Das Buch Daniel

(Kommentar)

Die Verschleppung Daniels (Daniel 1)

Nebukadnezars Traum (Daniel 2)

Die drei Freunde Daniels im Feuerofen (Daniel 3)

Die tiefe Erniedrigung Nebukadnezars (Daniel 4)

Das Festmahl Belsazars und Daniel in der Löwengrube (Daniel 5+6)

Die vier gewaltigen Tiere (Daniel 7+8)

Die siebzig Siebener (Daniel 9)

In der Antike (Daniel 10:1 - 11:20)

In der Endzeit (Daniel 11:21 - 12:13)



Das Buch Daniel

(Kommentar)

Die Verschleppung Daniels

(Dan. 1)

Einleitung

 Das Buch Daniel gibt uns Einblick in die Zeit der babylonischen Gefangenschaft Judas und den persönlichen Lebensweg des Staatsmanns und Propheten Daniel, verschafft uns einen prophetischen Überblick über die Geschicke der Nationen während der »Fristen der Nationen« (Luk. 21:24), die von König Nebukadnezar an bis zur Wiederkunft Jesu Christi zu Israel reichen, und bezeugt uns die Allmacht und Souveränität Gottes; er ist der Herr der Weltgeschichte, Er bewirkt alles gemäß dem Ratschluss Seines Willens, sowohl die Geschichte der Nationen und Weltreligionen als auch eines jeden Menschen.

 Das Buch ist in dem Abschnitt, der sich mit den Nationen befasst, nämlich von Kapitel 2:4 b bis 7:28, passenderweise auf aramäisch geschrieben, der damaligen Weltsprache.

 In der hebräischen Bibel findet sich die Schriftrolle Daniel nicht unter den Büchern der Propheten, sondern unter den »Schriftwerken«, wohl deshalb, weil Daniel keine Botschaft an das Volk Israel gerichtet hat und sich selbst nicht als Propheten bezeichnet. Gleichwohl war er ein Prophet, wie unser Herr Jesus sagte (Mat. 24:15), in erster Linie aber Staatsmann.

 Daniel trug seinen Namen nicht von ungefähr; er schreibt sich (hebr.) DNIAL, punktiert DaNIJeL, und bedeutet »Mein Rechtswalter ist El«, anders gesagt: »Recht verschafft mir El«. El ist der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. In der Kraft Els verwaltete Daniel das Recht, er übte das geltende staatliche Recht aus. Er selbst war gerechtfertigt und gerecht und wird deshalb von Hesekiel in einem Atemzug mit den vorbildlichen Männern Noah und Hiob genannt (Hes. 14:14).

 Daniel lebte in einer bewegten Epoche, in der die Großmächte Assur, Babel und Ägypten um die Vorherrschaft rangen.

 Angenommen, Daniel war bei der Thronbesteigung des Kores II, des Königs des Großreichs Persien, im Jahr 536 v. Chr. 86 Jahre alt (oder etwas älter), dann wann war er etwa im Jahr 622 v. Chr. geboren und im Jahr der ersten Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar (607 v. Chr.) als Fünfzehnjähriger (oder als etwas Älterer) zusammen mit anderen Edlen nach Babel geführt worden.

 In seine Zeit fallen:

die Eroberung Assurs durch Babel im Jahr 609 v. Chr.,

die erste Wegführung des Volkes Juda nach Babel

im Jahr 606 v. Chr. (Beginn der 70-jährigen babylonischen Gefangenschaft Judas),

der Sieg Nebukadnezars, des Königs von Babel, über

Pharao Necho II bei Karkemisch im Jahr 605 v. Chr.,

der Tod des Königs Jojakim von Juda im Jahr 598 v. Chr.,

die erneute Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar

im Jahr 598 v. Chr.,

die zweite Wegführung des Volkes Juda nach Babel

im Jahr 598 v. Chr.,

die nochmalige Eroberung Jerusalems und die anschließende

Zerstörung der Stadt durch Nebukadnezar

im Jahr 587 v. Chr.,

die dritte Wegführung des Volkes Juda nach Babel

im Jahr 587 v. Chr.,

die Eroberung Ägyptens durch Babel im Jahr 568 v. Chr.,

der Tod Nebukadnezars im Jahr 562 v. Chr.,

die Eroberung Babels durch Medo-Persien im Jahr

539 v. Chr.,

die erste Rückführung von Juden unter Kores II,

dem Großen, des Königs des Großreichs Persien, im Jahr

536 v. Chr. (Ende der 70-jährigen babylonischen

Gefangenschaft Judas).

Kapitel 1

Die Eroberung Jerusalems

1Im dritten Jahr der Regierung Jojakims (607 v. Chr.), des Königs von Juda (609 - 598 v. Chr.), kam Nebukadnezar, der König Babels (König eigentlich erst ab 606 v. Chr.; bis 562 v. Chr.), gen Jerusalem und umdrängte sie (die Stadt).

2Und mein Herr gab Jojakim, den König von Juda, in seine Hand und einen Teil der Geräte des Hauses Elohims; und er brachte sie in das Land Sinear (die Ebene Babels zwischen Euphrat und Tigris), in das Haus seines Elohims, und die Geräte brachte er in das Schatzhaus seines Elohims.

...

 Juda war gerichtsreif. Der König Jojakim und sein Sohn Jojachin, der nach ihm nur drei Monate regierte, taten, was in den Augen Jewes böse war (2. Kön. 24:8, 9, 15; 2. Chron. 36:5, 9), und das Volk ebenfalls. Sie hatten nicht auf die mahnenden Worte der Propheten, besonders Jeremias, gehört (Jer. 25:1 - 11). Deshalb gab Jewe sie in die Hand Nebukadnezars, den Er als Seinen Diener bezeichnete (Jer. 25:9; 27:6; 43:10), weil jener die Aufgabe hatte, Juda zu züchtigen und auf diese Weise zurechtzubringen.

 Die Eroberung der Hauptstadt des davidischen Königtums und die drei Jahre, die Jojakim in Babel als Diener Nebukadnezars verbringen musste, bevor er zurückkehren durfte (2. Kön. 24:1), machen deutlich, dass die Fristen der Nationen begonnen hatten (Luk. 21:24), zumal auch das wahre geistliche Heiligtum, der Tempel in Jerusalem, eines Teils seiner Geräte beraubt worden war. Dem längst unheilig gewordenen Land Juda konnte das Heiligtum nicht länger belassen werden.

 Die Edlen Judas und einen Teil der Tempelgeräte nahm Nebukadnezar in sein Land Sinear mit. Vom »Zahn des Gegners«, wie »Sinear« zu übersetzen ist, hatten die Juden nichts Gutes zu erwarten, und Babel ist ohnehin der Inbegriff der gottfeindlichen Welt.

 Die Geräte kamen in das Schatzhaus des babylonischen Elohims. Elohim bedeutet: der alles Verfügende, der für alles Verantwortliche. Elohim ist Gott in Christus (vgl. 2. Kor. 5:19). Der Begriff wird in der Bibel aber auch für mancherlei Götter und Götzen sowie für die Richter im alten Israel verwendet. Der Hauptgott Babels war Bel (Verwirrer, Vermenger), auch Merodach (Marduk) (erbitterter Malmer) genannt.

Verschleppung der Edlen nach Babel

3Und der König sprach zu Aschpenas, dem Meister seiner Kämmerer, (einige) aus den Söhnen Israels herbeizubringen, und zwar von königlichem Samen und von den Hochadeligen:

4Knaben, an denen gar kein Gebrechen ist und von gutem Aussehen und in aller Weisheit zur Klugheit gelangende und Erkenntnis erfassende und Wissenschaftliches verstehende und in denen die Kraft (Befähigung) ist, nun im Palast des Königs (vor ihm) zu stehen; und man soll sie im Schrifttum und der Zunge der Chaldäer belehren.

5Und der König wies ihnen die Tageskost für jeden Tag an von den Leckerbissen des Königs und vom Wein seiner Trinkmahle; und dass man sie drei Jahre lang aufbaue und sie an deren Ende angesichts des Königs stehen.

6Und es geschah: Unter ihnen befanden sich aus den Söhnen Judas Daniel, Chananja (»Gnade Jewes«), Mischael (»Wer ist der El?«) und Asarja (»Jewe hilft«).

7Und der Fürst der Kämmerer legte ihnen (andere) Namen bei, und legte dem Daniel (den Namen) Beltschazar (»Bels Schossender und Anhäufender«) bei und dem Chananja (den Namen) Schadrach (»Brustzarter«) und dem Mischael (den Namen) Mejschach (»Wasser des Schach«) und dem Asarja (den Namen) Abednego (»Diener des Nego«; Nego = »Glänzender«).

...

 Unter den nach Babel verschleppten Edlen befanden sich auch für hohe Regierungsämter besonders ausgewählte Jünglinge. Um ein so großes Reich wie Babel zu verwalten, bedurfte es qualifizierter Führungskräfte, und zwar auch aus allen beherrschten Völkern, die eventuell die Provinz ihrer Heimat unter Berücksichtigung der Sitten und Gebräuche im Sinne Babels zu regieren vermochten. Dafür wurden überaus fähige junge Männer intensiv geschult.

 Diese Hochschulausbildung war dem König so wichtig, dass sie sogar die besten Speisen bekommen sollten, wie der König selbst sie aß. Das war zugleich eine hohe Ehre, die man nicht ausschlagen konnte.

 Als zukünftige würdige Repräsentanten Babels hatten sich die Studenten der unumschränkten Herrschaft Nebukadnezars in allen politischen und religiösen Punkten bedingungslos zu unterwerfen. So mussten die vier Jünglinge aus Israel zum Beispiel einen anderen Namen annehmen, weil ihre hebräischen Namen die Verehrung Jewes, des Elohims Israels, ausdrückten, was an dem heidnischen Hof nicht tragbar war. Für sich selber behielt Daniel seinen herkömmlichen Namen bei.

 Auch wir Gläubigen heute durchlaufen in unserer finsteren Welt eine Schule Gottes bezüglich der Unterordnung unter die gegenwärtigen Autoritäten (Röm. 13:1 - 7). Sollte unser an der Bibel geschultes Gewissen uns die Unterordnung versagen, müssen wir bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.

Dem Gesetz gemäße Nahrung

8Aber Daniel legte (sich's) auf sein Herz, dass er sich mit den Leckerbissen des Königs und mit dem Wein seiner Trinkmahle nicht besudele; und er ersuchte vom Fürsten der Kämmerer, dass er sich nicht besudeln müsse.

9Und Elohim gab Daniel Huld und Erbarmen angesichts des Fürsten der Kämmerer.

10Und der Fürst der Kämmerer sprach zu Daniel: Ich fürchte meinen Herrn, den König, der eure Speise und eure Trinkmahle zugeteilt hat. Denn warum sollte er eure Angesichter als weniger gut aussehend sehen als die der (anderen) Jünglinge eurer Altersstufe? ¬ Und so verwirkt ihr mein Haupt beim König.

11Da sprach Daniel zu dem Aufseher, den der Fürst der Kämmerer für Daniel, Chananja, Mischael und Asarja zugeteilt hatte:

12Erprobe doch deine Diener zehn Tage, und man gebe uns von den Samen zu essen und Wasser zu trinken.

13Und vor deinem Angesicht wird unser Aussehen besehen werden und das Aussehen der Jünglinge, die die Leckerbissen des Königs essen, und so wie du sehen wirst, tue mit deinen Dienern.

14Und er hörte auf sie in dieser Sache und erprobte sie zehn Tage.

15Und am Ende der zehn Tage wurde ihr Aussehen als besser gesehen und dass (ihr) Fleisch wohlgenährter war als all der Jünglinge, die die Leckerbissen des Königs aßen.

16Und es geschah, dass der Aufseher ihre Leckerbissen und den Wein ihrer Trinkmahle wegtrug und ihnen Samenkörner gab.

...

 Daniel und seine drei Freunde wussten sich an das Gesetz des Mose gebunden, das ihnen die Einnahme von unreinen und gar Götzen geweihten Speisen untersagte (2. Mose 34:15; 3. Mose 11:4; 17:12). Gläubige können nicht am Tisch des Herrn teilnehmen und auch am Tisch der Dämonen (1. Kor. 10:21, 21).

 So sprach Daniel, durchaus um die Gefahr für sein Leben wissend, den Fürsten der Kämmerer an (Vers 8), aber nicht in dem Sinne, dass er sich widersetze, sondern dass er einer anderen Autorität gehorchen müsse, nämlich Jewe, dem Elohim Israels. Er bat um eine Sonderregelung. Dies war ein beeindruckendes Zeugnis für den Fürsten der Kämmerer, der damit etwas von der Herrlichkeit Jewes wahrnahm, sodass er den vier Jünglingen wohlwollend gesonnen war (Vers 9). Jewe war es, der sein Herz so eingestimmt hatte. Ihr Gott gewährte den vier jungen Männern Erbarmen im Angesicht ihrer Feinde (Ps. 106:46; Spr. 16:7).

 Der Fürst der Kämmerer hatte Menschenfurcht und Todesfurcht (Vers 10). Sollten die vier aus Juda schlechter als die anderen Studenten aussehen, würde ihn dies seinen Kopf kosten. Damit konzentrierte er seine Argumentation auf das Aussehen. Dann verließ er den Raum und überließ die Sache dem Aufseher.

 Nun richtete Daniel seine Worte an den Aufseher (Vers 11). Sein Vorschlag war ganz praktisch: man führe bitte eine Erprobung durch (Vers 12). Die vier hebräischen Jünglinge waren bereit, sich dem Ergebnis und der entsprechenden Entscheidung des Aufsehers zu beugen (Vers 13).

 Zehn Tage schlug Daniel für den Test vor, zehn womöglich deshalb, weil er sich in der Hand Jewes wusste und dessen Schutz vor der Hand seiner Feinde benötigte (Ps. 31:16) und die Hand (heb. JaD) durch den hebräischen Buchstaben JOD, den zehnten des Alphabets, dargestellt wurde.

 Alsdann: Daniel und seine Freunde sahen besser aus als die anderen (Vers 15). Wie konnte man schon nach zehn Tagen den Unterschied feststellen? Das konnte nicht an der Kost allein gelegen haben, sondern mehr noch lag es am Segen des alten Bundes für ihren Gehorsam. Denn nicht vom Brot allein lebt der Mensch, sondern von jedem Wort, das durch Gottes Mund ausgeht (5. Mose 8:3; 32:47; Mat. 4:4). Wer sich in Jewe sichert, der blüht auf (Spr. 28:25).

 So kam es, dass der Aufseher die königlichen Speisen wegtragen ließ und den Vieren Samenkörner gab (Vers 15). Vermutlich kamen der Aufseher und ihm Nahestehende in den Genuss der edlen Speisen.

Der Segen des Gehorsams

17Und ihnen, diesen vier Jünglingen, ihnen gab der Elohim Wissen und zur Klugheit Gelangen in jeder Art des Schrifttums und der Weisheit, und Daniel befähigte Er, jede Art von Gesichtung (Vision) und Träumen zu verstehen.

18Und am Ende der Tage (604 v. Chr.), von denen der König gesprochen hatte, sie (zu ihm) zu bringen, da brachte sie der Fürst der Kämmerer vor Nebukadnezar.

19Und der König redete mit ihnen, und man fand aus ihnen allen keinen wie Daniel, Chananja, Mischael und Asarja. Und sie standen (von da an) angesichts des Königs.

20Und eine jede Sache der Weisheit des Verstehens, die der König von ihnen ersuchte, fand er bei ihnen zehnfach über dem all der Zeichenkundigen, auch der Minister, welche in all seiner Regierung waren.

21Und Daniel war dort bis zum ersten Jahr des Königs Kores (Kyros II der Große, König des Großreichs Persien; 536 v. Chr.).

...

 Daniel und seine Freunde hatten die erste Bewährungsprobe bestanden, nämlich hinsichtlich ihrer Speise. Sie hatten fest und treu dem Gesetz des Mose und damit zu Jewe, ihrem Elohim, gestanden, was zum weiteren geistlichen Wachstum beitrug. Jewe segnete ihren Gehorsam und gab ihnen große Weisheit (Vers 17). »Jewe gibt Weisheit, aus Seinem Mund (erwachsen dem Menschen) Erkenntnis und Verständnis« (Spr. 2:6). Weisheit erfasst das Wesen einer Sache, überblickt Ursachen und Auswirkungen der Abläufe und zieht die richtigen Folgerungen.

 Dem Daniel gab Jewe außerdem die Fähigkeit, Visionen und Träume zu verstehen. Da uns das Wort Gottes heute durch Paulus vervollständigt, auf das Vollmaß gebracht, vorliegt (Kol. 1:25) und das geschriebene Wort uns alles sagt, sind Visionen und Träume überholt.

 Die Studenten mussten zwar die weltliche Weisheit erlernen, doch für die vier Hebräer war nur die Weisheit ihres Elohims verbindlich. Die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott (1. Kor. 3:19).

 Nach Ablauf der vom König bestimmten dreijährigen Studienzeit (Vers 5) wurden die Ausgebildeten zum König gebracht (Vers 18). Ihre Eignung war ihm so wichtig, dass er die Prüfung selbst vornahm (Vers 19). Daniel und seine Freunde bestanden das Examen, ja da Gottes Geist ihren Geist erleuchtete, zeichneten sie sich vor allen anderen aus, sodass sie fortan in hoher Position vor dem König stehen durften.

 Die vier waren nicht nur ihren Mitstudenten überlegen, sondern auch allen Zeichenkundigen und Ministern (Vers 20). Woher kam es, dass sie klüger waren? Die Antwort gibt Psalm 119:98 - 100: »Weiser als meine Feinde macht mich Dein Gebot, denn für äonisch ist es mein. Klüger als alle mich Lehrenden werde ich, denn Deinen Bezeugungen sinne ich nach. Mehr als Alte verstehe ich, denn Deine Bestimmungen bewahre ich.«

 Und Daniel diente bis ins hohe Alter angesichts all der Könige bis hin zum ersten Jahr des persischen Königs Kores (536 v. Chr.) (Vers 21). Das heißt nicht, dass er in jenem Jahr starb, denn Kapitel 10:1 spricht vom dritten Jahr des Kores (534 v. Chr.), in welchem dem Daniel ein Engel erschien.

 Daniel erlebte also den gesamten Zeitraum der siebzigjährigen babylonischen Gefangenschaft Israels (606 - 536 v. Chr.) vom Anfang bis zum Ende, und schließlich wurde ihm die Freude über den Beginn der Rückführung seines Volkes in die Heimat zuteil.

Nebukadnezars Traum

(Dan. 2)

Die Unfähigkeit der Ratgeber

1Und im zweiten Jahr der Regierung Nebukadnezars (603 v. Chr.) träumte Nebukadnezar Träume, worauf sein Geist pulsierte und sein Schlaf sich nicht einstellte.

2Und der König sprach, dass man die Zeichenkundigen und die Minister und die Zauberer und die Chaldäer rufe, um dem König seine Träume zu berichten. Da kamen sie und nahmen Stand angesichts des Königs.

3Und der König sprach zu ihnen: Einen Traum träumte ich, und mein Geist pulsiert, den Traum zu erkennen.

4Da redeten die Chaldäer zum König auf aramäisch (ab hier bis Kapitel 7:28 auf aramäisch abgefasst): König, für Äonen lebe! Sprich den Traum zu deinen Dienern, und dann werden wir die Auslegung ins Leben (rufen).

5 Der König antwortete und sprach zu den Chaldäern: Das zu erfüllende (vollziehende) Wort ist von mir beschlossen: Wenn ihr mich den Traum und seine Auslegung nicht wissen macht, werdet ihr euch verblutende (Körper) erdienen, und eure Häuser werden zu Kotstätten niedergelegt.

6Wenn ihr aber den Traum und seine Auslegung ins Leben (ruft), werdet ihr Gaben und Belohnung und hohe Würde von mir entgegennehmen. Deshalb, (ruft) mir den Traum und seine Auslegung ins Leben.

7Sie antworteten ein zweites Mal und sprachen: Der König spreche den Traum zu seinen Dienern, und dann (rufen) wir die Auslegung ins Leben.

8Der König antwortete und sprach: Mehr als unumstößlich (ist's): Ich erkenne, dass ihr die Zeit hinausziehen (wollt), weil ihr vorausseht, dass das zu erfüllende Wort von mir beschlossen ist,

9dass, wenn ihr den Traum mich nicht wissen macht, (nur) dieser eine Erlass über euch (liegt), und ihr plant, lügenhaftes und verderbendes zu erfüllendes Wort vor mir zu sprechen, bis die (jetzige) Zeit sich ändert. Deshalb, sprecht den Traum zu mir, und ich werde erkennen, dass ihr mir seine Auslegung ins Leben (rufen) (könnt).

10Die Chaldäer antworteten vor dem König und sprachen: Es gibt keinen Mann auf dem Trockenen, der das zu erfüllende Wort des Königs ins Leben (rufen) kann, wie denn auch kein meisterhafter und mächtiger König ein zu erfüllendes Wort wie dieses (jemals) erfragte bei irgendeinem Zeichenkundigen oder Minister oder Chaldäer.

11Und das zu erfüllende Wort, das der König erfragt, ist verbälkt (verrammelt), und es gibt keinen anderen, der es vor dem König ins Leben (rufen) (kann), ausgenommen die Älahin (Götter), deren Liegestätte nicht bei den Fleischgeboren ist.

12Wegen alldem drohte der König und ergrimmte übermäßig und sprach, alle Weisen Babels verloren gehen zu lassen.

13Und der Erlass kam heraus, dass die Weisen umgebracht (werden sollten). Und man suchte auch Daniel und seine (mit ihm) Verbundenen, dass sie umgebracht würden.

...

 Im Allgemeinen sind Träume Illusionen und bedeutungslos. Ein Traum entflattert beim Erwachen, und man verstößt ihn (Ps. 73:20; Hiob 20:8). Träume sind Häcksel, das Wort der Wahrheit aber ist Korn (Jer. 23:28). Doch in früheren Zeiten, als das Wort Gottes noch nicht vervollständigt war (Kol. 1:25), sprach Gott dann und wann auch durch Träume. Und dieser Traum, den Nebukadnezar hatte, hinterließ einen gewaltigen Eindruck und berührte ihn im Wesenskern, nämlich seinem Geist, und ließ ihn nicht los. Was bedeutete er, war die bohrende und dringliche Frage (Vers 1).

 So ließ der König die Zeichenkundigen, die Minister, die Zauberer und die Chaldäer rufen. Die Chaldäer waren wahrscheinlich eine besondere Klasse von Führungskräften aus dem südlichen Landesteil. Die Ratgeber sollen dem König den Traum berichten (Vers 2). Wer seherische Gaben hatte, musste dies können. Nebukadnezar war von vornherein entschlossen, die Weisen zu testen. Er hatte schon manche Deutungen von ihnen gehört, die zwar mehr oder weniger zutrafen, ihm aber als willkürlich zusammengereimt oder phantasievoll und schmeichlerisch vorgekommen waren. Eine Auslegung kann man sich zurechtlegen, aber nur wer den Traum wiederholen kann, dessen Deutung auch ist richtig.

 Die Chaldäer waren die Wortführer; sie sprachen aramäisch, die Amtssprache des Reiches. Aramäisch ist eine Abwandlung der Ursprache Hebräisch, wobei Zischlaute (S, Ss, Z, Sch) zu Verschlusslauten (D, T, Th) wurden.

 Die Weisen grüßten Nebukadnezar mit den Worten: »König, für Äonen lebe!« (Vers 4). Man darf auch übersetzen: »König, lebe in Richtung auf die Äonen!«, oder: zu den Äonen hin, also auf die Zukunft ausgerichtet.

 Die Männer wollten zuerst den Traum hören. Der Souverän wurde ungehalten. Er verlange das menschlich Unmögliche von ihnen und bestand darauf und drohte ihnen mit dem Tode und der Zerstörung ihrer Häuser (Vers 5).

 Die Weisen wollten Zeit gewinnen und baten zum zweiten Mal darum, den Traum erzählt zu bekommen (Verse 7 + 8). Nebukadnezar lehnte strikt ab (Vers 9). Wenn sie den Traum nicht angeben könnten, wäre auch ihre Auslegung Betrug.

 Die Ratgeber wiesen den König darauf hin, dass nur die Götter den Traum wissen könnten (Vers 11). Nein! Zwar können der Satan und seine Engel sowie Beelzebul und seine Dämonen auch etwas wissen, aber einen von Gott gegebenen Traum können sie nicht verstehen, und die von den Weisen angeführten Götter ¬ warum befragen sie sie nicht? ¬ sind Nichtse, auch wenn sie sich dies nicht ganz eingestehen mögen. Im Übrigen äußerten sie, dass ihre Götter nicht bei den Menschen wohnen. Der wahre und lebendige Gott dagegen wohnt im Himmel und bei den Menschen. Er wohnte mitten in Israel im Zelt des Zeugnisses und im Tempel (2. Chron. 6:18) Er wohnt bei denen, die zerschlagenen und erniedrigten Geistes sind (Jes. 57:15). Und schließlich »wurde das Wort Fleisch und zeltete unter uns« (Joh. 1:14).

 Nebukadnezar ergrimmte über alle Maßen und gebot, alle Weisen umzubringen (Vers 12), wie denn geschrieben steht, dass »der Zorn des Königs einem Todesboten gleicht« (Spr. 16:14) und der ihn zum Überwallen (Überschäumen) bringende Mensch seine Seele verwirkt (Spr. 20:2). Warum begrenzte Nebukadnezar sein Urteil nicht auf die Anwesenden? Der Erlass kam heraus, und auch Daniel und seine Freunde, die gar nicht anwesend waren, standen auf der Todesliste (Vers 13). Warum eine solche Ungerechtigkeit? Weil Zorn die Vernunft mindert und zu unbedachten Handlungen verführt (Eph. 4:26).

Daniel empfängt die Enthüllung des Traums

1415er antworte und sprach zu Arioch, dem Beschützer des Königs: Aufgrund von was ist der Erlass des Königs so überstiegen? Alsdann gab Arioch den Daniel das zu erfüllende Wort (den Sachverhalt) zu wissen.

16Und Daniel ging hinauf und ersuchte den König, dass er ihm eine Frist gebe, um die Auslegung dem König ins Leben (rufen) zu (können).

17Alsdann ging Daniel weg zu seinem Haus und ließ den Chananja, Mischael und Asarja, seine (mit ihm) Verbundenen, das zu erfüllende Wort (den Sachverhalt) wissen,

18sodass sie um Erbarmen vor dem Elah (aram. Bezeichnung für Gott; entspricht dem heb. Eloah) der Himmel bezüglich dieses Geheimnisses nachsuchten, damit Daniel und seine (mit ihm) Verbundenen nicht mit den verbliebenen Weisen Babels verloren (gingen).

19Alsdann enthüllte sich dem Daniel das Geheimnis in (einer) Gesichtung der Nacht. Daraufhin segnete Daniel den Elah der Himmel.

20Daniel antwortete und sprach: Dass doch Sein Name, der des Elaha, gesegnet sei vom Äon an und bis zum  Äon, denn Weisheit und Macht, denn sein sind sie.

21Und Er ist der, der die Zeiten und Fristen verändert, der Könige verjagt und Könige erstehen macht, der den Weisen Weisheit gewährt und Erkenntnis den verständnisvoll Erkennenden.

22Er ist der Enthüller des Tiefen und Verborgenen, erkennend, was in der Finsternis ist, und der Strom des Lichts bei Ihm löst (die Finsternis auf).

23Dir, dem Elah meiner Väter, bin ich ein Dankender und Rühmender, denn Weisheit und Macht gewährtest Du mir, und fernerhin gabst du mir zu wissen, was wir von Dir ersuchten, denn das zu erfüllende Wort (die Sache) des Königs gabst Du uns zu wissen.

...

 Daniel protestierte nicht gegen den Erlass, sondern fragte den Chef der Leibgarde ehrerbietig und sachlich nach dem Grund. Und Arioch teilte ihm mit, um welche Sache es dem König ging, nämlich um den Traum (Verse 14 + 15).

 Daniel wagte es, ging direkt zu Nebukadnezar und sagte ihm, dass er ihm die Deutung geben könne (Vers 16). Die Festigkeit seines Auftretens und die Bestimmtheit seiner Rede muss den König so beeindruckt haben, dass er ihm die erbetene Frist einräumte. Diese diente dem Gebet und dem Empfang der Enthüllung.

 Die vier Freunde flehten um das Erbarmen des Elahs (Vers 18). Sie wussten: »Gnädig ist Jewe und gerecht, und unser Elohim ist ein Erbarmer« (Ps. 116:5). Es liegt ja nicht am Menschen, sondern an dem Sich erbarmenden Gott (Röm. 9:16). Jewe ist mit allen, die Ihn fürchten (Ps. 119:63). Wer Ihn anruft, dem antwortet Er (Jer. 33:3; Ps. 50:15; 91:15).

 Und Gott enthüllte dem Daniel den Traum und seine Deutung in der Nacht ¬ nicht im Schlaf, nicht im Traum, sondern in einer Vision im Wachzustand (Vers 19). Die Geheimnisse Jewes sind für die, die Ihn fürchten (Ps. 25:14). Da segnete und pries Daniel den Elah der Himmel, der Wunder tut (Ps. 72:18), der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph. 1:11), dem Weisheit und Macht zu eigen sind und dem allein alle Ehre und Verherrlichung gebührt.

 Vom Äon an, vom Beginn des gegenwärtigen Äons an, bis zum Äon, bis zum Beginn des nächsten Äons, sei der Name des Elahs gepriesen (Vers 20). Dieser Lobpreis war die erste Frucht des Wirkens Jewes.

 Der Elah der Himmel verändert Zeiten und Fristen (Vers 21); das heißt nicht, dass Er Seine Festlegungen ändere, sondern dass Er die neuen Zeiten und Fristen durch die Änderung der Verhältnisse herbeiführt.

 Er setzt Regenten ein und setzt sie ab. Auch die Fristen und Wohngrenzen der Nationen unterstehen Seiner Verfügungsgewalt (Ap. 17:26).

 Er gibt den Weisen Weisheit und Erkenntnis den verständnisvoll Erkennenden. Erkenntnis setzt Verständnis voraus. Der Anfang der Weisheit ist das Fürchten Jewes (Ps. 111:10; Spr. 1:7). Sein Wort vermittelt uns Weisheit, Erkenntnis und Verständnis (Spr. 2:6). Die Weisheit Gottes ist den Menschen verborgen (Hiob 28:21; 1. Kor. 2:7, 8), es sei denn, Er offenbart sie; uns hat Er sie enthüllt (1. Kor. 2:10), ja Er hat uns Christus Jesus zur Weisheit gemacht (1. Kor. 1:30). Mögen wir darum im Wort, besonders in dem des Apostels Paulus, forschen, damit wir weise werden.

 Gott enthüllt das Tiefe und Verborgene (Vers 22). Die Weisheit Gottes, nämlich Christus und dieser als gekreuzigt, war verborgen gewesen (1. Kor. 2:2, 7). Viele weitere Geheimnisse, die dem Paulus enthüllt wurden, waren von den Äonen an in Gott verborgen gewesen, zum Beispiel die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung und die Vervollständigung des Wortes Gottes durch Paulus (Eph. 3:9; Kol. 1:25).

 Der Strom des Lichts bei Gott löst die Finsternis auf, und zwar in weniger als einem Augenblick. Gott ist voller Licht (1. Joh. 1:5), selbst die Finsternis ist Licht bei Ihm (Ps. 139:12). Alles ist vor Seinen Augen offenbar (Heb. 4:13). Er gibt den Menschen Sein Licht ins Herz (Ps. 18:29) zur Erkenntnis Seiner Herrlichkeit im Angesicht Jesu Christi (2. Kor. 4:6).

 Daniel war voll Dankbarkeit dafür, dass der Elah seiner Väter seine Bitte erfüllt und ihm das Geheimnis des Königs zu wissen gegeben hatte (Vers 23). Auch wir heute sind dafür von Herzen dankbar, denn der Traum und seine Deutung geben uns grundlegende Klarheit über den Ablauf der politischen Weltgeschichte. Schließlich tut unser Gott und Vater nichts, ohne die Seinen vorher darüber zu informieren (Amos 3:7).

Daniel vor dem König

24Wegen alldem (ging) Daniel zu Arioch hinauf, den der König zugeteilt hatte, die Weisen Babels umzubringen. Er ging weg und sprach so zu ihm: Lass die Weisen Babels nicht verloren gehen. (Bringe) mich hinauf vor den König, und ich (rufe) dem König die Auslegung ins Leben.

25Alsdann (brachte) Arioch den Daniel eiligst hinauf vor den König und sprach so zu ihm: Diesen entdeckte ich, einen Mächtigen aus den Verschleppten aus Juda, der dem König die Auslegung zu wissen geben wird.

26Der König antwortete und sprach zu Daniel, dessen Name Beltsazar war: Bist du fähig, mich den Traum wissen zu lassen, den ich gesichtete, und seine Auslegung?

27Daniel antwortete vor dem König und sprach: Das Geheimnis, das der Regent erfragt, können Weise, Minister, Zeichenkundige, Geheimräte dem König nicht ins Leben (rufen).

28Aber es ist ein Elah in den Himmeln, der Geheimnisse enthüllt, und Er gibt dem König Nebukadnezar zu wissen, was in der Späte der Tage (geschehen) wird. Dein Traum und die Gesichtungen deines Hauptes auf deiner Liege, diese waren es:

29Dir, König, stiegen deine Absichten auf deiner Liege empor, was nach diesem (geschehen) wird; und der Enthüller der Geheimnisse gab dir zu wissen, was (geschehen) wird.

30Ich aber ¬ nicht infolge von Weisheit, die mehr als in allen (anderen) Lebenden in mir ist, enthüllte sich mir dieses Geheimnis; (sondern) deshalb, (ja) aufgrund des Anliegens, dass man die Auslegung dem König zu wissen gebe und du die Absichten deines Herzens erkennst.

...

 Arioch war schon dabei, die Weisen Babels hinzurichten, denn Vers 18 spricht von verbliebenen Weisen. Diesen Mann bat Daniel, ihn zum König zu bringen, sodass er bei der Deutung des Traums zugegen sein sollte und die Hinrichtungen sofort stoppen konnte (Vers 24). So sollte Daniel der Retter der Weisen Babels werden.

 Vor dem König nutzte Arioch die Gelegenheit, sich mit der Entdeckung Daniel zu rühmen (Vers 25). Das war glatt gelogen, und dass Nebukadnezar bereits erkannt hatte, dass Daniel den Weisen seines Hofes zehnfach überlegen war (Dan. 1:20), war dem Arioch wohl nicht bekannt.

 Auf die Frage des Königs, ob Daniel den Traum auslegen könne (Vers 26), nahm Daniel keine Ehre für sich in Anspruch, weil er fest in dem Glauben stand, dass allein dem Elah der Himmel alle Verherrlichung gebührt, der Sich seiner erbarmt und ihm das Geheimnis enthüllt hatte.

 Der Traum Nebukadnezars beziehe sich auf die Späte der Tage (Vers 28). Dieser Begriff reicht bis zum Ende des gegenwärtigen bösen Äons, bis zu den sieben Jahren der Zorngerichte Gottes.

 Gerade über die Zukunft hatte Nebukadnezar sich Gedanken gemacht. Er hegte Absichten (Vers 29), wusste sie aber kaum zu definieren. Welche Absichten musste er pflegen, damit seine Weltherrschaft für lange Zeit bestehe? Da der Satan in den Ungläubigen wirkt (Eph. 2:2), dürfte dessen Absicht, die Welt zu beherrschen, die Gedanken des Regenten beeinflusst haben. So kam es denn auch, dass der Satan durch die Deutung des Traums erfuhr, dass er die Welt durch Nebukadnezar und dessen Nachfolger, insbesondere den Antichristus, beherrschen wird (Mat. 4:9; Luk. 4:6; Off. 13:4).

 Nochmals betonte Daniel, dass die Deutung nicht in seiner eigenen Weisheit begründet sei (Vers 30). Wir Gläubigen sind nicht aus uns selbst tauglich (2. Kor. 3:5). Es war Gottes Wille und Tat, dem Nebukadnezar und damit der ganzen Welt das Geheimnis der Weltgeschichte zu enthüllen.

Der Traum und seine Deutung

31Du, König, du hattest eine Gesichtung. Und zwar diese: Ein hochragendes Standbild. Das so (gestaltete) Standbild war meisterhaft und sein Leib gewaltig, es entstand dir gegenüber, und sein Aussehen war zum Verkriechen (war furchtbar, war schreckenerregend).

32Jenes Standbild ¬ sein Haupt war aus gutem Gold, seine Brüste und seine Arme waren aus Silber, seine Schöße (Unterleib) und seine Hüften aus Kupfer,

33seine Schenkel aus Eisen, seine Füße ¬ (ein Teil) von ihnen war aus Eisen und (ein Teil) von ihnen aus Ton.

34Du hattest die Gesichtung, bis sich ein Stein abtrennte, was nicht durch Hände (geschah), und gegen das Standbild prallte, wider seine Füße aus Eisen und Ton, und sie zerbröckelte.

35Daraufhin waren zerbröckelt ¬ (alle) wie eines ¬: Eisen, Ton, Kupfer, Silber und Gold; und sie wurden wie Spreu aus den Tennen des Sommers, und es erhob sich ein Wind, und irgendeine Stätte wurde nicht für sie entdeckt. Und der Stein, der gegen das Standbild prallte, wurde zu einer meisterhaften Rechtsordnung und füllte die gesamte Erde.

36Dies ist der Traum. Und seine Auslegung sprechen wir nun vor dem König:

37Du, König, König der Könige, dir, dem der Elah der Himmel königliche Herrschaft, Sicherheit und Regierungsmitarbeiter und Würde gewährte ¬

38und überall, wo Menschensöhne (ihre) Schlafstätte haben, gewährte Er die Tiere des erschaffenen (Gefilds) und das Flatternde der Himmel deiner Hand und gab dir Macht über sie alle ¬, du bist es, das Haupt aus Gold.

39Und auf deiner Stätte wird eine spätere Königsherrschaft auf der Erde erstehen, geringer als deine, und eine dritte, spätere Königsherrschaft aus Kupfer, die mächtig sein wird im gesamten Land.

40Und eine vierte Königsherrschaft wird eine (alles fest) umschließende sein, wie Eisen, weil Eisen alles zerbröckelt und niederstreckt; und wie zertrümmerndes Eisen wird sie all diese (Königsherrschaften) zerbröckeln und zertrümmern.

41Und dass du gesichtest die Füße und die Zehen, (ein Teil) von ihnen Ton des Töpfers und (ein Teil) von ihnen Eisen: Eine abgeteilte Königsherrschaft wird sie werden, aber die Festigkeit des Eisens ist in ihr, wie du Eisen gesichtetest, vermischt in Ton des Lehms.

42Und die Zehen der Füße, (dass ein Teil) von ihnen Eisen und (ein Teil) von ihnen Ton ist: Der äußerste (Teil) der Königsherrschaft ist von mächtiger Regierungsgewalt, und ein Teil von ihr ist brüchig.

43Dass du Eisen gesichtetest, gemischt mit Ton des Lehms: Der Same (die Nachkommenschaft) des Menschen wird sich vermischen, aber sie hangen nicht einander an, das eine am anderen, ¬ da! ¬ wie denn Eisen sich nicht mit Ton mischt.

44Und in ihren Tagen, in denen sie Könige sind, macht der Elah der Himmel eine Königsherrschaft erstehen, die sich für Äonen nicht einengen lassen wird, und eine Königsherrschaft für ein anderes Volk wird nicht übrig gelassen; sie (die Königsherrschaft) wird all diese Königsherrschaften zerbröckeln und beseitigen, sie aber, sie wird für die Äonen erstehen.

45Wie du gesichtetest, dass sich ein Stein von der Rechtsordnung abtrennte, was nicht mit Händen (geschah), und Eisen, Kupfer. Ton, Silber und Gold zerbröckelte: Elah, der meisterhafte, ließ den König wissen, was nach diesem (geschehen) wird, und unumstößlich ist der Traum und zuverlässig seine Auslegung.

...

 Der Traum an sich war einfach: Ein Standbild aus verschiedenen Metallen, das zerbrach und wie Spreu verschwand (Vers 31). Der Eindruck aber war schrecklich. Zwar erglänzten die Metalle in ihrer Herrlichkeit, aber der hochwüchsige und gewaltige Körper war so furchterregend und bedrohlich, dass man sich verkriechen möchte. Nebukadnezar war so überwältigt, dass er sich der besonderen Bedeutung des Traums sicher war, zumal er mit seinen Gedanken über die Zukunft seiner Regentschaft zusammenhängen könnte. Wissend, was die Menschheit tut und will, ahnte Nebukadnezar vielleicht, dass der gesichtete Koloss den Menschen und seine Neigung, alles zu beherrschen, in größter Kraft- und Prachtentfaltung, allerdings auch in enormer Gewaltbereitschaft, darstellen könnte.

 Die Figur war überaus hochragend, füllte mithin das ganze Gesichtsfeld des Träumenden aus, und erinnert uns an den hochragenden Turm, der bis an die Himmel reichen sollte, den man einst am Ort des Traumes zu bauen begonnen hatte (1. Mose 11:4). Das war ein menschenverherrlichendes, widergöttliches Tun gewesen.

 Das furchtbare Standbild war eindeutig widergöttlich, zumal Gott es schließlich vernichtete; es stellte die bedrückende, zur Flucht und zum Verkriechen veranlassende Herrschaft des Menschen über den Menschen in dem weiteren Verlauf des gegenwärtigen bösen Äons (Gal. 1:4) dar. Wie denn der Satan eine einheitliche Weltregierung und Weltreligion, eine weltumfassende, von den Menschen allerdings als ideal angesehene Herrschaft des Menschen anstrebt, eines Menschen, der ihm die Anbetung zollt, die Jesus ihm versagt hatte (Mat. 4:9, 10; Luk. 4:5 - 7).

 Das Haupt der Statue war aus Gold, die Brust und die Arme aus Silber, der Unterleib aus Kupfer, die Beine aus Eisen und die Füße aus Eisen und Ton (Verse 32 + 33). Gold ist wertvoller als Silber, Silber als Kupfer, Kupfer als Eisen. Mit den menschlichen Regierungen geht es also ständig bergab. In der Stärke jedoch ist das geringere Metall dem kostbaren überlegen; das Silber besiegte das Gold, das Kupfer das Silber und das Eisen das Kupfer.

 Dann hatte der König im Traum gesehen, dass sich ein Stein abtrennte ¬ nicht durch Menschenhände ¬, gegen die Füße des Standbilds prallte und es völlig zerstörte, ja zu Staub zermalmte, den ein Wind wie Spreu davontrug (Verse 34 + 35). Der Stein ist Jesus Christus (Mat. 21:42; 1. Pet. 2:4), der die Könige am Tag Seines Zorns zersplittern (Ps. 110:5; Jes. 24:17 - 20) und die Welt sodann in Gerechtigkeit und Frieden regieren wird. Dann erfüllt der Stein die ganze Erde, Jesus hat die Königsherrschaft über die gesamte Welt inne (Off. 11:15), und die Erde wird mit der Erkenntnis Jesu erfüllt sein, so wie die Wasser den Meeresgrund bedecken (Jes. 11:9).

 Nach der exakten Wiedergabe des Traums gab Daniel die Auslegung bekannt (Vers 36). Man beachte, dass er sagte: Die Auslegung sprechen »wir«, sich also bewusst war, dass er nicht allein der Sprecher, sondern der eigentlich Sprechende der war, der ihm die Worte eingegeben hatte, nämlich der Elah der Himmel.

 Daniel sprach Nebukadnezar ganz persönlich und betont an: »Du, König, König der Könige ... du bist es, das Haupt aus Gold« (Verse 37 + 38). Das war eine immens wichtige und erfreuliche Aussage für Nebukadnezar. Gold steht für Souveränität und Herrlichkeit. Daniel führte aus, dass der Elah der Himmel dem König all seine Herrschaft und Würde gegeben hat. Dies im Machtbereich des babylonischen Götzen Marduk zu sagen, war riskant und hätte Daniel unter anderen Umständen das Leben gekostet. Auch ein Gewalthaber kann nur das erobern und beherrschen, was der Elah der Himmel ihm gewährt (Joh. 3:27). Jewe Elohim war es, der Seinem Diener Nebukadnezar alles in die Hand gegeben hatte (Jer. 27:6).

 Nebukadnezar war der König der Könige. Dieser hohe Titel steht im Grunde nur dem Lämmlein zu (Off. 17:14; 19:16), findet aber hier seine weltliche Nachahmung gemäß den Vorstellungen des Satans, dem »Gott dieses Äons« (2. Kor. 4:4).

 Auch alle Tiere der ganzen Erde waren dem König der Könige übergeben (Vers 38; Jer. 27:6; 28:14). Er beherrschte zwar nicht die gesamte Welt, tat dies aber in seiner Vorstellung, seinen Thron in den Himmeln und über den Sternen zu haben (Jes. 14:13), und gemäß seiner prophetischen Bestimmung, dargestellt in dem die ganze Erde regierenden Menschen, und zwar dem Antichristus.

 »Auf deiner Stätte« (Vers 39), das heißt hier in Babel, wird ein Königreich aus Silber erstehen. Das war Medo-Persien, das Babel im Jahr 539 v. Chr. eroberte. Die Hauptstadt Medo-Persiens wie auch Griechenlands, das als drittes Königreich folgte, war Babel. Babel ist seit Nimrod (1. Mose 10:9, 10) Zentrum der entscheidenden Schritte der Weltgeschichte und des sich gegen Gott erhebenden Menschen.

 Silber ist ein Symbol für Erlösung und Befreiung. Dementsprechend erlaubte der Perserkönig Kores II der Große den Juden im Jahr 536 v. Chr. die Rückkehr (Esra 1), siebzig Jahre nach der ersten Wegführung nach Babel im Jahr 606 v. Chr. (Jer. 25:1, 11).

 Danach erstand eine Herrschaft aus Kupfer; es war die Griechenlands. In den Jahren 334 - 330 v. Chr. eroberte Alexander der Große das Perserreich.

 Es folgte das vierte, ein eisernes Königreich (Vers 40), von gewaltiger Stärke, das alle anderen zertrümmerte. Das war Rom. Es gewann im ersten Jahrhundert v. Chr. die Macht über die meisten bedeutenden Länder und ging im Zuge der Völkerwanderung im fünften Jahrhundert n. Chr. unter.

 Betrachten wir nun die Füße und die Zehen (Verse 41 - 43). Sie sind zum Teil aus Eisen und zum Teil aus Ton, mithin sehr mächtig und zugleich brüchig. Die Bevölkerung ist ebenfalls gemischt, hangt aber nicht aneinander an, wie denn Eisen sich mit Ton nicht nachhaltig mischen lässt.

 Jenes Reich, das antichristliche, hat die Vollmacht über die ganze Erde (Off. 13:7). Die zehn Zehen sind die zehn Könige der Endzeit, von denen wir in der Offenbarung 17:12, 13 lesen: »Die zehn Hörner, die du gewahrtest, sind zehn Könige, die noch kein Königreich erhielten. Aber Vollmacht wie Könige erhalten sie wie für eine Stunde zugleich mit dem wilden Tier. Diese sind einer Meinung und geben ihre Macht und ihre eigene Vollmacht dem wilden Tier.«

 Eine geteilte Regentschaft wird es sein: einerseits das wilde Tier samt den zehn Königen, andererseits das abgefallene Israel, das die Geldströme der Welt beherrscht, die Hure Babylon, »die große Stadt, die die Königsherrschaft über die Könige der Erde hat« (Off. 17:18). Johannes auf Patmos bekam zu hören: »Die zehn Hörner, die du gewahrtest, und das wilde Tier ¬ diese werden die Hure hassen, sie veröden und entblößen. Sie werden ihr Fleisch fressen und sie mit Feuer verbrennen« (Off. 17:16).

 Zum Schluss hatte Nebukadnezar gesehen, dass sich ein Stein ohne menschliches Zutun löste ¬ wir hatten bereits zu den Versen 34 und 35 ausgeführt, dass Jesus der Sein ist ¬, gegen die Füße prallte und sie zerschmetterte, woraufhin die ganze Statue zusammenbrach und wie Spreu im Wind verwehte. Der Stein wurde zu einem Hort der Gerechtigkeit und füllte die gesamte Erde.

 Daniel gab dem König eine detaillierte Deutung (Verse 44 + 45): Der Elah der Himmel ist der Handelnde und alles Bewirkende, Er macht Schluss mit den Regierungen der Menschen. Der Stein kommt aus Gottes meisterhafter Ordnung und bringt der Welt Seine gerechte Herrschaft, die Jesus als das Königreich der Himmel bezeichnete (Mat. 5:3; 7:21). Das Reich umspannt die ganze Erde (Dan. 7:27) und umfasst die beiden kommenden Äonen (Dan. 7:14), den des tausendjährigen Königreichs und den der neuen Erde (Off. 20:5, 6; 21:1). Die Regierungsausübung wird keinem anderen Volk gegeben werden als nur Israel allein, wie verheißen (5. Mose 28:1, 13; Jes. 2:2 - 4). Als Jesus in Israel auftrat, hatte sich dieses Königreich genaht (Mat. 4:17). Als Er in Jerusalem einritt (Joh. 12:13), waren 69 Jahrsiebener um; es stand nur noch der siebzigste Jahrsiebener bis zum Anbruch des Königreichs aus (Dan. 9:24 - 27).

 Abschließend betonte Daniel, dass der Elah der Himmel den König mit dem Traum und der Auslegung die Zukunft hat wissen lassen (Vers 45). Es dürfte Nebukadnezar klar gewesen sein, dass dieser Gott, der wahre Gott, das, was Er ankündigt, auch tut.

Nebukadnezar ehrt den wahren Elah und Daniel

46Daraufhin fiel der König Nebukadnezar auf sein Antlitz und fiel zu Daniel hin auf seine Knie, und er sprach, dass man ihm Gaben und Beruhigendes (duftendes Räucherwerk) opfere.

47Der König antwortete dem Daniel und sprach: Es entspricht der Trefflichkeit, dass euer Elah der Elah der Elahin ist, und Er ist der Ersehene (Ausgesuchte) der Könige und Enthüller der Geheimnisse, denn du konntest das Geheimnis enthüllen.

48Alsdann erhöhte der König den Daniel, und er gewährte ihm meisterliche, überragende Gaben und gab ihm die Macht über den ganzen Rechtsbezirk Babel, und er wurde Meister der Präfekten über alle Weisen Babels.

49Und Daniel ersuchte den König, sodass dieser den Dienst im Rechtsbezirk Babel dem Sadrach, Mesach und Abednego zuteilte. Aber Daniel war im Tor des Königs.

...

 Nebukadnezar war von der dargelegten Prophetie überwältigt. Bei all dem Niedergang der Königsherrschaften dürfte er entspannt zur Kenntnis genommen haben, dass ihm persönlich kein baldiger Untergang bevorstand.

 Er fiel auf die Knie, nicht vor Daniel, sondern in Richtung auf ihn zu; er beugte sich vor dem Elah der Elah. Seine Anerkennung des Elohims der Juden war aufrichtig, auch wenn sich seine Erkenntnis, dass dieser Gott, »euer Elah«, wie er sagte, über allen »Göttern« stand, alsbald verflüchtigen sollte. Immerhin war ein erster Schritt auf dem Weg der Erkenntnis getan, dass Jewe der Elohim der Elohim (5. Mose 10:17; Ps. 136:1, 2) und kein Elohim neben Ihm ist (5. Mose 32: 39).

 Der König setzte Daniel in die höchsten Ämter ein. Das musste den Neid der Oberen und Weisen Babels hervorrufen. Deshalb war es wichtig, dass Daniels drei Freunde, die mit ihm zu Gott gefleht hatten (Vers 18), ihm im Rechtsbezirk Babel zuarbeiteten. Daniel war nicht nur zum Meister der Präfekten über alle Weisen Babels erhoben, sondern hatte auch die Macht im Tor inne, entschied also als für die Sicherheit des Königs Verantwortlicher über den Zutritt zu ihm.

Die drei Freunde Daniels im Feuerofen

(Dan. 3)

Die anzubetende Bildsäule aus Gold

1Der König Nebukadnezar beauftragte ein Standbild aus Gold, seine Höhe sechzig Ellen, seine Breite sechs Ellen. Er ließ es im Tal Dura im Rechtsbezirk Babel erstehen.

2Und der König Nebukadnezar entsandte (Boten), die Satrapen, Präfekten und Statthalter, Adelräte, Sachwalter, Erlass-Erklärer, Gerichtsbeamten und alle Schutzmannen des Rechtsbezirks zusammenholen, damit sie zur Einweihung des Standbilds einträfen, das der König Nebukadnezar erstehen lassen hatte.

3(Daraufhin), als die Satrapen, Präfekten und Statthalter, Adelräte, Sachwalter, Erlass-Erklärer, Gerichtsbeamten und alle Schutzmannen des Rechtsbezirks zur Einweihung des Standbildes zusammen geholt waren, das der König Nebukadnezar hatte erstehen lassen, da standen sie gegenüber dem Standbild, das Nebukadnezar hatte erstehen lassen.

4Und der Herold rief in Wappnung (wohlgerüstet): Zu euch spricht man, ihr Völker, Muttervölker und Zungen:

5In dem Zeitabschnitt, da ihr hört den Schall von Horn, Zischette (Rohrpfeife), Zither, Sambuka (Harfe?), im Zusammenklang, Symphonien und allen Gattungen des Psalmens, fallt ihr und fallt ihr auf die Knie hin zu dem goldenen Standbild, das der König Nebukadnezar erstehen ließ.

6Wer aber nicht niederfällt und auf die Knie fällt, der wird in jener Stunde in das Innere des glühenden Flammenofens hochgeschleudert werden.

7Daher, in jener Frist, als alle Völker den Schall von Horn, Zischette, Zither, Sambuka, im Zusammenklang, und allen Gattungen des Psalmens hörten, da fielen alle Völker, Muttervölker und Zungen, fielen auf die Knie hin zu dem goldenen Bild, das der König Nebukadnezar hatte erstehen lassen.

...

Die Erkenntnis Nebukadnezars, dass der Elah der Juden der Elah der Elah ist (Dan. 2:47), war verblasst. Eines Tages fasste der König den für den Staat sinnvoll erscheinenden Entschluss, die Bildsäule eines neuen Gottes erstellen zu lassen. Denn all die vielen Völker in seinem großen Reich hatten unterschiedliche Religionen, was nur zu Konflikten führte oder führen musste. Nur eine einheitliche Religion für alle konnte Ruhe auf diesem Gebiet verschaffen (Vers 1).

Die Maße des Bildes (60 Ellen hoch und sechs Ellen breit) enthalten in der Zehner- und Einerebene die auffällige Zahl 6, die Zahl des Menschen. Wir haben es mithin mit einem Machwerk des Menschen zu tun. Umgerechnet war das Standbild etwa 27 m hoch und 2,70 m breit und vermutlich eine rechteckige mit Gold überzogene Säule mit einem oder mehreren Bildern, darunter sicherlich einem Angesicht, vielleicht sogar dem Nebukadnezars. War er, das Haupt aus Gold (Dan. 2:38), denn nicht Gott gleich? Doch das Bild war stumm. Der lebendige Gott aber spricht, Seine Werke vermitteln Leben.

Alle aus Babel und allen beherrschten Völkern, die Rang und Namen hatten, wurden zusammengerufen (Vers 2). Ein Herold in einer die Macht des Staates repräsentierenden Rüstung (Vers 4) gab den Befehl aus, während des Konzerts das goldene Standbild anzubeten (Vers 5). Die Musik schuf eine dem bedeutenden Ereignis angemessene feierliche Atmosphäre und förderte die Bereitschaft, die Knie zu beugen. Die Anbetung des Bildes durch den Vertreter eines Volkes galt rechtswirksam als die Anerkennung des neuen Gottes durch das jeweilige ganze Volk.

Vers sechs ist furchtbar. Wer die Anbetung unterlasse, werde in den Feuertod geschickt. Wer wollte sich da verweigern? Das können nur die, deren Namen in der Rolle des Lebens geschrieben stehen (Off. 13:8). Nebukadnezars Bild nahm das Bild des wilden Tieres voraus. In der Endzeit werden alle getötet werden, die jenes Bild nicht anbeten (Off. 13:11 - 15).

Welch eine ungerechte Gottheit! Sie fordert Anbetung unter Androhung des Feuertodes. Doch dem Gehorsam wird kein einziges Versprechen gegeben. Welch ein Unterschied auch zwischen den vom König angeordneten weltlichen und religiösen Strafen! Politische Gegner deportiert er, Andersgläubige aber müssen mit dem Schlimmsten rechnen.

Gott hatte dem Nebukadnezar nur die staatliche Macht gewährt (Dan. 2:37), nicht die religiöse. Dies hat allgemeine Gültigkeit. Der Staat hat nur die politische Macht. Überschreitet er die Grenze und bestimmt er auch noch die Religion, bringt er unsägliches Leid über jeden, der dem Wort Gottes glaubt.

Und alle fielen auf ihre Knie (Vers 7) ¬ fast alle, die drei Freunde Daniels nämlich nicht, die sicherlich in vorderster Reihe standen und von allen gesehen werden konnten (Verse 8 - 12).

Die Weigerung der drei Freunde

8Wegen alldem nahten in jener Frist Mächtige der Chaldäer und zeigten die an, die Juden waren.

9Sie antworteten und sprachen zum König Nebukadnezar: König, für Äonen lebe!

10Du, König, du legtest die Bestimmung fest, dass jeder Mann, der den Schall von Horn, Zischette, Zither, Sambuka, im Zusammenklang, Symphonien und allen Gattungen des Psalmens hört, niederfalle und auf die Knie falle hin zu dem goldenen Standbild,

11wer aber nicht niederfällt und auf die Knie fällt, in das Innere des glühenden Flammenofens hochgeschleudert werden wird.

12Da sind Mächtige, Juden, die du zum Dienst im Rechtsbezirk Babel zugeteilt hast, Sadrach, Mesach und Abednego. All diese Mächtigen beachten dich nicht, König, (und) die Bestimmung; deine Elahim ehren sie nicht, und hin zu dem goldenen Standbild, das du erstehen ließest, fallen sie nicht auf die Knie.

13Daraufhin sprach Nebukadnezar in Beben und Erhitzung, den Sadrach, Mesach und Abednego eintreffen zu lassen. Als daraufhin all diese Mächtigen vor dem König eingetroffen waren,

14antwortete Nebukadnezar und sprach zu ihnen: (Ist‘s euer) Entschluss, Sadrach, Mesach und Abednego, dass ihr meine Elahin nicht ehrt und ihr nicht hin zu dem Bild aus Gold, das ich erstehen ließ, auf die Knie fallt?

15Fernerhin (gilt): (Gut ist), wenn ihr euch bereitstellt, in dem Zeitabschnitt, da ihr den Schall von Horn Zischette, Zither, Sambuka, im Zusammenklang, und Symphonien und allen Gattungen des Psalmens hört, niederzufallen und auf die Knie zu fallen hin zu dem Bild, das ich beauftragte. Wenn ihr aber nicht auf die Knie fallt, werdet ihr in jener Stunde in das Innere des glühenden Flammenofens hochgeschleudert werden. Und wer ist er, der Elah, der euch aus meinen Händen befreit?

16Sadrach, Mesach und Abednego antworteten und sprachen zum König: Nebukadnezar, wir haben es nicht nötig, dir auf dieses hin mit einem Dekret zu erwidern.

17Wenn es sein soll: Unser Elah, den wir ehren, kann uns aus dem glühenden Flammenofen befreien, und auch aus deiner Hand, König, (wird) er befreien.

18Und wenn nicht: Erkennbar werde dir, König, dass wir deine Elahin nicht ehren und wir zu dem goldenen Bild hin, das du erstehen ließest, nicht auf die Knie fallen.

...

Dass Daniel die Chaldäer und anderen Weisen einst vor der Hinrichtung gerettet hatte (Dan. 2:13), zählte nicht mehr. Ihr Neid auf die hohe Stellung der Juden fand nun eine ideale Gelegenheit, sie loszuwerden.

Warum verklagten sie nicht auch Daniel? Wir wissen es nicht. Vielleicht war er wegen seiner höchstrangigen Position gar nicht angesprochen, sich zur Bildsäule zu begeben.

Die Chaldäer hoben hervor, dass die drei mit ihrer Weigerung, das Bild anzubeten, den König missachtet hatten, und führten erst danach die Missachtung des neuen Gottes an (Vers 12).

Nebukadnezar geriet in Rage (Vers 13), ordnete aber nicht den sofortigen Vollzug der Strafe an, sondern verhielt sich korrekt und hörte die drei an. Wie denn Jesus später sagte: »Vor Regierenden wie auch vor Könige wird man euch um Meinetwillen führen, zum Zeugnis für sie und die Nationen« (Mat. 10:18). Immerhin erwies der König den dreien Achtung, indem er sie mit ihren Namen anredete (Vers 14). Vielleicht bewunderte er sogar ihren Mut. Es war ihm dabei durchaus bewusst, dass dies mit ihrem Gott zusammenhing. Er gab ihnen noch eine Chance, die eine Versuchung für sie hätte sein können, jedenfalls eine allerernsteste Glaubensprobe war. Die Bestrafung für ihren auch nach seiner Ermahnung eventuell fortgesetzten Ungehorsam überließ Nebukadnezar nicht der neuen, unerprobten Gottheit, sondern nahm sie lieber selbst in die Hand (Vers 15).

Der überhebliche König stellte die rhetorische Frage: »Wer ist er, der Elah, der euch aus meiner Hand befreit?« (Vers 15). Damit unterstellte er, dass es keinen Gott gäbe, der mächtiger als er ist. Die Frage machte klar, dass es eigentlich nicht um die drei Männer ging, sondern um eine Machtprobe zwischen Nebukadnezar und dem Gott der Juden.

Sadrach, Mesach und Abednego fürchteten sich nicht. Sie blickten nicht auf den Feuertod, sondern auf Jewe, ihren Elohim, und blieben Ihm treu (Vers 16). Niemand anders als Er ist anzubeten (2. Mose 20:3 - 5). Ungehorsam würde vom Königreich Israels und vom äonischen Leben ausschließen. Im Glauben war ihnen, »als sähen (sie) den Unsichtbaren« (Heb. 11:27). Auch wir heute achten nicht auf das, was kurz befristet ist, sondern auf das, was man nicht erblickt (2. Kor. 4:18). »Jewe ist mein Licht und meine Errettung, vor wem fürchte ich mich? Jewe ist die Bergung meines Lebens, vor wem ängstige ich mich?« (Ps. 27:1).

Wenn ihr, der drei jungen Männer, Elah wolle, werde Er sie retten (Vers 17). »Und wenn nicht« ¬ es ging ihnen nicht um ihr Ergehen, sondern die Verherrlichung des wahren Gottes war ihr Anliegen (Vers 18). »Und wenn nicht« ¬ unsere Glaubenstreue ist nicht davon abhängig, ob wir aus einer Not gerettet werden oder nicht. Wesentlich ist, dass wir nicht aus Gottes Hand gerissen werden können (Eph. 4:30). Jesus sagte: »Mein Vater, der sie (Jesu Schafe) Mir gegeben hat, ist größer als alle, und niemand kann sie aus der Hand Meines Vaters rauben« (Joh. 10:29).

 »Erkennbar werde dir, König« (Vers 18). Die drei Freunde wünschten, dass der König zu einer bestimmten Erkenntnis kommen möge. Nebukadnezar musste von der Illusion über seine Macht befreit werden. Er sollte lernen, wer die Macht ausübt und wer retten kann.

Die Bewahrung in den Flammen

19Daraufhin war Nebukadnezar voller Zorneshitze, und das Bild seines Angesichts veränderte sich wegen Sadrach, Mesach und Abednego. Er antworte und sprach, den Ofen siebenfach zu heizen über dem, was ihn zu heizen vorgesehen war.

20Und zu den Mächtigen, den stärksten im Streit, die in seinem Heer waren, sprach er, den Sadrach, Mesach und Abednego zu binden, um sie in den glühenden Flammenofen hochzuschleudern.

21Hierauf wurden all diese Mächtigen in ihren Leibröcken, ihren Obergewändern und ihren Umhängen und ihren Bekleidungen gebunden und hochgebracht zum Innern des glühenden Flammenofens.

22Alldeswegen, ja dadurch, dass das zu erfüllende Wort des Königs so überstiegen und der Ofen übermäßig geheizt war, (geschah Folgendes): All diese Mächtigen, die den Sadrach, Mesach und Abednego (den Ofenzustieg) hochsteigen ließen ¬ sie brachte die bezwingende Flamme um.

23Und all diese Mächtigen, sie, diese drei, Sadrach, Mesach und Abednego, fielen als Gebundene in das Innere des glühenden Flammenofens.

24Alsdann verwunderte sich der König Nebukadnezar und stand in Unrast auf. Er antwortete und sprach zu seinen Wortführern: (Waren's) nicht drei Mächtige, die die wir als Gebundene in das Innere der Flamme hochschleuderten? Sie antworteten und sprachen zum König: Unumstößlich (ist's), König!

25Er antwortete und sprach: Hei! Ich gesichte vier Mächtige als Gelöste, ja Wandelnde, im Innern der Flamme, und Stricke sind nicht an ihnen; und sein Aussehen, das des vierten, gleicht einem Sohn der Elahin.

26Dann nahte Nebukadnezar dem Tor des glühenden Flammenofens, antwortete und sprach: Sadrach, Mesach und Abednego, ihr, Seine Diener, die des Elahs, der oben ist, kommt heraus und trefft (hier) ein! Daraufhin kamen Sadrach, Mesach und Abednego aus dem Inneren der Flamme heraus.

27Und die Satrapen, Präfekten und Statthalter und Wortführer des Königs waren zusammengeholt und gesichteten all diese Mächtigen, an deren Körper die Flamme nicht mächtig gewesen war; und ihr Haupthaar war nicht (von der Flamme) benetzt, und ihre Leibröcke waren nicht verändert, und Flammengeruch entströmte ihnen nicht.

...

 Nebukadnezar war herausgefordert; nach der entschiedenen Antwort der drei musste er für seine Ehre und die seines Gottes eintreten. Die Anordnung, den Ofen über alle Maßen zu befeuern, war unnötig, lässt aber seine Wut und Entschlossenheit erkennen (Vers 19).

 Die drei wurden nicht entkleidet, sondern in ihrer Amtstracht gebunden (Vers 21); dies bringt zum Ausdruck, dass selbst höchste Ämter nicht vor dem Zorn des Königs schützen.

 Mit den die drei nach oben bringenden Kriegern, die von der Hitze umgebracht wurden, wurde allen Zuschauenden demonstriert, dass das Feuer überaus tödlich war (Vers 22).

 Sodann ¬ Nebukadnezar traute seinen Augen nicht: Waren nicht drei in den Ofen geworfen worden (Vers 24)? Wieso sah er vier? Es waren vier (Vers 25). Wer war der Vierte? Es war ein »Beauftragter« (heb. MLAK, punktiert MaLaKh) (Dan. 3:28), also ein Bote, ein Engel Jewes. Der Beauftragte glich einem Sohn der Elahin. Engel werden auch als  Söhne Elohims beschrieben (Hiob 38:7). Sie sind »ein Amt versehende Geister, zum Dienst ausgeschickt um derer willen, denen künftig die Rettung zugelost werden soll« (Heb. 1:14). Nebukadnezar erblickte eine Erfüllung der folgenden Verheißung für Israel: »Wenn du im Feuer gehst, wirst du nicht versengt, und die Lohe zehrt dich nicht auf. Denn Ich, Jewe, dein Elohim, bin der Heilige Israels, dein Retter« (Jes. 43:2, 3).

 Nebukadnezar wurde sich seiner schweren Verfehlung gegenüber dem höchsten Gott, den er selber als den Elah der Elahin bezeichnet hatte (Dan. 2:47), bewusst und korrigierte seine Entscheidung sofort, indem er die drei, sie als »Diener des Höchsten« würdigend, anwies, aus dem Ofen herauszukommen (Vers 26).

 Sadrach, Mesach und Abednego kamen völlig unversehrt heraus, auch ihre Kleidung war nicht beschädigt, noch nicht einmal Brandgeruch war wahrzunehmen. All die vielen Zeugen überzeugten sich davon (Vers 27).

 »Und wer ist er, der Elah, der euch aus meinen Händen befreit?« hatte Nebukadnezar gefragt (Dan. 3:15). Diese Frage konnte er sich nun selber beantworten. Der König erkannte sehr rasch, dass er in  der Gegenwart dessen stand, der mächtiger ist als er. Sein neuer Gott war zu einem Nichts zerronnen, und der Ofen war durch die Überhitzung bestimmt abbruchreif geworden.

 Bezugnehmend auf dieses eindrucksvolle Ereignis steht in Hebräer 11:33, 34 geschrieben, dass da welche durch Glauben die Kraft des Feuers löschten. Die drei hatten eine wunderbare, herrliche Rettung durch Jewe erfahren. Ja, »Jewe ist es, der die Gerechten rettet, der ihre Stärke ist in der Zeit der Bedrängnis« (Ps. 37:39).

 Das gesamte Geschehen war und ist auch heute noch überwältigend. Es war unbestreitbar deutlich geworden, dass der Gott der Juden, Jewe, ihr Elohim, der höchste und mächtigste ist und dass Er alles vermag.

Nebukadnezar ehrt den wahren Gott

28Nebukadnezar antwortete und sprach: Gesegnet sei ihr Elah, der des Sadrach, Mesach und Abednego, der Seinen Beauftragten (Boten, Engel) entsandte und Seine Diener befreite, die sich auf Ihn verließen und die das zu erfüllende Wort des Königs veränderten und ihre Körper hergaben, auf dass sie nicht irgendeinen Elah ehren und vor ihm auf die Knie fallen, ausgenommen vor ihrem Elah.

29Und von mir ist die Bestimmung gegeben, die jedes Volk, Muttervolk und jede Zunge (betrifft): (Jeder,) der nachlässig über ihren Elah, den des Sadrach, Mesach und Abednego, spricht, verdient sich einen verblutenden (Leib), und sein Haus wird einer Kotstätte gleichwertig (gemacht), weil kein anderer Elah ist, der beschützen kann wie dieser.

30Daraufhin förderte der König den Sadrach, Mesach und Abednego im Rechtsbezirk Babel.

31Der König Nebukadnezar (verkündet): Allen Völkern, Muttervölkern und Zungen, die (ihre) Schlafstatt haben im ganzen Land: Euer Friede wachse hoch!

32Was Zeichen und bestaunte (Dinge) (betrifft), die Elah, der oben ist, für mich beauftragte, so entfaltet sich (der Gedanke) bei mir, diese zu beleben (bekannt zu geben).

33Seine Zeichen, wie meisterlich sind sie, und Seine bestaunten (Dinge), wie fesselnd sind sie! Seine Königsherrschaft ist eine äonische Königsherrschaft, und Seine Schutzmacht (erstreckt sich) auf Generation und Generation.

...

 Erniedrigung und Segnung gehen Hand in Hand. Die höchste Segnung für Nebukadnezar war nicht seine Position als das Haupt aus Gold. Weiteren Segen erfuhr er mit diesem Erlebnis und seiner dadurch bewirkten Demütigung unter den Gott der Juden. Doch erst seine spätere Erniedrigung auf die Stufe eines Tiers wird sich als seine wertvolle Erfahrung erweisen.

 Wenigstens verstandesmäßig pries er den Elah, sprach allerdings nicht von seinem Elah, sondern von dem der drei Freunde (Vers 28). Er sah Ihn als einen großen Gott unter vielen anderen Göttern an. Er ehrte diesen Elah für die Befreiung Seiner drei Diener und pries diese Männer selbst, weil sie sich auf ihren Elah verlassen hatten und in ihrem Glaubensgehorsam bereit waren, ihren Körper zu opfern. In der Endzeit wird es wieder solche Juden geben; wir lesen von ihnen: »Durch das Blut des Lämmleins und durch das Wort ihres Zeugnisses überwanden sie ihn (den Satan), auch liebten sie ihre Seele nicht ¬ bis zum Tod« (Off. 12:11).

 »Verändert« hatten die drei Treuen die Anordnung des Königs insofern, als sie dessen Behauptung widersprachen, ihr Elah könne nicht retten.

 Nebukadnezar war konsequent und gab die Bestimmung heraus, dass kein Mensch in seinem Reich nachlässig oder abschätzig über den Elah Israels reden dürfe, denn es gebe keinen anderen Elah, der wie dieser beschützen könne (Vers 29). Diese richtige Feststellung machte Nebukadnezar nicht zum Monotheisten. Andere Götter mögen für ihn andere Qualitäten gehabt haben. Im Übrigen muss ihm durch das Wunder im Flammenofen klar geworden sein, dass er seine Kompetenzen überschritten und Gott ihm keine Rechte auf religiösem Gebiet verliehen hatte, was eine gewisse Religionsfreiheit brachte, wenn vielleicht auch nur für die Juden, die gerade noch den Feuertod vor Augen hatten.

 Schließlich pries Nebukadnezar den Elah, der oben ist (Vers 32), also nicht unbedingt der höchste sein müsse. Er nannte Gottes Zeichen »meisterlich« (Vers 33). Meisterlich war zum Beispiel, dass das Feuer nur die Fesseln, aber nicht die Männer verzehrte, dass sie die Tür von innen öffnen konnten und gar kein Brandgeruch an ihnen festzustellen war. Das zu »bestaunende« Wunder war die Rettung der drei Freunde. Des Königs Erkenntnis der äonischen Herrschaft des Elah und Seiner sich auf alle Generationen erstreckenden Schutzmacht können wir nur bestätigen, und zwar mit folgendem Psalmwort: »Jewe regiert für äonisch, dein Elohim, Zion, für Generation und Generation. Lobet Je!« (Ps. 146:10; vgl. Ps. 10:16; 145:13).

Die tiefe Erniedrigung Nebukadnezars

(Dan. 4)

1Ich, Nebukadnezar, war als Unbekümmerter in meinem Haus und als Üppiger (Gesunder) in meinem Palast.

2Einen Traum gesichtete ich, und er brachte mich (wie) zum Verkriechen, und gedankengeschwängert war ich auf meiner Liege, und die Gesichtungen meines Hauptes machten mich rastlos.

3So gab ich die Bestimmung heraus, alle Weisen Babels vor mich heraufzubringen, dass sie mir die Auslegung des Traums zu wissen geben.

4Daraufhin gingen die Zeichenkundigen, Minister, Chaldäer und Geheimräte hinauf, und ich sprach den Traum vor ihnen aus, aber seine Auslegung gaben sie mir nicht zu wissen,

5bis später Daniel vor mich heraufkam, dessen Name gemäß dem Namen meines Elah Beltsazar ist und in dem der Geist der heiligen Elahin ist. Und ich sprach den Traum vor ihm aus:

6Beltsazar, du Meister der Zeichenkundigen, da ich, ich erkenne, dass der Geist der heiligen Elahin in dir ist und kein Geheimnis dir ein Problem ist: Hier die Gesichtungen meines Traumes, den ich gesichtet habe, und so sprich du (nun) seine Auslegung!

7Und die Gesichtungen meines Hauptes auf meiner Liege, die ich gesichtete, waren: Und (zwar) diese! Eine Terebinthe inmitten des Landes, und ihre Höhe war hochragend.

8Die Terebinthe wuchs und wurde umfassend, und ihre Höhe erstreckte sich zu den Himmeln, und ihre Erscheinung nahm das ganze Land ein.

9Ihre Verästelung war entfaltet und ihr Fruchtträger hochwüchsig, und Kost für alle war an ihr, und das Getier der Schöpfung hatte zeltartigen (Schutz), und in ihren Zweigen hatten die Vögel der Himmel (ihre) Schlafstätte, und alles Fleisch beköstigte sich von ihr.

10Ich gesichtete in Gesichtungen meines Hauptes auf meiner Liege: Und (zwar) diese! Ein Eilbote und Heiliger (stieß) aus den Himmeln herab;

11er rief in (großer) Stärke (wörtl.: Wappnung) und sprach also: Fället die Terebinthe, man soll auch ihre Zweige abschneiden. Entlaubt ihre Verästelung, auch soll man ihren Fruchtträger zerstechen. Das Getier wandere unter ihr weg und die Vögel aus ihren Zweigen.

12Aber den Wurzelstock ihrer Wurzeln lasst in der Erde, und zwar in einer Bindung aus Eisen und Kupfer im Keimenden des erschaffenen (Gefilds), und mit dem Tau der Himmel wird er sich befeuchten, und er teilt seinen Bereich mit dem Getier im Gekräut der Erde.

13Sein Herz wird, weg von dem eines Mannes, verändert, und das Herz eines Tieres wird ihm gewährt. Und sieben Zeitabschnitte sollen über ihm vorübergehen.

14Auf den Klausurbeschluss der Eilboten hin (erging dieses) Dekret, und ein Ausspruch der Heiligen ist das Erfragte ¬ zwecks der Sache, dass die Lebenden erkennen, wie mächtig der, der oben ist, über das Königtum des Mannes (waltet) und Er es gibt, wem Er will, und Er den Niedrigen der Mannen in es einsetzt.

15Dies ist der Traum, den ich gesichtete, ich, der König Nebukadnezar. Und du, Beltsazar, sprich die Auslegung, weil alle Weisen meines Königreichs mir die Auslegung nicht zu wissen geben können; du aber bist dazu fähig, denn der Geist der heiligen Elahin ist in dir.

...

 Nebukadnezar erfreute sich guter Tage (Vers 1). Eines Nachts jedoch hatte er einen Traum, vor dem er sich gern verkrochen hätte und der ihn unruhig machte (Vers 2). Wieder rief er die Weisen Babels zusammen, die ihm den Traum aber wieder einmal nicht deuten konnten (Verse 3 + 4; Kap. 2:11), wegen der Gefährlichkeit des Inhalts sehr wahrscheinlich aber nicht deuten wollten.

 Dann kam Daniel herzu (Vers 5). Der König legte Wert auf dessen babylonischen Namen Beltsazar, der die Silbe Bel enthielt, den Namen eines Götzen Babels. Er hatte zwar den Elah Daniels anerkannt (Dan. 2:47), verehrte aber nach wie vor alle Götter Babels. Entsprechend seiner polytheistischen Einstellung sprach er im Hinblick auf Daniel, dass »der Geist der heiligen Elahin«, also der heiligen Götter in ihm sei. Der eine und einzige Elah, den er durchaus als hoch (»obenseiend«; Kap. 3:26, 32) ansah, hatte Sich für ihn noch nicht deutlich herausgeschält.

 Der König hatte von einer außerordentlich prächtigen Terebinthe geträumt, die umfangreichen Segen für alle brachte (Verse 7 - 9). Doch plötzlich: Ein mit dringlichem Auftrag aus der himmlischen Ratsversammlung kommender Bote, ein Engel Gottes, ordnete mit dem gewaltigen Nachdruck seiner gewappneten Erscheinung und seiner mächtigen Stimme an, die Terebinthe zu fällen (Verse 10 + 11). Warum? ¬ fragte Nebukadnezar sich in seinem Gedankengewoge.

 Der Wurzelstock aber sollte im Erdboden verbleiben, im Gefild der Kräuter und des Getiers, seltsamerweise in Eisen und Kupfer gebunden (Vers 12). Der Anblick war beängstigend und gab dem König Rätsel auf. Völlig unfassbar muss es für ihn gewesen sein, dass der Bote den Wurzelstock mit einem Mann verglich (Vers 13), dessen Herz (genau: Brustraum mit Herz und Lunge) zu dem eines Tieres verändert werden sollte, und zwar für die Dauer von sieben Zeitabschnitten (als Jahre zu verstehen; Dan. 7:25).

 Abschließend nannte der Bote dies alles eine fest beschlossene Sache (Vers 14) und gab den Zweck an: Die Menschen sollten die Allmacht Gottes erkennen, des Weiteren, dass Er das Königtum gibt, wem Er will; Er kann es sogar dem Niedrigsten und Niederträchtigsten geben. Dabei gebraucht Gott übrigens, hocherhaben über den Satan, auch diesen, dem Er die entsprechende Vollmacht verlieh (Luk. 4:6).

Die Deutung des Traums

16 Alsdann war Daniel, dessen Name Beltsazar war, für eine Stunde entsetzt, und seine Absichten (den Traum zu deuten und den König zu ermahnen) machten ihn rastlos. Der König antwortete und sprach: Beltsazar, der Traum und die Auslegung mögen dich nicht rastlos (machen). Da antwortete Beltsazar und sprach: Der Traum möge für deine Hasser ersehen sein und seine Auslegung für deine Gegner!

17Die Terebinthe, die du gesichtetest, die da wuchs und umfassend wurde und deren Höhe sich bis zu den Himmeln erstreckte und deren Erscheinung das ganze Land (einnahm)

18und deren Verästelung entfaltet war und deren Fruchtträger hochwüchsig, und Kost war für alle an ihr, unter ihr hatte das Getier der Schöpfung (seine) Schlafstätte, und in ihren Zweigen wohnten die Vögel der Himmel:

19Du bist es, König, der du wuchsest und umfassend wurdest; und du mehrtest, ja mehrest dich und erstrecktest dich zu den Himmeln, und deine Schutzmacht nimmt die Erde ein.

20Und dass der König einen Eilboten und Heiligen gesichtete, herabstoßend aus den Himmeln und sprechend: Fället die Terebinthe und umgebt sie mit Stricken (um sie wegzuziehen), aber den Wurzelstock ihrer Wurzeln lasst in der Erde, und zwar in einer Bindung aus Eisen und Kupfer im Keimenden des erschaffenen (Gefilds), und dass er sich mit dem Tau der Himmel befeuchtet, und er teilt seinen Bereich mit den Tieren der Schöpfung, bis sieben Zeitabschnitte über ihm vorübergegangen sind ¬

21dies ist die Auslegung, König, und es ist der Klausurbeschluss dessen, der oben ist, der sich über den Ersehenen, den König, erstreckt:

22Und du wirst aus dem (Bereich) der Mannen herausgedrängt, und bei dem Getier der Schöpfung wird deine Schlafstätte sein, und Kräuter, wie den Stieren, werden dir bestimmt, und vom Tau der Himmel wirst du befeuchtet, und sieben Zeitabschnitte gehen über dir vorüber, bis du erkennst, dass der, der oben ist, die Schutzmacht über das Königtum des Mannes hat und Er es gibt, wem Er will.

23Und dass man sprach, den Wurzelstock ihrer Wurzeln im Erdboden zu lassen, den der Terebinthe, bedeutet: Dein Königtum (bleibt) dir bestätigt, woraus du erkennst, dass die Himmel die Schutzmacht haben.

24Deshalb, König, mein Geleitetsein entfalte sich dir, und brich mit deiner Verfehlung durch Rechtfertigung und mit deinem Vergehen durch das Begnaden der Gedemütigten, wenn deine Tage in Unbekümmertheit verlängert werden sollen.

...

 Daniel erkannte die Bedeutung des Traums sofort und war entsetzt und bestürzt. Etwa eine Stunde lang stand er unter Schock ¬ allen sichtbar, sodass sie warteten ¬, bis der König ihn ermutigte zu reden (Vers 16). Dem Regenten Schlechtes anzukündigen, konnte das Leben kosten. Deshalb hatten die Weisen Babels es wohl nicht gewagt. Für Daniel aber, der fest in der Wahrheit seines Elohims stand, gab es solche Ängste und Rücksichten nicht. Daniel war wegen des Königs fassungslos.

 Die Höflichkeit gebot, vorab zu sagen, dass der Traum den Feinden des Königs gelten möge.

 Die Terebinthe ¬ »du bist es, König!« Vers 19). Ebenso wie dieser Baum hatte Nebukadnezar umfassende Macht und Herrlichkeit und allen großen Wohlstand gebracht. Dieser Mann war nicht nur ein großer Eroberer, sondern auch ein großer Regierungschef. Er leitete ein gutes Verwaltungs- und Wirtschaftssystem, das allen Obdach und Frieden bot, wie es das Blattwerk und die reichen Früchte zeigen.

 Die schrecklichen Worte: »Fället die Terebinthe!« (Vers 20) weisen auf ein plötzliches Ereignis hin, durch welches Nebukadnezar aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen und in die Welt der Tiere versetzt wird, und dies für sieben Jahre. Der mit Eisen- und Kupferbanden umgebene Wurzelstock dürfte bedeuten, dass Nebukadnezars Königtum gesichert bleibt, er aber keine Schösslinge treiben kann, seine Macht ihm also nicht nach und nach wieder zuwächst.

 »... bis du erkennst ...« (Vers 22). Bei Gott hat alles seine Zeit sowie Sinn und Zweck. Alle bisherigen Erfahrungen Nebukadnezars mit dem Elah der Juden hatten keine nachhaltige Wirkung auf ihn gehabt, erst die tiefe Erniedrigung wird ihn zur rechten Erkenntnis Gottes und Seines Allesbewirkens bringen.

 Nebukadnezars Erniedrigung auf die Stufe eines Tieres könnte durch eine »Lykanthropie« genannte Geisteskrankheit ausgelöst werden, bei der der Mensch sich wie ein Tier verhält.

 Der allmächtige Elah Daniels gibt das Königtum, wem Er will. Wäre Nebukadnezar zu einer anderen Zeit geboren, wäre sein Name kaum allgemein bekannt.

 Daniel bekräftigte aufgrund des im Boden verbleibenden Wurzelstocks, dass der König seinen Thron wieder einnehmen werde (Vers 23).

 Der Schlusssatz Daniels ist äußerst bemerkenswert (Vers 24): er wagte es, den König zur Umsinnung zu ermahnen. Das war sehr riskant, war dem Daniel aber aufgrund seiner Gottessfurcht möglich. Nur eine Änderung der Gesinnung konnte den König vor dem prophezeiten Schicksal bewahren. Seine Hauptsünden dürften sein Stolz und seine Selbstgefälligkeit gewesen sein. Und nun sollte er zu Unrecht Verurteilte rechtfertigen und Gedemütigten Gnade erweisen. Galt damals doch: Wer seine Übertretungen bekennt und unterlässt, erfährt das Erbarmen Jewes (Spr. 28:13). Wer Gnade und Wahrheit erweist, dessen Vergehungen werden zugedeckt (Spr. 16:6). Wer den Gedemütigten Gnade gewährt, ist glückselig (Spr. 14:21).

Nebukadnezars Erniedrigung

25All das erstreckte sich über (kam über) den König Nebukadnezar:

26Am Ende der zwölf Monate war's, als er auf dem königlichen Palast in Babel wandelte,

27da antwortete der König und sprach: Ist nicht dies, ja dies, die meisterhafte (Stadt) Babel, die ich, ich erbaute zum Haus (zur Umhausung) des Königtums, zur sicheren Umwehrung meines Horts und zur Würde meiner Pracht?

28Noch war das zu erfüllende Wort im Rachen des Königs, als eine Stimme aus den Himmeln fiel: Zu dir spricht man: König Nebukadnezar: Das Königtum ist weg von dir verjagt,

29und aus dem des Mannes wirst du hinausgedrängt, und bei den Tieren des erschaffenen (Gefilds) wird deine Schlafstätte sein. Gekräut, wie den Stieren, wird dir bestimmt, und sieben Zeitabschnitte (Jahre) gehen über dir vorüber, bis du erkennst, dass der, der oben ist, die Schutzmacht über das Königtum des Mannes hat, und Er sie gibt, wem Er will.

30In jener Stunde wurde das zu erfüllende Wort an Nebukadnezar vollzogen, und aus dem des Mannes wurde er hinausgedrängt, und Gekräut, wie die Stiere, aß er, und vom Tau der Himmel wurde sein Körper befeuchtet, bis sein Haar sich wie das der Geier mehrte und seine Krallen wie die der Vögel waren.

31Und am Ende der Tage war's, da hob ich, ja ich, Nebukadnezar, meine Augen zu den Himmeln auf, und meine Erkenntnis kehrte zu mir zurück. Und ich segnete den, der oben ist, und den Lebendigen des Äons rühmte und verherrlichte ich, denn Seine Schutzmacht ist eine äonische Schutzmacht, und Seine Königsherrschaft währt für Generation und Generation.

32Und alle, die ihre Schlafstätte auf der Erde haben, sind wie nichts gerechnet, und wie Er will verfügt Er über das Heer der Himmel und die, die ihre Schlafstätte auf der Erde haben, und nicht ist da einer, der Seiner Hand wehren und zu Ihm sprechen könnte: Was verfügst du?

33In jener Frist kehrte meine Erkenntnis zu mir zurück, und zur Würde meines Königtums kehrten meine Pracht und meine Hautfarbe zu mir zurück. Und meine Wortführer und meine Meister suchten mich auf, und in meinem Königtum wurde ich bestätigt, und eine außerordentliche Mehrung (meine Pracht) wurde mir hinzugefügt.

34Des Weiteren, ich, Nebukadnezar, rühme und erhöhe und verherrliche den König der Himmel, denn all Sein Walten ist trefflich, und Seine Pfade schaffen Recht, und die, die in Ehrgeiz wandeln, vermag Er zu erniedrigen.

...

 Nun berichtet Daniel die Erfüllung des Traums (Vers 25).

 Der Traum, die Deutung und die Ermahnung Daniels hatten sich bei Nebukadnezar verflüchtigt. Zwölf Monate lang hatte er Zeit gehabt, sich zu bewähren, aber sein Stolz war wieder aufgekommen (Vers 26).

 Der König antwortete (Vers 27), und zwar wohl auf eine Bemerkung  seiner Begleiter über die überaus prächtige Stadt Babel. Babel war wirklich eine der prachtvollsten Städte des Altertums mit gewaltigen Bauwerken und Mauern. Jede Mauer soll so breit gewesen sein, dass vierspännige Streitwagen darauf wenden konnten. Zum Palastgebiet gehörten unter anderem die sogenannten Hängenden Gärten mit Bäumen und Blumen, die sich auf 25 m hohen Bogengängen befanden. Der dem Götzen Marduk errichtete Tempel war eine quadratische Pyramide von 91,5 m Seitenlänge, die auf der Bauruine des in 1. Mose 11 erwähnten Turms von Babel erbaut wurde, mit dem die Menschen sich einen Namen machen wollten, woraufhin Jewe ihre Sprache verwirrte und sie über die ganze Erde zerstreute. Oben auf dem Tempelturm, der Zikkurat Etemenanki des Mardukheiligtums, befand sich eine goldene Bildsäule von etwa 13 m Höhe. Babel blieb auch Welthauptstadt im folgenden medo-persischen und im griechischen Reich. Babel »ist die große Stadt, die (auch in naher Zukunft) die Königsherrschaft über die Könige der Erde hat« (Off. 17:18).

 Angesichts dieser herrlichen Stadt, dem Werk Nebukadnezars zu seiner eigenen Verherrlichung, äußerte sich sein unbändiger Stolz (Vers 27).

 Die Worte waren noch in seinem Mund, als ihn eine Stimme, gewiss eines Engels, aus den Himmeln schlagartig überfiel und das Urteil sprach: Das Königtum ist von dir genommen! (Vers 28). Nebukadnezar erfuhr die Wahrheit des Wortes unseres Herrn: »Jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden« (Luk. 14:11). Der Engel erwähnte die sieben Zeitabschnitte und brachte mit den Worten »bis du erkennst« zum Ausdruck, dass er zu der Erkenntnis kommen wird, dass der, der oben ist, die das Königtum beschützende Macht hat und es gibt, wem Er will (Vers 29). Es gibt ja keine Obrigkeit außer von Gott; die vorhandenen sind also von Gott verordnet (Röm. 13:1).

 Auch Pontius Pilatus bekam das gesagt, als er die Worte »mir« und »ich« betonte: »Mit mir sprichst Du nicht? Weißt du nicht, dass ich Vollmacht habe, Dich freizulassen, und Vollmacht habe, Dich zu kreuzigen?« Und Jesus antwortete ihm: »Du hättest gar keine Vollmacht über Mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre« (Joh. 19:10, 11).

 Am Ende der sieben Jahre war's ¬ Gottes Gerichte sind stets zeitlich begrenzt und haben Sinn und Zweck ¬, als Nebukadnezar seine Augen aus einem inneren, von Gott bewirkten, nach Gott fragenden Impuls zu den Himmeln erhob, da endete seine Wahnvorstellung, ein Tier zu sein, und seine Erkenntnis, wer er war, kehrte zu ihm zurück (Vers 31).

 Mögen auch wir heute unseren Blick nicht wie Tiere nach unten richten, auf das irdische Geschehen, sondern stets nach oben. »Suchet das droben, wo Christus ist, zur Rechten Gottes sitzend! Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden!« (Kol. 3:1, 2).

 Der alsdann von Nebukadnezar ausgesprochene Lobpreis Gottes ist eine Kostbarkeit, die auch die Gläubigen unserer Tage sich zu eigen machen sollten. Anbetend mögen wir die Verse 31 und 32 sowie 34 nachsprechen.

 Nebukadnezar war nicht gläubig geworden, sondern hatte nur die absolute Souveränität und Gewalt Gottes erkannt. Es fragt sich, ob die Erkenntnis des Gottes der Himmel ihn von den Götzen der Erde abbrachte.

 Der König wurde wieder in seine hoheitlichen Würden eingesetzt, ja gewann noch größere Herrlichkeit (Vers 33).

 Als trefflich handelnd und Recht verschaffend beschrieb er den König der Himmel (Vers 34). Ihm war wahrlich Recht erwiesen worden, er wurde nämlich durch die Erfahrung des Üblen von seiner Hoffart befreit. Ihm war auferbauendes göttliches Recht verschafft worden. Gott gibt den Menschen die Erfahrung des Üblen, um sie zu demütigen (Pred. 1:13) und sie dadurch in die rechte Stellung der Demut Ihm gegenüber zu bringen.

 Erniedrigung bleibt übrigens keinem Menschen erspart, weil wir alle sie nötig haben. Wir alle müssen erfahren, was in Jakobus 4:6 geschrieben steht: »Gott widersetzt sich den Stolzen, den Demütigen aber gibt Er Gnade.«

Das Festmahl Belsazars und Daniel in der Löwengrube

(Dan. 5 + 6)

Die Entweihung der Tempelgeräte

1Der König Belsazar gab ein großes Festmahl für seine tausend Meister, und gegenüber (diesen) tausend trank er Schaumwein.

2Belsazar sprach und bestimmte beim Schaumwein, die Geräte aus Gold und Silber, die sein Großvater (wörtl.: Vater) Nebukadnezar aus dem Tempel in Jerusalem herausgebracht hatte, herbeibringen zu lassen, damit der König und seine Meister, seine Frauen und Nebenfrauen daraus tränken.

3Daraufhin ließ man die goldenen Geräte herbeibringen, die man aus dem Tempel, dem Haus des Elahs in Jerusalem, herausgebracht hatte; und der König und seine Meister, seine Frauen und seine Nebenfrauen tranken aus ihnen.

4Sie tranken Schaumwein und rühmten die Elahin aus Gold und Silber, Kupfer, Eisen, Holz und Stein.

...

 Das Festmahl fand im Jahr 538 v. Chr. statt, in dem Jahr, als die Perser anrückten, und kurz bevor sie Babel einnahmen, 23 Jahre nach dem Tod Nebukadnezars. Belsazar war hinsichtlich der Perser unbekümmert, weil er Babels Mauern für unüberwindbar hielt.

 Belsazar war ein Enkel Nebukadnezars, hatte aber rein gar nichts von seinem Großvater gelernt. Nach biblischem Gebrauch können auch entfernte Vorfahren als Vater bezeichnet werden. Belsazars Eltern waren Nitokris, eine Tochter Nebukadnezars, und Nabonid. König Belsazar war von 553 bis 539 v. Chr. Mitregent des Königs Nabonid (556 - 539 v. Chr.).

 Der Vizekönig war überzeugter Anhänger der babylonischen Götzen und kam unter Alkoholeinfluss auf die Idee, den Gott der Juden der Verachtung preiszugeben. Die Entweihung der Tempelgeräte war zum einen eine Verhöhnung Jewes, weil sie nicht für den profanen Gebrauch bestimmt waren, und zum andern, weil die Feiernden mit den Tempelgefäßen in ihren Händen die Götzen priesen.

Die Schrift an der Wand

5In jener Stunde kamen Finger der Hand eines Mannes hervor, und sie schrieben dem Leuchter gegenüber auf den Verputz der Wand des Palastes des Königs; und der König sah den Umriss einer Hand, die da schrieb.

6Da änderte sich die Hautfarbe des Königs an ihm, und seine Gedanken machten ihn rastlos, und die Knoten seiner Kniescheibe lösten sich, und seine Knie schlugen aneinander.

7Der König rief in Macht (mit mächtigem Nachdruck), die Minister, Chaldäer und Geheimräte heraufzubringen. Der König antwortete und sprach zu den Weisen Babels: Nun doch: Jeder Mann, der dieses Geschriebene lesen und mir seine Auslegung zum Leben erwecken wird, wird mit Rotpurpurnem bekleidet werden und eine Amtskette aus Gold an seinem Hals haben und als Dritter in der Königsherrschaft mächtig werden.

8Alsdann gingen alle Weisen des Königs hinauf, aber sie waren nicht fähig, das Geschriebene zu lesen und die Auslegung dem König zu wissen zu geben.

9Daraufhin wurde der König Belsazar aufs Höchste rastlos (bestürzt), und seine Hautfarbe an ihm veränderte sich, und seine Meister waren betroffen.

10Als man der Königin die zu erfüllenden Worte des Königs und seiner Meister (erzählte), ging sie zum Haus des Trinkmahls hinauf. Die Königin antwortete und sprach: König, lebe für die Äonen! Nicht mögen dich deine Gedanken rastlos machen, und deine Hautfarbe möge sich nicht verändern.

11Ein Mächtiger ist in deinem Königreich, in dem der Geist der heiligen Elahin ist, und in den Tagen deines Großvaters (wörtl.: Vaters) wurden Ströme des Lichts und Klugheit und Weisheit, wie die Weisheit der Elahin, in ihm entdeckt, und der König Nebukadnezar, dein Großvater, bestellte ihn zum Meiser der Zeichenkundigen, Minister, Chaldäer, Geheimräte, ja dein Großvater, König,

12weil ein hervorragender Geist und Erkenntnis und Klugheit zur Auslegung der Träume und Erklärung der Rätsel und Lösung von Knoten in ihm entdeckt wurde, in Daniel, dem der König den Namen Beltsazar beilegte. Des Weiteren, Daniel werde gerufen, und er wird die Auslegung ins Leben rufen.

...

 Die Zeit Babels war abgelaufen. Sie endete mit einer wichtigen Belehrung.

 Während des Gelages geschah etwas schier Undenkbares (Vers 5). Belsazar musste begriffen haben, dass die Schrift an der Wand ihn ganz besonders betraf (Vers 6), denn er war sofort bestürzt und aufgelöst, ihm schlotterten die Knie. Schließlich wusste er von den Erfahrungen seines Großvaters, wenn er sie auch nicht im Geringsten beherzigt hatte. Ihm war auch bewusst, dass er zu weit gegangen war. Plötzlich sah er die Möglichkeit des Gerichts Gottes unmittelbar vor sich.

 Immerhin zeigte Belsazar vor allen Anwesenden, dass er handlungsfähig geblieben war, indem er die Weisen rufen ließ (Vers 7). Wer die Schrift lesen und deuten könne, sollte nach König Nabonid und ihm selbst, dem Mitregenten, der Dritte im Staate sein.

 Daniel war nicht unter den Weisen; er war bereits über 80 Jahre alt und lebte aller Wahrscheinlichkeit nach sehr zurückgezogen.

 Die Ratgeber, sie alle (Vers 8) ¬ »sie wurden wie Stroh« (Jes. 47:13). Daraufhin war Belsazar mit seinen Nerven am Ende (Vers 9).

 Die »Königin« genannte Mutter Belsazars hörte von all diesem (Vers 10). Sie hatte die Erlebnisse und Erkenntnisse Nebukadnezars im Herzen bewahrt. Sie ging in den Saal, tröstete den König (Vers 10), erinnerte an Daniel (Vers 11) und gab den entscheidenden Rat, nämlich Daniel rufen zu lassen (Vers 12). Leider sprach sie vom »Geist der heiligen Elahin« (Vers 11), der in Daniel sei; er hatte seine Weisheit aber nicht von den Göttern, sondern einzig und allein von dem Elah der Hebräer, dem lebendigen Gott.

Daniels Mahnrede und seine Deutung der Schrift

13Daraufhin wurde Daniel vor den König heraufgebracht. Der König antwortete und sprach zu Daniel: Du bist es, Daniel, der aus den Söhnen der Verschleppten aus Juda, die der König, mein Vorvater, aus Juda eintreffen ließ.

14Und ich hörte über dich, dass der Geist der Elahin in dir ist und ein Strom der Erleuchtung und Klugheit und außergewöhnliche Weisheit in dir entdeckt wurden.

15Und nun wurden Weise, auch Minister, vor mich heraufgebracht, die die Schrift lesen und mich ihre Auslegung wissen lassen sollten; aber sie sind nicht fähig, die Auslegung des zu erfüllenden Wortes ins Leben (zu rufen).

16Ich aber, ich hörte über dich, dass du Auslegungen geben und Knoten lösen kannst. Des Weiteren, wenn du die Schrift lesen und mich ihre Auslegung wissen lassen kannst, wirst du mit Rotpurpurnem bekleidet werden und eine Amtskette aus Gold an deinem Hals haben und als Dritter in der Regentschaft Macht haben.

17Daraufhin antwortete Daniel und sprach vor dem König: Deine Gaben mögen dein bleiben, und deine Belohnungen gewähre anderen! Aber die Schrift lese ich dem König, und die Auslegung gebe ich ihm zu wissen.

18Du, König, (wisse): Elah, der oben ist, gewährte dem Nebukadnezar, deinem Vorvater, Königtum und Mehrung (der Majestät und Macht) und Würde und Pracht.

19Und aufgrund der gemehrten (Macht), die Er ihm gewährte, schwitzten alle Völker, Muttervölker und Zungen und verkrochen sich vor ihm. Wen er wollte ¬ so geschah, ja geschah es ¬, brachte er um, und wen er wollte ¬ so geschah es, ja geschah es ¬, ließ er leben, und wen er wollte ¬ so geschah es, ja geschah es ¬, erhöhte er, und wen er wollte ¬ so geschah es, ja geschah es ¬, erniedrigte er.

20Als aber denn sein Herz sich erhob und sein Geist Halt gewann, sich zu vermessen, wurde er vom Thronstuhl seiner Königsherrschaft herabgestoßen, und die Würde verjagte man von ihm hinweg.

21Und aus den Söhnen der Mannen wurde er hinausgedrängt, und sein Herz wurde den Tieren gleich, und bei den Steppeneseln war seine Schlafstätte; Gekräut, wie den Stieren, wurde ihm bestimmt, und vom Tau der Himmel befeuchtete sich sein Körper, bis er erkannte, dass Elaha, der oben ist, die Macht über das Königtum des Mannes hat, und wen Er will, Er in es einsetzt.

22Und du, Belsazar, sein Enkel (wörtl.: Sohn), nicht erniedrigtest du dein Herz, obwohl du dies alles erkanntest.

23Und über den Ersehenen der Himmel erhöhtest du dich, und die Geräte Seines Hauses ließ man vor dir eintreffen, und du und deine Meister, deine Frauen und deine Nebenfrauen, ihr trankt Schaumwein aus ihnen, und die Elahin aus Silber und Gold, Kupfer, Eisen, Holz und Stein, die nicht sehen und nicht hören und nicht erkennen, rühmtest du; aber den Elaha, in dessen Hand dein Hauch ist und dem all deine Pfade zu eigen sind, Ihn ehrtest du nicht.

24Daraufhin wurde von Ihm her der Umriss einer Hand entsandt und diese Schrift eingezeichnet.

25Und dies ist die Schrift, die eingezeichnete: Möne, Möne, Töqel, Upharsin.

26Und dies ist die Auslegung des zu erfüllenden Wortes: Möne ¬ der Elah teilte dein Königtum zählend zu und lässt es voll zu Ende führen.

27Töqel ¬ gewogen bis du in Waagschalen und bist als mangelhaft entdeckt.

28Pöres ¬ zerteilt wird dein Königtum und dem Meder und Perser gewährt.

29Daraufhin sprach Belsazar, und man bekleidete Daniel mit Rotpurpurnem und (legte) eine Amtskette aus Gold an seinen Hals, und man heroldete über ihn, dass ein Mächtiger sei als Dritter in der Königsherrschaft.

30In, ja in jener Nacht wurde Belsazar, der König der Chaldäer, umgebracht (539 v. Chr.).

...

 Auf die Vorstellung Daniels durch den ihn herzuführenden Diener antwortete Belsazar nahezu fragend: »Du bist es, Daniel« und ließ durchblicken, dass er Daniel mit dem niedrigen Rang der Verschleppten aus Juda verbindet (Vers 13). Das Wissen Belsazars über Daniel war mager, sodass er ehrlicherweise zweimal sagte: »Ich hörte über dich« (Verse 14 und 16).

 Der König versprach Daniel die höchstmögliche Belohnung, wenn er die Schrift lesen und deuten könne (Vers 16). Der aber wollte keine Belohnung für seine ihm von Jewe gewährte geistliche Gabe (Vers 17), nahm sie aber an, weil er der Obrigkeit untertan war (Röm. 13:1) und den König nicht brüskieren wollte (Vers 29).

 Zunächst fasste Daniel das Wirken des Elahs an Nebukadnezar zusammen, der lernen musste, seinen Hochmut und Stolz abzulegen, und erkannt hatte, dass all seine Errungenschaften und Erfolge nicht seinen Fähigkeiten zuzuschreiben, sondern eine Gabe des Höchsten waren, und der schließlich zur Beugung vor dem Allmächtigen gekommen war (Verse 18 - 21).

 Es folgte eine gewaltige Strafrede (Verse 22 + 23). Obwohl Belsazar von dem Ergehen und der gewonnenen Erkenntnis Nebukadnezars wusste, war er nicht demütig geworden, im Gegenteil, bis über den, den man sich ersehen sollte, den Elah der Himmel, hatte er sich erhöht, und mehr noch: er hatte mit der Entweihung der Tempelgefäße und dem Rühmen der toten Götzen den Elah der Juden verhöhnt. Das Gericht war unausweichlich. Daniel hatte den König nicht zur Umsinnung aufgerufen, weil das Urteil feststand. Die Strafe für die verachtungsvolle Herausforderung des Elahs der Hebräer musste auf den Fuß folgen.

 Vergessen auch wir heute übrigens nicht, dass unser Hauch in der Hand unseres Gottes und Vaters ist; jeden Atemzug verleiht Er uns (Vers 23).

 Das von Gottes Hand Geschriebene lautete: Möne, Möne, Töqel, Upharsin (Mene, Mene, Tekel, Upharsin). Daniels klare und ausführliche Deutung war sicherlich von allen sofort verstanden worden (Verse 26 - 28).

 »Möne ¬ der Elaha teilte dein Königtum zählend zu und lässt es voll zu Ende führen.« Die Wiederholung des Wortes »Möne« drückte eine Bekräftigung aus. Beim Wort »zählen« dürfen wir an »voll zu Ende zählen« denken. Die Tage des Frevlers sind voll, weiter geht es nicht mehr. Jewe hatte durch seinen Propheten Jeremia bereits offenbaren lassen, dass das Königreich Nebukadnezars in der dritten Generation ein Ende findet: »Alle Nationen werden ihm dienen und seinem Sohn und seinem Sohnessohn« (Jer. 27:7). Mit dem Untergang Babels endete die siebzigjährige Gefangenschaft Israels (Jer. 25:12). Siehe auch Jesaja 47:1 - 5; Jeremia 50:18 und Jeremia 51.

 »Töqel ¬ gewogen bist du in Waagschalen und bist als mangelhaft entdeckt.» Belsazar erfüllte nicht die Anforderungen an einen Regenten. Und sein hochmütiges Gebaren wog nichts vor Gott.

 »Pöres ¬ zerteilt wird dein Königtum und dem Meder und Perser gewährt.« Das Königreich wird zerbrochen und der Doppelmonarchie Medien und Persien gegeben werden. Das Wort »Pöres« klingt an »Paras«, das heißt Persien, an.

 Diese vier Worte sind Bestandteil vieler Sprachen geworden: Ein geheimnisvolles Anzeichen eines drohenden Unheils nennen wir Menetekel, und das geflügelte Wort »Gezählt, gewogen und zu leicht befunden« wird auch hierzulande auf viele Menschen angewandt.

 Nach der überzeugenden Auslegung ehrte Belsazar Daniel (Vers 29); er ehrte aber nicht den Elah der Juden.

 Das vernichtende Gottesurteil bewog die Oberen Babels, Belsazar fallen zu lassen; sie brachten ihn sogleich um (Vers 30).

 Es könnte sehr wohl noch in dieser Nacht geschehen sein, dem Datum nach am 16. Etanim (Tischri) (12. Oktober) des Jahres 539 v. Chr., dass Medo-Persien Babel eroberte; die Krieger hatten den Euphrat umgeleitet und waren über das Flussbett in die Stadt eingedrungen. Das goldene Haupt Babel wurde durch die silberne Brust Medo-Persien abgelöst (Dan. 2:32, 39).

 Ebenso wie es damals geschehen war, werden aber auch alle Weltreiche aufgrund des Einflusses des Satans und der Unfähigkeit der Menschen als zu leicht befunden werden und untergehen. Für die Äonen bleibt nur das Königreich Jesu Christi.

Kapitel 6

Daniel in der Löwengrube

Daniels hohe Stellung unter Darius

1Und Darius der Meder nahm die Königsherrschaft als Sohn von zweiundsechzig Jahren entgegen (539 v. Chr.).

2Es (das Regierungsproramm) entfaltete sich vor Darius, und er stellte 120 Satrapen über das Königreich, die im ganzen Königreich (befunden) werden (sollten).

3Und darüber waren aus ihnen drei Präsidenten, von dem Daniel einer war, dass sie diesen Satrapen Befugnisse bewilligten und dem König kein Schaden werde.

4Alsdann wurde dieser Daniel den Präsidenten und Satrapen übergeordnet, weil ein außergewöhnlicher Geist in ihm war; und der Regent betrieb, ihn über die ganze Regierung zu stellen.

...

 Darius der Meder herrschte von 539 bis 525 v. Chr. Es wird vermutet, dass er mit dem medischen Statthalter Gubaru, auch Gobrya genannt, identisch ist, der vierzehn Jahre lang über einen Teil des ehemaligen babylonischen Reiches regierte. Vom persischen König Kyros II (559 - 529 v. Chr.) gegengezeichnete Erlasse wurden zu für das gesamte Reich geltenden Erlassen der Meder und Perser. Von 536 bis 529 war Kyros II, der Große, der König des Großreiches Persien (Medien und Persien), dem Artachschasta (Kambyses II) von 529 bis 522 folgte.

 Darius der Meder ist nicht zu verwechseln mit Darius I, dem Großen, dem Perser, dem König des Großreichs Persien, der von 521 bis 486 v. Chr. regierte und in Esra 4:5 und Nehemia 12:22 erwähnt wird.

 Daniel erhielt wohl deshalb eine so hohe Position, weil seine Weisheit und Erfahrung seit Jahrzehnten weithin bekannt waren und für die neue Regierung nur von Nutzen sein konnten.

 Das Imperium wurde in 120 Regierungsbezirke, Satrapien genannt, eingeteilt: sie unterstanden den Satrapen, den höchsten Beamten. Über wohl je 40 Satrapen standen die Präsidenten, von denen Daniel einer war (heute würden wir sagen: Kanzleramtsminister, die die Arbeit der Minister koordinierten). Die Präsidenten hatten alle Vorhaben zu prüfen und mit dem Willen des Königs in Übereinstimmung zu bringen.

 Daniels Wirken war so gut und erfolgreich, dass Darius erwog, ihn über alle Präsidenten und Satrapen zu setzen, was allerdings den Neid vieler anderer hohen Beamten hervorrufen musste.

Der Anschlag der Neider

5Daraufhin suchten die Präsidenten und Satrapen einen Anlass, bei Daniel (etwas) in seinem Regieren zu entdecken, aber sie konnten keinen Anlass oder Schadenbringendes entdecken, weil er treu war und irgendeine Nachlässigkeit oder Schadenbringendes an ihm nicht entdeckt wurde.

6Alsdann sprachen (all) diese Mächtigen: Nicht werden wir bei diesem Daniel irgendeinen Anlass entdecken, ausgenommen, wir entdecken an ihm (etwas), was gegen den Erlass seines Elahs ist.

7Dann schlossen sich diese Präsidenten und Satrapen gegen den König zusammen und sprachen so zu ihm: König Darius, lebe für Äonen!

8Es berieten sich alle Präsidenten der Regierung, die Präfekten und Satrapen, die Wortführer und Statthalter, dass der König ein Edikt bestätige und ein Bindendes (verbindliche Sache) fest mache, dass (nämlich) ein jeder, der (etwas) ersucht, ja ersucht von irgendeinem Elah oder Mann innerhalb von dreißig Tagen, ausgenommen vor dir, König, (über die Mauer) hochgeschleudert wird in die Löwengrube.

9Des Weiteren, König, richtest du das Bindende auf und unterzeichnest das Geschriebene, das gemäß dem Erlass der Meder und Perser nicht verändert werden darf.

10Alldem zufolge unterzeichnete der König Darius das Geschriebene und Bindende.

...

 Bindend, keine Abweichung zulassend, war das Edikt des Königs Darius.

 Die Neider ¬ sie wollten keinen Juden über sich haben und befürchteten Daniels völlige und unbestechliche Kontrolle ¬ fanden rein gar nichts, was sie gegen ihn hätten vorbringen können, nicht einmal einen Anfangsverdacht, weil er treu zu seinem Gott stand und folglich auch seinem König gegenüber aufrichtig handelte.

 Da kamen Daniels Feinde auf die hinterhältige Idee, seine Treue zu Gott und seine Treue zum König gegeneinander auszuspielen.

 Da die Könige damals göttliche Verehrung genossen, war es für Darius kein Problem, einziger Hörer und Erfüller von Bitten sein zu sollen. Jedes Ersuchen an ihn wäre eine weitere Anerkennung seiner göttlichen Herrlichkeit. Das Edikt würde ihn über alle anderen Götter erheben. (So gering schätzte man all die vielen Götter ein.)

 Geschmeichelt unterschrieb Darius arglos und ohne an seinen treuesten Diener Daniel und den Gott der Juden zu denken.

Daniels Verurteilung

11Und als Daniel erkannte, dass das Geschriebene unterzeichnet war, (ging) er zu seinem Haus hinauf. Und er hatte gen Jerusalem geöffnete Fenster in seinem Obergemach, und in drei Fristen am Tag segnete er auf seinen Knien und flehte und dankte vor seinem Elah, wie er (auch schon) vorher einen solchen Dienst getan hatte.

12Alsdann schlossen sich (all) diese Mächtigen zusammen und entdeckten den Daniel, dass er vor seinem Elah ersuchte und um Gnade anrief.

13Daraufhin nahten sie und sprachen vor dem König über das Bindende des Königs: Hast du nicht ein Bindendes unterzeichnet, dass jeder Mann, der innerhalb von dreißig Tagen (etwas) ersucht von irgendeinem Elah oder Mann, ausgenommen von dir, König, (über die Mauer) in die Löwengrube hochgeschleudert wird?

Der König antwortete und sprach: Unumstößlich ist das zu erfüllende Wort gemäß dem Erlass der Meder und Perser, der nicht abgetan werden darf.

14Da antworteten sie und sprachen vor dem König: Doch Daniel, der aus den Söhnen der aus Juda Verschleppten, beachtet dich nicht, König, und die Bestimmung und das Bindende, das du unterzeichnetest, und in drei Fristen am Tag ersucht, ja ersucht er.

15Da, als der König das zu erfüllende Wort hörte, stank es ihm gewaltig, und er trachtete in seinem verwirrt (wordenen Herzen), Daniel zu befreien, und bis zum Sonnenhöchststand strengte er sich an, Daniel zu bewahren.

16Alsdann schlossen sich (all) diese Mächtigen wider den König zusammen und sprachen zum König: Erkenne, König, dass ein Erlass der Meder und Perser, dass alles Bindende und (jedes) Edikt, das der König aufrichtet, nicht zu verändern ist.

17Daraufhin sprach der König, und man ließ Daniel eintreffen und schleuderte ihn hoch zur Löwengrube. Der König antwortete und sprach zu Daniel: Dein Elah, den du unablässig ehrst, Er, Er möge dich befreien.

...

 Daniel ließ sich durch den Erlass nicht von seiner Treue zu Gott abbringen und setzte seine Gebete fort. Nichts kann einen Gläubigen davon abhalten, Gott anzurufen. Ein Verbot lässt ihn erst recht flehen und lobpreisend Schutz bei Ihm suchen. Heute sind wir beim Beten nicht an Zeiten und äußere Formen gebunden; wir beten im Geist, was wir auch während anderer Tätigkeiten tun können und von niemandem wahrgenommen wird (Röm. 1:9; Phil. 3:3).

 Nachdem die Mächtigen Daniel beim Gebet »ertappt« hatten, zeigten sie ihn beim König an, der sofort erkannte, dass er einer äußerst niederträchtigen Intrige zum Opfer gefallen war (Vers 14). Dabei gingen sie sehr geschickt vor, indem sie Darius nach der Verbindlichkeit des Erlasses fragten, was er nur bejahen konnte, das geltende Recht bekräftigend (Vers 13). Dann erst teilten sie ihm mit, dass Daniel sich nicht an das Edikt halte.

 Der betrogene König war aufgewühlt und stinksauer. Unverzüglich versuchte er, eine Lösung zu finden, Daniel zu bewahren (Vers 15) ¬ vergeblich; auf diese Weise erfuhr er seine Schwachheit, ein guter Boden für die Erkenntnis des allmächtigen Gottes. Die Verzögerung wurde für Darius gefährlich, denn all die Mächtigen wandten sich nun gegen ihn persönlich, den sie wegen der Missachtung des Edikts der Meder und Perser anklagen würden (Vers 16).

 Wie sehr unterschied sich doch das Königreich von Silber von dem von Gold! Nebukadnezar stand über dem Gesetz, Darius aber war durch die Gesetze eingeschränkt. Er vermochte noch nicht einmal, seinen besten Beamten vor den Folgen der Verschwörung zu bewahren.

 Der König konnte nicht mehr anders, er musste Daniel in die Löwengrube werfen lassen (Vers 17). In seiner Not entwickelte Darius  ein gewisses Zutrauen zu dem Elah Daniels. Im Bewusstsein seiner Unfähigkeit, Daniel zu retten, wandte er sich an diesen Gott. Wir lesen das bemerkenswerte Wort aus dem Mund eines heidnischen Monarchen: »Dein Elah, den du unablässig ehrst, Er, Er möge dich befreien.« Damit stellte er dem Daniel ein gutes Zeugnis aus und vertraute er ihn dem Einzigen an, der wirklich retten konnte. ¬ Selbstverständlich steht es Gott frei zu handeln, wie Er will (Dan. 3:18).

Daniels Bewahrung in der Löwengrube

18Und man brachte einen Stein herbei und legte ihn auf die Öffnung der Grube; und der König versiegelte ihn mit seinem Siegelring und mit dem Siegelring seiner Meister, damit das gegen Daniel Gewollte nicht verändert werde.

19Alsdann ging der König weg zu seinem Palast und war fastend im Hause, und Hirse ließ er nicht vor sich hereinbringen, und sein Schlaf stieß sich von ihm ab.

20Daraufhin stand der König zur Schwarzröte (zum frühen Morgenrot) auf, beim Aufglänzen (des Tages), und ging in Unrast weg zur Löwenrube.

21Und als er ihr, der Grube, nahte, wehschrie er dem Daniel mit betrübter Stimme zu. Der König antwortete und sprach zu Daniel: Daniel, Diener des lebendigen Elaha, konnte dein Elah, den du unablässig ehrst, dich von den Löwen befreien?

22Alsdann entgegnete Daniel dem König: König, für Äonen lebe!

23Mein Elah entsandte Seinen Beauftragten (Boten, Engel), und er verschloss den Rachen der Löwen, sodass sie mich nicht (mit ihren Pranken) umschlossen, weil ich als lauter vor Ihm entdeckt bin, und gar vor dir, König, ich im Dienst nichts (für mich) gewaltsam festhielt.

24Daraufhin war der Regent über ihn überaus des Guten voll, und in Bezug auf Daniel sprach er, ihn aus der Grube hochklimmen zu lassen. Und man (half) Daniel, aus der Grube hochzukommen, und kein (Zeichen eines von den Löwen) Gepacktwordenseins wurde an ihm entdeckt aufgrund seiner Glaubenstreue zu seinem Elah.

...

 Der Stein und dessen Versiegelung dürften nicht nur dazu gedient haben, dass man Daniel nicht herausziehen könne, sondern auch, dass seine Feinde dem Tode nicht mit Pfeil oder Wurfspeer nachhelfen konnten (Vers 18).

 Darius verbrachte eine schlaflose Nacht, von Selbstvorwürfen und der ihm von den Oberen bereiteten Niederlage gequält und um Daniel bangend. Frühmorgens eilte er zur Grube. Mit zitternder Stimme rief er nach Daniel, und da ¬ Daniel antwortete. In seinem Gespräch mit ihm ehrte Darius den lebendigen Elah (Vers 21). So können wir sagen, dass er gerade durch diese Krise zur Erkenntnis des wahren Gottes kam.

 Ein Wunder war geschehen. Der König war von Herzen froh. Psalm 37:40 hatte sich an Daniel erfüllt: »Und Jewe hat ihnen (den Gerechten) (noch immer) geholfen und ihnen Entrinnen gegeben; Er bewirkt, dass sie den Frevlern entrinnen, und Er rettet sie, denn sie bergen sich in Ihm.«

 Nun durfte Daniel aus der Grube herausgeholt werden, denn das Edikt, das nur das Hineinwerfen vorschrieb, war erfüllt worden (Vers 24).

 Durch seine Glaubensreue gehört Daniel der großen Wolke von Zeugen an (Heb. 12:1), deren Taten in der Geschichte des Heils verzeichnet sind. Hebräer 11:33 erwähnt diesen Propheten, der durch Glauben »der Löwen Rachen verstopfte.«

Der Tod der Verschwörer und die Verherrlichung Gottes

25Und der König sprach, und man ließ all diese Mächtigen eintreffen, die den Daniel angezeigt hatten, und man schleuderte sie, ihre Söhne und ihre Frauen hoch (über die Mauer) in die Löwengrube; und noch nicht am Boden der Grube angelangt, da ermächtigten die Löwen sich schon ihrer und zersplitterten all ihre Knochen.

26Alsdann schrieb der König Darius allen Völkern, Muttervölkern und Zungen, die ihre Schlafstätte im ganzen Land hatten: Euer Friede wachse hoch!

27Von mir ist die Bestimmung festgelegt, dass in jedem Machtbezirk meiner Königsherrschaft (die Menschen) vor dem Elah Daniels Schwitzende (Zitternde) und sich Verkriechende (Fürchtende) werden. Denn Er ist der lebendige Elah und ist bestätigt für Äonen, und Seine Königsherrschaft ist eine, die sich nicht beschränken (lassen wird), und Seine Schutzmacht (währt) bis zur Einsammlung (Vollendung).

28(Er) befreit und birgt und beauftragt Zeichen und Bestauntes in den Himmeln und auf der Erde, (Er), der den Daniel aus der Hand der Löwen befreite.

29Und dieser Daniel hatte Gelingen in der Königsherrschaft des Darius (Darius der Meder, 538 - 532 v. Chr.) und in der Königsherrschaft des Kores, des Persers (Kyros II, der Große, 536 - 529 v. Chr.).

...

 Die Verschwörer ernteten, was sie gesät hatten (Gal. 6:7).

 Die Verordnung des Darius lässt seine Ergriffenheit, seine Gotteserkenntnis und seinen Bekennermut erkennen. Allen Völkern schärfte er die Furcht vor dem Gott ein, der sich als der erwiesen hatte, der lebendig ist (und nicht tot wie die Götzen). Jewe lässt alle Völker Seine Stärke erkennen (Ps. 77:15). Vor Ihm werden sie alle beben (Ps. 99:1).

 Die Verordnung dürfte im Übrigen dem Volk Daniels Achtung im ganzen Reich verschafft haben.

 Der Elah Daniels, der lebendige, hatte das Böse zum Guten gewandt. Die intriganten Machenschaften führten zur Verherrlichung Gottes. Uns leuchtet etwas von den unausspürbaren Wegen Gottes auf (Röm. 11:33). Vor dem Hintergrund niederträchtiger Motive macht Er Seine Weisheit und Allmacht bekannt.

 All das eindrückliche Geschehen um Daniel wird zweifellos den Weg für den Erlass des Kores bereitet haben, der den Gefangenen aus Israel im Jahr 536 v. Chr. die Rückkehr in ihre Heimat erlaubte (Esra 1:2 - 4). Bei Gott hat alles Sinn und Zweck und Ziel.

Die vier gewaltigen Tiere

(Dan. 7 + 8)

Die Vision über die vier Tiere

1Im ersten Jahr Belsazars, des Königs Babels (als Mitregent neben seinem Vater Nabonid; 542 v. Chr.), gesichtete Daniel einen Traum, und er hatte Visionen seines Hauptes auf seiner Liege. Alsdann schrieb er den Traum nieder, die Hauptsache der zu erfüllenden Worte sprach (berichtete) er.

2Daniel antwortete und sprach (berichtete): Ich gesichtete in meiner Vision bei Nacht, und sehet! Die vier Winde der Himmel wühlten das gewaltige Meer auf.

3Und vier meisterliche (gewaltige) Tiere (Meister-Tiere) stiegen aus dem Meer empor, jedes vom anderen verschieden.

4Das vorderste war wie eine Löwin, und sie hatte Schwingen eines Geiers; ich gesichtete sie, bis ihre Schwingen ausgerauft wurden und sie von der Erde weg erhoben und auf Füße wie die eines Mannes gestellt wurde und ihr das Herz eines Mannes gewährt war.

5Und sehet! Ein anderes, ein zweites Tier, einer Bärin gleichend; und (nur) auf einer Seite (einem Fuß) stehend, und drei Rippen waren in ihrem Rachen zwischen ihren Zähnen. Und also sprach man zu ihr: Steh auf! Friss sehr viel Fleisch!

6Nach diesem gesichtete ich, und sehet! Ein anderes (Tier) war wie eine Leopardin, und sie hatte vier Schwingen eines Flüglers (Vogels) auf ihrem Rücken, und vier Häupter hatte das Tier, und Macht war ihr gewährt.

7Nach diesem gesichtete ich in Visionen der Nacht, und sehet! Ein viertes Tier, zum Verkriechen (erschreckend) und grauenerregend und ungemein mächtig; und sie (das weibliche Tier) hatte Zähne aus Eisen, fraß, zermalmte und zertrat den Rest mit ihren Füßen zu Moor, und es war anders als alle Tiere, die (östlich) vor ihr waren, und sie hatte zehn Hörner.

8Klug sein wollte ich über die Hörner. Und dies! Ein anderes, geringes Horn stieg zwischen ihnen empor, und drei aus den ersten Hörnern wurden vor ihm verstümmelt; und dies! Augen waren in diesem Horn ¬ wie Augen eines Mannes ¬ und ein Rachen, der meisterliche (gewaltige) (Worte) entgegnete.

...

 Vier gewaltige Tiere werden uns genannt, und unwillkürlich stellen wir uns vor, dass die ersten drei Tiere besiegt und abgetan werden, um eine Beziehung zu den vier Weltreichen herzustellen, die Daniel in der Vision über die metallene Bildsäule beschreibt (Dan. 2:31 - 45). Wenn wir aber weiterlesen, erfahren wir, dass diese Tiere gleichzeitig existieren und kein Tier das andere beseitigt. Am Ende unserer Zeit, des gegenwärtigen bösen Äons (Gal. 1:4), stehen sie allesamt vor dem großen, weißen Thron Gottes, wobei das vierte, schreckliche Tier umgebracht wird, während die anderen drei lediglich ihre Vollmacht entzogen bekommen, aber noch eine Zeitlang weiterleben (Verse 11 + 12). Daher wäre es irreführend, diese vier Tiere mit den vier aufeinanderfolgenden Weltreichen in Verbindung zu bringen.

 Die Tiere werden zwar als Regenten (Könige) und Regentschaften (Königreiche) (Verse 17 + 23) beschrieben, doch handelt es sich hierbei um religiöse Herrschaften und Herrschaftsbereiche, wenngleich diese Religionen auch politische Macht ausüben. Nicht vier Weltreiche (mit Babel als Hauptstadt) bestehen gleichzeitig auf der Erde, sondern vier Weltreligionen. Schließlich wendet sich der Regent der Endzeit, der Antichristus, nicht gegen eine andere Nation, sondern gegen Gott und Seine Heiligen. Es erhebt sich die menschliche Religion unter Satans Führung gegen die wahre Gottesverehrung unter Christi Herrschaft. Wie am Königreich Christi deutlich wird, in welchen die Nationen zu Jüngern Jesu gemacht werden (Mat. 28:19), kann der Begriff »Königreich« nicht auf das Politische beschränkt werden, denn Christi Herrschaft ist vor allem eine zur Gotteserkenntnis führende.

 Die vier gewaltigen Tiere aus Daniel sieben üben gleichzeitig und nebeneinander Gewalt über die ganze Erde aus. In der Endzeit, dem letzten Jahrsiebener, bilden sie zusammen und gemeinsam das wilde Tier, das aus dem Meer kommt (Off. 13:1), den Antichristus, der die religiöse und die politische Gewalt in Händen hat (1. Joh. 2:18), den Menschen der Gesetzlosigkeit (2. Thess. 2:3), samt seinem Machtapparat. Das wilde Tier vereinigt nach Offenbarung 13:2 die Eigenschaften einer Leopardin, eines Bären und eines Löwen in sich, hat die zehn Hörner des vierten Tieres und die sieben Köpfe aller Tiere zusammen. (Das dritte Tier hat vier Köpfe (Vers 6), hinzu kommen die Köpfe der drei anderen.) Jedes Volk, jedes Land und jeder Stamm auf der gesamten Erde wird der Herrschaft dieses wilden Tieres unterworfen sein. Alle in jener Zeit lebenden Menschen, deren Namen nicht in der Rolle des Lebens geschrieben stehen, werden es anbeten (Off. 13:8).

 Die Vision Daniels ist deshalb unter dem religiösen Aspekt zu betrachten, weil es dem Satan, dem Drachen, der dem wilden Tier die Vollmacht gibt, wie auch dem wilden Tier um die Anbetung geht (Off. 13:4, 8, 12, 15), die Anbetung, die unser Herr Jesus Christus dem Satan verweigerte (Mat. 4.1 - 11; Luk. 4:5 - 7). Dass es letztlich um Religion geht, wird auch daran deutlich, dass das wilde Tier in der Offenbarung nur im Tempelabschnitt (11:19 - 20:15) auftritt, der die Erlösung durch Jesus Christus zum Thema hat. Im kommenden Königreich wird der große Hohepriester (Heb. 8:1) den Thron einnehmen, und eine priesterliche Nation wird an der Spitze stehen (1. Pet. 2:9). Die diesem Königreich vorausgehenden Gerichte betreffen falsche Priester und falsche Herrscher, religiöse Verehrung ebenso wie politische Macht.

 Die vier Tiere sind allesamt weiblich. Zwar ist das grammatische Geschlecht von Löwe, Bär und Leopard männlich (es gibt keine weibliche Form), die Tiere sind aber weiblich, weil die jeweiligen persönlichen Fürwörter (Personalpronomen) in den Versen vier bis sieben weiblich sind. Die weibliche Form wird augenscheinlich dann vorgezogen, wenn es sich um Redefiguren auf religiösem Gebiet handelt. Auch Israel wird bildlich als Jungfrau, Braut, Ehefrau, Hure oder Witwe bezeichnet.

 Das Meer (Vers 2) drückt bildlich das Völkermeer aus, die wogende Menge der Völker der Erde. Hinter den vier Winden (Vers 2) stehen Geister, die sie lenken und den Wind ihrer Thesen unter die Menschheit bringen. Die Menschen sind den geistlichen Mächten ausgeliefert. Sie alle aber, ja der Satan selbst, sind Werkzeuge in der Hand des alles bewirkenden und weisen Gottes, des alleinigen absoluten Verfügers, der Liebe ist und alles zum Guten zusammenwirkt sowie alles in Herrlichkeit in Christus Jesus vollendet.

 Das vorderste oder erste oder mit dem verwandten Wort »östlichste« bezeichnete Tier (Vers 4), die Löwin, stellt den Buddhismus dar. Das zweite (von Osten her gesehen), die Bärin (Vers 5), steht für den Hinduismus, das dritte Tier, die Leopardin (Vers 6), steht für den Islam, und das westliche, außerordentlich furchtbare und grauenerregende Tier, für das es keinen Vergleich in der Tierwelt gibt (Vers 7), symbolisiert das glaubenslose Christentum. (Im Hebräischen und Aramäischen schreibt man von rechts nach links; rechts ist also vorne. Das Erste wird vom Sonnenaufgang her gesehen, also im Osten.)

 Flügel befähigen Tiere, leicht und schnell Hindernisse zu überwinden. Das ist ein Hinweis auf den Islam und den Buddhismus.

 Der Islam, dargestellt durch die Leopardin mit vier Flügeln, hat bis auf den heutigen Tag eine schnelle Verbreitung gefunden.

 Der Buddhismus, dargestellt durch die Löwin, verließ Indien und bewegte sich schnell nach Ostasien, breitete sich aber dann nicht mehr aus. Seine jetzige Flugunfähigkeit und Stagnation werden durch die ausgerauften Schwingen verdeutlicht. Von allen Religionen ist der Buddhismus noch die menschlichste. Großer Wert wird auf das sittliche und ethische Verhalten gelegt, was in Vers vier sehr passend durch das Menschenherz geschildert wird, das der Löwin gegeben wurde.

 Im Hinduismus nimmt die Priesterkaste der Brahmanen die beherrschende Stellung ein und lebt auf Kosten der drei anderen gesellschaftlichen Hauptkasten. Ein besseres Bild als die drei Rippen im Maul der Bärin gibt es dafür nicht. Dass die Bärin nur auf eine Seite gestellt ist, gibt wieder, dass die brahmanische Priesterkaste als einzige hochgestellt ist.

 Das vierte Tier, das westliche, das glaubenslose Christentum, ist äußerst schreckenerregend und zertritt und zermalmt alles (Vers 7). Es hat zehn Hörner. Die Hörner eines Tieres sind meist ein Zeichen seiner Kraft und seines Angriffsgeistes. Im übertragenen Sinn bedeutet »Horn« in der Bibel »Macht«. Die zehn Hörner stellen zehn mächtige, militärisch starke christliche Nationen dar (Off. 13:1; 17:12).

 Dann sah Daniel, dass ein anderes, zunächst kleines Horn zwischen den zehn Hörnern emporstieg (Vers 8; vgl. Vers 24) und drei von den zehn fielen. Es nimmt an Größe zu und übertrifft bald alle anderen. Es hat Augen und einen Mund. Das besagt, dass es sich nicht nur um ein politisch-religiöses Machtzentrum handelt, sondern darüber hinaus auch um eine dominierende Persönlichkeit; diese ist das wilde Tier (Off. 13:1), der Antichristus (1. Joh. 2:18), der Gesetzlose (2. Thess. 2:8), der vermessene Worte und Lästerungen gegen Gott und Seine Heiligen ausspricht (Dan. 11:36; Off. 13:5).

Das Gericht über die vier Tiere

9Ich hatte die Vision, bis Throne hochgebracht wurden und ein den Tagen Entrückter (über der Zeit Stehender) Platz nahm. Seine Bekleidung war gebleicht, weiß wie Schnee, und Sein Haupthaar wie mangelfreie Wolle; Sein Thron war von der Flamme umfangen, dessen Fahrrollen von sprühender Flamme.

10Ein Flammenstrom wurde gegenwärtig und kam vor Ihm heraus; tausendmal tausend leuchten Ihm wie die Sonne, und Myriade (Zehntausend) und Myriade stehen vor Ihm. Das Gericht nahm Platz, und die Urkunden wurden geöffnet.

11Alsdann hatte ich die Vision bezüglich der Stimme der zu erfüllenden meisterlichen (gewaltigen, vermessenen) Worte, die das Horn entgegnete. Ich hatte die Vision, bis das Tier umgebracht und sein Körper vernichtet war und den Gluten des Feuers übergeben wurde.

12Und den verbliebenen Tieren verjagte (nahm) man ihre Macht, und die Verlängerung ihrer Lebenstage wurde ihnen gewährt bis zur (bestimmten) Frist und (bis zum bestimmten) Zeitabschnitt.

13Ich hatte die Vision in Visionen der Nacht, und sehet! Mit den Wolken der Himmel traf einer ein wie der Sohn eines Mannes, und bis zu dem der Tage Entrückten gelangte Er, und man ließ Ihn vor Ihn nahen.

14Und Ihm wurde Macht und Würde und die Königsherrschaft gewährt, und alle Völker, Muttervölker und Zungen ehren Ihn. Seine Macht ist eine äonische Macht, die nicht verjagt werden wird, und Seine Königsherrschaft ist eine, die sich nicht (räumlich) begrenzen (lassen wird).

...

 Throne werden auf ein Podium hochgebracht, und unser Gott und Vater nimmt Platz (Vers 9). Der zweite Thron ist für Seinen Sohn bestimmt (Vers 13). Die weiße Farbe prägt Ihn; weiß ist die Farbe der Reinheit und Gerechtigkeit; Er wird somit nun gerechtes Gericht üben. Flammen gehen von Seinem Thron aus, Flammen, die alle Widergöttlichen und Ungerechten verzehren werden. Feuer reinigt am gründlichsten.

 Tausendmal tausend und Zehntausende um Zehntausende (vgl. Off. 5:11) von himmlischen Geistwesen, überwiegend Boten (Engel), umgeben den, der Sich ohnehin mit Licht umhüllt (Ps. 104:2), mit Licht wie das der Sonne (Vers 10). Die Gerichtssitzung wird eröffnet. Dies geschieht am Ende des gegenwärtigen bösen Äons, am Ende des letzten Jahrsiebeners. Gott wird als verzehrendes Feuer tätig werden (Heb. 12:29).

 Wir wenden uns dem Lästerungen aussprechenden Horn zu (Vers 11; vgl. Off. 13:5). Das vierte, westliche Tier, das glaubenslose Christentum, das von dem großsprecherischen Horn geführt wird, wird ¬ so das Urteil ¬ umgebracht und im Feuer vernichtet werden.

 Warum wird gerade die Christenheit vernichtet? Zu ihr war das herrliche Evangelium der überströmenden Gnade gekommen, die in Christus Jesus ist, aber sie hatte diese Gnade nicht geschätzt, sondern das Evangelium zu einer Religion, so wie sie ihr passte, verfälscht und verdient daher ein strenges Urteil. Sie wird aus dem Geist und Licht verbreitenden Ölbaum ausgehauen (Röm. 11:22).

 Die anderen drei Weltreligionen dürfen zunächst weiterbestehen, aber ohne jegliche Kraft (Vers 12), bis jüdische Missionare sie zu Jüngern Jesu machen (Mat. 28:19). Im messianischen Königreich wird es dann keine Religion mehr geben. Die wahre Anbetung wird auf der Erde herrschen.

 Dann sah Daniel, dass Jesus, der Menschensohn, eintrifft und Sich dem Thron Seines Gottes und Vaters naht (Vers 13). Auf den Wolken der Himmel kommt Er, und zwar mit Macht und großer Herrlichkeit (Mat. 24:30; 25:31; 26:64; Mark. 14:62; Off. 19:11, 12).

 Alle Ehre, Macht und Würde und die Königsherrschaft über Israel und die ganze Erde wird dem Herrn Jesus Christus gewährt werden (Vers 14). An jenem Tag werden laute Stimmen im Himmel sagen: »Die Königsherrschaft über die Welt ist unserem Herrn und Seinem Christus zuteil geworden, und Er wird als König für die Äonen der Äonen herrschen! Amen!« (Off. 11:15). Sein Thron ist für die Äonen, und das Zepter Seiner Regierungsgewalt ist Geradheit und Gerechtigkeit (Ps. 45:7).

Die Auslegung der Vision

15Wie ein Verstoßener vergrub sich mir, Daniel, mein Geist in (meinem) Innern, und die Visionen meines Hauptes machten mich rastlos.

16Deshalb nahte ich einem der Dastehenden (einem Engel) und ersuche von ihm Unumstößliches über all dieses (zu wissen). Und er spricht zu mir und lässt mich die Auslegung der zu erfüllenden Worte wissen:

17Diese meisterlichen (gewaltigen) Tiere, deren vier sind, (bedeuten): Vier Herrscher werden aus der Erde erstehen.

18Aber die Herrschaft werden die Heiligen des Obersten entgegennehmen und die Königsherrschaft erhalten sie (als Hort) bis zum Äon und bis zum Äon der Äonen.

...

 Daniel war wie gelähmt und überaus bestürzt. Er näherte sich einem der himmlischen Geistwesen, vielleicht dem Gabriel (Dan. 8:16; 9:21), und bat um Gewissheit.

 Er bekommt die Antwort, dass diese vier Tiere vier die Welt Beherrschende Mächte sind; sie kommen nicht aus dem Himmel, sondern aus der Erde.

 Nach dem Gericht über sie aber werden die Heiligen des Höchsten die Königsherrschaft als Hort, als gepflegte Stätte, erhalten bis einschließlich, also für den Äon, den tausendjährigen, und für den Äon der Äonen, den krönenden, den auf der neuen Erde. Jesus sagt bezüglich dieser Heiligen, der gläubigen Juden: »Fürchte dich nicht, du kleines Herdlein, da es eurem Vater wohlerscheint, euch das Königreich zu geben« (Luk. 12:32); »Wer überwindet, dem werde Ich geben, sich mit mir auf Meinen Thron zu setzen, wie auch Ich überwunden und Mich mit Meinem Vater auf Seinen Thron gesetzt habe« (Off. 3:21); »Sie werden als Könige für die Äonen der Äonen herrschen« (Off. 22:5).

Näheres über das vierte Tier und die zehn Hörner

19Alsdann wollte ich Unumstößliches über das vierte Tier (wissen), das anders war als sie alle, das ungemein (Schrecken erregende und daher) verkriechenmachende, das mit seinen Zähnen aus Eisen und seinen Krallen aus Kupfer fressende, zersplitternde und den Rest mit seinen Füßen zu Moor tretende,

20und über die zehn Hörner, die auf seinem Haupt sind, und über das spätere, das emporstieg und vor dem drei Hörner fielen, ja über dieses Horn und die Augen, die ihm waren, und den Rachen, der meisterliche (gewaltige, vermessene) (Worte) entgegnete, und dessen erschautes Aussehen meisterhaft war, mehr als das seiner Verbündeten (Gefährten).

21Eine Vision hatte ich: Und dieses Horn gab den Auftrag zu einem Angriff gegen die Heiligen und überwältigte sie,

22bis der den Tagen Entrückte eintraf und den Heiligen des Obersten Recht gewährt wurde und die Frist anbrach und die Heiligen die Königsherrschaft als Hort erhielten.

23So sprach er: Das vierte Tier (bedeutet): Eine vierte Regentschaft wird auf der Erde sein, die anders sein wird als alle (anderen) Regentschaften, und sie frisst die ganze Erde und zerdrischt sie und zersplittert(zermalmt) sie.

24Und die zehn Hörner (bedeuten): Aus jener Regentschaft erstehen zehn Regenten; und ein anderer ersteht nach ihnen, und er wird anders sein als die vorherigen, und drei Regenten erniedrigt er.

25Und zu erfüllende (Worte) entgegnet er gegen den hin, der oben ist, und die Heiligen des Obersten verwirrt er; und er beabsichtigt, Fristen (Festzeiten) und Erlass (Gesetz) zu ändern, und sie werden seiner Hand gewährt bis einschließlich eines Zeitabschnitts (Jahres) und Zeitabschnitten (Jahren) und eines halben Zeitabschnitts (Jahres).

...

 Das furchtbare vierte Tier (Vers 19) ¬ welche Bewandtnis hat es? Und wie wird es mit den Heiligen umgehen? Die Christenheit ¬ sie erhöht nicht den Christus, sondern den Menschen und verdirbt sich damit selbst ¬ sie ist grausamer als jedes andere Tier, von denen keines eiserne Zähne und kupferne Krallen hat. Die christliche Welt einschließlich der russisch-orthodoxen hat die meisten Waffen; sie ist die hochentwickelte Zerstörung selbst und wird durchaus die Welt beherrschen können, wie zur Kolonialzeit bereits einmal geschehen. Und das Ziel einer Welteinheitsreligion wird im Christentum bereits intensiv angestrebt.

 Die Christenheit ist heute schon voller Perversitäten und Gotteslästerungen. Das eine, besonders erwähnte Horn wird alle Lästerungen weit überbieten (Vers 20; vgl. Vers 8; Off. 13:5). Dieses Horn, der Antichristus, der Mensch der Gesetzlosigkeit, wird »sich über alles erheben, was Gott genannt wird oder Gegenstand der Verehrung ist, sodass er sich selbst in den Tempel Gottes setzt und zu erweisen sucht, er sei Gott« (2. Thess. 2.:4).

 Ganz und gar fassungslos muss Daniel gewesen sein, als er sah (Vers 21), dass dieses Horn die Heiligen bekämpfte und überwältigte. Dem entspricht, dass die zehn Hörner des wilden Tiers überein mit ihm handeln und wider das Lämmlein streiten (Off. 17:12 - 14). Gott wird es dem wilden Tier geben, die Heiligen zu überwinden (Off. 13:7), und zwar in den letzten 42 Monaten des letzten Jahrsiebeners (vgl. Vers 25; Off. 13:5); dies ist die Zeit der großen Drangsal der Gläubigen (Mat. 24:15 - 22).

 Das wilde Tier bekommt von Gott die Vollmacht über alle Stämme, Völker, Zungen und Nationen (Off. 13:7) und wird die ganze Erde niederzwingen (Vers 23).

 Es wird die Heiligen verwirren (Vers 25), sie in der Stunde der Versuchung, die über die ganze Erde kommt (Off. 3:10), zum Abfall von Jesus Christus bewegen wollend.

 Dies alles aber nur für eine bestimmte Frist. Dreieinhalb Jahre werden die Glaubenstreuen in die Hand des Horns gegeben werden (Off. 112; 13:5), 42 Monate und nicht länger. Dies zu wissen, wird ihnen die Kraft zum Ausharren vermitteln.

 Der Antichristus wird die Fristen und den Erlass, die Festzeiten und das Gesetz des Mose, verändern (Vers 25), wie wir denn lesen: »Er ermächtige einen Bund mit den Vielen für einen Siebener, und zur Hälfte des Siebeners wird er das Opfer und die Weihegaben aufhören lassen. Und auf einem Flügel (des Heiligtums) werden Abscheuliche (Götzenscheusale, Gräuel) der Verödung (aufgestellt sein), bis das gänzliche (Gericht) und Beschlossene über die Verödung hereinbricht« (Dan. 9:27). Wenn das beständige Tempelritual aufgehoben wird (Dan. 8:11; 11:31), dann sollen die gläubigen Juden, die in Judäa sind, in die Berge fliehen (Mat. 24:15). Verödet ist der Tempel, weil er seines Rituals beraubt ist. Der Gräuel ist das dann im Tempel stehende, von allen anzubetende Standbild des wilden Tiers (Off. 13:15).

 Um Anbetung, um seine Religion, geht es dem Satan.

Das Gericht und die Herrschaft der Heiligen

26Aber die Rechtsprechung (hat ihre) Sitzung; und seine (des Horns) Macht beseitigt man, sie wird ausgetilgt und verloren gegeben bis zum Ende.

27Und die Königsherrschaft und Macht und die Mehrung der Herrschaft unter allen Himmeln wird dem Volk der Heiligen des Obersten gewährt. Seine Königsherrschaft ist eine äonische Königsherrschaft, und alle Mächte werden es ehren und gehorchen.

...

 Nun werden dem Volk Israel alle Verheißungen erfüllt. Als oberste Nation der Erde (5. Mose 28:1) werden sie Vollmacht über die Nationen haben (Off. 2:26) und »Priester Gottes und Christi sein und mit Ihm die tausend Jahre als Könige herrschen« (Off. 20:6). Der Lobpreis und die Verherrlichung sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus!

Daniel ist erschüttert

28Bis hier (verläuft) die Zusammenfassung des zu erfüllenden Wortes. Mich, Daniel, ja mich, machten meine Gedanken höchst rastlos, und meine Hautfärbung veränderte sich an mir. Und ich bewahrte das zu erfüllende Wort in meinem Herzen.

...

 Mögen auch wir dieses Wort bewahren. Es darf uns in unserer gotteslästerlichen, den Zorn Gottes herausfordernden Zeit ein Zuspruch sein.

Kapitel 8

Medo-Persien, Griechenland und die Endzeit

1Im dritten Jahr der Königsherrschaft des Königs Belsazar (als Mitregent; 540 v. Chr.) erschien mir eine Vision, mir, dem Daniel, nach dem, was mir im Beginn (Dan. 7:1) erschienen ist.

2Und ich sah in der Vision: Und während ich sah, da war ich in der Residenz Susa, die im Rechtsbezirk Elam (liegt). Und ich sah in der Vision: Und ich war am Fluss Ulai.

...

 Ab Kapitel acht ist das Buch Daniel wieder auf Hebräisch geschrieben, da es nicht mehr um die Nationen geht, sondern um Israel und den Einfluss der Welt auf dieses Volk.

 Zum Kapitel acht sei vorab gesagt, dass die Vision zunächst die nahe Zukunft unter den Weltreichen Medo-Persien und Griechenland aufzeigt, dann aber nahezu unvermittelt die Erlebnisse Israels in der Endzeit beschreibt.

 Die Welt war im Umbruch. Entsprechend der Tatsache, dass das Ende Babels und der Aufstieg der neuen Weltmacht Persien nahe bevorstand, befand Daniel sich in seiner Vision in der persischen Königsstadt Susa, weit östlich von Babel. Susa ist uns übrigens auch aus den Büchern Esther und Nehemia bekannt (Est. 1:2; Neh. 1:1).

Der Widder und der Ziegenbock

3Und ich erhob meine Augen und sah, und da! Ein Widder stand angesichts des Flusses, und er hatte ein Hörnerpaar; und die Hörner waren hoch, und das eine war höher als das zweite, und das hohe (wuchs) später hinauf.

4Ich sah den Widder, meerwärts (westwärts) und nordwärts und südwärts rammend, und kein Tier bestand vor ihm, und keiner barg vor seiner Hand, und er tat, wie es ihm gefiel und wurde groß (und mächtig).

5Und ich, ich verstand, und da! Ein Ziegenbock kam vom Westen über das Angesicht all des Landes, und er berührte das Land nicht; und der Ziegenbock hatte ein ansehnliches Horn zwischen seinen Augen.

6Und er kam bis zu dem Widder, dem Eigner des Hörnerpaars, den ich angesichts des Flusses habe stehen sehen, und er lief zu ihm  in der (stürmischen) Hitze seiner Kraft.

7Und ich sah ihn beim Widder anlangen, und er erbitterte sich gegen ihn und schlug den Widder und zerbrach seine beiden Hörner, und der Widder hatte keine Kraft, vor ihm zu bestehen. und er warf ihn zur Erde und zertrat ihn, und niemand barg den Widder vor seiner Hand.

8Und der Ziegenbock wurde groß (und mächtig) bis zum Übermaß; und als er überaus stark war, wurde das große Horn zerbrochen, und es stiegen vier ansehnliche Hörner an seiner statt auf zu den vier Winden der Himmel hin.

9Und aus dem einen von ihnen ging ein kleines Horn heraus, und es wurde außerordentlich groß gegen den Süden und gegen den Osten und gegen das Stattliche (das prächtige Land Israel) hin.

10Und es wurde groß bis zum Heer der Himmel und bewirkte, dass (einige) aus dem Heer und aus den Sternen auf die Erde fielen, und zertrat sie.

11Und bis zum Fürsten des Heeres wurde er groß, und weg von ihm (dem Fürsten) hob er das stetige (Opfer im Tempel) auf, und die Stätte seines (des Fürsten) Heiligtums wurde niedergeworfen.

12Und ein Heer (des Horns) wurde zur (Verhinderung) des stetigen (Opfers) aufgeboten, (und zwar) infolge der Ausschreitung (des Aufstands). Und das Horn warf die Wahrheit zu Boden und war tätig und hatte Gelingen.

13Und ich hörte einen Heiligen reden, und ein Heiliger sprach zu dem Betreffenden, der da redete: Bis wann noch (gilt) die Vision (des Aufhörens) des stetigen (Opfers) und der Übertretung, (und zwar) die Verödung (des Tempels), dass sowohl das Heilige als auch das Heer (des Fürsten) als Zertretenes dahingegeben ist?

14Und er sprach zu mir: Bis 2300 Abend-Morgen (vorbei sind), und dann wird das Heilige gerechtfertigt (als gerecht erfunden).

...

 Der Widder stellt Medo-Persien dar (Verse 3 + 20); es eroberte Babel im Jahr 539 v. Chr. Von den zwei Hörnern war das eine, später auftretende, nämlich Kyros II, der 536 v. Chr. König des Großreichs Persien wurde, höher als das andere, nämlich Darius der Meder, der ab 539 über Babel herrschte.

 Niemand konnte Medo-Persien widerstehen (Vers 4).

 Plötzlich aber kam, ja flog ein Ziegenbock vom Westen her auf Persien zu (Verse 5 + 21). Das war Griechenland. Sein Horn war Alexander der Große, der das persische Reich ab 334 v. Chr. in wenigen Jahren eroberte (Verse 6 + 7) und sein Imperium bis nach Indien ausdehnte. Schließlich bedauerte Alexander zutiefst, dass es nichts weiter zu erobern gab.

 Auf dem Höhepunkt seiner Macht starb Alexander im Jahr 323 v. Chr. kinderlos im Alter von nur 32 Jahren (Vers 8). An seiner Stelle traten vier seiner Generäle, die vier Diadochen (das heißt Nachfolger) (Vers 22). Ptolomaios erhielt Ägypten und Teile Kleinasiens, Kassander Mazedonien und Griechenland, Lysimachos Trazien und Teile Kleinasiens, und Seleukos Syrien, Israel und Mesopotamien.

 Aus einem der vier Diadochenreiche geht ein besonderes Horn hervor (Vers 9), und zwar in der Endzeit, »in der Späte« (Vers 23) der von Griechenland bis heute geprägten Regierungen der Nationen. Jenes Horn ist der Antichristus. Die Zwischenzeit kann übergangen werden, weil es kein die ganze Welt beherrschendes Königreich gibt und das für die Wiederherstellung des Königreichs Israel Entscheidende erst in der Endzeit geschieht.

 Der jüdische Historiker Josephus Flavius meinte, dieser Teil der Vision sei mit dem Auftreten des Königs Antiochus IV Epiphanes (175 - 164 v. Chr.) erfüllt worden, dessen brutale Hellenisierungspolitik 167 v. Chr. den Makkabäer-Aufstand veranlasste. Wenn dies zutreffen würde, wäre Jesus Christus direkt nach ihm gekommen. Außerdem hätte unser Herr vom Gräuel der Verödung (Verse 11 - 13) nicht als von einem zukünftigen Ereignis gesprochen (Mat. 24:15). Antiochus, der König des Seleukidenreichs, ist nur ein Typus des Antichristus.

 Das Horn, das wilde Tier, der Antichristus, erhebt sich bis zum Heer der Himmel, den himmlischen Heerscharen von Engeln (Vers 10), ja bis zum Fürsten des Heeres (Vers 11), dem Obersten der Engel (Jos. 5:14). Die Versuchung für die Engel, die wie Sterne leuchten, ist so groß, dass welche dem Satan, der dem Horn umfassende Macht verleiht (Off. 13:4), folgen, dann aber mit ihm auf die Erde hinabgeworfen werden (Off. 12:4, 9).

 Ebenso wie Antiochus den jüdischen Gottesdienst verbot und den Tempel plünderte, wird auch der Antichristus das stetige Opfer unterbinden und das Heiligtum entweihen (Vers 11; Dan. 9:27). Zur Sicherung der Aufstellung des Gräuels der Verödung, des Standbildes des wilden Tiers (Off. 13:15), werden Armeen von ihm dastehen (Vers 12; Dan. 11:31).

Wie lange wird die Verwüstung des Tempels andauern? Dreieinhalb Jahre (Dan. 9:25), 42 Monate (Off. 13:5). Und wann wird der Tempel seinen heiligen Zweck wieder erfüllen (Verse 13 + 14)? Nach 2300 Tagen, von der Zertretung an gerechnet.

 Wann nach der Unterbindung des Rituals wird die Verehrung Gottes im Heiligtum wieder aufgenommen? Die Heiligen in Israel haben ein brennendes Interesse, dies zu erfahren. Nicht schon beim Kommen des Messias nach 1260 Tagen, sondern nach insgesamt 2300 Tagen, also nahezu drei Jahren nach Seiner Wiederkunft, wird der Tempel wieder eingeweiht und als gerecht erfunden werden.

 In der Mitte des letzten Jahrsiebeners wird der Mensch der Gesetzlosigkeit die Anbetung Gottes verbieten, sich selbst in den Tempel setzen, sagen, er sei Gott (2. Thess. 2:4), und die Gläubigen verfolgen (Dan. 7:25). Jetzt wissen die Heiligen, dass es noch 1260 Tage (42 Monate, dreieinhalb Jahre) bis zum Kommen Jesu Christi sind.

 Nach 1290 Tagen wird das tägliche Opfer wieder aufgenommen (Dan. 12:11), also 30 Tage später. Weitere 45 Tage später, nach 1335 Tagen, erfolgt die Auferstehung der Gläubigen Israels (Dan. 12:12, 13; Off. 20:5; Joh. 5:29). Das ist verständlich, denn wenn sie sofort bei der Ankunft des Messias auferweckt würden, würde sich ihnen ein Bild der Verwüstung bieten. Und nach 2300 Tagen wird die neue Weihestätte gemäß den vom Propheten Hesekiel geschauten Bauplänen (Hes. 40 - 43) errichtet sein und eingeweiht werden.

Gabriel legt die Vision aus

15Und es geschah: Als ich, ja ich, Daniel, die Vision sah, suchte ich sie zu verstehen. Und da! Mir gegenwärtig stand einer, der im Aussehen einem Mächtigen glich.

16Und ich hörte die Stimme eines Menschen zwischen (den Ufern des) Ulai, und sie rief und sprach: Gabriel, gebe diesem da das Gesehene zu verstehen.

17Und er kam neben meinen Standort, und indem er kam, erschreckte ich und fiel auf mein Angesicht. Er aber sprach zu mir: Verstehe, Sohn Adams, dass die Vision für die Zeit des Endens ist.

18Und als er mit mir redete, war ich betäubt (und) auf mein Angesicht zum Erdboden (gefallen); er aber berührte mich und gab, dass ich auf meinem Standort stand.

19Und er sprach: Da! Ich gebe dir zu erkennen, was in der Späte des Drohens (geschehen) wird, denn zur bezeugten (Zeit) des Endens ist's.

20Der Widder, den du sahst, der Eigner des Hörnerpaars: die Könige von Medien und Persien sind's.

21Und der zottige Ziegenbock ist der König Griechenlands. Und das große Horn, das zwischen seinen Augen ist: es ist der erste König.

22Und das zerbrochene, und dass an seiner statt vier erstanden: vier Königsherrschaften werden aus (der einen) Nation erstehen, aber nicht in seiner (des ersten Königs) Kraft.

23Und in der Späte ihrer Königsherrschaft ¬ wenn die Übertreter (ihr Tun) zum vollen Ende bringen ¬ wird ein König starken Angesichts erstehen, der sich auf Ränke versteht.

24Und seine Kraft wird überaus stark, aber nicht infolge seiner eigenen Kraft; und unter Wundern bringt er Verderben und hat Gelingen und ist tätig und verdirbt überaus Starke und das Volk der Heiligen.

25Ja aufgrund seiner Klugheit ist's, und der Trug gelingt in seiner Hand. Und in seinem Herzen tut er groß, und unbekümmert verdirbt er viele. Und wider den Fürsten der Fürsten stellt er sich, aber wenn seine Handlungsvollmacht bis zum (äußersten) Rand (gekommen) ist, wird er zerbrochen.

26Und das Gesehene, den Abend und den Morgen (betreffend), wovon gesprochen wurde: Es ist Wahrheit! Du aber, verstopfe (halte zurück) die Vision, denn viele Tage sind's dazu hin.

...

 Ebenso wie wir heute um geistliche Weisheit und geistliches Verständnis beten, suchte auch Daniel zu verstehen (Vers 15). Für uns steht das Wort geschrieben, für Daniel stand Gabriel da. Den Auftrag erteilte Jesus Christus (Vers 16), dessen Stimme Daniel hörte. Der Name Gabriel bedeutet: »Mein Mächtigsein ist (steht bei) El« wie auch »Mächtiger Els«. Gabriel ist ein Fürst der Boten (Engel).

 Als Gabriel sich Daniel nahte, eschrak dieser angesichts der strahlenden Herrlichkeit und beugte sich zu Boden (Vers 17). Das erste, was Daniel wissen sollte, war, dass die Vision sich auf die Zeit des Endens des gegenwärtigen Äons vor der Aufrichtung des Königreichs Israels bezieht. Daniel war betäubt und lag zu Boden; Gabriel aber berührte ihn mit himmlischen Kräften und richtete ihn wieder auf (Vers 18).

 Unter der »Späte des Drohens« (Vers 19) dürfen wir die Zorngerichte verstehen, die in ferner Zukunft, in späten Tagen, hereinbrechen werden. In jener Zeit wird die Sünde zu ihrem Höhepunkt kommen und ein Regent starken Angesichts, ein Mann von starker Persönlichkeit und bezwingendem Gesichtsausdruck, erstehen (Vers 23).

 Nicht von sich aus aber ist er so übermenschlich stark (Vers 24). Der Satan gibt die Vollmacht, wem er will (Luk. 4:6), und er verleiht sie dem wilden Tier (Off. 13:2). Der Antichristus betrügt durch Wunder (2. Thess. 2:9) und bringt Verderben über viele, auch über das Volk der Heiligen. Er streitet mit ihnen und überwindet sie (Off. 13:7). »Hier ist das Ausharren und der Glaube der Heiligen nötig« (Off. 13:10).

 Das wilde Tier lästert sogar den Fürsten der Fürsten (Vers 25), Jesus Christus, wird aber, sobald seine Zeit um ist (Off. 13:5), zerbrochen. Er wird gefangengenommen und in den See des Feuers geworfen (Off. 19:20).

 Die Ankündigung, dass das Abend- und Morgenopfer im Tempel zur Verherrlichung Jewes, des Elohims Israels, 2300 Tage lang nicht dargebracht werden wird, war für Daniel äußerst bedrückend (Verse 14 + 26). Gabriel aber bestätigte ihm, dass dies Wahrheit ist und mithin nach Gottes Weisheit sein muss. Des Herrn Ratschluss ersteht; alles, was Ihm gefällt, das tut er in den Himmeln und auf der Erde (Jes. 46:10; 55:11; Ps. 135:6).

 Verstopfen, zurückhalten, verwahren, versiegeln sollte Daniel diese Version (Vers 26), weil zu seiner Zeit nicht jeder davon wissen musste.

 Wieviel Zeit noch vergehen sollte, wurde dem Daniel nicht offenbart. Hätte man ihm von den Geheimnis der Verstockung Israels bei der Ankunft des Messias (Mat. 13:11; Röm. 11:25) und von dem Geheimnis der dem Paulus gegebenen gegenwärtigen Verwaltung der Gnade (Eph. 3:2, 8, 9) gesagt, wäre dies weit über seine Fassungskraft hinausgegangen. Diese Geheimnisse wurden erst später enthüllt.

 Die Verheißung der herrlichen Zukunft Israels im äonischen Königreich (Dan. 7:27) aber sollte dem Volk vor Augen geführt werden ¬ ihnen zum kraftvollen Zuspruch und zu einem geheiligten Wandel in Ausrichtung auf den Messias.

Daniel war entsetzt

27Und ich, Daniel, war tagelang krank. Und (dann) stand ich auf und tätigte die Aufträge des Königs. Und ich war entsetzt über das Gesehene, und niemand verstand es.

...

 Ja, welcher Jude sollte denn diese böse Zukunft verstehen können, ja dass es sein muss, dass das Volk der Heiligen besiegt und zerrüttet wird (Vers 24; Dan. 7:25)? Das schlug selbst dem Daniel ¬ wie man so sagt ¬ »auf den Magen«. Doch in der letzten Frist werden viele sich läutern (Dan. 12:10) und Verständnis gewinnen (Off. 15:2 - 4).

Die siebzig Siebener

(Dan. 9)

Die babylonische Gefangenschaft währt 70 Jahre

1Im ersten Jahr des Darius, des Sohnes des Ahasveros, aus dem Samen Mediens, der über das Königreich des Chaldäer zum König gemacht wurde,

2im ersten Jahr seines Regierens (nach dem Inthronisierungsjahr, also 538/37 v. Chr.) ¬ ich, Daniel, ich verstand in den Schriftrollen die Anzahl der Jahre, bezüglich derer das Wort Jewes an den Propheten Jeremia ergangen war, dass (nämlich) für die verwüsteten (Stätten) Jerusalems siebzig Jahre zu erfüllen sind (voll werden müssen).

3Und ich wandte mein Angesicht meinem Herrn, dem Elohim, zu, (um Ihn) zu ersuchen (mit) Gebet und (mit) um Gnade Rufen im Fasten und in Sack und Asche.

...

 Daniel las in den Kapiteln 25:11 und 29:10 des Buches Jeremia. dass siebzig Jahre vergehen müssen (s. a. 2. Chron. 36:21). Das siebzigste Jahr nach der ersten Wegführung Judas im Jahr 606 v. Chr. war das Jahr 536 v. Chr. Die Zeit war noch nicht um, stand aber nahe bevor. Im Hinblick darauf betete Daniel, dass Jewe Seinen Zorn von Israel abwenden (Vers 16) und keinen Verzug (Vers 19) verfügen möge.

 Die Verschleppung nach Babel sollte dem Volk nicht Schaden zufügen, sondern war ein der Weisheit Jewes entsprechendes Mittel zum Besten Israels.

 Weshalb gerade siebzig Jahre? Alle sieben Jahre war ein Sabbatjahr der Ruhe für das Ackerland einzuhalten (3. Mose 25:1 - 22). Jewe hatte angedroht, das Land in eine Einöde zu verwandeln, wenn dieser Jahressabbat nicht eingehalten werden würde. Die siebzig Jahre währende Verödung entsprach also der Forderung des Gesetzes des Mose. Wenn sie 490 Jahre lang versäumt hatten, jedes siebente Jahr den Boden ruhen zu lassen, so ergab das siebzig Sabbatjahre, die nachzuholen waren. Das Land brach liegen zu lassen und den Wein nicht schneiden zu dürfen, das ging über ihren Glauben. So sehr waren sie im eigenen Tun befangen, und so wenig Raum hatten sie in ihrem Herzen für das Wirken Jewes, ihres Elohims.

 Die Drangsale und Leiden der Verbannungszeit pflügten gleichsam ihre Herzen um. Die Weggeführten waren hilflos und gedemütigt. Mithin waren sie völlig auf Gott angewiesen und lernten, nach Seinem Willen zu fragen und von Ihm die Rettung zu erwarten. Eines Tages ¬ der Tag ist nicht mehr fern ¬ werden sie in die Sabbatruhe eingehen, in das tausendjährige Königreich, darin von ihren eigenen Werken absehen und sich an den Werken erfreuen, die ihr Retter Jesus Christus für sie tut (Herb. 4:9, 10).

Daniels Gebet

4Und ich betete zu Jewe, meinem Elohim, und ich bekannte und sprach: (Ja) doch, mein Herr, (Du), der El, der große und gefürchtete, Hüter des Bundes und der Huld den Ihn Liebenden und den Hütern Seiner Gebote:

5Wir verfehlten und taten Krummes und frevelten und empörten uns und kehrten uns ab von Deinen Geboten und von Deinen Rechtsetzungen.

6Und wir hörten nicht auf Deine Diener, die Propheten, die in Deinem Namen zu unseren Königen, unseren Fürsten und unseren Vätern und zu dem ganzen Volk des Landes geredet haben.

7Du, mein Herr, bist (für all Dein Tun) gerechtfertigt, uns aber (kommt nur) die Beschämung des Angesichts (zu), wie an diesem Tag (ersichtlich ist): (ja uns aber), der Mannschaft Judas und den Einwohnern Jerusalems und dem gesamten Israel, den Nahen und den Fernen, in all den Ländern, wohin Du sie versprengt hast infolge ihrer Übertretung, in welcher sie gegen Dich übertraten.

8Jewe, uns ist die Beschämung des Angesichts, unseren Königen, unseren Fürsten und unseren Vätern, die wir Dir gegenüber verfehlten.

9Meinem Herrn, unserem Elohim, waren die Erbarmungen und die Verzeihungen, so denn wir uns gegen Ihn empörten.

10Aber wir hörten nicht auf die Stimme Jewes, unseres Elohim, in Seinen Zielanweisungen zu gehen, die Er uns angesichts durch die Hand Seiner Diener, der Propheten, gegeben hat.

11Und ganz Israel, sie übergingen Deine Zielanweisung, und sie kehrten sich ab, um nicht auf Deine Stimme zu hören. Und so brachen der Eidfluch und der Schwur über uns herein, die in der Zielanweisung des Mose aufgeschrieben sind, des Dieners des Elohim, weil wir gegen Ihn verfehlten.

12Und Er verwirklichte Seine Worte, die Er über uns geredet hat und über unsere Richter, die uns richteten, großes Böses über uns zu bringen, was (bisher noch) nie geschah unter all den Himmeln, so wie es in Jerusalem geschah.

13So wie es in der Zielanweisung aufgeschrieben ist, kam all dieses Böse über uns; dennoch bestürmten wir das Angesicht Jewes, unseres Elohim nicht, umkehrend von unserer Vergehung und klug werdend in Deiner Wahrheit.

14Und so wachte Jewe über das Böse und brachte es über uns, denn gerecht ist Jewe, unser Elohim, in all Seinen Werken, die Er wirkt. Aber wir hörten nicht auf Seine Stimme.

15Und nun, mein Herr, unser Elohim, der Du Dein Volk aus dem Land Ägypten herausgeführt hast infolge einer mächtigen Hand und Dir einen Namen machtest, wie an diesem Tag (ersichtlich ist): Wir verfehlten, wir frevelten.

16Mein Herr, gemäß all Deines Rechtfertigungs(willen) (möge) doch umkehren Dein Zorn und Deine Zorneshitze, weg von Deiner Stadt Jerusalem, dem Berg Deines Heiligen (oder: Deines heiligen Berges)! Denn infolge unserer Verfehlungen und infolge der Vergehungen unserer Väter wurden Jerusalem und Dein Volk zur Schmach in unserem ganzen Umkreis.

17Und nun, höre, unser Elohim, auf das Gebet Deines Dieners und auf seine Rufe um Gnade, und lass Dein Angesicht leuchten über Deinem Heiligtum, dem verödeten, um Deinetwillen, mein Herr.

18Recke (Neige) Dein Ohr, mein Elohim, und höre! Öffne Deine Augen und sieh unsere Öde und die Stadt, auf die zu Dein Name gerufen wird. Denn nicht aufgrund unseres Gerechtfertigtseins lassen wir unsere Rufe um Gnade Dir angesichts fallen, sondern aufgrund Deiner vielen Erbarmungen.

19Mein Herr, höre! Mein Herr, verzeihe! Mein Herr, merke auf und tue es! Nicht (gib) Verzug ¬ um Deinetwillen, mein Elohim, denn Dein Name wird auf Deine Stadt und auf Dein Volk zu gerufen.

...

 Welch ein ergreifendes Gebet! Daniels Demut und sein völliges Vertrauen in das gerechte und treue Handeln des alles bewirkenden Gottes kennzeichnen es.

 Eingangs betete Daniel Jewe als den Herrn und Hüter des mosaischen Bundes an, der Seine Verheißungen erfüllt und Seine Huld den Ihn Liebenden gewährt (Vers 4).

 Die Verse 5 bis 11 a stellen ein klares Schuldbekenntnis dar. Dabei sagte Daniel nicht: »sie«, sondern »wir« haben gesündigt. Der Heilige verband sich mit den Sündern seines Volkes. Sie hatten die Zielanweisung des Mose, die Tora, nicht beachtet und Jewe mithin gekränkt. Ein Schuldbekenntnis ist eine Voraussetzung für neuen Segen.

 Mit den Versen 11 b bis 14 anerkennt Daniel die Gerechtigkeit Jewes. Der Fluch Jewes für den Fall des Ungehorsams war Bestandteil des Bundes und in 5. Mose 28:15 - 68 angekündigt. Daniel rechtfertigte Jewes Gericht und pries Ihn als gerecht. Er ist gerecht, auch in Seinen Gerichten; und Seine Gerichte bringen zurecht.

 Mit den Versen 15 bis 19 flehte Daniel um Gnade und Vergebung, und zwar allein aufgrund der Barmherzigkeit Jewes. Außerdem trieb ihn die Sorge um den Namen Jewes, um das Ansehen des Elohims Israels in der Welt. Noch stand der Name Gottes bei den Völkern in Misskredit, weil es den Anschein hatte, als kümmere Er Sich nicht um Sein Volk oder sei zu schwach dazu. Die Rettung Israels aber würde viele zur rechten Gotteserkenntnis führen. »Um Deinetwillen« (Verse 17 + 19), um Seines zu verherrlichenden Namens willen, möge Jewe Israel aus der Gefangenschaft heimkehren lassen.

 Daniels Gebet schließt mit der dringlichen Bitte (Vers 19), dass Jewe doch keine Verzögerung anordnen möge.

Gabriel kommt zu Daniel

20Und während ich noch redete und betete und meine Verfehlung bekannte und die Verfehlung meines Volkes Israel und meine Rufe um Gnade angesichts Jewes, meines Elohim, fallen ließ ¬ auf den Berg des Heiligen (oder: heiligen Berg) meines Elohim zu ¬,

21und während ich noch im Gebet redete, da berührte mich der Mann Gabriel ¬ den ich in der zu Beginn (geschauten) (in der vorigen) Vision gesehen habe und ich matt, ja matt wurde ¬ zur Zeit des Nahungsgeschenkes des Abends (des Abendopfers).

22Und er verstand (wusste, um was es mir ging) und redete mit mir und sprach: Daniel, nun ging ich aus, dich klug zu machen, (sodass du) verstehst.

(Bereits) zu Beginn deiner Rufe um Gnade erging das Wort, und ich, ich kam, um (es dir) zu berichten, denn ein Wertgeachteter bist du. So verstehe (nun) das Wort und vermittle (anderen) Verständnis für (oder: durch) die (folgende) Vision.

...

 Daniel hatte bereits zwei Jahre zuvor noch unter dem König Belsazar von Gabriel die Auslegung einer Vision empfangen (Vers 21; Dan. 8:1,15 - 26). Nun wurde Gabriel erneut zu ihm gesandt.

 Daniel war ein hochgeachteter Mann, eine Kostbarkeit für Gott (Vers 23). Etwas Tröstlicheres und Stärkenderes hätte diesem Treuen gar nicht gesagt werden können, besonders nach seinem aufrichtigen und reuevollen, sich selbst nicht ausnehmenden Sündenbekenntnis für das ganze Volk. Dieses Gebet war ein wahres Nahungsgeschenk, das Jewes Herz erquickte, nämlich die Huldigung eines demütigen Menschenherzens.

Siebzig Siebener bis zum Königreich

 Stillschweigend bestätigte Gabriel die siebzig Jahre der Verbannung, indem er ¬ an dieser Zahl festhaltend ¬ weitere siebzig, und zwar Jahrwochen, ankündigte. Erst dann wird der Messias kommen und Sein Königreich ausrufen.

Siebzig Siebener sind deinem Volk und der Stadt deines Heiligen (oder: deiner heiligen Stadt) zugewiesen, um

der Übertretung zu wehren

und die Vergehung zu verschirmen (zuzudecken)

und die Gerechtigkeit der Äonen herbeizubringen

und die Vision und den Propheten zu versiegeln (zu bestätigen)

und das Heilige der heiligen (Stätten) zu salben.

...

 Erst dann, wenn die siebzig Jahrsiebener um sind,

wird es keine Übertretung des Volkes Israel mehr geben,

werden sie aufhören zu sündigen,

werden ihre Vergehungen vergeben werden,

wird das äonische Königreich erscheinen, in welchem Gerechtigkeit wohnt,

werden diese Vision und das prophetische Wort Daniels ihre Erfüllung finden,

wird das Heiligtum (nach der näheren zeitlichen Maßgabe von Daniel 8:14) eingeweiht werden.

 Wie wird diese Wende erreicht? Wie wird Israel ein heiliges Volk werden? Der Herr Jesus Christus hat den neuen Bund mit Israel durch Sein Blut gestiftet. Der Geist Jewes, der zu jenen Tagen in den Herzen der Juden wirkt, wird den Bund in Kraft setzen, wie Jeremia sagt: »Dies ist der Bund, den Ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schneiden (schließen) werde ¬ Treuewort Jewes ¬: Ich gebe Meine Zielanweisung (Tora) in ihr Inneres, und Ich schreibe sie auf ihr Herz, und Ich werde ihnen zum Elohim, und sie, sie werden Mir zum Volk« (Jer. 31:33; Heb. 8:8). Dann wird ganz Israel gerettet sein (Röm. 11:26). Jene Generation wird dann die Früchte des Königreichs hervorbringen, die Jesus bei Seiner Generation vermisste (Mat. 21:43), weil sie in die Verstockung eingeschlossen waren (Jes. 6:9, 10; Mat. 13:14; Apg. 28:25 - 27; Röm. 11:25 + 32). Dann wird Israel Gott Anbetung in huldvoller Heiligkeit darbringen und Seinen Namen nie mehr entehren (Hes. 20:39; 43:7).

 Daniel wusste, dass das Königreich nicht sogleich nach der Rückkehr aus Babel anbrechen würde, weil nach dem silbernen Reich, in welchem er nun lebte, noch das kupferne und das eiserne sowie das endzeitliche Reich kommen sollten.

 Der Botenfürst Gabriel gab Daniel die genaue Zahl der Jahre an: sieben mal siebzig, also 490 Jahre wird diese Heilslinie Israels zugange sein. 490 Jahre prophetische Jahre zu 360 Tagen, 176.400 Tage also, liegen noch vor dem irrenden Volk, ehe das Königreich proklamiert wird.

 Die siebzig Jahrsiebener beginnen nach der näheren Bestimmung des Verses 25 und werden des Weiteren aufgrund der Verwerfung Jesu durch Sein Volk und die Verstockung Israels eine Unterbrechung finden, wie Vers 26 sagt. Nähere Einzelheiten, wie die Geheimnisse des Königreichs (Mat. 13:11) und die dem Paulus zu gebende heilsgeschichtliche »Verwaltung des Geheimnisses« (geheime Verwaltung) (Eph. 3:2, 9), waren noch verborgen.

 Die Geheimnisse des Königreichs seien kurz aufgelistet. Sie ergeben sich aus der Ablehnung des Königs Jesu (Mat. 13:10 - 15). Der Abfall wird in sieben Gleichnissen in Matthäus 13:18 - 50 dargestellt. Die ersten vier beschreiben den äußeren Verlauf, die drei weiteren den inneren Kern des Königreichs in seiner Gestalt während unseres bösen Äons (Gal. 1:4).

1. Geheimnis: Das Gleichnis vom Sämann (Vers 18)

Die Ursachen der Verwerfung des Königreichs: Widerstand Satans, Schwachheit des Fleisches, die Welt und ihre Reichtümer.

2. Geheimnis: Das Gleichnis vom Unkraut (Vers 24)

Die Geschicke des Königreichs bis zum Ende des Äons, Säuberung von Heuchlern.

3. Geheimnis: Das Gleichnis vom Senfkorn (Vers 31)

Die Größe des Königreichs; die trügerische Ausbreitung als Deckung für böse Geister.

4. Geheimnis: Das Gleichnis vom Sauerteig (Vers 33)

Die Verdorbenheit des Königreichs.

5. Geheimnis: Das Gleichnis vom Schatz im Feld (Vers 44)

Christus erwirbt durch Seinen Tod die ganze Welt (Vers 38). Der Schatz ist Israel (2. Mose 19:5).

6. Geheimnis: Das Gleichnis von der edlen Perle (Vers 45)

Der Herr sucht das gläubige Israel.

7. Geheimnis: Das Gleichnis vom Fischernetz (Vers 47)

Das letzte Stadium, Sammlung aus dem Völkermeer und Säuberung.

 Gott schloss Sein Volk in die Widerspenstigkeit ein (Röm. 11:15, 25, 32), weil Er ein höheres Ziel verfolgt, als nur die Israel verheißenen Segnungen auf der Erde. Die zweimalige Ablehnung des Königreichs durch Israel ¬ zweimalig, weil auch des Petrus Verkündigung nach Pfingsten abgelehnt wurde ¬ diente zur Vorbereitung der Bekanntmachung Seiner höchsten Weisheit, Seiner überströmenden Gnade und Seiner unerschöpflichen Liebe durch die Leibesgemeinde während der gegenwärtigen, erst dem Apostel Paulus enthüllten Verwaltung. Das Ziel ist die Vervollständigung der überhimmlischen Regionen, ja des Alls durch die Leibesgemeinde, welche die Vervollständigung Christi Jesu ist (Eph. 1:23; 2:6, 7).

7 und 62 Jahrsiebener

Und du erkennst und wirst klug: Vom Herausgehen des Wortes an, Jerusalem wiederkehren zu lassen und aufzubauen, bis (zum) (Kommen des) Gesalbten (hebr.: Messias), dem Herzog, sind sieben Siebener und sind zweiundsechzig Siebener. Wiederum wird und wird der Platz gebaut und der Stadtgraben, und dies in beengten Zeiten.

...

 Die Erlaubnis des Artaxerxes I, Jerusalem, insbesondere den Tempel und die Stadtmauer, wieder aufzubauen, erging im Monat Nisan (März/April) des Jahres 445 v. Chr. (Neh. 2:1, 8). Der Tag ist nicht angegeben.

 Von da an bis zum Kommen des Messias würden 69 Jahrsiebener, vergehen; das sind 483 Jahre zu 360 Tagen, also 173.880 Tage. Nach unserem Kalender setzt sich diese Anzahl von Tagen zusammen aus 476 Jahren zu 365 Tagen plus 116 Schalttagen plus 24 Tagen. Diese Zeitspanne von 173.880 Tagen umfasst die Zeit vom Nisan 445 v. Chr. bis zum Nisan des Jahres 32 n. Chr.

 Im Übrigen steht fest, dass unser Herr Jesus Christus am 9. Nisan in Jerusalem einritt, am 14. Nisan 32 n. Chr. gekreuzigt und an einem gewöhnlichen Wochensabbat (Mat. 28:1) auferweckt wurde.

 Was aber ist das genaue Datum des »Kommens des Messias«?

- Fand Jesu Einritt an einem Sabbat statt? War der 9. Nisan ein Sabbat und entspricht dieser Tag nach unserem Kalender Samstag, dem 10. 4. 32 n. Chr.? Damals riefen die Juden: »Hosianna!« Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels!« (Joh. 12:13; Mat. 21:5, 9; Mark. 11:9, 10; Luk. 19:38; Ps. 118:26).

 Dann fiele der Erlass des Artaxerxes aber auf den 18. 3. 445 und damit vor die Tagundnachtgleiche sowie vor den üblichen Beginn des Nisan.

- Jesu Kreuzigung geschah am Donnerstag, dem 14. Nisan, was Donnerstag, dem 15. 4. 32, entsprechen dürfte. Dann wäre der Erlass auf den 23. 3. 445 v. Chr. zu datieren.

- Enden die 69 Jahrsiebener vor dem 14. Nisan, weil aus Daniel 9:26 hervorgeht, dass der Messias »nach« den 69 Siebenern »abgeschnitten«, mithin getötet wird, oder lässt das »nach« das Verständnis von »mit dem 14. Nisan« zu?

- Oder bezieht sich das Kommen des Messias auf den Auferstehungstag, Sabbat, den 16. Nisan, Samstag, den 17. 4. 32 n. Chr.?

 Hinsichtlich des Abstands zwischen dem Tag der Kreuzigung und dem der Auferweckung stützen wir uns auf die Worte »am dritten Tag« (Mat. 16:21; 17:23; 20:19; 27:64) und verstehen die Worte »drei Tage und drei Nächte« (Mat. 12:40) als eine Redewendung für »am dritten Tag«, wie sicherlich auch die Hohepriester und Pharisäer (Mat. 27:63, 64).

 Unsere Unsicherheit rührt auch daher, dass bei unterschiedlicher Beobachtung des Neumonds der Anfang des Monats Nisan sich um bis zu drei Tage verschieben kann. Und sollte ein Schaltmonat (13. Monat, Adar II genannt) eingeschaltet worden sei, so geschah dies nicht nach festen Regeln, sondern nach dem Reifegrad der Gerste (3. Mose 23:10). Außerdem: Lag der Tag des Neumonds etwa nur eine Woche vor der Tagundnachtgleiche, wird man wohl kaum einen Schaltmonat eingeschoben, sondern den 1. Nisan sogleich angesetzt haben.

 Und dann darf der Tag des Eintritts Jesu in Jerusalem als der Tag des »Kommens des Messias« angesehen werden.

Der Messias wird abgeschnitten

Und nach den zweiundsechzig Siebenern wird der Gesalbte (hebr.: Messias) abgeschnitten (getötet), und nichts ist Ihm. Und das Volk des kommenden Herzogs wird die Stadt und das Heiligtum verderben, und sein Ende ist in Überspülung, und bis zum Ende (finden) Streit (Krieg) (statt), beschlossen ist's, (und) Verödungen.

...

  Nach den insgesamt 69 Jahrsiebenern wird der Messias umgebracht werden. »Er wurde abgetrennt vom Land der Lebenden. Aufgrund der Übertretung Meines Volkes (wurde) Ihm die Plage (zuteil)« (Jes. 53:8). Das war selbst für Petrus auch noch nach der Ankündigung Jesu, dass Er leiden und getötet werden müsse (Mat. 16:21), unfassbar, sodass er antwortete: »(Gott ist) Dir versühnt, Herr! Keinesfalls wird Dir dies (zugedacht) sein« (Mat. 16:22). Hätte das Synedrium den Worten Daniels und Jesajas geglaubt, hätten sie Jesus nicht angeklagt. Doch Gottes Gedanken und Wege sind höher (Jes. 55:9): Indem sie Ihn verurteilten, erfüllten sie die Schrift.

 Jesus Christus haben sie verworfen, doch den kommenden Herzog, den falschen, das wilde Tier, werden sie annehmen. Jesus sagt: »Ich bin im Namen Meines Vaters gekommen, doch ihr nehmt Mich nicht auf. Wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, werdet ihr denselben aufnehmen« (Joh. 5:43).

 In der Mitte des siebzigsten Jahrsiebeners wird der Antichristus das Heiligtum entheiligen, indem er das ständige Opfer unterbricht und dafür sein Standbild, ein abscheuliches Götzenbild, aufstellt (Dan. 8:2; 9:27; 11:31; Off. 13.:15).

 Das Ende des falschen Messias ist in Überspülung. Es ist wohl nicht an eine Überspülung durch Wasser, sondern durch Armeen zu denken (Dan. 11:22; vgl. Jes. 28:15, 18), sicherlich an »die Heere der Himmel« (Off. 19:14, 19 - 21).

 Krieg und Verwüstungen werden bis um Ende unseres Äons an der Tagesordnung sein.

Im siebzigsten Siebener

Und er ermächtigt (tätigt machtvoll) einen Bund für viele für einen Siebener; und zur Hälfte des Siebeners verfügt er, dass Opfer und Nahungsgeschenk aufhören. Und auf einem Flügel (des Tempels) (stehen) Abscheuliche (Götzenbilder), die (den Tempel) veröden (oder: stehen Gräuel der Verödung), bis gänzliches (Gericht) und (all) das Beschlossene über die Verödung hereinbricht.

...

 Der falsche Friedensfürst tritt wie ein Messias auf und führt den siebzigsten Siebener ¬ vorher wird die Leibesgemeinde entrückt, nachher kommt Jesus wieder zu Israel ¬ durch einen Bund mit Israel ein, der wie ein Freundschaftsabkommen aussehen mag.

 Israel rühmt sich des Bundes: »Wir schnitten (schlossen) mit dem Tod einen Bund, und mit dem Scheol verbanden wir einen Seher (Wahrsager): So denn die (alles) überspülende Peitsche darüber hingeht, über uns wird sie nicht kommen, denn wir haben die Lüge zu unserer Bergung gemacht, und in Falschheit verbargen wir uns: ¬ Daher, so spricht Jewe, mein Herr: Da! Ich bin der, der in Zion einen Stein gegründet, einen geprüften Stein, einen kostbaren Eckstein festgegründeten Fundaments. Der Glaubende (der Treue Übende) flieht nicht (wird nicht zuschanden). Und Ich mache Gerechtigkeit zum Zentrum und Rechtfertigung zum Senklot, und der Hagel macht die Bergung in der Lüge zu Schutt, und Wasser überspülen den Bergungsort. Und unwirksam gemacht wird euer Bund mit dem Tod, und euer mit dem Scheol Gesehenes ersteht nicht, denn die (alles) überspülende Peitsche geht darüber hin, und ihr werdet ihr zu Zertretenem« (Jes. 28:15 - 18).

 Nicht nur, dass das wilde Tier gar nicht so friedlich ist, sondern die Länder mit seinen Armeen überflutet, auch Israel selbst lügt und trügt und verstellt sich vor dem todbringenden mächtigen Mann, um Sicherheit zu haben. Nur das Israel der Auswahl wird Jewe treu bleiben.

 Was der Antichristus tut, ist genau das, was man auch von jedem anderen Juden erwarten würde, der wie er zu Macht und Einfluss gelangt und seinem Volk den Besitz des Landes und die Ausübung des Gottesdienstes garantieren kann.

 Die Tatsache, dass er Herr und Meister des Bundes ist, vermittelt ihm die Überzeugung, zu einem Widerruf berechtigt zu sein, sobald Zeit und Umstände es erfordern. Der Umstand, dass ihm auf dem Höhepunkt seiner Macht vom Drachen Vollmacht über alle Nationen gegeben wird (Off. 13:7), hat sicherlich keinen wesentlichen Einfluss auf die von ihm ausgeübte politische Gewalt über Daniels Volk. Erst Satans Forderung der Anbetung hat das Verbot des Tempeldienstes zur Konsequenz und bringt die Verfolgung der Heiligen für die zweiten dreieinhalb Jahre (Dan. 7:25) des letzten Siebeners herauf (Off. 13:4, 7, 8).

 Der Mensch der Gesetzlosigkeit setzt sich sogar in den Tempel und gibt vor, Gott zu sein (2. Thess. 2:4). Dies ist die Zeit der großen Drangsal, von der unser Herr Jesus sagt: »Wenn ihr nun den vom Propheten Daniel angesagten Gräuel der Verödung in der heiligen Stätte stehen seht ¬ möge der Leser es begreifen ¬, dann sollen die in Judäa in die Berge fliehen! Wer auf dem Flachdach ist, steige nicht erst hinab, um etwas aus seinem Haus mitzunehmen, und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um noch sein Obergewand aufzunehmen. Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen! Betet jedoch, dass eure Flucht nicht im Winter noch am Sabbat geschehe! Denn dann wird eine derartig große Drangsal sein, wie sie seit Anfang der Welt bis nun noch nicht gewesen ist, noch je sein wird. Und wenn jene Tage nicht verkürzt wären, so würde keinerlei Fleisch gerettet werden; jedoch um der Auserwählten willen werden jene Tage verkürzt werden« (Mat. 24:15 - 22; Mark. 13:14 - 16; Luk. 21:20 - 23).

 Der Ausdruck »Gräuel« umfasst alles, was mit falscher Anbetung und Götzendienst zu tun hat. Der spezielle Gräuel, das im höchsten Maße Abscheuliche, wird das sprechende Standbild des wilden Tiers auf einem Flügel des Tempels sein (Off. 13:14, 15).

 Dies alles wird andauern, bis das festbeschlossene Gericht über die Verödung ausgegossen wird. Und zwar werden die sieben Zornesschalen des Grimmes Gottes auf das verödete Land ¬ es entbehrt des heiligen Rituals ¬ und die Anbeter des wilden Tiers ausgegossen werden.

 Die Plagen der Endzeit beseitigen alles Üble aus den Fristen der Nationen (Luk. 21:24) und des Menschentages (1. Kor. 4:3), läutern das Volk Israel und machen den Weg frei für die Segnungen des Tages des Herrn, des tausendjährigen Königreichs Israels.

In der Antike

(Dan. 10:1 - 11:20)

Kapitel 10

Die Erscheinung eines Botenfürsten

1Im dritten Jahr des Kores, des Königs von Persien (534 v. Chr.), wurde dem Daniel, dessen Name (auch) Beltsazar genannt wird, ein Wort enthüllt; und das Wort ist Wahrheit und (ein Dienst an einem) großen Heer (an einer großen Menge von Menschen). Und er verstand das Wort und (gewann) Verständnis durch das Gesehene.

2In jenen Tagen ¬ ich, Daniel, ich trauerte drei Siebener an Tagen (drei Wochen).

3Begehrtes Brot aß ich nicht, und Fleisch und Wein kamen nicht in meinen Mund, und ich salbte, ja salbte (mich) nicht, bis drei Siebener an Tagen erfüllt waren.

4Und am vierundzwanzigsten Tag des ersten Monats (Nisan; März/April) (war's), da war ich, ja ich an der Seite des großen Stroms; er ist der Hiddekel (Tigris).

5Und ich erhob meine Augen und sah, und da! Ein Mann, gekleidet in Leinen, und seine Lenden waren umgürtet mit Gold aus Uphas (uns nicht bekanntes Gebiet).

6Und sein Leib war wie Tarschisch (ein Edelstein) und sein Angesicht wie das Aussehen eines Blitzes, und seine Augen waren wie Feuerfackeln und seine Arme und seine Füße (oder: Beine) wie das Leuchten funkelnden Kupfers. Und der Schall seiner Worte war wie der Schall eines Getümmels.

7Aber nur ich, ich, Daniel, ich allein sah die Erscheinung, und die Mannen, die bei mir waren, sahen die Erscheinung nicht, hingegen fiel großes Zittern auf sie, und sie entwichen, um sich zu verstecken.

8Und ich, ich verblieb, ich allein, und ich sah diese große Erscheinung, und es verblieb keine Kraft in mir, und mein prächtiges (Aussehen) verwandelte sich und wurde verdorben (entstellt), und ich behielt keine Kraft.

9Und ich hörte den Schall seiner Worte. Und als ich den Schall seiner Worte hörte, war ich, ja ich, (wie) betäubt und fiel auf mein Angesicht, und mein Angesicht war zur Erde gerichtet.

10Und da! Eine Hand berührte mich und bewegte mich wankend auf meine Knie und meine Handflächen.

11Und er sprach zu mir: Daniel, hochgeschätzter Mann, verstehe durch die Worte, die ich zu dir rede, und stehe auf deinem Standort, denn nun bin ich zu dir entsandt. Und als er dieses Wort mit mir redete, stand ich zitternd (wieder) auf.

12Und er sprach zu mir: Fürchte (dich) nicht, Daniel! Denn vom ersten Tag an, an dem du dein Herz gabst, zu verstehen und dich angesichts deines Elohim zu demütigen, wurden deine Worte gehört, und ich, ich kam infolge deiner Worte.

13Aber der Fürst des Königreichs von Persien stand mir (einundzwanzig Tage) gegenwärtig (mir entgegen). Und da! Michael, einer der ersten (obersten) Fürsten, kam, um mir zu helfen, und ich, ich blieb (zunächst) dort (stand frei) bei den Königen von Persien.

14Und ich kam, dir verstehen zu geben, was deinem Volk in der Späte der Tage begegnen wird, denn noch für (ferne) Tage ist die Vision.

...

 Kores II der Große war ab 536 v. Chr. König des Großreichs Persien. Er war ein wichtiger Mann hinsichtlich der Wiederherstellung Israels. Gleich in seinem ersten Regierungsjahr erweckte Jewe seinen Geist, den Tempel in Jerusalem wieder bauen zu lassen (Esra 1:1 - 4; 2. Chron. 36:22, 23). Das Jahr 536 v. Chr. ist ohnehin sehr bedeutsam, weil die siebzigjährige Gefangenschaft Juda-Israels ihr Ende fand. Noch im selben Jahr sandte Kores 42.360 Mann in ihre Heimat zurück (Esra 2:1 - 64). Im Jahr 535 v. Chr. kam es zur ersten Grundlegung des Tempels; fertig wurde er im Jahr 516 v. Chr. (Esra 3:8 - 11; 6:15).

 Im dritten Regierungsjahr des Kores (534 v.Chr.) empfing Daniel die Enthüllung über den weiteren Verlauf der Weltgeschichte (Vers 1). Drei Wochen lang hatte er getrauert (Vers 2). Wie lange sollte es noch dauern, bis sein Volk in Frieden leben wird? Daniel wusste aus den vorausgegangenen Enthüllungen, dass bis dahin noch vieles geschehen würde.

 Auf einmal stand ein in Leinen gekleideter Mann von überwältigend herrlichem himmlischen Aussehen vor ihm, ein Botenfürst (Vers 5). Sein Name ist uns nicht bekannt; vielleicht war es Gabriel, der Daniel früher bereits erschienen war (Dan. 8:16; 9:21). Der Lichtglanz seiner Herrlichkeit war für Sterbliche unerträglich (vgl. Off. 1:17); dem Daniel schwand alle Kraft (Verse 8+ 9). Die Männer, die bei ihm waren, sahen die Erscheinung nicht (Vers 7), ebenso wie die Begleiter des Saulus vor Damaskus (Ap. 9:7; 22:9).

 Der vom Herrn entsandte Botenfürst richtete Daniel wieder auf und sprach ihm zu (Vers 11), gewiss auch durch die Anrede »hochgeschätzter«, wörtlich »begehrter« (im Sinne von kostbarer, wertgeachteter) Mann.

 Das Erlebnis seiner Schwäche entsprach dem, was er zu hören bekommen sollte, nämlich dass Israel noch viele Jahre in Schwachheit verbringen würde.

 Daniel war vom ersten Tag seines Trauerns und Betens an erhört worden, denn das Gebet des Aufrichtigen ist Jewe ein Wohlgefallen (Spr. 15:8, 29), und »wenn wir etwas nach Seinem Willen bitten, so hört Er uns. Und wenn wir wissen, dass Er uns hört, um was wir auch bitten, so wissen wir, dass das Erbetene schon unser ist, worum wir Ihn gebeten haben« (1. Joh. 5:14, 15).

 Aber erst am 24. Tag erschien der Botenfürst (Vers 4). Es gab einen Grund für die Verzögerung, die nach Gottes Vorsatz der Verzögerung des Anbruchs des Königreichs Israel entsprach. Vers 13 gibt uns einen Einblick in die unsichtbare Welt. Wir wissen, dass der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus das ganze All, das Sichtbare und das Unsichtbare, nach dem Ratschluss Seines Willens regiert (Eph. 1:11). Dabei bedient Er Sich aller Umstände und aller Geschöpfe, auch der himmlischen. Und wenn die Menschen es auch gar nicht merken, so wandeln sie doch gemäß dem Satan, dem Fürsten des Vollmachtsgebiets der Luft, dem Geistesfürsten, der in den Söhnen der Widerspenstigkeit wirkt (Eph. 2:2).

 Dort im Himmel stand der Botenfürst des Königreichs Persien dem in Leinen Gekleideten entgegen. Da ein Reich, das mit sich selbst uneins ist, nicht bestehen bleiben kann (Mt. 12:25, 26; Luk. 11:17), muss es ein Egelfürst des Satans gewesen sein, der den Mann Gottes aufhielt. Jener war für Persien zuständig. Offenbar steht jede Macht auf der Erde unter der Herrschaft eines geistlichen Beauftragten im Himmel, wie denn dem Satan die Vollmacht über alle Reiche der Welt übergeben sind (Luk. 4:6). Wir dürfen auch nicht vergessen, dass der Satan den Apostel Paulus zweimal hindern konnte, wieder nach Thessalonich zu kommen (1. Thess. 2:18).

 Nun geschah es, dass der Botenfürst Michael (sein Name bedeutet: »Wer ist wie El?«) dem zu Daniel Abgesandten beistand. Dieser Streit war gewiss nur ein kleines Vorspiel auf den größten Kampf Michaels, von dem wir lesen: »Und es entstand eine Schlacht im Himmel. Michael und seine Boten stritten mit dem Drachen, und es stritt auch der Drache und seine Boten. Doch vermochten sie nichts gegen ihn, auch wurde ihre Stätte im Himmel nicht mehr gefunden« (Off. 12:7. 8).

Erneute Stärkung Daniels

15Und als er mit mir gemäß diesen Worten redete, neigte ich mein Angesicht zur Erde und verstummte.

16Und da! (Einer) in der Gleichheit der Söhne Adams (der Mann in leinener Kleidung in gedämpfter Herrlichkeit) berührte meine Lippen. Und ich öffnete meinen Mund und redete und sprach zu dem, der vor mir stand: Mein Herr, infolge der Erscheinung wandelten Krämpfe mich an, und ich behielt keine Kraft.

17Und wie denn kann der Diener dieses meines Herrn mit diesem meinem Herrn reden? Und ich, von nun an ist keine Kraft in mir, und ein Hauch verbleibt nicht in mir.

18Da berührte er mich wieder ¬ er, der wie ein Mensch aussah ¬ und gab mir Halt

19und sprach: Fürchte (dich) nicht, wertgeschätzter Mann! Friede (sei) dir! Hab Halt, ja habe Halt! Und als er mit mir redete, erlangte ich Halt und sprach: Es rede mein Herr, denn du gabst mir Halt.

20Und er sprach: Erkennst du, warum ich zu dir gekommen bin? Nun aber kehre ich zurück, um mit dem Fürsten von Persien zu streiten. Und dann trete ich hinaus, und da! Der Fürst Griechenlands kommt.

21Fürwahr, ich berichte dir, was in der Schrift der Wahrheit aufgezeichnet ist. Und da ist kein Einziger, der sich mit mir wider diese hält, als nur Michael, euer Fürst.

...

 Daniel verstummte traurig (Vers 15), nachdem er gehört hatte, dass die Verheißungen für Israel sich auf eine ferne Zukunft beziehen (V. 14). Der Botenfürst Jewes, der seinen Lichtglanz abgelegt hatte und nun wie ein gewöhnlicher Mensch aussah, musste ihn erneut stärken. ¬ Können wir jetzt ahnen, wie sehr Sich Christus erniedrigte, als Er Sich aller Herrlichkeit entäußerte und die Gestalt eines Sklaven annahm (Phil 2:6 - 8)?

 Unter persischer Herrschaft ging es den Juden relativ gut; gleichwohl war der Botenfürst von Persien ihnen feindlich gesonnen. Einen Kampf nach dem anderen wird der in Leinen gekleidete Mann zu bestehen haben, zunächst mit dem bösen Botenfürsten von Persien und gleich darauf mit dem von Griechenland (Vers 20). Nur Michael, die Schutzmacht Israels, steht ihm in all den Kämpfen bei. Vergessen wir nicht, dass die eigentlichen Siege in den Himmeln errungen werden.

 Bei dem im Buch der Wahrheit Aufgezeichneten ist hier in Vers 21 auch an das noch Aufzuschreibende zu denken. Der Mann wird dem Daniel in Kapitel elf all das im Herzen Jewes längst Aufgezeichnete berichten, »denn nicht tut Jewe, mein Herr, eine Sache, es sei denn, dass Er Sein Geheimnis Seinen Dienern, den Propheten, enthüllte« (Amos 3:7).

Kapitel 11

Die Könige Persiens und Griechenlands

1Ich (der in Leinen gekleidete Mann) war im ersten Jahr des Darius, des Meders (538/537 v. Chr.), an meinem Standort, um ihm Halt zu geben und zur Stärkung.

2Und nun (534 v. Chr.), Wahrheit berichte ich dir: Da! Noch drei Könige erstehen für Persien (Artachschast (Kambyses II);

Gaumata; Darius I), und der vierte (Ahasveros (Xerxes I)) wird sich mit großem Reichtum mehr als alle (anderen) bereichern. Und sowie er in seinem Reichtum beständig ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland erwecken (aufbieten).

3Und ein mächtiger König wird erstehen (Alexander der Große) und mit vielfältiger Herrschaft herrschen und gemäß seinem Wohlgefallen handeln.

4Und sowie er (am höchsten) steht, wird sein Königreich zerbrochen und zu den vier Winden der Himmel hin zerteilt, aber nicht wird es seiner Nachkommenschaft zuteil, und es wird nicht gemäß seiner Herrschaft, mit der er geherrscht hat, sein, denn seine Königsherrschaft wird ausgerissen und ist für andere, gesondert von diesen (Nachkommen).

...

 Xerxes war der mächtigste der vier genannten persischen Regenten; er unternahm mehrere Feldzüge gegen Griechenland.

 Das Reich Alexander des Großen wurde nach seinem Tod (323 v. Chr.) unter seine vier Generäle aufgeteilt. In Daniel 8:8 lasen wir bereits davon, dass das große Horn zerbricht und an seiner statt vier Hörner zu den vier Winden hin erstehen.

Die Kämpfe zwischen den Königen des Südens (den Ptolemäern)

und denen des Nordens (den Seleukiden )

5Und der König des Südens (Ptolemäus I, Soter) wird stark sein, aber auch einer von seinen Fürsten (Seleukos I, Nikator); und er wird über ihn erstarken und herrschen ¬ ein vielfältiges Herrscherum wird seine Herrschaft sein.

6Und zum Ende von Jahren verbünden sie sich; und die Tochter (Berenike) des Königs des Südens (Ptolemäus II) kommt zum König des Nordens (Antiochos II), um Vereinbarungen auszuführen, aber sie kann die Kraft der Armee nicht erhalten, und er und seine Armee werden nicht bestehen können, und sie wird dahingegeben, sie und die sie gebracht haben und der sie gezeugt hat und der ihr in jenen Zeiten Halt gibt.

...

 Ptolemäus I regierte von 322 bis 285 v. Chr. über Ägypten, Palästina, Phönizien, Zypern und die Südküste Kleinasiens. Seleukos I regierte 312 bis 280 v. Chr. Das Seleukidenreich erstreckte sich von Kleinasien bis zum Indus.

 Ptolemäus II (285 - 246 V. Chr.) und Antiochos II (261 - 246 v. Chr.) waren verfeindet, verbündeten sich später aber. Das Bündnis wurde durch die Heirat der Berenike mit Antiochos II etwa im Jahr 250 v. Chr. besiegelt. Aber die von Antiochos II geschiedene Frau Laodike vergiftete Berenike und ihn und machte ihren Sohn Seleukos II (246 - 226 v. Chr.) zum König.

Siege des Südens

7Und es ersteht einer (Ptolemäus III) aus dem Schössling ihrer Wurzeln (Ptolemäus II) auf seiner Basis, und dieser (Ptolemäus III) kommt gegen das Heer und kommt gegen die Befestigung des Königs des Nordens (Seleukos II) und kämpft gegen sie und hat Halt (siegt, erstarkt).

8Und auch noch ihre Elohim (im Sinne von Götzen) samt ihren Gussbildern mit den kostbaren Geräten aus Silber und Gold bringt er nach Ägypten in die Gefangenschaft. Und er, er steht (einige) Jahre vom König des Nordens ab.

9Und dieser (Seleukos II) wird in das Königreich des Königs des Südens kommen (eindringen), aber wieder zu seinem Erdboden umkehren.

10Und seine Söhne (darunter führend Antiochos III) werden befehden und ein großes Getümmel von Heeren versammeln, und es kommt, ja kommt und überspült und geht über alles hin und wird dann umkehren. Und er wird befehden bis zur Befestigung (des Königreichs des Südens) hin.

11Und der König des Südens (Ptolemäus IV) erbittert sich und zieht hinaus und streitet mit ihm, ja mit dem König des Nordens (Antiochos III, der Große); und dieser (Antiochos III) stellt ein großes Heeresgetümmel auf, aber das Getümmel wird in seine (des Ptolemäus IV) Hand gegeben.

12Und das Getümmel wird beseitigt; und sein Herz erhöht sich, und er bewirkt, dass Myriaden fallen, aber er erstarkt nicht.

...

 Ptolemäus III, der Bruder der Berenike, regierte den Süden von 246 bis 221 v. Chr. Er besiegte Seleukos II (246 - 226 v. Chr.), ließ Laodike umbringen und kehrte mit großer Beute nach Ägypten zurück (Verse 7 + 8).

 Vers neun erwähnt den erfolglosen Gegenfeldzug des Seleukos III im Jahr 240 v. Chr. Seine beiden Söhne Seleukos III (227 - 223 v. Chr.) und Antiochus III (223 - 187 v. Chr.) versuchten, die Ehre Syriens wiederherzustellen. Der Feldzug gen Süden begann 219 v. Chr.; sie kamen sehr wahrscheinlich bis zur Festung Raphia in Südpalästina (Vers 10).

 Ptolemäus IV (221 - 203 v. Chr.) zog gegen Antiochus III und brachte ihm 217 v. Chr. bei Raphia eine schwere Niederlage bei, die über 14.000 Mann das Leben kostete (Verse 11 + 12).

Der Sieg des Nordens

13Und der König des Nordens (Antiochos III, der Große) kehrt um und stellt (erneut) ein Getümmel (seine Heerschar) auf, größer als das erste; und am Ende einer Zeit von Jahren kommt, ja kommt er mit großem Heer und mit großem Gut (Tross).

14Und in jenen Zeiten werden viele sich gegen den König des Südens (Ptolemäus V) stellen, und die Söhne, ja die Brescher (aggressiven Vordenker) deines Volkes erheben sich, seine Vision zu verwirklichen, aber sie werden straucheln.

15Und der König des Nordens kommt und schüttet einen Damm auf und erobert die Stadt der Festungen. Und die Armeen des Südens halten nicht Stand, noch sein auserlesenes Kriegsvolk; da ist keine Kraft, um zu bestehen.

...

 Der mit Philipp V von Makedonien verbündete Antiochus der Große stelle schließlich ein noch größeres Heer gegen den König des Südens auf. Viele Juden (Vers 14) kämpften auf der Seite von Antiochus in der Hoffnung (»Vision«), als Gegenleistung in die nationale Unabhängigkeit entlassen zu werden. Aber sie wurden enttäuscht.

 Die befestigte Stadt (Vers 15) könnte Sidon sein, die Antiochus im Jahr 203 v. Chr. eroberte. Die ptolemäische Herrschaft über Israel fand mit dem Sieg des Nordens über den Süden im Jahr 198 v. Chr. ihr Ende.

Weitere Aktionen des Königs des Nordens

16Und der gegen ihn (Ptolemäus V) Gekommene (Antiochus III) handelt, wie es ihm beliebt, und keiner besteht vor seinem Angesicht. Und er (Antiochus III) hat (festen) Stand im Prachtland (Israel), und alle Rechtsgewalt (liegt) in seiner Hand.

17Und er richtet sein Angesicht darauf, mit den Führungskräften all seiner Königsherrschaft zu kommen, und Gerade (Aufrichtige) sind mit ihm, und er handelt; und er gibt ihm (dem Ptolemäus V) eine Tochter (Kleopatra) (seiner) Frauen, um es (vmtl. das Land des Südens) zu verderben. Aber sie besteht nicht, und so wird es ihm nicht (zu eigen).

18So wendet er sein Angesicht zu den Küsten (Griechenlands und den zum Ptolemäerreich gehörenden Küsten Kleinasiens) und erobert viele. Aber ein Anführer (der römische Feldherr Scipio) macht seiner ihm (zugefügten) Schmach ein Ende, dass keiner seine Schmach nochmals auf ihn kommen lässt.

19Und er wendet sein Angesicht zu den befestigten (Stätten) seines Landes, und er strauchelt und fällt und wird nicht mehr gefunden.

...

 Israel war seit 198 v. Chr. fest in der Hand der Seleukiden (Vers 16). Im Jahr 194 v. Chr. gab Antiochus eine Tochter seiner Frauen, Kleopatra (nicht die VII, die Große), dem Ptolemäus V zur Frau, um verderblichen Einfluss auf Ägypten zu gewinnen (Vers 17).

 Dies gelang ihm nicht; so zog er gegen die nördlichen Gebiete der Ptolemäer an der Südküste Kleinasiens und Griechenland, die allerdings zum Interessenbereich Roms gehören (Vers 18). Kriegerische Auseinandersetzungen mit den Römern waren die Folge. Der römische Feldherr Scipio brachte Antiochus im Jahr 190 v. Chr. die entscheidende Niederlage bei. Die Römer legten ihm hohe Tribute auf, was den Niedergang des Seleukidenreichs einleitete und auch zum Tode des Antiochus im Jahr 187 v. Chr. beitrug (Vers 19).

Seleukos IV

20Dann nimmt einer (Seleukos IV) seine (des Antiochus III) Stelle ein, der einen Steuereintreiber (Heliodor) im Prunk seiner Königsherrschaft (nach Jerusalem) schickt; aber innerhalb einiger Tage wird er (Seleukos IV) zerbrochen, und dies nicht im Zorn und nicht im Streit.

...

 Seleukos IV, ein Sohn des Antiochus III, regierte von 187 bis 175 v. Chr. Er beauftragte seinen Kanzler Heliodor, den Tempelschatz in Jerusalem zu rauben, um die Tributzahlungen an die Römer leisten zu können, was diesem jedoch nicht gelang (vgl. Makk. 3). Im Jahr 175 v. Chr. ermordete er Seleukos IV und wurde wenige Monate darauf vertrieben.

In der Endzeit

(Dan. 11:21 - 12:13)

Vorbemerkung

 Die Verse 21 bis 39 schildern das Geschehen sowohl um den König Antiochus IV Epiphanes (175 - 164 v. Chr.) als auch um den Antichristus, das wilde Tier, den Menschen der Gesetzlosigkeit.

 Antiochus ist eine deutliche Vorschattung auf die Endzeit, da er nahezu das Gleiche wie auch der Gesetzlose tut. Der Seleukidenkönig ist aufgrund seines maßlosen Hasses auf den Gott der Juden und seiner frevelhaften Taten ein Typus des Antichristus.

 »Was ist's, das da geschah? Es ist das, was wieder geschehen wird. Und was ist's, das da getan wurde? Es ist das, was wieder getan wird. Und so ist nichts ganz neu unter der Sonne« (Pred. 1:9).

Kapitel 11

Der Verachtete

21Und an seine Stelle (des Seleukos IV) stellt sich ein Verachteter, und man gibt ihm nicht die Majestät der Königsherrschaft; aber er kommt infolge des Unbekümmertseins und hält die Königsherrschaft fest durch Glattheiten (durch seine glatte Art).

22Und die überspülenden Armeen werden vor seinem Angesicht überspült und werden zerbrochen, und auch noch der Herzog des Bundes.

...

 In der Vergangenheit war Antiochus IV Epiphanes der Verachtete, in der Zukunft ist es der Gesetzlose (2. Thess. 2:8).

 Antiochus war verachtet, weil er sich des Thrones bemächtigte, der eigentlich dem Sohn des Seleukos IV zustand. Auch der Antichristus wird als »gering« beschrieben; er ist das geringe (oder: kleine) Horn, das Augen und einen vermessene Reden führenden Rachen hat (Dan. 7:8; 8:9; Off. 13:5).

 Der »Herzog des Bundes« ist der Antichristus, der »kommende Herzog«, der Jerusalem und den Tempel verdirbt (Dan. 9:26). Er ist der Herr des Bundes mit Israel für einen Siebener (Dan. 9:27; Jes. 28:15). Schließlich aber wird er zerbrochen (Dan. 8:25; 9:26), wie es denn von ihm heißt, dass einer von den Köpfen des wilden Tiers wie zu Tode geschlachtet sein wird (Off. 13:3) und er am Ende des letzten Siebeners gefangengenommen und für die beiden zukünftigen Äonen in den Feuersee geworfen wird (Off. 19:20; 20:10).

 Vers 22 erweckt den Eindruck, dass er schon zu Anfang seines Wirkens zerbrochen wird, wenn sein gewaltiges Heer zerbricht. Dafür spricht auch, dass ein Bund stets über einem Opfer geschlossen wird. Demnach wäre dieses Zerbrochenwerden als das erste von dreien in den Anfang des siebzigsten Jahrsiebeners einzuordnen.

Der Bund und der Aufstieg des Verachteten

23Und seit er (der Herzog des Bundes) sich mit ihm verbündete, verübt er Trug und steigt hinauf und wird überaus stark mithilfe weniger der Nation.

24Infolge des Unbekümmertseins und infolge der Fruchtbarkeit des Gebiets kommt er und tut, was seine Väter und die Väter seiner Väter nicht getan haben: Plündergut und Beute und (zugewachsene) Habe verteilt er an sie, und gegen die Wehrfestungen berechnet (ersinnt) er seine Berechnungen (Pläne) während (einiger) Zeit.

25Und er erweckt seine Kraft und sein Herz mit großem Heer gegen den König des Südens (Ptolemäus VI). Aber auch der König des Südens rüstet sein großes und bis zum Übermaß starkes Heer zum Kampf; aber er wird nicht bestehen können, denn man berechnet (ersinnt) Berechnungen (Anschläge) gegen ihn.

26Und die seine Leckerbissen essen, zerbrechen ihn, und sein Heer (wird?) überspült (oder: zerstreut sich), und es fallen viele Durchbohre.

27Und sie beide, die Könige, (sitzen) mit bösem Herzen an einem Tisch und reden Lüge. Aber es gelingt nicht, denn das Ende verzieht noch bis zur bezeugten (vom Wort Gottes bestimmten) Zeit hin.

...

 Dieser Abschnitt hat besonders die Vergangenheit im Blick. In Vers 23 ist aber vom zukünftigen Herzog des Bundes die Rede, der sich verbündet.

 Vermutlich hatte Antiochus sich mit dem Hohepriester Onias III verbündet, den er 171 v. Chr. ermorden ließ; mit wem aber der Herzog, der Antichristus, sich verbündet, wird uns durch die Worte »mit ihm« (Vers 23) nicht klar. Wir wissen nur, dass der Antichristus einen Bund mit Israel schließt (Dan. 9:27) und Israel sich des Bundes mit dem Tode (mit dem todbringenden Herzog) rühmt (Jes. 28:15) und der siebzigste Siebener mit der Bundesschließung beginnt. Dann mag der Todbringende in einem gewissen Sinne selbst mit dem Tod verbündet sein, auf jeden Fall in der zweiten Hälfte des letzten Jahrsiebeners mit dem Drachen, dem Satan (Off. 13:2), dessen Geist ihn von Anfang an beherrscht.

 Nach der Festigung seiner Macht, auch durch das Verteilen seiner Beute (Vers 24), führte Antiochus 170 v. Chr. sein Heer bis in die Nähe des Nildeltas und besiegte die große Armee Ägyptens bei Pelusium (Vers 25). Danach saßen die Feinde an einem Tisch; mit betrügerischen Reden aber ließ sich nichts erreichen. Der Sieger heuchelte Freundschaft, ließ Ägypten aber plündern (Vers 27).

Wider den heiligen Bund

28Und er (Antiochus IV; in der Endzeit: das wilde Tier) kehrt um zu seinem Land mit großer zugewachsener Habe. Und sein Herz ist wider den heiligen Bund (eingestellt); und er handelt (dementsprechend) und kehrt um zu seinem Land.

29Zur bezeugten (bestimmten) Zeit kehrt er wieder um und kommt im (Bereich des) Südens an, aber (dieses) spätere (Mal) wird nicht so wie anfänglich.

30Und Kriegsschiffe der Kittäer (Kittim: westliche Länder, besonders Zypern) werden umkehren und wider den heiligen Bund drohen und handeln; und er wird umkehren und Verständnis (zeigen) für die, die den heiligen Bund verlassen.

31Und Armeen von ihm werden dastehen und das Heiligtum, die Hochburg, entheiligen, und sie werden das stetige Opfer wegnehmen und dafür das abscheuliche (Götzenbild) zur Verödung geben (den Gräuel der Verödung aufstellen).

32Und die den Bund befreveln (verurteilen), macht er in seiner glatten Art zu Befleckten. Aber das Volk, die, die dessen (des wilden Tiers) Elohim näher kennen, (haben) Halt (bleiben fest) und handeln (dementsprechend).

33Und die zur Klugheit Gelangenden des Volks werden in Bezug auf vieles verständig, aber sie straucheln für Tage infolge des Schwerts und infolge der Lohe, infolge der Gefangenschaft und infolge der Plünderbeute.

34Und in ihrem Straucheln wird ihnen mit wenig Hilfe geholfen. Und viele schließen sich ihnen an mit Glattheiten (heuchlerischen Schmeicheleien).

35Und aus den zur Klugheit Gelangenden werden (einige) straucheln; (dies geschieht, um) unter ihnen auszuschmelzen (zu läutern) und zu klären und dass sie weiß gemacht werden bis zur Zeit des Endes, denn es dauert noch bis zur bezeugten (bestimmten) Zeit.

...

 Antiochus war dem Judentum feindlich gesonnen; er versuchte, es auszurotten und die Juden zum Hellenismus zu bekehren. Wer sich weigerte, die griechischen Götter anzubeten, war des Todes. Insofern war er ein Typus des Antichristus.

 Auf dem Rückweg vom siegreichen Feldzug gegen Ägypten plünderte er den Tempel zu Jerusalem (Vers 28; 1. Makk. 1:20 - 28).

 Zwei Jahre später (168 v. Chr.) zog er wieder gegen den Süden (Vers 29); doch angesichts der Römer, die ihm den Krieg gegen Ägypten verboten, verzagte er und musste sich zurückziehen. Die kittäischen Kriegsschiffe waren sicherlich römische (Vers 30).

 Alsdann in Israel bedrohte er die, die am Gesetz des Mose festhielten, und lobte die, die sich davon abwandten und die griechische Lebensweise annahmen (Vers 30). Und die Juden, die seinen siebenjährigen Bund mit Israel ablehnten, rückte er in ein übles Licht (Vers 32).

 Mehr noch ¬ Antiochus griff zu radikalen Mitteln, um der jüdischen Religion ein für allemal ein Ende zu machen. Er ließ viele abschlachten, die an Jewe, dem Elohim Israels, festhielten, und entweihte das Heiligtum, indem er das mosaische Opferritual durch einen Altar für Zeus ersetzte (Vers 31; 1. Makk. 1:54, 59; 2. Makk. 6:2).

 In der Endzeit, und zwar in der Mitte des siebzigsten Jahrsiebeners, wird es wieder geschehen, dass das Heiligtum entweiht wird. In Daniel 8:12 - 14 lasen wir bereits davon, dass das kleine Horn die Wahrheit zu Boden wirft, das Opfer unterbindet und den Tempel öde macht.

 In dieser Zeit wird der Satan aus dem Himmel geworfen (Off. 12:9). Er gibt dem wilden Tier seine Macht und seinen Thron und große Vollmacht über die ganze Erde, und alle haben ihn und das wilde Tier anzubeten (Off. 13:2 - 8). Für den jüdischen Gottesdienst ist kein Raum mehr.

 Da mit Widerstand gegen die Abschaffung des stetigen Rituals zu rechnen ist, stationiert der falsche Messias seine Streitkräfte um Jerusalem herum, um jeden Aufruhr im Keim zu ersticken. Die Gläubigen werden sich an die Worte ihres Herrn erinnern, dass, wenn Jerusalem von Heerlagern umzingelt ist, die Verödung nahe ist, und in die Berge fliehen (Luk. 21:20, 21).

 Der Mensch der Gesetzlosigkeit, wie Paulus das wilde Tier nennt, wird sich über alles überheben, was Gott genannt oder Gegenstand der Verehrung ist, und sich selbst in den Tempel Gottes setzen und zu erweisen suchen, er sei Gott (2. Thess. 2:4). Zweiundvierzig Monate lang wird er sein Maul zu Lästerungen gegen Gott öffnen. Ein Standbild von ihm wird gefertigt, das sogar sprechen kann, und auf einem Flügel des Heiligtums aufgestellt. Wer es nicht anbetet, ist dem Tode verfallen (Dan. 9:27; Off. 13:15). Nun ist den treuen Juden höchste Eile geboten; Jesus sagt ihnen: »Wenn ihr nun den vom Propheten Daniel angesagten Gräuel der Verödung in der heiligen Stätte stehen seht ..., dann sollen die in Judäa in die Berge fliehen! Wer auf dem Flachdach ist, steige nicht erst hinab, um etwas aus seinem Haus mitzunehmen, und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um noch sein Obergewand aufzunehmen« (Mat. 24:15 - 18).

 Die die Gebote Gottes Haltenden werden grausam verfolgt, woraufhin viele von ihnen straucheln, aber nicht fallen werden (Vers 33). Jesus sprach ebenfalls davon: »Dann wird man euch in Drangsal überantworten und euch töten, ja ihr werdet um Meines Namens willen von allen Nationen gehasst werden. Dann werden viele straucheln und einander verraten und einander hassen« (Mat. 24;9, 10).

 Zur Zeit des Antiochus führte seine keine andere Religion duldende Hellenisierungspolitik zur makkabäischen Erhebung (1. Makk. 2).

 Mit nur wenigem wird den Treuen der Endzeit aber Hilfe in ihren Drangsalen zuteil (Vers 34), etwa durch den weltweiten Ruf des Engels: » Fürchtet Gott und gebt Ihm die Verherrlichung; denn die Stunde Seines Gerichts ist gekommen! Betet an vor dem, der den Himmel, die Erde, das Meer und die Wasserquellen gemacht hat!« (Off. 14:7).

 Vers 35 spricht davon, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis die Vollendung eintrifft, wie Jesus sagte: »Ja, ihr werdet um Meines Namens willen von allen gehasst werden. Wer aber bis zur Vollendung ausharrt, der wird gerettet werden« (Mat. 10:22). Die Leiden der Heiligen dienen der Prüfung, wer wirklich treu ist (Sach. 13:9), und zu ihrer Läuterung. Und weiß, gerecht und rein, werden sie gemacht werden, wie auch Johannes auf Patmos zu hören bekam: »Diese sind es, die aus der großen Drangsal kommen und ihre Gewänder gespült und sie im Blut des Lämmleins weiß gemacht haben« (Off. 7:14).

 All die demütigenden Drangsale wie aber auch der Zuspruch und die Hilfe Gottes und die Freude über ihre Reinheit und die alsbaldige Rettung zum äonischen Leben werden sie für ihren Platz im kommenden messianischen Königreich zurüsten.

Überheblichkeit und Götzendienst

36Und der König handelt nach seinem Wohlgefallen und erhöht sich und tut sich groß über jeden El, und über den El der Elim redet er Unerhörtes. Und er hat Gelingen, bis das Drohen vorbei ist, so denn das Beschlossene getan ist.

37Und für die Elohim seiner Väter hat er kein Verständnis, und für das Begehren der Frauen und für jeden Eloah hat er kein Verständnis, denn er wird sich über alles großtun.

38Aber den  Gott der Festungen verherrlicht er stattdessen. Und den Eloah, den seine Väter nicht näher kannten, verherrlicht er mit Gold und Silber und mit kostbarem Gestein und mit Kostbarkeiten.

39Und er handelt gegen die befestigten Wehrburgen mit einem fremden Eloah. Wer ihn anerkennt, dem mehrt er die Herrlichkeit, und er gibt solchen die Herrschaft über viele, und den Erdboden verteilt er gegen einen Kaufpreis.

...

 Der Antichristus überhebt sich über alles und jedes, gar über den El der Elim, den Gott über allen Göttern, den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, und spricht große Worte und Lästerungen aus (Vers 36). Und er hat Gelingen; 42 Monate lang führt er seinen Willen aus (Off. 13:5), eben bis das Drohen Gottes, die Zeit des Zornes Gottes, vorbei ist. Gänzliches Gericht wird Jewe üben (Jes. 10:23), bis alles, was Er beschlossen hat, getan ist (Dan. 9:26, 27).

 An Göttern hat das wilde Tier kein Interesse, da er sich selbst als Gott ansieht (Vers 37), zumal die Welt ihn aufgrund der Zeichen und Wunder (Off. 13:3, 13) als Gott anbetet.

 Was ist »das Begehren der Frauen«? Ein Lieblingsgott, wohl der Fruchtbarkeit; aber auch für den zeigt der Gesetzlose kein Verständnis. Oder die Ehe? Er wird wohl unverheiratet bleiben und dies als göttliche Eigenschaft ausgeben.

 Er verehrt den Gott der Festungen (Vers 38). Trotz seiner ihm vom Satan verliehenen Vollmacht stützt er sich auf das Militär. Grund und Boden verteilt er wahrscheinlich gegen einen geringen Kaufpreis (Vers 39).

In der Zeit des Endes

40Und in der Zeit des Endes stößt der König des Südens mit ihm (dem wilden Tier) zusammen, und der König des Nordens stürmt gegen ihn (das wilde Tier) an mit Fahrzeugen und mit Berittenen und mit vielen Schiffen. Und er kommt in den Ländern an und überspült (sie) und fährt darüber hin.

41Und er kommt in dem prächtigen Land (Israel) an, und viele straucheln. Diese aber entkommen seiner Hand: Edom und Moab und der Anfang der Söhne Amons.

42Und er entsendet seine Hand gegen die Länder, und das Land Ägypten wird nicht entrinnen.

43Und er herrscht in mit Gold und Silber beschlagenen Räumen und in allen Kostbarkeiten Ägyptens, und die Lubier (Libyer) und die Kuschiten (Nubier, Äthiopier) sind in seinem Gefolge.

44Aber Nachrichten vom Sonnenaufgang und vom Norden her wachen ihn rastlos, und er geht in großer Erhitzung heraus, um viele zu vertilgen und zu verbannen.

45Und er pflanzt die Zelte mit seinen Königsinsignien zwischen den Meeren und dem prächtigen heiligen Berg auf. Und er kommt an sein Ende, und kein Helfer ist ihm.

...

 Das Reich des wilden Tiers ist zwar weltumfassend, aber alles andere als ein Friedensreich. Immer wieder finden Aufstände und Kriege statt. Das in den Versen 40 bis 45 Geschilderte hat bislang noch nicht stattgefunden, sondern wird erst »in der Zeit des Endes« (Vers 40) geschehen.

 In den letzten dreieinhalb Jahren des gegenwärtigen bösen Äons (Gal. 1:4) werden der König des Südens und der nicht näher definierte König des Nordens gegen das wilde Tier kämpfen, das diese Feinde besiegen wird (Vers 40), zumal es mit dem Satan im Bunde steht.

 Dieser Sieg bringt viele Gläubige in Israel zum Straucheln (Vers 41; Dan. 11:33; Mat. 24:10), ob das wilde Tier denn etwa doch der Messias sei. Nur die Gebiete der ehemaligen Edomiter, Moabiter und Ammoniter südlich und östlich des Toten Meeres bleiben unbehelligt; dort liegen die unwirtlichen Berge, wohin die Gläubigen nach dem Geheiß ihres Herrn (Mat. 24:16) geflohen sind. In dieser Wildnis wird der »Frau«, dem treuen Israel, von Gott eine Stätte bereitet und wird sie 1260 Tage lang ernährt (Off. 12:6).

 Die das wilde Tier beunruhigenden Nachrichten aus dem Osten und dem Norden (Vers 44) dürften mit den Schalengerichten zusammenhängen. Die üblen und bösen Eiterbeulen an den Menschen, die das Merkmal des wilden Tiers haben und sein Bild anbeten (Off. 16:2), könnten sie zu Aufständen veranlasst haben. Erschreckend ist auch, dass der Euphrat austrocknet (Off. 16:12), wenngleich dadurch den Königen vom Aufgang der Sonne her der Weg nach Harmageddon bereitet wird. Und dann versammeln drei unreine Geister die Könige der gesamten Erde zur Schlacht des großen Tages Gottes (Off. 16:14, 16).

 Vers 45 spricht von der Schlacht von Harmageddon (Off. 16:16; 19:11- 21), mit welcher der siebzigste Siebener zu Ende geht. Zwischen dem Mittelmeer, dem Toten Meer und dem Berg Zion schlägt das wilde Tier seine Zelte auf. Zusammen mit allen Königen und Armeen der Erde kämpft er gegen Jewe, den Elohim Israels, und die letzten Treuen des auserwählten Volkes.

 Da trifft Jesus Christus ein und vernichtet das Heer mit der Klinge Seines Mundes (Dan. 8:25; Off. 19:21). Mit dem Geist Seines Mundes erledigt der Herr den Gesetzlosen und tut ihn durch das Erscheinen Seiner Anwesenheit ab, ihn, dessen Anwesenheit gemäß der Wirksamkeit Satans war (2. Thess. 2:8). Das wilde Tier und der falsche Prophet werden gefangen genommen und in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt (Off. 19:20).

 Jesus Christus, der Herr der Herren und der König der Könige, tritt Seine Herrschaft über die Erde an. Im Himmel und auf Erden werden laute Stimmen erschallen: »Die Königsherrschaft über die Welt ist unserem Herrn und Seinem Christus zuteilgeworden, und Er wird als König für die Äonen der Äonen herrschen! Amen!« (Off. 11:15). Die Juden werden Priester Gottes und Christi sein, mit Ihm als Könige regieren (Off. 20:6) und alle Nationen zu Jüngern Jesu machen (Mat. 28:19).

Kapitel 12

Versiegele!

1Und in jener Zeit tritt Michael, der große Fürst, auf, der über den Söhnen deines Volks steht. Und es wird eine Zeit der Drangsal sein, wie sie noch nie gewesen war vom Werden (jeglicher) Nation an bis zu jener Zeit. Und in jener Zeit wird dein Volk entkommen, jeder, der in der Buchrolle aufgeschrieben gefunden wird.

2Und viele aus den im Erdboden des Staubes Schlafenden werden erwachen: diese zu äonischem Leben und diese zu Beschmähungen, zur äonischen Abschreckung.

3Und die Klugheit Erlangenden werden glitzern wie das Glitzern des Firmaments und die die vielen Rechtfertigenden wie die Sterne für den Äon und die (weitere) Zeit des Bezeugens (des Wortes).

...

 Michael, der große Botenfürst, wird auch in der Endzeit für Gottes Volk wirken (Dan. 10: 10:13, 21). Dies ist nötig, weil die Drangsal alle bisher gewesenen übersteigt (Vers 1; Mat. 24:21; 16:18). Nur die in der Rolle des Lebens Eingeschriebenen (2. Mose 32:32; Jes. 4:3; Luk. 10:20; Off. 3:5) werden in das tausendjährige Königreich Israels entkommen (Jer. 30:10; Joel 3:5), sei es lebend oder durch Auferweckung aus den Toten, wie auch immer Jewe es will und bewirkt. Das Entkommen liegt nicht am Wollenden noch am Rennenden, sondern an dem Sich erbarmenden Gott (Röm. 9:16). Alles ist Gnade, nichts ist aus uns.

 Und dann darf der in Leinen gekleidete Mann (Dan. 11:5) dem Daniel die Auferstehung der Toten verkündigen (Vers 2), ohne eine zeitliche Unterscheidung zwischen den Gerechten und den Ungerechten zu treffen. Erst der Apostel Johannes sagt uns, dass tausend Jahre zwischen der ersten und der zweiten Auferstehung liegen (Off. 20:5). Unser Herr Jesus Christus sagte, dass alle, die in den Gräbern sind, Seine Stimme hören werden; »und es werden hervorgehen, die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Schlechte verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts« (Joh. 5:29).

 Im kommenden Äon werden die Gläubigen wie die Sonne aufleuchten (Vers 3; Mat. 13:43). Die Jewe Liebenden sind wie die in ihrer Kraft aufgehende Sonne (Ri. 5:31). Die »die vielen Rechtfertigenden« sind die Lehrer der Gerechtigkeit, die viele zur Umsinnung und zum Glaubensgehorsam geführt haben, damit sie gerechtfertigt (für gerecht erklärt) würden und das äonische Leben erlangten. Die erforderlichen gerechten Werke der Umsinnung sind in den Sendschreiben an die sieben Synagogengemeinden im Einzelnen beschrieben (Off. 2 + 3).

Der Auftrag zur Versiegelung

4Und du, Daniel, verstopfe die Worte (unterbinde den weiteren Fluss der Worte) und versiegele die Buchrolle bis zur Endzeit. Viele werden sie durchstreifen (in ihr forschen), und die Erkenntnis wird sich mehren.

...

 Daniel mag die Schriftrolle zunächst buchstäblich versiegelt und weggeschlossen haben, weil ihre Erfüllung noch in weiter Ferne lag. Zur Zeit Jesu war sie jedenfalls allen Juden bekannt, denn Er bezog Sich wie selbstverständlich auf sie (Mat. 24:15; Mark. 13:14). Versiegelt war sie dem geistlichen Verständnis. Erst seit den weiteren Worten unseres Herrn, und zwar insbesondere der großen Endzeitrede

(Mat. 24:3 - 25:46; Mark. 13:4 - 37; Luk. 21:7 - 36) und dem Buch der Enthüllung, gewöhnlich Offenbarung des Johannes genannt, erschließt sich die Prophezeiung Daniels den Verständigen. Und in der Endzeit werden die dann lebenden Gläubigen zur vollen Erkenntnis kommen. Licht wird den Gerechten gesät (Ps. 97:11). Den Jüngern Jesu wird es gegeben, die Geheimnisse des Königreichs zu erkennen (Mat. 13:11). Das Buch Daniel wird ihnen zur Kräftigung in den Drangsalen dienen.

 Unter dem Aspekt der »letzten Tage« (Heb. 1:1; Jak. 5:3; 2. Pet. 3:3; 1. Joh. 2:18; 2. Tim. 3:1) ist die abschließende Zeit für Israel bereits mit dem Abschneiden des Messias (Dan. 9:25, 26) angebrochen, die Zeit ihrer Verwerfung und Wiederannahme (Röm. 11:15, 25, 26).

Bis wann noch?

5Und ich sah, ich, Daniel, und da! Da standen zwei andere, einer dieseits des Ufers des Flusses und einer jenseits des Ufers des Flusses.

6Und einer sprach zu dem in Leinen gekleideten Mann, der über den Wassern des Flusses (stand): Bis wann noch ist das Ende dieser wunderbaren (Ereignisse)?

7Und ich hörte den in Leinen gekleideten Mann, der über den Wassern des Flusses (stand), und er erhob seine Rechte und seine Linke gen die Himmel und schwor bei dem für den Äon Lebendigen: So denn ist's: zu bezeugter (festgelegten) Zeit, bezeugten Zeiten und einer Hälfte; und wie das Zerschellenlassen der Hand (Kraft) des heiligen Volks vorbei ist, so ist auch all dieses vorbei.

8Und ich, ich hörte es, aber ich verstand es nicht. Und ich sprach: Mein Herr, was ist das Spätere (Letzte) von diesem?

9Und er sprach: Gehe, Daniel, denn die Worte sind verstopfte und versiegelte bis zur Zeit des Endes.

10Viele werden sich (läutern und) verklären (verherrlichen) und weiß werden und ausgeschmolzen werden. Doch die Frevler befreveln (weiterhin); und alle Frevler werden nicht verstehen, die zur Klugheit Gelangenden aber werden verstehen.

11Und von der Zeit an, wenn das stetige Opfer weggenommen wird und das abscheuliche (Götzenbild), ja die Verödung (der Gräuel der Verödung) gegeben wird, sind es 1290 Tage.

12Glückselig ist, wer sich hinschleppt (wer durchdauert) und an 1335 Tagen angelangt ist.

13Du aber, gehe du auf (dein) Ende zu. Und du wirst ruhen und am Ende der Tage erstehen (auferstehen) zu deinem Los hin.

...

 Der über dem Fluss Hiddekel (Tigris) stehende Bote war von zwei weiteren flankiert, die seine Rede mittrugen wie auch bezeugen können (Verse 5 + 6).

 »Bis wann noch?« (Vers 6). Das ist die von Herzen kommende, sehnsüchtige Frage Israels. Die Geheimnisse des Königeichs (Mat. 13:10 - 51) und die gegenwärtige, dem Paulus gegebene, bislang geheim gewesene heilsgeschichtliche Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes (Eph. 3:2) konnten dem Daniel nicht enthüllt werden.

 Entscheidend aber ist die Zeitangabe in Vers 7: nach festgelegten dreieinhalb Jahren (zu 360 Tagen)! Dieser Zeitraum von 1260 Tagen wie auch 42 Monaten, der »zur Hälfte des Siebeners« (Dan. 9:27) beginnt, ist viele Male bezeugt (Dan. 7:25; Off. 11:2, 3; 12:14; 13:5).

 »Bis wann noch?« Die zweite, zeitlich parallel zu verstehende Antwort lautete: Bis die Zerschmetterung der Macht Israels durch den erbarmungslosen Antichristus vorbei ist (Dan. 7:21; 8:24; Mat. 24:9; Off. 13:7).

 Dreieinhalb Jahre wird die große Drangsal Israels dauern von der Abschaffung des stetigen Opfers und der Aufstellung des Gräuels der Verödung an bis zur Wiederkunft des Messias, der Freilösung Israels und der Aufrichtung des Königreichs. Das ist eine auf den Tag zutreffende, unabänderliche Frist im Vorsatz Gottes. Die große Drangsal und damit die allertiefste Erniedrigung und Demütigung Israels müssen sein. Sie müssen alles Vertrauen auf sich selbst verlieren und erkennen, dass es allein aus Gott ist, dass sie die königliche und priesterliche Herrschaft über die Welt erlangen; dann erst sind sie ein brauchbares Gefäß für Gott. Im Übrigen hat ihre Drangsal die eindeutige Scheidung der Gerechten und Ungerechten zur Folge (Vers 10; Dan. 11:35; Off. 7:14; 22:11).

 Und was ist das »Spätere« (Vers 8), oder: Was kommt danach? Danach kommt Jesus Christus wieder, und zwar in Macht und Herrlichkeit, und erscheint des Königreich des Elahs der Himmel für die Heiligen Israels (Dan. 2:44; 7:14, 22, 27).

 Und 30 Tage danach, 1290 Tage nach der Aufstellung des Gräuels der Verödung (Vers 11; Dan. 8:11 - 13; Mat. 24:15; Mark. 13:14; 2. Thess. 2:4), wird das stetige Opfer wieder dargebracht (was auch möglich ist, wenn der Tempel noch nicht steht). In dreißig Tagen wird das Priesterum wieder organisiert sein.

 Und 75 Tage danach (1335 Tage von der Hälfte des Jahrsiebeners an gerechnet; Vers 12) werden die gläubig Entschlafenen Israels auferweckt. Das ist der Tag, an welchem auch Daniel auferweckt wird (Vers 13). Glückselig werden jene alle sein (Off. 20:6). Es ist verständlich, dass die Auferstehung nicht sogleich bei der Wiederkunft Jesu stattfindet, weil sich ihnen ein Bild der Zerstörung und Verwüstung und des Jammers bieten würde. 75 Tage später aber wird eine hinreichende Ordnung herrschen.

 Und 1040 Tage danach (2300 Tage nach der Entweihung des Heiligtums; Dan. 8:11 - 14) wird der neue Tempel gemäß den vom Propheten Hesekiel in den Kapiteln 40 bis 43 geschauten Bauplänen errichtet sein und eingeweiht werden.

 Das Buch Daniel endet mit einem tröstlichen Zuspruch für Daniel persönlich. Nun darf er sich zur Ruhe legen. Am Ende der Tage sodann (Vers 13), am letzten Tag (Joh. 6:39. 40. 44, 54; 11:4), 1335 Tage nach der Mitte des siebzigsten Siebeners, wird er auferweckt werden wie auch alle anderen gläubig Entschlafenen Israels. Dann wird er für seinen treuen Dienste großen Lohn empfangen und sein Losteil zugewiesen bekommen. Wir dürfen annehmen, dass er im Königreich Israels eine hohe Position in der Regierung über sein Volk und die Nationen einnehmen wird.

 Der Lobpreis und die Verherrlichung sei Jewe, dem Elohim Israels, dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, dem Vater der Herrlichkeit!

Dieter Landersheim

Höhenstraße 11

65824 Schwalbach a. Ts.

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