfe es fort! Da man aber auch mit nur einer Hand und nur einem Auge sündigen
kann und die Sünde im Inneren des Menschen wohnt (Röm.7:17,20), ist diese Warnung
Jesu nicht buchstäblich zu verstehen, sondern macht die Dringlichkeit der
Umsinnung - weg von der Selbstsucht, hin zu einem Gott wohlgefälligen Wandel -
mit aller Schärfe deutlich.
Andernfalls wird man in die Gehenna geworfen,
in die Schlucht von Hinnom direkt unterhalb von Jerusalem im Süden, wo der
Abraum der Stadt verbrannt wurde (2.Chron.28:3; 33:6; Jer.7:31; 19:5,6; 32:35;
2.Kön.23:10). Während des Königreichs wird diese Halde immer brennen. Jesaia
wusste dies bereits: »Alles Fleisch wird kommen, um vor Menem Angesicht [in
Jerusalem] anzubeten, spricht Jewe. Und sie gehen hinaus und sehen die Leichen
der Menschen, die da übertraten gegen Mich, denn ihr Wurm stirbt nicht und ihr
Feuer verlischt nicht! So werden sie zum abschreckenden Anblick für alles
Fleisch« (Jes.66:23,24).
In Vers 49 lasen wir: »Denn jeder wird mit
Feuer gesalzen werden.« Das Feuer in der Gehenna ist ganz real. Nun aber
gebrauchte unser Herr den Begriff bildlich. Alle, die in das Königreich Israels
hinein wollen, werden mit Feuer gesalzen, das heißt in Drangsalen geprüft
werden und müssen sich unter Konflikten gegen die Sünde entscheiden. Salz
konserviert, es bewahrt vor Zersetzung. In das Königreich wird keine
zersetzende Sünde hineingelangen. Die Sünde wird vorher aus den Herzen
ausgemerzt.
Aber auch während der tausend Jahre wird Salz
jede Korruption im Königreich verhindern. Das Salz ist das Feuer der Gehenna!
So wird es vorkommen, dass ein Knabe im Alter von hundert Jahren stirbt; er war
ein ausgesprochener Sünder gewesen (Jes.65:20). Seine Leiche wird in die
Gehenna geworfen. Auch König David sagt: »Jeden Morgen werde ich all die Bösen
des Landes zum Schweigen bringen, um aus der Stadt Jewes all die Vollbringer
der Gesetzlosigkeit auszurotten.«
Unser Herr schloss Seine Rede mit den Worten:
»Habt Salz in euch und haltet Frieden untereinander« (Vers 50). Seid salzig!
Bewahrt euch selbst vor verderblichen Einflüssen! Wenn das Salz nicht mehr
salzig ist - wenn ihr zurückfallt -, womit soll man es wieder würzen (Heb.6:5,6;
2.Pet.2:20-22)? Wenn ihr kein Salz in euch habt, werdet ihr von der Sünde
zersetzt.
Die Ermahnung, Frieden untereinander zu
halten, knüpft an den Rangstreit der Apostel an, wer von ihnen der Größte sei
(Vers 34). Die Apostel sollen sich von solchen Gedanken völlig lösen. Unfriede
zersetzt. Die bewahrende Kraft des Salzes wird sie auch den Frieden
untereinander bewahren lassen.
Zur Frage der
Ehescheidung
»Dann stand Er auf und ging von dort in die
Grenzgebiete Judäas, jenseits des Jordans; wieder strömte das Volk in Scharen
bei Ihm zusammen, und wieder lehrte Er sie nach Seiner Gewohnheit. Da traten
Pharisäer herzu, um Ihn zu versuchen, und fragten Ihn, ob es einem Mann erlaubt
sei, seine Frau zu entlassen. Er aber antwortete ihnen: Was gebietet Mose euch?
- Sie sagten: Mose gestattet, eine Scheidungsurkunde zu schreiben und sie zu
entlassen. - Darauf antwortete Jesus ihnen: Wegen eurer Hartherzigkeit schreibt
er euch dieses Gebot; aber von Anfang der Schöpfung an schuf Gott sie männlich
und weiblich. Deswegen wird der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen
und sich seiner Frau anschließen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Daher sind sie nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott
zusammengejocht hat, soll der Mensch nicht scheiden« (Mark.10:1-9).
Die Pharisäer fragten nicht, um etwas zu
lernen, sondern um einen Anklagegrund gegen Jesus zu finden. Sollte Jesus etwas
anderes als Mose sagen, wäre Er als Verführer zum Gesetzesbruch zu verurteilen.
Der Herr sagte tatsächlich etwas anderes als Mose, aber mit einer Begründung,
die die Erlaubnis des Mose in das Licht einer Ausnahmesituation aufgrund der
Hartherzigkeit der Menschen rückte und die Ehe auf das ursprüngliche, hohe
Niveau der Unauflöslichkeit brachte. Da vermochte niemand etwas zu erwidern.
Jesus ist größer als Mose.
Die Gestattung des Mose findet sich in 5.Mose
24:1. Die Antwort Jesu, dass die Menschheit männlich und weiblich erschaffen
wurde, ist in 1.Mose 1:27 und 5:2 nachzulesen, und die entscheidende Begründung
steht in 1.Mose 2:24 geschrieben und lautet dort: »Darum wird ein Mann seinen
Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie beide werden
ein Fleisch sein.«
Was unter den Bedingungen der Sünde gesagt
ist, kann nur etwas Vorläufiges sein. Nach der Erneuerung des Herzens durch den
Geist Gottes kann es keine Entzweiung mehr geben. Dem Glauben an Jesus wohnt
größere Kraft inne als dem Glauben an Mose.
Einen einzigen Scheidungsgrund nur erkannte
Jesus an: den Ehebruch (Mat.5:32; porneia (griech. für Unzucht und Hurerei) ist
im Falle der Ehe Ehebruch). Heute, in der heilsgeschichtlichen Verwaltung der
überströmenden Gnade und der Versöhnung endet die Ehe nur mit dem Tode oder dem
Weggang des ungläubigen Ehepartners (1.Kor.7:15).
Übrigens hatte Jewe durch den Propheten
Maleachi gesagt: »An der Frau deiner Jugend handle nicht treulos! Denn Ich
hasse Scheidung, spricht Jewe, der Elohim Israels« (Mal.2:15,16).
Zur Frage des Ehebruchs
»Zu Hause fragten Seine Jünger Ihn nochmals betreffs
dieser Sache, und Er erklärte ihnen: Wer auch immer seine Frau entlässt und
eine andere heiratet, bricht die Ehe mit ihr. Und wenn sie ihren Mann entlässt
und einen anderen heiratet, so bricht sie die Ehe« (Verse 10-12).
Wir lesen hierzu die Parallelstelle bei
Matthäus: »Wer seine Frau entlässt - nicht etwa wegen Hurerei - und eine andere
heiratet, bricht die Ehe; und wer die Entlassene heiratet, bricht auch die Ehe«
(Mat.19:9). Das heißt, dass die Entlassung der Ehefrau wegen einer außerehelichen
Affäre gestattet ist; so steht es auch in Matthäus 5:32 geschrieben.
Jeder nun, der seine Frau - ohne aufgrund
ihrer Unzucht das Recht dazu zu haben - entlässt, bricht die Ehe mit ihr. Die
Entlassung der Frau ist der Ehebruch.
Völlig neu war, was nicht im Gesetz des Mose
stand und Jesus hier einräumte, dass nämlich auch die Frau ihren Mann entlassen
könne.
Nach Matthäus 5:32 und 19:9 bricht auch
derjenige die nach wie vor bestehende Ehe, der eine zu Unrecht Entlassene
heiratet. Eine nicht rechtmäßige Entlassung hebt die Ehe nicht auf.
Wie die kleinen Kinder
»Dann brachte man kleine Kinder zu Ihm, damit
Er sie anrühre; die Jünger aber schalten sie. Als Jesus das gewahrte, war Er
entrüstet und sagte zu ihnen: Lasst die kleinen Kinder zu Mir kommen und
verwehrt es ihnen nicht; denn für solche ist das Königreich Gottes da.
Wahrlich, Ich sage euch: Wer das Königreich Gottes nicht annimmt wie ein
kleines Kind, kann keinesfalls in dasselbe eingehen. - Darauf schloss E sie in
die Arme, und ihnen die Hände auflegend, segnete Er sie« (Verse 13-16).
Mithin gelangt nur derjenige in das
Königreich, der einfältig wie ein Kind daran glaubt und völliges Vertrauen in
die Worte des Verheißenden - der ist Jesus - hat.
Wichtig ist uns im Übrigen, dass unser Herr Sich
auch der Unmündigen annahm, derer, die man keiner Beachtung für wert fand.
Der reiche Jüngling
»Als Er wieder auf den Weg hinausging, siehe,
da lief einer, ein Reicher, herzu, fiel vor Ihm auf die Knie und fragte Ihn:
Guter Lehrer, was soll ich tun, damit mir äonisches Leben zugelost werde? -
Jesus aber antwortete ihm: Was nennst du Mit gut? Niemand ist gut außer dem
Einen: Gott. Du weißt die Gebote: Du sollst nicht morden, du sollst nicht
ehebrechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch zeugen, du sollst
nicht benachteiligen, ehre deine Vater und deine Mutter! - Da entgegnete er
Ihm: Lehrer, dies alles habe ich von meiner Jugend an bewahrt. - Jesus blickte
ihn an, liebte ihn und sagte zu ihm: Eins mangelt dir noch: Geh hin, verkaufe
alles, was du erworben hast, gib den Erlös den Armen, und du wirst einen Schatz
im Himmel haben; dann komm herzu, nimm dein Kreuz auf und folge Mir! - Der aber
war über das Wort verdüstert und ging betrübt davon; denn er hatte viele
erworbene Güter« (Verse 17-22).
Nach Matthäus 19:20 war der Reiche ein
Jüngling. Jesus wies dessen Ihm übermäßige Ehre gebende Anrede »Guter Lehrer«
zurück und gab Seinem Gott und Vater allein die Ehre. Unser Herr wird Sich aber
besonders deshalb davon distanziert haben, weil der Jüngling das Gutsein des
Menschen in diese Wortwahl hineingelegt hatte in der Meinung, ein guter Mensch
könne sich das Leben in den kommenden Äonen erarbeiten. Es ist anzunehmen, dass
er so dachte, zumal Paulus später schrieb, dass die Juden nicht aus Glauben
handeln, sondern aus Gesetzeswerken (Röm.9:32), und sie die Gerechtigkeit
Gottes nicht kennen, sondern ihre eigene Gerechtigkeit aufzustellen suchen
(Röm.10:3).
Jesus antwortete mit dem Hinweis auf die in
2.Mose 20:12-16 und 3.Mose 19:13 verzeichneten Gebote. Mose hatte gesagt, wer
sie tue, der werde leben (5.Mose 30:16,19). Wohl hatte der junge Mann diese
Gebote von Jugend an gehalten; wir werden aber sogleich sehen, dass sein
Reichtum sein Gott war und er damit das erste Gebot brach, das da lautet: »Ich
bin Jewe, dein elohim, der dich aus dem Land Ägypten herausgebracht hat, aus
dem Haus der Knechtschaft. Du sollst keine anderen Götter (hebr. elohim) haben,
Mir ins Angesicht« (2.Mose 20:2,3).
Jesus liebte den Jüngling, und zwar nicht
nur, weil er manche Gebote gehalten hatte, sondern auch in dem Sinn, dass Er
ihn liebevoll fördern wollte.
Der Herr sagte dem Reichen, dass er all
seinen erworbenen Besitz verkaufen solle, wohlgemerkt nicht sein ihm vom Gesetz
garantiertes Losteil (4.Mose 26:55; 33:54; Jos.14:1,2; Ps.135:12), sondern nur
das, was er zusätzlich erworben hatte. Wäre das Königreich in jenem Moment
angebrochen, besäße er sein gerechtes und reichlich auskömmliches Losteil.
Jesus wollte ihn mithin auf das Königreichsniveau bringen (dementsprechend
handelten die Gläubigen in Jerusalem nach Pfingsten; Ap.4:34,35). Mit dem
Verkauf seines Überflusses würde er zugleich auch seine Liebe zu seinem Besitz
ablegen. Und dann würde er sich selbst verleugnen, mithin nicht mehr sich
selbst leben, sondern Jesus nachfolgen und sein Kreuz aufnehmen, das heißt die
ihm bestimmten Drangsale der Nachfolge tragen.
Aber leider - es kam anders. Der reiche
Jüngling hatte nicht das Vertrauen in Jesus - anders als jedes kleine Kind
(Vers 15).
»Es ist leichter für ein
Kamel ...«
»Um Sich blickend, sagte Jesus zu Seinen
Jüngern: Die Geld haben - wie angewidert davon werden sie in das Königreich
Gottes eingehen! - Die Jünger aber waren voll heiliger Scheu über Seine Worte.
Da nahm Jesus nochmals das Wort und sagte zu ihnen: O Kinder - die auf Geld
vertrauen - wie widrig ist es für sie beim Eingehen in das Königreich Gottes!
Es ist leichter für ein Kamel, durch das Nadelöhr zu gehen, als für einen
Reichen, in das Königreich Gottes einzugehen. - Sie aber, über alle Maßen
verwundert, sagten zu Ihm: Wer kann dann gerettet werden? - Da blickte Jesus
sie an und sagte: Bei den Menschen ist dies unmöglich, jedoch nicht bei Gott;
denn bei Gott sind alle Dinge möglich« (Verse 23-27).
Das Wort Jesu war deutlich: Wer am Geld hängt,
wird nicht in das Königreich gelangen. Der Glaube allein genügt nicht (anders
als bei uns heute; Röm.3:28; Eph.2:8); Umsinnung muss dazukommen (Ap.2:38). Und
wenn Reiche in das Königreich eingehen, dann solche, die von ihrem Geld
angewidert sind.
Für die Menschen ist es überhaupt unmöglich,
die Rettung zu bewerkstelligen, Gott aber vermag alles (Jer.32:17; Hiob 42:2).
So bewirkt Er auch die Rettung der Auserwählten. »Niemand kann zu Mir kommen«, sagte Jesus,
»wenn der Vater, der Mich gesandt hat, ihn nicht zieht« (Joh.6:44). »Kein
Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben wird«
(Joh.3:27).
Vom Lohn der Nachfolge
»Dann begann Petrus Ihn zu fragen: Siehe, wir
haben alles verlassen und sind Dir gefolgt: was wird wohl unser Teil sein? -
Jesus entgegnete ihm: Wahrlich, Ich sage euch: Da ist niemand, der sein Haus,
Brüder oder Schwestern, Vater oder Mutter, Frau oder Kinder oder Felder
Meinetwegen und wegen des Evangeliums verlassen hat, der dies nicht
hundertfältig wiedererhält: nun, in dieser Frist, Häuser, Brüder und
Schwestern, Mutter und Vater, Kinder und Felder - unter Verfolgungen - und im
kommenden Äon äonisches Leben. Viele Erste aber werden Letzte sein, und Letzte
werden Erste sein« (Verse 28:31).
Schon im gegenwärtigen bösen Äon (Gal.1:4)
werden die Gläubigen Israels - besonders in der Endzeit unter den Verfolgungen
durch den Antichristus - Unterkunft und Verpflegung bei Glaubensbrüdern und
-schwestern
sowie Gemeinschaft mit ihnen erfahren, wie es auch während der pfingstlichen
Verwaltung der Fall war. »Alle Gläubigen waren aber beieinander und hatten
alles gemeinsam« (Ap.2:44; vgl. Ap.4:32).
Im kommenden Äon sodann, dem des
tausendjährigen Königreichs Israels, werden sie Leben für die Äonen empfangen.
Allerdings werden viele, die Erste, Vorrangige, Große waren oder zu sein
schienen, dann Letzte, Geringe sein. Die dagegen alles aufgaben oder aller
Diener waren (Mark.9:35) und mithin die Ärmsten und Letzten, werden dann die
Ersten, die Großen, die Bedeutenden im Königreich sein.
Die Verheißung, bereits in dieser Zeit alles
hundertfältig wiederzuerhalten, entspricht den Kräften des zukünftigen Äons
(Heb.6:5) und darf nicht auf die gegenwärtige Verwaltung (Eph.3:2) übertragen
werden. Unser höchstes Privileg ist das Leiden (2.Kor.12:9; Phil.1:29;
1.Thess.3:3).
(Markus 10:32-11:33)
»Als sie auf dem Weg waren, um nach Jerusalem
hinaufzuziehen, ging Jesus ihnen voran, und sie waren voll heiliger Scheu; die
Ihm Nachfolgenden aber fürchteten sich. Da nahm Er die Zwölf nochmals beiseite
und begann ihnen zu sagen, was Ihm
demnächst widerfahren würde: Siehe, wir ziehen hinauf nach Jerusalem;
dort wird der Sohn des Menschen den Hohenpriestern und Schriftgelehrten
überantwortet werden; und sie werden Ihn zum Tode verurteilen und Ihn denen aus
den Nationen übergeben. Die werden Ihn verhöhnen, Ihn anspeien, Ihn geißeln und töten; und nach
drei Tagen wird Er auferstehen« (Mark.10:32-34).
Jesus wollte zum Passahfest des Jahres 32 n.
Chr. in Jerusalem sein, wo Er am 14. Nisan, am 14./15. April, gekreuzigt werden
sollte. Das erste Quartal des Jahres war wohl schon vorgeschritten, als der
Herr den Aposteln Seine Leiden zum dritten Mal ankündigte (Mark.8:31; 9:31).
Die von Ihm genannten Einzelheiten Seines Leidens wiesen auf eine Kreuzigung
hin.
Die Ankündigung war sehr wichtig, damit die
Apostel von den Ereignissen nicht völlig niedergeschlagen würden.
Die Bitte der
Zebedäussöhne
»Dann traten Jakobus und Johannes, die zwei
Söhne des Zebedäus, zu Ihm und baten Ihn: Lehrer, wir wollen, dass Du uns
gewährst, was auch immer wir von Dir erbitten. - Da fragte Er sie: Was wollt
ihr, dass Ich euch gewähren soll? - Sie antworteten Ihm: Gib uns, dass wir in
Deiner Herrlichkeit einer Dir zur Rechten und einer Dir zur Linken sitzen
mögen. - Jesus aber antwortete ihnen: Ihr wisst nicht, was ihr euch erbittet.
Könnt ihr den Becher trinken, den Ich trinke, oder mit der Taufe getauft
werden, mit der Ich Mich taufen lasse? - Sie sagten zu Ihm: Das können wir. -
Jesus aber entgegnete ihnen: Den Becher, den Ich trinke, werdet ihr zwar
trinken, und mit der Taufe, mit der Ich Mich taufen lasse, werdet ihr getauft
werden; aber Mir zur Rechten oder zur Linken zu sitzen - das ist nicht an Mir
zu vergeben, sondern wird jenen zuteil, für die es von Meinem Vater bereitet
ist« (Verse 35-40).
Nach Matthäus 20:20-23 war die Mutter der
beiden Apostel mit dabei und trug die Bitte ebenfalls vor.
Die Plätze zur Rechten und zur Linken des
Königs würden die bedeutendsten sein. Nun gehörten aber drei Apostel zum
engeren Kreis, nämlich Petrus, Jakobus und Johannes. Die Letztgenannten
versuchten also, dem Petrus den Rang abzulaufen.
Mit den ihnen aus den hebräischen heiligen
Schriften bekannten Begriffen »Becher« (Gericht ausschütten und erleiden; Jes.
51:17; Ps.11:6) und »Taufe« (von Wasser überflutet werden; Ps.42:8; 69:2;
124:4,5) machte der Herr den beiden Aposteln zunächst einmal die Bedingungen
klar: Drangsale und Leiden.
Gewiss werden die Apostel im Königreich in
nächster Nähe des Herrn und Königs und auf höchsten Posten sein, nämlich auf
zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels regieren (Mat.19:28), ihre
Bitte zeugt aber nur von ihrer fleischlichen Gesinnung und Selbstsucht und
mithin Untauglichkeit. Und den Becher trinken und sich mit jener Taufe taufen
zu lassen, waren sie keineswegs in der Lage - welch eine Selbstüberschätzung!
-, sondern sie werden erst durch den Geist Gottes dazu befähigt werden.
Wie Johannes starb, ist nicht berichtet;
Jakobus wurde von Herodes hingerichtet (Ap.12:2).
Jesus war gekommen, um
zu dienen
»Als die Zehn das hörten, begannen sie, sich
über Jakobus und Johannes zu entrüsten. Jesus aber rief sie zu Sich und sagte
ihnen: Ihr wisst, dass die, die meinen, Fürsten unter den Nationen zu sein, sie
beherrschen und dass ihre Großen sie vergewaltigen. Doch bei euch sollte es
nicht so sein; sondern wer unter euch groß werden will, soll euer Diener sein,
und wer unter euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch
der Sohn des Menschen kam nicht, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und
Seine Seele als Lösegeld für viele zu geben« (Verse 41-45).
Die anderen Apostel, die sich da entrüsteten,
hatten wohl denselben Ehrgeiz. Mit liebevollen seelsorgerlichen Worten brachte
Jesus sie nun aber alle zurecht.
In der Welt hält man die anderen nieder, um
selber groß dazustehen. Geistliche aber achten den anderen höher als sich selbst
(Phil.2:3) und sind bereit zu dienen. Im Königreich wird keiner mitregieren,
der nicht gedient und gelitten hat.
Jesus Christus hab Seine Seele dahin - damit
ist der ganze Mensch bezeichnet, denn wenn Er Seinen Geist in die Hände Seines
Vaters befiehlt und Sein Körper leblos wird, dann ist auch die Seele, das
Bewusstsein, nicht mehr da; der Mensch ist tot.
Er gab Seine Seele als Lösegeld, als
Freikaufsumme, um die Menschen aus Sünde und Tod zu erlösen sowie von der
Unterdrückung durch den Satan zu befreien (Ap.10:38). Dem Menschen ist es
unmöglich, sich selbst zu erlösen, wie in Psalm 49:8,9 geschrieben steht:
»Durch Loskauf wird kein Mann sich loskaufen, noch wird er Elohim den Preis für
seine Beschirmung geben; zu kostbar ist der Loskauf seiner Seele, so muss er
davon ablassen für den Äon.«
Jesus aber bezahlte das Lösegeld. Die
Dahingabe Seiner Seele war die Darbringung des Schuldopfers (Jes.53:10). Er gab
Seine Seele in den Tod dahin und trug so die Verfehlungen der Vielen
(Jes.53:12). Petrus kommt in seinem ersten Brief darauf zurück: »Ihr wisst,
dass ihr nicht mit Vergänglichem, Silber oder Gold, von eurem eitlen Verhalten
nach väterlicher Überlieferung losgekauft wurdet, sondern mit dem kostbaren
Blut Christi als eines makellosen und fleckenlosen Lammes, vorhererkannt zwar
vor dem Niederwurf der Welt, geoffenbart aber in der letzten der Zeiten um
euretwillen« (1.Pet.1:18-20).
Die Heilung des
Bartimäus bei Jericho
Es war kurz vor dem Passahfest, etwa am 7.
Nisan des Jahres 32 n. Chr., als Jesus Jericho erreichte.
Markus berichtet: »Sie kamen dann nach
Jericho hinein, und als Er mit Seinen Jüngern und einer beträchtlichen Schar
aus Jericho hinausging, saß da der blinde Bettler Bartimäus, der Sohn des
Timäus, am Weg. Als er hörte, dass es Jesus der Nazarener sei, begann er laut
zu rufen: Sohn Davids! Jesus! Erbarme Dich meiner! - Obwohl viele ihn schalten,
damit er stillschweige, schrie er noch viel mehr: Sohn Davids, erbarme Dich
meiner! - Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn herbei! - So riefen sie den
Blinden und sagten zu ihm: Fasse Mut, erhebe dich! Er ruft dich! - Der aber
warf sein Obergewand ab, sprang auf und kam zu Jesus. Da wandte Sich Jesus an
ihn und fragte: Was willst du, dass Ich dir tun soll? - Der Blinde antwortete
Ihm: Rabbuni, dass ich sehend werde! - Darauf sagte Jesus zu ihm: Geh hin, dein
Glaube hat dich gerettet! - Sogleich wurde er sehend und folgte Ihm auf dem
Weg« (Verse 46-52).
In Lukas 18:35-43 liest man, dass sich dies
vor Jericho ereignete. Es gab damals zwei Städte namens Jericho, die alte und
die neue, sodass man dazwischen aus der einen hinaus und zugleich in die andere
hineinging. Bei Matthäus steht geschrieben, dass es zwei Blinde waren
(Mat.20:29-34). Aber nur Bartimäus als der Wortführer wird von Markus erwähnt.
Bartimäus hatte die feste Überzeugung im
Herzen und bekannte sich dazu, dass Jesus der Sohn Davids ist, der Messias und
König Israels, wie Ihn die hebräischen heiligen Schriften verheißen hatten
(2.Sam.7:12-14; 23:5; Jes.11:1-10; Jer.23:5; 33:15; Hes.34:23,24; Ps.132:11;
1.Chron.17:11).
»Rabbuni« ist eine andere Form von »Rabbi«,
was »mein Mehrer«, »mein Meister« bedeutet.
Jesu Frage an Bartimäus, was er getan haben
wolle, war nicht überflüssig, sondern sollte seinen Glauben im Herzen, dass Jesus
ein Wunder an ihm tun könne, in einem Bekenntnis vor der Volksmenge zum
Ausdruck bringen. »Denn im Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, mit dem Mund
aber bekennt man zur Rettung« (Röm.10:10). In das Königreich Israels gelangt
man nicht durch Glauben allein (Ap.2:38; Jak.2:24).
Jesus erbarmte Sich des Blinden und heilte
ihn. Die Heilung war ein Zeugnis dafür, dass Jesus im Königreich alle Blinden
heilen sowie die Herzensaugen aller für die geistlichen Wahrheiten des Wortes
Gottes aufschließen wird (Jes.35:5; 42:7; 61:1).
Ein Eselsfüllen
»Als sie sich nun Jerusalem näherten und nach
Bethphage und Bethanien an den Ölberg kamen, schickte Er zwei Seiner Jünger aus
und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf euch gegenüber! Sogleich, wenn ihr in
dasselbe hineinkommt, werdet ihr ein Füllen angebunden finden, auf dem bisher
noch kein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her! Wenn jemand zu
euch sagt: Was macht ihr da?, so antwortet: Der Herr braucht es und schickt es
sogleich wieder her. - Da gingen sie hin und fanden das Füllen an eine Tür
gebunden, an dem Weg, der draußen herumführt; und sie banden es los. Einige der
dort Stehenden sagten zu ihnen: Was macht ihr da, dass ihr das Füllen
losbindet? - Sie antworteten ihnen, so wie es Jesus geboten hatte; da ließ man
sie gewähren. Dann brachten sie das Füllen zu Jesus« (Mark.11:1-7 a).
Jesus hatte am 8. Nisan bei Zachäus in
Jericho übernachtet (Luk.19:5,6) und kam im Laufe dieses Tages, sechs Tage vor
dem Passah (Joh.12:1), nach Bethanien am Osthang des Ölbergs, wo Er wohl zu
Beginn des 9. Nisan mit Maria, Martha und Lazarus zu Abend aß (Joh.12:2).
Der Herr ordnete an, Ihm ein Eselsfüllen zu
bringen, damit das Wort von Sacharja 9:9 erfüllt werde. Es lautet: »Frohlocke
überaus, Tochter Zion, jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu
dir, ein Gerechter und Geretteter ist Er, demütig und auf einem Esel reitend,
und zwar auf einem Fohlen, einem Jungen der Eselinnen.«
Jesus wusste alles, was geschehen würde.
Als die bei dem Füllen Stehenden auf ihre
Nachfrage hörten: »Der Herr braucht es«,
wussten sie bestimmt, wer damit gemeint war, weil sie vom Kommen Jesu gehört
hatten und vielleicht auch gewisse Hoffnungen auf Ihn setzten. Nach Matthäus
21:2,7 brachten die Apostel auch die Eselin, die Mutter des Füllens, mit.
Jesu Einritt in
Jerusalem
»... und warfen ihm (dem Füllen) ihre Kleider
über, und Er setzte Sich darauf. Viele breiteten sodann ihre Kleider auf den
Weg, andere aber hieben Laubzweige von den Bäumen der Felder und streuten sie
auf den Weg. Die Ihm vorangingen und folgten, riefen laut: Hosianna! Gesegnet
sei, der da kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das kommende Königreich
unseres Vaters David im Namen des Herrn! Hosianna inmitten der Höchsten!«
(Verse 7 b-10).
Auf einem Eselsfüllen zog Jesus am 9. Nisan
in Jerusalem ein. Der Esel war das Reittier des einfachen Mannes. Pferde
dienten den Herrschern und der Kriegsführung. Dereinst wird Jesus auf einem
Streitross sitzen und die Rettung bringen, und zwar am Ende der Zorneszeit (Off.19:11-21).
Jetzt aber kam Er in Niedrigkeit und zum Zweck der Erlösung und demgemäß auf
einem »erlösten«, »losgekauften« erstgeborenen, männlichen (2.Mose 13:13)
Eselsfüllen reitend.
Mit dem Ausbreiten der Kleider (2.Kön.9:13)
und dem Ausstreuen der Zweige (Ps.118:27) brachten die Menschen dem König ihre
Huldigung dar.
Sie riefen »Hosianna!«, das heißt: Rette
doch!, hatte aber im Laufe der Zeit die Bedeutung eines Jubel- und Segensrufs angenommen.
Der Ausspruch: »Gesegnet sei, der da kommt!« konnte zwar jedem zugerufen
werden, der zum Fest kam, bezieht sich aber im Grunde auf den Messias.
Welch eine Bewegung ging durch das Volk:
Jesus wird das Königreich Davids wieder aufrichten! Auch Jakobus nahm bei dem
sogenannten Apostelkonzil darauf Bezug, das Prophetenwort zitierend: »Danach
werde Ich wiederkehren und das zerfallene Zelt Davids wieder aufbauen, seine
umgestürzten Wände werde Ich wieder aufbauen und es wieder aufrichten« (Ap.15:16;
Amos 9:11).
Am Abend
»So zog Jesus in Jerusalem ein und ging in
die Weihestätte. Nachdem Er Sich nach allem umgeblickt hatte und es schon die
Abendstunde war, ging Er mit den Zwölf nach Bethanien hinaus« (Vers 11).
Die Weihestätte (griech. hieron) umfasste den
Tempel (griech. naos) und alle Höfe, Hallen und Nebengebäude. Der Tempel
bestand aus dem Heiligen und dem Allerheiligsten und durfte nur von Priestern
betreten werden.
Die Verfluchung des
Feigenbaums
»Am Morgen, als sie von Bethanien weiterzogen,
war Er hungrig; und als Er von ferne einen Feigenbaum gewahrte, der schon
Blätter hatte, ging Er hin, um zu sehen, ob Er wohl noch einige Frühfeigen an
ihm finden werde. Doch als Er darauf zukam, fand Er nichts als nur Blätter; es
war nämlich nicht die eigentliche Feigenzeit. Da wandte Er Sich an ihn und
sagte: Nie mehr soll jemand für den Äon Frucht von dir essen! - Das hörten auch
Seine Jünger« (Verse 12-14).
Der Feigenbaum ist ein Symbol für Israel; er
steht für Sicherheit unter einer gerechten Regierung (1.Kön.5:5; Micha 4:4;
Sach.3:10); die Früchte drücken Gerechtigkeit, Fruchtbarkeit, Güte, Süße,
Rechtfertigung aus (Richt.9:11; Jer.24:2-10; Hosea 9:10); die Blätter mögen für
Ungerechtigkeit oder Verhüllung sprechen (1.Mose 3.7).
Markus berichtet chronologisch; Matthäus
dagegen fasst das gesamte Geschehen zusammen (Mat.21:18,19) und stellt es dem
Bericht über die Ereignisse in der Weihestätte nach (Mat.21:12-17).
Der Feigenbaum bringt bereits im März kleine
Knospen, die Frühfeigen (oder: Vorfeigen) hervor; sie werden gern gegessen. Im
April treiben die Blätter. Die Feigen reifen sodann Ende Mai/Anfang Juni.
Da der Baum am Weg nach Jerusalem Blätter
hatte, durfte Jesus erwarten, noch einige Frühfeigen an ihm zu finden. Er fand
aber keine, sondern nur Blätter, ebenso wie Er keine Frucht in Israel fand, und
zwar keinen Glauben, sondern nur Blätter, nur prächtige religiöse Rituale.
Deshalb verfluchte Jesus den Feigenbaum; Er
verfluchte Israel! Dieses Sein Volk wird in diesem Äon keine Frucht zum Segen
der Nationen auf der Erde mehr bringen. Es war aber auch gar nicht die
eigentliche Feigenzeit. Nach dem von Gott in Christus für den Ablauf der Äonen
gefassten Vorsatz (Eph.3:11) sollte Israel zu jener Zeit denn auch gar keine
Frucht tragen.
Die Reinigung der
Weihestätte
»Als sie nach Jerusalem kamen und Jesus in
die Weihestätte ging, begann Er, alle hinauszutreiben, die in der Weihestätte
verkauften und kauften. Die Tische der Makler und die Stühle der
Taubenverkäufer stürzte Er um und ließ nicht zu, dass jemand dergleichen Gerät
durch die Weihestätte trug. Er belehrte sie darüber und sagte zu ihnen: Steht
nicht geschrieben: Mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Nationen heißen
-? Ihr aber macht es zu einer Höhle für Wegelagerer« (Verse 15-17).
Die Weihestätte war Jesu Vaters Haus
(Joh.14:2). Somit hatte auch der Sohn das Recht, darin für Ordnung zu sorgen.
Er Selbst begründete Sein Tun mit Zitaten aus Jesaia 56:7 und Jeremia 7:11:
»Mein Haus wird Haus des Gebets genannt für all die Völker« (und zwar im
tausendjährigen Königreich; siehe auch 1.Kön.8:43); »Ist dieses Haus, über dem
Mein Name ausgerufen wird, eine Räuberhöhle geworden in euren Augen?«
Drei Jahre zuvor hatte Jesus die Weihestätte
schon einmal gereinigt (Joh.2:13-17).
Ein Riesentrubel muss dort geherrscht haben.
Es gab alle Opfertiere und Opfergaben, wie Wein, Öl und Salz, zu kaufen.
Römische und griechische Münzen wurden - mit nicht selten unangemessenem
Aufschlag - in jüdische umgetauscht, mit welchen die Tempelsteuer zu entrichten
war (2.Mose 30:11-16). Lastträger kürzten ihre Wege ab, indem sie durch die
Weihestätte gingen. Welch eine Gesinnung die Priester damit zuließen!
Geschäftemacherei und Geldgier sind jedoch Sauerteig und Götzendienst
(1.Kor.5:10; Kol.3:5). Das Passahfest sollte aber nicht im Sauerteig des Üblen
gefeiert werden (1.Kor.5:7,8).
Sie suchten, Ihn
umzubringen
»Die Hohenpriester und Schriftgelehrten
hörten davon und suchten, wie sie Ihn umbrächten; denn sie fürchteten Ihn, weil
die gesamte Volksmenge sich über Seine Lehre verwunderte. Als es Abend wurde,
gingen sie aus der Stadt hinaus« (Verse 18+19).
Es war nicht so einfach, Jesus zu verhaften
und umzubringen, weil Er beim Volk beliebt war. Die Oberen mussten darum
angestrengt nachdenken, wie sie es bewerkstelligen könnten.
Der verdorrte Feigenbaum
»Am Morgen gingen sie wieder an dem
Feigenbaum vorüber und gewahrten, dass er von den Wurzeln an verdorrt war.
Petrus erinnerte sich daran und sagte: Rabbi, siehe, der Feigenbaum, den Du verflucht
hast, ist verdorrt! - Da antwortete Jesus ihnen: Habt Glauben an Gott!
Wahrlich, Ich sage euch: Wer auch immer zu diesem Berg sagen sollte: Hebe dich
empor und wirf dich ins Meer - und in seinem Herzen nicht zweifelt, sondern
glaubt, dass das, was er spricht, auch geschieht, dem wird zuteil werden, was
auch immer er sagen sollte. Deshalb sage Ich euch: Alles, was ihr auch betet
und bittet - glaubt, dass ihr es erhalten habt, und es wird euer sein« (Verse
20-24).
Es gilt, Gott alles zu glauben und Ihm völlig
zu vertrauen. Alle Bitten werden erhört werden, wenn man glaubt, dass das
Erbetene geschehen wird, wenn sie im Wort gegründet und nach Gottes Willen sind
(1.Joh.5:14), wenn sie im Namen Jesu Christi ausgesprochen werden (Joh.14:13;
15:16; 16:23) und wenn man Gottes Gebote hält und das vor Seinen Augen
Wohlgefällige tut (1.Joh.3:22).
Sicherlich wird Israel in den Kräften des
zukünftigen Äons (Heb.6:5) auch buchstäblich Berge versetzen können. Ein Berg
ist aber auch ein Symbol für Regierungsmacht. Wenn Israel Glauben hätte, könnte
es die römische Besatzungsmacht in das Meer der Nationen zurückwerfen, woher
sie kam.
Was uns heute, die Glieder der Körpergemeinde
(Eph.1:22,23), anbelangt, so wissen wir nicht, was wir beten sollten in
Übereinstimmung mit dem, was sein muss; sondern der Geist Jesu selbst verwendet
sich für uns mit unausgesprochenem Ächzen (Röm.8:26). »Wir aber wissen, dass
Gott denen, die Gott lieben, alles zum Guten zusammenwirkt - denen, die nach
Seinem Vorsatz berufen sind« (Röm.8:28).
Von der Vergebung
Jesus fuhr fort zu sprechen: »Wenn ihr steht
und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt, damit auch euer Vater
in den Himmeln euch eure Kränkungen vergebe. [Wenn ihr aber nicht vergebt, wird
euer Vater in den Himmeln eure Kränkungen auch nicht vergeben]« (Verse 25+26;
vgl. Mat.6:12,14,15).
So verhielt sich dies nach dem Evangelium der
Beschneidung (Gal.2:7); den Juden wurde unter Bedingungen vergeben. Ganz anders
ist es bei uns nach dem Evangelium der Unbeschnittenheit, mit dem Paulus
betraut wurde: »In Ihm (Christus) haben wir die Freilösung durch Sein Blut, die
Vergebung der Kränkungen nach dem Reichtum Seiner Gnade, die Er in uns
überfließen lässt« (Eph.1:7,8 a). Im Übrigen haben wir die Rechtfertigung von
den Sünden: Wir sind von Glaubensanfang an für gerecht erklärt; an Schuld ist
nicht mehr zu denken.
Die Frage nach Jesu
Vollmacht
»Als sie wieder nach Jerusalem kamen und Er
in der Weihestätte wandelte, kamen die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und
die Ältesten zu Ihm und fragten Ihn: Mit welcher Vollmacht tust Du dies, und
wer gibt Dir diese Vollmacht, um das zu tun? - Jesus antwortete ihnen: Auch Ich
werde euch ein Wort fragen; antwortet Mir, so werde Ich euch sagen, mit welcher
Vollmacht Ich dies tue. Die Taufe des Johannes, woher war sie? War sie vom
Himmel oder von Menschen? Antwortet Mir! - Sie folgerten nun bei sich: Wenn wir
sagen: vom Himmel, wird Er erwidern: Warum nun glaubtet ihr ihm nicht? Sollten
wir jedoch sagen: von Menschen? Sie fürchteten nämlich das Volk; denn all
hielten dafür, dass Johannes wirklich ein Prophet war. So antworteten sie
Jesus: Wir wissen es nicht. - Da antwortete Jesus ihnen: Dann sage auch Ich
euch nicht, mit welcher Vollmacht Ich dies tue!« (Verse 27-33).
Die Reinigung der Weihestätte war ein
massiver Eingriff in das Refugium der Hohenpriester gewesen. Das musste ihre
Feindschaft gegen Jesus verstärken. Wieder versuchten sie, Ihn in die Falle zu
locken. Antwortete Jesus: von Gott, dann würden sie Ihn der Gotteslästerung
anklagen; sagte Er: von Menschen, dann wäre Er nicht der Messias.
Der zwingende Grundgedanke der Gegenfrage
Jesu war: Wenn Johannes der Täufer, Sein Wegbereiter, in göttlicher Vollmacht
handelte, dann auch Er.
Aber wer die Wahrheit nicht anerkennen will,
dem gebührt auch keine Antwort. Jesu Handeln erinnert uns an einen in den
Sprüchen 26:4 angesprochenen ähnlichen Fall: »Antworte dem Narren nicht nach
seiner Torheit, damit nicht auch noch du ihm gleich wirst.«
Im Übrigen verzichtet derjenige auf seine
geistliche Führerschaft, der nicht weiß oder so tut, als wisse er nicht, ob
Johannes von Gott gesandt war, war es doch die Aufgabe der Priester und
Schriftgelehrten, den Willen Gottes zu erkennen und das Volk zu lehren. Dieser
ihrer Vollmacht hatten sie sich nun vollends begeben.
(Markus 12)
In den Tagen vom 10. bis 12. Nisan des Jahres
32 n. Chr. vor dem am 14. Nisan stattfindenden Passahfest lehrte unser Herr
Jesus Christus in der Weihestätte.
Nachdem die Hohenpriester und
Schriftgelehrten einer Antwort an Jesus, ob die Vollmacht Johannes des Täufers
von Gott oder von Menschen war, feige ausgewichen waren, offenbarte Er mit dem
folgenden Gleichnis ihre wahre Gesinnung, indem Er sie mit bösen Winzern in
eins setzte.
Die Parabel von den
bösen Winzern
»Dann begann Er, zu ihnen in Gleichnissen zu
sprechen: Ein Mann pflanzte einen Weinberg, legte um ihn einen Steinwall an,
grub einen Keltertrog, baute einen Turm, verpachtete ihn an Winzer und verreiste.
Zur rechten Zeit schickte er einen Sklaven zu den Winzern, um seinen Anteil an
der Frucht des Weinbergs von den Winzern zu erhalten. Sie aber nahmen ihn,
prügelten ihn und schickten ihn leer zurück. Dann schickte er wieder einen
anderen Sklaven zu ihnen; auf jenen warfen sie Steine, verwundeten ihn am Kopf
und schickten ihn entehrt zurück. Nun schickte er nochmals einen anderen, doch
jenen töteten sie, desgleichen viele andere; sie prügelten die einen und
töteten die anderen. Nun hatte er noch seinen einzigen geliebten Sohn; ihn
schickte er als Letzten zu ihnen und sagte sich: Vor meinem Sohn werden sie
sich scheuen! - Jene Winzer aber sprachen unter sich: Dieser ist der
Losteilinhaber; herzu, wir wollen ihn töten, und das Losland wird unser sein! -
So nahmen sie ihn, töteten ihn und warfen ihn zum Weinberg hinaus.
Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Er
wird kommen und die Winzer umbringen und den Weinberg anderen geben. Habt ihr
nicht auch diese Schriftstelle gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen
haben, der wurde zum Hauptstein der Ecke. Durch den Herrn ist er das geworden,
und er ist erstaunlich vor unseren Augen. -
Da suchten sie (die Hohenpriester und
Schriftgelehrten) sich Seiner (Jesu) zu bemächtigen; sie fürchteten sich jedoch
vor der Volksmenge; denn sie erkannten, dass Er das Gleichnis auf sie bezog. So
ließen sie von Ihm ab und gingen davon« (Mark.12:1-12).
Das Gleichnis, eine Kurzfassung der
Geschichte Israels unter einem bestimmten Aspekt, war allen sofort
verständlich. Dass mit dem Weinberg Israel gemeint war, war jedem aus Jesaia
5:1-7 und Psalm 80:9-14 bekannt. Der Steinwall, der Keltertrog und der
Wachtturm zeugen von der Mühe und Sorgfalt des Besitzers.
Die Winzer waren die Priester,
Schriftgelehrten und Ältesten, die Israel lehrten und führen sollten. Die
Sklaven des Mannes waren die Propheten Gottes. Viele Male hatte Er sie in
großer Geduld zu Israel gesandt. Der einzige Sohn war Jesus. Hierzu lesen wir
in Hebräer 1:1,2: »Nachdem Gott vor alters vielfach und auf viele Weise zu den
Vätern durch die Propheten gesprochen hat, spricht Er an dem letzten dieser
Tage zu uns in dem Sohn, den Er zum Losteilinhaber von allem gesetzt und durch
den Er auch die Äonen gemacht hat.« Die Winzer im Gleichnis wollten den Sohn
des Mannes töten. Dies war deckungsgleich mit dem Willen der zuhörenden Oberen,
Jesus zu töten. Jene verstanden dabei sehr wohl, dass Jesus damit sagte, dass
Er der Sohn Gottes sei, was sie als Gotteslästerung empfanden und ihren Hass
verstärkte.
Etwa ein Jahr später warf Stephanus dem
Synedrium diesen Sachverhalt mit drastischen Worten vor: »Ihr Halsstarrigen,
ihr an Herzen und Ohren Unbeschnittenen, stets prallt ihr mit dem Geist, dem
heiligen, zusammen! Wie eure Väter, so auch ihr. Welchen der Propheten haben eure
Väter nicht verfolgt? So töteten sie auch die, die das Kommen des Gerechten
vorherverkündigten; dessen Verräter und Mörder seid ihr geworden« (Ap.7:51,52).
Ebenso wie die Winzer des Gleichnisses
umgebracht wurden, kam auch Jesu Generation um. Der Weinberg wird anderen
(griech. allo, anderen derselben Art) gegeben werden, anderen Juden, und zwar
der wiedergeborenen Nation Israel (Mat.21:43).
Die Winzer warfen den Sohn des Mannes zum
Weinberg hinaus. Mit diesen Worten war eine eindeutig auf Jesus bezogene
Überleitung gegeben. Unser Herr zitierte Psalm 118:22,23; dort steht
geschrieben: »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der wurde zum
Hauptstein der Ecke. Dies geschah von Jewe, es ist wunderbar in unseren Augen.«
- Diese Bibelstelle war so überzeugend, dass Petrus sie ein wenig später vor
dem Synedrium wieder aufgriff, als Er sagte: »Dieser (Jesus) ist der Stein, der
von euch, den Bauleuten, verschmäht wird; der ist zum Hauptstein der Ecke
geworden. Und in keinem anderen ist die Rettung; denn es ist auch kein anderer
Name unter dem Himmel, der unter Menschen gegeben worden ist, in welchem wir
gerettet werden müssen« (Ap.4:11,12; vgl. Röm.9:33; 1.Pet.2:4).
Die Frage zur Steuer
»Dann schickten sie einige der Pharisäer und
Herodianer zu Ihm, um Ihn in Seinen Worten fangen zu können. Die kamen und
sagten zu Ihm: Lehrer, wir wissen, dass Du wahr im Wort bist. Auch kümmert dich
die Meinung anderer nicht; denn Du blickst nicht auf das Äußere der Menschen,
sondern lehrst den Weg Gottes in Wahrheit. Ist es erlaubt, dem Kaiser
Kopfsteuer zu geben oder nicht? Sollen wir sie geben oder nicht geben? - Da Er
ihre Heuchelei gewahrte, sagte Er zu ihnen: Was versucht ihr Mich? Reicht Mir
einen Denar, damit Ich ihn Mir ansehe. - Als sie Ihm einen reichten, fragte Er
sie: Wessen Bild und Aufschrift ist dies? - Sie antworteten Ihm: Des Kaisers. -
Daraufhin sagte Jesus zu ihnen: Folglich bezahlt dem Kaiser, was des Kaisers
ist, und Gott, was Gottes ist. - Da waren sie außer sich vor Staunen über Ihn«
(Verse 13-17).
Die Pharisäer und die Herodianer waren
feindselig zueinander eingestellt. Die einen fügten sich widerwillig in die
Pflicht, teils unter Gewissenskonflikten, den verhassten Römern die
Pro-Kopf-Steuer für den Kaiser zu zahlen, die anderen waren romfreundlich. In
ihrem Bestreben, Jesus zu Fall zu bringen, vermochten sich beide Parteien aber
zu verbünden.
Sie kamen zu Ihm. Zunächst versuchten sie -
wenn sie auch die Wahrheit sprachen - Jesus durch Schmeicheleien auf eine
unüberlegte Antwort einzustimmen.
Die sich anschließende Frage war bestens
ausgedacht. Würde Jesus antworten, dass die Steuer zu geben sei, wäre Er kein
wahrer Jude, sondern ein Landesverräter und könnte Er auf keinen Fall der
Messias sein. Würde Er die Zahlung verneinen, könnten die Herodianer Ihn sofort
wegen Aufrufs zum Ungehorsam gegen die römische Obrigkeit festnehmen. Wie auch
immer Jesus reagieren würde, jetzt musste die Falle zuschnappen!
Jesus erbat Sich einen Denar. Damit machte Er
den Pharisäern deutlich, dass schon das Besitzen der Münze eine Anerkennung der
Fremdherrschaft Roms war.
Und dann antwortete der Herr: »Folglich
bezahlt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.« - Da waren
alle verblüfft, und keiner konnte etwas dagegen vorbringen. Jesu Wort war
gerecht und gab jedem die gebührende Ehre. Es ist der Wille Gottes, dass die
Gläubigen die Obrigkeit anerkennen und sich ihr unterordnen und ihre Steuern
bezahlen (Röm.13:1-7; 1.Pet.2:13).
Und was ist Gott zu geben? Nicht nur die
Tempelsteuer (2.Mose 30:11-16), sondern Glaube, Treue, Gehorsam, Lobpreis, Dank
und Verherrlichung in ganzer Herzenshingabe.
Die Frage nach der
Auferstehung
»Dann traten Sadduzäer zu Ihm, die behaupten,
es gebe keine Auferstehung; sie fragten Ihn: Lehrer, Mose schreibt uns vor:
Wenn jemandes Bruder stirbt und hinterlässt eine Frau, aber lässt kein Kind
zurück, dann soll sein Bruder seine Frau nehmen und seinem Bruder Samen
erwecken (5.Mose 25:5). Es waren nun sieben Brüder; der erste nahm eine Frau
und hinterließ keinen Samen, als er starb. Da nahm sie der zweite; auch er
starb und hinterließ keinen Samen. In derselben Weise erging es auch dem
dritten. So nahmen sie die sieben und hinterließen keinen Samen. Als Letzte von
allen starb auch die Frau. In der Auferstehung nun, wenn sie auferstehen, wem
von ihnen wird sie als Frau angehören? Denn alle sieben haben sie zur Frau
gehabt. -
Jesus entgegnete ihnen: Irrt ihr nicht
deshalb, weil ihr weder mit den Schriften vertraut seid, noch die Kraft Gottes
kennt? Denn wenn sie aus den Toten auferstehen, heiraten sie weder, noch werden
sie verheiratet, sondern sie sind wie die Boten in den Himmeln. Was die Toten
betrifft, dass sie erwachen: Habt ihr nicht in der Rolle des Mose über den
Dornbusch gelesen, wie Gott mit ihm redete: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott
Isaaks und der Gott Jakobs -? (2.Mose 3:6). Er ist kein Gott der Toten, sondern
der Gott der Lebendigen. Ihr irrt euch sehr« (Verse 18-27).
Jetzt wollten die Sadduzäer, die liberalen
Theologen, die übrigens auch die Existenz von Geistern leugneten, den
Pharisäern, die gerade eine Niederlage einstecken mussten, zeigen, dass sie
besser mit Jesus fertig würden. Der würde nicht nur ihre ausgeklügelte Frage
nicht beantworten können, sondern damit auch bestätigen, dass eine Auferstehung
ein Chaos bewirken würde - wem sollte die Frau denn angehören? - und es deshalb
keine Auferstehung geben könne.
Die Entgegnung Jesu, dass sie sich sehr
irren, weil sie weder mit den heiligen Schriften vertraut sind, noch die Kraft Gottes
kennen, trifft leider auch heute auf viele Gläubige zu. Sie lesen zu wenig in
der Bibel, kennen die uns gewährte Gnade und unsere geistlichen Segnungen
nicht, wie sie dem Apostel Paulus offenbart wurden, und haben einen kleinen
Gott, der zwar etwas stärker als die Menschen sei, aber nicht alles könne und
nicht alles bewirke.
Die Antwort Jesu, dass die Auferstandenen
nicht heiraten, hat Lukas ausführlicher überliefert: »Die aber für würdig
geachtet werden, jenes Äons und der Auferstehung aus den Toten teilhaftig zu
werden, heiraten dann weder, noch werden sie verheiratet. Sie können doch auch
nicht mehr sterben; denn sie sind wie die Boten und sind Söhne Gottes, weil sie
Söhne der Auferstehung sind« (Luk.20:35,36). - Für die Auferstandenen gibt es keine
Ehe mehr, weil sie nicht sterben und deshalb keine Nachkommen gezeugt werden
müssen. Damit war die Frage, welchem der Männer die Frau angehören werde,
erledigt.
Da die Sadduzäer nur die Bücher des Mose
anerkannten und meinten, darin stehe nichts von einer Auferstehung geschrieben,
bewies der Herr ihnen mit einem Zitat aus 2.Mose 3:6 die Auferstehung. Gott
kann nur dann ein Gott der Lebendigen sein, wenn Er sie auferweckt. Dieser
Gedankengang ist zwingend. Damit war die Auferstehung bewiesen. Abraham, Isaak
und Jakob waren damals und sind heute noch tot, und Gott wäre ein Gott der
Toten, wenn sie tot blieben. Gott aber ist ein Gott der Lebendigen, weil Er sie
auferwecken wird. Der Herr hatte damit bekräftigt, was in Jesaia 26:19
geschrieben steht, nämlich: »Deine Toten werden leben.« - Gott wird übrigens
alle lebendig machen (1.Kor.15:22).
»Was die Toten betrifft, dass sie erwachen« -
dieses Wort Jesu besagt des Weiteren, dass sie zur Zeit nicht wach sind.
Näheres über den Todeszustand findet sich auf meiner Website
www.biblischelehre.de in den Aufsätzen »Zwischen Tod und Auferstehung« und
»Schlafen die Toten?«
Die Frage nach dem
ersten Gebot von allen
»Da trat einer der Schriftgelehrten herzu; er
hatte sie Streitgespräche führen hören und wusste daher, dass Er ihnen
trefflich geantwortet hatte. Der fragte Ihn: Welches ist das erste Gebot von
allen? - Jesus antwortete ihm: Das erste Gebot von allen ist: Höre, Israel! Der
Herr, unser Gott, ist ein Herr.
Lieben sollst du den Herrn, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner
ganzen Seele, mit deiner ganzen Denkart und aus deinem ganzen Vermögen. Dieses
ist das erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Lieben sollst du deinen
Nächsten wie dich selbst! - Kein anderes Gebot ist größer als diese.
Da
sagte der Schriftgelehrte zu Ihm: Trefflich, Lehrer, hast Du in Wahrheit
gesagt, dass Er einer ist und kein
anderer außer Ihm ist; und Ihn zu lieben mit deinem ganzen Herzen, mit dem
ganzen Verstand, mit ganzer Seele und aus ganzem Vermögen, sowie den Nächsten
zu lieben wie dich selbst, das ist weit mehr als alle Ganzbrandopfer und
Schlachtopfer. - Als Jesus gewahrte, dass er antwortete wie einer, der Einsicht
hat, sagte Er zu ihm: Du bist nicht fern vom Königreich Gottes. - Dann wagte
niemand mehr, Ihm etwas zu fragen« (Verse 28-34).
Die Frage des Schriftgelehrten war eine alte
Streitfrage der Juden. Wir haben den Eindruck, dass sie ihm ein echtes Anliegen
war.
Wenn wir gefragt worden wären, hätten wir
vielleicht eines der Zehn Gebote genannt. Jedoch - die Liebe überragt sie alle.
»Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt« und: »Die Liebe ist die
Vervollständigung des Gesetzes«, schreibt Paulus in Römer 13:8,10.
Wir lesen die höchsten Gebote bei Mose nach:
»Höre, Israel: Jewe, unser Elohim, Jewe ist
einer (oder: einzig, auch: in Sich eins)« (5.Mose 6:4).
»Und lieben sollst du Jewe, deinen Elohim,
mit all deinem Herzen, mit all deiner Seele und mit all deinem Vermögen«
(5.Mose 6:5).
»Lieben sollst du deinen Nächsten wie dich
selbst. Denn Ich bin Jewe (im Sinne von »Der allezeit Daseiende, bei dir
Seiende)« (3.Mose 19:18).
»Dir wurde es (all die Wunder und Machttaten)
gezeigt, damit du erkennst, dass Jewe, ja Er, der Elohim (der Verfüger) ist,
und keiner sonst noch, nur Er allein« (5.Mose 4:35; vgl. Jes.46:9).
Der verständige Schriftgelehrte war nicht
fern vom Königreich Gottes, der der Gottes- und Nächstenliebe von Herzen
beipflichtete. Seine geistliche Einsicht hatte er auch durch ein Wort des
Propheten Samuel erworben, das jener einst zu König Saul sprach: »Hat denn Jewe
so viel Gefallen an Aufsteignahungen und Opfern wie am Hören auf die Stimme
Jewes? Siehe, hören ist gut, viel mehr als Opfer; aufzumerken ist besser als
das Fett der Widder« (1.Sam.15:22).
Möge zu dem gläubigen Wissen des
Schriftgelehrten auch die treue Ausübung der Liebe hinzugekommen sein!
Davids Herr und Sohn
»In der Weihestätte nahm Jesus wieder das
Wort und lehrte; Er fragte: Wie können die Schriftgelehrten sagen, dass
Christus Davids Sohn sei? Denn er, David, sagte in heiligem Geist: Es sprach
der Herr zu meinem Herrn: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde
zum Schemel Deiner Füße lege. - Er nun, David, nennt Ihn Herr; woher ist Er
dann sein Sohn?« (Verse 35-37 a).
Wir lesen in Psalm 110:1 nach: »Ein Psalm
nach David. Die Erklärung Jewes an meinen Herrn: Setze Dich zu Meiner Rechten,
bis Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege.« Diese Erklärung Jewes, des
lebendigen Gottes, war ein Treuewort an den Herrn (hebr. adonai) Davids. Der
Herr Davids ist Jesus, der Messias, der Sohn Gottes. Jesus ist übrigens der
Herr über alle (Ap.10:36).
Wenn Jesus Davids Herr ist, wie kann Er dann
Sein Sohn sein? Jesus musste nach den Worten der Propheten Davids Sohn sein
(2.Sam.7:12-14; 23:5; Jes.11:1-10; Jer.23:5; 33:15; Hes.34:23,24; Ps.132:11;
1.Chron.17:11), und Er war es auch (Mat.1:1-16; Luk.3:23-38). Jesus aber war
mehr. Er war zugleich Gottes Sohn. David hatte Ihn seinen Herrn genannt; mithin
war der Messias nicht nur Davids, sondern auch Gottes Sohn. Dies sollten die
Zuhörer in der Weihestätte erkennen!
Viele Jahre später schreibt Paulus vom
Evangelium Gottes über Seinen Sohn, Jesus Christus, »der dem Fleisch nach aus
dem Samen Davids kommt, der als Sohn Gottes erweisen ist in Kraft nach dem
Geist der Heiligkeit durch Auferstehung Toter« (Röm.1:1-4).
Eine Warnung
»Die große Volksmenge hörte Ihn jedoch gern.
In Seiner Belehrung sagte Er weiter zu ihnen: Hütet euch vor den
Schriftgelehrten, die in prächtigen Gewändern umhergehen wollen, auf den Märkten
sich begrüßen lassen, Vordersitze in den Synagogen und erste Liegeplätze bei
Gastmählern beanspruchen, die Häuser der Witwen verzehren und zum Vorwand
weitschweifig beten. Diese werden ein überaus strengeres Urteil erhalten«
(Verse 37 b-40).
Mögen die Gläubigen sich nicht täuschen
lassen; wie leicht lassen sich die Herzen der Arglosen durch gütige Worte und
Segenswünsche täuschen (Röm.16:18). Und lasst euch von der Eitelkeit der
Würdenträger nicht anstecken!
Das Scherflein der Witwe
»Jesus setzte Sich dann dem Schatzkasten
gegenüber und schaute zu, wie die Volksmenge Kupfergeld in den Schatzkasten
warf; viele Reiche warfen viel ein. Da kam auch eine Frau, eine arme Witwe; die
warf zwei Scherflein ein, was ein Heller ist. Seine Jünger herzurufend, sagte
Er zu ihnen: Wahrlich, Ich sage euch: Diese arme Witwe warf mehr ein als sie
alle, die etwas in den Schatzkasten geworfen haben. Denn sie alle warfen von
ihrem Überfluss ein; diese aber warf aus ihrem Mangel alles ein, was sie hatte,
ihren ganzen Lebensunterhalt« (Vers 41-44).
Da treues Geben ein Ausdruck des Glaubens
ist, wird diese Witwe den Gott Israels wahrhaftig geliebt haben. Sie gab alles,
was sie an Geld hatte, damit der Name Gottes durch das Ritual des Tempels
verherrlicht werden konnte. Sie war ein Vorbild für die selbstlose Hingabe an
Gott.
An dem den Vorhof der Frauen umgebenden
Säulengang standen die Kästen für die Opfergaben. Die Witwe warf zwei Lepta
ein; ein Lepton war die kleinste griechischer Kupfermünze. Zwei Lepta
entsprachen einem Kodrantes (oder: Quadrans), der kleinsten römischen
Kupfermünze.
Der Apostel Paulus schriebt, dass eine Gabe
wohlannehmbar ist, wenn sie dem Maß entspricht, was jemand hat (2.Kor.8:12).
Nicht auf die Größe der Summe kommt es an, sondern auf das Verhältnis zum
übrigen Vermögen. Des Weiteren zählt der Beweggrund vor Gott und dass es
freudig geschehe, »denn Gott liebt den freudigen Geber« (2.Kor.9:7).
(Markus 13)
»Als Er aus der Weihestätte hinausging, sagte
einer Seiner Jünger zu Ihm: Lehrer, siehe, was für Steine und was für Gebäude!
- Jesus antwortete ihm: Siehst du diese großen Gebäude? Keinesfalls wird hier
Stein auf Stein gelassen werden, den man nicht auf jeden Fall abbrechen wird«
(Mark.13:1+2).
An jenem Abend verließ Jesus die Weihestätte;
Er betrat sie nicht wieder. Sie war zu einer Räuberhöhle geworden
(Mark.11:12-14,20+21). Damit war auch die Zerstörung des Tempels unabwendbar
geworden.
Schon bei Seinem Einzug in Jerusalem hatte
Jesus über diese Stadt schluchzend gesagt: »Es werden Tage über dich
hereinbrechen, wenn deine Feinde einen Wall um dich aufwerfen werden, dich
umzingeln und dich von überall her bedrängen. Sie werden dich schleifen und
deine Kinder in dir zu Boden schmettern und nicht Stein auf Stein in dir
lassen, darum, weil du die Frist deiner (gnadenreichen) Heimsuchung nicht
erkannt hast« (Luk.19:43,44).
Dies geschah dann im Jahr 70 n. Chr. bei der
Rückeroberung Jerusalems durch die Römer, als die Stadt und die Weihestätte
untergingen. Wieder einmal ereignete sich damit, was der Prophet Micha angesagt
hatte, dass Jerusalem nämlich zum Trümmerhaufen werden wird (Micha 3:12; vgl.
Jer.7:14; Hes.24:21). Mose hatte dem Volk bereits angedroht - falls es Jewe
nicht gehorchen sollte: »Ich werde eure Städte zu verwüsteten Plätzen und eure
Heiligtümer öde machen« (3.Mose 26:31).
Die Frage der Apostel
»Als Er Sich gegenüber der Weihestätte auf
dem Ölberg gesetzt hatte und sie für sich allein waren, fragten Ihn Petrus,
Jakobus, Johannes und Andreas: Sage uns, wann wird das sein, und welches ist
das Zeichen, wenn von dem allen der Abschluss bevorsteht?« (Verse 3+4).
Im Grunde genommen stellten die Apostel nicht
zwei Fragen, sondern nur eine, weil die Zeit der Zerstörung der Weihestätte
nach ihrer Vorstellung mit der Zeit des Abschlusses alle Dinge dieses Äons beim
Kommen des Messias und bei der Aufrichtung des Königreichs für Israel
zusammenfiel (Mat.24:3). Von der dazwischenliegenden, dem Paulus gegebenen
heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2), dieser ehemals
geheimen Verwaltung (Eph.3:9; Kol.1:26), konnten sie absolut nichts wissen.
Sieht man von diesem unseren (der Körpergemeinde; Eph.1:22,23) Zeitraum ab,
folgen die Israel betreffenden Ereignisse unmittelbar aufeinander.
Die Antwort Jesu, die große Endzeitrede
unseres Herrn, ist auch in Matthäus 24 und 25 sowie in Lukas 21:5-36
aufgezeichnet.
Der Anfang der Wehen
»Da begann Jesus ihnen zu antworten: Hütet euch,
damit niemand euch irreführe! Denn viele werden in Meinem Namen kommen und
sagen: Ich bin es! - und werden viele irreführen. Wenn ihr aber Schlachtenlärm
und Kunde von Schlachten hört, seht zu, seid nicht bestürzt; denn so muss es
geschehen, jedoch ist es noch nicht die Vollendung. Denn es wird Nation gegen
Nation und Königreich gegen Königreich erweckt werden; auch werden stellenweise
Erdbeben sein, und Hungersnöte und Unruhen werden sein; alles dies ist erst der
Anfang der Wehen« (Verse 5-8).
Dies alles wird in den ersten dreieinhalb
Jahren der Endzeit, des letzten Jahrsiebeners (Dan.9:24,27) des gegenwärtigen
bösen Äons (Gal.1:4), geschehen.
Viele werden sich als den Christus, den
Messias, ausgeben, auch der Antichristus, der unter dem ersten Siegelgericht
erscheint: »Und ich gewahrte, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf
Sitzende hatte einen Bogen; und ihm wurde ein Kranz gegeben, und er zog aus als
Siegender, um zu siegen« (Off.6:2). Außerdem sagte Jesus: »Wenn dann jemand zu
euch sagt: Siehe, hier ist der Christus! oder: Hier ist Er!, so glaubt es
nicht! Denn es werden sich falsche Christusse und falsche Propheten erheben;
die werden große Zeichen geben und Wunder tun, um wenn möglich auch die
Auserwählten irrezuführen. Siehe, Ich habe es euch vorher angesagt. Wenn man
daher zu euch sagt: Siehe, Er ist in der Wildnis!, so geht nicht hinaus; oder:
Siehe, Er ist in den Kammern!, so glaubt es nicht! Denn ebenso wie der Blitz
vom Osten ausgeht und bis zum Westen scheint, so wird es auch mit der
Anwesenheit des Sohnes des Menschen sein; wo der Leichnam ist, dort werden sich
die Geier versammeln« (Mat.24:23-28).
Sodann nannte unser Herr die für das zweite
Siegelgericht angekündigten Kriege: »Als es das zweite Siegel öffnete, hörte
ich das zweite Tier sagen: Komm! - Dann zog ein anderes Pferd aus, feuerrot;
und dem darauf Sitzenden wurde gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen,
damit sie einander hinschlachteten. Und ihm wurde ein großes Schwert gegeben«
(Off.6:3,4).
Hungersnöte werden folgen; dieses Wort
entspricht der Prophezeiung des dritten Siegelgerichts: »Als es das dritte
Siegel öffnete, hörte ich das dritte Tier sagen: Komm! - Und ich gewahrte: Und
siehe, ein schwarzes Pferd, und der darauf Sitzende hatte eine Waage in seiner
Hand. Dann hörte ich, wie eine Stimme inmitten der vier Tiere sagte: Ein
Tagesmaß Weizen einen Denar und drei Tagesmaß Gerste einen Denar - und das Öl
und den Wein beschädige nicht« (Off.6:5,6).
Die Verfolgung der
gläubigen Juden
Jesus sprach weiter:
»Ihr aber hütet euch! Denn man wird euch an
die Synedrien überantworten und euch in den Synagogen auspeitschen. Sowohl vor
Regierende wie auch vor Könige wird man euch um Meinetwillen stellen, ihnen zum
Zeugnis. Doch zuerst muss das Evangelium unter allen Nationen geheroldet
werden. Wenn man euch abführt und überantwortet, so sorgt euch nicht vorher,
was ihr sagen sollt, noch kümmert euch darum, sondern was euch in jener Stunde
gegeben wird, das redet; denn nicht ihr seid die Redenden, sondern der Geist,
der heilige. Es wird aber der Bruder den Bruder zum Tode überantworten, und der
Vater das Kind, und die Kinder werden gegen die Eltern aufstehen und sie zu
Tode bringen. Ja, ihr werdet um Meines Namens willen von allen gehasst werden.
Wer aber bis zur Vollendung ausharrt, wird gerettet werden« (Verse 9-13).
Zuerst muss das Evangelium unter allen
Nationen geheroldet werden, und zwar das vom Königreich Israels, das Evangelium
der Beschneidung (Gal.2:7). An das dem Apostel Paulus enthüllte Evangelium der
Unbeschnittenheit (Gal.1:12; 2:7), an das uns, die Gemeinde, die Christi Körper
ist (Eph.1:22,23), angehende Glaubensgut, ist nicht zu denken, zumal dies alles
erst nach unserer Verwandlung und Entrückung geschehen wird, denn wir kommen
nicht in die Endzeit, die Zeit des Gerichts, hinein, sondern werden vor dieser
Zorneszeit gerettet (Röm.5:9; 1.Thess.5:9).
Das Evangelium vom kommenden Königreich
Israels wird in den ersten dreieinhalb Jahren des letzten Jahrsiebeners
geheroldet werden, und zwar durch die an Jesus als den Messias gläubigen Juden,
darunter auch die aus den sieben Synagogengemeinden, die im Buch der Enthüllung
beschrieben sind (Off. 2+3), außerdem durch den im Mittelhimmel fliegenden
Boten, der alle Völker zur Furcht vor dem Schöpfer und zu dessen Anbetung
auffordert (Off.14:6,7).
In der Mitte des letzten Jahrsiebeners bricht
die Verfolgung über die gläubigen Juden herein. Davon zeugt auch das sechste
Siegel (Off.6:9-11). Jesus spricht den Verfolgten hiermit zu, sich nicht zu
sorgen, was sie vor Gericht antworten sollten, weil der heilige Geist ihnen in
jenen Momenten direkt geben wird, was sie sagen sollen. - Dies ist heute, in
der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes
(Eph.3:2), nicht der Fall. Wir antworten entsprechend unseres Verwurzeltseins
im Wort, das wir uns reichlich innewohnen lassen sollen (Kol..3:16), und der
uns gewährten Gnade gemäß im Geist der Versöhnung (2.Kor.5:18,19).
Um für das irdische Königreich Gottes
gerettet zu werden, ist es erforderlich, bis zur Vollendung auszuharren, bis
zur Vollendung des Jahrsiebeners und damit des gegenwärtigen bösen Äons. Wir
sind und bleiben allein durch Glauben und damit in mit Werken unvermischter
Gnade gerettet, die Juden aber müssen sich bewähren (Jak.2:24; 2.Pet.2:20) und
dürfen den Herrn keinesfalls verleugnen (Mat.10:33).
Der Gräuel der Verödung
Dann sprach der Herr ein markantes, unbedingt
zu beachtendes Ereignis an:
»Wenn ihr den vom Propheten Daniel angesagten
Gräuel der Verödung dort stehen seht, wo er nicht sein dürfte - möge der Leser
es begreifen -, dann sollen die in Judäa in die Berge fliehen! Wer auf dem
Flachdach ist, steige nicht erst ins Haus hinab, noch gehe er hinein, um etwas
aus seinem Haus mitzunehmen; und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um
noch sein Obergewand aufzunehmen« (Verse 14-16).
Beim Propheten Daniel steht geschrieben: »Zur
Hälfte des Siebeners wird er (der Antichristus) das Opfer und das
Nahungsgeschenk aufhören lassen, und auf einem Flügel des Heiligtums werden
Gräuel der Verödung aufgestellt sein« (Dan.9:27); »Armeen von ihm werden
dastehen und das Heiligtum, die Hochburg, entweihen, das beständige Ritual
abschaffen und den Gräuel der Verödung aufstellen« (Dan.11:31).
Der Tempel ist verödet, wenn das mosaische
Ritual nicht mehr durchgeführt werden kann; der Gräuel ist der Antichristus,
das wilde Tier, das sich in dem Tempel setzt (2.Thess.2:4), und dessen
Standbild. »Dann wurde es ihm (dem anderen wilden Tier) gegeben, dem Bild des
wilden Tieres Geist zu verleihen, sodass das Bild des wilden Tieres sogar
sprach. Und es bewirkte, dass alle getötet wurden, die das Bild des wilden
Tieres nicht anbeteten« (Off.13:15).
Jetzt wird es nur noch eines geben: die
sofortige Flucht in die Wildnis Juda, wo die gläubigen Juden aus Judäa an einer
von Gott zubereiteten Stätte 1260 Tage lang ernährt werden (Off.12:6,14).
Die große Drangsal
Des Weiteren sagte Jesus:
»Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden
in jenen Tagen! Betet jedoch, dass eure Flucht nicht im Winter geschehe! Denn
jene Tage werden eine derartige Drangsal sein, wie seit Anfang der Schöpfung,
die Gott erschuf, bis nun noch keine solche gewesen ist und keinesfalls mehr
sein wird. Und wenn der Herr die Tage nicht verkürzte, so würde keinerlei
Fleisch gerettet werden; jedoch um der Auserwählten willen, die Er auserwählt
hat, verkürzt Er jene Tage« (Verse 17-20).
Das besondere Mitleid des Herrn gilt den
Schwangeren und Stillenden. Gewiss wird Er die Bitte der Gläubigen erhören und
die Flucht nicht im Winter geschehen lassen. Es wird die größte Drangsal sein,
die jemals über Gläubige gekommen ist (Dan.12:1). Da Gott voller Erbarmen ist,
wird Er die Tage verkürzen, nicht die Zahl der Tage, die auf 1260 festgesetzt
ist, sondern der einzelne Tag wird weniger als 24 Stunden dauern.
Falsche Christusse
»Wenn dann jemand zu euch sagt: Siehe, hier
ist der Christus! oder: Siehe, dort!, so glaubt es nicht. Denn es werden sich
falsche Christusse und falsche Propheten erheben; die werden Zeichen geben und Wunder
tun, um wenn möglich auch die Auserwählten irrezuführen. Ihr aber hütet euch!
Siehe, Ich habe euch alles vorher angesagt« (Verse 21-23).
Die Auserwählten, die sich nicht hüten, sind
in größter Gefahr. Doch selbst wenn sie für kurze Zeit straucheln sollten, wird
man sie nicht irreführen können.
Den Gläubigen ist alles vorher angesagt. Sie
wissen über alles, was nötig ist zu wissen, Bescheid, wie auch der Prophet Amos
sprach: Jewe, mein Herr, tut nichts, es sei denn, dass Er Sein Geheimnis Seinen
Dienern, den Propheten, enthüllte« (Amos 3:7).
Die Wiederkunft Jesu zu
Israel
Dann sprach unser Herr Seine Wiederkunft nach
der Drangsalszeit an:
»In jenen Tagen jedoch, nach jener Drangsal,
wird die Sonne sich verfinstern, und der Mond wird seinen Schein nicht geben;
die Sterne werden vom Himmel fallen und die Mächte in den Himmeln erschüttert
werden. Dann wird man den Sohn des Menschen in Wolken mit großer Macht und
Herrlichkeit kommen sehen. Und dann wird Er Seine Boten aussenden und Seine
Auserwählten von den vier Winden her versammeln, vom äußersten Ende der Erde an
bis zum äußersten Ende des Himmels« (Verse 24-27).
Am Ende des Jahrsiebeners und damit am Ende
des gegenwärtigen bösen Äons (Gal.1:4) wird der Herr Jesus Christus wieder zu
Seinem Volk kommen. Der Prophet Daniel weissagte: »Siehe, da kam mit den Wolken
der Himmel einer wie seines Sterblichen Sohn; Er kam zu dem Verfüger über Tage
und wurde nahe zu Ihm gebracht. Dann wurde Ihm Vollmacht, Würde und ein
Königreich gewährt, und alle Völker, Stämme und Zungen sollen Ihm dienen; Seine
Vollmacht, eine äonische Vollmacht, wird (für die Äonen) nicht vergehen, und
Sein Königreich wird (räumlich) unbegrenzt sein« (Dan.7:13,14). Der Apostel
Johannes auf der Insel Patmos schrieb: »Siehe, Er kommt mit den Wolken, und
jedes Auge wird Ihn sehen, auch die Ihn durchstochen haben, und wehklagen
werden um Ihn alle Stämme des Landes. Ja, Amen!« (Off.1:7; vgl. Sach.14:4;
Ap.1:11; Off.19:11-16).
Die gewaltigen irdischen und kosmischen
Erschütterungen können wir uns im Grundsatz vielleicht gerade noch vorstellen,
nicht aber im Einzelnen ausmalen. Sie werden in der Bibel viele Male bezeugt
(Jes.13:10; 34:4; Hes.32:7; Joel 2:10; 3:4 (vor dem Tag Jewes); 4:15;
Sach.14:1-7; Mat.24:29; Luk.21:26; Heb.12:26; Off.6:12-17).
Jesu Boten, Seine dienstbaren Geister
(Heb.1:14), werden Seine Auserwählten nach Israel bringen, wo auch immer auf
der Erde sie sich befinden mögen (5.Mose 30:4; Jes.43:5,6).
Wenn der Feigenbaum
Blätter treibt
»Vom Feigenbaum aber lernt das Gleichnis:
Wenn seine Zweige schon weich werden und Blätter hervorsprossen, dann erkennt
ihr daran, dass der Sommer nahe ist. So auch ihr: Wenn ihr dies alles eintreffen seht, dann erkennt daran,
dass Er nahe ist - an den Türen« (Verse 28+29).
Der Feigenbaum ist ein Symbol für Israel
(1.Kön.5:5; Micha 4:4; Sach.3:10). Jesus hatte am Tag zuvor den Feigenbaum
Israel mit den Worten: »Nie mehr komme Frucht von dir für den Äon!« verflucht
(Mat.21:18,19; Mark.11:12-14,20). Frucht wird er also bis zum Abschluss des
Äons keine bringen, aber Blätter. Beim Feigenbaum ist dies ein Zeichen dafür,
dass der Sommer nahe ist. Bei Israel in der Endzeit ist ihr sprossender Glaube
das Zeichen dafür, dass Jesus nahe ist. Wenn all die angesagten Ereignisse
während der Endzeit geschehen, dann ist - und dies sollen die Gläubigen wissen,
damit es ihnen zum Zuspruch diene - der Herr nahe.
Keinesfalls sollte diese
Generation vergehen
»Wahrlich, Ich sage euch: Keinesfalls sollte
diese Generation vergehen, bis dies alles geschehen ist« (Vers 30; vgl.
Mat.24:34; Luk.21:32).
Manche Übersetzungen schreiben: Diese
Generation wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen ist. Damit lassen sie
den Herrn aber etwas sagen, was sich nicht erfüllt hat. Jesu Generation, das
heißt die Erwachsenen Seiner Zeit, Seine Altersstufe im weiteren Sinn, verging.
Abgesehen davon, dass das Wort »vergehen« in
der Möglichkeitsform steht, bietet die kleine griechische Partikel »an« den
Schlüssel zur Lösung. Sie bedeutet etwa »gleichsam«, »wohl« und bezeichnet eine
Möglichkeit, die von gewissen Umständen abhängt, und wird, wenn sie in
Verbindung mit einem Verb steht, durch Modalverben wie zum Beispiel »möge«,
»hätte«, »würde« oder »sollte« wiedergegeben. Darum muss es heißen:
»Keinesfalls sollte diese Generation vergehen, bis dies alles geschehen ist.«
Ja, eigentlich hätte sie nicht vergehen sollen.
Unser Herr Jesus Christus wusste genau, dass
nicht Sein Königreich, sondern Sein Kreuz aufgerichtet werden würde. Und so
drückte Er Sich wahrheitsgemäß aus. Ein kleines Wort von nur zwei Buchstaben
aus Seinem Mund gibt uns mehr Licht als ganze Bibliotheken menschlicher
Weisheit.
Jesu Worte vergehen
keinesfalls
Es folgt Vers 31:
»Der Himmel und die Erde werden vergehen, aber
Meine Worte werden keinesfalls vergehen.«
Seine Ankündigungen bekräftigend, bezeichnete
Jesus Seine Worte als bleibend - in betontem Gegensatz zu Himmel und Erde, die
vergehen werden. So sagte es auch der Prophet Jesaia: »Vertrocknet ist das
Gras, verwelkt ist die Blüte, aber das Wort unseres Elohim ersteht (oder:
besteht) für die Äonen« (Jes.40:8).
Jesu Worte sind Geist und Leben (Joh.6:63),
lebendig und wirksam (Heb.4:12), sie sind Wahrheit und werden erfüllt werden.
Nicht das Geringste wird ausbleiben (vgl. Mat.5:18). Gottes Wort kehrt nicht
leer zu Ihm zurück, sondern bewirkt vielmehr, was Ihm gefällt, und lässt
gelingen, wozu Er es sandte (Jes.55:11).
Himmel und Erde werden nach dem nächsten Äon,
dem tausendjährigen Königreich Israels, vergehen. Hierzu lesen wir bei Petrus:
»Die jetzigen Himmel aber und die Erde sind durch dasselbe Wort mit Feuer
gespeichert. ... Der Tag des Herrn aber wird eintreffen wie ein Dieb; an dem
werden die Himmel mit Getöse vergehen; die Elemente aber werden aufgelöst und
in Glut vergehen samt der Erde und den Werken, die auf ihr gefunden werden. ...
Wir warten aber auf neue Himmel und eine neue Erde, gemäß Seiner Verheißung, in
denen Gerechtigkeit wohnt« (2.Pet.3:7,10,13). Und bei Johannes steht
geschrieben: »Dann gewahrte ich einen großen, weißen Thron und den, der darauf
saß; vor dessen Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es fand sich
keine Stätte mehr für sie. ... Dann gewahrte ich einen neuen Himmel und eine
neue Erde, denn der vorige Himmel und die vorige Erde waren vergangen, und das
Meer war nicht mehr« (Off.20:11; 21:1).
»Wachet!«
Unser Herr kam zum Abschluss Seiner Rede:
»Um jenen Tag oder jene Stunde aber weiß
niemand, weder die Boten im Himmel noch der Sohn, außer der Vater allein. Hütet
euch, wacht und betet; denn ihr wisst nicht, wann der Zeitpunkt da ist. Es wird
sein wie bei einem Mann, der verreisen will; beim Verlassen seines Hauses gibt
er seinen Sklaven Vollmacht und jedem seine Arbeit; und dem Türhüter gebietet
er, dass er wachen soll. So wacht nun; denn ihr wisst nicht, wann der Herr des
Hauses kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder am
Morgen - damit er euch nicht schlummernd finde, wenn er unversehens kommt. Was Ich aber euch sage, das sage Ich
allen: Wacht!« (Verse 32-37).
Jesus ist der Mann, der verreisen wird. Das
Königreich kommt somit nicht alsbald. Zeit und Stunde Seiner Wiederkunft wusste
selbst Er, der Sohn, der einzige, damals in Seiner Niedrigkeit nicht. Darum
gilt es zu wachen und die Ereignisse aufmerksam mit Seinen Worten zu
vergleichen. Bei der fortdauernden Beobachtung der Zeichen darf man nicht
einschlafen.
In dieser Parabel steht die Nacht für die
Abwesenheit unseres Herrn. Vielleicht würde Er am Abend, in der ersten
Nachtwache von 18 bis 21 Uhr, während der Zeit der pfingstlichen Verwaltung,
kommen (Ap.3:20). Dies geschah aber nicht. Vielleicht um Mitternacht, in der
zweiten Nachtwache von 21 bis 24 Uhr? Leider aber musste Paulus feststellen,
dass Israel keine Augen zum Sehen und keine Ohren zum Hören hat und nichts
versteht und sich nicht umwendet und die Rettung Gottes an die Nationen gesandt
worden ist (Ap.28:25-28). Vielleicht beim Hahnenschrei, in der dritten
Nachtwache von
0
bis 3 Uhr? Oder am Morgen, in der vierten Nachtwache von 3 bis 6 Uhr, kurz vor
Sonnenaufgang, wenn die Nacht am dunkelsten ist?
In den Jahren kurz vor dem Eintreffen Jesu
werden sich die Zeichen häufen und immer eindeutiger zu erkennen sein - für die
Wachenden. Darum: Wachet! Gebt auch auf euch selbst Acht und betet, dass ihr
nicht in Anfechtungen hineingeratet, keinesfalls aber in ihnen strauchelt.
Dementsprechend ermahnt Petrus: »Seid nüchtern! Wachet! Denn euer
Gerichtsgegner, der Satan, wandelt wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen
er verschlinge. Dem widersteht fest im Glauben, wissend, dass sich dieselben
Leiden bei euren Brüdern in der ganzen Welt vollenden« (1.Pet.5:8,9).
Auch uns, den Gliedern der Gemeinde, die
Christi Körper ist (Eph.1:22,23), ist nach dem Evangelium, das dem Apostel
Paulus enthüllt wurde (Gal.1:12; 2:7), Wachsamkeit angeraten (1.Kor.16:13;
Kol.4:2), aber nicht Bedingung unserer Rettung. Wir haben nur zu warten, nur
auf Gottes Sohn aus den Himmeln zu harren (1.Thjess.1:10), denn ob wir wachen
oder schlummern: wir werden am Tag Christi verwandelt und entrückt werden und
Ihm leben (1.Thess.5:4-10) - zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade!
(Markus 14:1-52)
»In zwei Tagen war nun das Passah und das
Fest der ungesäuerten Brote. Da suchten die Hohenpriester und Schriftgelehrten,
wie sie sich Seiner mit Betrug bemächtigen und Ihn töten könnten; denn sie
sagten: Nicht während des Festes, damit kein Tumult unter dem Volk entstehe«
(Mark.14:1,2).
Wir schreiben den 12. Nisan des Jahres 32 n. Chr.
Nach 3.Mose 23:5,6 war das Passah am 14. und das Fest der ungesäuerten Brote am
15. Nisan beziehungsweise sieben Tage lang vom 15. bis 21. Nisan zu feiern.
Die Mordabsicht der Oberen stand fest; ihre
politische Klugheit aber hielt sie davor zurück, Jesus während der Festtage
gefangenzunehmen, weil Volkstumulte unberechenbare Folgen haben können.
Nach dem Gesetz war das Passahlamm am
Passahtag zu schlachten; mithin war auch Jesus, das wahre Opferlamm, das der
Welt Sünde auf Sich nehmen sollte (Joh.1:29), an eben diesem Tag zu opfern, ob
die Hohenpriester dies wollten oder nicht. Denn alles geschieht nach Gottes
Weisheit und Ratschluss, Vorsatz und Allgewalt zu dem von Ihm festgesetzten
Zeitpunkt.
Die zweite Salbung Jesu
zur Bestattung
»Als Er in Bethanien war und im Hause Simons,
des Aussätzigen, zu Tisch lag, kam eine Frau, die ein Alabasterfläschchen mit
Würzöl von echter, teurer Narde hatte; sie zerbrach nun das Alabasterfläschchen
und goss es Ihm auf das Haupt. Einige aber waren entrüstet und sagten
zueinander: Wozu diese Verschwendung des Würzöls? Man hätte doch dieses Würzöl
für über dreihundert Denare veräußern und das Geld den Armen geben können. -
Und sie drohten ihr. Jesus aber sagte: Lasst sie! Was verursacht ihr ihr Mühe?
Sie hat doch ein edles Werk an Mir getan! Denn die Armen habt ihr allezeit bei
euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen wohltun; Mich aber habt ihr nicht
allezeit. Sie hat getan, was sie vermochte: sie hat Meinen Körper im Voraus zur
Bestattung mit Würzöl gesalbt. Wahrlich, Ich sage euch: Wo auch immer man
dieses Evangelium in der ganzen Welt herolden wird, wird man zu ihrem Gedenken
auch von dem sprechen, was sie getan hat« (Verse 3-9).
Im Jahr zuvor hatte eine Sünderin Jesu Füße im
Hause eines Pharisäers gesalbt (Luk.7:36-50). Vor wenigen Tagen nun hatte
Maria, die Schwester des Lazarus und der Martha, Jesu Füße und damit Ihn Selbst
zu Seiner Bestattung gesalbt (Joh.12:3-8). Und jetzt berichten Matthäus in
Kapitel 26:6-13 und Markus, dass eine Frau, deren Namen sie nicht nennen, Jesus
Haupt und damit Seinen Körper zum zweiten Mal zur Bestattung salbte. Dies
geschah im Hause Simons, eines vermutlich von Jesus geheilten Aussätzigen.
Es mag in vielen Fällen richtig sein, eine
Kostbarkeit im Wert von dreihundert Tageslöhnen (ein Denar war ein Tageslohn)
zu verkaufen und den Erlös den Armen zu geben. Mose hatte geboten: »Öffne, ja
öffne deine Hand deinem Bruder, deinem Elenden und deinem Armen in deinem Land«
(5.Mose 15:11). Jetzt aber, kurz vor dem Höhepunkt der Heilsgeschichte, war der
Blick auf Jesus allein zu richten, der nicht mehr lange bei ihnen sein würde.
Diese Frau hatte Jesu Leidens- und
Todesankündigungen ernst genommen. Und so vollzog sie die prophetische Handlung
der Salbung Jesu zu Seiner Bestattung und goss das Nardenöl auf Sein Haupt.
Damit gab sie dem Herrn die höchste Ehre und brachte sie ihre ganze Liebe zu
Ihm zum Ausdruck. Ihr Dienst wird Ihm ein kostbarer Zuspruch gewesen sein.
Der tätige Glaube sorgt für die Armen. Der
geistliche Mittelpunkt des Glaubens aber muss der Dienst für unseren Herrn
Jesus Christus sein und bleiben, indem wir alles für Ihn tun, Ihm für alle
Gnade und allen geistlichen Segen danken und Ihn in übermäßiger, ja
»verschwenderischer« Weise verherrlichen - zu einem duftenden Wohlgeruch für
Gott.
Die Abmachung des Judas
Iskariot mit den Hohenpriestern
»Dann ging Judas Iskariot, einer der Zwölf,
zu den Hohenpriestern, um Ihn an sie zu verraten. Als sie das hörten, freuten
sie sich und versprachen, ihm Geld zu geben. Dann suchte er, wie er Ihn bei
günstiger Gelegenheit verriete« (Verse 10+11).
Das Motiv des Judas ist uns nicht bekannt.
Vielleicht meinte er, Jesus sei nicht der Messias, sodass er diesen
vermeintlichen Irreführer gerechterweise den Hohenpriestern ausliefern sollte.
Vielleicht dachte er, dass - wenn der Messias sowieso umgebracht werden würde,
wie Jesus ja angekündigt hatte - er sich noch rechtzeitig auf die Seite der
Sieger schlagen sollte. Auf jeden Fall fehlte ihm der Glaube und wirkte der
Satan in ihm (Luk.22:3; Eph.2:2). Wichtig war dem Judas nun, dass Jesus
unauffällig, vom Volk unbemerkt, gefangengenommen werden könne (Luk.22:6).
Die Vorbereitungen für
das Passah
»Am ersten Tag der ungesäuerten Brote, als
man das Passah zu opfern pflegte, sagten Seine Jünger zu Ihm: Wo willst Du das
Passah essen? Wohin sollen wir gehen, um es zu bereiten? - Da schickte Er zwei
Seiner Jünger aus und gebot ihnen: Geht in die Stadt, und es wird euch ein Mann
begegnen, der einen Topf Wasser trägt, folgt ihm, und wo er hineingeht, da sagt
zu dem Hausherrn: Der Lehrer lässt fragen: Wo ist Mein Gastzimmer, wo Ich das
Passah mit Meinen Jüngern essen kann? - Dann wird er euch einen großen Söller
zeigen, schon bereit mit ausgebreiteten Polstern; dort bereitet das Mahl für
uns. - Seine Jünger gingen hin und kamen in die Stadt; sie fanden alles so, wie
Er es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passah« (Verse 12-16).
Man nannte den Passahtag auch den ersten Tag
der ungesäuerten Brote - auch dann, wenn das Passah einen Tag früher als im
Gesetz vorgeschrieben gegessen wurde -, weil schon am Passahtag alles Gesäuerte
aus den Häusern zu entfernen war (2.Mose 12:15,18).
Unser Herr Jesus Christus und Seine Apostel
zogen das Passahmahl um einen Tag vor, wie sich denn Markus 14:12 auch wie
folgt wiedergeben lässt: »... als sie (im Sinne von »man«) das Passah(lamm)
opferten (das heißt: schlachten)«, was besagt, dass man so handelte, zumal es
möglich und auch üblich war.
Es war »vor dem Passahfest«, wie in Johannes
13:1 geschrieben steht, als Jesus das Mahl hielt, also am Abend des 13. Nisan,
der um
18
Uhr begonnen hatte. Das Vorziehen des Passah war rechtmäßig, weil der Neumond
nach der Frühjahrstagundnachtgleiche und damit der eigentliche 1. Nisan vor dem
offiziell ausgerufenen 1. Nisan liegen konnte und weil die übergroße Zahl der
Opferlämmer gar nicht an nur einem Tag geschlachtet werden konnte. Josephus
Flavius berichtet von 256.500 zu schlachtenden Lämmern (»Geschichte des
Jüdischen Krieges«, VI, 9.3).
Ein Mann, der einen Topf Wasser trägt, war
ungewöhnlich - das war Frauensache - und mithin durchaus ein Zeichen. Die
beiden Apostel - Petrus und Johannes (Luk.22:8) - fanden alles so, wie Jesus
gesagt hatte. Ein Söller ist ein Obergemach. Der Hausbesitzer wusste offenbar,
wer mit »Lehrer« gemeint war. Vielleicht war die Sache mit Jesus abgesprochen
und hatte der Hausherr auch das Passahlamm besorgt.
Jesus gibt den Verrat
bekannt
»Als es Abend geworden war, kam Er mit den
Zwölf; und während sie zu Tisch lagen und aßen, sagte Jesus: Wahrlich, Ich sage
euch: Einer von euch, der mit Mir isst, wird Mich verraten. - Da wurden sie
betrübt und fingen an, Ihn zu fragen, einer nach dem andern: Ich bin es doch
nicht etwa, Rabbi? - Und ein anderer sagte: Doch nicht ich! - Er aber
antwortete ihnen: Einer von euch Zwölf, der mit Mir die Hand in die Schüssel
eintaucht! Der Sohn des Menschen geht zwar dahin, so wie es von Ihm geschrieben
steht; doch wehe jenem Menschen, durch den der Sohn des Menschen verraten wird!
Schön wäre es für Ihn, wenn jener Mensch nicht geboren wäre« (Vers 17-21).
Ganz offen sprach Jesus von dem
bevorstehenden Verrat.
Er musste nach Gottes Heilsvorsatz das Opfer
zur Sühnung aller Schuld werden, so wie von Ihm geschrieben steht (Jes.50:6;
52:13-53:12; Sach.11:12; 13:7; Ps.16:10; 22; 34:20; 69:5,10,22).
Und Judas musste so handeln, damit die
Schrift erfüllt werde, die da sagt: »Der mein Brot aß, erhebt seine Ferse hoch
gegen mich« (Ps.41:10; vgl. Ps.55:13-15). Judas wird Rechenschaft über seine
schändliche Tat ablegen müssen, insofern er sie nach seinem Bewusstsein wollte;
und er wird nach seinen Werken verurteilt werden (Pred.12:14; Ap.10:42; 17:31;
1.Pet.4:5; Off.20:12).
Jemanden, mit dem man Tischgemeinschaft
hatte, zu verraten, war die ärgste Form von Verrat. Es wäre schön für Jesus
gewesen, wenn Ihm jener Mensch und damit das bittere Erlebnis erspart geblieben
wäre, von einem Seiner engsten Vertrauten verraten zu werden.
Der Apostel Johannes berichtet darüber
hinaus, dass er den Herrn fragte, wer es sei. Jesus antwortete: »Es ist
derjenige, dem Ich den Bissen eintauchen und geben werde! - Als Er nun den
Bissen eingetaucht hatte, nahm Er ihn und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon
Iskariot. Und dann, nach dem Bissen, fuhr Satan in jenen. Darauf sagte nun
Jesus zu ihm: Was du tun willst, tue bald!« (Joh.13:26,27).
Die Einsetzung des
Gedächtnismahls
»Als sie aßen, nahm Jesus Brot, segnete und
brach es, gab es ihnen und sagte: Nehmt! Dieses ist Mein Körper. - Dann nahm Er
den Becher, dankte und gab ihnen den, und alle tranken daraus; weiter sagte Er
zu ihnen: Dieses ist Mein Blut des neuen Bundes, das für viele vergossen wird.
Wahrlich, Ich sage euch: Ich werde keinesfalls mehr vom Ertrag des Weinstocks
trinken bis zu jenem Tag, wenn Ich ihn im Königreich Gottes neu trinken werde«
(Verse 22-25).
Das Brot ist, da es beim Zerbrechen und Essen
völlig aufgelöst wird, ein Symbol für die völlige Dahingabe des Körpers Jesu,
ja Jesu Selbst, in den Tod. Der Wein steht für das Blut Jesu, das Er für viele
vergießen und durch welches Er den neuen Bund mit Israel stiften wird. Da ein
Blutender leidet, drückt das Blut Seine Leiden aus.
Wenn wir das Brot essen und den Wein trinken,
erinnern wir uns an all dieses. Möge uns die Tat Jesu Seine damit verbundene
Liebe zu uns immerdar vor Augen stellen. Der Herr richte unsere Herzen auf die
Liebe Gottes, der Seinen Sohn für uns dahingab, und auf das Erdulden des
Christus hin (2.Thess.3:5).
Da unser Herr das Wörtchen »ist« aussprach -
»dieses ist Mein Körper ... ist Mein Blut« - was bei einer einfachen
Gleichstellung nicht geschieht, ist das »ist« im Sinne von »bedeutet« zu
verstehen. Brot und Wein stellen Seinen Körper und Sein Blut dar. Nicht Brot
und Wein, sondern Jesu Leiden und Tod brachte uns das Heil. Brot und Wein
erinnern uns daran.
Jesu vergossenes Blut ist das des neuen
Bundes. Der alte Bund war über dem Blut von Tieren geschlossen worden (2.Mose
24:8), der neue aufgrund des Blutes des Erlösers Jesus Christus (Heb.9:11-26).
Der erste Bund forderte den Gehorsam Israels, der zweite beruht auf dem
Gehorsam des Sohnes Gottes bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod.
Israel hatte den alten Bund gebrochen
(Jer.31:32). Die Propheten kündigten einen neuen Bund an: »Siehe, es kommen
Tage, sagt der Herr, da werde Ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda
einen neuen Bund abschließen. ... Ich werde Meine Gesetze in ihre Denkart geben
und sie auf ihre Herzen schreiben, und Ich werde ihnen zum Gott sein, und sie
werden Mir zum Volk sein. ... Ich werde ihrer Ungerechtigkeit versühnt sein und
ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten keinesfalls noch länger gedenken«
(Heb.8:8,10,12; vgl. Heb.10:15-17; Jer.31:31-34; 32:40; Hes.36:24-30). Ebenso
wie der alte wird auch der neue Bund mit dieser Nation geschlossen werden.
Und dann, im Königreich, wird Jesus wieder
Wein trinken, womit Er die Freuden der zukünftigen Festzeit skizzierte
(Mat.8:11; Luk.14:15; Heb.4:9,10; Off.19:9).
Die Gesinnung Christi Jesu, Seine Gesinnung
der völligen Hingabe an Gott, den Vater, sei auch in uns (Phil.2:5)!
Der Lobgesang
»Nach dem Lobgesang zogen sie hinaus auf den
Ölberg« (Vers 26).
Man sang die Psalmen 113 und 114 vor dem Mahl
und die Psalmen 115 bis 118 zum Abschluss des Passahmals. Daraus seien einige
Worte zitiert:
»Nicht uns, Jewe, nicht uns, sondern Deinem
Namen gib Verherrlichung wegen Deiner Huld, wegen Deiner Treue« (Ps.115:1).
»Unser Elohim ist in den Himmeln; alles, was
Ihm gefällt, tut Er« (Ps.115:3).
»Ich liebe Ihn; denn Jewe hat meine Stimme
gehört, mein Flehen« (Ps.116:1).
»Kostbar ist in den Augen Jewes der Tod
Seiner Huldvollen« (Ps.116:15).
»Der Ruf des Jubels und der Rettung ertönt in
den Zelten der Gerechten« (Ps.118:15).
»Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,
der wurde zum Hauptstein der Ecke« (Ps.118:22).
»Huldigt Jewe, denn Er ist gut! Wahrhaftig,
seine Huld währt für äonisch« (Ps.118:29).
Das Treueversprechen des
Petrus
»Dann sagte Jesus zu ihnen: Ihr alle werdet
in dieser Nacht an Mir Anstoß nehmen; denn es steht geschrieben: Ich werde den
Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen (Sach.13:7). Jedoch nach
Meiner Auferweckung werde Ich euch nach Galiläa vorangehen. - Petrus aber
erklärte Ihm: Wenn sie auch alle an Dir Anstoß nehmen, ich jedoch nicht! - Jesus
entgegnete ihm: Wahrlich, Ich sage dir: Du wirst Mich heute, in dieser Nacht,
ehe der Hahn zweimal kräht, dreimal verleugnen. - Petrus aber redete im
Überschwang: Vielmehr, wenn ich mit Dir sterben müsste, so werde ich Dich
keinesfalls verleugnen. - In derselben Weise sprachen auch alle anderen« (Verse
27-31).
Jesus ist der Hirte, der erschlagen wird, und
die Apostel sind die Schafe, die sich zerstreuen werden. Anstoß werden sie alle
in dieser Nacht an Jesus nehmen, das heißt Er wird ihnen eine Anstößigkeit
werden, die sie zum Sündigen verleitet, zu einem Fehlverhalten, weil Seine
Gefangennahme sie in eine Krise bringen wird. Aber nicht nur Petrus in seinem
Selbstvertrauen - oder in seiner Vermessenheit -, sondern alle Apostel
versprachen dem Herrn ihre Treue. Petrus schätzte allerdings seine Treue höher
ein als die der anderen Apostel. Dementsprechend wird der Herr ihn demnächst am
See Genezareth fragen: »Simon, Sohn des Johannes, liebst du Mich mehr als
diese?« (Joh.21:15).
Im Garten Gethsemane
»Dann kamen sie zu einem Freiacker, dessen
Name Gethsemane ist; und Er sagte zu Seinen Jüngern: Setzt euch hier nieder,
bis Ich gebetet habe. - Hierauf nahm Er Petrus, Jakobus und Johannes beiseite
und begann zu erschauern und niedergedrückt zu werden. Dann sagte Er zu ihnen:
Tief betrübt ist Meine Seele bis zum Tode; bleibt hier und wacht! - Und ein
klein wenig vorausgehend, fiel Er auf die Erde nieder und betete, damit, wenn
es möglich sei, die Stunde an Ihm vorübergehe; und Er sagte: Abba, Vater, alles
ist Dir möglich; trage diesen Becher von Mir weg! Jedoch nicht, was Ich will,
sondern was Du willst!« (Verse 32-36).
Gethsemane heißt Öltrog, Ölkelter. Hier wurde
unser Herr niedergedrückt, was einem Gepresstwerden in einer Ölpresse
entspricht. Das Ergebnis ist allerdings wunderbar: Öl, was ein Symbol für den
Geist Gottes und den dadurch vermittelten Segen ist.
Unser Herr sehnte Sich nach dem Zuspruch,
wachende Apostel um Sich zu haben.
Sein Gebet zu Seinem Vater hatte das Ziel,
Sich Selbst und ferner allen Gläubigen nochmals ganz deutlich zu machen, dass
Gottes Heilsvorsatz nicht anders erfüllt werden konnte. Jesu Gehorsam war immer
gegeben, war Er doch in die Welt gekommen, um den Willen des Vaters zu tun
(Heb.10:7,9), aber hier lernte Er den Gehorsam in vertiefter Weise und dann am
Kreuz bis zur letzten Konsequenz. »Obgleich Er der Sohn ist, lernte Er den
Gehorsam durch das, was Er litt. Und so vollkommen gemacht, ist Er allen, die
Ihm gehorchen, die Ursache äonischer Rettung« (Heb.5:8,9; 2:10). Lobpreis, Dank
und Verherrlichung sei unserem Retter Jesus Christus!
Die Apostel schlummerten
»Darauf kam Er zu den Jüngern und fand sie
schlummernd. Da sagte Er zu Petrus: Simon, schlummerst du? Vermagst du nicht
eine Stunde zu wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in Anfechtung kommt!
Der Geist zwar hat das Verlangen, das Fleisch aber ist schwach« (Verse 37+38).
Petrus hatte zwar wachen wollen, aber sein
Körper wurde von Müdigkeit übermannt.
Das Fleisch ist schwach. Paulus drückte dies
als seinerzeit noch nicht aus der Kraft der Gnade Lebender so aus: »Ich weiß,
dass in mir (das heißt in meinem Fleisch) nichts Gutes wohnt; denn das Wollen
liegt neben mir, aber das Treffliche auszuführen, gelingt mir nicht«
(Röm.7:18).
Wacht und betet, dass Gott euch nicht in
Versuchungssituationen hineinführe! Wacht und betet, dass ihr standhaft werdet,
sodass euch keine Situation zu einer Anfechtung, einer Verführung zum Sündigen,
werde!
»Da ging Er nochmals hin und betete mit
denselben Worten. Darauf kam Er zurück und fand sie wieder schlummernd; denn
ihre Augen waren ihnen schwer geworden, und sie wussten nicht, was sie Ihm
antworten sollten. Dann kam Er zum dritten Mal und sagte zu ihnen: Schlummert
und ruht ein andermal; es ist genug, die Stunde ist gekommen! Siehe, der Sohn
des Menschen wird in die Hände der Sünder überantwortet! Erhebt euch, wir
gehen! Siehe, Mein Verräter hat sich genaht!« (Verse 39-42).
Dreimal hatte Sich unser Herr an Seinen Vater
gewandt. Die Hinwendung zum Vater machte Ihn kraftvoll für all das Kommende.
Die Festnahme Jesu
»Sogleich, während Er noch sprach, kam Judas
Iskariot, einer der Zwölf, herzu und mit ihm eine große Schar mit Schwertern
und Knütteln von den Hohenpriestern, Schriftgelehrten und Ältesten her. Sein
Verräter aber hatte ihnen als verabredetes Zeichen gegeben: Welchen ich küssen
werde, der ist es; bemächtigt euch Seiner und führt Ihn sicher ab. - Als er
kam, trat er sogleich zu Ihm und sagte: Rabbi, Rabbi! und küsste Ihn herzlich.
Dann legten sie die Hände an Ihn und bemächtigten sich Seiner. Aber einer der
Dabeistehenden riss das Schwert heraus, schlug auf den Sklaven des
Hohenpriesters ein und hieb ihm die Ohrmuschel ab« (Verse 43-47).
Nichts konnte hinterhältiger und gemeiner
sein als der zum Schein herzliche Kuss des Verräters. König David sprach von
ihm: »Glatter als Dickmilch ist sein Mund, doch Angriff ersinnt sein Herz.
Zarter als Öl sind seine Worte, doch sie sind Fallstricke« (Ps.55:22). Ein
Zeichen war wohl nötig, damit es in der Dunkelheit nicht zu einer Verwechslung
komme.
Petrus war es gewesen, der dem Sklaven
Malchus die rechte Ohrmuschel abhieb. »Da sagte nun Jesus zu Petrus: Stecke das
Schwert in die Scheide! Soll Ich den Becher, den Mir der Vater gegeben hat,
etwa nicht trinken?« (Joh.18:10,11; Mat.26:51-54). »Dann rührte Er die
Ohrmuschel an und heilte ihn« (Luk.22:51).
Jesus entlarvt ihre
Feigheit
»Da wandte Sich Jesus an sie und sagte: Wie
gegen einen Wegelagerer seid ihr mit Schwertern und Knütteln ausgezogen, um
Mich zu ergreifen. Täglich war Ich bei euch in der Weihestätte und lehrte, und
ihr habt euch Meiner nicht bemächtigt. Doch muss die Schrift erfüllt werden«
(Verse 48+49).
Eine große bewaffnete Schar hatte das
Synedrium aufgeboten, um auf alle Fälle vorbereitet zu sein und das Ziel mit
Sicherheit zu erreichen. Dies zeugt von ihrer großen Furcht.
Und dann entlarvte Jesus ihre Feigheit, die
darin bestand, dass sie Ihn heimlich gefangen nahmen, weil sei den Widerstand
des Volkes fürchteten (Mark.14:2). Aber Taten der Finsternis passen eben gut
zur Nacht.
So geschah, was Jesaia geweissagt hatte: »Wie
ein Lamm wurde Er zur Schlachtung geholt« (Jess.53:7). Der Herr wehrte Sich
nicht. Dies alles aber musste so sein, insbesondere, dass die Priester - ohne
es zu wissen in Erfüllung ihrer Aufgabe - das Lamm Gottes zur Sühnung aller
Sünden als Opfer darbrachten, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch (Eph.5:2).
Kurz
nach Pfingsten betete die Gemeinde: »Sie haben sich in dieser Stadt in
Wahrheit gegen Deinen heiligen Knecht Jesus versammelt, den Du gesalbt hast: Herodes wie auch Pontius
Pilatus mit den Nationen und den Völkern Israels, um alles auszuführen, was
Deine Hand und Dein Ratschluss vorherbestimmt hatten, dass es geschehe«
(Ap.4:27,28).
Alle flohen
»Dann verließen Ihn alle und flohen. Aber
einer, ein Jüngling, folgte Ihm (er war nur mit einer Leinwand auf der bloßen
Haut umhüllt), und dessen wollte man sich bemächtigen; doch er ließ die
Leinwand zurück und entfloh unbekleidet« (Verse 50-52).
Alle verließen den Herrn, wie Er angekündigt
hatte (Mark.14:27; Joh.16:32); Petrus folgte der Schar von ferne (Mark.14:54),
der Jüngling aber in Reichweite. Nach bestem Dafürhalten war Markus dieser
Jüngling.
Da eine weiße Leinwand Gerechtigkeit
symbolisiert, lässt sich sagen, dass niemand vom Herrn weg fliehen kann ohne
seine Gerechtigkeit zu verlieren und in seiner Beschämung offenbar zu werden.
Nun war Jesus ganz und gar von allen
verlassen, wie auch Psalm 88:9 sagt: »Die mir Bekannten hast Du von mir
entfernt.«
Dieter
Landersheim, Höhenstraße 11, 65824 Schwalbach a. Ts., www.biblischelehre.de
(Markus 14:53-15:41)
»Dann führte man Jesus zu dem Hohenpriester
Kaiphas ab, und alle Hohenpriester sowie Ältesten und Schriftgelehrten kamen
bei ihm zusammen. Petrus jedoch war Ihm von ferne bis hinein in den Hof des
Hohenpriesters gefolgt; dort saß er zusammen mit den Gerichtsdienern und wärmte
sich an der Lohe« (Mark.14:53,54).
Markus übergeht das Verhör Jesu vor Hannas,
dem Schwiegervater des Kaiphas, der Hoherpriester jenes Jahres war. Johannes
berichtet darüber (Joh.18:12-24).
Was dann vor Kaiphas geschah, ist auch in
Matthäus 26:57-75, Lukas 22:54-65 und Johannes 18:24-27 nachzulesen. Petrus
hatte durch Johannes Zugang in den wohl gemeinsamen Innenhof der Häuser des
Hannas und des Kaiphas erhalten (Joh.18:16).
Die Verhöre vor diesen beiden Männern hatten
nur informellen Charakter, weil eine Gerichtsverhandlung nur bei Tage
stattfinden durfte, was dann mit dem Zusammentritt des Synedriums am Morgen
auch geschah (Mat.27:1; Mark.15:1; Luk.22:66-71).
Falsche Zeugen
»Die Hohenpriester aber und das ganze
Synedrium suchten falsches Zeugnis gegen Jesus, um Ihn zu Tode zu bringen, doch
fanden sie keines; denn viele zeugten zwar fälschlich gegen Ihn, aber ihre
Zeugnisse waren nicht übereinstimmend. Einige standen auch auf, zeugten
fälschlich gegen Ihn und sagten: Wir haben Ihn sagen hören: Ich werde diesen
mit Händen gemachten Tempel abbrechen und in drei Tagen einen anderen, nicht
mit Händen gemachten, aufbauen. - Doch nicht einmal in diesem Punkt war ihr
Zeugnis übereinstimmend« (Verse 55-59).
Jesus hatte nicht gesagt, dass Er den Tempel abbrechen werde, sondern
dass sie den Tempel niederreißen
(Joh.2:19). »Er aber hatte von dem Tempel Seines Körpers gesprochen«
(Joh.2:21). Selbstverständlich wäre die feste Absicht, das Heiligtum
abzubrechen, mit dem Tode zu bestrafen, aber die Zeugnisse stimmten nicht
überein. Das Gesetz verlangte die übereinstimmenden Aussagen von mindestens
zwei Zeugen (4.Mose 35:30; 5.Mose 17:6; 19:15).
So erfüllte sich Psalm 27:12: »Es erheben
sich falsche Zeugen gegen mich.« Jesus schwieg zu allem. Aufgrund der
widersprüchlichen Zeugenaussagen war es auch nicht nötig, etwas zu sagen. Die
Verhandlung geriet ins Stocken.
»Bist Du der Christus?«
»Da stand der Hohepriester auf, trat in die
Mitte und fragte Jesus: Antwortest Du überhaupt nichts auf das, was diese gegen
Dich zeugen? - Jesus aber schwieg still und antwortete überhaupt nichts. Der
Hohepriester fragte Ihn nochmals und sagte zu Ihm: Bist Du der Christus, der
Sohn Gottes, des Gesegneten? - Jesus erwiderte daraufhin: Ich bin es, und ihr
werdet den Sohn des Menschen zur Rechten der Macht sitzen und auf den Wolken
des Himmels kommen sehen« (Verse 60-62).
Der Hohepriester musste die sich
hinschleppende Verhandlung voranbringen. Jesus hatte entsprechend Jesaja 53:7
Seinen Mund nicht aufgetan. So stellte Kaiphas, im Begriff, den wahren Tempel
umzubringen, die alles entscheidende Frage: Bist Du, ja Du der Messias? -
Sollte ein Mensch sich dies anmaßen, würde er Gott lästern und wäre des Todes
(3.Mose 24:16; 4.Mose 15:30).
Und Jesus gab die alles entscheidende
Antwort: Ich, ja Ich bin es! Und bekräftigte Sein Bekenntnis mit Zitaten aus
dem Wort Gottes: »Siehe, da kam mit den Wolken der Himmel einer wie eines
Menschen Sohn; Er kam zu dem Verfüger über Tage und wurde nahe zu Ihm gebracht«
(Dan.7:13); »Die Erklärung Jewes an meinen Herrn: Setze Dich zu Meiner Rechten«
(Ps.110:1).
Alle werden Jesus als den Christus und Sohn
Gottes sehen, wenn nicht bei Seiner Wiederkunft, dann beim Gericht vor dem
großen, weißen Thron (Mat.24:30; Off.1:7; 20:11-15).
Alle verurteilten Ihn
»Da zerriss der Hohepriester seine Gewänder
und rief: Was brauchen wir noch Zeugen? Siehe, nun habt ihr die Lästerung
gehört! Wie erscheint euch da? - Darauf verurteilten sie Ihn alle: Er sei dem
Tode verfallen! Dann begannen einige, Ihn anzuspeien, Sein Angesicht zu
bedecken, Ihn mit Fäusten zu schlagen und zu Ihm zu sagen: Prophezeie! - Auch die
Gerichtsdiener nahmen Ihn mit Ohrfeigen in Empfang« (Verse 63-65).
Vor Empörung und Abscheu zerriss Kaiphas
seine Gewänder - nicht seine Amtstracht, was ihm verboten war (3.Mose 10:6;
21:10) - und spien sie Ihn an und schlugen Ihn. Mit verdecktem Angesicht sollte
Jesus prophezeien, wer Ihn da schlug. Aber dazu gab Sich der Herr nicht her.
Für die in jener Nacht um Jesu Versammelten war ein Gotteslästerer aufs tiefste
zu verachten. Hatte Jesaia nicht auch dieses gesagt? Ja: »Verachtet war Er ...,
so verachtet, dass wir Ihn für nichts hielten« (Jes.53:3).
Welch eine Verblendung! Und welch eine Tragik
mit fürchterlichen Folgen für das ganze Volk! Der Hohepriester, der eigentlich
die größte geistliche Einsicht besitzen sollte, erkannte den Messias nicht!
Einmal im Jahr betrat er das Allerheiligste im Tempel. Aber Gott war nicht mehr
darin; Seine Herrlichkeit war ausgezogen. Dem Propheten Hesekiel war es gegeben
zu beobachten, wie die Herrlichkeit Elohims sich zur Türschwelle des Tempels
begab, sich dann zum östlichen Tor wandte und sich anschließend auf den Ölberg
stellte (Hes.9:3; 10:18,19; 11:23).
Und jetzt war die Herrlichkeit Gottes wieder
zurückgekommen - in der Person jesu, der Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes
(Heb.1:3). Jesus ist der Herr der Herrlichkeit (1.Kor.2:8; Jak.2:1) - und sie
erkannten Ihn nicht!
Petrus verleugnete Jesus
»Während Petrus unten im Hof war, kam eine
der Mägde des Hohenpriesters; als sie Petrus sich wärmen sah, blickte sie ihn
an und sagte: Du warst auch mit dem Nazarener Jesus! - Er aber leugnete und
sagte: Ich weiß nicht und verstehe auch nicht, was du sagst. - Dann ging er in
den vorderen Hof hinaus [und es krähte ein Hahn]. Als die Magd ihn dort
gewahrte, fing sie wieder an, zu den Dabeistehenden zu sagen: Dieser ist auch
einer von ihnen! - Er aber leugnete nochmals. Nach einer kleinen Weile sagten
wieder die Dabeistehenden zu Petrus: Wahrhaftig, du bist einer von ihnen; denn
auch du bist ein Galiläer, deine Aussprache ist die gleiche. Da fing er an,
sich zu verbannen und zu schwören: Ich weiß nichts von diesem Menschen, von dem
ihr da redet! - Und sogleich krähte ein Hahn zum zweiten Mal. Nun erinnerte
sich Petrus des Ausspruchs, wie Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal
kräht, wirst du Mich dreimal verleugnen. - Als ihm das einfiel, schluchzte er
bitterlich« (Verse 66-72).
So schwach ist der Mensch, wenn ihm die Angst
im Nacken sitzt, ebenfalls verhaftet zu werden. Der Gedanke an den Schutz der
eigenen Person blockiert alle anderen Gedanken. Es ist so, wie in den Sprüchen
29:25 zu lesen: »Menschenfurcht stellt eine Falle, wer aber auf Jewe vertraut, ist gesichert.«
Wenige Stunden zuvor noch war Petrus bereit
gewesen, für seinen Meister zu sterben. Jetzt aber riskierte er nichts, um
seinen Herrn zu retten, sondern verleugnete Ihn, um sich selbst zu retten.
Als Petrus sich selbst sogar verbannte,
wollte er sich unter Gottes Strafe stellen, falls er die Unwahrheit sagte.
Lasst uns bei alledem nicht vergessen, dass
Petrus hier in der Schule Gottes war. Satan siebte die Spreu aus ihm heraus.
Und Gott belehrte ihn über seine Unzuverlässigkeit und führte ihn zum völligen
Gottvertrauen.
Er schluchzte bitterlich - diese seine tiefe
Reue eröffnete ihm den Weg zur Umsinnung.
Jesus vor dem Synedrium
Sogleich am Morgen hielten die Hohenpriester
mit den Ältesten, Schriftgelehrten und dem ganzen Synedrium eine Beratung ab,
worauf sie Jesus binden und zu Pilatus bringen ließen, dem sie Ihn
überantworteten« (Mark.15:1).
Hier wurde der rechtmäßige Beschluss gefasst,
dass Jesus dem Tode verfallen sei. Da die Römer sich die Bestätigung und
Vollstreckung von Todesurteilen vorbehalten hatten, mussten sie den Herrn dem
Statthalter vorstellen.
So geschah, was in Psalm 2:2 geschrieben
steht: »Die Könige der Erde stehen dabei, und die Oberen versammeln sich am
selben Ort gegen Jewe und gegen Seinen Gesalbten.« »Gesalbter« heißt auf
Hebräisch »Messias« und auf Griechisch »Christos«.
Jesus vor Pilatus
»Pilatus fragte Ihn: Bist Du der König der Juden?
- Er antwortete ihm: Du sagst es. - Dann klagten die Hohenpriester Ihn vieler
Dinge an. Da fragte Pilatus Ihn nochmals: Antwortest Du überhaupt nichts?
Siehe, um wie vieler Dinge sie Dich anklagen! - Jesus aber antwortete überhaupt
nichts mehr, sodass Pilatus erstaunte« (Mark.15:2-5).
Da die Gotteslästerung, der Messias zu sein,
als Hinrichtungsgrund vor Pilatus eventuell nicht genügen könnte, der sich für
religiöse Dinge nicht interessierte, sondern nur für den Schutz des Staates,
brachte das Synedrium politische Gründe vor. Wenn Jesus der König der Juden zu
sein beanspruchte, dann war Er gegen den Kaiser und musste Pilatus Ihn wegen
Hochverrats verurteilen.
Vor Pilatus fanden übrigens zwei
Verhandlungen statt, die Markus in seinem Bericht nicht unterscheidet; und von
der dritten weltlichen Verhandlung, der vor König Herodes, erwähnt er gar
nichts. Die erste Verhandlung vor Pilatus findet man in Matthäus 27:11-14,
Lukas 23:1-5 und Johannes 18:28-32, die vor König Herodes ist in Lukas 23:6-11
verzeichnet, und die zweite vor dem Statthalter wird in Matthäus 27:15-25,
Lukas 23:13-25 und Johannes 18:33-19:15 geschildert.
Pilatus, der längst durch seine eigenen
Späher wusste, dass von Jesus keine Gefahr für die Obrigkeit ausging (vgl.
Mat.27:18), ging auf den Königsanspruch ein, wohl in der Erwartung, dass dieser
Anklagepunkt in sich zusammenbräche, und fragte, das »Du« betonend: Du, Du bist
der König der Juden? - Jesus antwortete ihm: Du, du sagst es. - Das war eine
Zustimmung, aber mit dem Vorbehalt, dass Jesus dies von Sich Selbst aus so
nicht gesagt hätte, weil es noch nicht an der Zeit war und weil Pilatus mit
einem göttlichen König nichts anzufangen wusste. Später erklärte Jesus ihm in
einem Gespräch unter vier Augen, dass Sein Königreich nicht von dieser Welt ist
(Joh.18:36).
Die weiteren Anklagegründe der Hohenpriester
fand der Herr keiner Entgegnung wert (vgl. Jes.53:7).
Die Wahl zwischen Jesus
und Barabbas
»Nun pflegte er ihnen zum Fest einen
Häftling, den sie sich ausbaten, freizulassen. Es war damals einer mit Namen
Barrabas, der mit seinen Mitaufrührern gebunden war, die im Aufstand einen Mord
begangen hatten. So zog nun die Volksmenge hinauf und begann zu fordern, dass
er tue, so wie er es ihnen stets gewährt hatte. Pilatus antwortete ihnen: Wollt
ihr, dass ich euch den König der Juden freilasse? - Denn er hatte erkannt, dass
die Hohenpriester Ihn aus Neid überantwortet hatten. Doch die Hohenpriester
hetzten die Volksmenge auf, damit er ihnen vielmehr Barrabas freilasse« (Verse
6-11).
Die
Ältesten neideten Jesus Seine Beliebtheit beim Volk. Da das Volk Jesus
schätzte, kam Pilatus auf den idealen Gedanken, ihnen die Freilassung Jesu
anzubieten. Statt Jesus freizusprechen, wollte er Ihn freilassen. Leider hatte
er damit den kapitalen Fehler gemacht, die Sache in die Hand des Volkes gelegt
zu haben. Jetzt war er nicht mehr Herr des Verfahrens. Nun, das Volk wird sich
Jesus erbitten. Pilatus hatte aber nicht damit gerechnet, dass die
Hohenpriester das Volk gegen Jesus aufhetzten und damit sogar Erfolg haben
würden. »Barrabas« heißt übrigens »Sohn
eines Vaters«. Jetzt, nachdem die Volksmenge Söhne ihres Vaters , nämlich des
Satans (Joh.8:44), geworden war, zogen sie den politischen Aufrührer und Mörder
Barrabas vor.
Sie alle aber, der vom Volk in die Enge
getriebene Statthalter, das von den Hohenpriestern aufgehetzte Volk, die vom
Satan gelenkten Hohenpriester und der Satan selbst, führten den Vorsatz Gottes
aus, den Er in Christus Jesus, unserem Herrn, gefasst hatte (Ap.4:27,28;
Eph.3:11).
»Kreuzige Ihn!«
»Pilatus wandte sich nochmals an sie: Was
wollt ihr nun, dass ich mit dem mache, den ihr »König der Juden« nennt? - Da
schrien sie wieder zurück: Kreuzige Ihn! - Pilatus aber fragte sie: Was hat Er
denn Übles getan? - Doch sie schrien übermäßig laut: Kreuzige Ihn! - Pilatus
nun, in der Absicht, der Volksmenge Genüge zu tun, ließ ihnen Barrabas frei;
Jesus aber ließ er peitschen und übergab Ihn, damit Er gekreuzigt würde« (Verse
12-15).
Statt das Verfahren gegen Jesus getrennt von
der Freilassung eines Gefangenen fortzusetzen, fragte Pilatus unüberlegt, was
er mit Jesus machen solle. Sie schrien: »Kreuzige Ihn!«, wörtlich: »Pfahle Ihn
an!« Und der Statthalter beugte sich der politischen Realität des übermächtigen
Volkswillens und verurteilte Jesus. Er war dem Volk zu Willen, damit es ihn
nicht beim Kaiser anschwärze (Joh.19:12).
Das war »am Vorbereitungstag des Passah, etwa
um die sechste Stunde« (Joh.19:14), also am 13. Nisan gegen zwölf Uhr.
Die Verhöhnung Jesu
»Dann führten Ihn die Krieger in das Innere
des Hofes ab (das ist das Prätorium) und riefen die ganze Truppe zusammen. Sie
zogen Ihm einen Purpurmantel an, flochten einen Dornenkranz, den sie Ihm
aufsetzten, fingen an, Ihn zu grüßen und sagten: Freue dich, König der Juden! -
Dann schlugen sie Ihn mit einem Rohr aufs Haupt, spien Ihn an, und niederkniend beteten sie Ihn an.
Als sie Ihn so verhöhnt hatten, zogen sie Ihm den Purpurmantel aus und zogen
Ihm Seine eigene Kleidung wieder an« (Verse 16-20 a).
Das Prätorium war der Amtssitz des
Statthalters, Purpur die königliche Farbe. Es lässt sich nicht eindeutig
bestimmen, wann die Verhöhnung Jesu stattgefunden hat, vermutlich am nächsten
Morgen.
Auf dem Weg nach
Golgatha
»... und führten Ihn hinaus, um Ihn zu kreuzigen.
Dann zwangen sie einen Vorübergehenden (den Kyrenäer Simon, den Vater des
Alexander und des Rufus, der vom Feld kam), Sein Kreuz aufzunehmen. So brachten
sie Ihn zu der Stätte »Golgatha«, das ist verdolmetscht »Schädelstätte«. Dort
gaben sie Ihm Wein mit Myrrhe zu trinken, den Er aber nicht nahm« (Verse 20
b-23).
Die Juden waren zu dem Frondienst des
Lastentragens für die Römer verpflichtet; so konnten die Krieger einen gerade
Vorübergehenden, der aus der an der libyschen Küste gelegenen Stadt Kyrene
stammte, zwingen, Jesu Hinrichtungspfahl zu tragen. Die Söhne jenes Mannes
waren den Gläubigen damals, als Markus seinen Bericht schrieb, bestimmt
bekannt; sonst hätte er sie nicht erwähnt.
Warum der Platz »Golgatha« hieß, ist nicht
bekannt; vielleicht wegen der schädelförmigen Gestalt der Kuppe. Wo sich diese
Stätte befand, ist ebenfalls unbekannt; wir wissen nur, dass sie außerhalb der
Stadt lag (Heb.13:12).
Man gab unserem Herrn Wein mit Myrrhe und
Galle (Mat.27:34) zu trinken; diese Mischung wirkt betäubend. Dies entsprach
dem in den Sprüchen 31:6 empfohlenen Liebesdienst: »Gebt dem Verlorenen
Rauschtrank und Wein denen mit verbitterter Seele.« Jesus aber wollte Sein Werk
in ungetrübtem Bewusstsein vollbringen, sodass Er den Trank nicht nahm. So
wurde Er gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod (Phil.2:8). Auch wir sind
aufgerufen, so zu wandeln wie Christus in Seiner Liebe, in der Er Sich Selbst
für uns als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hatte, zu einem
duftenden Wohlgeruch (Eph.5:2).
Am Kreuz
»Nachdem sie Ihn gekreuzigt hatten,
verteilten sie Seine Kleider, indem sie das Los darüber warfen, was ein jeder
nehmen sollte. Es war die dritte Stunde, als sie Ihn kreuzigten. Und Seine
Schuld war als Inschrift angeschrieben: Der König der Juden. - Mit Ihm
kreuzigten sie zwei Wegelagerer, einen zu Seiner Rechten und einen zu Seiner
Linken« (Verse 24-27; Vers 28 nicht im Grundtext).
Die Kleidung des Verurteilten und seine
anderen Habseligkeiten, wie Gürtel und Sandalen, fielen üblicherweise an die
mit der Kreuzigung beauftragten Krieger. Ohne es zu ahnen, erfüllten sie Psalm
22:19: »Sie werden meine Kleider unter sich verteilen und über mein Gewand das
Los werfen.«
Es war die dritte Stunde, also zwischen acht
und neun Uhr morgens, da sie unseren Herrn Jesus Christus an den Pfahl (griech.
stauros, Stehendes) schlugen.
Es war Brauch, eine Inschrift mit der
Schuldursache oben am Pfahl anzuheften. Pilatus hatte sie formuliert. Sie war
in hebräischer, griechischer und lateinischer Sprache geschrieben. Der volle
Wortlaut war: Dieser ist Jesus, der Nazarener, der König der Juden (Mat.27:37;
Luk.23:38; Joh.19:19). Genau diese Eigenschaft Jesu, der König der Juden zu
sein, mussten die Hohenpriester als eine Spitze des Pilatus gegen sie empfinden
(Joh.19:21).
Die Tatsache, dass Jesus zusammen mit zwei
Schwerverbrechern hingerichtet wurde, war von Jesaia vorausgesagt: »Unter die
Übertreter wurde Er gerechnet« (Jes.53:12). - Wie es sich denn so verhält:
»Jewe, mein Herr, tut nichts, es sei denn, dass Er Sein Geheimnis Seinen
Dienern, den Propheten, enthüllte« (Amos 3:7).
Sie verhöhnten Ihn
»Die Vorübergehenden lästerten Ihn,
schüttelten ihre Häupter und sagten: Ha, Du, der den Tempel abbrichst und in
drei Tagen wieder aufbaust, rette Dich Selbst, indem Du vom Kreuz herabsteigst!
- Auch die Hohenpriester mit den Schriftgelehrten höhnten in gleicher Weise
untereinander und riefen: Andere hat Er gerettet, Sich Selbst kann Er nicht
retten! Der Christus, der König Israels, steige nun vom Kreuz herab, damit wir
es gewahren und glauben. - Auch die zusammen mit Ihm gekreuzigt waren,
schmähten Ihn« (Verse 29-32).
Kopfschütteln war eine Geste der Verachtung
und des Spotts. Das Prophetenwort hierzu lautet: »Ich bin ein Wurm und kein
Mensch, eine Schmach der Menschheit und verachtet vom Volk« (Ps.22:7); »Ich bin
eine Schmach für sie geworden; sehen sie mich, schütteln sie ihr Haupt«
(Ps.109:25).
Ausgangspunkt dieser Spottrede war Jesu Wort:
»Reißt diesen Tempel nieder, und in drei Tagen werde Ich ihn aufrichten!« »Er
aber hatte von dem Tempel Seines Körpers gesprochen« (Joh.2:19,21). Unser Herr hatte also nicht gesagt, dass Er den Tempel abbreche, sondern dass sie dies täten. Und genau dies geschah
in jenen Stunden, dass sie nämlich den Tempel Gottes, Jesu Körper,
niederrissen.
Wie dumm von den Hohenpriestern und
Schriftgelehrten, mit ihrem Höhnen ungewollt anzuerkennen, dass Jesus andere
rettete. Zu erkennen, warum Er nicht vom
Kreuz herabstieg, war ihnen in ihrer Verblendung nun rein gar nicht mehr
möglich. Jesus wollte Sich nicht Selbst retten, weil Er für sie alle zu ihrer
Rettung sterben wollte.
Bei alledem wusste Jesus - und dies war Ihm
ein Zuspruch Seines Vaters: »Du kennst meine Schmach, meine Scham und meine
Schande; vor Dir sind all meine Bedränger« (Ps.69:20).
Einer der beiden Wegelagerer wird wohl bald
aufgehört haben, Jesus zu schmähen, und zur Erkenntnis gekommen sein, dass Er
wirklich der König Israels und der Messias ist (Luk.23:39-43).
Jesu Worte am Kreuz
Markus gibt nur das vierte der sieben Worte
Jesu am Kreuz wieder. Das erste steht in Lukas 23:34, das zweite in Lukas
23:43, das dritte in Johannes 19:26,27 und das vierte in Matthäus 27:46 und
Markus 15:34. Die weiteren drei Worte sind in Johannes 19:28, Johannes 19:30 und
Lukas 23:46 niedergeschrieben.
In der sechsten Stunde
»Als die sechste Stunde gekommen war,
breitete sich Finsternis über das ganze Land aus bis zur neunten Stunde. Um die
neunte Stunde aber schrie Jesus mit lauter Stimme auf und rief: Eloi, Eloi, lema
sabachthani!, das ist verdolmetscht: Mein Gott, Mein Gott, wozu Du Mich
verlassen hast!« (Verse 33+34).
Etwa von gegen zwölf bis gegen fünfzehn Uhr
lag eine furchterregende, lähmende Finsternis über dem ganzen Land. Die
physikalische Ursache ist nicht bekannt, die geistliche aber sehr wohl. Es war
die Stunde der Finsternismächte, wie unser Herr bei Seiner Gefangennahme sagte:
»Dies ist jedoch eure Stunde und Vollmacht der Finsternis« (Luk.22:53). In
Psalm 22:13,14 werden die »Weltbeherrscher dieser Finsternis, die geistlichen
Mächte der Bosheit inmitten der Überhimmlischen« (Eph.6:12) wie folgt
geschildert: »Viele
Jungstiere umgeben mich, Bullen, die fett sind, umringen mich. Sie sperren ihre
Mäuler gegen mich auf, wie ein Löwe, zerreißend und brüllend.« Der Satan ging
wie ein brüllender Löwe umher und suchte, Jesus zu verschlingen, und zwar auf
die Weise, dass dieser Seine Glaubenstreue gegenüber Seinem Gott und Vater
aufgebe (1.Pet.5:8,9).
Die Finsternis wich. Jesus rief laut zu
Seinem Gott hinauf. Was Er rief, wäre wörtlich wie folgt zu übersetzen: Mein
Gott, Mein Gott, warum verließest Du Mich? Da der Herr aber kein Unwissender
war, sondern Sinn und Zweck Seines Leidens kannte, fragte Er nicht warum,
sondern pries Gott um des hohen Zieles willen.
Er wusste, wozu der Vater Ihn verlassen
hatte:
-
damit man dem zukünftig neugeborenen Israel die Gerechtigkeit Jewes
kundtue (Ps.22:32);
-
damit alle Enden der Erde sich zu Jewe umwenden (Ps.22:28);
-
damit Israel Frieden und Heilung von der ärgsten Wunde, der Sünde,
zuteil werde (Jes.53:5);
-
damit Er als der gerechte Knecht die Vielen rechtfertige (Jes.53:11);
-
damit Ihm für Sein Leiden die vielen Gerechtfertigten zu Seiner
Verherrlichung als Siegeskranz zugeteilt werden (Jes.53:10-12);
-
damit Er Selbst durch Seinen Gehorsam vollkommen gemacht werde und Er
allen, die Ihm gehorchen, die Ursache der äonischen Rettung sei (Heb.2:10;
5:9);
-
damit Er die Sünden in Seinem Körper von den Menschen wegtrage an das
Holz hinauf (1.Pet.2:24);
-
damit Er zur Sühne für die Sünden Israels, ja der ganzen Welt werde
(1.Joh.2:2);
-
damit Er das Sündopfer sei (2.Kor.2:21) und den Fluch des Gesetzes
trage (5.Mose 21:23; Gal.3:13);
-
damit Gott durch Sein Blut Frieden machen und das All mit Sich
aussöhnen könne (Kol.1:29)
-
und damit Gottes Liebe erkennbar werde, die Ihn Sein Liebstes für Seine
Geschöpfe an den Schandpfahl dahingeben ließ.
Was bedeutet Verlassensein? Das Verlassensein
Jesu wird in Psalm 22, dessen ersten Satz der Herr zitierte, anschaulich und
ausführlich geschildert: nämlich seine Preisgabe an die Drangsale, die Ihm
Seine menschlichen und geistlichen Feinde zufügten. Gott hatte Ihn
dahingegeben, ebenso wie Er Selbst Sich dahingegeben hatte (Joh.3:16;
1.Tim.2:6).
Der Herr spürte keine Liebeszuwendung Seines
Gottes mehr.
Die Verlassenheit bestand in der Preisgabe,
dem Entzug des Schutzes und der Huld, wie in Psalm 22 beschrieben: »Fern von
meiner Rettung sind die Worte meines Schreiens. Viele Hunde umgeben mich; schon
haben sie meine Hände und Füße durchgraben. Alle meine Gebeine kann ich zählen.
Doch du, Jewe, sei nicht fern, mein Unterordner! Eile mir zur Hilfe! Rette mich
vor dem Schlund des Löwen und vor den Hörnern der Urochsen!«
Gott verließ Ihn, indem Er Ihn zerschlug und
leiden ließ (Jes.53:10). Gott gab Ihn dahin in die Hände Seiner Peiniger
(Röm.4:25).
Und Gott litt mit, denn »Gott war in
Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend« (2.Kor.5:19).
Einer tränkte Ihn
»Eloi, Eloi, lema sabachthani!« - »Als einige
der Dabeistehenden das hörten, sagten sie: Siehe, Er ruft den Elia! - Sogleich
lief jemand hin, füllte einen Schwamm mit Essig an, steckte ihn auf ein Rohr,
tränkte Ihn und sagte: Lasst nur! Wir
wollen sehen, ob Elia kommt, um Ihn herabzunehmen!"« (Verse 35+36).
Die Umstehenden hatten nicht genau verstanden,
sicher weil Jesus mit trockener Zunge nicht deutlich sprechen konnte. Jemand
wollte Ihm deshalb etwas zu trinken geben, was andere mit dem Hinweis
ablehnten, dass auch Elia Ihm nicht helfen werde. Im Rahmen dieses Geschehens
wird der Herr Sein fünftes Wort am Kreuz ausgerufen haben: »Mich dürstet«
(Joh.19:28). Und so kam es, dass Ihn einer tränkte.
David hatte dies alles bereits geweissagt:
»Meine Kraft ist trocken wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt an meinen Kiefern«
(Ps.22:16); »Für meinen Durst lassen sie mich Essig trinken« (Ps.69:22).
Jesus hauchte aus
»Jesus aber ließ Seine Stimme laut erschallen
und hauchte aus. Da zerriss der Vorhang des Tempels in zwei Teile, von oben bis
unten« (Verse 37+38).
Unser Herr rief: »Es ist vollbracht!«
(Joh.19:30) und: »Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist!« (Luk.23:46).
Das gesamte Werk Gottes der Rettung aus Sünde
und Tod sowie der Rechtfertigung und Versöhnung aller Geschöpfe war vollbracht.
Der Gewinn aus Jesu Leiden und Sterben wird den Auserwählten während der Äonen
zuteil, den anderen beim Abschluss der Äonen, bei der Vollendung
(1.Kor.15:20-28).
Und Jesus übergab Seinen Geist. Ohne Geist
kein Leben (Joh.6:63; Luk.8:55). Jesu Seele, Sein Bewusstsein, ging in das
Ungewahrbare (Ps.16:10; Ap.2:27).
Der Vorhang trennte das Heilige vom Heiligen
der Heiligen. Im Heiligen befanden sich der Leuchter, der Schaubrotetisch und
der goldene Räucheraltar, und im Allerheiligsten stand die Bundeslade
(Heb.9:2,3). Der Vorhang symbolisierte das Fleisch Jesu Christi. Er zerriss,
als das Fleisch Jesu zerriss. Jetzt war der Blick auf die Bundeslade frei.
Jetzt war der Weg in die Gegenwart Gottes frei, wie in Hebräer 10:19-22
dargelegt: »Da wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu Freimut haben zum Eintritt
in die heiligen Stätten, den Er uns eingeweiht hat (dazu wurde Er geschlachtet
und ist nun ein lebendiger Weg durch den Vorhang hindurch, dies ist Sein
Fleisch), und da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben, so lasst
uns mit wahrhaftem Herzen herzukommen, in Vollgewissheit des Glaubens.«
Das Zeugnis des
Hauptmanns
»Als der Hauptmann, der Ihm gegenüber
dabeistand, gewahrte, dass Er so aushauchte, sagte er: Wahrhaftig, dieser
Mensch war Gottes Sohn« (Vers 39).
Nicht den Oberen des Volkes, sondern
heidnischen Kriegern wurde die Erkenntnis geschenkt, dass Jesus der Sohn Gottes
ist. Den Begriff »Sohn Gottes« hatten sie am Vormittag aus den Schmähreden der
Juden entnommen (Mat.27:43).
Die zuschauenden Frauen
»Es waren aber auch von ferne zuschauende
Frauen dort, unter ihnen Maria, die Magdalenerin, und Maria, die Mutter des
kleinen Jakobus und des Joses, und Salome (die Ihm gefolgt waren, als Er noch
in Galiläa war, und Ihm gedient hatten) und viele andere, die mit Ihm nach
Jerusalem hinaufgezogen waren« (Verse 40+41).
Aus Maria von Magdala waren sieben Dämonen
ausgefahren (Luk.8:2). Mit Maria, der Mutter des kleinen Jakobus und des Joses
(Josephs), ist vermutlich die Mutter Jesu gemeint (Mat.13:55; Joh.19:25). Von
Salome wissen wir nichts Weiteres. Diese und andere Frauen waren Zeugen des
Todes Jesu und sollten auch Zeugen Seiner Auferstehung werden. Und der Tag
neigte sich.
(Markus 15:42-16:8)
»Als es schon Abend wurde und weil es der
Vorbereitungstag war - nämlich der vor dem Sabbat - kam Joseph von Arimathia,
ein angesehener Ratsherr, der auch selbst nach dem Königreich Gottes
ausschaute; er wagte es, ging zu Pilatus und bat um den Körper Jesu. Pilatus
aber war erstaunt, dass Er schon verstorben sein sollte; er ließ den Hauptmann
zu sich rufen und fragte ihn, ob Er schon lange tot sei. Als er es von dem
Hauptmann erfuhr, schenkte er Joseph den Leichnam« ((Mark.15:42-45).
Unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes
und Messias und König Israels, hatte Seinen Geist Seinem Vater am Passahtag,
dem 14. Nisan des Jahres 32 n. Chr., gegen 15 Uhr übergeben.
Nun wurde es Abend. Ein Kalendertag hat zwei
Abende, einen zu Beginn von 18 bis 21 Uhr und einen am Ende von 15 bis 18 Uhr.
Es war am Abend gegen Ende des Passahtages, der zugleich der Vorbereitungstag
vor dem großen Festsabbat der ungesäuerten Brote ist.
Nach dem Gesetz des Mose musste ein
Hingerichteter noch am selben Tag begraben werden (5.Mose 21:23).
Joseph von Arimathia, einem Ort etwa 35 km
nordwestlich von Jerusalem, wohnte jetzt in Jerusalem und war ein Mitglied des
Synedriums. Er war ein heimlicher Jünger Jesu (Joh.19:38) und mit der
Verurteilung Jesu dementsprechend nicht einverstanden gewesen (Luk.23:51). Nun
legte er seine Furcht ab und bekannte sich mit seiner Tat offen zu Jesus, was
nach dem Evangelium vom Königreich Israels Bedingung zur Rettung war
(Mat.10:32).
Pilatus gab seiner Bitte statt, vielleicht
weil er eine gewisse Sympathie für Jesus hatte, vielleicht, um den lästigen
Fall loszuwerden.
Die Grablegung
»Dieser kaufte Leinwand und nahm Ihn vom
Kreuz herab, wickelte Ihn in die Leinwand und legte Ihn in ein Grab, das aus
dem Felsen gehauen war; dann wälzte er einen großen Stein vor den Eingang des
Grabes. Maria aber, die Magdalenerin, und Maria, die Mutter des Joses, schauten
sich an, wohin Er gelegt worden war« (Verse 46+47).
Joseph von Arimathia trug - sicherlich mit
Hilfe seiner Knechte oder Sklaven - den unverweslichen Leichnam Jesu (Ps.16:10;
Ap.2:27; 13:35-37) zu seiner eigenen Grabhöhle (Mat.27:60).
Er war ein reicher Mann (Mat.27:57). So
erfüllte sich das prophetische Wort Jesaias: »Man gab Ihm mit Frevlern Sein
Grab, und bei einem Reichen war Er in Seinem Tod« (wörtlich: »in Seinen Toden«,
dem Seines Leibes und dem Seiner Seele) (Jes.53:9).
Übrigens half auch der Pharisäer Nikodemus
mit, ein Oberer der Juden, der eines Nachts zu Jesus gekommen (Joh.3:1) und vor
den Hohenpriestern für Jesus eingetreten war (Joh.7:50). »Er brachte eine
Mischung von Myrrhe und Aloe, etwa hundert Pfund. Sie nahmen dann den Körper
Jesu und wickelten ihn samt den Gewürzen in Leinentücher, so wie es bei den
Juden Sitte ist zu bestatten« (Joh.19:39,40).
Der Kauf der
aromatischen Öle
»Da es inzwischen Sabbat wurde, kauften
Maria, die Magdalenerin, und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome Gewürze,
damit sie später gehen und Ihn mit Würzölen einreiben könnten« (Mark.16:1).
Die Frauen konnten gerade noch vor 18 Uhr und
damit vor dem großen Feiertag die nötigen aromatischen Öle einkaufen, die den
Verwesungsgeruch überdecken sollten.
Im Grunde war ihr Einkauf Unglaube, da der
Herr doch gesagt hatte, dass Er auferweckt werden würde (Mark.8:31; 9:31;
10:34, Ps.16:10). Aber wer will dies den von den Ereignissen erschütterten und
benommenen Frauen vorwerfen?
An einem der Sabbattage
»So kamen sie an einem der Sabbattage sehr
früh am Morgen, bei Sonnenaufgang, zum Grab. Da sagten sie zueinander: Wer wird
uns den Stein vom Eingang des Grabes fortwälzen? - Doch beim Aufblicken
schauten sie, dass der Stein schon zurückgewälzt war; er war nämlich überaus
groß« (Verse 2-4).
Die Ereignisse am Auferstehungsmorgen werden
auch in Matthäus 28:1-8, Lukas 24:1-12 und Johannes 20:1-18 geschildert.
Zuallererst war Maria Magdalene allein am
Grab, als es noch finster war. Sie berichtete dem Petrus und lief zur Gruft
zurück, wo sie zwei himmlischen Boten und dem Herrn begegnete. Die Frauengruppe
kam zum Grab und fand den Stein
weggewälzt. Nachdem der Engel ihnen die Auferweckung Jesu mitgeteilt hatte,
flohen sie in Furcht, ohne auf dem Weg jemandem etwas zu sagen. Sie berichteten
den Jüngern. Petrus und Johannes liefen zum Grab. Der Herr erschien dem Petrus
(Luk.24:34) und später zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus (Luk.24:13-31).
Markus berichtet nur in Kürze, was ihm
besonders wichtig war.
Der erste Tag, an welchem Jesus im Tode war,
war der 14. Nisan, der Passahtag.
Den zweiten Tag des Todes Jesu über, also
während des großen Sabbats des Festes der ungesäuerten Brote am 15. Nisan,
blieben die Frauen nach dem Gebot des Gesetzes (3.Mose 23:7) in der Stille
(Luk.23:56). Die Sicherung des Grabes durch eine römische Wache und die
Versiegelung des Steines erfolgte am Abend eben dieses zu Ende gehenden Tages
(Mat.27:62-65 und Mat.28:1a).
Am dritten Tag sollte der Herr auferweckt
werden, wie Er gesagt hatte (Mat.16:21, 17:23, 20:19, 27:54; Luk.24:7,21,46;
Ap.10:40; 1.Kor.15:4).
Der dritte Tag, der 16. Nisan, hatte mit
seiner Nachthälfte begonnen. Frühmorgens kamen die Frauen zum Grab, um Jesu
Leichnam mit Öl einzureiben. Nach den Worten des Herrn war es an einem Sabbat
erlaubt, edle Werke zu tun (Mat.12:1-13; Mark.3:4).
Ein Engel hatte den Rollstein vor der
Grabesöffnung weggewälzt (Mat.28:2-4).
Es war an einem der Sabbattage. Anders ist
der Grundtext nicht zu übersetzen. Dieser eine muss ein regelmäßiger
wöchentlicher Sabbat gewesen sein, der dem Festsabbat folgte. Der
Auferstehungstag Jesu wird in der Heiligen Schrift als der dritte Tag und als ein
Sabbattag bezeichnet.
Die Verkündigung des
Engels
»Als sie in das Grab hineingingen, gewahrten
sie einen Jüngling, mit einem weißen Gewand umhüllt, zur Rechten sitzen; da
waren sie fassungslos. Der aber sagte zu ihnen: Seid nicht fassungslos! Ihr
sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten: Er wurde auferweckt, Er ist nicht
hier; siehe, da ist die Stätte, wohin man Ihn gelegt hatte. Geht jedoch hin,
sagt Seinen Jüngern und Petrus, dass Er euch nach Galiläa vorangeht; dort
werdet ihr Ihn sehen, so wie Er euch gesagt hat. - Da gingen sie hinaus und
flohen vom Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten
niemandem etwas; denn sie fürchteten sich« (Verse 5-8).
Der Jüngling im weißen Gewand war eindeutig
ein Bote Gottes, ein Engel. Dass er saß, weist darauf hin, dass er an einem
Troggrab in jener Felsengruft saß.
Bei seinem Anblick erschauerten die Frauen
und waren völlig außer sich. Der Bote aber sprach ihnen zu, nicht fassungslos
zu sein, und sprach von Jesus, den er als den Nazarener und den Gekreuzigten
genau kennzeichnete.
Und dann verkündigte er die triumphale
Botschaft: Jesus wurde auferweckt! Er lebt!
Wie wir wissen, ist Sein Leben die Grundlage
des zukünftigen Lebens aller (Röm.5:18; 1.Kor.15:20-28).
Zu Pfingsten verkündigte Petrus: »Diesen
Jesus, der euch nach dem festgesetzten Ratschluss und der Vorerkenntnis Gottes
ausgeliefert wurde, habt ihr durch die
Hand von Gesetzlosen ans Kreuz heften und hinrichten lassen; den hat Gott
auferstehen lassen, indem Er die Wehen des Todes löste, weil Er unmöglich von
ihm gehalten werden konnte. David sagt nämlich von Ihm: ... Mein Fleisch wird
zelten in Erwartung, weil Du meine Seele nicht im Ungewahrten lassen wirst,
noch Deinen Huldreichen dahingeben, Verwesung zu gewahren. Du hast mir Wege des
Lebens bekannt gemacht. ... Da er (David) nun ein Prophet war und wusste, dass
Gott ihm mit einem Eid geschworen hatte, einen aus der Frucht seiner Lende auf
seinen Thron zu setzen, hat er voraussehend von der Auferstehung des Christus
gesprochen: Weder wurde Er im Ungewahrten gelassen, noch gewahrte Sein Fleisch
Verwesung. Diesen Jesus hat Gott auferstehen lassen, dafür sind wir alle
Zeugen. ... Mit Sicherheit erkenne daher das ganze Haus Israel, dass Gott Ihn
sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr
gekreuzigt habt« (Ap.2:22-36).
Der Glaube an die Auferstehung Jesu gehört
zum Kern des Glaubens (Röm.4:24,25). Wäre Jesus nicht auferweckt worden, wäre
unsere Heroldsbotschaft inhaltslos und inhaltslos auch unser Glaube
(1.Kor.15:14).
Sogar dem Petrus, der den Herrn verleugnet
hatte, sollten die Frauen sagen, dass Jesus den Aposteln nach Galiläa
vorangehe, wie Er bereits gesagt hatte: »Ihr alle werdet in dieser Nacht an Mir
Anstoß nehmen; denn es steht geschrieben: Ich werde den Hirten erschlagen, und
die Schafe werden sich zerstreuen. - Jedoch nach Meiner Auferweckung werde Ich
euch nach Galiläa vorangehen« (Mark.14:28).
Ergriffen und zitternd vor ehrfürchtiger
Scheu eilten die Frauen vom Grab weg; unterwegs sagten sie niemand etwas von
dem Unfassbaren. Auch uns geziemt es, eingedenk der Auferstehung Jesu Christi
zunächst anbetend zu schweigen; hernach werden wir umso mehr reden!
Damit endet der Bericht des Markus.
Der Schluss des Berichts
des Markus
Der Bericht des Markus endet mit Kapitel 16,
Vers 8. Ob Markus hier bewusst schloss - es würde zu seinem Stil passen - oder
sein Schluss verlorenging, wissen wir nicht. Da man den Eindruck haben kann,
dass der Bericht unvermittelt endet, ist es menschlich verständlich, dass man
einen angemessenen Schluss hinzufügen wollte; geistlich aber ist es nicht,
seine eigene Ergänzung als das Wort Gottes auszugeben.
Die Verse 9 bis 20 gehören nicht zum
Grundtext, weil sie nicht in den Kodizes S (Sinaiticus, 4. Jhd.) und B
(Vaticanus, 4. Jhd.) stehen. Wohl stehen sie in den Kodizes A (Alexandrinus, 5
Jhd.),
C
(Ephraemi, 5. Jhd.) und D (Bezae, 5.Jhd.) und in W (Freerianus, 5. Jhd.) mit
einer längeren Erweiterung in Vers 14, die vielen Abweichungen untereinander aber
zeigen, dass sie später von fremder Hand hinzugefügt wurden. In anderen Fällen
verwirft man einen Satz oder ein Wort, das sich nur in A, nicht aber in S und B
findet.
Die Verse 9 bis 20 weichen inhaltlich
erheblich von den Berichten des Matthäus und Lukas ab.
Clemens von Alexandrien (215 n. Chr.) und
Origines (254 n. Chr.) führen Markus 16:9-20 nicht auf. Eusebius (330 n. Chr.)
äußerte, dass jener Schluss, was die »genauen Handschriften« betreffe, fehle
und in »fast allen Handschriften«, ausgenommen »nur wenige
Evangeliumshandschriften«, nicht aufgeführt sei.
Im Übrigen:
Der Übergang von Vers 8 zu Vers 9 erfolgt
inhaltlich sehr abrupt. Der sprachliche Stil des Abschnitts 9 bis 20 ist
keinesfalls der des Markus; das ist für die meisten Exegeten keine Frage. Maria
Magdalena wird in Vers 9 völlig neu eingeführt, als ob von ihr bisher nie die
Rede gewesen wäre.
Der Textabschnitt 9 bis 20 ist in mehreren
Punkten unklar oder verwirrend. Was soll man in Vers 9 unter dem »ersten
Sabbat« verstehen? Ist die Wassertaufe nach Vers 16 heilsnotwendig oder nicht?
Vers 19 passt zeitlich nicht zu Vers 14, da unser Herr erst nach 40 Tagen in
den Himmel aufstieg (Ap.1:3).
Es gibt übrigens noch einen zweiten, anderen,
recht kurzen Schluss, und zwar in den Kodizes L (Regius, 8.Jhd.) und Psi
(Athous Laurensis, 9./10. Jhd.). L bringt beide Schlüsse, zuerst den kurzen und
dann den langen. Der Schreiber von Psi verwirft den langen in den ihm
vorliegenden Texten als nicht ursprünglich und führt nur den kurzen auf.
Zur Frage, ob der Schluss des Markusberichts
echt ist, wurden schon viele Stellungnahmen, ja Doktorarbeiten verfasst - mit
den unterschiedlichsten Ergebnissen. Für meine »Ausführungen zum Bericht des
Markus« aber sollen diese wenigen Bemerkungen genügen.
Ich schließe mit zwei bedeutenden Zeugnissen
aus diesem Buch der Bibel, und zwar des römischen Hauptmanns vor dem Kreuz
Jesu: »Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn« (Mark.15:39) und des
himmlischen Boten im Felsengrab: »Ihr sucht Jesus, den Nazarener, den
Gekreuzigten: Er wurde auferweckt!« (Mark.16:6). Amen!
Dieter
Landersheim
Höhenstraße
11
65824
Schwalbach a. Ts.
www.biblischelehre.de