Hiobs Klage und Eliphas' erste Rede
Hiobs erste Antwort und sein Gebet
Hiobs zweite Antwort und zweites Gebet
Erste Rede Zophars und Hiobs dritte Antwort
Eliphas eröffnet den zweiten Redezyklus
Hiobs fünfte und sechste Antwort
Der Anfang des dritten Redezyklus
Bildads dritte Rede und Hiobs achte Antwort
Die erste Rede Jewes aus dem Sturm
Die zweite Rede Jewes und Hiobs Erhöhung
Das Buch Hiob
(Hiob 1 + 2)
Kapitel 1
Einführung
Entspricht es der Gerechtigkeit Gottes, wenn Er unverdientes Leid über einen Menschen bringt? Ja, weil Er einen hohen Zweck damit verfolgt. – Hiermit sei das Buch Hiob aufs Kürzeste umrissen.
Hiob war eine geschichtliche Person (Hes. 14:14; Jak. 5:11). Was wir in dem Buch lesen, hat er erlebt.
Hiob, hebr. AIUBh, punktiert IJOBh, bedeutet: Befeindeter.
Der Verfasser des Buches war nach jüdischer Tradition Mose, was sehr gut möglich ist. Aber auch die Annahme, dass Hiob es selbst geschrieben hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Auch zu seiner Zeit war es nicht ungewöhnlich, von sich selbst in der dritten Person Singular zu schreiben.
Hiob lebte um 1750 v. Chr. Um den zeitlichen Rahmen abzustecken: Hiobs Freund Bildad, der Schuchiter, war ein Enkel Abrahams (1965 - 1790 v. Chr.) und Keturas, ein Sohn Schuachs (1. Mose 25:2). Eliphas, der Temaniter, war ein Sohn Esaus (geb. 1805 v. Chr.;
1. Mose 36:10). Elihu, der Busiter, war ein Urenkel Nachors, des Bruders Abrahams (1. Mose 22:21).
Das Buch Hiob lässt sich wie folgt gliedern:
A. 1:1 - 5 Einleitende Erzählung
B. 1:6 - 2:10 Satans Angriff. Hiob verliert alles.
C. 2:11 - 13 Die drei Freunde, ihre Ankunft
D. 3 - 31 Reden Hiobs und seiner Freunde
E. 32 - 37 Reden Elihus
D. 38:1 - 42:6 Reden Jewes und Hiobs
C. 42:7 - 9 Die drei Freunde, ihr Abgang
B. 42. 42:10 - 13 Satans Niederlage. Hiob wird doppelt gesegnet
A. 42:14 - 17 Abschließende Erzählung
(Man beachte den spiegelbildlichen Aufbau.)
(Bei der Ausarbeitung dieses Kommentars habe ich viele Gedanken aus dem Büchlein »Hiob« von Martin Jägle, Verlag Gerhard Groß, Balingen, übernommen.)
Ein Mann im Land Uz
1Ein Mann war im Land Uz geworden, Hiob war sein Name. Und dieser Mann wurde als vollendet (rechtschaffen) und gerade (aufrichtig) befunden und Elohim fürchtend und sich vom Bösen abkehrend.
2Und es wurden ihm sieben Söhne und drei Töchter geboren.
3Und sein Viehbestand wurde (wie folgt): 7.000 des Kleinviehs und 3.000 Kamele und 500 Koppeln (Gespanne) des Rindviehs und 500 Eselinnen; und er hatte ein überaus zahlreiches Gesinde. Und dieser Mann war größer als alle Söhne des Ostens geworden.
4Und seine Söhne gingen (des Öfteren) hin und hielten ein Trinkmahl (in eines jeden) Mannes Haus an seinem Tag, und sie sandten hin und riefen ihre drei Schwestern, mit ihnen zu essen und zu trinken.
5Und es geschah, so denn die Tage des Trinkmahls die Runde gemacht hatten, da sandte Hiob hin (ließ er sie holen) und heiligte sie: Er stand früh am Morgen auf und weihte Hinaufzuweihendes hinauf (brachte Brandopfer dar) gemäß ihrer aller Zahl; denn Hiob sprach: Vielleicht verfehlten meine Söhne und segneten in ihrer Brust dem Elohim (ab) (sagten sich los). So handelte Hiob alle die Tage.
...
Das Land Uz, in welchem Hiob wohnte, ist wahrscheinlich nicht das Land des Uz, des Sohnes Arams (1. Mose 10:23), das vermutlich im Haurangebiet im Ostjordanland lag, sondern das Land des Uz, des Sohnes Nachors (1. Mose 22:21), das vermutlich an der Einmündung des Habors in den Euphrat im Land Gosan im Nordosten des heutigen Syrien lag. Dieses Land Uz war den von Norden einfallenden Schebäern (Subäern) und den von Süden eindringenden Chaldäern nahe (Kap. 1:15, 17).
Hiob war ein vollendeter Mann. Das heißt nicht, dass er sündlos war, sondern untadelig und zur Reife gekommen. Jewe Selbst sagt dies auch in Kapitel 1:8 und bestätigt seine Aufrichtigkeit und Gottesfurcht. Hiob tat viele gute Werke (Kap. 4:3, 4, 29:12, 13). In Hesekiel 14:14 beteuert Jewe, dass Er im Falle der Vernichtung eines bösen Volkes auf jeden Fall den Noah, den Daniel und den Hiob dort herausretten würde.
Wir sind aufgefordert, uns von allem fernzuhalten, was böse aussieht (1. Thess. 5:22). Hiob darf uns darin ein Vorbild sein.
Hiob hatte zehn Kinder (Vers 2). Kinder sind ein Segen Gottes
(5. Mose 28:4; Ps. 127:3; 128:3, 4).
Hiob war reicher und angesehener als alle anderen Männer des Ostens (Vers 3).
Die zehn Geschwister hatten ein herzliches und harmonisches Verhältnis zueinander. Dies zeugt von vorbildlichen Eltern und einer guten Erziehung (Vers 4).
Bei Trinkmahlen (Vers 5) bleibt es nicht aus, dass man viel redet und von einer Sünde übereilt wird. Jesus sagt: »Über jeden müßigen Ausspruch, den die Menschen reden werden – am Tage des Gerichts werden sie diesbezüglich Rechenschaft zu erstatten haben« (Mat. 12:36). Jakobus schreibt: »Wir straucheln allesamt in Vielem. Wenn jemand mit keinem Wort strauchelt, so ist dieser ein gereifter Mann« (Jak. 3:2).
Hiob nahm seine Aufgabe als Hauspriester in aller Furcht und Wohlverehrung Elohims wahr.
Nach alledem könnte man meinen, dass Elohim mit Hiob zum Ziel gekommen sei und Hiob keinen größeren Segen mehr empfangen könnte. Aber dieser vollendete Mann hatte Elohim noch nicht völlig erkannt, denn er hatte eine bestimmte Angst (Kap. 3:25, 26), dass ihn nämlich ein Unglück treffen und ihm das Wohlergehen genommen werden könnte. Diese Befürchtung um sein »Paradies« war nicht unbegründet, denn sein Urvater Adam war einst im Paradies von einem Feind angegriffen worden.
Hiob musste noch lernen, sein volles Genüge in Elohim zu haben, so wie wir uns allein an der Gnade Jesu Christi genügen lassen (2. Kor. 12:9). Hiob wusste noch nicht, dass Elohim ihm den derzeitigen Segen nicht aufgrund seiner Rechtschaffenheit gewährt hatte, sondern weil Elohim es so wollte. »Alles, was Jewe wohlgefällt, das tut Er in den Himmeln und auf der Erde« (Ps. 135:6; 115:3; Dan. 4:32). Hiob wusste des Weiteren noch nicht, dass Elohim selbst mit Leidenswegen das Heil Seiner Geschöpfe verfolgt. Gott führt zunächst die Seinen von Erkenntnis zu Erkenntnis und von Herrlichkeit zu Herrlichkeit
(2. Kor. 4:18). Gott ist der Allesbewirkende (Eph. 1:11); vertrauen wir Ihm, der Liebe ist, dass Er den besten Weg mit der Menschheit und jedem Einzelnen geht; schließlich ist Er vollkommen.
Die hebräischen Bezeichnungen für Gott und Seinen Sohn seien kurz erläutert:
Elohim, heb. ALEIM, punktiert ÄLoHIM, bedeutet: der alles Verfügende, der alles Garantierende, der Unterordner zu El hin. Elohim ist der Vater in dem Sohn (vgl. 2. Kor. 5:19).
El, heb. AL, punktiert EL, ist der, dem alles zu eigen und zu dem hin alles ist, Gott, der Vater (vgl. Röm. 11:36).
Eloah, heb. ALUE, punktiert ÄLOaH, Singular von Elohim, ist der Sohn, Jesus Christus.
Jewe, heb. IEUE, unpunktiert, bedeutet, »wird sein-seiend-war«, der alles Werdenmachende. Jewe ist Gott, der Vater, der da Geist ist (Joh. 4:24), so wie Er in Christus, Seinem Abbild und Seinem Wort, wahrnehmbar ist und wie Er in der Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit (Heb. 1:3), eben in Christus, für die Menschen erfassbar ist.
Jewes Gespräch mit dem Satan
6Und es geschah eines Tages, da kamen die Söhne Elohims, sich gegenüber Jewe aufzustellen; und auch der Satan kam inmitten von ihnen.
7Und Jewe sprach zu dem Satan: Woher kommst du? Und der Satan antwortete Jewe und sprach: Vom Durchstreifen der Erde und vom Wandeln auf ihr.
8Und Jewe sprach zu dem Satan: Wandtest du dein Herz Meinem Diener Hiob zu? Denn keiner wie er ist auf der Erde, ein Mann, vollendet und gerade, Elohim fürchtend und sich vom Bösen abkehrend.
9Und der Satan antwortete Jewe und sprach: (Ist's etwa) umsonst (unentgeltlich), dass Hiob Elohim fürchtet?
10Hast nicht Du, Du, ihn (mit einer undurchdringlichen) Hecke umgeben und sein Haus und alles, was ringsum ihn ist? Die Werke seiner Hände segnetest Du, und sein Vieh breitete sich auf dem Land aus.
11Aber unwidersprochen (ist's): Strecke doch Deine Hand aus und berühre alles, was sein ist – ob er Dir nicht in Dein Angesicht (ab)segnet (sich lossagt)!
...
Satan bedeutet Ankläger, auch Widerwirker. Er ist ein Sohn Elohims (Vers 6) im Sinne von Geschöpf, erschaffen in Christus (Kol. 1:16), und ein Menschentöter von Anfang an; er stand nie in der Wahrheit (Joh. 8:44). Er hält sich im Himmel (1. Kön. 22:19; Sach. 3:1, 2) und auf der Erde auf, sehr oft getarnt als Engel des Lichts (2. Kor. 11:14). Aus dem Himmel wird er erst in der Mitte des letzten Jahrsiebeners unseres bösen Äons geworfen (Off. 12:9). Christus ist hoch erhaben über ihn (Eph. 1:21). Der Satan ist ein Werkzeug in der Hand Elohims.
Kein Mensch kann in die Himmel hineinschauen (Vers 6). Was sich dort zutrug, haben heilige Menschen Gottes von heiligem Geist getragen niedergeschrieben (2. Pet. 1:21). Es scheint so, dass der Satan bei dieser Versammlung nicht gemieden oder geschmäht wurde wie auch unser Herr Jesus bei der Versuchung in der Wildnis ganz sachlich mit ihm sprach (Mt. 4:1 - 11; Luk. 4:1 - 13) und auch der Botenfürst Michael ihn einst nicht lästerte, sondern nur sagte: »Der Herr schelte dich« (Jud. 9).
Der Satan hatte die Erde durchstreift (Vers 7). Gott hatte ihm die Vollmacht über sie gegeben (Luk. 4:6; 1. Joh. 5:19). Der Satan ist der Gott dieses Äons (2. Kor. 4:4) und wirkt in den Söhnen der Widerspenstigkeit (Eph. 2:2). Er wandelt wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlinge (1. Pet. 5:8).
Man beachte, dass Jewe es ist, der das Gespräch jeweils eröffnet (Verse 7 + 8). Mit der Frage Jewes, ob der Satan auf Hiob geachtet habe (Vers 8), machte Jewe den Satan auf Hiob aufmerksam und reizte ihn gegen diesen gottesfürchtigen Mann auf, der sich allezeit vom Bösen abkehrte. Übrigens ist, wer sich vom Bösen abwendet, weise (Spr. 14:16).
Dem Satan kam die Rede Jewes sehr gelegen, um seine Meinung über diesen gläubigen Mann zu äußern (Vers 9): »Ist's umsonst, dass Hiob Elohim fürchtet?« Dies unterstellt, dass Hiob nur deshalb so fromm ist, weil Elohim ihn reich beschenkt und gut beschützt. Ob Hiob selber darüber Klarheit darüber hatte, dass sein Reichtum eine freie Zuwendung Elohims war und keine Belohnung für seinen Glauben?
Jewe hatte eine undurchdringliche Hecke um Hiob gezogen, sodass der Satan ihn nicht angreifen und verschlingen konnte (Vers 10). So wie Mose in Psalm 90:1 dem Elohim bekennt: »Mein Gehege bist Du!«, so wird auch Hiob fürsorglich umhegt. Uns heute liegt die Gesamtwaffenrüstung Gottes zum Schutze vor Niederlagen bei Angriffen der Finsternis bereit (Eph. 6:10 - 17).
Der Umkehrschluss Satans liegt auf der Hand: Sollte Elohim dem Hiob den Segen entziehen, dann ist anzunehmen; dass er Elohim absagt. Und jetzt unterbreitet der Satan Jewe den Vorschlag, Hiob auf die Probe zu stellen (Vers 11). Dann wird man sicherlich sehen, dass er sich nicht bewähren wird. Satan versucht immer wieder, die Gläubigen in Leiden und Drangsale wie auch in Zweifel zu stürzen, um ihren Glauben zu untergraben. Allerdings kann er im Moment noch nicht gegen Hiob vorgehen, weil er die Antwort und die Einwilligung Jewes untertänig abwarten muss.
Hiobs Verluste und seine Bewährung
12Da sprach Jewe zu dem Satan: Siehe, alles, was sein ist, ist in deiner Hand. Nur nach ihm strecke deine Hand nicht aus. – Und der Satan ging hinaus, weg vom Angesicht Jewes.
13Und es geschah eines Tages, während seine Söhne und seine Töchter im Haus ihres Bruders, des Erstlings, aßen und Wein tranken,
14da kam ein Beauftragter (Bote) zu Hiob und sprach: Die Rinder pflügten gerade, und die Eselinnen weideten an ihrer Seite,
15da fielen die aus Scheba (Subartu) ein und nahmen sie, und sie schlugen die Jünglinge mit dem Mund (der Schneide) des Schwertes. Ich aber entkam, nur ich, ich allein, dir zu berichten.
16Noch redete dieser eine, da kam schon der andere und sprach: Feuer Elohims fiel aus dem Himmel und verzehrte das Kleinvieh und die Jünglinge und fraß sie. Ich aber entkam, nur ich allein, dir zu berichten.
17Noch redete dieser eine, da kam schon der andere und sprach: Die Chaldäer stellten drei Kampfmannschaften auf und zogen aus über die Kamele her und nahmen sie; und sie schlugen die Jünglinge mit dem Mund des Schwertes. Ich aber entkam, nur ich, ich allein, dir zu berichten.
18Noch redete dieser eine, da kam schon der andere und sprach: Deine Söhne und deine Töchter aßen und tranken Wein im Haus ihres Bruders, des Erstlings.
19Und siehe, ein starker Wind kam von jenseits der Wildnis her und berührte die vier Ecken des Hauses; da fiel es auf die Jünglinge, und sie starben. Ich aber entkam, nur ich, ich allein, dir zu berichten.
20Da stand Hiob auf und zerlappte seinen Mantel und schor sein Haupt; und er fiel zum Boden nieder und warf sich (huldigend) hin
21und sprach: Nackt ging ich aus dem Bauch meiner Mutter heraus, und nackt kehre ich dorthin zurück. Jewe gab und Jewe nahm, der Name Jewes sei gesegnet!
22In all diesem verfehlte Hiob nicht, und nicht machte er abfällige (Bemerkungen) über Elohim.
...
Jewe verfügte über Hiob. Er sagte dem Satan genau, wie weit er gegen Hiob vorgehen dürfe (Vers 12). Diese Grenze kann der Satan nicht überschreiten. Letztlich bewirkte Jewe damit das Böse, das über Hiob kam (Jes. 45:7). Der Satan als Menschentöter von Anfang an (Joh. 8:44) hätte Hiob zwar gern umgebracht, konnte aber nur so viel tun, wie Jewe ihm erlaubte.
Und dann ging es Schlag auf Schlag. Es waren fürchterliche Schläge: Hiob verlor sein Vieh, seine Knechte und seine Kinder. Der listige Satan ließ allerdings jeweils einen Knecht am Leben, damit er die Nachricht überbringe.
Unter dem Feuer Elohims (Vers 16) kann ein Blitz verstanden werden (1. Kön. 18:38), eher aber ein Feuer Satans, des Elohims dieses Äons (2. Kor. 4:4), der auch in der Endzeit Feuer vom Himmel herabfallen lässt (Off. 13:13).
In wenigen Minuten war Hiob in Armut und tiefe Trauer gestürzt.
Gespannt beobachtete der Satan den Hiob: Jetzt wird er sich von Elohim lossagen. Aber nein, er fiel zu Boden und betete Jewe, seinen Elohim, an (Vers 20). Damit versetzte er dem Satan einen Schlag und bewies, dass aller Verlust und aller Schmerz Gläubige nicht von Jewe abbringen müssen. Das Zerreißen des Obergewandes und das Scheren des Haupthaars sind Ausdruck der Trauer.
Hiob war nun so gut wie nackt und erinnerte sich daran, woher er gekommen war: aus dem Bauch seiner Mutter (Vers 21), mit anderen Worten: aus dem dunklen Schoß, und nackt wird er wieder dorthin, und zwar in den dunklen Schoß der Erde, zurückkehren. »Nichts haben wir in die Welt hineingebracht, daher ist es offenkundig, dass wir auch nichts hinausbringen können« (1. Tim. 6:7).
Und dann verherrlichte Hiob Jewe mit den lichtvollen Worten: »Jewe gab und Jewe nahm, der Name Jewes sei gesegnet!« Hiob pries damit die Allmacht Gottes! Und er pries den, der all das Unglück über ihn gebracht hatte (Kap. 42:11). Der Lobpreis eines Gedemütigten ist besonders köstlich für Gott.
Drangsale und Leiden konnten manche Gläubige zum Abfall bringen (heute ist dies nicht möglich, da wir mit heiligem Geist versiegelt sind; Eph. 1:13), Hiob aber sündigte nicht. Er schrieb Jewe nichts Ungereimtes zu und hatte keine abfälligen Gedanken gegen Ihn. Auch im tiefsten Unglück können die Gläubigen Gott treu bleiben.
Mögen wir nicht meinen, dass ein Gläubiger dies alleine, aus sich heraus könne! Erstens sind die Heiligen niemals allein, und zweitens: Gott kräftigt sie! Des Weiteren: »Gott ist getreu, der euch nicht über das hinaus anfechten lassen wird, wozu ihr befähigt seid, sondern zusammen mit der Anfechtung wird Er auch den Ausgang schaffen, sodass ihr sie überstehen könnt« (1. Kor. 10:13). Im Übrigen handelt Gott an uns stets mit der Absicht, unseren Glauben zu weiterem Wachstum anzuregen. Völlig ahnungslos ist der Satan ein Werkzeug Gottes dafür.
Sicherlich hatte Hiob auch erkannt, dass alles, was er gerade noch besaß, Jewes Eigentum war, denn Ihm ist die gesamte Erde und alles, was auf ihr ist (2. Mose 19:5; Ps. 24:1). Und Jewe verfährt mit seinem Eigentum, wie Er will (Mat. 10:29). Auch Hiobs Kinder waren Gottes Eigentum, wie in Psalm 127:3 zu lesen: »Siehe, Söhne sind ein Losteil Jewes« (siehe auch 1. Mose 33:5).
Kapitel 2
Das zweite Gespräch Jewes mit Satan
1Und es geschah eines Tages, da kamen die Söhne Elohims, sich gegenüber Jewe aufzustellen, und auch der Satan kam inmitten von ihnen, sich gegenüber Jewe aufzustellen.
2Und Jewe sprach zu dem Satan: Woher kommst du? Und der Satan antwortete Jewe und sprach: Vom Durchstreifen der Erde und vom Wandeln auf ihr.
3Und Jewe sprach zu dem Satan: Wandtest du dein Herz Meinem Diener Hiob zu? Denn keiner wie er ist auf der Erde, ein Mann, vollendet und gerade, Elohim fürchtend und sich vom Böen abkehrend, und noch bewahrt er seine Makellosigkeit. Du aber verleitetest Mich gegen ihn, ihn unbegründet zu verschlingen.
4Und der Satan antwortete Jewe und sprach: Haut zugunsten von Haut, und alles, was dem Mann zu eigen ist, gibt er zugunsten seiner Seele hin.
5Unwidersprochen ist's: Strecke doch Deine Hand aus und berühre sein Gebein und sein Fleisch, ob er Dir nicht in Dein Angesicht (ab)segnet (sich lossagt).
6Da sprach Jewe zu dem Satan: Siehe: er ist in deiner Hand, jedoch hüte (bewahre) seine Seele.
...
Bei einer weiteren Zusammenkunft vor dem Thron Jewes lenkte Er die Aufmerksamkeit des Satans wieder auf Hiob und betonte, dass dieser nach wie vor makellos sei (Vers 3). Dabei rügt Jewe den Satan, dass er Ihn unbegründet gegen Hiob verleitet habe; dies insofern, als der Satan provozierend gesagt hatte »Ist's etwa umsonst, dass Hiob Elohim fürchtet?« (Kap. 1:9). Das gesamte Geschehen entsprach aber sehr wohl der Absicht Jewes.
Der Satan gab nicht auf (Vers 4) und antwortete: »Haut zugunsten von Haut.« Dies will sagen: Wenn es um die eigene Haut geht, dann gibt ein Mann alles zugunsten seiner Haut hin, zugunsten seiner Seele, zugunsten der Erhaltung seines Lebens. Im Tode ist keine Seele mehr (Pred. 9:5, 6, 10; Ps. 6:6; 115:17).
Und dann bat der Satan darum, dass Jewe doch seine Hand gegen Gebein und Fleisch Hiobs ausstrecke; dann werde er sich ganz gewiss von Jewe lossagen (Vers 5). Auch hier ist erkennbar, dass Jewe der Herr und Gebieter und Vollmachtgeber ist, der den Satan gebraucht, wie Er will. Jewe ist der Allmächtige und der Handelnde, der Satan ist Sein Werkzeug.
Jewe erteilte dem Satan die Vollmacht, Hiobs Gesundheit zu zerstören, und legte wieder eine Begrenzung fest, dass der Satan nämlich Hiobs Seele – sie ist das Bewusstsein und steht mithin für das Leben – nicht antasten dürfe (Vers 6).
Erneut übergab Jewe Hiob dem Satan! Selbst wenn wir darüber erschrecken sollen, so haben wir gleichwohl im Glauben dieses Vertrauen zu unserem herrlichen und treuen Gott und Vater: Was Er tut, ist wohlgetan! Übrigens übergab auch der Apostel Paulus welche dem Satan, und zwar den Hurer in Korinth zum Ruin des Fleisches, damit er am Tage des Herrn Jesus gerettet werde (1. Kor. 5:5), und den Hymenäus und den Alexander, damit sie erzogen würden, nicht zu lästern (1. Tim. 1:20). In beiden Fällen wird uns der Zweck genannt. Bei Gott hat alles Sinn und Zweck und Ziel!
Hiob bewährt sich gegenüber seiner Frau
7Und der Satan ging hinaus, weg vom Angesicht Jewes, und schlug Hiob mit bösem Geschwür von der Sohle seines Fußes bis zu seinem Scheitel.
8Und er nahm sich eine Tonscherbe, um sich mit ihr zu schaben, und er saß inmitten von Asche.
9Da sprach seine Frau zu ihm: Du bewahrst ja noch deine Makellosigkeit; segne doch Elohim (ab) (sage dich los) und stirb!
10Er aber sprach zu ihr: Wie eine der Verruchten redet, so redest du! Auch (dies) noch: Das Gute nehmen wir von Elohim entgegen, aber das Böse nehmen wir nicht entgegen. – In all diesem verfehlte Hiob nicht mit seinen Lippen.
...
Hiobs Geschwüre (Vers 7; Kap. 7:5), verbunden mit Veränderungen der Gesichtshaut (Kap. 2:12), Abmagerung (Kap. 19:20; 33:21), schwarzrot werdender Haut (Kap. 30:30), waren sehr schmerzhaft und nervenzerreibend.
In der Asche zu sitzen, war ein Zeichen der Trauer.
Man könnte meinen, dass es für Hiob nicht mehr schlimmer kommen konnte (Vers 9). Doch er bekam einen weiteren, und zwar ganz durchtriebenen Schlag: Was dem Satan nicht erlaubt war, nämlich Hiob zu töten, genau dies riet ihm seine Frau: Sage Elohim ab und gib dich auf, gib dich in dein Sterben und deinen Tod dahin! Hinterlistiger hätte Satan nicht vorgehen könne, hatte er doch Hiobs Kinder umgebracht, aber nicht seine Frau, obwohl er die Vollmacht dazu erhalten hatte (Kap. 1:12). Er hatte sich Hiobs Frau für diesen neuerlichen Angriff aufgespart. Die geliebte Ehefrau und Gehilfin wurde Hiob zur Versuchung! Später äußert er: »Mein Geist ist meiner Frau fremd« (Kap. 19:17).
Hiobs Antwort (Vers 10) ist ein kostbares Wort, eine goldene Grundwahrheit: Wenn wir das Gute von Elohim entgegennehmen, nehmen wir auch das Böse von Ihm entgegen! Der Wille Elohims geschehe! Hiob nahm seine Situation aus Gottes Hand. So verherrlichte er Jewe mehr als je zuvor. Alles ist aus Gott (Röm. 11:36).
Mithin sündigte Hiob bei all seinen Schmerzen und dem versuchten Todesstoß seiner Frau nicht. Er ist ein Lobpreis Gottes in Person!
Was Jewe spricht, das geschieht; und nichts geschieht, ohne dass Er es gebot (Klgl. 3:37; Ps. 33:9; Spr. 16:9; 19:21). Viele Jahre später bringt Asaph zum Ausdruck, dass, selbst wenn ihm Leib und Seele verderben, Elohim sein Gut und sein Teil bleibt (Ps. 73:26).
Hiobs Freunde kamen
11Und die drei Gefährten (Freunde) Hiobs hörten von all diesem Bösen, das auf ihn gekommen war; und sie kamen, jedermann von seinem Ort: Eliphas, der Temaniter, und Bildad, der Schuchiter, und Zophar, der Naamatiter. Und sie verabredeten sich miteinander zu kommen, ja zu ihm zu wandern und ihn zu trösten.
12Und sie erhoben ihre Augen von fernher und erkannten ihn nicht mehr. Da erhoben sie ihre Stimme und weinten, und sie zerlappten ein jeder seinen Mantel und streuten Staub auf ihre Häupter gen die Himmel.
13Und sie saßen zusammen mit ihm sieben Tage und sieben Nächte auf der Erde. Und keiner redete ein Wort mit ihm, denn sie sahen, dass der Schmerz überaus groß war.
...
Eliphas, »Mein El ist gleißend«, der Temaniter, ein Sohn Esaus (geb. 1805 v. Chr.; 1. Mose 36:10), Bildad, »Freund Bels« (des Verwirrers oder: des Zweizüngigen), der Schuchiter, ein Enkel Abrahams (1965 - 1790 v. Chr.) und Keturas, ein Sohn Schuachs (1. Mose 25:2), und Zophar, »Vogelartiger«, der Naamatiter, diese drei angesehenen und weisen Männer kamen, um Hiob zu trösten. Sei hielten auch jetzt in seiner Schmach zu Hiob und erwiesen sich damit als wirklich gute Freunde.
Diese drei kamen zwar nicht auf Geheiß Satans, doch auch deren Reden und Vorwürfe gegen Hiob sind ihm durchaus recht, um den Leidgeprüften noch mehr zu plagen (Kap. 13:4; 16:2).
Die Leiden Hiobs verschlossen ihnen den Mund. Wer sollte da angemessene Worte finden? Sieben Tage und sieben Nächte lang – sieben ist die Zahl der Vollendung – saßen sie in schweigendem Mitleiden bei ihm auf dem Erdboden. Dies zeigt, wie sehr sie mit Hiob verbunden waren. Auch uns ist geboten: »Freuet euch mit den Freudevollen, schluchzet mit den Schluchzenden« (Röm. 12:15). Vielleicht orientierten sie und Hiob sich an der sieben Tage währenden Totenklage (1. Mose 50:10). Im Übrigen gaben sie dem damaligen Brauch entsprechend Hiob die Ehre, als der Leidtragende zuerst das Wort zu ergreifen.
Was wird Hiob sagen?
Hiobs Klage und Eliphas' erste Rede
(Hiob 3 - 5)
Kapitel 3
Hiob verflucht den Tag seiner Geburt
1Danach öffnete Hiob seinen Mund und verfluchte seinen Tag (den Tag seiner Geburt).
2Und Hiob antwortete und sprach:
3Es verliere sich der Tag, an dem ich geboren wurde, und die Nacht, die sprach: Schwanger wurde (sie) mit einem Mächtigen (Mann).
4Jener Tag werde Finsternis (unausmachbar), nicht forsche Eloah oben ihm nach, und nicht erstrahle Strömendes (ein Lichtstrom) über ihm.
5Finsternis und Todesschatten mögen ihn auslösen (und ihn sich aneignen), es wohne Gewölk über ihm, erschrecken mögen ihn Verdüsterungen am Tage.
6Jene Nacht – die Dunkelheit ergreife sie! Abgesondert sei sie von den Tagen des Jahres, innerhalb der Zahl der Monate komme sie nicht vor.
7Siehe, jene Nacht sei zerkrümmt (und damit unfruchtbar), kein Jubel komme ihn ihr an.
8Die den Tag verdammen, mögen sie verunglimpfen, die da bereitstehen, den Leviaten zu wecken.
9Mögen die Sterne ihrer (Morgen-)Dämmerung finster werden, sie (die Nacht) harre auf Licht, aber da sei keines, und nicht sehe sie die Wimpern (die ersten Strahlen) der schwarzen (frühen) Morgenröte.
10Denn sie (die Nacht) verschloss nicht die Türen des mich (tragenden) Bauches, sodass sie das Mühen (das Elend) verborgen hätte, weg von meinen Augen.
...
Da brach es aus Hiob heraus: Er verfluchte den Tag seiner Geburt und die Nacht, in der er von seiner Mutter empfangen wurde. Nie hätte dieser Tag existieren sollen, er sollte aus dem Kalender gestrichen werden (Vers 6). Und nicht einmal Eloah, der Sohn Gottes, sollte droben an diesen Tag denken (Vers 4).
Mögen diejenigen, die einen Tag verdammen zu können glauben und sogar den Leviatan wecken können, was man damals den Zauberern unterstellte, jene Nacht verunglimpfen. Der Leviatan ist ein Tier, sicherlich das damals noch weit verbreitete sechs Meter lange Nilkrokodil (Kap. 40:25 - 41 - 26), das ebenso wie die Schlange eine Darstellung des Satans ist.
Was auch immer Hiob sich in seinen Schmerzen wünschte – er musste gezeugt und empfangen und geboren werden, damit er selbst zur vollen Gotteserkenntnis komme und damit er mit seiner Lebensgeschichte vielen leidragenden Menschen ein Zuspruch werde!
Hiob verfluchte nicht seinen Elohim, er hatte Ihn aber hart kritisiert, weil Er seine Empfängnis bewirkt hatte. Diese Kritik verschlägt uns den Atem, zumal der Prophet Jesaja rund tausend Jahre später schrieb: »Wehe dem, der zu seinem Vater spricht: Was zeugst du?, und zur Frau: Was gebierst du?« (Jes. 45:10).
Gern wäre er bei der Geburt gestorben
11Warum starb ich nicht vom Mutterschoß weg, ging heraus aus dem Mutterbauch und hauchte dann aus?
12Weshalb kamen mir Knie entgegen und zu was Brüste, dass ich sog?
13Denn nun würde ich daliegen und hätte Muße, ich schliefe, dann würde ich ruhen
14mit Regenten und Ratgebern der Erde, die sich (inzwischen) verwüstete (Stätten oder Grabmäler) erbauten,
15oder mit Fürsten, die Gold hatten, die ihre Häuser mit Silber füllten.
16Oder ich wäre, wie eine vergrabene Fehlgeburt, nicht geworden, wie Kinder, die das Licht nicht gesehen haben.
17Dort lassen die Frevler vom Beben (Zornausbruch) ab, und dort ruhen die, deren Kraft erschöpft ist.
18Die Gebundenen (Gefangenen) sind dort sorglos vereint, nicht mehr hören sie die Stimme des Treibers.
19Ob es ein Kleiner oder ein Großer war – dort ist er, und ein Diener ist seines Herrn ledig.
...
Da Hiob ja nun doch gezeugt und empfangen wurde, wäre bei seiner Geburt die Gelegenheit zum Sterben gewesen. Das wäre viel besser, als diese Schmerzen zu erleiden. Auch König Salomo pries die Toten und die, die die bösen Werke unter der Sonne nicht gesehen haben, mehr als die Lebenden (Pred. 4:3).
Die Toten haben ihre Ruhe; sie wissen nichts, sie haben kein Bewusstsein; es gibt kein Tun und kein Planen, keine Erkenntnis und keine Weisheit im Tode (Pred. 9:5, 6, 10). Die Toten existieren nicht.
Würde ich doch jetzt sterben!
20Warum gibt Er den Mühseligen Licht und die Lebenden der Bitternis der Seele hin? –
21Sie sind die sich zum Tode Hinschleppenden, und er ist nicht da, und sie graben nach ihm mehr als nach Vergrabenen (Schätzen),
22sie freuen sich bis zum Frohlocken hin, sie sind voll Wonne, so sie denn ein Grab finden. –
23(Warum gibt Er es) (Vers 20) dem Mächtigen (Mann), dessen Weg verborgen ist, so doch Eloah ihn (wie eine Hütte) umgibt?
24Denn angesichts meines Brotes kommt mein Seufzen (hoch) und mein Gebrüll bricht hervor wie Wasser.
25Denn mit einer Angst ängstigte ich mich – und es traf bei mir ein; und das, was mich entmutigt (oder: was ich befürchtete), kommt (nun über) mich.
26Nicht war ich unbekümmert, und nicht hatte ich Muße, und nicht hatte ich Ruhe – und das Beben (das Ungemach) kam.
...
Und jetzt fragte Hiob nach dem Warum. Warum erblicken die Menschen das Licht der Welt, die doch allesamt ihre Last zu tragen haben und Bitteres erleben (Vers 20), die allesamt »zum Sterben hin sterbend « sind, wie Adam es wurde (1. Mose 3 2:17) und es alle von ihm geerbt haben, die sich zum Tode hinschleppen, den Tod suchen und ihn nicht finden (Vers 21)? Sie würden jubeln, wenn sie endlich im Grab ihre Ruhe fänden (Vers 22).
Warum gibt Eloah den Menschen Mühsal und Plage (Vers 20), deren Lebensweg ihnen verborgen ist (Vers 23)? Warum gibt Eloah ihnen bittere Schmerzen, so Er sie doch »überhüttet«, also von allen Seiten umgibt?
Seufzend aß Hiob sein Brot, und immer wieder schrie er auf (Vers 24).
Und dann bekannte Hiob, dass er, als er ihm gut erging, Ängste und Befürchtungen hatte und keine Ruhe fand (Verse 25 + 26), dass ihm nämlich sein Wohlergehen und sein Reichtum genommen werden könnten. Und genau so war es gekommen. Dem Hiob war bange gewesen vor einer ungewissen Zukunft; dies zeigt, dass er noch nicht völlig in Eloah verankert war; er vertraute Gott noch nicht ganz und gar. Er wollte selbst etwas zur Sicherung seines Lebens in der Hand behalten, sein Leben selbst steuern. Da musste er natürlich Angst haben, weil er wie jeder Mensch um die Wechselfälle des Lebens wie auch um seine Schwachheit und Vergänglichkeit wusste. Im Übrigen wusste er, dass seinem Urvater Adam einst im Paradies ein Feind auflauerte.
Kapitel 4
Eliphas' Rede
1Und Eliphas, der Temaniter, antwortete und sprach:
2(Ist's, dass ein) Wort an dich (dich, deine Belastbarkeit) erprobt, ja dass du erschöpft wirst? Aber sich erfüllende (Worte) zurückhalten – wer kann es?
3Siehe, du erzogest (und ermahntest) viele, und erschlafften Händen gabst du Halt.
4Den Strauchelnden bewegten deine sich erfüllenden (Worte) aufzustehen, und du festigtest sich beugende (kraftlose) Knie.
5So es denn nun über dich kommt, so bist du erschöpft (verzagt); so es dich erfasst, so bis du rastlos (ruhelos, bestürzt).
6Ist nicht deine (Gottes-)Furcht deine Narrheit (Versessenheit, Hauptsache), das von dir Erharrte und die Vollendung deiner Wege?
7Gedenke doch, wer war es je, der schuldlos zugrunde ging, und wo denn waren die Geraden (Aufrichtigen) verhehlt worden?
8So wie ich's gesehen habe: Die Ichhaftes pflügen und Mühsal säen, die ernten es.
9Durch den Hauch Eloahs kommen sie um, und durch den Geist Seines Zornes sind sie alldahin,
10ebenso das Gebrüll des Löwen und die Stimme des Treiblöwen, und die Zähne der Junglöwen sind ausgebrochen.
11Ein Leitlöwe ist verloren, weil kein Zerreißbares (Fleisch, Tier) da ist, und die Söhne des Altlöwen zerstreuen sich.
...
Es war an der Zeit zu reden. Eliphas ergriff das Wort, sicherlich weil er der älteste der drei Freunde war (Vers 1).
Einfühlsam fragte er Hiob, ob eine Rede ihn nicht allzu sehr belasten würde (Vers 2). Andererseits – wer könnte länger schweigen? Man müsse zur Sache kommen, die Wahrheit müsse gesagt werden.
Eingangs seiner Rede stellte Eliphas dem Hiob ein schönes Zeugnis aus (Verse 3 + 4). Erschlaffte Hände und gelähmte Knie wieder aufzurichten, ist Gott wohlgefällig (Jes. 35:3; Heb. 12:12). Hiob erfuhr einen wohltuenden Zuspruch. Eliphas dürfte wahrhaftig ein guter Freund sein.
Doch die Rede des Eliphas bekam eine andere Wendung. Er machte Hiob Vorwürfe: So es dich nun getroffen hat, bist du verzweifelt (Vers 5). Du müsstest dich selbst trösten können, ebenso wie du andere getröstet hast. Außerdem: Wer in Jewe geborgen ist, der ist nicht rastlos (Ps. 30:8).
Uns heute sagt unser Herr Jesus: »Euer Herz sei nicht beunruhigt! Glaubt an Gott!« (Joh. 14:1).
Dann stellte Eliphas fest: Deine Gottesfurcht ist doch dein Lebensinhalt (Vers 6); wenn dem wirklich so ist, wie kann es dann sein, dass es dir schlecht ergeht? Es könne doch nicht sein und sei auch noch nie geschehen, dass Schuldlose umgekommen seien (Vers 7). Die Aufrichtigen seien immer von Elohim beschützt worden. Damit presste Eliphas Gott in ein eindimensionales Schema. Er hatte in diesem Moment ganz vergessen, dass der gerechte Abel erschlagen wurde (1. Mose 4:8). Und wir wissen, dass unser Herr Jesus als unschuldig befunden (Joh. 18:38) und dennoch getötet wurde. Eliphas ahnte nicht, dass Gott in völliger Freiheit und Souveränität in unübertrefflicher Weisheit zum Heil und Wohl der Menschen handelt.
Anschließend führte Eliphas seine Beobachtung an: Was man sät, das wird man ernten (Vers 8). Das ist durchaus richtig (Spr. 22:8). Das heißt aber nicht, dass die Ernte jetzt schon zutage treten müsse. Im Alltag sieht es meistens anders aus. In der Zukunft aber wird sich zeigen, was der Apostel Paulus schreibt: »Irret euch nicht: Gott lässt Sich nicht spotten; denn was auch ein Mensch sät, das wird er auch ernten; denn wer in sein Fleisch sät, wird aus dem Fleisch Verderben ernten; wer aber in den Geist sät, wird aus dem Geist äonisches Leben ernten« (Gal. 6:7, 8).
Eliphas begründete seine Worte mit dem, was er gesehen habe, nicht mit einem Gotteswort. Dies öffnete dem Satan Tür und Tor, Hiob mit Verdächtigungen zu beschweren.
So konnte Eliphas über das bisher Gesagte hinaus zum Ausdruck bringen, dass die Frevler von Eloah vertilgt würden (Vers 9), ebenso wie die Löwen sterben, die keine Beute finden (Verse 10 + 11). Der Tod sei nicht für Gottesfürchtige, sondern für die Gottlosen. Über Schuldlose würden keinesfalls solche Leiden, wie Hiob sie ertragen muss, kommen; folglich müsse Hiob in irgendeiner Weise schuldig geworden sein.
Eliphas dämonische Vision
Nun sollte offenbar werden, dass Eliphas seine Weisheit von bösen Geistern bezog; er erzählte nämlich:
12Und zu mir stahl sich ein Wort, und mein Ohr vernahm ein Wispern davon.
13Beim Grübeln über Gesichte der Nacht, wenn Betäubung auf die Mannen fällt,
14begegnete mir Ängstigendes und Erzitterung, und deren Menge ängstigte meine Gebeine.
15Und ein Wind (ein von einem Geist ausgelöster Luftzug) (oder: ein Geist) zog über mein Angesicht, und das Haar meines Fleisches grieselte (sträubte sich, erschauerte).
16Da steht – ich kenne sein Aussehen nicht – eine Gestalt gleicher Art vor meinen Augen. Es ist still, und ich höre eine Stimme:
17Ist's etwa, dass der Mann gerechter als Eloah ist, ob der Mächtige (Mann) reiner ist als sein Schöpfer?
18Siehe, Seinen Dienern traut Er nicht, und gegenüber Seinen Beauftragten (Boten, Engeln) rühmt Er Sich (hoch überlegen),
19erst recht gegenüber Bewohnern der Häuser aus porigem Lehm, deren Grund im Staub ist; man zermalmt sie angesichts einer Motte (schneller als eine Motte).
20Vom Morgen bis zum Abend werden sie zerschlagen; ohne dass es jemand beachtet, kommen sie auf Dauer um.
21Ist's nicht so, dass ihr Zeltstrick herausgerissen wird; sie sterben, und nicht in Weisheit (und wissen nicht wie).
...
Eliphas berichtete von einer dämonischen Vision.
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass viele Menschen, die Gott auserwählte (Eph. 1:4) und die Er gerade beruft (Röm. 8:30; 1. Kor. 1:9), ihnen den Glauben in Gnaden gewährend (Eph. 2:8; Phil. 1:29), solche okkulten Erscheinungen haben. Wenn der Satan schon nicht verhindern kann, dass jemand aus seinem Machtbereich der Finsternis geborgen wird (Kol. 1:13), so will er doch von Anfang an Zeichen und Wunder hineinmischen, damit der Glaube jenes Menschen weniger auf dem Wort Gottes, sondern mehr auf Sichtbarem beruht (Kol. 2:18), und die Gläubigen, wenn dann keine Erscheinung mehr folgt und keine Krankenheilung mehr geschieht, in Zweifel geraten.
Heute wandeln wir hier durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung (2. Kor. 5:10). Wir haben das durch Paulus vervollständigte apostolische und prophetische Wort (Kol. 1:25), sodass es nichts Weiteres mehr zu offenbaren gibt. Und unseren Herrn Jesus kann man jetzt nicht sehen: Er wohnt in einem unzugänglichen Licht, wo Ihn keiner der Menschen gewahrte noch gewahren kann
(1. Tim. 6:16).
Eliphas hatte nicht geprüft, ob die Erscheinung von Gott gewesen war. Da er meinte, dass dem so war, sah er sich gegenüber Hiob als bevorzugt an und mithin berechtigt, Hiob von seiner Schuld zu überführen.
Er stellte Hiob als einen hin, der gerechter als Eloah sein wolle und reiner als sein Schöpfer (Vers 17). Dem Hiob lag dies völlig fern. Es war eine gemeine und verletzende Unterstellung.
Es folgt eine infame Lüge, dass Eloah nämlich selbst Seinen Dienern nicht traue (Vers 18), das heißt: wie viel weniger könne man Hiob trauen.
Wohl ist Eloah hocherhaben über alles (Eph. 1:21), dass Er Sich aber Seiner Überlegenheit rühme (wörtlich: prahle), sie also rücksichtslos ausspiele, ist eine listige Verunglimpfung Eloahs, der dementsprechend auch den Hiob, dessen Haus (und dessen Körper) nur aus Lehm besteht, bedenkenlos wie eine Motte zwischen den Fingern zerreiben werde (Vers 19).
Kapitel 5
Eliphas bezichtigt Hiob der Torheit
1Rufe doch – ist (einer da, der) dir antwortet? Und an wen von den Heiligen (Engeln) wendest du dich?
2Denn den Toren bringt der Gram um, und den Zugänglichen (Beeinflussbaren, Einfältigen) tötet das Eifern.
3Ich sah einen Toren, der Wurzeln (geschlagen hatte), und ich durchbohrte seine Heimstätte urplötzlich.
4Fern sind seine Söhne von der Errettung, und sie werden im Tor zermalmt, und keiner beschützt sie.
5Seine Ernte – der Hungrige isst sie, ja nimmt sie aus den Zacken (Haken und Spitzen der Jagdgeräte) an sich, und das Fangnetz schnappt ihre (der Söhne) Habe.
6Denn nicht geht das Ichhafte aus dem Staub hervor, und aus dem Erdboden sprosst nicht die Mühsal (das Elend),
7sondern der Mensch ist für die Mühsal (das sich Elenden) geboren, ebenso wie die Söhne der Flamme, die Funken, hochsteigen und entflattern.
...
Es ist nicht zu fassen! Eliphas nahm Hiob jede Hoffnung (Vers 1). Er möge rufen, aber Eloah werde ihm nicht antworten, auch die Engel würden ihm nicht helfen, an wen von ihnen er sich auch wenden möge. Sünder erhalten keine Antwort und keine Hilfe. – Eliphas kannte Gott nicht.
Zudem sah er Hiobs Klage als Torheit an; sein Gram werde ihn umbringen (Vers 2). Der selbstsichere, stolze Eliphas war davon überzeugt, dass Hiob eine Sünde begangen haben müsse. Deshalb würden die Drangsale und die Verzweiflung dem Hiob zu Recht gebühren.
Mit dem Toren (Vers 3) meint Eliphas den Hiob, der einst Wurzeln geschlagen hatte und üppig gewachsen und groß geworden war, dem nun aber alles zerstört wurde, worin er sich heimisch gefühlt hatte. Hartherziger geht es nicht mehr!
Dann reißt Eliphas die Wunde im Herzen Hiobs, die der Tod seiner Kinder geschlagen hatte, wieder auf (Verse 4 + 5). Sie mussten seiner Meinung nach wegen der Torheit, sprich: der Sünde Hiobs – sündigen ist Torheit – sterben.
Das Tor (Vers 4) in der Stadtmauer war der Ort, wo die Angesehenen und Oberen saßen, ihre Vereinbarungen trafen und Rechtssachen verhandelten.
Schließlich betonte Eliphas, dass Übles nicht einfach aus dem Erdboden sprieße wie eine Pflanze (Verse 6 + 7), sondern nur aus einem Fehlverhalten Hiobs erwachsen sein könne. Ebenso wie ein Funke aus einer Flamme sprühe, sie dies ein ehernes Gesetz.
Von Zuspruch keine Spur; im Gegenteil: Vorwurf auf Vorwurf prasselt auf Hiob nieder.
Gib Elohim die Ehre!
8Unwidersprochen ist's: Ich, ich forsche nach dem El, und dem Elohim lege ich meine Sache (mein Anliegen) vor,
9der der Täter von Großem ist, und man kann es nicht (völlig) erforschen, der Wunder tut bis zur Unzahl,
10der den Regen auf das Angesicht des Landes gibt und der die Wasser entsendet auf das Angesicht der Fluren,
11der Niedrige erhöht, und Trauernde werden überragend, wenn sie errettet wurden.
12Der die Berechnungen (Pläne) der Listigen zerbröckelt, sodass ihre Hände nichts Umsichtiges tun.
13Der die Weisen in ihrer List verfängt, damit der Ratschluss der Verschlagenen ein überstürzter wird.
14Bei Tage treffen sei auf Finsternis, und wie des Nachts tasten sie sich am Mittag durch.
15Und Er rettet vom Schwert (tötenden Worten) aus ihrem Mund und den Schwachen aus der Hand des Mächtigen,
16und dem Armen wird das Erharrte zuteil. Und schnell schließt Argheit ihren (der Frevler) Mund.
...
Indem Eliphas mitteilt, dass er nach El forschte und seine Anliegen Ihm vorlege (Vers 8), empfiehlt er dies dem Hiob, der es in seinem Fall eben noch nicht getan habe.
Alsdann preist Eliphas Elohim als groß und herrlich (Verse 9 - 17). Ja, groß ist Jewe und überaus zu loben, und Seine Größe können wir kaum erforschen (Ps. 145:3). »Wie unausforschlich sind Seine Urteile und wie unausspürbar Seine Wege!« (Röm. 11:33).
Sieht Eliphas den Hiob als einen Listigen an (Vers 12), dessen Pläne Elohim zerbröckelt hat?
Was er dann in Vers 13 sagt, ist zwar wahr, muss er es aber dem Hiob unter die Nase reiben? Der Apostel Paulus zitiert diesen Vers: »Die Weisheit dieser Welt ist bei Gott Torheit. Denn es steht geschrieben: Er erhascht die Weisen in ihrer List. Und wiederum: Der Herr kennt die Schlussfolgerungen der Weisen, dass sie nichtig sind« (1. Kor. 3:19, 20). In Psalm 94:11 heißt es statt »nichtig« »Dunst«.
Elohim rettet sehr wohl und gibt dem Armen das Erharrte (Verse 15 + 16); wenn dies bei Hiob noch nicht der Fall ist, hat er – so mag Eliphas denken – noch etwas zu bereinigen.
Eliphas gibt Hiob einen Rat
17Siehe, glückselig der Mann, dem Elohim Recht erweist! So verwirf nicht die Züchtigung des Schadaj (des Allgenugsamen).
18Denn Er, Er fügt Schmerzen zu und verbindet, Er zersplittert, und Seine Hände heilen.
19In sechs Bedrängnissen beschützt Er dich, und in sieben berührt dich Böses nicht.
20Im Hunger kauft Er dich vom Tode los und im Kampf aus den Händen des Schwerts.
21Versteckt (geborgen) bist du vor der Peitsche der Zunge, und nicht fürchtest du dich vor dem Dahinraffen (Rauben, Verwüsten), so es denn kommt.
22Gegenüber dem Dahinraffen und dem Betteln lachst du, und vor dem Wildgetier des Landes musst du dich nicht fürchten,
23denn (sogar) mit den Steinen des Gefilds ist dein Bund, und das Wildgetier des Gefilds hält Frieden mit dir.
24Und du erkennst, dass dein Zelt im Frieden (ruht), und du bestimmst über deine Heimstätte, ohne dass du verfehlst.
25Und du erkennst, dass dein Same viel ist und deine Sprösslinge wie das Gekräut des Landes.
26Du kommst in Rüstigkeit zum Grab, wie der Gartenhaufen zu seiner Zeit (zur Scheuer) hinaufkommt.
27Siehe! Dies – wir untersuchten es – so ist es. Höre es, und du, erkenne es für dich.
...
Eliphas gibt Hiob den Rat, die Züchtigung Schadajs nicht zu verwerfen, sondern als Rechterweis anzusehen (Vers 17), ist es doch so, dass Gott gerecht handelt und Seine Gerichte zurecht bringen. Eliphas übersieht allerdings, dass in Hiob gar kein Grund für eine Züchtigung oder Erziehungsmaßnahme vorliegt.
»Schadaj« kommt meistens in der Verbindung »El Schadaj« vor. Der Name bedeutet »Der Allgenugsame« und leitet sich von »Brust« ab, an der ein Säugling die volle Genüge hat und jeder Bedarf gestillt wird.
Die Gotteserkenntnis des Eliphas in puncto Züchtigung ist völlig richtig, wie die Heilige Schrift mehrfach bestätigt: »Glückselig der Mann, den Du züchtigst, Je« (Ps. 94:12). »Jewes Züchtigungen, mein Sohn, verwirf nicht, und sperre dich nicht gegen Seinen Rechterweis« (Spr. 3:11). So ist auch in Hebräer 12:5, 6 zu lesen: »Mein Sohn, achte die Zucht des Herrn nicht gering, und ermatte nicht, wenn du von Ihm überführt wirst. Denn wen der Herr liebt, den züchtigt Er und geißelt jeden Sohn, den Er als den Seinen annimmt.«
Ebenso richtig und wahr ist die Erkenntnis des Eliphas, dass Gott zerschlägt und wieder heilt (Vers 18). Die Heilung wird sich für Hiob übrigens erfüllen. Gott allein ist weise; Er weiß, was sein muss, und Er, der Allesbewirkende, bringt alle zum Ziel.
Für Eliphas steht fest, dass Hiob gesündigt hat. Sollte er seine Sünde bereinigen, dann werde er mannigfachen Segen empfangen, er werde vor Bedrängnissen und allem Bösen und Üblen bewahrt werden (Verse 19 - 26). Selbst vor wilden Tieren müsse er dann keine Angst mehr haben.
Die Redewendung »In sechs (Fällen) und in sieben« (Vers 19) besagt, dass es alle Male geschehen wird, und ist eine Bekräftigung dieser Wahrheit.
Die von Eliphas genannten herrlichen Verhältnisse (Verse 19 - 25) werden den Gerechten tatsächlich zuteilwerden, und zwar im tausendjährigen Königreich Israels. Im Moment aber hat Gott anderes mit Hiob vor, Seine Gedanken sind höher als unsere (Jes. 55:9): Hiob soll durch die Erniedrigung geistlich wachsen.
Sogar die Steine (Vers 23) werden den Treuen unter der Herrschaft des Königs Jesus verbündet sein, insofern sie den Ackerbau nicht mehr behindern werden.
Im Friedensreich wird jeder in Frieden in seiner Heimstätte wohnen und nicht mehr sündigen, was den Frieden ja stören würde (Vers 24). Israel wird das Gesetz des Mose und alle Rechtssatzungen halten und den Namen Jewes nie mehr entheiligen (Hes. 11:20; 20:39; 36:27).
Es ist wahrlich eine gute Gabe Elohims, die Eliphas in Vers 26 anspricht, wenn nämlich ein Mensch in Rüstigkeit alt wird und nicht nach langem Siechtum stirbt.
Zum Schluss (Vers 27) betont Eliphas, dass er alles geprüft habe und seine Feststellungen unumstößlich seien. Und Hiob wird von seinem sich hoch erhaben dünkenden Freund wie ein Schuljunge ermahnt, nun zu gehorchen und zur rechten Erkenntnis zu kommen, um daraufhin die notwendigen Schritte zu tun.
Eliphas hat zwar vieles untersucht, aber die unausforschlichen Wege Gottes längst nicht ergründet. Menschliche Erkenntnis ist immer unzureichend; ohne das Offenbarungswort Gottes kommt man nicht zur vollen Erkenntnis.
Wohl ist es gerecht von Gott, den Guten zu belohnen und den Frevler zu bestrafen. Nun aber auch alles nach diesem Vergeltungsschema beurteilen zu wöllen und sogar auf Hiob anzuwenden, war ein gewaltiger Missgriff des Eliphas. Und von Mitleid mit seinem leidenden Freund keine Spur.
Dem Hiob, der ihm an Gotteserkenntnis weit überlegen war, erteilte Eliphas mit seiner Rede eine demütigende Lektion. Dies entsprach aber durchaus dem Willen Elohims, denn nur Demütige wissen Seine Gaben und Seinen Segen zu schätzen.
Eliphas hatte des Weiteren nicht erkannt, dass nicht der Verlust der Kinder, des Besitzes und der Gesundheit die eigentliche Not Hiobs war, sondern dass der bislang gütige Gott unverstehbar für ihn geworden war.
Hiobs erste Antwort und sein Gebet
(Hiob 6 - 8)
Kapitel 6
Hiob rechtfertigt seine Klage
1Und Hiob antwortete und sprach:
2Wenn doch mein Gram gewogen, ja gewogen würde und man das mir Gewordene ganz auf Waagschalen heben würde!
3Denn nun, schwerer als der Sand der Meere wird es (das Leid); darum (bleiben) meine Worte im Schlund stecken.
4Denn die Pfeile des Schadaj (stecken) in mir, mein Geist trinkt ihr fiebriges Gift, Schrecknisse Eloahs befallen mich.
5Schreit ein Wildesel über dem Gras, oder muht ein Stier über seinem Mengfutter?
6Wird Zerfallendes (Verderbendes) gegessen, weil kein Salz da ist? Oder ist Geschmacksbeurteilung im Geifer (Speichel) des Versalzten (dessen, der Versalzenes im Mund hat; Übers. unsicher)?
7Meine Seele weigert sich, sie (diese Dinge) anzurühren; sie sind wie die Fäulnis meines Brotes.
...
Hiob ist von seinem Freund Eliphas enttäuscht. Möge er doch einsehen, dass seine Klage aufgrund der Schwere seines Leidens berechtigt ist (Verse 2 - 4). Seine Drangsale gehen über alles hinaus, was man sich denken kann. Eliphas sollte dies erkennen, damit Mitleid in ihm aufkomme und er in rechter Weise zusprechen könne.
Es sind die Pfeile Schadajs, die in Hiob stecken und sein Fieber verursachen. Er weiß, dass alles, was ihm begegnet, von dem Allgenugsamen und Allgewaltigen kommt (Vers 4). Übrigens hatte auch David die Pfeile Jewes erfahren (Ps. 38:3).
Über dem Futtertrog schreien Tiere nicht (Vers 5). Hiob aber schreit aus dringendem Grund.
Den Hiob ekelt seine Speise, und es ekelt ihn sein Zustand (Verse 6 + 7). Ebenso weigert sich seine Seele, die Worte des Eliphas anzunehmen, die kein guter Zuspruch waren.
Hiob ist verzweifelt und will sterben
8Wer gibt es, dass mein Erfragtes (Gewünschtes) kommt und dass Eloah mein Harren erfüllt,
9sodass Eloah geneigt sei und mich zermalmt, Er Seine Hand entfessele und mir den Vorteil (gewährt zu sterben).
10Und es mag mir noch zum Trost sein – und will ich auch zurückschrecken vor der (Todes-)Wehe, so Er (mich) nicht
verschont –, dass ich die gesprochenen Worte des Heiligen nicht verhehlte (verbarg, verleugnete).
11Was ist meine Kraft (Hab ich denn noch Kraft), um zu warten, und was ist mein Ende (was bringt's), dass ich meine Seele (sehnsuchtsvoll) ausstrecke?
12Wenn die Kraft der Steine meine Kraft wäre, wenn mein Fleisch kupfern wäre,
13ob meine Hilfe (dann) nicht in mir (selbst läge) und Umsicht (Rücksichtnahme anderer) (dann nicht) von mir weg versprengt wäre?
...
Hiob will sterben, die Schmerzen sind nicht mehr zu ertragen (Verse 8 + 9). Eloah wird ihm diese Bitte aber nicht erfüllen, weil Er ihn zu weiterer Gotteserkenntnis führen will.
Des Geplagten einziger Trost im Hinblick darauf, dass er dereinst Rechenschaft zu erstatten hat, ist, dass er Eloah und dessen Worte niemals verhehlte (Vers 10). Eloah ist der Heilige, dessen gesprochenen Worte lebendig und wirksam sind (Heb. 4:12), ja der Selber das Wort des Lebens ist (1. Joh. 1:1).
Hiob hat keine Kraft mehr, um noch länger auf den Tod warten zu können (Vers 11). Wäre er kraftvoll, würde er sich selber selbst helfen und bedürfte der Rücksichtnahme anderer nicht (Vers 12 + 13).
Hiob ist von seinem Freund enttäuscht
14Dem Erprobten (Leidgeprüften) (gebührt) Huld von seinen Gefährten (Freunden), auch wenn er die Furcht Schadajs verlässt (Schadaj nicht mehr fürchtet).
15Meine Brüder verrieten (mich) wie ein Wasserbach (in der Trockenzeit), wie ein Uferdamm, über den Wasserbäche hinweggehen,
16die vom Eis verdunkelten, auf denen sich der Schnee verbirgt (auflöst).
17In der Zeit, in der sie verdunsten, sind sie (die Bäche) bezähmt; wenn es heiß wird, sind sie weggetrocknet von ihrem Ort.
1819Es schauten die Pfade (Wanderzüge) von Tema (Oase in Nordarabien) aus, die Karawanen von Scheba (Saba) harrten ihrer (der Bäche).
20Sie wurden beschämt, denn er (Teman) hatte vertraut; sie kamen bis dorthin und wurden entwürdigt (enttäuscht).
21Denn nun wurdet ihr, (meine Freunde,) ein Nichts (zu einem solchen Bach); ihr seht (meine) Bestürzung und fürchtet (euch).
22(Ist's etwa,) dass ich sprach: Gebt mir! Und bestecht (jemanden) zu meinen Gunsten aus eurem Reichtum,
23und lasst mich entkommen aus der Hand (meines) Bedrängers, und kauft mich los aus der Hand des Schreckeneinjagenden?
...
Hiob übt scharfe Kritik und weist seine Freunde zurecht. Ihm dem Geplagten, hätte Eliphas, dessen Rede die anderen beiden Freunde wohl zustimmten, Huld und Mitgefühl und Milde zufließen lassen sollen (Vers 14): Selbst wenn Hiob sich von Schadaj abgewandt haben sollte, hätte er ihren Beistand bitter nötig. Nur Feinde Jewes durfte man als seine eigenen Feinde ansehen (Ps. 139:21).
Hiob wirft seinen Freunden vor, dass sie ihn verrieten, treulos an ihm handelten, trügerisch wie ein versiegender Wildbach (Verse 15 - 20).
Er vergleicht seine Freunde mit einem ausgetrockneten Bach und nennt sie ein Nichts (Vers 21 a). Sie hatten ihm nichts gegeben, kein Mitleid, keinen Zuspruch.
Und nun fürchteten sie sich (Vers 21 b), und zwar vor Eloah, gegen den sie sich nicht stellen wollen, indem sie sich auf die Seite Hiobs stellen, der – wie sie meinten – sich von Eloah abgewandt haben muss.
Finanzielle Hilfe hatte Hiob nie verlangt (Verse 22 + 23), auch nicht, dass ihn jemand aus der Hand Eloahs loskaufe, sondern Verständnis für seine Klage und Mitleid wären ihm willkommen gewesen.
»Belehrt mich, und ich schweige!«
24Gebt mir Ziel (zielführende Belehrung), und ich, ich schweige, und macht mich verstehen, in was ich abgeirrt bin!
25Was beabsichtigen (Wie wirksam sind doch) die gesprochenen Worte der Geradheit, aber in was weisen eure Zurechtweisungen zurecht?
26(Ist's, dass) ihr, um zurechtzuweisen, Worte, die sich erfüllen sollen, berechnet und (meine) gesprochenen Worte der Hoffnungslosigkeit in den Wind (gehen)?
27Sogar gegen eine Waise lasst ihr (das Los) fallen und grabt (eine Grube) gegen euren Gefährten.
28Und nun, seid geneigt, wendet euch mir zu und seht, ob ich euch ins Angesicht lüge.
29Kehrt doch um, (damit) nichts Arges werde, ja kehrt um, noch (besteht) meine Gerechtigkeit gegen es (gegenüber dem Argen).
30Ist Arges auf meiner Zunge? Ob mein Gaumen Süchte (Verderbliches) (etwa) nicht unterscheidet?
...
»Belehrt mich, und ich schweige!« – das ist ein »geflügeltes Wort«, das jedem Menschen gut ansteht (Vers 24). Hiob ist also bereit, sich sagen zu lassen, worin er gefehlt oder sich geirrt hat.
Er hat aufrichtige Worte gesprochen (Vers 25), was aber sollen die Vorhaltungen der Freunde? Haben sie ihn und seine Klage gar nicht verstanden? Hat er nur in den Wind geredet (Vers 26)?
In ihrer vermeintlich vollkommen richtigen Gotteserkenntnis würden sie sogar eine Waise preisgeben und einen Freund in die Grube fallen lassen (Vers 27).
Nun bittet Hiob seine Freunde, ihm geneigt zu werden, ihm in Freundlichkeit und Verständnis zu begegnen (Vers 28). Sie müssten doch erkennen, dass er nicht lügt.
Er bittet sie umzukehren, ihre Ansicht zu ändern, ehe es zu spät ist (Vers 29). Seine Freunde sollten einen anderen Grund für seine Leiden suchen, andernfalls könnte Arges erwachsen, etwa Zerwürfnisse.
Hiob besteht auf seiner Gerechtigkeit (Vers 29) und weist entschieden zurück, dass bei ihm etwas Arges zu finden wäre (Vers 30). Er kann sehr wohl zwischen gut und böse unterscheiden!
Kapitel 7
Man mag der Ansicht sein, dass das gesamte Kapitel sieben das Gebet Hiobs darstelle. Da Hiob Eloah aber nicht anredet, sondern in der dritten Person von Ihm spricht (»Er schockte«; Vers 5), dürften die Verse eins bis sechs den Abschluss der ersten Antwort Hiob bilden.
Hiob schildert sein elendes Los
1(Ist's) nicht, dass der Mann Heeresdienst auf der Erde (zu tun hat) und seine Tage wie die Tage eines Gedungenen (in Dienst genommenen Knechts) sind?
2Wie ein Diener schnappt (japst) er nach Schatten, und wie ein Gedungener harrt er dessen, was er wirken soll.
3Ebenso bin ich belost (wurde mir das Los beschieden), mir sind Monate des Wahnhaften (erstanden), und Nächte (quälenden) Mühens teilte man mir zu.
4Wenn ich mich hinlege, spreche ich: Wann (darf) ich aufstehen? Und der Abend ist bemessen (währt seine Zeit), sodass ich satt werde der Verstoßungen (Niederstoßungen) bis zur Dämmerung.
5Mein Fleisch bekleidete sich mit Maden und mit dem Schorf des Staubes; meine Haut – Er schockte (sie), und sie verfloss (eiterte).
6Meine Tage enteilen schneller als ein Weberschiffchen und sind völlig dahin am Ende des Harrens.
...
Hiob fühlt sich nicht nur wie ein Frondienstleistender (Verse 1 + 2), sondern schlimmer noch: Schmerzen plagen ihn ohne Pause. Er quält sich durch schlaflose Nächte (Vers 3). So gehen die Monate dahin – wahnhaft ist dies alles. Das Leid scheint Hiobs Leben ganz und gar sinnlos zu machen.
Jede Nacht seufzt er, wann es denn endlich Morgen werde. Und jeden Morgen sehnt er sich nach dem Abend, aber auch dieser währt seine Zeit, in der er ständig von Schmerzensschlägen erniedrigt wird (Vers 4).
Ekelhaft ist seine Haut geworden (Vers 5). Der Eiter fließt. Insekten haben ihre Eier in den Geschwüren abgelegt, ihre Maden kriechen darin. Und bildet sich Schorf, bricht er wieder auf. Bei allem weiß Hiob unumstößlich, dass Eloah es ist, der seine Haut so geschockt, plötzlich und unvorstellbar heftig zugrunde gerichtet hat.
So schwinden Hiobs Tage dahin, schneller als ein Weberschiffchen (Vers 6). Der Webfaden ist das Leben, das am Ende abgeschnitten wird (Jes. 38:12); dann hat auch Hiobs Harren ein Ende, sein Harren auf Heilung und sein sehnliches Harren auf den Tod.
Hiobs Gebet
7Gedenke, dass mein Leben ein Windhauch ist. Nicht kehrt mein Auge wieder, um Gutes zu sehen.
8Nicht gewahrt mich ein Auge des mich Sehenden. Deine Augen sind gegen mich, und folglich bin ich nicht mehr da.
9Alldahin ist die Wolke und dahingegangen, ebenso ist der zum Scheol Hinabgestürzte: er steigt nicht wieder herauf.
10Nicht kehrt er wieder zu seinem Haus zurück, und nicht kennt ihn noch sein Heimatort.
11Auch ich, nicht halte ich meinen Mund zurück, ich will in den Bedrängnissen meines Geistes reden, ich will in der Bitternis meiner Seele sinnen.
12Bin ich ein Meer oder ein Ungeheuer, dass Du eine Wachmannschaft wider mich legst?
13So ich denn spreche: Mein Bett tröstet mich, meine Liege trägt (macht erträglich) mein Sinnen!,
14so bestürzt Du mich mit Träumen und erschreckst mich durch Gesichte.
15Und schon hat meine Seele das Erwürgen erwählt, den Tod, (dass ich frei) von meinen Gebeinen (sei).
...
Hiob spricht Eloah an, der daran denken möge, dass des Menschen Leben nur ein Hauch ist (Vers 7); schnell ist es vorüber, wie auch der Apostel Jakobus schreibt: »Welcher Art ist euer Leben? Wie Dampf seid ihr doch, der kurz erscheint und darauf verschwindet« (Jak. 4:14).
Da Hiob Eloahs Augen als gegen ihn gerichtet versteht, ist er fast schon wie nicht mehr am Leben (Vers 8).
Das Leben gleicht einer Wolke, die schnell vorüberzieht und nicht mehr wiederkommt, ebenso wie ein zum Scheol Hinabgestürzter (Vers 9). Scheol (griech. Hades, das Unwahrnehmbare, frei: das Totenreich), heb. SchAUL, punktiert SchöOL, leitet sich von heb. SchAL, punktiert SchaAL, fragen, erfragen, ab. Im Falle Hiobs darf man wahrlich sagen, dass er den Tod erfragt, erbittet, herbeiwünscht.
Hiob weiß um die Auferstehung (Kap. 14:13 - 15; 19:25 - 27). Wenn er sagt, dass es keine Rückkehr aus dem Scheol gibt, beschreibt er nur, was man beobachtet (Vers 10).
In seinen Drangsalen wendet er sich an die allein richtige Adresse: Eloah (Vers 11).
Und stellt die schwerwiegende Frage, warum Eloah ihn eigentlich bekämpfe (Vers 12). Ist er etwa das Meer, das eingedämmt, oder ein Ungeheuer, das streng bewacht werden muss, weil es eine große Gefahr darstellt? Die Frage nach dem Warum seiner gewaltigen Heimsuchung treibt ihn um. Das Handeln Eloahs an ihm ist ihm unbegreiflich. Seiner Ansicht nach gibt es keinen Grund dafür.
So bleibt dem Hiob nichts anderes mehr übrig, als den Tod zu wählen (Vers 15). Eloah möge ihm diese Bitte gewähren. Das ist aber keineswegs dessen Absicht, soll Hiob doch zur rechten Gotteserkenntnis und zu geistlicher Reife gelangen. Das ist übrigens auch nicht des Satans Absicht, des Menschentöters von Anfang an (Joh. 8:44), der zunächst erreichen will, dass Hiob sich von Gott lossagt (Kap. 1:1; 2:5).
»Lass ab von mir«
16Ich verwerfe (gebe auf, mag nicht mehr), ich werde (sowieso) nicht für den Äon leben; lass von mir ab, denn Dunst sind meine Tage.
17Was ist der Mann, dass Du ihn groß machst und dass Du Dein Herz zu ihm hin setzt (zuneigst)?
18Und Du suchst ihn heim Morgen (um Morgen), Augenblick (um Augenblick) prüfst Du ihn.
19Wie lange (noch willst) Du mich nicht unbeachtet lassen (willst Du gegen mich blicken), (wie lange noch) lässt (Du) mich nicht los, bis ich meinen Speichel verschlinge?
20Verfehlte ich, was tat ich Dir (damit), (Du) Hüter des Menschen? Warum legtest Du mich fest als für Dich Einstehenden (der vor Dir für seine Sache einstehen muss), sodass ich mir selbst zur Last wurde?
21Und was ist's, dass Du meine Übertretung nicht trägst und meine Vergehung vorübergehen lässt (tilgst)? Denn nun lege ich mich zum Staub hin, und wenn Du mich früh suchst, dann bin ich nicht (mehr da).
...
Es ist ein Gebet der Verzweiflung. Hiob verwirft sich selbst und jede Hoffnung; er gibt auf (Vers 16). Er würde sowieso nicht den ganzen Äon lang leben. Seine Tage scheinen sinnlos zu verfliegen, die Schmerzen sind unerträglich, was also soll das alles noch? So betet er konsequenterweise darum, dass Eloah von ihm ablasse, was in diesem Zusammenhang nur heißen kann, dass Er ihn sterben lassen möge.
Warum macht Gott den Menschen so groß und wunderbar und würdevoll (Vers 17), erniedrigt ihn aber ein andermal, prüft ihn und sucht ihn in Drangsalen und Leiden heim? So klein der Mensch gegenüber Gott ist, so sehr erhebt Er ihn auch, indem Er allezeit an ihn denkt und vor Augen hat. »Was ist der Mensch, dass Du seiner gedenkst?«, sprach König David (Ps. 8:5; 144:3; Heb. 2:6). Hier nun gedenkt Gott des Hiob in einer Weise, die ihm nicht lieb ist.
Dem Hiob ist bewusst, dass Eloah die Menschen prüft (Vers 18). In Psalm 11:4, 5 heißt es: »Seine Augen schauen, Seine Wimpern prüfen die Söhne Adams. Jewe prüft den Gerechten.« Dem gerechten Hiob in der Prüfung seiner Treue zu Jewe im Erdulden würden wir gern mit Hebräer 12:7 zusprechen: »Für eure Zucht erduldet ihr. Wie Söhnen bringt es Gott zu euch. Denn wo wäre ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?«
Mit Vers 19 fleht Hiob Eloah an: Blicke doch bitte weg! Lass mich bitte unbeachtet! Gönne mir eine Atempause! Die Redewendung vom Verschlingen des Speichels besagt, dass etwas pausenlos geschieht wie man den Speichel ständig verschluckt. Hiob kann noch nicht einmal bis zum nächsten Speichelschluck aufatmen.
Dann stellt Hiob die gewichtige Frage, was er Gott denn angetan haben würde, wenn er gesündigt hätte (Vers 20). Kann eine Sünde den allgewaltigen, hoch erhabenen Gott irgendwie beeinträchtigen? Zwar ist Gott durch nichts zu erschüttern, aber die »außerordentliche Sündhaftigkeit der Sünde« (Röm. 7:13) schmerzt Ihn zutiefst und verletzt Sein Herz. Adams Sünde zum Beispiel war nicht nur eine Verfehlung an sich und nicht nur die Übertretung eines Gebots, sondern auch eine Kränkung des Vaterherzens Gottes (Röm. 7:15). Wie wir heute denn nun nicht nur von allen Sünden gerechtfertigt sind (Röm. 3:28), sondern auch die Vergebung der Krängungen nach dem Reichtum Seiner Gnade haben, die Er in uns überfließen lässt (Eph. 1:7).
Und wenn Hiob gesündigt haben sollte, warum vergibt Eloah ihm nicht (Vers 21)? Eloah ist doch mitleidsvoll und gnädig (2. Mose 34:6). – Es liegt nun allerdings keine Verfehlung Hiobs vor.
Kapitel 8
Erste Rede Bildads
1Und Bildad, der Schuchiter, antwortete und sprach:
2Wie lange noch entgegnest du Eloah solches und sind die Gesprochenen (Worte) deines Mundes geballten (gewaltigen) Windes (oder: Geistes)?
3Wird El das Recht beugen oder Schadaj die Gerechtigkeit beugen?
4Wenn deine Söhne gegen Ihn verfehlten, so entsandte Er sie in die Hand ihrer Übertretung (gab Er sie ihrer Übertretung preis).
5Wenn du, ja du, den El früh suchst und du Schadaj um Gnade anrufst,
6wenn du lauter und gerade (aufrichtig) bist, sodass Er nun für dich aufwacht (aktiv wird), dann gibt Er der Heimstätte deiner Gerechtigkeit Frieden.
7Und dein Anfang wird als gering (befunden), aber (als) dein Späteres wächst es (das Geringe) überaus.
8Denn frage doch die anfängliche (frühere) Generation, und mache dich bereit, ihren Vätern nachzuspüren,
9denn (von) gestern sind wir (denn da kommen wir her), und nicht wissen wir's, denn ein Schatten sind unsere Tage auf der Erde.
10Werden sie dir nicht das Ziel (angeben)? Sie sprechen zu dir, und aus ihrem Herzen lassen sie sich erfüllende Worte herausgehen.
...
Bildad sagt dem Hiob knallhart, dass er und seine Söhne völlig zurecht das wiederbekamen, was sie verübten.
Er rügt Hiobs an Eloah gerichteten Worte als verfehlt und »geballten Windes«, also stürmisch oder ungestüm und damit als unehrerbietig (Vers 2).
Bildad pocht darauf, dass El das Recht nicht beuge (Vers 3), weil er Hiobs Rede und Gebet als ein Zweifeln an Els Gerechtigkeit verstand. Da El gerecht ist, strafe Er nicht ohne Grund. Wenn Hiob nun leidet, dann aus berechtigtem Grund, dann müsse eine Sünde vorliegen.
Mit diesem einfachen Vergeltungsschema meint Bildad auch den Tod der Söhne Hiobs erklären zu können (Vers 4; Kap. 1:19). Mit eiskalter Logik unterstellt er ihnen den Tod erfordernde Sünden. Er merkt nicht, dass er seinen Freund Hiob damit zutiefst verletzt. Bildad hat sicher gewusst, dass die Kinder Hiobs einen vorbildlichen Lebenswandel geführt hatten (Kap. 1:4) und Hiob im Übrigen für den Eventualfall ihrer Verfehlung stets ein Opfer dargebracht hatte (Kap. 1:5).
Die Gedanken Bildads sind Sünde. Und wer Sünde tut, ist vom Satan (1. Joh. 3:8).
Sodann meint Bildad, dass es doch eine einfache Lösung gäbe, nämlich El um Gnade anzuflehen (Vers 5) und seinen Lebenswandel zu bereinigen (Vers 6); dann käme alles wieder in Ordnung, zu Frieden und Wohlstand (Vers 7). Wenn Hiob wirklich so lauter und redlich sei, wie er vorgibt, würde El ihm doch sicherlich Gnade zuteilwerden lassen. Für Bildad war die Gewährung der Gnade an Bedingungen geknüpft. Das ist heute anders. Man lese die Paulusbriefe.
Mit Vers sieben sagt Bildad der Wahrheit gemäß, dass das Spätere besser ist als der Anfang. Dies garantiert Gott nicht nur überhaupt (Pred. 7:8), sondern so erfuhr es auch Hiob, über den wir in Kapitel 42:12 lesen, dass Jewe das Spätere Hiobs mehr segnete als seinen Anfang.
Bildad verleiht seiner Rede Gewicht mit dem Hinweis auf die Erfahrungen und die Weisheit der Vorväter (Vers 8 - 10). Deren gesammelte Weisheit wird sich erfüllen und Wirklichkeit werden. Die früheren Generationen würden bestätigen, dass Gott das Gute belohnt und das Böse ahndet. Indem Bildad meint, mit diesem schmalspurigen Wissen Gott völlig erkannt zu haben, fühlte er sich auch berechtigt, ja berufen, Hiob abzukanzeln.
Wie die Natur es lehrt
11Schießt Papyrus hoch, wo kein Sumpf ist, wächst Riedgras, ohne dass Wasser da ist?
12Noch ist es in seiner Ähre, noch wird es nicht gepflückt, da trocknet es schon vor allem Gras aus.
1314dessen Narrheit anekelt und dessen Sicherheit ein Haus der Spinne (ein Spinngewebe) ist.
15Er lehnt sich an sein Haus, aber es bleibt nicht stehen, er gibt ihm Halt, aber es hat keinen Bestand.
16Saftstrotzend ist er (ein anderer Mensch) angesichts der Sonne, und seine Triebe gehen über seinen Garten hinaus,
17seine Wurzeln verstrüppen sich über dem Geröll, ein Haus aus Steinen schaut er.
18Doch wenn ihn einer verschlingt, weg von seiner Stätte, so verleugnet sie ihn: Ich habe dich nie gesehen!
19Ja, dies ist die "Wonne" seines Weges, und aus dem Staub sprossen andere auf.
20Ja, El verwirft den Vollendeten nicht und der Hand der Boshaften gibt er keinen Halt.
21Bis Er deinen Mund mit Heiterkeit füllt und deine Lippen mit Jauchzen,
22werden die dich Hassenden sich mit Beschämung bekleiden, und das Zelt der Frevler, es ist nicht mehr da.
...
Bildad führt Hiob die Natur vor Augen (Verse 11 + 12). Die Gesetze der Natur stehen fest. Ebenso zwangläufig sei der Lebensweg der Menschen.
Wenn Bildad von solchen spricht, die El vergessen und folglich Bestand haben (Verse 13 - 15), meint er stets den Hiob, den er ermahnen will. Hiob hat aber weder El vergessen noch sich befleckt.
Und der andere Übeltäter – saftstrotzend ist er und hält sein steinernes Haus, seinen stabilen Lebensentwurf, für unerschütterlich – auch dieser kommt schnell um (Verse 16 - 18). Bei Hiob betrachtet Bildad dies als eingetroffen. Dies sei mithin die ganze (als Ironie zu verstehende) Wonne des Lebens des Frevlers gewesen (Vers 19).
Es ist richtig, dass El den Vollkommenen nicht verwirft, sondern fröhlich macht, und dem Bösen den Boden entzieht (Verse 20 - 22), wie die Heilige Schrift mehrfach bestätigt (5. Mose 28:1, 15, 58, 59; Ps. 1:6; Spr. 10:28); das ist aber nur ein Aspekt. Bildad lässt die Größe und Herrlichkeit Els außer Acht, der höhere Gedanken und erhabener Wege als die Menschen hat (Jes. 55:9); selbst Gottes Gerichte haben Sinn und Zweck, nämlich den der Zurechtbringung.
Bildad kommt über das Prinzip von Ursache und Wirkung nicht hinaus. Zudem sieht er die Ursache nur im Menschen und nicht in dem alles bewirkenden und alles hervorrufenden Gott (Eph. 1:11).
Die Worte dieses Freundes Hiobs gehen völlig daneben, weil Hiob gar nicht gesündigt hat. Und Bildad hat nicht begriffen, woran Hiob im tiefsten Herzen leidet, nämlich an der ungeklärten Frage, wieso El dem Gerechten Leiden auferlegt und was El bei ihm damit erreichen will.
Hiobs zweite Antwort und zweites Gebet
(Hiob 9 + 10)
Kapitel 9
Hiob antwortet Bildad
1Und Hiob antwortete und sprach:
2Gewiss, ich erkenne, dass es so ist, aber durch was wird ein Mann bei El gerechtfertigt?
3Wenn er Gefallen hätte, mit Ihm zu streiten, könnte er Ihm nicht eines auf tausend antworten.
4Der weisen Herzens und fester Kraft – wer verhärtete sich gegen Ihn und hätte Frieden?
5Der Berge wegrückt, und sie erkennen's nicht, Er, der sie umwendet in Seinem Zorn,
6der das Land beben macht, weg von seiner Stelle, sodass seine Säulen (Grundfesten) sich scheuen (sich abkehren, erzittern).
7Der zur Sonne spricht, und sie geht nicht auf, und bis in (den Bereich der) Sterne versiegelt Er,
8der die Himmel ausstreckt, Er allein, und über die Wellenkuppen des Meeres tritt,
9der den Äsch (vielleicht ein Komet), den Kösil (ein Gestirn) und die Kimah (vielleicht ein Komet) (herkömmliche Wiedergabe: den Großen Bären, den Orion und das Siebengestirn) gemacht hat und die Kammern des Südwinds,
10der Großes tut bis zum Ununtersuchbaren (Unerforschlichen) und Wunder bis zur Unzahl.
11Ja, Er geht über mir hinüber, und ich sehe es nicht, und zieht vorbei, und nicht verstehe ich das Ihn Betreffende.
12Ja, Er (eilt) los, (um zu) erhaschen, und wer veranlasst Ihn umzukehren? Wer spricht zu Ihm: Was tust Du?
...
Ja, Hiob weiß, dass es so ist (Vers 2 a), wie Bildad gesagt hat, dass El den Gerechten bewahrt und den Frevler verwirft. Damit ist aber Hiobs brennende Frage nicht beantwortet, sondern wird immer dringlicher, nämlich wieso er als gerechter Mann denn dann so leiden muss. Dass El gerecht ist, steht für Hiob außer Zweifel, unklar ist ihm aber, wie sich Els Gerechtigkeit mit seinem Leiden vereinbaren lässt. Wird El alles Leid mit Doppeltem an Gutem ausgleichen (Kap. 42:10 - 12; Jes. 61:7; 2. Kor. 4:17)?
Nun stellt Hiob die Frage, durch was ein Mensch bei El gerechtfertigt wird (Vers 2 b). El allein ist der Rechtfertiger (Röm. 8:33). Von sich aus ist kein Mensch vor Gottes Angesicht gerechtfertigt (Ps. 143:2). Nur El kann einen Menschen für gerecht erklären. Als gerechte Grundlage für eine solche Erklärung könnte Hiob sich eine Sühne der Sünden durch ein reines Opfer vorgestellt haben – aber welcher Mensch ist schon schuldlos? Da Hiob weiß, dass sein Erlöser lebt (Kap. 19:25), muss er das Vertrauen zu Gott gehabt haben, dass der Erlöser die Lösung bringt. (Uns heute ist die volle Antwort offenbart; man lese den Römerbrief.)
Wollte ein Mensch einen Rechtsstreit mit El anfangen (Vers 3), wäre dies ganz und gar aussichtslos. Es gibt keine Ungerechtigkeit bei Gott (Röm. 9:14). Und sollte da jemand noch so weise und stark sein (Vers 4) – würde er sich gegen El stellen, bliebe er nicht unversehrt.
Mit denen, die nicht erkennen, dass El Berge wegrückt (Vers 5), sind die Menschen gemeint. Wem Gott die Augen für Seine Spuren in der Schöpfung nicht öffnet, der erkennt sie nicht (Ps. 77:20).
Gottes souveräne Erhabenheit erstreckt sich bis zu den Sternen (Verse 7 - 9). Er verfinstert die Sonne, wenn Er will (Joel 3:4; Ap. 2:20; Mat. 25:29; 27:45), und verfinstert die Sterne (Hes. 32:7). Seine Macht ist unumschränkt. »Alles, was Jewe gefällt, tut Er in den Himmeln und auf der Erde, in den Meeren und allen tumultenden (Wassern)« (Ps. 135:6; 115:3; Jes. 14:24, 27; 46:10). Hiob ist El gegenüber also völlig ohnmächtig.
So wie El über die Wellenkuppen des Meeres tritt (Vers 8), wandelte auch Sein Sohn, Jesus, auf dem See Genezareth (Mat. 14:25; Mark. 6:48; Joh. 6:19).
Die nicht mit Sicherheit bestimmbaren Himmelskörper Äsch, Kösil und Kimah werden auch in Kapitel 38:31, 32 und Amos 5:8 erwähnt.
Hiobs Herz ist erfüllt davon, dass die großen Taten Els bis zum Unerforschlichen reichen und Seine Wunder überaus herrlich und nicht zu zählen sind (Vers 10; Ps. 40:6). Dem entspricht: »Wie unausforschlich sind Seine Urteile und wie unausspürbar Seine Wege!» (Röm. 11:33). Möge Hiob Gewissheit erlangen, dass El auch an ihm wunderbar wirkt, auch wenn er Seine Wege noch nicht ausspüren kann.
El geht über Hiob hinüber (Vers 11). Er ist Geist und daher unsichtbar (Joh. 4:24; Kol. 1:15; 1. Tim. 1:17; Heb. 11:27). Er ist immer und überall da, bei uns, und umgibt uns von allen Seiten (Ps. 139:5). Hiob versteht zwar allgemein viel von dem, was El betrifft, aber Sein gegenwärtiges Handeln an ihm ist ihm unerklärlich. Wir Menschen können tatsächlich nur das von Gott verstehen, was Er uns offenbart. Und das ist heute, seitdem der Apostel Paulus das Wort Gottes »vervollständigt« hat (Kol. 1:25), alles.
Wer vermag El umzustimmen (Vers 12 a). Er ist Liebe (1. Joh. 4:8) und der allein Weise (Röm. 16:27), und Sein weiser Liebesratschluss ersteht (Jes. 14:24; 46:10; 55:11; Ps. 135:6; Eph. 1:11). Wer könnte irgendetwas Besseres in Betracht ziehen als Er?
»Wer spricht zu Ihm: Was tust Du?« (Vers 12 b). Niemand kann Ihn zur Rechenschaft ziehen. König Nebukadnezar erkannte dies ebenfalls; er sagte: »Seinem Willen gemäß verfährt Er mit der Heerschar der Himmel und mit denen, die auf Erden weilen. Tatsächlich kann niemand Seiner Hand wehren und zu Ihm sagen: Was tust Du?« (Dan. 4:32) Auch der Apostel Paulus spricht das Thema an: Gott »erbarmt Sich, wessen Er will; aber Er verhärtet auch, wen Er will. Nun wirst du mir erwidern: Was tadelt Er dann noch? Wer hat denn je Seiner Absicht widerstanden? – O Mensch, in der Tat, wer bist denn du, Gott gegenüber eine solche Antwort zu geben? Das Gebilde wird doch nicht dem Bildner erwidern: Warum hast du mich so gemacht? – Hat der Töpfer nicht Vollmacht über den Ton, aus derselben Knetmasse das eine Gefäß zur Ehre und das andere zur Unehre zu machen?« (Röm. 9:18 - 21).
Hiobs verbitterte Anklage
13Eloah wendet Seinen Zorn nicht ab, die Helfer Rahabs (Meeresungeheuer) beugten sich unter ihm (dem Zorn),
14gar dass ich, ich Ihm antworte, ich meine Worte vor Ihm wählen könnte!
15Der ich – auch wenn ich gerechtfertigt wäre – nicht antworten könnte; meinen Richter muss ich um Gnade anrufen.
16(Selbst) wenn ich rufe und Er mir geantwortet hat, glaube ich nicht, dass Er meiner Stimme (Sein) Ohr leiht (mich erhört).
17(Er), der mich im Schaudern (hervorrufenden Unwetter) wegschnappt und meine Wunden unbegründet mehrt.
18Nicht gewährt Er mir, meinen Geist (zu Ihm) zurückkehren zu lassen, denn Er sättigt mich durch (und durch) mit Bitternissen.
19Wenn (es um die) Kraft des Starken (geht) – (siehe), da (ist sie)! Und wenn (es um das) Gericht (geht), wer zitiert mich (hin) (lädt mich vor)?
20(Selbst) wenn ich gerechtfertigt wäre, würde mein Mund mich des Frevels bezichtigen (mich für schuldig erklären), (selbst wenn) ich vollendet (wäre), würde Er mich (als) verkehrt darstellen.
21Ich bin vollendet. Nicht erkenne ich meine Seele (erachte ich meine Seele für wertvoll). Ich verwerfe mein Leben.
22Eines (steht fest), darum spreche ich: (Ob jemand) ein Vollendeter ist oder ein Frevler – Er ist der Vertilger (aller).
23Wenn die Peitsche urplötzlich tötet, so lacht Er spottend bezüglich der Erprobung Schuldloser.
24Die Erde ist in die Hand des Frevlers gegeben; das Angesicht ihrer Richter bedeckt Er. Wenn nicht Er, nun denn, wer ist des (dann)?
...
Hiob versteht sich als unter dem Zorn Eloahs stehend (Vers 13). Er und alle müssen sich Eloahs Zorn beugen wie einst auch Rahab, das Meeresungeheuer oder die chaotische Urflut (1. Mose 1:2), und seine Helfer. Die Helfer waren nach dem babylonischen Mythos Götter, nach der Heiligen Schrift wohl aber die Engel, die ihre Behausung nicht bewahrten (Jud. 6; 2. Pet. 2:4). Zu Rahab siehe auch: Jesaja 27:1; 51:9; Psalm 74:13, 14; 89:11. Rahab ist des Weiteren ein symbolischer Name für Ägypten.
Wenn schon Rahab besiegt wurde – was sollte Hiob ausrichten können (Vers 14)? Nichts kann Hiob Eloah entgegnen. Er würde noch nicht einmal passende Worte finden!
Selbst wenn Hiob ein gerechter Mann wäre (Vers 15; Kap. 10:15), würde er auf keine Frage Eloahs antworten können. Auch Makellose müssen vor Gott verstummen. Es gibt nur die eine Möglichkeit, vor Ihm zu bestehen, nämlich in der Gnade. Es bleibt dem Menschen nur übrig, um Gnade zu flehen. (Heute ist die Gnade überströmend; wir brauchen nur noch für die Gnade zu danken.)
Hiob ist verbittert; er hatte bereits um Heilung gebetet (Kap. 7:7 - 21) und ist immer noch krank. Aus dieser Tatsache schließt er, dass Eloah ihn auch zukünftig nicht erhören werde (Vers 16). Er ist überzeugt, dass Eloah ihn grundlos quält (Vers 17). Sein Gott, den er zu kennen meinte, stellt Sich ihm jetzt ganz anders dar.
Froh wäre er, wenn Eloah Seinen Geist aus ihm zurückzöge, sodass er stürbe (Vers 18; Kap. 34:14,15; Ps. 104:29; Pred. 12:7). Dieser dringliche Wunsch ist uns bereits aus Kapitel 3:11 - 13, 21, 22 bekannt. Andere übersetzen statt »meinen Geist zurückkehren zu lassen »Atem zu holen«.
Die Macht (die Kraft des Starken) und das Recht (die Gerichtsverhandlung) (Vers 19) sind in einer Hand, in der Eloahs. Aber Eloah hat Hiob noch nicht einmal vorgeladen. Wie kann Er ihn denn dann zu solchen Schmerzen verurteilen ohne Gerichtssitzung?
Die folgenden Verse 20 bis 24 stellen mit ihren gewaltigen Anklagen gegen Gott einen Tiefpunkt der Reden Hiobs dar.
Vor dem Gericht Eloahs liefe Hiob Gefahr, etwas zu sagen, was ihm negativ ausgelegt werden könnte (Vers 20 a). Und selbst wenn er vollendet, unschuldig und aufrichtig, sein sollte, würde Eloah ihn als verkehrt darstellen (Vers 20 b), weil man schon dadurch im Unrecht ist, dass man etwas auf sich hält.
Hiob beharrt darauf, dass er unschuldig ist (Vers 21). Da Eloah aber nicht darauf eingeht, verwirft Hiob sein Leben und will sterben.
Macht es denn bei Gott überhaupt einen Unterschied, ob man gottesfürchtig oder ein Frevler ist (Vers 22)? Er vertilgt den einen wie den anderen. Daraus folgert Hiob, dass Gott ungerecht sei. Tatsächlich haben alle Menschen, ob gerecht oder ungerecht, im Grunde das gleiche Geschick, wie auch in Prediger (Kohelet) 9:2 geschrieben steht.
Darüber hinaus hat Hiob den Eindruck, dass Eloah ihn hohnlachend wie mit einer Peitsche schlägt (Vers 23). Wie die Geschichte der Menschheit zeigt, tötet Gottes Peitsche in Katastrophen und Kriegen, Hunger und Krankheiten Schuldige und Unschuldige. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?
Noch leben wir in einem bösen Äon (Gal. 1:4). Es geht in vielerlei Weise ungerecht zu. Gottes Gerechtigkeit ist aber inzwischen offenbart, und zwar durch den Glauben Jesu Christi, und sie wird auf alle kommen (Röm. 3:21 - 23). Aufgrund des Glaubensgehorsams Jesu Christi werden alle gerechtfertigt werden, allen wird Gerechtigkeit zuteilwerden.
Im Übrigen weiß Hiob die Erde in der Hand des Frevlers (Vers 24), ja der Frevler. Diese sind Kinder des Frevlers, und zwar des Satans
(1. Joh. 3:10), dem Gott die Vollmacht über die Erde gegeben hat (Luk. 4:6).
Darüber hinaus blendet Eloah, von dessen Allmacht Hiob überzeugt ist, die Augen der Richter, was die Ungerechtigkeit noch mehrt. Die Erde mit Ungerechtigkeit zu überziehen – wie könnte dies gerecht sein, und wie könnte Hiob da eine faire Behandlung von Gott erwarten?
Dies aber bleibt: Hiob sehnt sich nach Eloah, so rätselhaft Er ihm jetzt erscheint, der aber der einzige ist, der ihm Aufklärung geben kann.
Hiob hat keine Hoffnung mehr
25Und meine Tage entfernten sich flinker als ein Läufer, sie entwichen, nicht sahen sie Gutes.
26Sie gleiten vorüber mit Schiffen (eisernen) Wollens (das heißt: ohne Kursänderung), wie ein Geier über der Speise segelt.
27Wenn ich auch spreche: Ich will mein Sinnen (Grübeln) vergessen, will mein Angesicht verlassen (meine Miene ändern) und mich zusammennehmen,
28bin ich (dennoch) entmutigt durch all meine Trübsale; ich erkenne, dass Du mich nicht entschuldest.
29Ich, ich frevle? Warum dies, dass ich mich um Dunst mühe?
30Wenn ich mich im Schnee badete und meine Hände in Klarheit durchläuterte,
31dann würdest Du mich in die Verderbensgrube hineintauchen, sodass mich (sogar) meine Kleider als Gräuel ansähen.
32Denn nicht ein Mann ist Er wie ich, dass ich Ihm antworten könnte, dass wir miteinander im Gerichtshof ankämen (vor Gericht gingen).
33Zwischen uns ist kein Rechterweisender (Schiedsmann), der seine Hand auf uns beide legte.
34Er nehme Seinen Stecken (Seine Rute) von mir weg, und Sein Grauen erschrecke mich nicht (länger).
35Ich will reden, und nicht fürchte ich Ihn, denn nicht bin ich so, (nicht ist's) bei mir (so).
...
Es ist hoffnungslos für Hiob. Wie er schon in Kapitel 7:6 sagte, entfliehen seine Tage geschwind, was er in den Versen 25 und 26 mit drei Beispielen für Schnelligkeit auf dem Land, dem Wasser und in der Luft zum Ausdruck bringt.
Eingeengt in unverständliches Leid, ist Hiob entmutigt, zumal er kein Anzeichen dafür sieht, dass Eloah ihn für schuldlos erklären wird (Vers 28). Auch wir heute bedürfen des besonderen Zuspruchs Gottes, die Gnadengabe der Erwartung wieder anzufachen und nicht mutlos zu bleiben, wie geschrieben steht: »Darum sind wir nicht entmutigt; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verdirbt, so wird doch unser innerer Mensch Tag für Tag erneuert. Denn das augenbliche Leichte unserer Drangsal bewirkt für uns eine alles überragende und zum Überragenden führende äonische Gewichtigkeit der Herrlichkeit«
(2. Kor. 4:16, 17).
Eine Entschuldung setzt voraus, dass Hiob frevelte (Vers 29). Er hatte aber nicht gesündigt. Aber warum dieser gedankliche Ringkampf mit Gott, wenn doch jede ringende Mühe nutzlos ist wie für Dunst?
Und sollte Hiobs Herz reiner sein als Schnee (Vers 30; Jes. 1:18; Ps. 51:9), so würde Eloah dennoch etwas gegen ihn finden und ihn in die Grube werfen, wo seine Kleidung beschmutzt werden würde. Die Kleidung – ob rein oder schmutzig – steht symbolisch für die jeweilige innere Verfassung.
Gott ist nicht ein Mensch (Vers 32), als dass man mit Ihm wie mit einem Menschen verhandeln könnte; ein Ringen mit Ihm vor Gericht wäre äußerst ungleich und von vornherein aussichtslos.
Hiob bedauert sehr, dass es zwischen Eloah und ihm keinen neutralen Dritten gibt, der unparteiisch vermitteln könnte (Vers 33). Und keiner seiner Freunde hat sich bislang bei Gott für Hiob verwendet. Der Sich aber für uns verwendet, ist der Mensch Jesus, der Mittler zwischen Gott und Menschen (Röm. 8:34; 1. Tim. 2:5).
Hiob will weiterhin mit Eloah reden (Vers 35), dass Er doch das grauenhafte Leiden von ihm nehme (Vers 34). Seine Rede, sein Gebet, folgt in Kapitel zehn.
Er hat keine Angst vor Gott, weil er kein Frevler ist. Sein Gewissen ist rein. Das erinnert uns an Paulus, der schrieb: »Ich erforsche mich selbst nicht, weil ich mir keiner Schuld bewusst bin; jedoch bin ich dadurch nicht gerechtfertigt. Der mich aber erforschst, ist der Herr!« (1. Kor. 4:4).
Bei alldem bleibt Hiob Gott zugewandt. Er ringt mit Gott um die reche Gotteserkenntnis und weiß im Grunde, dass die Lösung aller Fragen und die Erlösung aus seinen Leiden nur von Gott kommen können.
Kapitel 10
Hiobs Gebet
1Meine Seele ekelt sich in meinem Leben, ich will mein auf mir (lastendes) Sinnen verlassen (beenden), ich will reden in der Bitterkeit meiner Seele.
2Ich spreche zu Eloah: Bezichtige mich nicht des Frevels. Lass mich erkennen, aus welchem Grund Du mich bekämpfst.
3Ist's gut für Dich, dass Du bedrückst, dass Du (den Ertrag) der Mühe Deiner Hände verwirfst, aber über den Rat der Frevler strahlst?
4Hast Du Fleischesaugen, oder siehst Du, wie ein Mann sieht?
5Sind Deine Tage wie die Tage eines Mannes oder Deine Jahre wie die Tage eines Mächtigen,
6dass Du meine Vergehung suchst und meiner Verfehlung nachforschst?
7Auf Deiner Erkenntnis (beruht's), dass ich nicht frevle, und da ist keiner, der mich (dem Zugriff) Deiner Hand entreißt.
...
Hiob will aufhören mit dem grübelnden Nachsinnen, mit dem Hin- und Herbewegen seiner Gedanken, und sich seine Fragen von der Seele reden, und zwar an den gerichtet, auf den es ankommt: Eloah (Vers 1).
Er kommt sogleich zu Sache: Wirf mir keine Schuld vor (Vers 2)! Denn er hat nicht gesündigt. Folglich ist die dringliche Frage zu stellen, warum Eloah ihn bekämpft. Was ist der Grund? Im menschlichen Bereich ist dafür kein Grund zu finden. Der Grund kann somit nur im geistlichen Bereich liegen, bei Gott, der – wie wir wissen, Hiob aber noch nicht erkannt – hohe Ziele anstrebt, nämlich vermehrte Erkenntnis Seiner Allmacht, Weisheit und Gnade.
Im Einzelnen fragt Hiob Eloah, welchen Nutzen Er davon habe, dass Er ihn bedrückt und das Geschöpf Seiner Hände damit verwirft (Vers 3). Und wie kann es sein, dass Gott Sich über die Frevler freut und nicht über Hiob?
Sollte Eloah wie ein mächtiger Mann die Verfehlungen anderer herausfinden wollen, um ihnen eine Strick daraus zu drehen (Verse 5 + 6)? Sind Eloahs Jahre etwa begrenzt, sodass Er Sich keine Zeit für eine genaue Untersuchung der Sache Hiobs nehmen kann?
Was Hiob in Vers sieben betet, ist eine große Erkenntnis, die bei aller Klage und Anklage eine tragende Kraft in Hiob entfaltet: »Auf Deiner Erkenntnis (beruht's), dass ich nicht frevle, und da ist keiner, der mich (dem Zugriff) Deiner Hand entreißt.« Wie denn Jewe auch sagt: »Ich töte, und Ich mache lebendig, und da ist keiner, der aus Meiner Hand reißt« (5. Mose 32:39). Gott, der Allesbewirkende, bringt den Frevler zum Freveln und bewegt den Gerechten zum Tun des Guten. »Er erbarmt Sich, wessen Er will; aber Er verhärtet auch, wen Er will« (Röm. 9:18. »Wer hat denn je Seiner Absicht widerstanden?« (Röm. 9:19). Eloah hat alle Tage und Taten Hiobs gebildet (Ps. 139:16).
»Du jagst mich«
8Deine Hände bildeten mich und machten mich gänzlich um und um, und nun hast Du mich verschlungen.
9Gedenke doch, dass wie porigen Ton Du mich gemacht hast und mich zum Staub zurückkehren lässt.
10(Ist's) nicht, wie das Fett der Milch zerschmolzest Du mich, und wir Käse ließest Du mich gerinnen?
11Mit Haut und Fleisch bekleidetest Du mich, und mit Gebeinen und Sehnen fügtest Du mich zusammen.
12Leben und Huld erweist Du mir, und Dein Bestimmen bewahrt meinen Geist.
13Aber dieses (das Folgende) verwahrst Du in Deiner Brust, ich erkenne, dass dies bei Dir so ist:
14Wenn ich verfehle, so bewachst Du mich (dass ich nicht entkomme), und von meiner Vergehung entschuldest Du mich nicht.
15Wenn ich gefrevelt hätte: zunichte mit mir! Und wäre ich gerechtfertigt, (dennoch dürfte) ich mein Haupt nicht erheben, (der ich) mit Entehrung gesättigt (bin) und meine Demütigung sehe.
16Und wenn es (das Haupt) sich hoch erhöbe, so jagst Du mich wie einen Löwen und tut's wiederum; (Du) erweist Dich wunderbar gegen mich.
17Du stellst Deine Zeugen neu auf vor mir (wider mich) und mehrst meinen Gram; sich abwechselnde (Mannschaften) und ein Heer sind bei mir (stehen gegen mich).
18Und warum ließest Du mich aus dem Mutterschoß herausgehen? (Hätte) ich ausgehaucht, so (hätte) mich kein Auge gesehen.
19So wie (wenn) ich nicht geworden wäre, wäre ich, wie (wenn) ich vom Bauch zum Grab getragen worden wäre.
...
Eloah hatte Hiob wunderbar erschaffen, ihm Leben und Huld erwiesen und bestimmt, dass sein Geist bis jetzt bewahrt blieb (Verse 8 - 12). Wie aber soll er mit dem Widerspruch fertig werden, dass Eloah diese Seine herrliche Schöpfung nun vernichtet? Gottes Handeln ist Hiob unverständlich, ja Gott ist ihm unverständlich geworden. Wir heute wissen, dass wir einen neuen, und zwar einen geistlichen Körper bekommen werden (1. Kor. 15:44), und nur wer tot war, das unvergängliche Leben zu schätzen weiß.
Die Verse 13 bis 17 spricht Hiob unter dem Eindruck der erbitterten Feindschaft Eloahs gegen ihn aus; er sieht seine Lage als aussichtslos an und unterstellt Eloah Niederträchtiges in der fälschlichen Annahme, dass sein Leiden die Strafe für eine Sünde sei.
Jeden neuen körperlichen Schmerz empfindet Hiob als einen neuen Zeugen seiner Schuld (Vers 17). Und mehr noch: Nicht zu wissen, welche Sünde denn vorliegen sollte und warum Eloah ihn überhaupt anfeindet statt ihm zu vergeben, das bringt Hiob zur Verzweiflung.
Kein Wunder, dass er nicht mehr leben will, ja gern eine Totgeburt gewesen wäre (Verse 18 + 19).
Abschluss der zweiten Antwort Hiobs
20Sind meine Tage nicht wenige? Er lasse ab, Er setze Sich von mir weg, so will ich mich ein wenig zusammennehmen
21noch ehe ich gehe – und nicht zurückkehre – zum Land der Finsternis und des Todesschattens,
22zum Land des Ermattens, das wie die Dunkelheit des Todesschattens ist und wo keine Richtungszeichen (Ordnungszeichen) sind; und erstrahlt es, so ist's doch wie Dunkelheit.
...
Hiob stellt sich auf seinen Tod ein und möchte, dass Eloah ihm wenigstens kurz davor eine Atempause gönne. In Psalm 39:14 wird dieser Wunsch wie folgt ausgedrückt: Beachte mich (einen Moment lang) nicht!
Schließt man die Augen, so ist man in der Finsternis. Dementsprechend sehen Tote nichts, selbst wenn ein Licht erschiene.
Dass Hiob aus dem Tod nicht zurückkehrt (vgl. Kap. 16:22), ist noch heute Tatsache und Wahrheit. Erst der Erlöser, der Retter Christus Jesus, wird den Tod aufheben und dafür Leben und Unvergänglichkeit ans Licht bringen (2. Tim. 1:10). Und Hiob wird Ihn sehen (Kap. 19:25 - 27).
Erste Rede Zophars und Hiobs dritte Antwort
(Hiob 11 - 14)
Kapitel 11
Zophars erste Rede
1Und Zophar, der Naamatiter, antwortete und sprach:
2(Ist's, dass) die vielen Worte keine Antwort haben sollten, und ob ein Mann der Lippen gerechtfertigt wird?
3Deine sonderlichen (Worte) sollen Sterbliche (wohl) zum Schweigen bringen, und du höhntest, und da ist keiner, der (dich) beschämt.
4Und du sprachst: Lauter ist meine Darlegung, und rein bin ich in Deinen Augen.
5Aber unwidersprochen (ist's): Wer gibt Eloah das Reden, sodass Er Seine Lippen wider dich auftut
6und dir die Geheimnisse der Weisheit mitteilt, dass (nämlich) Doppelfältiges zur Umsicht (führt)? Und erkenne, dass Eloah dich deiner Vergehung enthebt.
...
Zophar tadelt Hiob rücksichtslos. Der Freund ist empört; die vielen Worte Hiobs müssen eine Entgegnung finden, und ein beredter Mann habe noch lange nicht recht (Vers 2).
Zophar nennt Hiobs Worte sonderlich und sieht sie als eine Verhöhnung Gottes an (Vers 3). Eine schwere Anschuldigung! Hiob muss erschüttert gewesen sein. Und wir sind es auch.
Des Weiteren habe Hiob sich in unverschämter Weise völlig überhoben, als er sich für rein in Eloahs Augen erklärt habe (Verse 4). Dass er rein sei, hat Hiob aber nie gesagt, sondern nur, dass er keine Sünde tat, die Anlass für seine außergewöhnliche Erkrankung sein könnte. Er weiß sehr wohl, dass kein Mensch aus sich heraus vor Eloah gerechtfertigt sein kann (Kap. 9:2).
Zophar ist sich dessen gewiss, dass es dem Hiob ganz und gar an Weisheit fehlt. Zuerst möge Eloah deshalb mit ihm reden und ihm die Geheimnisse der Weisheit mitteilen. Dazu gehöre, dass man Vielfältiges abwägen müsse, um zur Umsicht, Einsicht und Weisheit zu gelangen (Verse 5 + 6).
Unter der »Enthebung von der Vergehung« dürfen wir die »Enthebung von der vollen Vergeltung für die Vergehung« verstehen und damit den weiteren schweren Vorwurf Zophars, dass Eloah Hiobs Vergehung gar nicht im vollen Maße bestrafe, sondern milde. Hiob könne also noch dankbar sein!
Zophar preist die Größe Eloahs
7(Willst) du die Untersuchung (das Ergebnis der vollen Erforschung) Eloahs finden, ob du bis zur (Erkenntnis der) Vervollständigung Schadajs hinfindest?
8Hochgewölbte Himmel – was (ist's), wirkst du sie? Tief ist sie (die Vervollständigung Schadajs), tiefer als der Scheol – was (ist's), erkennst du sie (die Vervollständigung)?
9Länger als das Land der Erde ist ihr Ausmaß und geweiteter (breiter) als das Meer.
10Wenn Er vorüberzieht und verschließen (unentrinnbar festhaltern) lässt und eine Versammlung einberuft, wer veranlasst Ihn, es rückgängig zu machen?
11 Denn Er, Er erkennt die Sterblichen des Wahnhaften, und Er sieht Ichhaftes, und (sollte Er es) nicht beachten?
12Und ein Mann, dem alles genommen ist, wird herzgewinnend, und als Jungesel des Wildesels wird der Mensch geboren.
...
Zophar fragt Hiob, ob er Eloah in Seiner ganzen Größe erkennen will (Vers 7), und unterstellt dabei, dass man Ihn in Seiner Unermesslichkeit niemals ergründen könne. Gott will aber, dass wir Menschen Ihn in Seiner Herrlichkeit erkennen (Eph. 1:17). In unseren Herzen ist der Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit im Angesicht Jesu Christi bereits aufgeleuchtet (2. Kor. 4:6). Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass Christus die Vervollständigung Gottes ist (Kol. 2:9).
Die Höhe und Tiefe, die Länge und Breite Gottes (Verse 8 + 9) – wer vermag sie zu erfassen? Gottes Allmacht umfasst auch den Scheol, das Unwahrnehmbare; das Totenreich: Wenn Jesus ruft, dann stehen die Toten auf (Joh. 11:43; 1. Thess. 4:16; Heb. 2:14). Was unser Herr Jesus Christus uns durch den Apostel Paulus sagt, enthüllt uns auch die Tiefen Gottes (1. Kor. 2:9). Durch den Geist Gottes wissen wir, dass Gott uns aus Gnaden jeden geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen, den es überhaupt gibt, in Christus Jesus gewährt hat (1. Kor. 2:12; Eph. 1:3).
Mit der Darstellung der Größe Eloahs bedeutet Zophar dem Hiob, dass er dem Allgewaltigen in keiner Weise wehren kann.
Was Eloah auch immer tut, ob Er gefangennimmt oder eine Versammlung oder Gerichtssitzung einberuft – niemand kann Ihn umstimmen (Vers 10). »Ich bin Jewe, und da ist sonst keiner; außer Mir ist kein Elohim« (Jes. 45:5). »Mein Ratschluss ersteht, und alles, was Mir gefällt, tue Ich« (Jes. 46:10). »Denn Jewe der Heere beriet, und wer zerbröckelt's? Und Seine Hand ist ausgestreckt, und wer veranlasst, dass Er sie zurückzieht?« (Jes. 14:27).
Da Gott alles erkennt und allmächtig ist, ist Sein Urteil unfehlbar (Vers 11). Zophar räumt damit jeden Zweifel daran aus, dass Gottes Urteil über Hiob etwa nicht richtig sei. Zophar ist im Vergeltungsschema gefangen. Ohne Mitgefühl schlägt er auf Hiob ein.
Möge Hiob akzeptieren, dass Gott ihm alles genommen hat, denn dann werde er Gottes Herz gewinnen (Vers 12). Und wenn Hiob auch so dumm wie ein Wildesel ist, könne Gott ihm dennoch Verständnis geben. Geistliche Erkenntnis hat keine andere Quelle (Dan. 2:21, 22). Also, so meint Zophar, beuge dich schuldbewusst unter Gottes Urteil.
Zophar fordert Hiob Umsinnung auf
13Wenn du, du dein Herz bereitest und du deine Hand zu Ihm ausbreitest
14– wenn Ichhaftes in deiner Hand ist, entferne es, und lass nicht Arges in deinen Zelten wohnen –,
15dann (kannst) du dein Angesicht erheben, (frei) von dem Gebrechen, und du wirst (wie aus Erz) gegossen sein und (dich) nicht fürchten.
16 Denn du, du wirst die Mühsal vergessen, wie der vorbeigeflossenen Wasser wirst du ihr gedenken.
17Und ersteht um den Mittag Gewühl – du entflatterst (wirst dessen enthoben), wie der (frische) Morgen wirst du.
18Und du hast Sicherheit, denn das Erharrte ist da, und du schachtest (nach Quellen und Schätzen), als Gesicherter (Sorgloser) liegst du (auf der Liege).
19Und du verweilst (bleibst dauerhaft), und keiner bringt dich zum Zittern, und viele werden dein Angesicht bewirbeln (bittend bestürmen).
20Aber die Augen der Frevler verschmachten, und ihre Zuflucht verliert sich, weg von ihnen, und was sie erharren, ist das Ausblasen (ihrer) Seele.
...
Wie auch Eliphas und Bildad ermahnt Zophar den Hiob zur Umsinnung. Er gibt ihm den im Allgemeinen guten Rat, sein Herz bereit zu machen, indem er alles Egoistische und jede Sünde daraus entferne, und sodann seine Hände flehend zu Eloah zu erheben und um Vergebung zu bitten. Dieser Rat aber kann Hiob nicht trösten, weil er reinen Herzens ist.
Hochmütig meint Zophar, Hiob auf den rechten Weg weisen zu müssen: Umkehr! Dann werde er schnell genesen, und es würde ihm in jeder Weise wohlergehen.
Zum Abschluss seiner Rede malt Zophar das Bild des Frevlers, der umkommt, um Hiob mit diesem Gegensatz zu bewegen, sich für das von Eloah gesegnete Wohlergehen zu entscheiden. Nach dieser Meinung liegt es mithin allein an Hiob selbst, das Heil zu erlangen. Zophar hatte zwar von der Allmacht Gottes gesprochen (Verse 7 - 11), sie aber nicht verstanden. Dass die Rettung am Menschen läge und nicht an dem alles bewirkenden Gott, ist völlig verfehlt und unbiblisch (Joh. 6:44; Röm. 8:30; Eph. 1:4; 2:8; Phil. 1:29).
Zophar hält sich für weise, seine Weisheit zieht aber nicht in Betracht, dass Gott auch andere Gründe dafür haben kann, Menschen leiden zu lassen.
Kapitel 12
Hiobs dritte Antwort
1Und Hiob antwortete und sprach:
2Gewiss, denn ihr seid das Volk (die rechten Leute), und mit euch stirbt die Weisheit.
3Auch ich habe einen Brustraum (Herz, Verstand) wie ihr, ich falle nicht niedriger als ihr, und bei wem ist (es etwa) nicht wie dieses?
4Zur Heiterkeit (zum Gespött) für die eigenen Gefährten (Freunde) werde ich, der ich ein Rufer zu Eloah bin – und Er antwortete ihm –, zur Heiterkeit (zum Gespött) (wird) ein makelloser Gerechter.
5Eine Fackel der Verachtung (wird) dem Werken des Sorglosen (zuteil), eine bereitete denen wankenden Fußes.
6(Doch) unbekümmert sind die Zelte der Raffenden, und Sicherheit haben die El Erzürnenden, die, die Eloah in Seine Hand (Gewalt) bringt.
7Aber unwidersprochen (ist's): Frage doch den Behemot (das Nilpferd), dass er dich das Ziel (lehre), und die Vögel der Himmel, dass sie dir's kundtun.
8Oder sinne zur Erde hin, dass sie dich das Ziel (lehre), und die Fische des Meeres erzählen's dir.
9Wer von all diesen weiß nicht, dass die Hand Jewes dies gemacht hat?
10In dessen Hand die Seele alles Lebenden ist und der Geist des Fleisches von jedermann.
11(Ist's) nicht das Ohr, das zu erfüllende (Worte) prüft, und der Gaumen, der die Speise für sich beurteilt?
12In Greisen ist Weisheit, und in der Länge der Tage ist Verständnis.
...
Der Ausspruch Hiobs in Vers zwei ist uns als geflügeltes Wort bekannt: Ihr seid mir die rechten Leute, und mit euch stirbt die Weisheit aus!
Mit Sarkasmus antwortet Hiob seinen drei Freunden, die in ihren eigenen Augen weise sind (Jes. 5:21) und meinen, im Vollbesitz der Weisheit und Hiob überlegen zu sein.
Sollte Hiob denn nicht ebenfalls Verstand haben (Vers 3)? Ist er im Vergleich mit seinen Freunden etwa geringer als sie? Mögen sie ihn zumindest als gleichwertig annehmen. Und sollte eigentlich nicht einer den anderen in Demut höher achten als sich selbst (Phil. 2:3)?
Hiob fühlt sich von seinen Freunden nicht ernst genommen und nicht verstanden (Vers 4). Sie verachten seine Gerechtigkeit, indem sie ihm keine zugestehen. Ihre entsprechenden Reden empfindet er als Gespött, ja ihn zu schulmeistern erheitert sie. Und dies widerfährt einem Mann, der sein Leben lang zu Eloah gerufen hat, der ihm stets geantwortet hatte.
Wie eine auf ihn geworfene brennende Fackel trifft ihn ihre Verachtung (Vers 5). Es ist typisch menschlich, die Schwachen gering zu schätzen, die Erfolgreichen aber hoch zu achten (Vers 6).
Was seine Freunde dem Hiob gesagt haben, ist ihm nicht neu. Selbst die Tiere machen die Erfahrung, dass sie »der Eitelkeit untergeordnet wurden (nicht freiwillig, sondern um des Unterordners willen) in der Erwartung, dass auch die Schöpfung selbst befreit werden wird von der Sklaverei der Vergänglichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes« (Röm. 8:20, 21). Die Tiere leiden, ohne gesündigt zu haben. Können sich die Freunde dementsprechend vorstellen, dass im Falle Hiobs ein Gerechter leidet?
Alles kommt aus Gottes Hand (Vers 10). Jeder Atemzug ist Sein Geschenk. Die Geschöpfe leben, weil sie den Geist Gottes, Seinen Lebensodem, haben und folglich lebende Seelen sind (1. Mose 2:7). In der Hand Gottes ist auch der Lebensweg Hiobs. Was meinen seine Freunde denn da wissen zu können?
Mit den Versen elf und zwölf bedeutet Hiob ihnen, die alt sind und mithin erfahren und weise sein sollten, dass sie es eben aber nicht sind und sie ihre Worte nicht geprüft haben, wie man doch alles Gehörte und selbst die Speise prüfend aufnimmt.
Jewe ist allmächtig
13Bei Ihm ist Weisheit und Macht, Sein ist Rat und Verständnis.
14Ja, Er zerstört, und es wird nicht wieder aufgebaut, Er verschließt (versperrt Ausgänge) über dem Mann, und es wird nicht geöffnet.
15Ja, Er behält die Wasser ein, und sie trocknen aus; und Er entsendet sie, und sie verwandeln das Land.
16Bei Ihm ist Stärke und Umsicht, Sein ist der Irrende und der Irreführer.
17Der die Berater ausgebeutet (beraubt) wegführt (oder: bloßstellt) und Richter rasend macht.
18Die Züchtigung durch Regenten öffnet (löst) Er, und Er bindet einen Gürtel um ihre Lenden.
19Der die Priester ausgebeutet (beraubt) wegführt (oder: bloßstellt) und Beständige (Festgegründete) verdreht,
20der die Sprache der Anvertrauten verändert und den Alten das Urteilsvermögen nimmt,
21der Verachtung auf Willige (Edle) ausschüttet und der den Riemen der Zwingherren schlaff macht,
22der die Tiefen der Finsternis enthüllt und den Todesschatten zum Licht hinausführt,
23der die Nationen hochwachsen lässt und der sie verloren gibt, der die Nationen ausbreitet und der sie leitet,
24der das Herz der Häupter des Volkes des Landes abwendet und der sie irregehen lässt im Chaos, wo kein Weg ist.
25Sie tasten sich durch die Finsternis, und da ist kein Licht, und Er lässt sie irregehen wie einen Berauschten.
...
Die Macht Jewes umfasst alles, nichts ist ausgenommen. Er bewirkt das Gute wie auch das Üble und Böse (Jes. 45:7; Amos 3:6). Es steht Ihm frei. Wie also können die Freunde Hiobs von einer Gegebenheit auf eine Sünde des Betroffenen schließen? Jewe hatte ihnen das Urteilsvermögen genommen (Vers 20).
Die Verse 21 a und 24 b finden sich übrigens in Psalm 107:40 wieder.
Die Tiefen der Finsternis (Vers 22) enthüllt Jewe insofern, als Er weiß, was im Finstern ist (Dan. 2:22), und weil bei Ihm selbst die Finsternis Licht ist (Ps. 139:12). Und Er führt aus dem Todesschatten zum Licht, da Er den Tod aufhebt und dafür Leben und Unvergänglichkeit ans Licht bringt (2. Tim. 1:10).
Kapitel 13
Hiob kritisiert seine Freunde
1Ja, alles sah mein Auge (und) hörte mein Ohr und verstand es.
2Wie eure Erkenntnis, so erkenne ich, auch ich; ich falle nicht niedriger als ihr.
3Unwidersprochen (ist's): Ich, ich rede zu Schadaj, und es gefällt mir, dem El Recht zu geben.
4Aber unwidersprochen (ist's): Ihr seid (solche), die Falschheit anheften (andichten), Heiler wie Abgötter (Kurpfuscher) (seid) ihr alle.
5Wer gibt's, dass ihr schweigt, ja schweigt, sodass es euch zur Weisheit gereicht?
6Hört doch meine Rechtsdarlegung, und merkt auf die Streitreden meiner Lippen.
7(Ist's) für El, dass ihr Arges redet, und für Ihn, dass ihr Betrügerisches redet?
8(Ist's), dass ihr Sein Angesicht erhebt, wenn ihr für El streitet?
9(Ist's) gut, dass Er euch erforscht, wenn ihr groben Scherz mit Ihm treibt, wie man mit einem Mann groben Scherz treibt?
10Richten, ja richten wird Er euch, die ihr (euer) Angesicht im Verborgenen erhebt.
11Wird's nicht euch erschrecken, wenn Er Sich erhebt, und (wird nicht) Sein Angsterregendes auf euch fallen?
12Eure Gedenkzeichen (Denksprüche) gleichen der Asche, zur Wölbung des porigen Lehms hin sind eure (hoch) Gewölbten (Gedanken).
...
Hiob bestätigt seinen Freunden, dass er alles, was sie sagten, verstanden hat (Vers 1). Was sie wissen, das weiß er ebenfalls (Vers 2). Er ist nicht geringer als sie.
Dennoch besteht ein großer Unterschied zwischen ihnen: Hiob redet den Schadaj an und ehrt Ihn (Vers 3), die Freunde aber reden Falsches, und schlimmer noch: sie unterstellen ihm Falschheiten (Vers 4). Sie wollen seine Seelenärzte sein – Quacksalber sind sie! Hätten sie geschwiegen, hätte er sie für weise gehalten (Vers 5). Die Bitte Hiobs, ihm endlich zuzuhören (Vers 6), ist eine Rüge.
Er ermahnt sie: Habt ihr geprüft, was ihr redetet? Dienten eure Reden zur Ehre Els (Verse 7 + 8)? Wir sagen mit Römer 10:2: »Sie haben Eifer für Gott, jedoch nicht in rechter Erkenntnis.«
Entscheidend ist, dass El die Gedanken der drei prüft, Sich erhebt und sie richtet (Verse 9 + 10). Sie werden sich davor fürchten müssen (Vers 11).
Ihre Sprüche sind wertlos wie Asche, ihre Theologie nur wie eine Wölbung auf einem Lehmziegel (Vers 12). Sie kennen ihre Theologie, sie kennen aber nicht Gott.
Höret, ja höret
13Schweigt, weg von mir, und ich, ich will (zu El) reden, und es gehe über mich hinüber, was (will).
14Aufgrund von was trage (nehme) ich (risikobereit) mein Fleisch (meinen Leib) zwischen meine Zähne und lege ich meine Seele (mein Leben) (risikobereit) in meine Hand?
15Ja, Er killt mich, ich warte nicht mehr, jedoch rechtfertige ich meine Wege vor Seinem Angesicht.
16Auch dies noch (dient) mir zur Rettung, denn Befleckendes kommt (Befleckte kommen) nicht vor Sein Angesicht.
17Höret, ja höret mein sich erfüllendes Wort, und meine Belebung (zur Belebung führende Darlegung) sei in euren Ohren.
18Da, sieh doch! Ich habe die Rechtssache bereitet, (und) ich erkenne, dass ich, ich gerechtfertigt werde.
19Wer ist er (ist da jemand), der mit mir streitet? Denn nun schweige ich und hauche aus.
...
Mögen die Freunde, die keinen Durchblick haben, nun doch bitte schweigen; von El will Hiob die Wahrheit hören.
Er ist fest entschlossen, erneut zu El zu beten; sein Gebet folgt ab Vers 20 und endet mit Kapitel 14:22. Dafür geht er jedes Risiko ein; er ist bereit zu sterben, wenn er den Rechtsstreit mit El verlieren sollte. Er wird seine Wege rechtfertigen und weiß im Glauben, dass El ihn rechtfertigen, das heißt für gerecht erklären wird. Das ist wahrlich ein kühner Glaube.
Einen Schuldigen würde El gar nicht erst anhören. Kommt Hiob aber vor das Angesicht Els, so wird ihm dies zur Rettung dienen, selbst wenn Er ihn zunächst töten müsste. Er ahnt, dass selbst der Tod ihn nicht von der Liebe Gottes scheiden wird (Röm. 8:35 - 39). So überkommt ihn eine gewisse Zuversicht und die Kraft, seine Sache vorzubringen.
Und sollte doch noch irgendjemand da sein, der ihm, mit ihm streitend (Vers 19), eine Schuld nachweist, so sei das von den Freunden erbetene Schweigen an ihm, so wolle er schweigen und sterben.
Hiobs drittes Gebet
20Jedoch tue (es) nicht zweimal an mir, dann – weg von Deinem Angesicht – verberge ich mich nicht.
21Entferne Deine (lastende) Hand von mir, und Dein Grauen erschrecke mich nicht.
22Und rufe, und ich, ich antworte, oder ich rede, und Du entgegnest mir.
23Wie viele Vergehungen und Verfehlungen habe ich? Lass mich meine Übertretung und meine Verfehlung erkennen.
24Warum verbirgst Du Dein Angesicht und rechnest mich Dir zum Feind?
25(Ist's, dass) Du durch ein verwehtes Blatt gescheucht wirst und Du vertrocknetes Stroh verfolgst,
26dass Du mir Bitternisse zuschreibst und mich entrechtest wegen Vergehungen meiner Jugendzeiten?
27Und Du legst meine Füße in den Block und beobachtest all meine Pfade, auf die Ballen meiner Füße meißelst (zeichnest) Du (tiefe Striemen).
28Und er (der Block), wie Fäulnis zerfalle er, wie ein Gewand, das die Motte fraß.
...
Mit Vers 20 könnte Hiob vielleicht gemeint haben: Ein einziges Urteil genüge; danach – nachdem ich von Deinem Angesicht weggegangen bin – will ich mich nicht verbergen, sondern offen zu Deinem Urteil stehen.
Es geht dem Leidenden um ein Gerichtsurteil, das auf einen Freispruch und damit eine Befreiung von der schweren Erkrankung lauten müsse (Vers 21).
Hiob fordert El nun zur Gerichtssitzung auf, in der der eine redet und der andere entgegnet (Vers 22). Und er stellt, wie es sich in einem Prozess gehört, die klare Frage, wie viele Sünden er habe (Vers 23).
Aber El schweigt (Vers 24). Das ist nicht zu verstehen. So fragt Hiob, warum El Sein Angesicht verbirgt und ihn als Feind ansieht. Gibt es eine Erklärung dafür, dass El ihn, der ohnehin schon am Boden liegt und so gering wie ein verwehtes Blatt ist, so intensiv verfolgt und plagt (Vers 25)? Warum nimmt El vertrocknetes Stroh so ernst? Sollten etwa Jugendsünden aus längst vergangenen Tagen der Grund sein, die jetzt erst und jetzt an einem Gerechten und so maßlos geahndet werden?
Da keine Antwort Els kommt und Hiob immer noch nicht weiß, was El ihm vorwirft, sondern nur sieht, dass seine Einengungen wie ein Fußblock geblieben sind (Vers 27), ist er gemäß dem unterstellten erbarmungslosen Vergeltungsschema von Schuld und Strafe wieder auf sich selbst und damit in die Hoffnungslosigkeit zurückgeworfen.
Kapitel 14
Fortsetzung des Gebets
1Der Mensch, von einer Frau geboren, kurz der Tage und satt des Bebens (Zitterns).
2Wie eine Blüte geht er auf und welkt und weicht wie der Schatten, und er besteht nicht.
3Sogar über diesem (geringen Menschen) tust Du Dein Auge auf, und mich bringst Du ins Gericht bei Dir.
4Wer gibt's, (dass) Reines aus Bemakeltem (kommt)? (Freie Übertragung: Kann ein Reiner aus einem Unreinen kommen?) Nicht einer!
5Wenn seine Tage, die Zahl seiner Monate bei Dir beschlossen sind, wenn Du die für ihn festgesetzte (Grenze) gemacht hast, die er nicht überschreitet,
6(so) beachte ihn nicht, sodass er ablässt (von seinem Fragen, Beben, Zittern), bis er wie ein Gedungener (Tagelöhner) Gefallen an seinem Tag hat.
7Denn dem Baum wird das Erharrte zuteil: Wenn er abgeschnitten wird, lässt er doch noch knospen, und sein Schössling bleibt nicht aus.
8Wenn seine Wurzel in der Erde altert und sein Strunk im Staub erstirbt,
9vom Geruch der Wasser knospt er wieder und bringt einen kurzen (jungen Trieb) hervor wie einen Setzling.
10Aber ein Mächtiger stirbt, und er streckt sich nieder, und es haucht der Mensch aus, und wo ist er?
11Es schwinden die Wasser aus dem Meer, und ein Strom wird zur Wüste und trocknet aus,
12ebenso legt ein Mann sich hin und steht nicht wieder auf. Bis dass die Himmel nicht mehr sind, erwachen sie nicht und werden nicht aus ihrem Schlaf erweckt.
...
Der Mensch – seine Lebenszeit ist voller Unruhe und kurz (Vers 1). Er ist wie eine Blüte, die alsbald abfällt (Ps. 90:5, 6; 103:15, 16), und wie ein Schatten, der ebenfalls schnell vergeht (Vers 2).
Warum wacht Gott über solch ein geringes Geschöpf und bringt es sogar ins Gericht (Vers 3)? Warum spürt Gott dem so schwachen Menschen, der nahezu ein Nichts ist, so eifernd nach?
Kann denn der Mensch etwas dafür, dass er so ist und dass er als Sünder geboren wurde (Vers 4)? Warum zieht Gott ihn dann vor Gericht? Durch Adam drang die Sünde in die Welt ein und durch die Sünde der Tod, der zu allen durchdrang, worauf alle sündigten (Röm. 5:12). Durch Adams Ungehorsam wurden alle als Sünder eingesetzt und kommt es für alle zur Verurteilung (Röm. 5:18, 19).
Hiob beugt sich demütig unter diese Wahrheit, dass kein Reiner aus einem Unreinen kommen kann und er also nicht schuldlos ist. Die Frage ist allerdings, welche besondere Sünde denn sein furchtbares Leiden rechtfertigen würde.
Gott ist allmächtig. Unser Todestag steht längst fest (Vers 5). Aber auch der Tag unserer Verwandlung und Entrückung (1. Kor. 15:51;
1. Thess. 4:17), ja zu allen Menschen wird Elohim sprechen: »Kehrt zurück, Söhne Adams!« (Ps. 90:3; 1. Kor. 15:22, 26).
Schön wäre es für den Menschen und gerade für Hiob, wenn Gott mal wegblicken und ihn in Ruhe lassen würde statt ihm ständig zu beobachten und ihm auf die Finger zu schlagen, wenn er etwas Übles täte (Vers 6).
Ein Baum hat noch eine Erwartung, er kann wieder treiben (Vers 7 - 9), Hiob aber kann nur hoffnungslos und lebensmüde feststellen, dass mit dem Tod eines Menschen alles für ihn aus ist (Vers 10), bis die Himmel nicht mehr sind (Vers 12). Himmel und Erde werden nach dem nächsten Äon, dem tausendjährigen Königreich Israels, vergehen (Mat. 24:35; 2. Pet. 3:12; Off. 20:11). Und dann erwachen die Toten zum Gericht vor dem großen, weißen Thron (Off. 20:12). Dies ist eine allgemeine Aussage, denn unsere Erwartung, die wir zur Leibesgemeinde gehören, tritt bereits vor den sieben Jahren der Zorngerichte Gottes ein, und Israels Erwartung wird zu Beginn des Tausendjahrreichs erfüllt.
Hiob wartet auf seinen neuen Leib
13Wer gibt's (O dass Du es gibst), dass Du mich im Scheol verwahrst, mich verbirgst bis Dein Zorn sich legt, Du mir (Dein) Gesetz setzt, aber meiner gedenkst.
14Wenn ein Mächtiger (Mann) stirbt, wird er wieder leben? Alle Tage meines Heeresdienstes warte ich bis zum Kommen meines Wechselbaren (Kleides, neuen Kleides; hier: neuen Leibes).
15Du rufst (mich) dann, und ich, ich antworte Dir, (denn) Du sehnst Dich zum Werk Deiner Hände.
16Denn nun zählst Du meine Schritte, nicht achtest Du (peinlich genau) auf meine Verfehlung.
17Im Schnürsäckchen ist meine Übertretung versiegelt, und Du heftest (ein zudeckendes Schild) an über meiner Vergehung.
18Aber unwidersprochen ist's: Ein stürzender Berg zerfällt, und ein Fels wird von seiner Stelle weggerückt.
19Die Wasser zerreiben Steine; und das ihr (der Stelle) von selbst Wachsende überspülst Du mit dem Staub des Erdreichs, und so lässt Du das Erharrte des Mannes verloren gehen.
20Du nimmst ihn für dauernd in Deine Gewalt, und er geht (dahin); entstellt ist sein Angesicht, und Du entsendest ihn (in den Tod).
21Werden seine Söhne geehrt, so weiß er's nicht, und werden sie gering, so merkt er nichts davon.
22Jedoch sein Fleisch schmerzt an ihm, und seine Seele auf ihm trauert.
...
In seinem schweren Leiden bleibt dem Hiob nichts anderes übrig, als um den Tod zu bitten (Vers 13) und im Scheol, dem Unwahrnehmbaren, dem Totenreich, verwahrt zu werden, durchaus unter dem Gesetz, unter den festgesetzten Bedingungen Els. Zugleich betet Hiob darum, seiner zu gedenken, wenn der Zorn Els sich gelegt hat. Der Tod ist nicht nur ein Erlöser, sondern auch ein Zufluchtsort vor dem Zorn Gottes. Hiob weiß um das »Bis« und harrt auf seine Auferweckung. »Jewe tötet und macht lebendig, Er bringt in den Scheol und bringt wieder herauf« (1. Sam. 2:6).
Alle Tage seines hiesigen Frondienstes wartet Hiob auf sein Wechselbares (Vers 14). Der Begriff wird für Kleidungstücke gebraucht, Hiob meint hier aber seinen neuen Leib. El wird alles neu machen (Off. 21:5).
Und dann, in der Auferstehung, wird El ihn rufen, und er wird antworten, denn El sehnt Sich nach Seinen Geschöpfen (Vers 15). Gott ist Liebe, und Ihn verlangt nach dem Werk Seiner Hände; Er wird die Menschen wieder ins Leben zurückrufen. Jesus Christus hebt den Tod auf bringt dafür Leben und Unvergänglichkeit ans Licht
(2. Tim. 1:10).
Dann wird El dem Hiob nicht mehr nachspüren (Vers 16), wie er es momentan empfindet. Dann sind seine Verfehlungen eingeschlossen und zugedeckt (Vers 17).
Hiobs Gedanken wenden sich wieder der Gegenwart zu. Und da gilt und kann nicht widerlegt werden: Der Tod ist unausweichlich (Verse 18 - 21). Wie Felsen zerfallen und Wasser Steine zerreibt, so löst sich Hiobs Körper unaufhaltsam auf.
Am Todestag zerrinnen alle Pläne eines Menschen (Ps. 146:4), und ob es seinen Söhnen gut oder schlecht ergehen wird, erfährt er nicht mehr (Vers 21).
Sein Gebet abschließend will Hiob zu verstehen geben, warum er in dieser Weise gebetet hat: weil sein Fleisch schmerzt und seine Seele trauert und er gegenwärtig nur den Tod als seinen Befreier von seinem Leiden herbeisehnen kann.
Eliphas eröffnet den zweiten Redezyklus
(Hiob 15 - 18)
Kapitel 15
Eliphas' zweite Rede
1Und Eliphas, der Temaniter, antwortete und sprach:
2Wird ein Weiser mit Erkenntnis (aus) Wind antworten, und füllt ein Ostwind seinen Bauch?
3(Ist's, dass) er Recht erweist mit Worten, die nicht wohlgepflegt sind, und in sich erfüllen sollenden Worten, mit denen er nicht nützt?
4Sogar du, du zerbröckelst das Fürchten und minderst das Nachsinnen angesichts Els.
5Denn deine Vergehung belehrt deinen Mund, und du erwählst die Zunge der Listigen.
6Dein Mund bezichtigt dich des Frevels und nicht ich, und deine Lippen antworten gegen dich.
7Wurdest du als erster der Menschen geboren, und wurdest angesichts der Hügel hervorgebracht?
8(Ist's, dass) du im geheimen Rat Eloahs zugehört und die dir zugekommene Weisheit entwendet hast?
9Was erkennst du, und wir erkennen's nicht, verstehst du, und bei uns ist es nicht (ebenso)?
10Unter uns ist auch ein Ergrauter, auch ein Greis, reicher an Tagen als dein Vater.
11Sind dir die Tröstungen Els zu wenig oder ein Wort, das behutsam mit dir (umgeht)?
12Was nimmt dein Herz (ein), und was kullern deine Augen,
13dass du deinen Geist gegen El kehrst und aus deinem Mund (solche) sich erfüllen sollende Worte herausgehen lässt?
14Was ist der Mann, dass er geläutert sein (könnte), und dass ein von einer Frau Geborener gerechtfertigt sei?
15Ja, (selbst) Seinen Heiligen vertraut Er nicht, und die Himmel sind nicht durchläutert in Seinen Augen,
16gar denn ein Gräuelhafter und Unbrauchbarer, ein Mann, der Arges wie Wasser trinkt.
...
Der Ton wird schärfer. Eliphas tadelt Hiob als uneinsichtigen Sünder.
Ein Weiser, wenn denn Hiob einer wäre, würde nicht mit Erkenntnis aus Wind, mit Nichtigkeiten, antworten (Vers 2), sondern wohlgepflegte, wahre, sinnvolle und nützliche Worte reden (Vers 3). Solche hat Eliphas bei Hiob vermisst.
Da Hiob keine Schuld eingestehen will, muss Eliphas erzürnt folgern, dass sein Freund keine Gottesfurcht hat, ja mit seiner Bockigkeit die Furcht all seiner Mitmenschen vor El überhaupt untergräbt (Vers 4). Gottesfurcht ist der Anfang, das Fundament der Weisheit (Ps. 111:10; Spr. 9:10; Hiob 28:28).
Dann versteigt sich Eliphas zu sagen, dass Hiob sich mit seinen Worten selbst entlarvt habe (Vers 6). Sein Mund sei von der Sünde gesteuert gewesen, und er habe seine Worte mit List gewählt (Vers 5). Was er gesagt hat, spräche gegen ihn selbst. Im Übrigen dürfte Eliphas die Selbstrechtfertigung Hiobs als Anmaßung und Sünde angesehen haben, was allein schon Grund genug dafür wäre, dass El ihn auch weiterhin mit Geschwüren schlägt. Hiob muss ein verhärteter Sünder sein.
Und ein überheblicher, der sich so hoch einschätzt wie einer, der von der Schöpfung an in der Ratsversammlung Els sitzt und die Weisheit für sich gepachtet habe (Verse 7 + 8).
Hiob hatte zuvor mit Ironie zu seinen Freunden gesagt: »Mit euch stirbt die Weisheit aus« (Kap. 12:2). Deshalb stellt Eliphas jetzt klar, dass Hiob auch nicht weiser sei als sie (Vers 9; vgl. 12:3; 13:2).
Hiob hatte deutlich gemacht, dass bei Greisen Weisheit ist, leider aber nicht bei seinen Freunden (Kap. 12:12). Darauf antwortet Eliphas, dass er älter sei als Hiobs Vater wurde (Vers 10). Damit bringt er zum Ausdruck, dass Hiob nun endlich auf ihn hören soll; die Älteren sind zu ehren.
Gekränkt fragt Eliphas den Hiob, ob ihm denn die Tröstungen Els, nämlich seine Allmacht und Gerechtigkeit, die die drei Freunde ihm im ersten Redezyklus behutsam zugesprochen hatten mit der doch gut gemeinten Empfehlung, El um Vergebung zu bitten (Kap. 8:5), nicht recht oder nicht ausreichend wären (Vers 11). Hiob scheint undankbar gegenüber all dem Zuspruch zu sein.
Gereizt beschuldigt Eliphas den Hiob alsdann sogar, sich bewusst gegen El zu wenden (Verse 12 + 13).
Im Übrigen müsse Hiob doch wissen, dass es keinen schuldlosen Menschen gibt (Vers 14). Ja, »es gibt keinen Gerechten, auch nicht einen« (Röm. 3:10).
Es folgt das niederträchtige Wort (Vers 15), das Eliphas von einem bösen Geist in der Nacht gehört hatte (Kap. 4:12 - 21), dass El noch nicht einmal Seinen Heiligen vertraue (Kap. 4:18), den Engeln und ihren Fürsten. Es ist allerdings richtig, dass die Himmel nicht rein sind, da der Satan und seine Boten noch dort wohnen; sie werden erst in der Mitte des letzten Jahrsiebeners auf die Erde hinabgeworfen (Off. 12:9).
Eliphas ist überzeugt, dass Hiob etwas Gräuelhaftes verübt haben muss und auch weiterhin Arges wie Wasser trinkt (Vers 16) – ein ungeheuerlicher Vorwurf, eine infame Kränkung.
Wie es den Frevlern ergeht
17Ich belebe dich (trage dazu bei, dass du am Leben bleibst), höre mir zu! Ja, dies schaute ich, und ich will erzählen,
18was die Weisen berichten und von ihren Vätern her nicht verhehlten
19– ihnen, ihnen allein war die Erde gegeben, und kein Fremder ging in ihrer Mitte darüber hin –:
20Alle Tage des Frevlers durchwirbelt er (El), und eine (kleine) Zahl an Jahren ist dem Schreckeneinjagenden bestimmt.
21Die Stimme der Ängste ist in seinen Ohren, (selbst) im Frieden kommt ein Raffender (Räuber) über ihn.
22Nicht glaubt er, dass er aus der Finsternis zurückkehre, und er ist für das Schwert erspäht (ausersehen).
23Ein Verstoßener ist er bezüglich des Brotes – wo ist es? Er erkennt, dass der Tag der Finsternis über seiner Hand bereitet ist.
24Bedrängnisse und Einengungen schrecken ihn, sie (die Einengung) umschließt ihn wie ein Regent, (wie) ein zum Sturmangriff Bereitgestellter.
25Denn gegen El streckte sich seine Hand aus, und bis hin zum Schadaj (Allgenugsamen) ermächtigte er sich (überhob er sich heldisch).
26Er rannte gegen Ihn an mit gerecktem Hals, mit der Dicke der Buckel seiner Schilde.
27Denn sein Angesicht bedeckte sich mit seinem Fett, und er setzte Schwammiges auf den Hüftknochen an.
28Und er bewohnte Städte der Verhohlenen (der verborgenen Wesen), Häuser, in denen man nicht wohnt, die für's Geröll bereitgestellt sind.
29Nicht wird er reich, und nicht ersteht sein Vermögen, und nicht breitet es (sein Vermögen) (den Weg) Versperrendes im Land aus.
30Nicht kehrt er sich ab von der Finsternis; seine Schösslinge trocknet eine Feuerlohe aus, und so schwindet er infolge des Geistes (Hauchs) Seines Mundes (des Mundes Els) dahin.
31Nicht ist er treu infolge seines Wahns; er ist irregeführt, denn Wahnhaftes tauschte er ein.
32Noch ehe sein Tag da ist, erfüllt es sich, und sein Palmzweig ist nicht üppig.
33Er tut wie ein Rebstock seinem Herbling Gewalt an (stößt ihn ab) und wirft wie ein Ölbaum seine Blüte ab.
34Denn die Zeugenschar (Freundeskreis) des Befleckten ist verkrümmt (verkehrt und verdreht), und Feuer frisst die Zelte des Bestechungsgeschenks.
35Schwanger mit Mühsal und Ichhaftes gebärend, und ihr Bauch bereitet Betrug.
...
»Höre mir zu!« Früher hörte man auf den Rat Hiobs, sogar Fürsten hielten zu reden inne (Kap. 29:9, 21). Jetzt billigt ihm keiner seiner Freunde auch nur die geringste Weisheit zu (Vers 17). Gleichwohl möchte Eliphas nicht, dass Hiob umkommt, und ermahnt ihn deshalb mit einer drastischen Beschreibung des Schicksals der Gottlosen, die zu einem heilsamen Erschrecken und zur Umsinnung führen soll.
Eliphas beruft sich auf die Weisheit der Vorfahren aus ältester Zeit, deren Erkenntnis nicht durch fremden Einfluss verfälschst war (Verse 18 + 19).
Hiob hatte erwähnt, dass es Frevler gäbe, die unbekümmert und in Sicherheit leben (Kap. 12:6; Ps. 73:4). Darauf entgegnet Eliphas, dass dies nur für wenige Jahre zutreffen könne (Vers 20), und selbst wenn nach außen hin alles gut aussehe, wären die Sünder dennoch immer gehetzt von der Gier nach Wohlstand und Sicherheit und von Ängsten befallen. El bringe viel Unruhe in ihr Herz und mancherlei Wirbel in ihren Alltag.
Selbst in Friedenszeiten kämen Räuber über sie (Vers 21). Eliphas brauchte nicht zu sagen, dass genau dies auf Hiob zutreffe, dessen Herden von den Schebäern und den Chaldäern am helllichten Tag überfallen wurden (Kap. 1:15, 17).
Die Angst vor dem Tod habe den Frevler fest im Griff wie ein Regent, wie eine militärische Übermacht (Verse 22 - 24). Der Gottlose lebe in ständiger Angst vor Gefahren, Bedrängnissen und Unfällen.
Und was ist der Grund dafür? Die Verse 25 bis 27 sind auf Hiob gemünzt: Die Frevler würden sich nicht nur überheben, sondern sich sogar El gleich fühlen, ja Ihm trotzen und gegen Ihn kämpfen. Anders kann Eliphas die Reden Hiobs nicht bewerten.
Mit dem Reichtum Hiobs sei es ja nun vorbei (Vers 29).
Und trotz all dem kehre Hiob sich nicht von der Finsternis ab (Vers 30). Er muss so einer sein wie die Menschen im Allgemeinen, die die Finsternis mehr lieben als das Licht, weil ihre Werke böse sind (Joh. 3:19).
Die Schösslinge des Frevlers werden von Feuerlohen ausgetrocknet, so wie Feuer vom Himmel fiel und das Kleinvieh und die jungen Hirten Hiobs verzehrte (Kap. 1:16).
Und nun – Hiob erfährt es gerade am eigenen Leib: er schwindet dahin infolge des Hauchs Els (Vers 30).
Hiob lebe in der Wahnvorstellung seiner eigenen Gerechtigkeit und gleiche damit den Palmen, Rebstöcken und Ölbäumen, die nicht zur Reife gelangen (Verse 31 - 33). Er gebäre nur Selbstsüchtiges (Vers 35; Jes. 59:4; Ps. 7:15).
Mit diesen Worten meint Eliphas den Hiob aus seinem Selbstbetrug aufgerüttelt zu haben. Leider verkennen seine Freunde ihn völlig. Sie werfen ihn nur auf sich selbst zurück und vermehren auf diese Weise sein Leiden. Hiob sucht doch die Antwort Els auf seine Fragen nach dem Warum und Wozu seines Leidens. Die Antwort Els könnte auch aus dem Mund seiner Freunde kommen, doch sie bereiten ihm nur noch weitere Schläge Satans.
Kapitel 16
Hiobs vierte Antwort
1Und Hiob antwortete und sprach:
2Dergleichen hörte ich schon oft, mühselige Tröster seid ihr alle.
3Haben die Worte (aus) Wind ein Ende, oder wonach trachtest du, dass du antwortest?
4Auch ich, wie ihr will ich reden: Wenn doch eure Seele an der Stelle meiner Seele wäre, (dann würde) ich (mich) (ironisch gemeint) gegen euch mit sich erfüllen sollenden (Worten) verbünden und mein Haupt gegen euch schütteln.
5(Dann würde) ich euch festigen mit meinem Mund, und verstoßende (Aussprüche) meiner Lippen würde er (der Mund) zurückhalten.
...
Leidige Tröster sind Hiobs Freunde, ihre Worte sind unpassend, kraftlos, nichtig.
Wäre er an ihrer Stelle, könnte er leichthin gegen sie reden und sein Haupt verächtlich über sie schütteln. Aber nein, das würde er nicht tun, sondern ihnen zusprechen und sie kräftigen sowie beschuldigende und verurteilende Aussprüche vermeiden.
Hiob schildert sein Leiden
6Wenn ich rede, wird mein Schmerz nicht gelindert, und meide ich's, was weicht dann von mir? (Nichts von dem Schmerz.)
7Jedoch nun hat Er (Gott) mich erschöpft gemacht. Du machtest meine gesamte Zeugenschar (Gemeinschaft, Hausstand) öde
8und zerknittertest mich; zum Zeugen wurde es (das zeugt gegen mich). Und die mich (betreffende) Verleugnung erstand gegen mich, gegen mein Angesicht antwortet (spricht, zeugt) sie.
9Sein Zorn zerriss, und Er grollte mir, Er knirschte wider mich mit Seinen Zähnen, der mich Bedrängende schärft Seine Augen wider mich.
10(So) reißen sie ihren Mund auf wider mich, mit Schmach schlagen sie meine Wangen, gemeinsam versammeln sie sich wider mich.
11El liefert mich dem Verarger (dem Bösen, einer bösen Person, dem mich Verunglimpfenden) aus, und in die Hände der Frevler raufte Er mich weg.
12Ein Unbekümmerter war ich, da zerbröselte Er mich; und Er fasste mein Genick und zerstreuselte mich und stellte mich zu Seinem Zielobjekt auf.
13Seine Meisterschützen kreisen (mich), gegen mich (gerichtet), ein. Er zerschlitzt meine Nieren und verschont nicht, Er schüttet meine Galle auf die Erde aus.
14Er (schlägt) mir Breschen, Bresche auf Bresche; Er läuft gegen mich an wie ein Mächtiger (Krieger).
15Ein Sackgewand nähte ich über meine Verkrustung (verkrustete Haut) und machte mein Horn (Macht, Würde, der Würde entsprechende Kleidung) kahl im Staub (entledigte mich der meiner Würde entsprechenden Kleidung im Staub).
16Mein Angesicht schäumt vom Weinen, und auf meinen Wimpern ist der Todesschatten,
17obwohl keine Gewalttat in meinen Händen und mein Gebet lauter ist.
...
Schmerzen auf Schmerzen, Leiden über Leiden, in ergreifenden Bildern geschildert. Hiob empfindet El als seinen Feind. El setzt Hiob zudem dem Spott und den Schmähungen der Menschen aus. Sogar Deine Freunde sind jetzt seine Gegner.
Dabei weiß Hiob, dass dies alles von El, dem Allmächtigen und alles nach Seinem Ratschluss Bewirkenden (Eph. 1:11), kommt. Das ist die unerschütterliche Grundlage des Glaubens Hiobs. Er hält an El fest. (Auch dies ist von El.) Allerdings – da Hiob sich als unschuldig und sein Gebet als rein einschätzt, sind ihm seine Qualen unerklärlich, ja müssen sie ihm als unbegründet erscheinen.
Hiob ruft die Erde und den himmlischen Zeugen an
18Das Erdreich möge mein Blut nicht bedecken, und kein Ort sei meinem Wehgeschrei!
19Auch nun noch, siehe, in den Himmeln ist mein Zeuge, und mein Feldspäher (der Gewährsmann zu meinem Schutz) ist in den Höhen.
20Meine Übersetzer (die das Handeln Els an mir falsch Auslegenden) sind meine Gefährten; zu Eloah hin tränt mein Auge.
21Und er (der Zeuge) erweist (schafft) dem Mächtigen Recht bei Eloah und der Sohn Adams seinem Gefährten.
22Denn Jahre, (gering an) Zahl, treffen ein, und dann gehe ich einen Pfad, (auf) dem ich nicht zurückkehre.
...
Hiob will nicht unschuldig zu Tode kommen, und sein Blut soll nicht wegen der Ungerechtigkeit seines Todes zum Himmel schreien (Vers 18), wie das Blut des gerechten Abel vom Erdboden her zu Jewe schreit (1. Mose 4:10).
Der Schmerzgeplagte muss aber zur Kenntnis nehmen, dass seine Jahre zu Ende gehen und er vom Tod nicht zurückkehren wird (Vers 22). Er weiß durchaus um die Auferstehung (Kap. 14:12 - 15; 19:25 - 27), aber zunächst gibt es keine Rückkehr aus dem Tod.
Angesichts des Todes und des Versagens seiner Freunde ist Eloah der Einzige, von dem er die Auflösung all seiner Probleme erwarten kann. Wenn sich auf der Erde kein Zeuge seiner Unschuld meldet, dort oben in den Himmeln ist ein Zeuge. Schließlich späht Elohim von den Himmeln her auf die Söhne Adams (Ps. 53:3) und erforscht Sein Geist alles (1. Kor. 2:10). Gott Selbst ist Geist (Joh. 4:24). So ist also Gott Selbst Hiobs Zeuge vor Gott.
Da Hiob von einem Zeugen vor Eloah, also vor Jesus Christus, dem Mittler zwischen Gott und Menschen, spricht, dürfte der Zeuge der Geist Jesu sein (Röm. 8:9), der sich für Hiob verwendet (Röm. 8:26, 34). Jesu Geist ist der Geist Gottes; Er hat ihn vom Vater. – Vielleicht gab der Geist dem Hiob bereits die ungefähre Erkenntnis, dass am Thron Gottes das eine der vier Tiere, der vier Cherubim, mit dem Angesicht eines Menschen, das voller Augen ist und alles erspäht (Off. 4:6 - 8), Zeuge von allem ist und für die eintritt, die es repräsentiert. Oder dass die Ältestenschaft der Zeuge ist; die 24 Ältesten sind mit weißen Kleidern, also mit Gerechtigkeit, bekleidet (Hiob sucht Gerechtigkeit) und wissen, dass das All und mithin auch Hiob »für den Willen« Gottes erschaffen ist (Off. 4:4, 11). Sie verkünden übrigens, dass Jesus die Gläubigen mit Seinem Blut erkauft hat (Off. 5:9), und könnten somit vor Jesus unter Berufung auf das Blut für Hiob sprechen. Wie dem auch sei, Hiob weiß jedenfalls, dass ein Zeuge in den Himmeln sich für ihn einsetzt.
Mit vielen Tränen appelliert Hiob an Eloah; von seinen Freunden ist nichts zu erwarten (Vers 20).
Hiob stellt seine Sache der höchsten Instanz anheim; nur diese kann ihm Recht verschaffen und zudem bewirken, dass die Menschen ihren Gefährten Recht erweisen (Vers 21). Hiobs Glaube steht auf einer hohen Stufe, er weiß, dass Eloah, auch wenn Er Sich ihm derzeit entzieht, für alles sorgen wird.
Kapitel 17
Abschluss der vierten Antwort Hiobs
1Mein Geist ist umstrickt, meine Tage sind verglimmt, das Grab (wörtlich: Gräber) ist mir.
2Wenn (doch) nicht Witzige (Spötter) bei mir wären, sodass mein Auge in ihrer gegen mich (gerichteten) Bitternis nächtigen (muss).
3Setze doch (ein Pfand) ein, bürge für mich bei Dir (Eloah), wer ist es sonst, der in meine Hand einschlägt?
4Denn ihr Herz verwahrst (verschließt) Du, weg von der Klugheit, darum erhöhst Du sie nicht.
5Über einen Anteil (an einem Vermögen) berichtet (einer) den Gefährten, aber die Augen seiner Söhne verschmachten.
...
Es geht zu Ende mit Hiob (Vers 1) – jedenfalls sieht er es so. Sein Geist ist mit Stricken umgeben bis zur Erdrosselung.
Unerträglich ist des Weiteren, dass seine Freunde sich als Witzlinge entpuppt haben und gegen ihn eingestellt sind (Vers 2). Sie glauben ihm nicht, sie halten ihn für einen argen Übeltäter, der die gerechte Strafe erleidet. Keinen Trost spenden sie ihm, kein Licht werfen sie auf Gottes Handlungsweise an Hiob, keine Zuversicht vermitteln sie ihm.
Hiobs einzige Chance ist Eloah Selbst; Er möge für ihn bürgen, Er möge den Handschlag zu seiner Rettung leisten (Vers 3). Nur mit Eloah ist Einvernehmen zu erzielen. Hiob weiß, dass sein Schicksal in Eloahs Händen steht – und in niemandes Händen sonst.
Und auch dies weiß Hiob, warum nämlich seine Freunde blind sind. Ihr Herz ist verschlossen, sie reden ohne Einsicht (Vers 4). Wie kommt das? Gott Selbst hat ihren Verstand blockiert, ebenso wie es in 5. Mose 29:3 heißt: »Aber nicht gab Jewe euch ein Herz, um zu erkennen, und Augen, um zu sehen, und Ohren, um zu hören; und so ist's bis auf diesen Tag.« Ja, »Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme« (Röm. 11:32). Wunderbar leuchten mit diesem Wort Zweck und Ziel des Handelns Gottes auf.
Vers fünf ist schwer zu verstehen. Vielleicht ist gemeint, dass die drei Freunde sich einen Besitz an Weisheit ausrechnen und einander davon erzählen, Eloah aber die der Weisheit entbehrenden Freunde nicht erhöhen (Vers 4 b), ihnen nicht die Oberhand über Hiob geben wird und ihre Söhne umkommen werden.
Der Gerechte hält an seinem Weg fest
6Und Er (Eloah) stellt mich den Völkern zur (spotthaften) Gleichnisrede hin, und ein ins Angesicht Bespiener werde ich.
7Und mein Auge wurde vom Gram getrübt, und all meine geformten (Glieder) sind wie ein Schatten.
8Die Geraden (Aufrichtigen) entsetzen sich darüber, und der Schuldlose regt sich über den Befleckenden (Übeltäter) auf.
9Aber der Gerechte hält an seinem Weg fest, und der reiner Hände bleibt weiterhin fest.
10Und unwidersprochen ist's: Sie alle (die gesprochenen Worte) kehrt ihr um. So kommt doch, und nicht finde ich unter euch einen Weisen.
...
Mit den Völkern dürfte Hiob die seiner Region und allgemein die Leute gemeint haben (Vers 6). Heute ist er weltweit bekannt. Und niemand mehr verspottet ihn. Damals war er verachtet. Angespien zu werden, war äußerst beleidigend.
Hiob ist kaum wiederzuerkennen; er ist abgemagert, ist nur noch ein Schatten seiner selbst (Vers 7).
Die Geraden entsetzten sich darüber (Vers 8). Hiobs Freunde entsetzten sich nicht, sondern bedrückten ihn darüber hinaus mit ihrer Hochnäsigkeit und Rechthaberei. Folglich sind sie keine Geraden.
Die Leiden können den Gerechten zwar sehr befremden, der aber hält dennoch an seinem gerechten Weg fest (Vers 9). Auch der gerechte Hiob geht trotz all seiner Drangsale seinen geraden Weg weiter; er hat reine Hände und bleibt fest und treu seinem Eloah verbunden. Dadurch fließt ihm neue Kraft zu (Jes. 40:31).
Dann wirft Hiob seinen Freunden vor, seine Worte zu verdrehen (Vers 10). Seine Gefährten sind wahrlich nicht weise.
Die Not der Verzweifelten
11Meine Tage gingen vorüber, meine Planungen sind auseinander (gerissen), meine im Herzensraum erarbeiteten (Dinge).
12Die Nacht legen sie (die Freunde) als Tag dar: Licht sei nahe, weg vom Angesicht der Finsternis.
13Wenn ich (etwas) erharren (dürfte, dann wäre es) der Scheol (als) mein Haus, (und dann würde) ich meine Liegestätten in der Finsternis ausstaffieren.
14Zur Verderbensgrube (Gruft, Grab) würde ich rufen: Mein Vater bist du! (Und) zur Made: Meine Mutter und meine Schwester!
15Wo aber ist denn nun das von mir Erharrte, und das von mir Erharrte – wer gewahrt es?
16Die Sprossen des Scheol steigen sie (die Verderbensgrube und die Made) hinab, wenn (alles) vereint im Staub ruht.
...
Hiob klagt darüber, dass all seine Pläne zerronnen sind (Vers 11). Diese Erfahrungen machen alle Menschen im Falle einer Erkrankung oder eines Unfalls. Nur die Gläubigen in Christus Jesus können es aus Gottes Hand nehmen im Wissen, dass sie nichts von der Liebe Gottes scheiden kann, die in Christus Jesus ist, und dass Er ihnen alles zum Guten zusammenwirkt (Röm. 8:28, 35 - 39). Die Gläubigen haben Frieden mit Gott und Frieden über Seinen Wegen, die Er mit ihnen geht.
Die Freunde meinen, dass Hiobs Nacht zum Licht seiner Rettung werde (Vers 12), wenn er nur umkehre. Da er aber nicht umzukehren braucht und dennoch fürchterliche Schmerzen leidet, kann Hiob sich nur den Tod wünschen (Vers 13). Der Scheol ist das Totenreich. Dieser abstrakte Begriff für die Nichtexistenz der Toten ist die Antwort auf die Frage, wo die Toten seien. Sie sind im Hades (griech.), dem Ungewahrten.
In seiner unfassbaren Not entwickelt Hiob eine freundschaftliche Zuneigung zum Grab, zu dem er gern »Mein Vater!« sagen, und zu den Maden, die er gern mit »Meine Mutter und meine Schwester!« anreden möchte – verzweifelter kann ein Mensch nicht sein! (Vers 14).
Wenn Hiob auch manchmal meinte, sein Tod stehe unmittelbar bevor, so ist dieser, das Erharrte, doch immer noch nicht direkt in Sicht (Vers 15). Wo bleibt das Erharrte, wo bleibt der Tod?
Schön wäre es dem Hiob, im Grab zu ruhen und mithin ins Totenreich hinabgestiegen zu sein (Vers 16).
Kapitel 18
Bildads zweite Rede
1Und Bildad, der Schuchiter, antwortete und sprach:
2Bis wohin (noch wollt) ihr die Enden der sich erfüllen sollenden Worte setzen? (Wenn) ihr verständig seid, so (wollen) wir hernach reden.
3Warum werden wir (Eliphas, Bildad und Zophar) geachtet wie das Getier, sind wir mit Makel (behaftet) in euren (Hiobs) Augen?
4(Du, Hiob), der seine Seele Zerreißende in seinem Zorn, soll um deinetwillen die Erde verlassen (entvölkert) werden und ein Fels von seinem Ort weggerückt werden?
...
Verärgert schleudert Bildad seine Sätze dem Hiob an den Kopf. Die Anmaßungen dieses vermeintlich offenkundig zu Recht von Gott geschlagenen Mannes müssen schärfstens zurückgewiesen werden.
Wie lange und bis zu welchem thematischen Punkt will der unverständige Hiob denn noch reden (Vers 2)? Er soll erst einmal verständig und vernünftig werden, bevor er überhaupt den Mund auftut.
Hiob hatte angemerkt, dass seine Freunde keine Weisen seien (Kap. 17:10). Dies könne man nur als unerhört und völlig aus der Luft gegriffen bewerten (Vers 3).
Zornig tadelt Bildad den Hiob des Weiteren für seine Ansicht, dass Jewes Zorn ihn zerrissen habe (Kap. 16:9). Keineswegs sei dies so, sondern Hiob zerquäle sich selbst (Vers 4), weil er nicht einsichtig sei und umkehre. Hiobs Zorn gegen Eloah sei der Grund für seine Not.
Hiob bilde sich wohl ein, der einzige Mensch auf der Erde zu sein und dass Eloah Seine Pläne etwa für ihn ändere, vielleicht sogar um seinetwillen Felsen wegrücke. Hiob hatte einen weggerückten Felsen erwähnt (Kap. 14:18. Dagegen sei völlig klar, dass Eloah dem verstockten Sünder keine Felsen wegrücke und den Weg nicht ebne. Auch Seinen Vorsatz werde Er für solch einen Widerspenstigen nicht ändern, sonst würde ja die Weltordnung auf den Kopf gestellt.
Das einzige Heilmittel, das Bildad noch sieht, ist die folgende drastische Schilderung des grausamen Schicksals der Gottlosen (Verse 5 - 21).
Das Schicksal der Gottlosen
5Doch das Licht der Frevler verschwelt (verlischt), und nicht glänzt der Funke seines Feuers.
6Das Licht wird finster in seinem Zelt, und seine Leuchte verschwelt über ihm.
7Eingeengt werden seine kräftigen Schritte, und sein eigener Ratschluss wirft ihn zu Boden.
8Denn mit seinen Füßen wird er ins Netz getrieben, und auf Maschenwerk (Flechtwerk) wandelt er.
9Das Klappnetz erfasst die Ferse, es zieht sich fest um ihn.
10Ein Strick für ihn ist in der Erde vergraben, und Fanggarn für ihn ist auf dem Weg.
11Ringsumher erschrecken sie ihn, verwirrende Schrecknisse (sind's), und zerstreuen (verjagen) ihn auf jeden seiner Schritte (wörtl.: Füße).
12Seine Zeugungskraft wird ausgehungert, und Unglück ist seiner Zelle (seinem Haus) bereitet.
13Der Erstling des Todes frisst das Gewebe seiner Haut (und) frisst sein (übriges) Gewebe.
14Seine Sicherheit (das, worin er sich sicherte) wird von seinem Zelt abgezogen, und es (das Fanggarn, Vers 10) lässt ihn zum König der Schrecknisse schreiten.
15Es (das Fanggarn) wohnt in seinem Zelt, das nicht sein eigen ist, Schwefel wird über seiner Heimstätte geworfelt.
16Unten trocknen seine Wurzeln aus, und oben welkt sein kurzer, junger Trieb.
17Seiner zu gedenken verliert sich aus dem Land, und ein Name (verbleibt) ihm nicht auf dem Angesicht der Straße.
18Man weht ihn hinweg aus dem Licht zur Finsternis, und aus dem Wohnland verstößt man ihn.
19Er hat keinen Stammhalter und keinen Enkel in seinem Volk, und kein Übelebender ist an seinen Aufenthaltsorten.
20Spätere sind über seinen Tag (sein Ergehen zu Lebzeiten) entsetzt, und die Früheren erfasst der Schauder.
21Fürwahr, dies sind die Wohnungen des Argen, und dies ist der Ort dessen, der El nicht erkannt hat.
...
Bildad ist nach wie vor in dem Vergeltungsschema gefangen, wonach es Frevlern übel ergehen muss. Damit redet er aber ins Leere, weil Hiob kein Frevler ist. Und dass Eloah höhere Gedanken haben könnte (Jes. 55:9), kommt ihm – vom Satan geblendet (2. Kor. 4:4) – nicht in den Sinn. Doch bei Gott hat alles Sinn und Zweck; Er führt alles zum herrlichen Ziel.
Das im Haus des Gottlosen verlöschende Licht (Verse 5 + 6) besagt, dass der göttliche Segen, die familiäre Gemeinschaft und das Wohlergehen, ja das Leben aus dem Hause weichen.
Alles wird dem Frevler zum Fallstrick, selbst sein intelligentester Ratschluss (Verse 7 - 10).
Schrecken auf Schrecken und Angst vor der Zukunft werden ihn überfallen (Vers 11).
Hiobs Haut ist vom Scheitel bis zur Sohle von bösen Geschwüren überzogen und zerfressen. Darauf spielt Bildad an, indem er sagt, dass der Erstgeborene des Todes das Gewebe der Haut des Frevlers fresse (Vers 13). Ich verstehe unter dem »Erstling des Todes« nicht die Krankheit, die dem Tod vorangeht, sondern den Repräsentanten des Machtbereichs des Todes, den Obersten, der die Macht des Todes hat; das ist der Satan (Heb. 2:14). Der ist auch der "König der Schrecknisse" (Vers 14).
Schwefel (Vers 15) erinnert uns an das Strafgericht Jewes über Sodom und Gomorra (1. Mose 19:24).
Der Übeltäter wird in die Finsternis gestoßen (Vers 18); dies haben die Freunde Hiobs als »Söhne« des Satans mit ihren unberechtigten Vorwürfen bereits mehrfach getan.
Unter der »Wohnung« des Argen (Vers 21) darf man im weitesten Sinne seinen Platz, seine Position, alles, was ihm eigen ist und ihm zustößt, verstehen.
Es ist zwar nicht falsch, sondern nur erschreckend oberflächlich, was Bildad sagt, dies aber auf Hiob zu beziehen, ist satanisch und verschärft dessen Leid. Das veranlasst ihn zu seiner fünften Entgegnung (Kap. 19), wirft ihn aber auch auf Eloah, den einzigen, von dem die rechte Antwort und die umfassende Hilfe zu erwarten ist.
Hiobs fünfte und sechste Antwort
(Hiob 19 - 21)
Kapitel 19
Eloah hat mich gebeugt
1Und Hiob antwortete und sprach:
2Bis wohin noch bekümmert ihr meine Seele und zermalmt mich mit sich erfüllen sollenden Worten?
3In dieser Weise habt ihr mich nun zehnmal mit Schande (bedacht); nicht schämt ihr euch; ihr misshandelt mich.
4Und selbst wenn ich wirklich abgeirrt bin, so nächtigt (weilt) mein Abirren bei mir.
5Wenn ihr euch wirklich wider mich groß macht und mich zurechtweist wegen meiner Schmach,
6so erkennt denn nun, dass Eloah mich niederkrümmte und Seine Jagdschlinge ringsum mich herum ist.
...
Hiobs Freunde sollen wissen, was sie ihm angetan haben. Sie haben ihm keinen Trost zugesprochen, sondern Drohungen ausgesprochen und den vom Leid Erdrückten mit ihren Anschuldigungen noch mehr niedergedrückt, ja geschmäht und zermalmt (Vers 2). Sie haben schändlich an ihm gehandelt, und zwar zehnmal (Vers 3); das bedeutet: »viele Male« wie auch: »Das Maß ist voll!« Schämen sie sich denn nicht?
Und selbst wenn Hiob gesündigt hätte, so wäre es sein eigenes Problem (Vers 4); seine Freunde, die jetzt seine Feinde sind, müssten nicht darin herumbohren.
Und wenn sie sich schon über Hiob erheben und ihn von oben herab zurechtweisen (Vers 5), ja wenn sie wirklich größer wären als er, dann sollten sie auch erkennen, dass Eloah in Seiner absoluten Allmacht und unbegrenzten Weisheit es ist, der ihn niederbeugt (Vers 6), und dass die Ursache für seine Leiden mithin nicht in ihm selbst, sondern in Eloah liegt; im Vorsatz Eloahs.
Auch Jesu Leiden lagen nicht in Ihm begründet, sondern Er war der von Elohim Geschlagene und Gedemütigte (Jes. 53:4).
Hiobs Elend
7Ja, ich schreie: Gewalttat!, und ich habe keine Antwort. Ich rufe nach Rettung, und da ist kein Rechterweis.
8Er (Eloah) vermauerte meinen Pfad, und ich kann nicht darauf gehen, und auf meine Stege legt Er Finsternis.
9Meine auf mir (ruhende) Herrlichkeit zog Er aus und nahm die Krone meines Hauptes weg.
10Er brach mich ringsum ab, sodass ich dahingegangen bin, und Er ließ mein Erharrtes ausreißen wie einen Baum.
11Und Er ließ Seinen Zorn wider mich entbrennen, und Er achtete mich bei Sich wie einen Ihn Bedrängenden (Ihn Befehdenden).
12Vereint kamen Seine Stoßtrupps und warfen mich nieder auf ihrem Weg und lagerten rings um mein Zelt.
13Meine Brüder entfernte Er von mir und (ebenso) die mich näher Kennenden – sind sie mir jedoch (jetzt) fremd.
14Es meiden mich die mir Nahen (Verwandten), und meine Engvertrauten vergessen mich.
15Die Gäste meines Hauses und meine Mägde rechnen mich als Fremden, ein Ausländer wurde ich in ihren Augen.
16Meinen Diener rufe ich, und er antwortet nicht; mit meinem Mund muss ich zu ihm flehen.
17Mein Geist (Denken) ist meiner Frau fremd und meine Gnadenerweise den Söhnen (des einst) mich (tragenden) Bauches.
18Auch noch die Kinder verwerfen mich; will ich aufstehen, so reden sie gegen mich.
19Als Gräuel (betrachten) mich alle Sterblichen meines geheimen (Beratungskreises), und die, die ich liebte, sind gegen mich gewandt.
20Meiner Haut und meinem Fleisch hangt mein Gebein an; ich aber will entkommen in der Haut meiner Zähne (das heißt vermutlich: indem ich mich durchbeiße).
...
Hiob kann es nicht anders ausdrücken, als dass Eloah ihm Gewalt antut (Vers 7). Und er erlebt die weitere Enttäuschung, dass Eloah ihm nicht antwortet. Seine Zukunft liegt im Dunkeln (Vers 8).
Von seiner Herrlichkeit und Krone, seiner Menschenwürde und der Achtung der Mitmenschen, ist nichts mehr übrig (Vers 9). Er hat keine Erwartung mehr (Vers 10).
Er hat den Eindruck, dass Eloah ihn wie einen Feind bekämpft (Verse 11 + 12). Unter den Stoßtrupps sind auch seine Freunde als Werkzeuge des Satans, die ihn erbittert angreifen.
Alle Verwandten und Bekannten haben sich von ihm zurückgezogen (Verse 13 - 19), selbst seine Frau hält sich von ihm fern (Vers 17). Niemand will etwas mit ihm zu tun haben. Sogar Kinder zollen ihm nicht den schuldigen Respekt (Vers 18). Hiob ist von allen verlassen. Und keiner hat Mitgefühl.
Eloah ist der einzige, der dem Hiob verbleibt. Hiob hat keinen Nächsten mehr unter den Menschen, wie auch jeder Mensch letztlich allein ist, Eloah aber bleibt stets der Nächste, auch wenn Er Leiden schickt.
Der Leidgeplagte ist nur noch Haut und Knochen (Vers 20 a); die Knochen kleben an der Haut, kein Fleisch ist mehr dazwischen. Vers 20 b verstehe ich so, dass Hiob sich trotz allem durchbeißen will.
Gewährt mir Gnade!
21Begnadet mich, begnadet mich, ihr, meine Freunde, denn die Hand Eloahs berührte mich.
22Warum verfolgt ihr mich wie El und werdet nicht satt von meinem Fleisch?
23Wer gibt's denn nun, dass meine sich erfüllen sollenden Worte niedergeschrieben werden? Wer gibt's, dass sie in ein Schriftstück (mit) gezählten (Buchstaben) (gelangen) und sie eingemeißelt werden
24mit einer Schreibfeder aus Eisen und mit Blei, (dass sie) für die (weitere) Zeit des Bezeugens in den Fels gehauen werden?
...
Hiob fleht seine Freunde an, ihm Gnade zu gewähren, abzulassen von ihren Vorwürfen. Ob sie sich wohl seiner erbarmen? Doch ihre Theologie, wonach Hiob zu Recht bestraft wird, verbietet es ihnen. Sie sind ihm feindlich gesonnen und zerreißen seine Seele wie wilde Tiere das Fleisch ihrer Beute.
Ob Hiobs Worte zur Belehrung späterer Generationen erhalten bleiben werden? Wer gibt's? Gott hat es gegeben, und wir haben heute noch großen Gewinn davon.
»Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!«
25Ich aber erkenne: Mein Erlöser lebt, und später ersteht Er auf dem Staub.
26Und nachdem man meine Haut solchermaßen rundum abgeschert hat von meinem Fleisch, schaue ich Eloah,
27den ich, ja ich für mich schaue, und meine Augen werden Ihn sehen, aber ein Fremder nicht. Alldahin sind meine Nieren in meinem Gewandbausch.
28So ihr denn sprecht: Was verfolgen wir ihn seinetwegen? – und so die Wurzel der Sache in mir gefunden ist –,
29so versteckt euch um euretwillen aufgrund des Angesichts des Schwerts. Denn (eure) Vergehungen (rufen) hitzigen Zorn (hervor), ja das Schwert. (Dies sage ich,) damit ihr erkennt, dass ein Rechtswalten (eine Durchsetzung des Rechts) ist.
...
»Ich aber (im Gegensatz zu den Freunden), ich erkenne: Mein Erlöser lebt!« (Vers 25 a). Diese Erkenntnis hat Eloah ihm gegeben. Eloah ist also auch gerade jetzt in Hiobs Leiden mit ihm.
»Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!« Diese Erkenntnis hat unzähligen Gläubigen Kraft gegeben. Jesus lebt, und dies ist die Garantie dafür, dass auch wir Menschen leben werden, zunächst die zur Rettung Vorgezogenen (2. Thess. 2:13), die Auserwählten, in den zukünftigen Äonen, und dann, nach den Äonen, bei der Vollendung (1. Kor. 15:24), alle übrigen.
Zur Frage, wen Hiob unter dem Erlöser verstanden haben mag, ist zuerst zu sagen, dass er an keinen Menschen dachte, sondern an El Selbst oder einen himmlischen Mittler, Anwalt oder Zeugen in einem göttlichen Gerichtsverfahren (Kap. 13:23; 16:19; 17:3). Dass der Erlöser Gottes Sohn sein würde, war dem Hiob nicht bekannt, aber so viel wusste er, dass der Erlöser der Schlangenzertreter sein würde
(1. Mose 3:15). Wenn die Schlange besiegt ist, ist Hiob gerettet. Vermutlich hat ihn schon der Name »Eloah«, den alles Garantierenden und alle zu El hin Unterordnenden, an einen Mittler zwischen Gott und Menschen denken lassen (1. Tim. 2:5). Auch im Namen »Jewe«, »wird-sein-seiend-war« oder ausführlich umschrieben: »Ich werde da sein, bei dir, so wie Ich da bin und da war«, liegt sehr viel Gewissheit. – Der Erlöser ist der Heilige Israels, Jesus (Jes. 41:4).
»... später ersteht Er auf dem Staub« (Vers 25 b). Vielleicht dachte Hiob hierbei daran, dass der Erlöser bei der göttlichen Gerichtsverhandlung auftreten und Hiobs Unschuld bezeugen werde, auf jeden Fall aber, dass jener Retter auf der Erde stehen und leben wird. Das Wort »erstehen« besagt aber mehr, nämlich dass Er auferstehen wird. Das setzt den Tod voraus. Man darf annehmen, dass Hiob dabei an die Prophezeiung dachte, dass die Schlange dem Erlöser die Fese zermalmen wird (1. Mose 3:15). Er ersteht, ja dies wissen wir: »Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt worden: der Erstling der Entschlafenen!« (1. Kor. 15:20).
Man darf den Eindruck haben, dass Hiob in den Versen 26 und 27 Eloah mit seinem Erlöser gleichsetzt. Mit dem Abscheren der Haut (Vers 26) meint er sehr wahrscheinlich seinen Tod. Er weiß aber auch um seine Auferstehung (Kap. 14:12 - 15). Wenn er vom Schauen und Sehen spricht, mag man dies als im Geist verstehen, als in innerer Erkenntnis (Kap. 42:5). Hiob wird seinen Erlöser Eloah aber auch optisch sehen (vgl. Ps. 17:15; 1. Joh. 3:2). Dies lässt eine freundschaftliche Beziehung erkennen. Die von Hiob empfundene Feindschaft Eloahs gegen ihn ist mithin nur vorübergehend.
Sodann (Verse 28 + 29) warnt Hiob seine Freunde: sie haben sich vergangen! Ihrem Urteil werden sie nicht entgehen. Es gibt einen Richter!
Hiobs Blick auf den Erlöser muss dem Satan äußerst verhasst gewesen sein; deshalb muss er noch weitere schwere Geschütze gegen Hiob auffahren, wie die Attacke des nächsten Redners zeigt.
Kapitel 20
Die zweite Rede Zophars
1Und Zophar, der Naamatiter, antwortete und sprach:
2Daher lassen mich meine Grübeleien (dir) entgegnen, und deswegen ist meine Eile in mir (zu antworten):
3Züchtigung (Rüge), mir zur Schande, hörte ich, aber der Geist meines Verständnisses antwortet mir.
4Hast du dies erkannt von (den Urzeiten) des Zeugnisses (des Wortes Gottes) an, als Adam auf das Land gesetzt wurde,
5dass der Jubel der Frevler (nur) von nahe (vom Vordergründigen) her ist und die Freude des Befleckten (nur) bis zum (nächsten) Augenblick?
6Wenn sein Erhobensein zu den Himmeln hinaufstiege und sein Haupt zu den Wolken gelänge –
7er verliert sich für Dauer wie sein Kot. Die ihn gesehen hatten, sprechen: Wo ist er?
8Wie ein Traum entflattert er, und man findet ihn nicht (mehr), und er wird verstoßen wie ein Gesicht der Nacht.
9Ein Auge musterte ihn, aber es fährt nicht fort (dies zu tun), und nicht gewahrt ihn noch seine Stätte.
10Seine Söhne müssen die Armen begütigen, und seine Hände müssen seine Erzeugnisse zurückgeben.
11Seine Gebeine waren voll von seinem Verheimlichten (von seinen verheimlichten Sünden und Süchten), und nun liegt alles mit ihm auf dem Staub.
12Wenn (ihm) in seinem Mund Böses süß wird, verhehlt er es unter seiner Zunge,
13bewahrt er es und lässt es nicht los und vorenthält er es in der Mitte seines Gaumens.
14Sein Brot in seinen Eingeweiden wendet sich, Bitternis der Pythons (eine Riesenschlange) ist in seinem Innern.
15(Seine) Güter verschlang er und spie sie (wieder) aus, aus seinem Bauch heraus entrechtet El sie.
16Das Gift der Pythons saugt er, die Zunge der Otter bringt ihn um.
17Nicht darf er Abteilungen (Stromarme) sehen, Ströme (und) Bäche von Honig und Dickmilch.
18Den Ertrag seiner Mühe gibt er zurück, und nicht wird er ihn verschlingen; wie seine Tauschgüter, und nicht wird er (darin) schwelgen.
19Denn er zerknickte, er verließ die Armen, ein Haus raubte er und erbaut es nicht.
20Denn sein Bauch kannte keine Unbekümmertheit (Ruhe; Genügsamkeit), mit (all) seinem Begehrten (trotz seiner Wunschvorstellungen) wird er nicht entkommen.
21Kein Überlebender dient ihm mehr zur Speise, darum versorgt ihn sein Gut nicht.
22Bei (aller) Fülle seiner Vorräte bedrängt's ihn (gerät er in Bedrängnis), denn eine jede Hand der Mühseligen kommt (über) ihn.
23(Und) es wird (geschehen): Um seinen Bauch zu füllen, entsendet Er (Eloah) das Entbrennen Seines Zorns gegen ihn und lässt auf sie (die Frevler) (sintflutartig) regnen – gegen sein (des Frevlers) vom Brot (Genährtes) (ist's).
24Entflieht er der Waffenrüstung aus Eisen, wechselt (die Szene und es erscheint) gegen ihn der Bogen aus Kupfer.
25Entfuhr (das Geschoss), so ging es aus durch den Rücken, und Geblitz (eines Geschosses) geht durch seine Galle; grauenerregende (Ereignisse) (kommen) über ihn.
26(In) alle Finsternis ist sein Aufgespartes vergraben. Es frisst ihn ein Feuer, das nicht angeblasen (also nicht natürlich zu erklären) ist; übel dran ist der Überlebende in seinem Zelt.
27Die Himmel enthüllen seine Vergehung, und die Erde ist aufständisch gegen ihn.
28Fortgeschleppt wird das in sein Haus Eingeholte, es rinnen aus (die Gefäße) am Tag Seines (Eloahs) Zorns.
29Dies ist das Teil des frevlerischen Menschen von Elohim und sein von El zugesprochenes Losteil.
...
Die Einsichten Hiobs (Kap. 19) bleiben ohne jede Wirkung auf Zophar. Für ihn ist Hiob damit als sehr überheblich erweisen (Vers 4), was ihn in Rage bringt (Vers 2).
Die Bezugnahme Zophars auf seine Grübeleien und einen Geist (Verse 2 + 3), was auch Eliphas getan hatte (Kap. 4:12 - 21), lässt erkennen, dass Zophar von finsteren Mächten beeinflusst ist. Daher ist Zophars Rede eine einzige gehässige Verurteilung des in seinen Augen aufgrund der schweren Leiden als übelster Sünder erwiesenen Hiob. Die hartherzige Schilderung des Schicksals der Frevler bringt den Gedankengang überhaupt nicht weiter. Mit seinen Worten quälen Zophar und der hinter ihm stehende Satan den Hiob nur noch mehr.
Kapitel 21
Hiobs sechste Antwort
1Und Hiob antwortete und sprach:
2Höret, ja höret mein sich erfüllen sollendes Wort, und dies (das Hören) wird euch zu Tröstungen (für mich).
3Ertragt mich, und ich, ich rede, und nach meinem Reden kannst du hohnlachen.
4(Ist's), dass ich mein Sinnen auf Menschen richte? Und wenn – weshalb sollte mein Geist nicht kurz (ungeduldig) werden?
5Wendet euch zu mir und seid entsetzt und legt die Hand auf den Mund!
6Und wenn ich (dessen) gedenke, so werde ich rastlos, und Scheu (Erschauern) erfasst mein Fleisch.
...
Hiob sieht sich genötigt, die Behauptungen Zophars zu widerlegen. Er zeichnet ein gegensätzliches Bild vom Schicksal der Frevler, dass es ihnen nämlich sehr gut ergehe. Die Realitäten widersprechen dem Vergeltungsschema seiner Freunde.
Einleitend bedeutet Hiob den Dreien, dass es ihm ein Trost wäre, wenn sie ihm zuhören würden (Vers 2). Danach, aber nicht vorher, mag Zophar spotten (Vers 3). Mögen seine Freunde ihr Herz doch neigen, ihn zu ertragen. »Ertragt einander mit Geduld in Liebe« (Eph. 4:2), das sollte ohnehin der Leitsatz eines jeden Menschen sein.
Hiob richtet sein Sinnen nicht auf Menschen (Vers 4), sondern ersehnt die Antwort über den Grund seiner Leiden von Eloah. Und wenn er sich schon an Menschen wenden würde, so sollten wenigstens seine Freunde Verständnis für seine Ungeduld haben.
Voraussetzung dafür ist, dass sie ihre Augen, vor allem aber ihre Herzen dem »Häufchen Elend« zuwenden, das da vor ihnen in der Asche sitzt (Vers 5). Dann wären sie entsetzt und ruhelos wie Hiob (Vers 6). Wenn schon die Welt über das Schicksal der Gottlosen entsetzt ist (Kap. 18:20), warum nicht auch sie über das Hiobs? Schweigen stünde ihnen gut an!
Die Freunde waren doch gekommen, um ihn zu trösten (Kap. 2:11). Nun, ihr drei, so habt Scheu vor dem Handeln Eloahs an mir (Vers 6), erschauert angesichts meines mit Geschwüren bedeckten Fleisches (Kap. 2:7), und hört mir zu!
Vom Wohlergehen der Frevler
7Weshalb (bleiben) die Frevler leben, sind (Drängnissen) entrückt, sind auch noch mächtig der Wappnung (der schützenden Güter) (haben auch noch Verfügungsgewalt über ihren Güterreichtum)?
8Ihr Nachwuchs ist bereitet vor ihrem Angesicht, ja bei ihnen, ihre Nachkommen sind ihnen vor Augen.
9Ihre Häuser sind im Frieden, fern von Ängstigendem, und der Stecken (die Rute) Eloahs ist nicht auf ihnen.
10Sein Stier besamt und verschleudert (den Samen) nicht, seine Jungkuh kalbt und hat keinen Kinderfehlwurf.
11Wie eine Kleinviehherde senden sie ihre Kindlein aus, und (all die) ihnen Geborenen tanzen.
12Sie erheben (ihre Stimme) wie Tamburin und Harfe und freuen sich zur Stimme der Schalmei.
13Nutzlos vertun sie ihre Tage im Guten, aber in einem Augenblick, als im Scheol, sind sie bestürzt.
14Und (doch) sprachen sie zu El: Kehre Dich ab von uns! Und: An der Erkenntnis Deiner Wege haben wir kein Gefallen!
15Was (bedeutet uns) Schadaj, dass wir Ihm dienen, und was sollte es uns nützen, dass wir uns (bittend) an Ihn wenden? –
16Ja, nicht liegt ihr Gutes (ihr Glück) in ihrer Hand. – Der Ratschluss der Frevler sei fern von mir.
...
Eigentlich dürften die Frevler gar nicht am Leben bleiben (Vers 7)! Schon mit diesem Gedanken sind die Freunde widerlegt.
Hiobs Worte erinnern uns an die Asaphs in Psalm 73, der allerdings angesichts der schwer verständlichen Führungen seinen Frieden bereits gefunden hat – in Elohim allein!
Obwohl die Frevler zu El sprechen, dass sie nichts mit Ihm zu tun haben wollen (Verse 14 + 15), sind sie bestürzt, wenn plötzlich etwas Finsteres über sie kommt, als wären sie im Sheol (im Totenreich) (Vers 13). Das beweist, dass ihr Lebensweg nicht in ihrer Hand liegt (Vers 16), auch wenn sie Jahrzehnte lang ihr Leben im Griff zu haben meinten.
Wie lange dauert's?
17 Wie lange dauert's (wörtl.: wie was), dass die Leuchte der Frevler verschwelt (verglimmt) und ihr Unglück über sie kommt, Er (El) Bedrängnisse zuteilt in Seinem Zorn?
18Sie werden wie Häcksel angesichts des Windes und wie Müll, den eine Windhose stiehlt.
19Eloah spart dessen (des Frevlers) Söhnen dessen Ichhaftes auf, (und) Er vergilt es ihm, sodass er es erkennt.
20Jenes (des Frevlers) Augen sehen seinen Verfall, und von der Zorneshitze Schadajs trinkt er.
21Denn was gefällt ihm nach ihm (nach seinem Tode) in seinem Haus, so die Zahl seiner Monate halbiert ist?
...
Ja, wie lange dauert es, bis Eloah vergilt (Vers 17)? Lange! Wie oft kann man es beobachten? Nicht allzu oft! Was will man demnach aus den Beobachtungen schließen?
Es mag sein, dass erst die Söhne unter den Sünden der Väter zu leiden haben (Vers 19; 2. Mose 20:5), aber eigentlich verdient der Frevler selbst, und zwar hier auf der Erde, die Strafe (vgl. Hes. 18:20). Dies geschieht aber nur in wenigen Fällen. Also können die Freunde Hiobs aus dem Ergehen eines Menschen keine Schlüsse ziehen. Sind Gottes Wege denn nicht unausspürbar (Röm. 11:33)? Kann Gott denn nicht handeln, wie Er will?
Wenn die Vergeltung Eloahs nun aber zu Lebzeiten über den Sünder kommt (Vers 20), so möge er die Gerechtigkeit Eloahs erkennen! Sollte das Gericht nach seinem Tode über die Kinder kommen (Vers 21), so würde er nichts daraus lernen.
Was aber auch immer Gott vorab tun mag – es steht fest, dass Er einem jeden nach seinem Handeln vergelten wird (Mat. 16:27), es steht fest, dass Er vor dem großen, weißen Thron gerechtes, das ganze Leben umfassendes Gericht üben wird (Heb. 9:27; Off. 20:12). Uns Gläubigen in Christus Jesus ist zwar nichts zur Verurteilung (Röm. 8:1), aber auch wir erfahren gerechte Vergeltung (1. Kor. 3:10 - 15; 2. Kor. 5:10; 2. Tim. 4:8).
Kein Unterschied im Tod
22(Wie? Will da einer) den El Erkenntnis lehren, (da) Er (doch sogar) Hohe richtet?
23Dieser stirbt im Gebein (in der Vollkraft) seiner Vollendung, alles von ihm ist sorglos und unbekümmert.
24Seine Umhüllungen (Vorratsgefäße) sind mit Milch gefüllt, und das Mark seiner Gebeine ist getränkt.
25Und dieser (andere) stirbt in der Bitternis seiner Seele, und nicht aß er im Guten (im Wohlstand).
26(Doch) vereint liegen sie auf dem Staub, und die Maden breiten sich auf ihnen aus.
...
Meinen die Freunde Hiobs mehr zu wissen als El Selbst (Vers 22)? Wollen sie Ihm vorschreiben, was Er zu tun hat? Meinen sie mit ihrer Vergeltungstheologie El begriffen zu haben? Er richtet doch sogar die Hohen, womit sicherlich die himmlischen Geschöpfe gemeint sind (1. Kor. 6:3; 2. Pet. 2:4; Jud. 6). Die Freunde urteilen völlig falsch, weil sie die Göttlichkeit Gottes außer Acht lassen und Ihn mit menschlichen Maßstäben messen.
Der Gottesfürchtige stirbt, und der Frevler stirbt. Kann man daraus etwas über ihren Charakter und ihre Tagen, über ihren Glauben oder Unglauben folgern? Nein, der Tod trifft alle ohne Unterschied. Mithin ist der Tod keine Strafe für Gottlose.
Gewiss bestraft El manchen Frevler schnell mit dem Tod, aber auch den Gläubigen kann ein menschlich gesehen früher Tod ereilen. Wer will das beurteilen? Wir sitzen doch nicht in Gottes Regiment!
Kritik an den Freunden
27Ja, ich erkenne eure Überlegungen und Planungen (Ränke), (mit denen) ihr Gewalt gegen mich übt.
28Denn ihr sprecht: Wo ist das Haus des Willigen (Edlen, Bereitwilligen, Gönners), und wo ist das Zelt, sind die Wohnungen der Frevler?
29(Ist's) nicht, (dass) ihr die des Weges Vorbeiziehenden gefragt habt und ihre Zeichen nicht kennt?
30Denn für den Tag des Unglücks wird der Böse zurückgehalten (bewahrt, verschont), zum Tag des überwallenden (Zorns) werden sie geholt.
31Wer hält (ihm, dem Bösen) seinen Weg ins Angesicht vor? Und wenn einer es tat, wer erstattet (honoriert) es ihm?
32Er aber (der Böse), zu den Gräbern wird er geholt, und zu dem Garbenhaufen hin ist er wach (auf den Grabhügel ist er bedacht).
33Süß sind ihm die Erdschollen des Bachtals, und hinter ihm (dem Leichnam) ziehen alle Menschen her und Unzählige ihm voran.
34Und wie denn – tröstet ihr mich mit Dunst? Und von euren Erwiderungen verbleibt (nur) Übertretung.
...
Hiob empfindet die Gedankengänge seiner Freunde als eine gegen ihn gerichtete Gewalttätigkeit (Vers 27). Er erkennt ihre Unterstellung, dass er ein schwerer Sünder sein müsse. Ihre ungerechtfertigten Beschuldigungen tun ihm weh.
Denn sie sprechen in Schwarz-Weiß-Kontrasten von den Guten, deren Wohlergehen feststehe, und von den Bösen, deren übles Schicksal ebenfalls feststehe (Vers 28). Dieser Teilaspekt der Weisheit, der in der Lebenswirklichkeit ohnehin gar nicht so häufig vorkommt, hilft dem Hiob, der als Gerechter leidet, selbstverständlich nichts.
Die Weitgereisten haben die Erfahrung gemacht (Vers 29), dass es den Bösen lange Zeit gut geht (Vers 30) und niemand es wagt, ihnen, die ihre Macht rücksichtslos ausüben, die Wahrheit ins Gesicht zu sagen und ihnen ihren kriminellen Lebenswandel vorzuhalten (Vers 31). Und schließlich bekommen sie sogar ein ehrenvolles Begräbnis (Vers 33). In bester Erde im Tal wird der Frevler beerdigt, und viele nehmen am Trauerzug teil.
Damit hat Hiob die Thesen der Freunde widerlegt. Mithin ist es offenbar, dass ihre vermeintlichen Tröstungen und selbst ihre Ermahnungen so nichtig waren wie Dunst (Vers 34). Und all ihre Entgegnungen in den vorangehenden Reden waren verfehlt, ja Verfehlungen, Sünden.
Der Anfang des dritten Redezyklus
(Hiob 22 - 24)
Kapitel 22
Des Eliphas dritte Rede
1Und Eliphas, der Temaniter, antwortete und sprach:
2(Dient es) dem El, dass ein Mächtiger gepflegt (gehirtet, gefördert) wird, dass auf sie (die Mächtigen) zu (zu deren Vorteil) der Kluge gepflegt wird?
3Hat der Schadaj Gefallen daran, dass du gerechtfertigt wirst, oder einen Vorteil davon, dass du deine Wege vollkommen machst?
4Wird Er dir aufgrund deiner (Gottes-)Furcht Recht erweisen, mit dir an der Gerichtsstätte ankommen?
5Ist denn nicht dein Böses vielfältig, und (sind denn nicht) deine Vergehungen ohne Ende?
6Denn du pfändetest deine Brüder unbegründet, und du zogst Nackten (spärlich Bekleideten) die Gewänder aus.
7Du tränktest den Ermatteten nicht mit Wasser und enthielst dem Hungrigen das Brot vor.
8Und dem Mann des Arms (der macht), ihm ist das Land, und der erhobenen Angesichts wohnt darin.
9Witwen sandtest du leer fort und zermalmtest die Arme der Waisen.
10Darum sind rings um dich herum Klappnetze, und urplötzlich Ängstigendes macht dich rastlos.
11Oder siehst du die Finsternis nicht und die Ansammlung der Wasser, die dich bedeckt?
...
Da Hiob in den Augen des Eliphas immer noch uneinsichtig ist, geht er jetzt aufs Ganze und versucht, Hiob mit gewaltigen verbalen Keulenschlägen aus seiner vermeintlich überheblichen Position herauszubrechen.
So behauptet er nun, von den Listen des Satans geleitet, dass Gottesfurcht Gott gar keinen Nutzen bringe und es den El gar nicht berühre, ob ein Mensch mächtig und klug oder gerecht sei und vollkommene Wege gehe (Verse 2 + 3). Damit leugnet Eliphas das heilbringende Interesse Gottes am Menschen. Wenn es dem El aber egal ist, ob der Mensch Gutes oder Böses tue und den Hiob mithin auch nicht ins Gericht bringe (Vers 4), dann müsse das Leid Hiobs eine Folge innerweltlicher Prinzipien von Ursache und Wirkung sein. Der Grund für die Drangsale könne nicht in einem Ratschluss Gottes liegen, sondern nur in der Bosheit Hiobs.
Eliphas verneint die Gottesfurcht Hiobs (Vers 4) und erweist sich damit als Gegner Els, der die Gottesfurcht Hiobs festgestellt hatte (Kap. 1:8; 2:3).
Sodann beschuldigt Eliphas den Hiob brutal völlig aus der Luft gegriffener schändlicher Sünden (Verse 5 - 9) und zeichnet von Hiob das Bild eines skrupellosen Machtmenschen (Vers 8). Seine Ängste und seine Erkrankung habe er sich selbst zuzuschreiben (Verse 10 + 11); heute würde man sagen: gründen in seinen Verstößen gegen Naturgesetze und haben psychosomatische Ursachen.
Der allwissende El
12Ist nicht von Eloah die Hochwölbung der Himmel? Und sieh das Haupt (den höchsten) der Sterne, dass sie hoch sind!
13Und (dennoch) sprichst du: Was erkennt (weiß) El? Kann Er durch das Wetterdunkel hindurch richten?
14Die Wolken sind Ihm eine Verbergung, sodass Er nicht sehen kann, und durch den Kreis der Himmel wandelt Er.
15Willst du den Pfad des Äons hüten (einhalten), den die ichhaften Sterblichen betraten?
16Die zerknittert wurden, nicht als die Zeit (des Alters) war, ein Strom wurde an ihr Fundament (es wegspülend) gegossen.
17Die zu El sprechen: Kehre dich vorn uns ab! – Und was wirkt (doch) Schadaj (Gutes) an ihnen,
18ja Er, der ihre Häuser mit Gutem füllte? – Aber der Rat der Frevler sei fern von mir. –
19Die Gerechten sehen's und freuen sich, und der Schuldlose hohnlacht ihrer:
20Ob's nicht (so ist, dass der wider) uns Aufständische verschwunden ist und ihr Übriges das Feuer fraß?
...
Angesichts des höchsten Sterns sollte Hiob doch endlich erkennen, wie hoch der Himmel über der Erde (Vers 12) und mithin, wie groß Eloah ist. Das Problem Hiobs ist allerdings ein ganz anderes, nämlich warum der so große und allmächtige Eloah so unbegreiflich an ihm handelt.
Trotz Seiner Herrlichkeit würde Hiob dem El jedes Wissen und Handeln absprechen (Vers 13) und meinen, dass El aufgrund der großen Entfernung das Tun der Menschen im Einzelnen nicht beobachten könne (Vers 14). So etwas hatte Hiob aber überhaupt nicht gesagt. Eliphas ist von einem bösen Geist geblendet (Kap. 4:12 - 21; 2. Kor. 4:4). Hiob hatte zwar El gefragt: »Warum verbirgst Du Dein Angesicht?« (Kap. 13:24), aber dies heißt, dass er keine Antwort bekam, und nicht, dass El aus Seiner Verbergung heraus nichts sehen könne.
Im Wahn, unbeobachtet zu sein, folge Hiob dem bösen Pfad, den die Egoisten vom Äon an gehen (Vers 15). Dieser Weg führt ins Verderben (Vers 16), wie sich an Hiob gerade erweise.
In Vers 17 zitiert Eliphas den Hiob, der erwähnt hatte, dass die Frevler zu El sprechen: Kehre Dich von uns ab! (Kap. 21:14), dabei unterstellend, dass Hiob ebenso gesprochen haben müsse. Und so etwas zu El zu sagen, der in Seiner Güte es doch über Gute und Böse regnen und die Sonne scheinen lässt (Mat. 5:45), ist äußerst verwerflich.
Somit fühlen sich die drei Freunde berechtigt, Hiob als großen Sünder anzusehen. Auch die Worte Hiobs: »Der Rat der Frevler sei fern von mir« (Kap. 21:16) wiederholt Eliphas, der sich als Gerechten einschätzt, jedoch in dem Sinne, dass er den Rat Hiobs zurückweist (Vers 18). Dies ist eine Verhöhnung Hiobs.
Die Freunde freuen sich in ihrer vermeintlich gerechten Vergeltungstheologie, auf die sie Gott reduzieren, dass Hiob leiden muss und der gegen Gott Widerspenstige, gemeint ist Hiob, untergehen wird (Verse 19 + 29).
Des Eliphas Aufruf zur Umsinnung
21Pflege doch (kümmere dich doch um) (deinen Weg) mit Ihm (dem El) und habe Frieden; in ihnen (den genannten Punkten) wird dir Gutes zuteil.
22Nimm doch Zielanweisung (Weisung für treffliches Handeln) aus Seinem Mund an und lege Seine Gesprochenen (Worte) in dein Herz.
23Wenn du zum Schadaj umkehrst, so wirst du erbaut, wenn du Arges aus deinem Zelt entfernst.
24Und setze den Reichtum auf den Staub und (das Gold aus) Ophir in die Felsen der Bäche,
25so wird der Schadaj dein Reichtum und dir zum Spitzensilber (besten Silber).
26Denn dann hast du dein Behagen (deine Wonne) am Schadaj und erhebst dein Angesicht zu Eloah.
27(Dann) flehst du zu Ihm, und Er hört dich, und deine Gelübde erstattest du.
28Und du tust einen Ausspruch, und er ersteht dir (verwirklicht sich), und auf deinen Wegen erglänzt Licht.
29Wenn (man einen) erniedrigt, so hast du (schon) gesprochen: (Es war) Ehrgeiz (Hoffart)! Aber den die Augen Niedersenkenden rettet Er.
30Lässt Er einen nicht Schuldlosen entkommen, so entkommt er infolge der Reinheit deiner Hände.
...
Immerhin sieht Eliphas noch eine Chance für Hiob und ruft ihn zur Umsinnung auf. Allgemein betrachtet, sind seine Worte recht und gut, aber dem Hiob müssen sie sauer aufgestoßen sein, weil er sich gar nicht von El abgewandt hatte. Er hielt in Treue fest an dem Schadaj, das heißt: dem Allgenugsamen, der allen die volle Genüge gibt.
Die von Eliphas in den Versen 24 und 25 beschriebene Umwertung aller Werte haben auch wir Gläubigen heute erfahren: Wir gebrauchen zwar unseren Reichtum, hängen aber unser Herz nicht daran; Jesus Christus allein ist unser wahrer und bleibender Reichtum.
In Vers 30 wird das Gebet mit reinen zu El erhobenen Händen angesprochen. Der Schadaj werde einen Schuldiggewordenen aufgrund der Fürbitte Hiobs retten.
Es verhält sich durchaus so, dass El Seine Treuen mit irdischen Gütern und Wohlergehen segnet (5. Mose 29:1 - 14; 30:1 - 10; Jes. 55:7). Dies ist aber nur ein Teilaspekt. Und in der heilsgeschichtlichen Verwaltung, in der wir heute leben (Eph. 3:2), haben wiederum andere Dinge den Vorrang (Eph. 1:3; 2. Kor. 12:9). Zurück zu Eliphas: Wer nur aus Nützlichkeitserwägungen umkehrt, gibt Gott nicht die Ehre! In der Rede des Eliphas steckt das Denken Satans, der in Kapitel 1:9 gesagt hatte, dass Hiob nicht umsonst gottesfürchtig sei, sondern der Vorteile wegen.
Eliphas pflegt nach wie vor den Vergeltungsgedanken: tut der Mensch seinen Teil, so tut auch Gott Seinen Teil
Aber auch Hiob steht in der Versuchung, nach dem Schema des Satans zu denken und sich zu fragen, was es ihm denn nütze, unsträflich zu wandeln, da er doch immer noch schwer leidet und von seinen Freunden mit Worten bekämpft wird. Aber Hiob bleibt standhaft und verteidigt seine Rechtschaffenheit weiterhin.
Kapitel 23
Hiobs siebente Antwort
1Und Hiob antwortete und sprach:
2Auch am heutigen Tag ist Erbitterung mein Sinnen (bin ich erbitterten Sinnes), meine Hand ist schwer (handlungsunfähig) aufgrund meines Seufzens.
3Wer gibt's, dass ich Ihn (den El) zu finden wüsste, dass ich bis zu Seiner Stätte gelangte?
4Ich will Ihm (vor Seinem) Angesicht die Rechtssache zuordnen (einbringen, vorlegen), und meinen Mund fülle ich mit Rechterweisen.
5Ich will die sich erfüllenden Worte wissen, die Er mir antwortet, und will verstehen, was Er denn zu mir spricht.
6Wird Er mit großer Kraft mit mir streiten? Er, ja Er, wird jedoch nichts gegen mich festlegen (verfügen).
7Dort bei Ihm (findet) ein Gerader (Aufrechter) Rechterweise, und ich werde für Dauer entrinnen, weg von meinem Richter.
8Ja, wandle ich nach Osten, so ist Er nicht da, und nach hinten (nach Westen), so verstehe (bemerke) ich nichts von Ihm.
9Die Linke (Hand) gesichte ich nicht in Seinem Tun, die Rechte verhüllt Er, und so sehe ich (sie) nicht.
10Denn Er erkennt den Weg, den ich gehe; hat Er mich geprüft, werde ich wie Gold hervorgehen.
11Seine Schrittvorgabe (Anweisung) erfasst mein Fuß, Seinen Weg bewahre ich und dehne ihn nicht.
12Vom Gebot Seiner Lippen weiche ich nicht ab, mehr als mein Gesetzesteil (vom Gesetz zugeordnetes Teil) bewahre ich die gesprochenen Worte Seines Mundes.
...
Schmerzgeplagt und von der unverständlichen Handlungsweise Gottes irritiert, sitzt Hiob nach wie vor in Bitterkeit in der Asche (Vers 2). Aber wenn er auch daran gezweifelt hatte, dass Eloah ihn überhaupt anhören würde (Kap. 9:16), und er sich den Tod gewünscht hatte (Kap. 13:15; 17:1), so ist er doch seit seiner Erkenntnis und seinem Bekenntnis, dass sein Erlöser lebt und ihn auferwecken wird (Kap. 19:25 - 27), davon überzeugt, dass seine Gerechtigkeit anerkannt werden wird. So strebt er nun ein Gerichtsverfahren mit einem klaren Urteilsspruch Eloahs an und will sich zu dessen Thron aufmachen (Vers 3).
Für Hiob steht fest, dass Eloah gerecht ist; möge Er nun aber auch endlich Gerechtigkeit walten lassen und den Hiob heilen, ihm aber auch erklären, warum Er ihn grundlos ins Unglück gestürzt hat (Verse 4 - 6).
Der Gerade, der Aufrichtige, der vor Eloah Rechterweise darlegen und für gerecht erklärt werden wird, ist Hiob (Vers 7), der erkannt hatte, »dass ich, ich gerechtfertigt werde« (Kap. 13:18).
Welch eine Gnade haben wir Gläubigen heute doch bereits in Christus Jesus erfahren, dass wir von Glaubensanfang an gerechtfertigt sind!
Steht es dem Menschen den aber zu, Gott Rechtsgründe (Vers 4) vorzutragen und die Rechtfertigung selbst in die Wege zu leiten? Das wäre vermessen! Deshalb schweigt Eloah und beraumt keine Sitzung an. Weder im Osten noch im Westen ist Er zu sehen und weder Seine Linke noch Seine Rechte (Verse 8 + 9).
Es ist aber auch gar nicht nötig, dass Eloah zur Gerichtssitzung kommt und Hiob Ihn sieht. Schließlich ist Hiob ein Gläubiger und vertraut in der Prüfung seines Glaubens dem Allmächtigen. Und dieser weiß am besten, dass Hiob makellos wie Gold ist und auf dem Weg der Gerechtigkeit wandelt, ja das Wort Eloahs liebt (Verse 10 -12).»Ist's nicht so: Er, Er sieht meine Wege, und all meine Schritte zählt Er« (Kap. 31:4).
Leider halten seine Freunde Hiobs Überzeugung seiner Rechtschaffenheit für eine Empörung gegen El.
Was der Apostel Petrus von den leidenden Gläubigen schreibt, trifft auch auf Hiob zu: »... die ihr jetzt nur kurz, wenn es sein muss, durch mancherlei Proben betrübt werdet, damit die Prüfung eures Glaubens (der wertvoller als Gold ist, das doch umkommt, aber duch Feuer geprüft wird) zum Lobpreis, zur Verherrlichung und Ehre bei der Enthüllung Jesu Christi erfunden werde« (1. Pet. 1:6, 7). Nach Gottes Weisheit und Ratschluss muss es sein.
Hiob ist angesichts Els rastlos
13Und Er (bleibt) bei dem einen (Ratschluss), und wer veranlasst Ihn, umzukehren? Und so Seine Seele etwas verlangte, so tat Er's.
14Denn Er lässt mein Gesetzesteil (den mir vom Gesetz zugeordneten Teil, das mir Festgesetzte) vollführen, und dergleichen (findet sich) vieles bei Ihm.
15Darum bin ich rastlos (bestürzt, verunsichert) geworden aufgrund Seines Angesichts; verstehe ich's (recht), so ängstige ich mich aufgrund von Ihm.
16Und El erweichte mein Herz, und Schadaj machte mich rastlos,
17denn nicht werde ich aufgrund des Angesichts der Finsternis und aufgrund meines von Dunkelheit bedeckten Angesichts bezähmt (zum Schweigen gebracht).
...
Doch nun wird dem Hiob bewusst, dass er ganz klein ist vor dem Allgewaltigen und Ihn nicht herausfordern darf. Els Ratschluss ersteht, und alles, was Ihm gefällt, das tut Er in den Himmeln und auf der Erde (Jes. 46:10; Ps. 115:3; Ps. 135:6). El hat den Lebenslauf Hiobs weislich festgelegt (Verse 13 + 14). Wer hat denn je der Absicht Gottes widerstanden? (Röm. 9:19)? Gott ist's, der auf den Menschen zugreift, nicht umgekehrt. Wie konnte Hiob es wagen, dem alles nach Seinem Ratschluss bewirkenden El gegenüberzutreten?
In dieser Erkenntnis ist Hiob rastlos geworden, nervös, unsicher, und ängstigt sich (Vers 15). Dabei weiß er aber, dass nicht die Finsternis und nicht seine Not ihn rastlos machten, sondern der Schadaj (Verse 16 + 17). Übrigens hatten dies viele Gläubige erkannt, zum Beispiel wusste auch Naomi, dass es der Schadaj war, der ihr das Leben überaus bitter machte (Ruth 1:20).
Kapitel 24
Die unbegreifliche Nachsicht Schadajs mit den Übeltätern
Hiob fährt fort zu sprechen:
1Weshalb sind vom Schadaj die (üblen) Zeiten nicht verwahrt (zurückgehalten) und gesichten die Ihn Erkennenden Seine Tage (des Gerichts) nicht?
2Grenzen (Grenzsteine) entfernen sie (die Frevler), die Herde raubten sie und hirteten sie.
3Den Esel der Waisen führen sie weg, pfänden den Stier der Witwe.
4Sie drängen die Bedürftigen vom Weg ab; die Gedemütigten des Landes verstecken sich allesamt.
5Ja, (wie) Wildesel in der Wildnis gehen sie (die Gedemütigten) aus bei ihrem Wirken, in der Frühe nach Nahrung suchend, die Steppe ist (bietet) einem (solchen) Brot für die Jünglinge.
6Im Gefild ernten sie sein (des Gefilds) Futter, und (im) Weinberg des Frevlers halten sie Nachlese.
7Nackt (nur dürftig bekleidet) nächtigen sie, weil keine Kleidung da ist und keine Bedeckung in der Kälte.
8Vom Regenguss der Berge werden sie durchnässt, und weil keine Bergung da ist, umklammern sie einen Felsen.
9Sie (die Frevler) rauben Verwaiste von der Brust, und bei den Gedemütigten pfänden sie.
10Nackt wandeln sie (die Gedemütigten), ohne Kleidung, und als Hungrige tragen sie Garben.
11Zwischen ihren Stadtmauern pressen sie Öl aus, sie treten die Keltern und dürsten (dennoch).
12Von der Stadt her stöhnen Sterbliche, und die Seele der Durchbohrten ruft um Rettung. Aber Eloah legt (dem) nichts Abfälliges bei.
13Sie (die Frevler) werden inmitten der gegen das Licht Empörten (befunden), die Seine (Eloahs) Wege nicht kennen und nicht in Seinen Stegen wohnen.
14Zum Licht hin (vor dem Dämmern) steht der Mordende auf, killt den Gedemütigten und Dürftigen, und in der Nacht ist er wie ein Dieb.
15Und das Auge des Ehebrechers wacht in der Dämmerung, (zu sich) sprechend: Kein Auge gewahrt mich. Und eine Verbergung des Angesichts (eine Hülle) legt er sich an.
16Er bricht in der Finsternis in Häusern ein. Tags versiegeln sie sich (schließen sie sich ein), sie erkennen das Licht nicht.
17Denn ihnen allesamt ist der Morgen ein Todesschatten, denn er (der Morgen) ist eins mit den Schrecken des Todesschattens.
...
Ja, so geht es in der Welt zu! So handeln die Gottlosen, und so ergeht es den gesellschaftlich Schwachen! Wir leben in einem bösen Äon (Gal. 1:4). Die Tage sind böse (Eph. 5:16; 6:13). Die Welt liegt im Argen, in der Hand des Satans (1. Joh. 5:19). Und den Sündern geht es eben nicht schlecht! Von der Krankheit Hiobs auf Sünden zu schließen, ist also falsch.
Zwei schwerwiegende Fragen stellt Hiob in Vers eins:
Frage eins: Warum hat Schadaj (wir fügen gemäß Epheser 3:11 ein: in Seinem in Christus gefassten Vorsatz für den Ablauf der Äonen) solche böse Zeiten vorgesehen? Weil nur Sünder die Gnade zu schätzen wissen, weil nur tot Gewesene das bleibende Leben hoch zu achten wissen und weil nur aus dem Elend Errettete Eloah von ganzem Herzen preisen.
Frage zwei: Warum erblicken die Treuen den Tag des Gerichts Eloahs über die Frevler nicht? Weil die Gerichtstage Gottes für genau bestimmte Zeitpunkte festgesetzt sind. Er wird richten (Heb. 9:27). Wir können die Ungeduld der Gepeinigten verstehen, wie wir denn ja auch in Offenbarung 6:9, 10 lesen, dass die um des Wortes Gottes willen Hingeschlachteten schreien:»Bis wann, Du unser Eigner, Heiliger und Wahrhaftiger, richtest und rächst Du nicht unser Blut an den auf Erden Wohnenden?« Es ist Geduld vonnöten; es dauert nur noch eine kleine Zeit, bis es so weit ist (Off. 6:11).
Furchtbar geht es in der Welt zu. Die Frevler rauben nicht nur die Herden, sondern weiden die geraubten Tiere auch noch in aller Öffentlichkeit (Vers 2). Sie drängen die Armen vom Wegrand ab, sodass sie noch nicht einmal mehr betteln können (Vers 4). Kleinkinder reißen sie von der Mutterbrust weg und versklaven sie (Vers 9). Rücksichtslos und brutal sind die Mächtigen. Für einen Hungerlohn und brutal sind die Mächtigen. Für einen Hungerlohn müssen die Armen bei der Ernte helfen, Öl pressen und Trauben keltern und selbst während der Arbeit Hunger und Durst leiden (Verse 10 + 11).
Ihr Schreien nach Gerechtigkeit und ihr Stöhnen müssten Eloahs Eingreifen herausfordern (Vers 12). Doch Eloah scheint es nicht zu interessieren, Er scheint gleichgültig zu sein, jedenfalls äußert Er nichts Abfälliges über die Gotlosen. Es verhält sich allerdings so, dass Gott die dem Untergang angepassten Gefäße des Zorns mit viel Geduld trägt (Röm. 9:22; vgl. 3:25).
Die Frevler lieben die Finsternis mehr als das Licht (Verse 13 - 17; Joh. 3:19). Doch sie beschleicht jeden Morgen die Angst, denn der Tag könnte ihre Schandtaten ans Licht bringen und sie dem Strafurteil zuführen.
Letztendlich werden die Übeltäter bestraft
18Flink ist er (der Morgen mit seinem Strafurteil) auf dem Angesicht der Wasser. Verflucht wird ihre (der Wasser) Ebene im Land (zum Schaden der Frevler), nich wendet sich (der Wasser) Weg den Weinbergen zu.
19Dürre wie auch Wärme rauben das Schneewasser, es verfehlt (die Kühle) des Scheol (des tiefen Grundes).
20Der Mutterschoß vergesse (solch) einen (Frevler); er, er (der Frevler) ist der Made süß. Nicht wird noch (sein) gedacht, und so wurde das Arge wie ein Baum zerbrochen.
21(Er, der Frevler( gesellt sich einer Unfruchtbaren zu, die nicht gebiert, und der Witwe tut er nicht wohl,
22und er zieht die Recken mittels seiner Kraft lang; er ersteht (wird groß und mächtig), doch er vertraut nicht dem Leben.
23Er (Gott) gibt dem (sich) sicher (Währenden), dass er sich (bequem) anlehnt. Und Seine (Gottes) Augen sind über ihren (der Frevler) Wegen.
24Sie sind (nur) für wenig (Zeit) erhöht, und dann ist er (der Frevler) nicht (mehr da); und sie sind ausgemergelt, wie alle werden sie schnell zusammengestaucht, und wie das Haupt der Ähre (des Halmes) welken sie.
25Und wenn nicht nun denn: Wer macht mich lügen (erweist meine Rede als Lüge) und legt dar, dass mein sich erfüllen sollendes Wort nicht zutreffe?
...
Wenn es vielen Frevlern auch über Jahrzehnte bestens ergeht, so ist doch offenkundig, dass es sich dabei um einen kurzen Zeitraum handelt, in dem sie ihre Macht ausspielen (Vers 22), es sich bequem machen (Vers 23) und sich sagen:»Seele, du hast für viele Jahre zahlreiche Güter daliegen; ruhe dich aus, iss, trink und sei fröhlich!«
(Luk. 12:19). Wir kennen dieses Gleichnis, in welchem Gott dann dem Reichen sagt:»Du Unbesonnener, in dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und was du dir bereitet hast, wem wird es zufallen? So ergeht es jedem, der für sich selbst Schätze aufspeichert und nicht für Gott reich ist« (Luk. 12:20, 21).
Die Frevler werden nicht sofort vernichtet, wie Hiobs Freunde meinten, ihr Verderben steht aber fest, etwa dass der Weinberg keine Frucht mehr bringt (Vers 18) oder das Vehältnis zu ihrer jeweiligen Frau zerbröckelt (Vers 21). Und eines Tages sterbeen sie und sind nicht mehr (Verse 20 + 24). Übrigens sagt auch das Gesetz des Mose, dass aller Besitz Israels im Falle des Ungehorsams gegen Jewe verflucht werden wird (5. Mose 28:16).
Hiob macht deutlich, dass die Menschen die Frist des Niedergangs und den Zeitpukt des Umkommens nicht berechnen können; alles liegt in der Hand Gottes, so auch das gestundete Leben der Gottlosen (Vers 23). Deshalb ist der einzig richtige Weg, Eloah zu vertrauen, der alles nach Seinem weisen Ratschluss bewirkt.
Bildads dritte Rede und Hiobs achte Antwort
(Hiob 25 - 31)
Kapitel 25
Bildads dritte Rede
1Und Bildad, der Schuchiter, antwortete und sprach:
2Das Herrschen und Ängstigendes (stehen) bei Ihm (bei El), Er macht Frieden in Seinen Höhen.
3Gibt es (etwa) eine Zahl für Seine Stoßtrupps, und über wem (etwa) ersteht nicht Sein Licht?
4Und (in) was wird ein Mann bei El gerechtfertigt, und (in) was wird ein von einer Frau Geborener geläutert?
5Ja, bis zum Mond (gilt's), auch er macht nicht hell, und die Sterne sind nicht durchläutert in Seinen Augen,
6gar denn der Mann, die Made, und der Sohn Adams, der Wurm.
...
Diese knappe Erwiderung Bildads ist ein letzter Versuch, Hiob von seiner Unwürdigkeit und Sündhaftigkeit zu überzeugen. Hiob habe kein Recht, irgendetwas von El zu verlangen, weder Heilung noch ein Gerichtsverfahren. Der Abstand zwischen der Herrlichkeit Els und der Niedrigkeit des Menschen sei zu groß.
Das allgewaltige und unermessliche und damit auch furchterregende Wirken steht bei El (Vers 2). Bei dem Frieden in den Höhen hat Bildad – unbewusst prophetisch sprechend – gewiss nicht an die Allaussöhnung gedacht (1. Kor. 15:20 - 28; Kol. 1:20; 1. Tim. 4:10), sondern vielleicht daran, dass El im Himmel Frieden über dem nach Bildads Meinung gerechten Drangsalen Hiobs habe.
Über wem etwa ersteht nicht das Licht Gottes (Vers 3)? Wir wissen, dass Jesus das wahrhafte Licht ist, das, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet (Joh. 1:9). Aber auch dieses prophetische Wort wird außerhalb des Horizonts Bildads gelegen haben, der mit dem Licht die Sonne meinte, die über jedem scheint.
Mit den Versen vier bis sechs ficht Bildad die Unschuldsbeteuerungen Hiobs (u. a. Kap. 23:10 - 12) nochmals an, und zwar mit den von Eliphas zweimal vorgetragenen Gedanken eines bösen Geistes (Kap. 4:21 - 21; 15:14 - 16). Auf diese niederträchtige Weise spricht Bildad jedem Menschen – besonders dem Hiob und ohne es zu merken auch sich selbst – die Gerechtigkeit vor Gott ab und will damit dem Hiob das, was er vorweisen kann, aus der Hand schlagen. Es gäbe also keine Hoffnung mehr für Hiob! Damit leugnet Bildad das dem Hiob von El ausgesprochene Lob, dass er vollendet und aufrichtig, Elohim fürchtend und makellos ist (Kap. 1:8; 2:3).
Es stimmt zwar, dass der Mond nur schwach leuchtet, die Helligkeit der Sterne vor der Herrlichkeit Els verblasst und der adamitische, seelische Mensch nicht rein vor Gott ist, dem Bildad ist aber entfallen, dass El schon bei Adam und Eva mit den Röcken aus Tierfellen eine Lösung fand (1. Mose 3:21) und dass der Same der Frau der Schlange den Kopf zermalmen wird (1. Mose 3:15), außerdem hätte ihm vor Augen stehen müssen, dass sein Großvater Abraham (1. Mose 25:2) durch Glauben gerechtfertigt wurde (1. Mose 15:6). Der Gott dieses Äons, der Satan, hatte Bildads Gedanken geblendet (2. Kor. 4:4).
Im Übrigen meinte Bildad, Hiob mit dem Vergleich des Menschen mit einer Made und einem Wurm – unser Herr Jesus Christus hatte Sich, am Holz hängend, so tief erniedrigt (Ps. 22:7) – dazu bringen zu können, sich einzugestehen, dass er von El als ein Nichts erachtet werde und es aus mit ihm sei.
Kapitel 26
Hiobs achte Antwort
1Und Hiob antwortete und sprach:
2Was (wie doch), hast du dem geholfen, der ohne Kraft ist, hast du den Arm gerettet, der ohne Stärke ist?
3Was (wie doch), hast du dem geraten, der ohne Weisheit ist, und führtest du zur Erkenntnis großer Umsicht (klugen Beachtens aller wichtigen Umstände)?
4Wem berichtetest (verkündetest) du sich erfüllen sollende Worte, und wessen Hauch ging von dir aus?
...
Hiob übt beißende Kritik an Bildad. Hat jener jemandem geholfen, jemanden gerettet oder umsichtig unterwiesen, im konkreten Fall den Hiob? Hat Bildad wahre Worte gesprochen, die zutreffen und eintreffen?
Die entscheidende rhetorische Frage Hiobs ist, wessen Hauch von Bildad ausging. Welcher Geist lenkte ihn? Wes Geistes Kind ist er? Els oder des Satans?
Hiob schildert die Allmacht Gottes
5Die im Tod Erschlafften unterhalb der Wasser und ihrer Bewohner wirbeln heraus.
6Nackt (offen) (liegt) der Scheol (das Totenreich) vor Ihm (vor El), und keine Bedeckung hat der Abaddon (Abyssos, Abgrund, Totenreich).
7(El), der den Norden (Nordhimmel) über dem Chaos Ausstreckende, der das Land (die Landmasse) über der Zerwirrnis (oder: dem Wassergemeng) Aufhängende,
8der die Wasser in den Wolken Zusammendrängende, und das Gewölk unter ihnen reißt nicht auf;
9der das Angesicht des Thrones Umgreifende (Umschließende), Er breitete über ihm Sein Gewölk aus.
10Das Gesetz (die festzusetzende Linie, Grenze) zirkelte Er ab über dem Angesicht der Wasser bis zur Vervollständigung (völligen Setzung) des Lichts samt der Finsternis.
11Die Säulen der Himmel werden schlaff (weich, schwankend) und staunen (entsetzen sich) aufgrund Seines Scheltens.
12In Seiner Kraft schockte (erregte) Er das Meer, und durch Sein Verständnis zersplitterte Er Rahab (das Meerungeheuer; symbolischer Name Ägyptens).
13Durch Seinen Geist entfaltete Er die Himmel, Seine Hand durchwirbelte (durchbohrte) die entweichende Schlange.
14Ja, dies sind (nur) die Äußersten (Ränder) Seines Weges, und was man an wispernden Worten von Ihm hört und das Donnergetöse Seiner Macht (Allmacht) – wer versteht (begreift) es?
...
Bildad hatte von der Allmacht Els gesprochen (Kap. 25:2, 3), um Hiob niederzuringen, Hiob dagegen spricht ehrfürchtig von ihr. In einen solchen Gott kann er sein Vertrauen setzen.
Vers fünf lässt daran denken, dass die Toten wieder zum Vorschein gebracht werden. Ja, so ist es: »Jewe erweckt die im Tode Erschlafften« (Jes. 14:9; 2. Tim. 1:10).
Vor El ist alles offenbar (Vers 6). »Es gibt keine Schöpfung, die vor Seinen Augen nicht offenbar ist. Alles aber ist nackt und entblößt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft geben müssen« (Heb. 4:13). »Scheol und Abaddon sind Jewe gegenwärtig, gar denn die Herzensgesinnungen der Söhne Adams« (Spr. 15:11). Im Übrigen sei daran erinnert, dass die Heuschrecken des fünften Posaunengerichts »als König über sich den Boten des Abgrunds haben, dessen Name auf Hebräisch Abaddon ist, im Griechischen hat er den Namen Apollyon« (Off. 9:11).
El spannte die Himmel aus und gründete die Landmasse inmitten des Meeres (Vers 7; 1. Mose 1:9; Ps. 24:2).
Els Thron ist hinter den Wolken verborgen (Vers 9). El und Sein Sohn wohnen in einem für uns Gläubige jetzt noch unzugänglichen Licht (1. Tim. 6:16). In den kommenden Äonen werden wir dort niedergesetzt sein (Kol. 1:12; Eph. 2:6, 7).
Über dem Angesicht der Wasser (1. Mose 1:2) grenzte Er (Vers 10) das Land und das Meer (1. Mose 1:9) sowie Licht und Finsternis voneinander ab (1. Mose 1:4). Im Übrigen ist der Finsternis eine Grenze, ein Ende gesetzt; Menschen tun dies (Kap. 28:3) und Gott noch viel mehr (Off. 21:23, 25; 22:5)
Jederzeit kann El das Meer schocken (Vers 12), sodass seine Wasser tumulten, tosen (Jes. 51:15; Jer. 31:35), und Rahab, das Meerungeheuer, sei es buchstäblich gemeint oder von Ägypten die Rede, zersplittern (Jes. 51:9, 10). Denkt Hiob hierbei an ein vergangenes Ereignis oder redet er prophetisch von der Zukunft, in der der Nil austrocknen wird (Jes. 19:5 - 7)? Vielleicht sieht Hiob aber das Meer als Ungeheuer an, das geschockt wurde, als Elohim die Landmasse hervorhob und das Wasser zur Seite weichen musste
(1. Mose 1:9).
Durch Seinen Geist entfaltete El die Himmel (Vers 13); Er machte das Firmament, das Er Himmel nennt (1. Mose 1:7, 8). Und die Schlange, den Satan, sieht Hiob prophetisch als bereits durchbohrt und besiegt an, weil er weiß, dass der Same der Eva der Schlange den Kopf zermalmen wird (1. Mose 3:15). Das ist inzwischen geschehen. Der Satan wurde auf Golgatha besiegt (Kol 2:15).
Es sei darauf hingewiesen, dass das Wort für »durchwirbeln, heb. ChLL, punktiert ChaLaL, mit Wehe, heb. und punktiert ChIL, verwandt ist und mit »wirbeln«, heb. ChL, punktiert ChaL, ein kreisender, den Wehen einer Frau gleichender Schmerz gemeint ist. Man könnte somit auch übersetzen: »Seine Hand litt Wehen um die entweichende Schlange.« Der Satan ist ja ein Geschöpf Gottes (Jes. 45:7; Kol. 1:16). Er ist ein Menschentöter von Anfang an und hat nie in der Wahrheit gestanden (Joh. 8:44).
Dies alles, was Hiob gerade aufgeführt hat, sind nur Randerscheinungen der Größe und Herrlichkeit Gottes (Vers 14). Die Weisheit Gottes, und zwar Jesus Christus, und dieser als gekreuzigt, die Weisheit, die Gott vor den Äonen zu unserer Herrlichkeit vorherbestimmt hatte, war damals noch ein Geheimnis (1. Kor. 2:2, 7.
Kapitel 27
Hiob beharrt auf seiner Unschuld
1Und Hiob fuhr fort, seine vergleichenden (bemessenden) (Worte) zu erheben und sprach:
2Bei El, dem Lebenden, der mein Recht weggenommen, und bei dem Schadaj, der meine Seele bitter gemach hat
3– denn noch ist all mein Hauch in mir, und der Atem (oder: Geist, oder: Wind) Eloahs ist in meiner Nase –:
4Wehe, wenn meine Lippen Arges reden und wenn meine Zunge Trug murmelt!
5Weitab von mir sei's: Wehe, wenn ich euch rechtfertige! Bis ich aushauche, lasse ich meine Makellosigkeit nicht von mir weichen.
6Meine Gerechtigkeit halte ich fest, und nicht lasse ich sie los, mein Herz schmäht nicht einen von meinen Tagen.
...
Hiob spricht vor El (Vers 2), vor dessen Augen er sich jederzeit weiß, ja er schwört bei El, und zwar im festen Glauben an den Allgewaltigen, dessen Allesbewirken er nicht in Zweifel zieht; rätselhaft und eine Anfechtung ist ihm nur, warum und wozu El ihm solch ein maßloses Leid auferlegt und ihm sein »Recht«, als Unschuldiger gerecht behandelt zu werden, verweigert. Els Gedanken und Wege sind allerdings höher (Jes. 55:9).
Solange noch der Atem Eloahs in seiner Nase ist, wird er auf seiner Unbeschuldbarkeit beharren (Vers 3). Elohim hatte dem Adam und damit all seinen Nachkommen den Lebensodem in die Nase geblasen, sodass Adam eine lebende Seele wurde (1. Mose 2:7). Unser Atem ist der Träger des Lebensgeistes Gottes.
Keinesfalls wird Hiob seinen Freunden Recht geben, denn er ist und bleibt makellos, bis er aushaucht (Vers 5). Denn ein den Frevler Rechtfertigender ist Jewe ein Gräuel (Spr. 17:15).
Sein Herz verurteilt den Hiob nicht (Vers 6); man könnte fast sagen: Der Friede Christi ist der Schiedsrichter in seinem Herzen (Kol. 3:15).
»Wie ein Frevler werde mein Feind!«
7Wie ein Frevler werde mein Feind und der sich gegen mich Erhebende wie ein Arger.
8Denn was ist das Erharrte des Befleckten, woraus er Vorteile zieht, wenn Eloah seine Seele ausbeutet (antastet, ausraubt, erschüttert)?
9Wird El sein Geschrei hören, wenn Bedrängnis über ihn kommt?
10Ob er bei dem Schadaj sein Behagen (findet), ob er den Eloah anruft zu jeder Zeit?
11Ich (weise) euch das Ziel, das in der Hand Els ist (ich belehre euch über Els Plan), das, was bei dem Schadaj ist (was vor Ihm gilt), verhehle ich (euch) nicht.
12Ja ihr, ihr alle, ihr schautet es, und warum dies, dass ihr von Dunst (Nichtigkeit) umdunstet seid?
13Dies ist der Ausgleich (der Teil) des frevlerischen Menschen bei El und das Losteil des Schreckenerregenden, das sie von Schadaj nehmen (empfangen):
14Wenn sich seine Söhne mehren, so sind sie dem Schwert (verfallen), und seine Nachkommen werden des Brotes nicht satt.
15Seine Überlebenden werden infolge (ihres) Todes begraben, und seine Witwen weinen nicht.
16Wenn er Silber wie Staub auftürmt und (sich seine) Bekleidung wie porigen Ton bereitet (ansammelt),
17so bereitet er's (legt er's bereit), aber der Gerechte bekleidet sich damit, und das Silber verteilt der Schuldlose.
18Er erbaute sein Haus wie die Motte und wie eine Hütte (Laube), die ein Wächter sich machte.
19Als Reicher legt er sich hin, aber nicht wird er so (zu den Vätern) versammelt; öffnet er seine Augen, so ist ihm nichts (mehr).
20Schrecknisse holen ihn ein wie Wasser, des Nachts stiehlt ihn eine Windhose.
21Ein Ostwind trägt ihn fort und er geht dahin, und er (der Ostwind) (weht) ihn (wie in einem) Schauer hinweg von seinem Ort.
22Und Er (El) wirft (schleudert Geschosse) auf ihn (den Frevler), und Er verschont (ihn) nicht, der aus Seiner Hand entweichen, ja entweichen (will).
23Über dieses klatscht jeder in seine Hände und zischt von seiner Stelle aus über ihn (den Frevler).
...
Es wundert uns, dass Hiob auf einmal vom Schicksal der Frevler ebenso spricht wie seine Freunde zuvor. Durchaus ergeht es den Gottlosen so, sei es über kurz oder lang; meistens dauert es sehr lange, oder es trifft erst mit dem Tod ein. Der Fehler der Freunde ist, vom Ergehen Hiobs auf dessen Charakter zu schließen. Dass Gott aber auch über Unschuldige schweres Leid verhängt, um sie völligen Gehorsam zu lehren, und sie vollkommen zu machen (Heb. 2:10; 5:14), ist ihnen fremd.
Hiobs Freunde bezichtigen ihn schlimmer Untaten, dies macht sie zu seinen Feinden. Und nun kritisiert und beschämt er sie, indem er von ihnen als seinen Feinden spricht. Es wird ihnen so übel ergehen wie den Frevlern!
Sich verteidigend, greift er seine Freunde an, die durch ihr falsches Urteil zu Frevlern geworden sind. Jetzt belehrt er sie, nicht mehr sie ihn. Er schildert die mannigfaltigen Drangsale, die über Frevler kommen: Krieg, Hunger, Tod; ihr Vermögen fällt an die Gerechten. El verschont sie nicht, und die Menschen schlagen vor Schadenfreude in die Hände.
Kapitel 28
Vom Zugang zu Schätzen
In Kapitel 28 spricht Hiob über den Zugang zu Schätzen (Verse 1 - 11) und zur Weisheit (Verse 12 - 28). Wo findet man die Weisheit? Nicht bei seinen Freunden!
1Denn dem Silber ist ein Ort des Abbauens, und ein Ort ist dem Gold, wo man es ausschmelzt.
2Eisen wird aus dem Staub genommen, und aus Gestein quetscht er (der Mensch) Kupfer heraus.
3Er setzt der Finsternis (der Schätze unter der Erde) ein Ende, und er untersucht alles vollständig, das Gestein des Dunkels und des Todesschattens.
4Er brescht ein Bachbett (schlägt einen Schacht) aus, wo kein Fremdling (hindurchzieht); die vom Fuß vergessenen (nicht mehr betretenen) (Schächte), die durch die Mannen wankten, sie verarmen (verfallen).
5Das Land, aus ihm geht Brot (die Nahrung) hervor, und sein (des Landes) Unteres (die dem Schürfer und Bergmann zugängliche Schicht) ist umgewendet (umgewühlt) wie von Feuer.
6Eine Stätte des Saphirs sind seine (des Landes) Steine, und Staub des Goldes ist in ihm.
7Ein (unterirdischer) Steig (schmaler Pfad) – nicht erkennt ihn das Raubgevögel, und nicht musterte ihn das Auge des Weihs (ein Greifvogel),
8nicht betraten ihn die Söhne des stolzen (edlen) Wildes, nicht war ein Treiblöwe sein Schmuck auf ihm.
9Er (der Mensch) legte seine Hand an den Kiesel, wendete (wühlte) die Berge von der Wurzel an um.
10In die Felsen spaltete (schlug) er Flüsse (wasserführende Gänge, Stollen), und jede Kostbarkeit sieht sein Auge.
11Aufgrund des Weinens der Ströme (des Tröpfelns der Wasseradern) verbindet er sie, und das Verborgene lässt er ans Licht hervorkommen.
...
Ja, so gewinnt man die Bodenschätze. Wie aber gewinnt man Weisheit? Hören wir dem Hiob weiter zu.
Wo man die Weisheit nicht findet
12Aber die Weisheit, woher (kommt's), dass sie gefunden wird, und wo ist dieser, der Ort des Verstehens?
13Nicht erkennt ein Mann ihre Zuordnung, und nicht wird sie im Land der Lebenden gefunden.
14Der Tumult (das wogende Wasser) spricht: In mir ist sie nicht!, und das Meer spricht: Bei mir ist keine!
15Nicht wird Gold an ihrer statt gegeben, und nicht wird Silber als ihr Kaufpreis gewogen.
16Nicht wird sie mit Gold aus Ophir aufgewogen, mit kostbarem Schoham (vermutlich Sardonyx) und Saphir.
17Nicht ordnet man ihr Gold und Kristallglas zu, oder dass man sie gegen ein Gerät aus gleißendem (Gold) eintauscht.
18An kostbares Leder und Meteoritgestein wird nicht gedacht, und das lange Zurückgehaltene der Weisheit ist mehr als Korallen.
19Nicht ordnet man ihr den Pitdah (vermutlich Chrysolith) aus Kusch (Nubien, Äthiopien) zu; mit reinem Gold wird sie nicht aufgewogen.
...
All den genannten Dingen ist die Weisheit nicht zugeordnet; bei diesen Objekten, und seien sie noch so wertvoll, kann man sie nicht finden. Es gibt auch keine Weltformel, mit der man sie erfassen könnte.
Den Herrn fürchten ist Weisheit
20Aber die Weisheit, woher kommt sie, und wo ist dieser, der Ort des Verstehens?
21Und sie ist verheimlicht vor den Augen alles Lebenden, und vor dem Flatternden der Himmel ist sie verborgen.
22Abaddon (Abyssos, Abgrund, Ort der Verlorenheit) und Tod sprechen: (Nur) vom Hörensagen hörten wir mit unseren Ohren von ihr.
23Elohim versteht ihren Weg, und Er, Er erkennt ihren Ort.
24Denn Er, zu den äußersten (Gebieten) der Erde blickt Er, unter all den Himmeln sieht Er,
25um dem Wind (oder: Geist) das Gewicht zu bestimmen; und den Wassern gab Er das Maß mit einem Maß,
26indem Er dem Regen ein Gesetz machte und einen Weg dem Wetterstrahl (Blitz) der Stimmen (des Donners).
27Damals sah Er sie (die Weisheit) und erzählte von ihr, bereitete sie (stellte sie bereit) und erforschte sie auch noch.
28Und Er sprach zum Menschen: Ja, das Meinen-Herrn-Fürchten, das ist Weisheit, und Sich-Abwenden vom Bösen ist Verstehen.
...
Hiob preist die Weisheit Gottes. Allein der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus ist weise (Röm. 16:27).
Zunächst stellt Hiob fest, dass sie vor den Augen aller Lebenden verborgen ist (Vers 21). Erst recht die in einem Geheimnis verborgen gewesene Weisheit, die Gott vor den Äonen zu unserer Herrlichkeit vorherbestimmt hatte (1. Kor. 2:7). Seine Weisheit besteht in Christus Jesus, und diesem als gekreuzigt (1. Kor. 2:2). Uns Gläubigen heute ist diese Weisheit enthüllt (1. Kor. 2:10; siehe auch 1. Kor. 1:30; Kol. 2:3).
Nur bei El ist Weisheit zu finden (Vers 23), keinesfalls bei den Geistern im Abgrund (Luk. 8:31; 2. Pet. 2:4; Jud. 6; Off. 9:1,- 3, 11; 11:7), bei den Mächten der Finsternis, und auch nicht bei den Toten (Vers 22).
Schon an der wunderbaren Schöpfung erkennt man die Weisheit des Schöpfers (Verse 24 - 26; Röm. 1:20).
Zu Vers 27 vergleiche man Sprüche 8:22 - 31.
Und wie kann ein Mensch Weisheit erlangen?
Indem er den Herrn fürchtet und sich vom Bösen abkehrt. Dies ist der Anfang der Weisheit, wie auch in Psalm 111:10 und den Sprüchen 9:10 zu lesen. Die Unterordnung unter Jewe Elohim und Sein Wort – das ist Weisheit. Er gibt dem Suchenden und Glaubenden Weisheit, aus Seinem Mund werden uns Erkenntnis und Verständnis zuteil (Spr. 2:6). »Glückselig der Mensch, der Weisheit gefunden, und der Mensch, der Verständnis erlangt hat« (Spr. 3:13).
Auch die Frage nach dem Warum des Leidens Hiobs kann nur von El beantwortet werden, dem allein Weisen. Da Hiob nach Meinung der Freunde gesündigt hat, fürchtet er den Herrn nicht und ist folglich nicht weise. Es ist aber umgekehrt, ihr Freunde: Ich, Hiob, fürchte den Herrn und bin somit weise.
Vorbemerkung zu den Kapiteln 29 bis 31
In seiner Schlussrede der Kapitel 29 bis 31 führt Hiob die Reden nicht länger auf der Ebene menschlicher Auseinandersetzung weiter, sondern arbeitet seine Position heraus, auf die El sodann antworten soll. Hiob spricht jetzt zu El; er beschreibt sein früheres Glück (Kap. 29), seine gegenwärtige Not (Kap. 30) und beteuert zum letzten Mal seine Unsträflichkeit (Kap. 31).
Kapitel 29
Hiobs Rückblick auf seine einst gesegnete Stellung
1Und Hiob fuhr fort, seine vergleichenden (bemessenden) (Worte) zu erheben und sprach:
2Wer gibt mir, (dass es wieder so ist) wie in den Monaten der Vorzeit, wie in den Tagen, da Eloah mich sorgsam bewahrte,
3indem sie, Seine Leuchte, über meinem Haupt erstrahlte, als ich (durch) Finsternis zu Seinem Licht ging.
4So wie es mir war in den Tagen meines Winters (in den kühlen Tagen mit guten Vorräten), indem das Geheimnis (der Erkenntnis, des Friedens, der Freundschaft) des Eloah (oder: das Vertrautsein mit Eloah) auf mein Zelt zukam (oder: über meinem Zelt weilte),
5indem der Schadaj noch bei mir war (und) rings um mich meine Jünglinge;
6indem ich meine Beine und Füße in warmen Quellen badete und der Fels (in den die Olivenpressen gehauen waren) bei mir Kanäle von Öl herauspresste.
7Nach meinem Herausgehen aus dem Tor hinauf zur Stadt errichtete ich meinen Sitz auf dem weiten Platz.
8Jünglinge sahen mich und versteckten sich (zogen sich ehrfürchtig zurück), und Greise erhoben sich und blieben stehen.
9Fürsten (Amtsträger) hielten bei (ihren) sich erfüllen sollenden Worten an und legten die Hände auf ihren Mund.
10Die Stimme der Herzöge (verstummte), sie versteckten sich, und ihre Zunge verblieb an ihrem Gaumen.
11Wenn das Ohr (eines anderen mich) hörte, pries es mich glückselig, und wenn das Auge (eines andren mich) sah, bezeugte es mir (legte es Zeugnis für mich ab).
12Denn ich half dem um Rettung rufenden Gedemütigten zu entkommen und dem Waisen und dem, der keinen Helfer hatte.
13Die Segnung des Verlorenen kam auf mich, und das Herz der Witwe brachte ich zum Jubeln.
14Mit Gerechtigkeit bekleidete ich mich, und sie bekleidete mich, wie ein Mantel und ein Kopfbund war mein Rechterweis.
15Dem Blinden wurde ich zu den Augen, und dem Humpelnden wurde ich zu den Füßen.
16Zum Vater wurde ich den Bedürftigen, und so ich über einen Hader (Streit, Rechtsfall) nicht Bescheid wusste, untersuchte ich ihn.
17Und ich zerbrach das Gebiss des Argen (Übeltäters), und ich entriss seinen Zähnen die Beute.
18Und ich sprach: Mit denen meines Nestes (Hausstandes) werde ich aushauchen und meine Tage wie Sand mehren.
19Meine Wurzel (Lebensgrundlage) ist geöffnet (ausgebreitet) zu den Wassern hin, und Tau wird auf meinen jungen Trieben nächtigen.
20Meine Herrlichkeit (bleibt stets) neu (frisch) bei mir, und mein Bogen (Symbol für Kraft) in meiner Hand wechselt (den Pfeil sehr schnell).
21Zu mir hin hörten (lauschten) sie (die Menschen) und warteten und waren still (im Hinblick) auf meinen Rat.
22Nach meinem Wort (meiner Rede) wiederholten sie nicht (redeten sie nicht wiederum), und auf sie träufelte mein sich erfüllen sollendes Wort.
23Und sie warteten auf mich wie auf Regen, und ihren Mund rissen sie auf wie zum Spätregen hin.
24Ich lächelte jenen zu, die sich nicht getrauten, und das Licht (Strahlen) meines Angesichts brachten sie nicht zum Fallen.
25Ich erwählte ihren Weg und saß als Haupt, und ich wohnte wie ein Regent in einem Stoßtrupp, wie einer, der Trauernde tröstet.
...
So herrlich war es gewesen, und so wünschte Hiob es sich wieder.
Sein Lebenswandel war wahre Frömmigkeit, und sein Ansehen unter den Menschen war von seiner gottgegebenen starken inneren Autorität getragen. Die Grundlage für seinen Gott wohlgefälligen Wandel wie auch für sein Gesegnetsein war seine Verbundenheit mit Eloah in Treue und Gehorsam sowie Eloahs Wohlwollen.
Die Darstellung der Vergangenheit in Kapitel 29 hebt Hiobs in Kapitel 30 geschildertes gegenwärtiges Leiden eindrücklich heraus.
Kapitel 30
Hiobs Klage über seinen gegenwärtigen Zustand
1Nun aber erheitern sich über mich Geringere an Tagen (weniger Betagte) als ich, deren Väter ich verwarf, sie bei den Hunden meines Kleinviehs einzusetzen.
2Auch die Kraft ihrer Hände – wozu dient sie mir?
Ihre Rüstigkeit verlor sich,
3die durch den Mangel und das Betteln zerkrümmt sind, die Verdorrtes abnagen – in der Nacht davor war Verheerung, und (es blieb) Verheertes –,
4sie, die Salzkraut pflücken an den Sträuchern und deren Brot die Wurzel der Ginster ist.
5Mit (Schlägen auf den) Rücken werden sie vertrieben, man schreit wider sie wie wider einen Dieb.
6In den Bachtälern (an den Stätten) der Verscheuchten (müssen) sie wohnen, in Erdlöchern und unter überhängenden (Felsen).
7Zwischen Sträuchern schreien sie (wie Esel), unter Wildkraut tun sie sich zusammen.
8Sie sind Söhne des Verruchten, auch Söhne ohne Namen, verzagt sind sie und aus dem Land (entfernt).
9Und nun wurde ich ihr Saitenspiel (Klagelied, Spottlied), und ich wurde ihnen zum sich erfüllen sollenden Wort (zum Gerede).
10Als Gräuel betrachten sie mich, sind fern von mir, und ihren Speichel halten sie nicht von meinem Angesicht zurück.
11Denn Sein (Eloahs) Spannseil schneidet ein, und Er demütigte mich, und so lassen sie den Zügel vor meinem Angesicht schießen (um ihn mir wieder anzulegen).
12Wider meine Rechte (rechte Hand) erstehen sie als wilde Blüte. Meine Füße stießen sie weg und warfen die Pfade ihres Unglücks wider mich auf.
13Sie brachen meinen Steg (Weg) um, sie nützen meinem (beschwerlichen) Werdegang, sie haben (brauchen) keinen Helfer.
14Wie durch eine breite Bresche treffen sie ein, unter Verheeren wälzen sie sich heran.
15Alles wandte sich gegen mich, (ein) Schrecken (ist's). Verfolgt wie vom Wind ist meine Willigkeit (Gutmütigkeit), und wie eine Wolke zog meine Rettung vorüber.
...
Das ist eine eindrückliche Schilderung des Elends Hiob. Jetzt war er zum Spottlied der Unterschicht geworden. Alles Unglück und tiefste Erniedrigung schlagen über Hiob zusammen. Er zählt (wie später Paulus; 1. Kor. 4:13) zum Abschaum der Welt, den man anspeit (Vers 10) ebenso wie es anderen Dienern Jewes, zum Beispiel dem Propheten Jesaja (Jes. 50:6), erging und unserem Herrn Jesus Christus (Mat. 27:30).
Eloah bedrückt Hiob bis an den Tod
16Und nun schüttet sich meine Seele auf mir aus, die Tage der Demütigung erfassen mich.
17Des Nachts höhlt Er (Eloah) meine Gebeine in mir aus, und meine Nager (nagenden Schmerzen) ruhen nicht.
18Ob der großen (mich drückenden) Kraft verunkenntlicht (entstellt) sich meine Kleidung, wie mit der Halsmündung meines Leibrocks schnürt sie (die Kraft) mich ein.
19Er (Eloah) wies mich dem porigen Lehm an (warf mich in den Lehm), sodass ich Staub und Asche gleiche.
20Ich rufe um Rettung zu Dir, und Du antwortest mir nicht; ich habe mich hingestellt, und Du hast mir bezüglich unterschieden (ein bestimmtes Verständnis).
21Du hast Dich gewandelt zu einem Grausamen für mich. Mit der übergroßen Stärke Deiner Hand grollst Du mir.
22Du trägst mich zum Wind fort, bewirkst, dass ich dahinfahre und ich zergehe im Sturmgebraus.
23Denn ich erkenne: Du bewirkst, dass ich zum Tod zurückkehre und zum Haus der Versammlung aller Lebenden.
...
Die Übermacht Eloahs drückt den Hiob bis in die ärgsten Tiefen menschlichen Leides hinab. Er ist bis an den Tod gequält und mithin auch erniedrigt und gedemütigt. Hiob sieht sich von Eloah grausam behandelt.
Die eigentliche Not aber ist, dass Eloah schweigt. Die Frage nach dem Warum ist nicht beantwortet. Ebenso die Frage, ob das Ergehen Hiobs mit der Gerechtigkeit vereinbar ist. Wie kann Eloah einem aufrichtigen Mann solches Leid auferlegen? Und nicht die geringste Andeutung Eloahs, dass die Rettung komme.
Den Tod sieht Hiob vor sich. Er kennt das Wort Jewe Elohims an Adam, dass der Tod eine Rückkehr zum Erdboden ist (1. Mose 3:19; Ps. 104:29). Immerhin wird er dann seine Ruhe haben (Kap. 3:11 - 19).
Hiob klagt weiter
24Jedoch nicht zum Schutthaufen streckt (Er) die Hand aus, wenn mitten in Seinem (von Ihm bewirkten) Missgeschick bei ihnen (den Betroffenen) ein Rufen nach Rettung ist.
25Ob ich denn nicht weinte im Hinblick auf den, der einen harten Tag hatte, (und) sich meine Seele einschränkte für den Bedürftigen?
26Denn ich harrte auf Gutes, und es kam Böses, und ich wartete auf Licht, und es kam Dunkelheit.
27Meine Eingeweide blubbern und sind nicht still, Tage der Demütigung kamen mir entgegen.
28Als Verdüsterter wandele ich, da die Sonne nicht da ist; stehe ich in der Versammlung auf, so rufe ich nach Rettung.
29Ein Bruder wurde ich den Untieren und ein Gefährte den Töchtern der Straußenhenne.
30Meine Haut ist schwarzrot, (löst sich) von mir ab, und mein Gebein entzündet sich fiebrig durch das Vertrocknen (die Hitze).
31Und meine Harfe (mein Harfenspiel) wurde zur Trauer und meine Schalmei (mein Spiel auf ihr) zur Stimme (zum Sang) der Weinenden.
...
Die Übersetzung des Verses 24 ist problematisch. Und der Sinn mag sein, dass Eloah Seine Hand nicht zu den Toten (Vers 23) ausstreckt, sondern normalerweise mitleidsvoll zu denen, die Ihn um Rettung bitten, wie jetzt gerade Hiob (Vers 28).
Wie denn ja auch Hiob selbst Mitleid hatte mit den schwer Arbeitenden und den Armen (Vers 25).
Hiob hatte auf Gutes aus der Hand Eloahs gehofft, auch auf Licht, auf eine seine Situation erhellende Antwort Eloahs (Vers 26). Doch das Üble hat ihn fest im Griff.
Unter der »Sonne« (Vers 28) dürfte das Wohlwollen Eloahs zu verstehen sein. Ohne den Beistand Eloahs kann man nur verdüsterten Sinnes durch den Tag geben. Ständig aber ruft Hiob Eloah um Rettung an; sein einziger fester Bezugspunkt ist und bleibt Eloah.
In Anbetracht seiner Leiden (Verse 29 + 30) trauert und weint Hiob. Auf der Harfe und der Flöte spielt er nur noch Trauermelodien.
Kapitel 31
Hiob beteuert seine Unsträflichkeit
1Einen Bund schnitt (schloss) ich mit meinen Augen, und wie sollte ich da eine Jungfrau (lüstern) anblicken?
2Und was ist das (für den Menschen vorgesehene) Ausgleichsteil (Erstattung, Zuteilung) des Eloah oben und das Losteil (zugeloster Anteil) des Schadaj aus den Höhen?
3(Ist's etwa) nicht Unglück für den Argen und Abgeschnittenwerden (Sterben) für die Täter des Ichhaften?
4(Ist's) nicht (so): Er, Er sieht meine Wege, und all meine Schritte zählt Er.
5Wenn ich mit Wahnhaftem wandeln und mein Fuß auf Trug zueilen würde,
6so wiegt Er mich in Waagschalen der Gerechtigkeit, und Eloah erkennt meine Makellosigkeit.
7Wenn sich mein Vorhaben weg vom (rechten) Weg erstreckte und mein Herz nach meinen Augen wandelte und meinen Händen Brüchiges (Fragwürdiges) anhing,
8dann will ich säen, und ein anderer isst, und meine Nachkommen sollen entwurzelt werden.
9Wenn mein Herz für eine (fremde) Frau zugänglich war und ich an der Haustür meines Gefährten lauerte,
10so mahle meine Frau für einen anderen, und andere sollen sich über sie beugen.
11Denn dies wäre Hurerei, und dies wäre eine Vergehung, die Vermittler (Schiedsmänner, Richter) erfordert.
12Ja denn, Feuer wäre es, das bis zum Abaddon (Abgrund, Untergang) frisst und all mein Einkommen entwurzelt.
...
»Ich (Jesus) aber sage euch: Jeder, der eine Frau anblickt, um sie zu begehren, treibt mit ihr schon Ehebruch in seinem Herzen« (Mat. 5:28). Ja, eine Affäre mit einer anderen Frau würde alle Lebensumstände und Herzensbefindlichkeiten wie Feuer zerfressen und in die Zerrüttung führen. Hiob aber wandelte makellos und ist sich sicher, dass Eloah dies ebenso beurteilt (Vers 6).
Der Bund Hiobs mit seinen Augen (Vers 1) stellt einen festen Entschluss dar.
Ehebruch gehört nicht nur in das Gericht Eloahs, sondern auch vor die öffentliche Gerichtsbarkeit (Vers 11), da eine solche gewaltige Sünde den gesellschaftlichen Niedergang fördert.
Das Kapitel 31 gibt die letzte Rede Hiobs an Eloah wieder, ist quasi das Schlusswort des Angegriffenen im Gerichtsverfahren und stellt den Höhepunkt der Hiobsreden dar. Er hat das Leben eines sittlich reinen, aufrichtigen und gerechten Menschen geführt.
Hiob hat den Armen geholfen
13Wenn ich das Recht meines Dieners verwarf (missachtete) und das meiner Magd in ihrem Rechtsstreit mit mir,
14was könnte ich tun, wenn El Sich erhöbe? Und wenn Er es untersuchte, wie könnte ich Ihn zur Umkehr bewegen?
15Hat nicht der, der mich im Mutterleib machte, auch ihn (den Diener) gemacht und uns (beide) der Eine im Mutterschoß bereitet?
16Wenn ich den Armen ihr Begehren vorenthielt und die Augen der Witwe verschmachten ließ
17und ich meinen Bissen allein aß, sodass die Waise nicht davon aß,
18so denn doch von meinen Jugendzeiten an sie (die Waise) bei mir groß geworden ist, wie bei einem Vater, und ich sie (die Witwe) vom Leib meiner Mutter an (wie schon meine Mutter tat) leitete.
19Wenn ich einen Verkommenden sah, ohne Kleidung, und es keine Bedeckung für den Bedürftigen gab,
20wenn mich nicht seine Weichen (Lenden) segneten, da er sich von der Schur meiner Schäflein wärmte,
21wenn ich meine Hand (in der Gerichtsstätte zu meinen Gunsten) gegen die Waise schwenkte (Handzeichen gab), so ich denn im Tor (Gerichtsstätte) einen Helfer (Unterstützer meiner Absicht) für mich sah,
22dann soll meine Schulterflanke von meinem Schulterblatt fallen und mein Arm aus dem Schultergelenk gebrochen werden.
23Denn als Angsterregendes (käme) das Unglück seitens des El über mich, und wenn Er Sich erhebt, könnte ich nichts tun.
24Wenn ich in Gold vernarrt war (als meine Zuversicht) und zum Gelbmetall (Feingold) sprach: Meine Sicherheit! –
25Wenn ich mich freute, dass mein Vermögen groß war, und dass meine Hand Geballtes (an Reichtum und Macht) fand (erreichte); –
26wenn ich das Licht sah, wie es strahlt, und den Mond, wie prachtvoll er wandelt,
27und wenn mein Herz im Vorborgenen verführt wurde und meine Hand (als Kusshand) den Mund (eines der Himmelslichter) geküsst hat:
28Auch jenes noch wäre eine Vergehung gewesen, die Vermittlerschaft (Priester, Schiedsmänner, Richter) (erfordernd), weil ich den El droben geleugnet hätte.
...
Hiob erwähnt viele Situationen – in keiner hat er versagt.
Seine Diener hatte er stets gerecht behandelt (Verse 13 - 15), wissend, dass sie ihm vor dem Schöpfer und Herrn im Himmel gleich sind und es bei Gott kein Ansehen der Person gibt (Eph. 6:9; Kol. 4:1).
Eliphas hatte Hiob vorgeworfen, dass er die Bedürftigen unterdrückt habe (Kap. 22:7 - 9). Hiob war aber in ungewöhnlichem Maße auf das Wohl der Armen bedacht gewesen (Verse 16 - 20). Das war praktizierte Nächstenliebe!
Die Anbetung anderer Götter sowie der Gestirne ist ein schrecklicher Götzendienst und ein Affront gegen El (vgl. 5. Mose 4:19; 11:16; 17:3). Dem Hiob lag dies absolut fern (Verse 26 - 28). Unter König Manasse von Juda (698 - 643 v. Chr.) fand diese im Orient weit verbreitete Sünde der Anbetung der Himmelslichter auch Eingang in Israel (2. Kön. 21:5; 23:5).
Die Rechtsstreit-Urkunde würde Hiob als Krone tragen
29(Wehe,) wenn ich mich über das Missgeschick des mich Hassenden freute und mich erheiterte, so ihn denn Böses fand (traf)!
30Und nicht gab ich meinen Gaumen zur Verfehlung hin, (nämlich) in einem Eidfluch seine Seele zu fordern.
31Ob denn die Sterblichen meines Zeltes nicht sprachen: Wer (ist's), dem er von seinem Fleisch gab (und) nicht satt wurde?
32Nicht nächtigte ein Fremdling draußen, meine Türen öffnete ich zum Pfad (der Wanderer) hin.
33Ob ich, wie ein Mensch (es üblicherweise tut), meine Übertretungen bedeckte (verbarg), um meine Vergehung in meinem (Ort des) Verschwindens zu vergraben,
34dieweil das Getümmel der Vielen mich (mir Schrecken und Angst vor der Entdeckung einjagend) verscheuchte und die Verachtung der Sippen mich bestürzte, sodass ich schwieg und auch nicht aus der Haustür hinausging.
35Wer gibt mir einen, der auf mich hört? (Ja,) das mich Kennzeichnende (ist): Der Schadaj antwortet mir, und das Schriftstück (die entscheidende Urkunde) schrieb Er, der Mann meines Rechtsstreits.
36Ob ich sie (die Urkunde) nicht auf meiner Schulter trage, ich sie mir als Kronen überstreife?
37Die Zahl meiner Schritte berichte ich Ihm (dem Schadaj), wie einem Herzog nähere ich Ihm.
38Wenn mein Erdboden über mich wehschreit und seine Furchen gemeinsam weinen,
39wenn ich seine Kraft (seinen Ertrag) gegessen habe, ohne dass ich Silber (Entgelt) gegeben habe, und die Seele seines Eigners ausblasen ließ,
40dann gehe anstatt des Weizens die Distel hervor und anstatt der Gerste Stinkkraut! – Voll zu Ende sind die Worte Hiobs.
...
Hiob weist weitere mögliche Sünden von sich.
Schadenfreude (Vers 29) – wer kennt sie nicht?
Doch bei Hiob ist sie nicht zu finden. Welch eine geistliche Reife! Sprüche 24:17 weist alle Menschen an: »Freue dich nicht, wenn deine Feinde fallen, und wenn einer strauchelt, frohlocke nicht dein Herz.« Man bedenke: »Wer über den Rechtlosen hohnlacht, schmäht seinen Macher (Schöpfer), wer sich über das Unglück freut, wird nicht entschuldet« (Spr. 17:5). Wir werden uns nicht über das Missgeschick des uns Hassenden freuen, wenn wir unserem Herrn Jesus gehorchen: »Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen« (Mat. 5:44).
Jemanden zu verfluchen (Vers 30) kam Hiob nicht in den Sinn. »Segnet die euch verfolgen, segnet und verfluchet nicht« (Röm. 12:14).
Von Hiobs Fleisch wurden alle in seinem Haushalt satt (Vers 31). Ebenso wie von Jesu Fleisch alle satt werden, wie Er denn sagt: »Das Brot aber, das Ich für das Leben der Welt geben werde, ist mein Fleisch« (Joh. 6:51).
Hiobs Haus war stets offen für Fremdlinge und Reisende (Vers 32). Vielleicht hat er dabei unbewusst Engel bewirtet (Heb. 13:2).
Die Übeltaten verbergen (Verse 33 + 34) – wer tut dies nicht? Hiob aber hat nichts vertuscht, auch nicht in seinen Reden vor den drei Freunden. Wenn er eine Sünde begangen hätte, würde sie ohnehin ans Licht kommen, denn »dem Bedecker seiner Übertretungen ist kein Gelingen« (Spr. 28:13; Mat. 10:26; Eph. 5:13; Heb. 4:13). Man kann in Vers 33 statt »Mensch« auch »Adam« übersetzen. Dann hieße der Satz: »Ob ich, wie Adam, meine Übertretungen bedeckte.« Wir wissen ja, dass unser Vorfahr Adam und seine Frau sich im Garten Eden versteckten (1. Mose 3:8).
Hiobs abschließende Bitte, ja sein Flehen ist, dass der Schadaj ihn anhöre (Vers 35), was sich an Seiner Antwort zeigen würde. Seine Freunde hatten ihn nicht wirklich angehört (Kap. 13:17). Er ist bereit, vor dem Schadaj alles offenzulegen (Vers 37).
Hiob ist sich sicher, dass der Schadaj ihm antworten und ihn rechtfertigen, das heißt für gerecht erklären wird (Kap. 13:18). Dies wird ihn kennzeichnen, dies wird ihn auszeichnen. Die Rechtfertigungsurkunde wird er wie ein Schmuckstück auf seinem Haupt und seiner Schulter tragen (Vers 36). Mögen wir das Wort Jewes in Kapitel 52:9 als diese Urkunde ansehen: »Und Jewe erhob das Angesicht Hiobs«, wie auch das gesamte Buch Hiob.
Die Verse 38 bis 40 sind als Schlussformel der Rede Hiobs und als ein Eid auf seine Reinheit anzusehen. Nach diesem Eid muss die Antwort Jewes erfolgen. Und sie erfolgt ab Kapitel 38.
Selbst sein Ackerboden bezeugt die Unsträflichkeit Hiobs. Er wird keine Disteln hervorbringen, anders als dem Adam und seinen Nachkommen angesagt (1. Mose 3:18). Fern von Hiob ist, was Jakobus schrieb: »Siehe, der Lohn, der von euch den Arbeitern, die eure Äcker gemäht haben, entzogen worden ist, schreit, und die Hilferufe der Erntenden sind in die Ohren des Herrn Zebaoth eingegangen« (Jak. 5:4).
Voll zu Ende sind die Worte Hiobs.
(Hiob 32 - 37)
Kapitel 32
Elihus Zorn entbrennt
1Und diese drei Mannen hörten auf, dem Hiob zu antworten, denn er war gerecht in seinen Augen.
2Da entbrannte der Zorn Elihus, des Sohnes Barachels, des Busiters aus der Sippe Ram; gegen Hiob entbrannte sein Zorn darüber, dass er seine Seele (sich selbst) mehr rechtfertigte als den Elohim,
3und gegen seine drei Freunde entbrannte sein Zorn darüber, dass sie keine Antwort gefunden und Hiob des Frevels bezichtigt hatten.
4Elihu aber hatte sich zögernd darangemacht, gegen Hiob mit Worten (anzugehen), denn jene waren Ältere an Tagen als er.
5Und als Elihu sah, dass keine Antwort im Mund der drei Mannen war, da entbrannte sein Zorn.
...
Elihus Zorn ist berechtigt. Er hat erkannt, dass Hiob sich selbst mehr rechtfertigte als den Elohim und die drei Freunde keine Antwort auf die Frage nach der Berechtigung des Leides Hiobs gefunden und ihn darüber hinaus völlig unbegründet schwerer Sünden beschuldigt hatten.
Elihu hatte zugewartet, wie es sich aus Gründen der Ehrerbietung gegenüber den Alten gehört (Vers 4).
Elihu, heb. ALIEU, punktiert ÄLIHU, bedeutet: Mein El ist Er. Elihu war ein Urenkel Nahors, des Bruders Abrahams, und ein Enkel des Bus, eines Sohnes Nahors (1. Mose 22:20, 21).
Auch Jüngere können Erkenntnis haben
6Und Elihu, der Sohn Barachels, des Busiters, antwortete und sprach: Gering bin ich an Tagen, und ihr seid Greise, darum verkroch ich mich und fürchtete, euch gegenüber meine Erkenntnis ins Leben einzubringen.
7Ich sprach zu mir: Tage (die Männer vieler Tage) werden reden, und viele Jahre bringen Weisheit zur Kenntnis.
8Jedoch, der Geist im Mann ist es und der Hauch des Schadaj, der sie (die Menschen) verständig macht.
9Nicht (nur) Meister sind weise, noch verstehen (stets) die Alten, was das Rechte ist.
...
Mit diesem guten Wort den Alten Respekt erweisend (vgl. 1. Pet. 5:5) erreicht Elihu, dass man ihn anhört.
Und die Alten werden eingesehen haben: Es liegt nicht unbedingt am Alter, dass man weise wird, sondern an dem von Gott gegebenem Geist des Menschen, der das Denkvermögen erleuchtet. Über die Lebenserfahrung hinaus aber macht das Wort Gottes den Gläubigen weise. »Denn Jewe gibt Weisheit, aus Seinem Mund kommen Erkenntnis und Verständnis« (Spr. 2:6; 1. Kön. 3:12).
Elihu begründet seine Absicht zu reden
10Daher spreche ich: Höre mir zu, ich will meine Erkenntnis ins Leben einbringen, gar noch ich.
11Ja, ich wartete auf eure Worte, ich lieh (mein) Ohr (die ganze Zeit) bis eure Verständnisse (zutage traten), bis ihr die sich erfüllen sollenden Worte (völlig) untersucht (erforscht) hattet.
12Und bis (zum Höhepunkt) eures (Verstehens) verstehe ich, und siehe: Kein Rechterweisender ist dem Hiob (gegenübergetreten), keiner von euch hat seine gesprochenen Worte beantwortet (widerlegt).
13Dass ihr (doch) nicht sprechen (möget): Wir fanden Weisheit! El zerstiebt ihn (mag ihn zerstieben) (den Hiob), nicht ein Mann.
14Aber nicht mir ordnete er (der Hiob) sich erfüllen sollende Worte zu, und mit euren gesprochenen Worten werde ich ihn nicht zur Umkehr (bewegen) (oder: widerlegen).
...
Mit diesen Worten spricht Elihu die drei Freunde Hiobs an.
Elihu stellt fest, dass keiner der drei dem Hiob Recht erwiesen hat und keiner von ihnen seine Worte wirklich beantwortet hat, keiner ging konkret darauf ein (Vers 12). Deshalb mögen die drei nur nicht meinen, sagen zu können, dass sie die Weisheit gefunden hätten, die weise Antwort auf das Leiden Hiobs (Vers 13). Daher wird Elihu sich nicht mit den Worten der drei an Hiob wenden.
Elihu spricht Hiob an
15Sie (deine drei Freunde) sind bestürzt, sie antworten nicht mehr, die sich erfüllen sollenden Worte gingen ihnen aus.
16Und ich sollte warten, dieweil sie nicht reden, dieweil sie dastehen und nicht mehr antworten?
17Ich, gar noch ich, gebe meinen Teil (Beitrag) zur Antwort, ich will meine Erkenntnis ins Leben einbringen, gar noch ich.
18Denn ich bin voll von sich erfüllen sollenden Worten, der Geist (in mir) beengt meinen Bauch.
19Siehe, mein Bauch ist wie Wein, der nicht geöffnet (befreit) wird, wie neue Weinschläuche will er bersten.
20Ich will reden, sodass mir Luft (Erleichterung) wird, ich öffne meine Lippen und antworte.
21Nicht doch möge ich das Angesicht eines Mannes erheben (parteiisch bevorzugen) und vor Menschen (mir) Ehre verschaffen.
22Denn ich wüsste nicht, dass ich (jemand zu Unrecht) die Ehre geben will, alsbald würde mich sonst mein Macher (Schöpfer) wegtragen (dahinraffen).
...
Elihu ist erfüllt von vielen Gedanken, die beim gegenwärtigen Stand der Dinge unbedingt geäußert werden müssen. Sein Geist drängt ihn; seine Erkenntnisse zurückzuhalten, wäre ein großes Versäumnis.
Möge es auch uns drängen, und zwar das herrliche Wort Gottes, möge es uns ganz wichtig sein, das Evangelium, das dem Apostel Paulus eigens für die Nationen enthüllte (Gal. 1:12; 2:7), bekannt zu machen. »Ich glaube, darum spreche ich auch« (Ps. 116:10; 2. Kor. 4:13). Unsere Freude will sich äußern.
Elihu ist ein vorbildlicher junger Mann, der niemand parteiisch bevorzugen noch sich Ehre vor den Menschen verschaffen will (Vers 21). Gewöhnlich suchen die Menschen den Lobpreis von ihresgleichen und nicht von Gott (Joh. 12:43; Röm. 2:29). Nur seinem Schöpfer will Elihu die Verherrlichung geben (Vers 22), und dies allein ist die rechte Gesinnung.
Kapitel 33
Elihus erste Rede
1Aber unwidersprochen (ist's): Höre doch, Hiob, meine sich erfüllen sollenden Worte, und all meinen Worten leihe (dein) Ohr.
2Da, (sieh) doch, ich öffnete meinen Mund, es redete meine Zunge unter meinem Gaumen.
3(Aus der) Geradheit (Aufrichtigkeit) meines Herzens (kommen) meine gesprochenen (Worte), und der Erkenntnis meiner Lippen gemäß entgegnen sie Herrliches.
4Der Geist Els machte (schuf) mich, und der Hauch des Schadaj belebt mich.
5Wenn du mich widerlegen kannst, ordne (wende) dich meinem Angesicht zu, stelle dich auf.
6Ja, ich bin dir entsprechend zu El hin (orientiert), vom porigen Lehm abgekniffen bin ich, auch ich.
7Siehe, mein Grauen (das ich dir erregen könnte) wird dich nicht erschrecken und mein Mund (mit all den Worten) nicht schwer auf dir werden.
...
Auch bei Elihu ist es so, dass der Mund aus der Überfülle des Herzens spricht (Verse 1 + 2; Luk. 6:45).
Seine Rede einleitend, weist er darauf hin, dass er aufrichtig sei und seiner Erkenntnis gemäß Herrliches reden wolle (Vers 3).
Es fällt auf, dass er den Hiob mit Namen anspricht (Vers 1); das hatten die drei freunde nicht getan. Es mag bedeuten, dass er wirklich auf Hiob eingehen will.
In Bescheidenheit erwähnt Elihu, dass er ebenso wie Hiob aus Erdreich erschaffen, vom Lehm abgekniffen ist (Vers 6; 1. Mose 2:7). Und er weiß, dass er nur deshalb lebt, weil El dem Adam den Geist des Lebens in die Nase blies (1. Mose 2:7), und er nur deshalb reden kann, weil der Hauch des Schadaj, der Geist des Allgenugsamen, seine Gedanken belebt (Vers 4).
Elihu blickt ebenso wie Hiob auf El (Vers 6). Mit diesem Wort will er dem Hiob einfühlsam bedeuten, dass er sich nicht vor ihm fürchten müsse und seine Rede ihn nicht belasten werde (Vers 7).
Hiobs Irrtum
8Jedoch du sprachst vor meinen Ohren, und ich hörte den Klang der sich erfüllen sollenden Worte:
9Lauter bin ich, ohne Übertretung, verdeckt bin ich (die Wahrheit über mich hat man nicht erkannt), und nicht (liegt) eine Vergehung bei mir (vor).
10Ja, Wehrungen (Ablehnungen, Abwendungen) gegen mich findet Er (der Eloah), Er rechnet mich Sich zum Feind.
11Er legt meine Füße in den Block, Er beobachtet alle meine Pfade genau. –
12Ja, in diesem bist du nicht gerechtfertigt (hast du nicht Recht); ich antworte dir's; denn Eloah ist größer als ein Mann.
...
Die in den Versen neun bis elf angesprochenen Äußerungen Hiobs sieht Elihu als Irrtum an, weil Hiob den Eloah in der Argumentation wie einen Menschen behandelt (Vers 12). Ja, Eloah ist viel größer, Seine Gedanken sind höher und Seine Wege sind erhabener (Jes. 55:9).
Die Worte Hiobs, die Elihu aufgreift, finden sich zu Vers neun in Kapitel 16:17, 10:7 und 27:5, 6, zu Vers zehn in Kapitel 13:24 und 19:1 sowie zu Vers elf in Kapitel 13:27 und 31:4.
Da die Weisheit Eloahs alles menschliche Erkennen weit übersteigt, muss Hiob Unrecht haben. Und zu erwarten, dass Eloah mit ihm rede wie in einem Gerichtsverfahren oder einer Diskussion unter Menschen, sei völlig verfehlt.
Dass Eloah den Hiob Sich zum Feind rechne (Vers 10), kann Elihu vor dem Hintergrund der angeblichen Unsträflichkeit Hiobs nur als Vorwurf gegen Eloah auffassen. Hiobs Sünde liege mithin nicht in seiner Vergangenheit, sondern in seinen gegenwärtigen Äußerungen, die darin gipfeln, dass Eloah sein Feind sei.
Gegen El zu streiten ist ein Irrtum
Auf Hiobs in Vers 13 a bezeichneten Irrtum antwortet Elihu ab Vers 13 b.
13Weshalb haderst (streitest) du (führst du einen Wortstreit) gegen Ihn? – Denn all Seinen Worten antwortet keiner (kann keiner entgegnen).
14Denn in einem (durch eine Sache) redet El, und in zweien (durch zwei Sachen), so es einer nicht wahrgenommen hat:
15Im Traum, im Gesicht der Nacht, wenn der Tiefschlaf auf die Mannen fällt, im Schlummer auf der Liege.
16Dann enthüllt Er das Ohr der Mannen, und indem Er sie züchtigend erzieht, versiegelt (erreicht) Er,
17dass (Er) den Menschen und seine Werke zur Umkehr bringt, sodass er den Ehrgeiz vor dem Mächtigen bedeckt (unterlässt).
18Er (der Mensch) bewahrt seine Seele vor dem Verderben (dem Grab) und seinen Leib vor dem Gang durch fliegende Geschosse.
19Und Recht (Züchtigung) wird ihm erwiesen durch den Schmerz auf seiner Liege, und der Streit (die rivalisierenden Kräfte) in seinen Gebeinen ist beständig,
20und ihn – seinen Leib – widert das Brot an, und seine Seele (widert) die begehrte Speise (an).
21Alldahin (schwindet) sein Fleisch, weg vom Sichtbaren, und die Muskeln seiner Gebeine sind nicht mehr sichtbar,
22und seine Seele naht sich der Verderbensgrube (dem Grab) und sein Leib den Tötenden.
23Wenn über ihm ein Beauftragter (zum Beispiel ein Engel) ist, ein Mittler, einer aus tausend, um dem Menschen zu verkünden, was seine Geradheit (die richtige Einstellung) ist,
24und Er (El) ihn begnadete und sprach: »Trenne ihn los, weg vom Hinabstürzen zur Verderbensgrube. Ich fand Schirmendes (Schützendes, Sündenbedeckendes)«,
25so schwillt sein Fleisch, mehr als das der Jugend, er kehrt zurück zu den Tagen seiner Kindheit (oder: seines im Mutterleib Verheimlichtseins).
26Er fleht zu Eloah, und dieser hat Wohlwollen für ihn, und er sieht sein Angesicht mit Jauchzen, und (Eloah) gibt dem Mann seine Rechtfertigung (Gerechtigkeit) wieder.
27Er (der Mensch) gewahrt's – vor den Mannen ist's – und spricht: Ich verfehlte, und das Gerade verkrümmte ich, aber Er verhielt Sich nicht gleich wie ich.
28Er kaufte meine Seele los vom Hinübergang in die Verderbensgrube, und mein Leben sieht (sich) im Licht.
29Ja, all diese (Dinge) wirkt El zweimal, dreimal bei einem Mächtigen,
30damit seine Seele aus der Verderbensgrube zurückkehre, sodass sie (die Seele) erleuchtet werde im Licht der Lebenden.
31Merke auf, Hiob, höre mir zu! Schweige, und ich, ich rede.
32Wenn du sich erfüllen sollende Worte hast, entgegne mir! Rede du, denn ich habe Gefallen daran, dich zu rechtfertigen.
33Wenn aber nicht, so höre du mir zu, schweige, und ich übe dir Weisheit ein.
...
Mit El zu hadern (Vers 13), gegen Ihn zu streiten, ist blanker Unsinn, weil Er allein weise ist (Röm. 16:27) und in den Himmeln und auf der Erde tut, was Er will und Ihm gefällt (Ps. 115:3; 135:6). Wie kann denn der Ton mit dem Töpfer hadern (Jes. 45:9; Röm. 9:20)? Vorwürfe gegen Ihn zu erheben ist völlig abwegig, denn bei Ihm hat alles Sinn und Zweck.
Und wie könne Hiob denn meinen, dass El schweige und ihm nicht antworte (Kap. 19:7; 30:20)? El spreche zu Hiob. Gott sprach damals durch zwei Dinge (Vers 14): durch Träume (Verse 14 - 18; 4. Mose 12:6) und durch das Leid (Vers 19 -22). Er gebrauchte den Schlaf, um den Menschen im Traum etwas zu offenbaren, wie auch die nächtlichen körperlichen Plagen, um dem Halbwachen Gedanken einzugeben, die ihn zur Umsinnung bringen sollten.
El öffnet das Ohr (Vers 16; Jes. 50:4); nur dann kann der Mensch hören.
Nach Elihus Ansicht erzieht El den Hiob unter Züchtigungen, damit er umsinne und vor dem Untergang bewahrt werde (Verse 16 - 18). »Denn wen der Herr liebt, den züchtigt Er und geißelt jeden Sohn, den Er als den Seinen annimmt« (Heb. 12:6).
Es sei angemerkt, dass Gott heute durch den Sohn spricht (Heb. 1:2), durch Sein Wort, das uns geschrieben vorliegt und durch den Apostel Paulus vervollständigt wurde (Kol. 1:25).
Eliphas hatte gemeint, Hiob habe keinen Fürsprecher (Kap. 5:1). Elihu sieht das anders. Wenn El eine Beschirmung für den Menschen heranzieht, sei es ein Opfer oder ein Lösegeld (Mat. 20:28), und ihn begnadet sowie jemanden beauftragt – Elihu dachte an einen Engel, einen aus tausend (Vers 23) –, dann wird dem umsinnenden Menschen Rettung und Heil, Segen und Jugendfrische zuteil (Verse 23 - 25). Unter dem »Mittler« könnte Elihu auch einen mit dem Priesterdienst Beauftragten verstanden haben – ein Priester vermittelt das Heil – und kommt damit dem einen wahren Mittler zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus (1. Tim. 2:5), gedanklich sehr nahe.
Leib und Seele werden gesund, wenn ein Mensch die Rechtfertigung Els erfährt (Verse 25 + 26). In großer Freude legt der Begnadete sodann Zeugnis vor den Mitmenschen ab, und zwar über seine einstige Verfehlung und über das wunderbare Handeln Els, der Sich anders verhielt als er (Verse 27 + 28). »Nicht gemäß unseren Verfehlungen tut Er uns, und nicht gemäß unseren Vergehungen vergilt Er uns« (Ps. 103:10).
Dass El all diese Dinge zwei- oder dreimal bei einem Menschen wirkt (Vers 29), den Menschen also auf Sich aufmerksam macht, mögen wir nicht als eine Begrenzung auffassen, sondern »öfters« darunter verstehen, erst recht heute, da Gott mit der Welt versöhnt ist (2. Kor. 5:19), und heute, bei jedem Heute, eine »wohlannehmbare Frist ist, siehe, nun ist ein Tag der Rettung!« (2. Kor. 6:2).
Die drei Freunde Hiobs meinten, seine Leiden seien eine Strafe Els; Elihu sieht darin eine Erziehungsmaßnahme mit der Chance der Umkehr. Und wenn keine frühere Sonde vorgelegen haben mag, so sündige Hiob doch aber darin, dass er El herausfordere.
Diese Rede Elihus endet mit der persönlichen Anrede Hiobs und der Bitte aufzumerken und weiter zuzuhören oder, wenn er eine weise Erwiderung parat habe, zu reden (Verse 31 - 33). Elihu hat die Absicht, den Hiob zu rechtfertigen und ihm weitere Weisheit darzulegen.
Kapitel 34
Elihus zweite Rede
1 Und Elihu antwortete (nochmals) und sprach:
2Höret, ihr Weisen, meine sich erfüllen sollenden Worte, und ihr Erkennenden, leiht mir (euer) Ohr!
3Denn das Ohr prüft sich erfüllen sollende Worte, wie der Gaumen beurteilt, (um dann) zu essen.
4Zurechtbringung wollen wir (als Ziel) erwählen, wir wollen unter uns erkennen, was gut ist.
5Denn Hiob sprach: Ich bin gerechtfertigt, aber El nahm meine Gerechtigkeit weg (sprach sie mir ab).
6Soll ich meine Gerechtigkeit leugnen? Unheilvoll ist der Pfeil (Els) in mir, ohne dass eine Übertretung (vorliegt).
7Wer ist ein Mächtiger wie Hiob, der Hohnlachen trinkt wie Wasser?,
8und er ist auf dem Pfad, sich mit Tätern des Ichhaften zu verbünden und um mit Mannen des Frevelns zu gehen,
9denn er sprach: Nicht wird ein Mächtiger gepflegt (gehütet, umsorgt), (auch) wenn er Wohlgefallen an Elohim hat.
10Daher, ihr Mannen mit Herz (Verstand), höret mir zu: Weitab von El sei das Freveln und das Arge von dem Schadaj.
11Denn Er erstattet dem Menschen das Tun, und gemäß dem Pfad (Wandel) des Mannes lässt Er es (das Ergebnis, die Erstattung) ihn finden.
12Ganz gewiss: El bezichtigt nicht des Frevels (wenn kein Frevel vorliegt), und der Schadaj krümmt da Recht nicht.
13Wer ist über Ihm, der hinsichtlich der Erde (etwas) bestimmte, und wer brachte all das Seine in die Erde ein?
14Wenn Er Sein Herz (nur) auf Sich Selber setzen (richten) würde, Seinen Geist und Seinen Hauch zu Sich einsammeln würde,
15so würde alles Fleisch zusammen aushauchen und der Mensch zum Staub zurückkehren.
...
Da Hiob schweigt, fährt Elihu fort (Vers 1).
Elihu bittet die drei Freunde Hiobs – »Weise« nennt er sie –, seine Rede, die die Zurechtbringung Hiobs zum Ziel hat, zu beurteilen (Verse 2 - 4).
In den Versen fünf, sechs und neun erinnert Elihu an Behauptungen Hiobs, die den Versen sieben und acht nach als Verhöhnung Els und Frevel zu bewerten seien. Hiob hatte gesagt, dass er gerecht sei (Vers 5; Kap: 29:14), El dies aber ignoriere (Kap. 27:2). Er hatte des Weiteren gesagt, dass El seine Wunden unbegründet mehre (Vers 6: Kap. 9:17). Diese Aussage Hiobs hatte schon den Eliphas veranlasst (Kap. 15:16), ihn als einen Mann, der Arges wie Wasser trinkt, zu bezeichnen (Vers 7) sowie als einen Übeltäter (Vers 8). Als gotteslästerlich dürfte Elihu das Wort Hiobs empfunden haben, dass es dem Menschen nichts nütze, El zu verehren (Vers 9; Kap. 9:22, 30, 31).
Demgegenüber bekräftig Elihu in den Versen 10 bis 13: El ist nicht ungerecht! Ungerechtigkeit ist mit Seinem Wesen nicht vereinbar (Ps. 89:15). Er vergilt jedem Menschen gemäß seinen Werken (Vers 11; Ps. 62:13; Jer. 17:10; Mat. 16:27; Off. 20:12, 13). Auch wir Gläubigen in Christus Jesus werden wiederbekommen, was wir durch den Körper verübt haben, sei es gut oder schlecht, und zwar vor der Preisrichterbühne Christi (2. Kor. 5:10).
Der Denkfehler Elihus ist zu meinen, dass man diese Vergeltung bereits in der Gegenwart im Alltag erkennen könne (teilweise ja, in umfassender und abschließender Weise aber erst in den zukünftigen Gerichten).
Weil niemand über El ist, niemand Ihm die Herrschaft über die Erde übertragen hat (Vers 13), sodass Er etwa eigennützig (Vers 14) regieren könnte, kann Ihn niemand von Seiner Gerechtigkeit abbringen. Es kann Ihn auch niemand zur Rechenschaft ziehen, auch Hiob nicht, der dem El vorwarf, der schmerzende Pfeil Els stecke zu Unrecht in seinem Fleisch (Vers 6), und der von El eine Antwort auf die Frage nach dem Warum seines Leidens gefordert hatte (Kap. 3:11, 20, 23; 19:7; 30:20).
Alle Geschöpfe leben nur, weil Elohim Seinen Geist in sie hineingab (Verse 14 + 15; 1. Mose 2:7). Ein Körper ohne Geist ist tot (Jak. 2:26). Wenn Gott Seinen Geist zurückzieht, haucht das Geschöpf aus und wird wieder zu Erdreich (Ps. 104:29; 1. Mose 3:19). Da El nun aber das Leben der Menschen durch Seinen Geist erhält, warum sollte Er sie dann ungerecht behandeln?
Elihu wendet sich an Hiob
16Und wenn Verständnis (vorliegt), so höre dies, leihe (dein) Ohr dem Klang meiner sich erfüllen sollenden Worte!
17Kann gar ein Gerechtigkeit Hassender (als Anführer eine Schar) verbinden (zusammenhalten), und ob du den Gerechten, ja den, der geballte Macht (besitzt), des Frevels bezichtigst?
18Darf man zum König sprechen: (Du) Niedertracht!, und zu Willigen (Großmütigen, Edlen): Frevler!
19Gar zu dem, der das Angesicht der Fürsten (gegenüber einem Geringen) nicht erhebt (bevorzugt) und den (ob Seiner Macht) um Rettung Angerufenen nicht kennt (dessen Person nicht ansieht) angesichts des Armen, zumal sie alle das Werk Seiner (Els) Hände sind.
20In einem Augenblick sterben sie, und um Mitternacht wird ein Volk schwankend, und sie gehen dahin, und (ihre) Recken werden abgetan, (doch) nicht infolge (ihrer) Hand.
21Denn Seine (Els) Augen sind über den Wegen des Mannes, und all seine Schritte sieht Er.
22Keine Finsternis und kein Todesschatten, sich dort zu verbergen, sind denen, die Ichhaftes wirken.
23Denn nicht legt Er nochmals infolge (Seiner) Rechtsetzung (die Vollmacht) auf einen Mann, zu El wandeln zu können.
24Er zertrümmert (Menschen) geballter (Macht), es (braucht) keine Untersuchung, und Er bewirkt, dass andere an ihrer Stelle stehen.
25Drum: Er kennt ihr Betreiben, und Er wirft (sie) des Nachts um, und sie werden zermalmt.
26Unter Frevler hinein klatscht (wirft) Er sie am Ort der Sehenden (wo es alle sehen),
27darum dass sie sich von Ihm abgekehrt haben und all Seine Wege sie nicht zur Klugheit brachten,
28(zum Beispiel) an ihn (den Menschen) herankommen zu lassen das Geschrei der Armen, sodass er das Geschrei der Gedemütigten höre.
29Wenn Er, Er Muße gewährt, wer wird (Ihn) des Frevels bezichtigen? Und verbirgt Er (Sein) Angesicht, wer gewahrt Ihn dann? Das (gilt) sowohl für eine Nation als auch für einen Menschen zugleich,
30unbeeinflusst vom Regieren des befleckten Menschen, (unbeeinflusst) von den Schlingen des Volkes.
...
Wieder betont Elihu, dass El gerecht ist. Wenn schon Hiob einen König nicht des Frevels bezichtigen wird, wie viel weniger den gerechten El (Verse 17 - 19 + 29). El sieht die Person nicht an (Vers 19; Ap. 10:34).
Und wenn auch Els Gerechtigkeit für den Menschen hier auf Erden nicht durchschaubar ist, so handelt Er dennoch nicht willkürlich. Mithin untersteht Hiob allezeit und in allem der göttlichen Gerechtigkeit.
Die Frevler bringt El um. Das kann ganz plötzlich geschehen, etwa um Mitternacht (Vers 20), wie einst alle erstgeborenen Söhne Ägyptens bei der zehnten Plage um Mitternacht starben (2. Mose 12:29).
El sieht alles und weiß alles (Verse 21 + 25) und muss somit im Unterschied zu menschlichen Richtern einen Fall nicht erst untersuchen, um den Sachverhalt aufzuklären. Er kennt alle Beweggründe und alle Umstände des Tuns und Lassens aller Menschen, zumal Er ihnen allen das Herz gebildet hat (Ps. 33:15). Sein Urteil kann daher nur gerecht sein.
Hiob füge weitere Sünden hinzu
31Denn sprach (einer, der Hiob) zu El: Ich habe (die Last der Armen; Vers 28) getragen, nicht pfändete ich (sie).
32Erschaue ich (der Elihu) (etwas), ohne dass Bezeugungen (vorliegen), so (richte) du (der Hiob) mich auf das Ziel aus; sollte ich Arges gewirkt haben, will ich nichts (dergleichen noch) hinzufügen.
33Ist (ein Mensch) mit dir, der das erstattet, was du verwarfst? Denn du, du erwählst, und nicht ich. Und was erkennst du? Rede du es!
34Mannen des Herzens (des Verstandes) werden zu mir sprechen und ein weiser Mächtiger, der mir zuhört:
35Hiob redet nicht in Erkenntnis, und seine Worte machen nicht klug.
36Mein Vater (oder: Ach dass doch), geprüft werde Hiob bis auf Weiteres aufgrund (seiner) Erwiderungen in (der Art) der Mannen des Ichhaften,
37denn er fügt seinen Verfehlung Übertretung hinzu, unter uns klatscht (schleudert) er (Worte) hinein und mehrt seine zu El gesprochenen Worte.
...
(Die Verse 31 bis 33 sind schwierig zu übersetzen und schwer verständlich.)
Hiob mag sich als Wohltäter der Armen ansehen (Vers 31) und nach Elihus Meinung stolz darauf sein. Vielleicht ist es der Stolz oder die Selbstgerechtigkeit Hiobs, die Elihu zu erschauen meint, ohne jedoch Bezeugungen dafür zu haben (Vers 32). Sollte Elihu sich irren, möge Hiob ihn korrigieren.
Was auch immer Hiob verworfen haben mag (Vers 33), vielleicht den Rat der drei Freunde, auf jeden Fall läge die Entscheidung bei ihm und nicht bei Elihu, falls Hiob denn überhaupt etwas erkannt habe.
Elihu ist sich sicher, dass die weisen Männer ihm darin zustimmen werden (Vers 34), dass Hiob keine rechte Erkenntnis habe (Vers 35).
Und dann spricht Elihu – gar nicht bescheiden und gar nicht mitleidsvoll – den Wunsch aus, dass Hiob weiterhin unter Schmerzen geprüft werden möge, weil er auf seiner selbstbezogenen Position beharrt wie die Egoisten (Vers 36). Solange Hiob seine Auflehnung gegen die Unverständlichkeit der Wege Els mit ihm nicht aufgebe, sollen seine Leiden andauern. Das hebräische Wort ABhI ist zwar nicht unbedingt mit »Mein Vater« zu übersetzen, es dürfte aber nahliegen, an Gott, den Vater, zu denken, denn wer anders als El sollte diese Bitte erfüllen können?
Zur weiteren Begründung führt Elihu an (Vers 37), dass Hiob zu seiner ursprünglichen Verfehlung mit seinen vielen Worten, mit denen er Els Gerechtigkeit hinterfrage und eine Antwort Els zu erzwingen suche, noch schwerwiegende Übertretungen hinzufüge.
Kapitel 35
Elihus dritte Rede
1Und Elihu antwortete (nochmals) und sprach:
2Rechnest du dies der Gerechtigkeit zu? Du sprachst: Meine Gerechtigkeit ist mehr als die Els!
3So denn du sprichst: Was ist Dir (El) angenehm? Was nütze ich (Dir), (abstehend) von meiner Verfehlung?
4Ich, ich will dir sich erfüllen sollende Worte erwidern und deinen Freunden bei dir.
5Erblicke die Himmel und sieh, und gewahre die Äther (feinste Substanzen zwischen den Gestirnen), sie sind hochgewölbter als du.
6Wenn du verfehlst, was wirkst du gegen Ihn? Und wenn deiner Übertretungen viele sind, was tust du Ihm?
7Wenn du gerechtfertigt bist, was gibst du Ihm, oder was nimmt Er aus deiner Hand?
8Den Mann, der wie du ist, (trifft) dein Freveln, und dem Sohn Adams (nützt) deine Rechtfertigung.
...
Hiob hatte gar nicht gesagt, dass er gerechter als El (Vers 2), sondern nur, dass er gerecht sei (Kap. 29:14; 34:5). Und er ist es auch (Kap. 1:8; 2:3).
Hinter den Fragen des Verses drei mag der Gedanke stecken: Wenn ich dem El wohlgefallen und Ihm genützt habe, dann müsste Er mich auch heilen oder mir zumindest eine Antwort auf das Warum meines Leidens geben. Vielleicht ist »was nütze ich« nicht durch »Dir«, sondern durch »mir« zu ergänzen; das hieße dann: Was habe ich davon, dass ich nicht sündige? (Kap. 9:22, 30, 31; 22:3). Wenn Hiob denn aber meint, dass seine Rechtschaffenheit ihm nichts nütze, wie kann er dann auf einen Nutzen hoffen, auf Heilung nämlich?
Mit den Versen fünf bis sieben will Elihu sicherlich nicht sagen, dass Els Herz von Gut und Böse nicht berührt werde, sondern dass Seine Macht und Herrlichkeit nicht geschmälert werden. Gott, der Liebe ist, empfindet alles. Das Handeln des souveränen Gottes an den Menschen ist nur am Rande eine Reaktion auf das Tun der Menschen, denn »alles, was Jewe gefällt, das tut Er in den Himmeln und auf der Erde« (Ps. 135:6; 115:3); Er richtet den einen und gewährt Gnade dem anderen.
Die Vers sechs entsprechende Frage Hiobs war: »Verfehlte ich, was tat ich Dir (damit)?« (Kap. 7:20).
Die Frage Elihus: »Wenn du gerechtfertigt bist, was gibst du Ihm?« (Vers 7) erinnert uns an Römer 11:35:»Wer hat Ihm etwas zuerst gegeben, damit es ihm vergolten werden wird? Denn aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin ist das All!« Nichts hat Hiob dem El gegeben, denn auch seine gerechte Lebensführung hatte der Allmächtige bewirkt. Hiob hat mithin – wie Elihu ihm bedeuten will – keine Ansprüche zu stellen.
Gutes und Böses wirke sich nur auf der Erde unter den Menschen aus (Vers 8). Das stimmt nur im engeren Sinne, denn im Himmel steht der Erlöser bereit (Kap. 19:25; 1. Pet. 1:20; Off. 13:8), vom Himmel her ist es, dass Gott die Menschen in ihre Leidenschaften und Begierden dahingibt (Röm. 1:18 - 32), und im Himmel herrscht Freude über jeden umsinnenden Sünder (Luk. 15:7). Das Tun der Menschen hat immer mit Gott zu tun, der da sagt: »Der Mich Verfehlende (oder: gegen Mich Verfehlende) tut seiner Seele Gewalt an, alle Mich Hassenden lieben den Tod« (Spr. 8:36).
El erhört die Hochmütigen nicht
9Aufgrund der vielen Erpressungen rufen sie (die Hochmütigen) wehschreiend, rufen um Rettung wegen des Arms (der Gewalttätigkeit) der Großen,
10aber nicht spricht einer: Wo ist Eloah, mein Macher (Schöpfer), der Geber der Psalmungen in der Nacht,
11der uns mehr als die Tiere der Erde Belehrende und der uns weiser macht als die Flügler der Himmel.
12Dort schreien sie, aber Er antwortet nicht aufgrund des hochmütigen Angesichts der Bösen.
13Gewiss, Wahnhaftes erhört El nicht, und der Schadaj beachtet es nicht.
14Gar (dies), dass du (Hiob) sprichst, dass du Ihn nicht gewahrst (Kap. 9:11)! Das Rechtswalten (die Rechtsausübung) (geschieht) vor Seinem Angesicht, aber du musst zu Ihm herauswirbeln (dich zu Ihm hin aus dem Wahnhaften herausdrehen, lösen).
15Und nun, so denn Sein Zorn (den Menschen) (noch) nicht heimgesucht hat, so erkennt er das übermäßige Um-sich-Greifen (des Wahnhaften) nicht.
16Und Hiob – für Dunst (Nichtiges) sperrt er seinen Mund auf, ohne Erkenntnis ballt er sich erfüllen sollende Worte (zusammen) (häuft er sie an).
...
Elihu will dem Hiob sagen, dass Hochmütige wie er nicht erhört werden. Das legt er am Beispiel der Menschen dar, die in ihrer Not zu Gott schreien, aber nicht aufrichtig sind, weil sie nur geholfen bekommen wollen, ihren Schöpfer aber nicht ehren und hochmütig und stolz bleiben. Darum erhört El sie nicht (Verse 9 - 13; Ps. 66:18). Jakobus schreibt: »Ihr bittet und erhaltet nichts, weil ihr übel bittet, um es für eure Lüste zu verbrauchen« (Jak. 4:3).
Hiob zweifelt aber gar nicht an seinem Schöpfer, sondern fragt nach der Gerechtigkeit Els, der Schuldige und Unschuldige leiden lässt, woraus geschlossen werden könnte, dass ein gottesfürchtiger Wandel keinen Gewinn bringe.
Elihu ist überzeugt, dass El den Hiob nicht erhöre, weil er, auf seine Gerechtigkeit pochend, eine Antwort Els herausfordere. Dies deutet Elihu als Hochmut und Stolz. Elihu verkennt, dass Hiob fest zu seinem Schöpfer steht und aus tiefster Sehnsucht, Els Handeln an ihm zu verstehen, nach Ihm schreit. Els Weg mit ihm lässt sich nicht in sein bisheriges Gottesbild einordnen. Inwiefern sind seine Leiden mit Gottes Weisheit in Einklang zu bringen?
Ein schönes Zeugnis des Elihu ist die Bemerkung, dass Eloah der Schöpfer ist und Lobgesänge in der Nacht gibt (Vers 10; Ps. 42:9). Wer seinem Schöpfer vertraut, kann Ihn auch in der Dunkelheit des Leidens mit Gebeten und Liedern des Lobpreises und Dankes verherrlichen. Wie einst im Gefängnis zu Philippi geschehen: »Um Mitternacht jedoch beteten Paulus und Silas und lobsangen Gott, und die übrigen Häftlinge lauschten auf sie« (Ap. 16:25).
Wenn Hiob den Schadaj gewahren wolle (Vers 14 a), Ihn sehen oder in einem besonderen Ereignis wie einer Antwort oder der Heilung schauen wolle, dann müsse er sich aus seinem Wahn herausdrehen, herausschrauben, sich also mühevoll aus all den Bindungen des Wahnhaften lösen (Vers 14 b), vor allem aber sich zu El hin wirbeln, mit Philipper 4:6 gesagt: seine Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott bekannt werden lassen.
Aber noch sieht Elihu den Hiob als einen Mann ohne Verstand an (Vers 16). Viele Menschen, wohl auch Hiob, würden nicht erkennen, welche schlimmen Kreise das Ichhafte und Wahnhafte zieht, solange der Zorn Gottes noch nicht über sie gekommen ist und sie wachgerüttelt hat (Vers 15).
Kapitel 36
Elihus vierte Rede
1Und Elihu fuhr fort und sprach:
2Umringe mich (nähere dich mir gedanklich an) ein bisschen, und ich bringe dir Leben, denn noch (liegen) Eloah betreffende sich erfüllen sollende Worte (bereit).
3Ich trage meine Erkenntnis von fernher herzu und gebe dem, der mich gewirkt hat, die (Ehre der) Gerechtigkeit.
4Denn gewiss (ist es so:): Meine sich erfüllen sollenden Worte sind nicht Falschheit, ein Makelloser an Erkenntnissen ist bei dir.
...
Elihu ist unbeirrt davon überzeugt, dass er dem Hiob Leben bringe. Selbstsicher schreibt er sich vollkommene Erkenntnisse zu. Er wird dem Schöpfer Recht verschaffen. Er scheint höchstes Wissen über El zu besitzen. Seine Erkenntnisse sind von fernher, mithin altbewährt und weltweit zutreffend.
Leid erzieht
5Ja, El ist geballt (geballter Kraft), aber Er verwirft nicht; Er ist geballt an der Kraft des Herzens (des Verstandes).
6Nicht bringt Er dem Frevler Leben, aber Recht erweist Er den Gedemütigten.
7Nicht mindert Er gegenüber dem Gerechten (den Blick) Seiner Augen, und bei den Regenten sind sie (die Augen) zum Thron hingewandt; ja, Er gab ihnen (diesen) Sitz für eine Dauer, aber sie sind hochmütig.
8Und wenn sie mit Handschellen gebunden und in Stricken der Demütigung gefangen sind,
9so macht Er ihnen ihre Übertretungen bewusst, dass sie (nämlich) ihre Macht mehrten (oder: sich überhoben).
10Und Er öffnet ihr Ohr (zum Zweck) der Erzüchtigung (Erziehung) und spricht, dass sie umkehren sollen, weg vom Ichhaften.
11Wenn sie hören und dienen, vollenden sie ihre Tage im Guten und ihre Jahre inmitten Beistehender (oder: in Behagen).
12Wenn sie aber nicht hören, geraten sie in fliegende Geschosse und hauchen aus ohne Erkenntnis.
13Und die befleckten Herzens legen (den Grund für) den Zorn (Els); sie rufen nicht um Rettung, wenn Er sie gebunden hat.
14In der Jugend stirbt ihre Seele und ihr Leben inmitten von Kultprostituierten.
15Er befreit den Gedemütigten in seiner Demütigung und öffnet in der Unterdrückung ihr Ohr.
...
Wohl ist El allmächtig, zugleich aber auch barmherzig, denn Er verwirft einen Menschen nicht leichtfertig (Vers 5), sondern öffnet ihm das Ohr, gerade auch im Leid. Leid erzieht. Die Züchtigungen Els haben einen Zweck: sie sollen den Menschen zur Umkehr bringen.
Die Ungläubigen hören dieses Reden Els allerdings nicht, verhärten sich gar und gehen früher oder später in den Tod und das Gericht Els. »Gemäß deiner Härte und deinem unumsinnenden Herzen speicherst du dir selbst Zorn auf für den Tag des Zorns und der Enthüllung des gerechten Gerichts Gottes, der jedem seinen Werken gemäß vergelten wird« (Röm. 2:5).
Hiob aber möge seinen Hochmut aufgeben und sein Leid als die Aufforderung Els zur Demütigung und Umkehr betrachten.
Elihu ermahnt Hiob
16Und gar noch dich leitet Er weg vom Mund des Bedrängenden; Weite (genießt du), nicht Einengung statt ihrer, und das Ruhen (Behagen) deines Tisches ist angefüllt mit Fettem.
17So du mit der Verwaltung des Rechts für den Frevler erfüllt bist, umfangen dich (rechte) Verwaltung des Rechts und Zurechtbringung.
18Denn (des) hitzigen Zorns (wegen ist es wichtig), dass dich nicht einer infolge deiner vollen Genüge verleitet und die vielen beschirmenden (Schutzvorkehrungen) dich nicht abwenden.
19Soll dein Ruf nach Rettung das Ziel haben, nicht in Bedrängnissen zu sein und alle Festigkeiten der Kraft zu haben?
20Schnappe nicht nach der Nacht, (danach), dass (noch mehr Finsternis bringende) Völker an ihrer statt aufsteigen.
21Hüte dich, wende dich nicht zum Ichhaften, denn dadurch erwählst du mehr als nur Demütigung.
22Ja, El macht (dich) überragend in seiner Kraft, wer ist ein Zielgeber wie Er?
23Wer über Ihm bestimmt Seinen Weg, und wer spricht: Du bewirkst Arges.
24Gedenke, dass du (durch dein) Wort Sein Wirken erhebst, das die Mannen besingen.
25Alle Menschen schauen (erkennen innerlich) Seiner Bezügliches, der Mann erblickt's von fernher.
...
Wenn Hiob zu El umkehre (Vers 10), werde es ihm gut ergehen. El werde ihn vor Bedrängendem schützen, ihn auf einen weiten Raum stellen, einflussreich machen, mit Wohlstand segnen (Verse 16 + 17) und mit überragender Weisheit und Macht ausstatten (Vers 22 a). Els Rettung werde den Hiob bedeutend machen (Ps. 69:30). Den besten Zielgeber werde er haben, nämlich den El; niemand könne ihn besser unterweisen (Vers 22 b).
Elihu meint es gut mit Hiob und ermahnt ihn (Vers 21). Was unter der »Nacht« und den »Völkern« (Vers 20) zu verstehen ist, ist unklar; vielleicht das Böse und dass es noch mehr Böses scharenweise nach sich zieht.
El ist groß und herrlich. Er bewirkt nichts Arges (Vers 23). Wie kann Hiob mit den Wegen dessen, der vollkommen und allmächtig ist, unzufrieden sein? El macht keine Fehler, in Seiner Vollkommenheit führt Er alles zum Guten! Möge Hiob sich daher in Demut dem El unterordnen, wie die Situation auch immer sei.
Mit all seinen Worten wird Hiob sodann den El preisen und sich den Lobsängern zugesellen (Vers 24). Schließlich spüren ja doch alle Menschen etwas von Gott, wenn auch nur aus der Distanz (Vers 25). »Denn Seine unsichtbaren Wesenszüge sind seit der Schöpfung der Welt an den Werken begreiflich und ersichtlich geworden, nämlich Seine unwahrnehmbare Kraft und Göttlichkeit« (Röm. 1:20).
Von der Größe Els
26Ja, El ist überragend, aber wir erkennen's nicht; die Zahl Seiner Jahre kann nicht erforscht werden.
27Denn Er mindert die Wassertropfenden (die Wolken), sie scheiden den Regen aus, damit er nässe,
28(den Regen), den die Äther triefen lassen, ja träufeln über viele Menschen.
29Gar noch dies, ob einer die Ausbreitungen des Gewölks versteht, das Brausen seiner Hütte (seines umhütteten Bereichs)?
30Ja, Er breitet Sein Licht über es (das Gewölk) aus, und die Wurzeln des Meeres bedeckt Er.
31Denn durch sie (die Ausbreitungen) waltet Er gerecht über die Völker, Er gibt Speise in geballter (Menge).
32Licht bedeckt Schalenförmige, und Er entbietet es (das Licht) auf sie (die Hütte des Gewölks) zu im (dafür) Einstehenden.
33Es berichtet über es (das Licht, den Blitz) sein Brüllgetön, gar noch das Vieh (berichtet brüllend) über das Hinaufsteigende (den Blitz oder den Donner).
...
Elihu schildert dem Hiob die an der Natur erkennbare Größe Els, um ihm Ehrfurcht vor El zu vermitteln.
Zur »Zahl Seiner Jahre« (Vers 26) vergleiche Psalm 102:28 und Hebräer 1:12.
Es ist unklar, was mit »Schalenförmige«, »Einstehendes« (Vers 32) und »Hinaufsteigende« (Vers 33) gemeint ist. Vielleicht meint Vers 32, dass die Handschalen Els mit Blitzen bedeckt sind, die Er entsendet und das Ziel treffen lässt.
Kapitel 37
Abschluss der vierten Rede Elihus
1Gar diesbezüglich zittert mein Herz und wird entfesselt aus seiner Stelle.
2Höret, ja höret im Beben (im Donner) Seine (Els) Stimme und das Murmeln (Grollen), das aus Seinem Mund hervorgeht.
3Unter allen Himmeln lässt Er sie (Seine Stimme) zielgerade ausgehen, und Sein Licht (Blitz) ist über den Flügeln (Enden) der Erde.
4Diesem (Blitz) nach brüllt die Stimme, Er lässt donnern in der Stimme Seiner Erhabenheit, und nicht veranlasst Er sie (die Stimme und das Murmeln), einen Umweg zu gehen, denn Seine Stimme wird (schnell) gehört.
5El macht donnern, in Seiner Stimme sind Wunder; Er ist der Täter von Großem, und wir erkennen's nicht.
6Denn zum Schnee spricht Er: Werde (entstehe) der Erde, und so auch zum Platzregen eines (gewöhnlichen) Regens und zum Platzregen der Regengüsse Seiner Stärke.
7Die Hand aller Menschen versiegelt Er (nimmt Er in Beschlag, beschränkt Er), damit alle Mannen seines Werkes erkennen (zur Erkenntnis kommen).
8Und das Wildgetier kommt in seinen Lauerschlupfwinkel, und in seinen Umhegungen wohnt es.
9Aus der Kammer kommt eine Windhose und aus den (die Wolken) Zerstiebenden (Nordwinden) Kälte.
10Durch das Anhauchen Els entsteht Eis, und die Breite des (offenen) Wassers wird (durch den Eisansatz am Ufer) eingeengt.
11Gar mit Überfluss belastet Er die Wolken, Er zerstreut Sein lichtes Gewölk (wörtlich: das Gewölk Seines Lichts).
12Und dieses (das Licht) wendet sich kreisend infolge Seiner strikten Weisung seinem (des Gewölks) Wirken zu zwecks allem, was Er ihm (dem Gewölk) gebietet in Richtung auf das Angesicht der Erde bodenwärts,
13ob es zum Stecken (Zepter des Regierens, Zuchtrute), ob es Seinem Land (nützlich ist), ob es zum Hulderweis (dient) – Er lässt ein jedes (das Jeweilige) finden.
...
Vielleicht zieht gerade ein Gewittersturm herauf, der die Herzen der Menschen erbeben lässt (Vers 1). El bewirkt alles im Himmel und auf der Erde. Alle Naturereignisse haben ihre Auswirkungen auf die Menschen und die Tiere. Der Mensch kann gegen Wind und Wetter nichts ausrichten, seine Hand ist versiegelt, mithin zur Untätigkeit gezwungen, woran er seine Abhängigkeit von El und seine Schwachheit erkennen möge (Vers 7). Die Tiere suchen Schutz vor Unwettern und Kälte in ihren Höhlen (Vers 8).
El lenkt die Wolken (Verse 11 + 12). Er gebraucht alle Naturgeschehen wie Er will, sei es um den Menschen Gutes zu erweisen, etwa gute Ernten zu geben, oder um sie zu züchtigen, indem Er zum Beispiel eine Ernte vernichtet.
Erkennst du die Wunder Els, Hiob?
14Nimm dieses zu Ohren, Hiob, stehe (still) und verstehe die Wunder Els!
15Erkennst du, wie Eloah sie anordnet und Sein lichtes Gewölk erstrahlen lässt?
16Erkennst du das Hin- und Herwiegen der Wolken, die Wunder (dessen), der makelloser Erkenntnis (ist)?
17Du, dessen Gewänder heiß sind, wenn dem Land Muße gegeben wird unter dem Südwind,
18du lässt (ja wohl nicht) zusammen mit Ihm (dem Eloah) (das Firmament, wörtlich: das Gestampfte) den Äthern zu, den haltgebenden, stampfen (breit stampfen, ausbreiten) wie einen gegossenen Spiegel.
19Mach uns erkennen, was wir zu ihm (dem Spiegel) sprechen (könnten). Nichts können wir zuordnen aufgrund des Angesichts der Finsternis.
20Soll ihm (dem Spiegel) kundgetan werden, so ich denn rede? Oder spricht ein Mann, wenn er (gerade) verschlungen wird?
21Und nun, nicht sieht man das Licht, das die Äther aufhellt, aber ein Geist (oder: Wind) geht darüber hin und reinigt sie.
22Aus dem Norden trifft Gold ein, auf Eloah (liegt) die zu fürchtende Majestät.
23Der Schadaj – nicht finden wir Ihn, den Überragenden an Kraft; und die Zurechtbringung und die Menge der Rechtfertigung demütigt (vernachlässigt) Er nicht.
24Daher fürchten Ihn die Mannen, nicht sieht Er all die Weisen des Herzens (des Verstandes) an.
...
Elihu führt dem Hiob die Allmacht und Gerechtigkeit Els wie auch die Ohnmacht des Menschen vor Augen. Damit will er erreichen, dass Hiob den El fürchtet (Vers 24), und zwar im konkreten Fall in der Weise, dass er von seiner Forderung nach einer Antwort auf den Widerspruch, dass er leidet, obwohl er gerecht ist, abstehe. Eingedenk der Begrenztheit des menschlichen Wissens soll Hiob von seinen eigenen Vorstellungen und Wünschen ablassen und sich in jeder Situation dem El unterordnen. El bewirkt alles nach dem Ratschluss Seines Willens (Eph. 1:11). Man kann Ihn nur fürchten und angesichts Seiner schon an der Schöpfung ablesbaren Macht und Herrlichkeit die Weisheit gewinnen, dass Sein Weg mit Hiob der beste ist und Er alles in Herrlichkeit vollendet.
Wenn Hiob noch nicht einmal die sichtbaren Naturereignisse weder lenken noch verstehen kann, wie El dies tut, wie kann er dann das unsichtbare Handelns Els verstehen und Ihn zu einem Rechtsstreit herausfordern? Wenn er noch nicht einmal in die Sonne sehen kann (Vers 21), ohne geblendet zu werden, wie viel weniger kann er in das Angesicht Els sehen!
Mit dem Nordwind trifft goldenes Licht ein (Vers 22), aber auf Eloah liegt eine viel größere Herrlichkeit.
Darum: Fürchte Ihn! Die Weisheit der Menschen ist kaum erwähnenswert (Vers 24), ja die Weisheit dieser Welt ist bei Gott sogar Torheit (1. Kor. 3:19).
Fürchte El! Ihm sich gleichberechtigt dünkend entgegenzutreten, ist Sünde. Preise Ihn, statt Sein Handeln in Frage zu stellen!
Die drei Freunde sahen Hiobs Leiden als Strafe für Sünden an, Elihu aber als Prüfung, Züchtigung und Erziehungsmaßnahme. Wie auch Paulus schreibt, »dass wir uns in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen mögen. Nicht allein aber das, sondern wir mögen uns auch in den Drangsalen rühmen, wissend, dass die Drangsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Erwartung« (Röm. 5:2 - 4).
Elihu hat dem Hiob keine Übertretung vorgehalten, sondern ihn vor seiner im Leiden in Erscheinung getretenen Selbstsicherheit gewarnt. Hiob möge angesichts des herrlichen Gottes auch sein unverstandenes Leid tragen.
Hiob antwortet nicht – wohl deshalb, weil Elihu viel Wahres gesagt hat.
Die erste Rede Jewes aus dem Sturm
(Hiob 38:1 - 40:5)
Kapitel 38
Vorbemerkung
Hiob war ein gerechter Mann (Kap. 1:8; 2:3), der wie Jesus Christus und viele Gläubige unverschuldet leiden musste. Im Falle eines Gerichts Jewes über eine Nation würden nur Noah, Daniel und Hiob infolge ihrer Gerechtigkeit gerettet werden (Hes. 14:14). Hiob ist mithin eine herausragende Persönlichkeit.
Hiob hatte aber die Größe und Herrlichkeit Jewes noch nicht völlig erkannt, der alles, was Ihm wohlgefällt, in den Himmeln und auf der Erde tut (Ps. 115:3; 135:6). Er ist Liebe, Er ist weise und Er bewirkt alles nach dem Ratschluss Seines Willens (Eph. 1:11). Es fällt kein Spätzlein auf die Erde, ohne dass Er es will (Mat. 10:29). Dem Geschöpf steht es nicht zu, die Wege des Allgewaltigen und Vollkommenen anzuzweifeln; unsere Weisheit sei, uns Ihm vertrauensvoll unterzuordnen.
Hiobs Bitte, dass El ihm antworten möge (Kap. 13:22; 31:35), wird nun erfüllt. Hiob bekam aber keine Erklärung über die Gerechtigkeit des Allmächtigen und die Bedeutung des Leids. Jewe offenbarte ihm Seine schon an der Natur erkennbare Herrlichkeit, sodass Hiob nun aus ganzem Herzen Gott vertrauen kann, dessen Wege allesamt gerecht und wunderbar sind und der alles in Herrlichkeit vollenden wird.
Jewe antwortete dem Hiob
1Und Jewe antwortete dem Hiob aus dem Sturm und sprach:
2Wer ist dieser, der den Rat verfinstert mit sich erfüllen sollenden Worten, ohne dass (er) Erkenntnis (hat)?
3Gürte doch deine Lenden wie ein Mächtiger, und Ich frage dich, und führe du Mich zur Erkenntnis!
...
Jetzt antwortet Jewe dem Hiob. Warum aus einem Sturm, den Elihu möglicherweise nahen sah (Kap. 37:2)? Der Sturm entspricht dem gewaltigen Inhalt der Rede Jewes, die alle falschen Vorstellungen Hiobs hinwegfegt.
Die Antwort Jewes, die Hiob angefordert hatte (Kap. 13:22, 23), fällt allerdings ganz anders aus, als Hiob sich vorgestellt hatte. Er hatte an eine Gerichtsverhandlung gedacht, in der er viele Rechterweise vorbringen wollte und in der er – davon war er überzeugt – sodann gerechtfertigt werden würde (Kap. 13:18, 22; 23:4, 5). Aber Jewe stellt ihm Fragen, die ihn auf seinen Platz als Geschöpf zurückverweisen. »Das Gebilde wird doch nicht dem Bildner erwidern: Warum hast du mich so gemacht?« (Röm. 9:20).
Jewes Rede beginnt mit dem Fragewort: »Wer?« Dem Hiob muss sofort bewusst geworden sein: »Du, Hiob!«
Die erste Frage ist ein scharfer Tadel, der wie ein Donnerschlag auf Hiob gewirkt haben muss. Den Ratschluss Jewes zu verfinstern, ist eine schwerwiegende Sünde. Als Hiob Jewe als seinen Feind ansah (Kap. 16:9 - 14), verdunkelte er den Charakter Gottes vor seinen Zuhörern. Das Leiden Hiobs kam nicht von ungefähr, sondern lag in einem Ratschluss Jewes begründet, war also wohlüberlegt geplant. Dem Menschen in seinem engen Horizont erscheint manches widersinnig, Gott aber handelt nach einem alles übergreifenden Sinngefüge. Wenn man diese Einsicht hat, dann kann man das uns derzeit noch nicht einsichtige Tun Gottes vertrauensvoll als das Beste für uns aus Seinen Händen entgegennehmen. Der Vollkommene kann nur in vollkommener Weise wirken. Mögen wir uns Seinem Ratschluss dankend unterordnen!
Ich stelle mit Bedauern fest, dass ich, der ich seit über fünfzig Jahren das Wort Gottes verkündige, den Rat Gottes oftmals verfinstert habe. Durch Beifügungen aus der Weisheit der Menschen. Doch allein das Wort Gottes ist wahr, lebendig und wirksam.
Ohne Erkenntnis sei Hiob (Vers 2). Ja, er hatte manches ausgesprochen, ohne die tiefere Erkenntnis zu haben, dass man vor El nämlich nicht auf seine eigene Gerechtigkeit pochen und Ihm des Weiteren keine Vorhaltungen machen kann. Dem Hiob mangelte genau das, was er zu haben meinte, nämlich Verständnis für seine Stellung vor El.
Gürte dich wie ein machtvoller, starker Mann! Rüste dich, sei bereit, miss dich mit Mir!
»Und ich frage dich.« Ein weiterer Schlag für Hiob, der sich für denjenigen hielt, der Fragen stellt, und jetzt die Umkehrung erfährt.
»Und führe du Mich zur Erkenntnis.« Hiob muss sofort verstanden haben, dass dies nicht möglich ist, zumal er selbst gesagt hatte, dass keiner den El Erkenntnis lehren kann, Ihn, der Hohe richtet (Kap. 21:22).
Über die Urschöpfung
4Wo warst du denn, als Ich die Landmasse der Erde gründete? Berichte, wenn du Verständnis kennst!
5Wer setzte ihre Bemessungen fest, so du sie denn erkennst? Oder wer streckte die Messschnur (oder: die Wasser) darüber aus?
6Auf was sind ihre Grundfesten abgesenkt? Oder wer setzte zielend ihren Eckstein,
7als die Morgensterne gemeinsam jubelten und als alle Söhne Elohims jauchzten?
...
Diese Verse sprechen nicht von der Wiederherstellung der Erdoberfläche in sechs Tagen, nachdem sie ein Wasserchaos geworden war (1. Mose 1:2), sondern von der in 1. Mose 1:1 berichteten Urschöpfung: »Im Anfang schuf Elohim die Himmel und die Erde.« Jene Erde war die »Erde von alters her« (2. Pet. 3:5); sie wurde nicht als Chaos eschaffen, sondern in Herrlichkeit (Jes. 45:18).
Es geht um die Gründung der Erde (Vers 4), die Legung des Eck- oder Grundsteins und den Bau ihrer Grundfesten (Vers 6) nach der Bestimmung ihrer Maße (Vers 5; Jes. 40:12).
Für »Messschnur« oder »Wasser« (Vers 5) steht im hebräischen Text QU, punktiert QaW, Konzentrierendes. Mit einer Messschnur konzentriert man ein Vorhaben auf ein bestimmtes Gebiet. Wasser können sich konzentrieren, wie zum Beispiel später oberhalb und unterhalb des Firmaments oder in den Meeren (1. Mose 1:7, 9).
Die jubelnden Morgensterne, Venus und Merkur, stehen bildlich für Geister. Auch Jesus bezeichnet Sich als Morgenstern (Off. 22:16). Mit den Söhnen Elohims sind wiederum Geister gemeint (Kap. 1:6; 2:1; Ps. 29:1; 89:7). Sie jubelten angesichts der Perfektion und Schönheit der Erde, die vermutlich andere Schöpfungen übertraf. Und der Sohn Selbst jauchzte gewiss ebenfalls, als das All durch Ihn und in Ihm erschaffen wurde (1. Kor. 8:6; Kol. 1:16).
Hiob weiß nicht zu antworten. Wie sollte er auch; er war nicht dabei gewesen, Wie konnte er den so allmächtigen und herrlichen El zum Rechtsstreit auffordern! Doch wie wunderbar: Ihm und uns wird eine überwältigende Offenbarung über Dinge des Anfangs gewährt!
Über das Meer
8Und (Er) hat das Meer mit einer Doppeltür umgeben, als es gischte, ja aus dem Mutterschoß herausging.
9Indem Ich Gewölk als seine Kleidung anlegte und Wetterdunkel als seine Windel,
10da zerbrach Ich ob ihm (dem Meer) mein Gesetz (der Freiheit) und legte Riegel und Doppeltür an
11und sprach: Bis hierher kommst du und nicht weiter, und hierhin setzt sie (die Doppeltür) sich gegen die Erhabenheit deiner Wogen.
...
Nun, Hiob, wer tat dies? Hättest du es tun können? Und wer hat dem Meer die Grenzen gesetzt (Jer. 5:22; Ps. 89:10; 104:9; Spr. 8:29)?
Über die Morgenröte
12Hast du von deinen Tagen an einen Morgen entboten (gebietend entsandt), die Schwarzröte (die frühe, schwarze Morgenröte) ihren Ort erkennen (wissen) lassen,
13dass sie die Flügel (Enden) der Erde erfasse, sodass die Frevler von ihm (dem Land) abgeschüttelt werden?
14Es (das Land) verwandelt sich (unter dem Morgenrot im Aussehen) wie der porige Ton des Siegels (beim Prägen), und (alles) stellt sich auf wie ein (neues) Gewand.
15Und den Frevlern wird ihr Licht vorenthalten, und (ihr) erhobener Arm wird zerbrochen.
...
Wer gebietet der Sonne aufzugehen? Nicht einen Tag vermag Hiob heraufzubringen. Wer macht das Land unter den Sonnenstrahlen wie neu? Wie konnte Hiob nur daran zweifeln, ob Elohim gerecht handele? Wer vertreibt die Frevler durch das Morgenlicht (Vers 13)? Wer zerbricht sie, die das Licht scheuen (Vers 15)?
Über verborgene Dinge
16Kamst du bis zu den Quellgründen des Meeres, und gingst du, um die tumultenden (Wasser) zu erforschen?
17Sind dir die Tore des Todes enthüllt, und siehst du die Tore des Todesschattens?
18(Reicht) dein Verstehen bis zu den Weiten der Erde? Berichte, wenn du all das Ihre erkennst!
19Wo ist dieser, der Weg, wo das Licht wohnt, und die Finsternis, wo ist dieser ihr Ort,
20dass du sie zu ihrer Grenze hin nimmst (in ihr Gebiet bringst), und dass du die Stege ihres Hauses kennst (die Pfade zu ihrem Haus)?
21Du hättest es erkannt, wenn du damals geboren worden wärst und die Zahl deiner Tage groß wäre.
...
Wie klein der Mensch doch gegenüber diesen unzugänglichen Gebieten ist! Kann Hiob in das Totenreich gehen und es erforschen, etwa welche herausführen oder gar jemand vor dem Tod bewahren (Vers 17)? Kann Hiob das Licht und die Finsternis an ihre Einsatzorte und wieder nach Hause geleiten (Verse 19 + 20)?
Über Schnee und Regen
22Kamst du zu den Schatzkammern des Schnees, und siehst du die Schatzkammern des Hagels,
23die Ich bis zur Zeit der Bedrängung zurückhalte, bis zum Tag des Angriffs und des Kriegs?
24Wo ist dieser, der Weg, wo das Licht verteilt wird, wo ein Ostwind (das Licht) über das Land zerstreut?
25Wer teilte der Überflutung eine Auffangrinne ab und dem Wetterstrahl (der donnernden) Stimmen einen Weg,
26regnen zu lassen auf das Land, wo niemand ist, auf die Wildnis, in der kein Mensch ist,
27um Verheerendes und Verheertes zu sättigen und die Halme des Gekeims sprossen zu lassen?
28Hat der Regen einen Vater, oder wer zeugt die Kügelchen des Taus?
29Aus wessen Bauch geht das Eis heraus, und den Reif der Himmel – wer gebiert ihn?
30Wie Gestein verstecken sich die Wasser, und das Angesicht (die Oberfläche) des Wassertumults verfängt (glättet) sich.
...
Elohim setzt all diese Naturgewalten ein, wie und wo und wann Er will. Kann Hiob ihnen wehren oder sie auch nur lenken? Kann er Schnee und Hagel im entscheidenden Moment einsetzen (Verse 22 + 23), sei es im Krieg (Jos. 10:11) oder zum Gericht (Off. 8:7; 16:21)?
Mit der Frage, ob der Regen einen Vater habe (Vers 28), ist Hiob gemeint; kann er es regnen lassen (Kap. 37:6)? Wenn Jewe es sogar in der Wildnis regnen lässt, wo keine Menschen sind (Verse 26 + 27), dann dürfte klar werden, dass auch Seine Fürsorge im Allgemeinen weireichender ist als die Menschen meinen können.
Über die Himmel
31Verknüpfst du die Bänder der Kimah (vielleicht ein Komet oder das Siebengestirn), oder öffnest du die Fesseln des Kösil (ein Gestirn, vermutlich der Orion)?
32Fürst du die Tierkreisbilder zur rechten Zeit heraus und die Äjisch (ein Sternbild), darüber hinaus ihre Söhne, leitest du sie?
33Erkennst du die Satzungen (Gesetze) der Himmel, ob du ihre Oberhand über die Erde festlegst?
3435Entsendest du die Blitze, sodass sie gehen und zu dir sprechen: Da sind wir!
36Wer setzte Weisheit in die Fasern (des Nervensystems), oder wer gab dem Unzugänglichen (Gehirn) Verständnis?
37Wer zählt die Äther (feinste Substanzen zwischen den Gestirnen) auf in Weisheit, und wer legt die Gefäße der Himmel (um),
38sodass sie den Staub zu einer festen Masse gießen und Erdschollen zusammenhängend werden?
...
Hiob kann die Anordnung der Sterne nicht ändern, Sternbilder weder zusammenhalten noch auflösen (Verse 31 + 32; Kap. 9:9; Amos 5:8).
Ebenso kennt Hiob die Gesetze der Himmel nicht (Vers 33). Der Himmel regiert die Erde. Jewes Wille geschieht auf der Erde, auch indem Er die Sonne und den Mond den Tag und die Nacht beherrschen lässt und durch das Wetter großen Einfluss auf die Menschen nimmt. Die Gesetze für den Lauf der Gestirne kennt Hiob nicht, wie konnte er da die Wege Jewes auf der Erde kritisieren?
Kann Hiob sich in die Wolken setzen und dort reden (Vers 34)?
»Fasern« und »Unzugängliches« (mit einer Hecke Umgebenes) (Vers 36): Es ist nicht sicher, ob dies die richtige Übersetzung ist und worauf diese Begriffe sich beziehen. Gleichwohl dürfte der Vers besagen, dass der Mensch nicht weiser sein kann, als der Schöpfer ihm ermöglicht hat.
Wer gibt den Regen und schafft damit die Nahrungsgrundlage? Der Mensch ist mithin völlig abhängig von Gott. Mensch, werde demütig!
Über die Löwen und Raben
39Jagst du dem Altlöwen die Speise, und füllst du die Junglöwen mit Wildtieren,
40so sie sich denn in den Umhegungen niederkauern, sie sich in einem Versteck auf die Lauer legen?
41Wer bereitet dem Raben seine Zehrung, so denn seine Jungen zu El um Rettung rufen, umherirrend, da keine Speise für sie da ist?
...
Jewe tut's (Ps. 147:9). »Betrachtet die Raben: sie säen nicht, noch ernten sie, sie haben keine Kammer und keine Scheune, und Gott nährt sie doch!« (Luk. 12:24). Wenn Gott sich um die Tiere kümmert, dann nicht auch um Hiob?
Zu El schreien die Rabenjungen; die Tiere haben eine Ahnung von Gott (Röm. 8:19 - 22).
Kapitel 39
Über die Tierwelt
1Erkennst du die Zeit des Gebärens der Gämsen des Steilfelsens, überwachst du das Kreißen der Hirschkühe?
2Zählst du die Monate, die sie erfüllen, und erkennst (du) die Zeit ihres Gebärens?
3Sie beugen sich, sie durchtrennen (die Nabelschnur) ihrer Jungen, deren Umstrickende (Nachgeburt) entsenden sie.
4Ihre Söhne erstarken, werden groß im Korn (oder: im Freien), ziehen fort und kehren nicht zu ihnen zurück.
5Wer entsandte den Wildesel frei (von Banden), und wer öffnete die Bande des Steppenesels,
6dem Ich die Steppe als sein Heim festlegte und als seine Wohnungen die Salzsteppe?
7Er erheitert sich über das Getümmel der Stadt, das Aufbrausen des Treibers hört er nicht.
8Was auf den Bergen übrig gelassen ist, ist seine Weide, und nach allem Begrünten sucht er.
9Willigt der Urochse ein, dir zu dienen? Oder nächtigt er an deiner Krippe?
10Bindest du den Urochsen in der Furche (im Zusammenlauf) seines Seils? Ob er die Tiefebenen eggt, hinter dir hergehend?
11Sicherst du dich in ihm (vertraust du ihm), weil seine Kraft groß ist, und überlasst du ihm den Ertrag deiner Mühe?
12Traust du ihm, dass er deinen Kornertrag einbringt und er ihn in deine Tenne sammelt?
13Die Geflügelte des hellen Rufens (die Straußin) ist freudig beschwingt, ob auch die Schwinge des Storchs und des Gefiederten?
14Denn sie überlässt ihre Eier der Erde, und auf dem Staub (loser Erde) lässt sie sie erhitzen.
15Und sie vergisst, dass ein Fuß sie zerdrücken und das Wildgetier des Gefilds sie zerstampfen kann.
16Hart behandelt er (der Strauß) ihre Söhne (Jungen), als wären sie ihr nicht zu eigen. Nutzlos ist ihre Mühe, ohne dass sie etwas ängstigt.
17Eloah versagte ihr die Weisheit, und Er teilte ihr keinen Verstand zu.
18Sowie es aber die Zeit ist, dass sie hochfährt in die Höhe, erheitert sie sich über das Ross und seinen Reiter.
...
Hiob beherrscht die Tierwelt nicht (wie es einst im Paradies war und im Königreich wieder sein wird; 1. Mose 1:28; Jes. 11:6 - 9). Er kann den Zeitpunkt des Gebärens der Hirschkühe nicht bestimmen, in die Freiheit des Wildesels nicht eingreifen und den Urochsen, ein Tier von unbezwingbarer Kraft, nicht für die Feldarbeit einspannen.
Der Strauß besitzt keine Einsicht; das liegt daran, dass Gott ihm keine gegeben hat. Wenn das Nest voll ist, legt die Straußenhenne die Eier in den Sand. Steht sie vom Brüten auf, achtet sie überhaupt nicht auf die Eier und zertritt sie häufig. Mal setzt sie sich auf ein anderes Nest und vergisst ihr eigenes. Wenn sie aber aufgeschreckt wird, läuft sie mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 70 km/h schneller als ein Ross.
Welche Absichten verfolgt Jewe mit diesem merkwürdigen Tier? Noch nicht einmal dies weiß Hiob, geschweige denn, was Jewe mit ihm selbst vorhat.
Das Ross und der Geier
19Gibst du dem Ross die Kraft, bekleidest du seinen Hals mit der Mähne?
20Bewirkst du, dass es wie die Heuschrecke springt? Die Majestät seiner Nüstern (erregt) Schrecken.
21Schachten (die Feinde) in der Tiefebene (Fallgruben) aus, so hat es Wonne an seiner Kraft (und) zieht hinaus, der Rüstung (den Waffen) zu begegnen.
22Es erheitert sich gegenüber dem Angsterregenden und wird nicht bestürzt und kehrt nicht um angesichts des Schwerts.
23Auf ihm klirrt der Köcher, die Klinge von Speer und Wurfspieß.
24Im Springen und Beben zerstäubt es die Erdoberfläche, und nicht vertraut es, so denn die Stimme des Schophars (erschallt).
25Wenn der Schophar genügend (geblasen ist), spricht's: Ha!, und von fernher riecht es den Kampf, das Donnergetöse der Oberen und das Kampfjauchzen.
26(Geschieht's) durch deinen Verstand, dass sich der Raubvogel hochschwingt, er seine Flügel zum Südwind hin ausbreitet?
27Ob der Geier auf Befehl deines Mundes hochsteigt und dass er sein Nest hoch baut?
28Den Steilfels bewohnt er und nächtigt dort, ist auf dem Zahn (der Zacke) des Steilfelsens und der Jagdburg.
29Von dort sucht er in der Tiefe nach Speise, zu Fernabseiendem blicken seine Augen.
30Und seine Jungen schlürfen Blut, und wo Durchbohrte (Erschlagene) sind, dort ist er.
...
Hiob wird in die Schranken verwiesen, die seinem Denken und Können gesetzt sind. Und er wollte sich mit Eloah messen? Wenn Eloah schon an den Tieren so wunderbar handelt, sollte Er es dann nicht auch beim Menschen tun?
Kapitel 40:1 - 5
Jewes Frage und Hiobs Antwort
1Und Jewe antwortete Hiob und sprach:
2Hadert (streitet) der Erzieher (der Mann, der Jewe erziehen, tadeln wollte) mit dem Schadaj? Der dem Eloah Rechterweisende (oder: mit Eloah Rechtende, oder: der den Eloah Zurechtweisende) antworte Ihm!
3Und Hiob antwortete Jewe und sprach:
4Ja, ich bin leicht (gering, unbedeutend). Was soll ich Dir erwidern? Meine Hand lege ich auf meinen Mund.
5Einmal redete ich, und ich will nicht mehr antworten, und zweimal, und ich fahre nicht fort.
...
Nicht mehr Hiob fordert eine Antwort, sondern Jewe. Der Mann, der Jewes Handeln hinterfragen wollte, wird nun selbst hinterfragt. Es muss Hiob schwer getroffen haben, als Haderer, Tadler und den Eloah Zurechtweisender bezeichnet zu werden. Das war eine scharfe Rüge, zugleich aber auch eine Würdigung Hiobs, der so energisch an Eloah appelliert hatte.
Jewe nennt Sich »Schadaj«, der Allgenugsame, der allen die volle Genüge gibt. Wie konnte Hiob dessen Handeln kritisieren?
Hiob gibt die einzig richtige Antwort: Ich bin zu gering. Das ist eine gesegnete Erkenntnis, die nur vor dem Hintergrund der wahren Gotteserkenntnis möglich ist. Es bleibt ihm nichts anderes übrig als zu sagen, dass er nur schweigen könne. »Ehe ich gedemütigt wurde, irrte ich« (Ps. 119:67). Alles, was dem Hiob ein Rätsel ist, wird von Eloah souverän und weise gewirkt und gelenkt. Die einzig gerechte Haltung des Menschen ist, in Ehrfurcht und Demut dem herrlichen Eloah zu vertrauen.
Die zweite Rede Jewes und Hiobs Erhöhung
(Hiob 40:6 - 42:17)
Kapitel 40, Verse 6 - 32
Die zweite Rede Jewes aus dem Sturm
6Und Jewe antwortete Hiob aus dem Sturm und sprach:
7Gürte doch deine Lenden wie ein Mächtiger! Ich frage dich, und führe du Mich zur Erkenntnis!
8Willst du gar Meine Rechtsetzung zerbröckeln, Mich des Frevels bezichtigen, damit du gerechtfertigt wirst (dastehst)?
9Und ob du einen Arm (Macht) hast wie der Els und du mit der Stimme wie Er zu donnern veranlasst?
10Schmücke dich doch mit Erhabenheit und Größe, und mit Majestät und Prunk mögest du dich bekleiden.
11Verstreue die Aufwallungen deines Zorns, und sieh alles Stolze und erniedrige es.
12Sieh alles Stolze und beuge es, und zermalme die Frevler unter ihnen (der Majestät und dem Prunk).
13Vergrabe sie zusammen im Staub, verbinde ihr Angesicht (mit den Toten) im Vergrabenen.
14So werde auch noch Ich, Ich dir danken, dass deine Rechte dich rettet.
...
Nicht Hiob fragt, sondern Jewe ist es, der das Thema bestimmt (Vers 7).
In den Versen 8 bis 14 geht es darum, dass Hiob und seine Rechtsaufassung anerkannt würden, wenn er Jewe an Macht gleich wäre und die Stolzen und Frevler zu Tode bringen könnte.
Hiob hatte mit seinen Zweifeln am gerechten Handeln Els dessen Rechtsetzung untergraben (Vers 8), nicht tatsächlich, sondern vor den Augen der Menschen. Wäre Hiob dem Jewe ebenbürtig, dürfte er anderes Recht setzen.
Wenn Hiob so mächtig wäre wie Jewe und so lauten Donner hervorrufen könnte (Vers 9), dann möge er sich mit Jewes Majestät und Herrlichkeit schmücken (Vers 10) und seinen (dann göttlichen) Zorn auf der Erde umherstreuen und die Frevler vertilgen (Verse 11 - 13). Sollte seine rechte Hand dies zu seinen Gunsten ausführen können, dann würde Jewe ihm danken und ihn anerkennen. Dann würde er wirklich gerechtfertigt dastehen.
Der Behemot
15Da, (sieh) doch! Der Behemot (übersetzt: Vertierter, gewaltiges Tier; vermutlich das Nilpferd), den Ich gemacht habe, dass er bei dir sei, Gras frisst er wie das Rind.
16Da, (sieh) doch! Seine Kraft ist in seinen Lenden und seine Zeugungskraft in den Vernabelungen seines Bauches.
17Schnell bewegt sich sein Schwanz wie eine Zeder, die Sehnen seiner (oder: seines) Angsteinjagenden (vermutlich Schenkel/s) sind verwachsen.
18Seine Gebeine sind gleich Bezwingern (Einfassungen) aus Kupfer, seine Knochen wie ein Metallstab aus Eisen.
19Er ist der Anfang (Erstling) der Wege Els, der, der ihn gemacht hat, brachte sein Schwert (seine Wehrkraft) herzu.
20Ja, die Berge tragen ihm Mengfutter, auch all das Getier des Gefilds erheitert sich dort.
21Unter Schattengebenden liegt er, in der Verbergung des Schilfrohrs und des Sumpfes.
22Die Schattengeber als seine Beschattung überhütten (überdachen, umgeben) ihn, die Weidenbäume des Bachtals sind rings um ihn.
23Ja, presst der Strom (übt er gewaltigen Druck aus), so übereilt er (der Behemot) sich nicht, er vertraut sich, wenn der Jordan auf seinen Mund zu gischt,
24ihn mit seinen Gequellen packt, die Nase mit Schlingen (Wasserwirbeln) durchlocht.
...
Wenn Hiob schon gegenüber dem gewaltigen Flusspferd nichts ausrichten kann, wie viel weniger kann er dann in die Ratschlüsse des Schöpfers dieses Tieres eingreifen!
Vers 19 dürfte besagen, dass das Flusspferd zu den ersten Werken Elohims am fünften Schöpfungstag zählt (»die großen Ungeheuer«;
1. Mose 1:21).
Der Leviatan
25Du ziehst den Leviatan (übersetzt: Verpflichtendes Untier; vermutlich das Krokodil) im Schleppnetz, und du senkst seine Zunge mit einem Strick ab?
26Ziehst du eine Binse durch seine Nase, und durchlochst du seine Kinnbacke mit einer Distel?
27Ruft er dich vermehrt um Gnade an? Ob er Zärtliches zu dir redet?
28Schneidet (schließt) er einen Bund mit dir, dass du ihn für äonisch zum Diener nimmst?
29Erheiterst du dich an ihm wie ein Vogel und bindest ihn deinen Mädchen (zum Spielen) an?
30Verbündete (Handelsgenossen) werden wider ihn (eine Fallgrube) graben, sodass sie ihn zwischen den Händlern hälften (?)
31Füllst (spickst) du seine Haut mit festhaltenden (Wurfspießen) und mit der gegen Fische schwirrenden (Harpune) sein Haupt?
32Lege deine Hand an ihn; bedenke, dass es ein Kampf ist, den du nicht fortführst.
...
Kapitel 41
Weiteres über den Leviatan
1Ja, die ihn (betreffende) Erwartung (ihn zu bändigen), wird als Lüge (befunden). Wird schon bei seinem Anblick (etwas gegen ihn) geworfen werden?
2 Da gib es keinen Grausamen (Verwegenen), der ihn wecken (reizen) würde. – Und wer (welcher Mensch) ist der, der sich Mir (Jewe) angesichts aufstellt?
3Wer ließ Mir zuvor (etwas zukommen), sodass Ich es erstattete? Alles unter den Himmeln, Mein ist es. –
4Ich schweige nicht über seine Besonderheiten, auch nicht über das Wort der Kampfkraft und die Begnadung seiner Zuordnung (im Rahmen der Tierwelt).
5Wer enthüllte die Fläche seiner Gewandung? Wer kommt an der Ecke des Kiefers an, um ihm einen Zügel (anzulegen)?
6Die Türen (Öffnungen) seines Angesichts, wer öffnete sie? Rings um seine Zähne (lagert) Grauen.
7Ein Stolz sind die Rückenkämme des schützenden (Panzers), der wie ein enger Siegelring verschlossen ist.
8Eins in eins fügen sie sich zueinander, und Wind kommt nicht zwischen sie.
9Sie hängen aneinander, sie verfangen sich (gegenseitig) und trennen sich nicht.
10Das Licht (vermutlich das Mondlicht) erhellt seine Panzerhüllen, und seine Augen sind wie die Wimpern der schwarzen Morgenröte.
11Aus seinem Mund schnellen Fackeln heraus, versprühte (Funken) des Feuers kommen heraus.
12Aus seinen Nüstern geht Rauch heraus wie aus einem angeblasenen Kessel und einer (qualmenden) Binse.
13Seine Seele entflammt Glutkohlen, und eine Lohe geht aus seinem Mund heraus.
14In seinem Hals nächtigt Stärke, und ihm angesichts verbreitet sich Verzagen.
15Die Wampen seines Fleisches hängen aneinander wie ihm angegossen, es gleitet niemals.
16Sein Herz ist (hart) gegossen wie ein Stein und (hart) gegossen wie der untere Mühlstein.
17Wenn er emporfährt, bergen sich Starke, durch Ausbrüche (Wegrennen) entgehen sie ihm.
18Erreicht ihn einer mit dem Schwert, (so doch) ohne dass es zustande kommt (zum Ziel kommt), auch nicht Speer, Ziehendes (Seil der Harpune) oder Harnischbrecher.
19Er rechnet Eisen für Häcksel, Kupfer für faules Holz.
20Nicht bringt ihn der Pfeil des Bogens zum Entweichen, zu Stroh sind ihm die Schleudersteine verwandelt.
21Er rechnet den Knüppel für Stroh, und er erheitert sich über das Beben des Wurfspießes.
22Unter ihm sind Schildplatten wie Tonsplitter, er bereitet sich eine Dreschplatte über dem Schlamm.
23Er bringt die schattige Tiefe zum Blubbern wie einen Topf, das Meer legt er an wie eine Würzbrühe.
24Hinter ihm ist das Gestege licht (öde), er rechnet den Wassertumult für ergraut (alt, schwach).
25Keine Herrschaft über dem Staub ist wie seine, er, der gemacht ist, dass ihn nichts bestürzen kann.
26Alles Hohe sieht er (furchtlos an), er ist König über alle Söhne der stolzen Raubtiere.
...
In anderen Zusammenhängen steht der Leviatan als Symbol für den Satan. Hier jedoch denken wir schlicht an eine Panzerechse, ein Krokodil. Gewiss gibt es Parallelen, etwa dass wir Gläubige die Finsternismächte nicht bezwingen können, ebenso wenig wie Hiob das Krokodil, wobei wir wissen, dass unser Herr Jesus Christus hoch erhaben über sie ist (Eph. 1:21).
Das Nilkrokodil und das Leistenkrokodil in Südasien erreichen eine Länge von bis zu zehn Metern. Sollte Hiob es wagen, seine Hand an solch ein Riesenkrokodil zu legen – ein zweites Mal wir er es nicht versuchen (Hiob 40:32). Wie konnte Hiob es wagen, sich mit dem Schöpfer dieses Geschöpfs anzulegen?
Die Spuren, die das Krokodil im Schlamm hinterlässt, ähneln denen eines im Vorderen Orient gebräuchlichen Dreschschlittens (41:22). Was der Leviatan aus Maul und Nüstern ausstößt, sieht im Sonnenlicht wie Funken aus (41:11).
Guten Aufschluss über den Sinn der Rede Jewes über den Leviatan geben uns die Verse zwei und drei in Kapitel 41: »Und wer ist der, der sich Mir angesichts aufstellt? Wer ließ mir zuvor (etwas zukommen), sodass Ich es erstattete? Alles unter den Himmeln, Mein ist es.« Kein Mensch stellt sich vor dem Leviatan auf, denn er könnte nicht bestehen; wie viel weniger kann Hiob sich vor Jewe aufstellen und besehen (Jes. 49:19; 2. Chron. 30:6). Wer könnte Jewe zur Änderung Seines Vorsatzes bewegen (Jes. 14:27)?
Vers drei wird von dem Apostel Paulus wie folgt aufgegriffen: »Wer hat Ihm etwas zuerst gegeben, damit es ihm vergolten werden wird? Denn aus Ihm und durch Ihn und zu ihm hin ist das All! Ihm sei die Verherrlichung für die Äonen! Amen!« (Röm. 11:35, 36).
Alles unter dem Himmel ist Gottes (2. Mose 19:5; 5. Mose 10:14; Ps. 24:1), nicht nur, dass es Sein eigen ist, sondern dass Er es beherrscht und für Seine Ziele gebraucht.
Alles Hohe sieht der Leviatan furchtlos an (41:26). Jewe hatte den Hiob aufgefordert (Kap. 40:11), alles Hohe und Stolze ins Auge zu fassen und zu erniedrigen. – Siehe, Hiob, der Leviatan kann dies, du nicht!
Der Mensch steht staunend vor diesem Geschöpf. Wie kann er sich dann vermessen, hinter Jewes Handeln ein Fragezeichen zu setzen?
Kapitel 42
Hiobs demütige Antwort
1Und Hiob antwortete Jewe und sprach:
2Ich erkenne (oder: Du erkennst), dass Du alles vermagst, und nichts Geplantes wird Dir verwehrt. –
3»Wer ist dieser, der den Ratschluss verheimlicht, ohne Erkenntnis zu haben?« – Daher, ich tat kund (äußerte mich) und verstand doch nicht, zu wunderbare (Dinge) sind's mir, und ich erkannte (begriff) nicht. –
4»Höre doch und Ich, Ich rede, Ich frage dich, und verschaffe du Mir Erkenntnis.« –
5Wie vom Hörensagen des Ohres hörte ich von Dir, nun aber sah Dich mein Auge.
6Darum verwerfe ich (meine früheren Ansichten) und bin anderen Sinnes auf Staub und Asche.
...
Diese Antwort Hiobs ist der Höhepunkt des Buches Hiob. Jewe ist zum Ziel mit ihm gekommen. In seiner ersten Antwort in Kapitel 40:3 - 5 hatte Hiob sein Geringsein und seine Begrenztheit gegenüber Jewes Schöpfung eingeräumt, jetzt aber erkennt er die Souveränität und Weisheit Jewes in ihrer Fülle an, bekennt sein Pochen auf seine eigene Gerechtigkeit und die daraus resultierende Forderung nach einem entsprechenden Handeln Jewes als Sünde (Vers 6), beugt sich und betet Jewe an (Vers 2).
»Ich erkenne, dass Du alles kannst« (Vers 2 a). Im Grunde hatte Hiob schon immer die Erkenntnis, dass Jewe allmächtig ist, doch seine eigene Rechtschaffenheit und seine guten Werke hatten Vorrang und ließen die Größe und Herrlichkeit Jewes nicht voll aufleuchten. Nun aber ist der Gedemütigte zur Demut gelangt und spricht in Ergebenheit, im Frieden seines Herzens und in Geborgenheit anbetend aus, dass Jewe alles vermag.
»... und nichts Geplantes wird Dir verwehrt« (Vers 2 b). Jewe verwirklicht Seinen Ratschluss wie Er denn sagt: »Ich wirke, und wer will es abwenden?« (Jes. 43:13; 14:27). Jewes Ratschluss ersteht (Jes. 46:10; Ps. 115:3; 135:6). Wenn aber alles Geschehen von Jewe ist, dann ist es sinnvoll und führt zum Ziel, weil der vollkommene nur vollkommen handeln kann.
In Vers drei zitiert Hiob zunächst die Worte Jewes von Kapitel 38:2, dass Hiob den göttlichen Ratschluss mit seinen unverständigen Worten verfinstert habe, und bekennt dann, dass er die Entscheidung Jewes, ihn unverschuldet leiden zu lassen, nicht verstanden habe, ja dass ihm diese Sache zu hoch war und er keinen Durchblick gehabt hatte.
In Vers vier wiederholt Hiob die Worte Jewes von Kapitel 38:3 und 40:7, um auszudrücken, dass er die Fragen Jewes nicht beantworten konnte und Ihn keinesfalls belehren könne, etwa darüber, wie Jewe das All zu regieren und an Hiob zu handeln habe.
»... nun aber sah Dich mein Auge« (Vers 5 b). Was Hiob bisher über Jewe wusste, war nur wie ein Hörensagen. Doch nun hatte Jewe mit ihm gesprochen. Das war eine persönliche Würdigung und eine Offenbarung. Hiobs inneres Auge schaute die Majestät, Vollkommenheit und Herrlichkeit Jewes, der alles Geschehen im ganzen All weisheitsvoll lenkt, stets den besten Weg geht und Sich nicht nur der Tiere, sondern auch Hiobs annimmt.
In Kapitel 9:11 hatte Hiob gesagt, dass er die Wege Jewes nicht sehe und nicht verstehe, was Jewe betrifft. Doch die reinen Herzen sollen Gott sehen (Mat. 5.8). Zur rechten Sicht gehört auch zu wissen, dass es Jewe ebenso wie dem Hausherrn in Matthäus 20:15, erlaubt ist, »mit dem Meinen zu machen, was ich will.«
Jewe hatte dem Hiob die Augen durch viele Zeugnisse aus der Schöpfung geöffnet. Wir heute hätten es eher mit den Worten Jesu und der Apostel versucht. Wir sollten das Zeugnis der Schöpfung aber nicht unterschätzen, »denn Seine (Gottes) unsichtbaren Wesenszüge sind seit der Schöpfung der Welt an den Werken begreiflich und ersichtlich geworden (nämlich Seine unwahrnehmbare Kraft und Göttlichkeit), damit sie (die Menschen) unentschuldbar seien« (Röm. 1:20). Mithin sieht sogar jeder Ungläubige an der Schöpfung, dass ein Schöpfer ist.
»Darum verwerfe ich und bin anderen Sinnes auf Staub und Asche« (Vers 6). Hiob bedauert seine Sünde, Jewes Gerechtigkeit in Zweifel gezogen zu haben, demütigt sich und sinnt um. Er verwirft seine früheren Auffassungen, dass er vor Jewe Recht behalten würde, den Jewe mit seiner rechtlichen Beweisführung umstimmen könne (Kap. 23:4 - 7; 31:35, 36) und Jewe etwa nicht imstande sei, das Böse in der Welt zu überwinden. In seiner neuen und vertieften Gotteserkenntnis erniedrigt sich Hiob und wirft sich huldigend in Staub und Asche nieder.
Jewe hatte den Hiob in bester Absicht gedemütigt, in Treue (Ps. 119:75). So kann Hiob nun mit dem Psalmisten sagen: »Es ist gut für mich, dass ich gedemütigt bin, damit ich Deine Gesetze lerne« (Ps. 119:71). Simon Petrus erfuhr Ähnliches, der nach dem wunderbaren Fischzug vor Jesus niederfiel und sagte: »Geh von mir hinaus, da ich ein sündiger Mann bin, o Herr! – Denn heilige Scheu hatte ihn und alle, die bei ihm waren, umfangen« (Luk. 5:8, 9).
Der Satan hat sein Ziel mit Hiob, dass dieser sich von Jewe lossage (Kap. 1:11; 2:5), nicht erreicht – im Gegenteil, aus dem Mann mit Selbstvertrauen ist ein Mann geworden, der Jewe völlig vertraut, dass dessen Wege makellos sind (Ps. 18:31). Hiobs Selbstvertrauen wich dem Gottvertrauen. Der Satan konnte Hiob seinem Gott nicht entfremden. Hiob ist im Glauben gewachsen und inniger denn je mit Jewe verbunden.
Hiob gab Jewe Recht. Jewes Handeln, ja Jewe Selbst, ist gerechtfertigt worden von einem Mann, der unschuldig litt. Überhaupt werden alle Menschen Gott dereinst Recht geben, wie geschrieben steht: »Damit Du (Gott) in Deinen Worten gerechtfertigt werdest und siegen wirst, wenn man mit Dir rechtet« (Röm. 3:4; Ps. 51:6).
Hiob litt um Gottes willen, weder der Grund noch der Anlass lagen bei Hiob. Geschieht denn nicht alles um Gottes willen? Wohl auch um unsertwillen, doch vor allem zum Lobpreis und zur Verherrlichung des Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus.
Im Übrigen steht es auch uns gut an, in Demut zu wandeln (Spr. 3:34; Luk. 16:15; Gal. 6:3; Eph. 4:2; Jak. 4:6). Petrus ermahnt: »Seid alle untereinander mit der Demut umschürzt, weil Gott Sich den Stolzen widersetzt, den Demütigen aber gibt Er Gnade« (1. Pet. 5:5).
Nachdem Hiob seine Lektion gelernt hat, kann Jewe ihn von seinem Leiden erlösen und in weiterer Weise segnen. Aber zuvor hat Hiob noch einen wichtigen Dienst zu tun.
Jewe spricht die drei Freunde Hiobs an
7Und es geschah: Nachdem Jewe diese Worte zu Hiob geredet hatte, da sprach Jewe zu Eliphas, dem Temaniter: Mein Zorn ist entbrannt gegen dich und gegen deine zwei Gefährten, denn nicht redetet ihr (richtig) Bereitetes in Bezug auf Mich wie Mein Diener Hiob.
8Und nun, nehmt euch sieben Jungstiere und sieben Widder und geht zu Meinem Diener Hiob; und ihr (weihet) euch zugunsten ein Hinaufzuweihendes hinauf (lasst ein Opfer aufsteigen). Und Hiob, Mein Diener, bete euretwegen. Denn nur sein Angesicht erhebe Ich, dass Ich an euch nichts Verruchtes (Schimpfliches) tue, denn nicht redetet ihr (richtig) Bereitetes in Bezug auf Mich wie Mein Diener Hiob.
9Da gingen Eliphas, der Temaniter, und Bildad, der Schuchiter, (und) Zophar, der Naamatiter, hin und taten, so wie Jewe zu ihnen geredet hatte. Und Jewe erhob das Angesicht Hiobs.
10Und Jewe wendete die Gefangenschaft (das Geschick) Hiobs, als er zugunsten seiner Freunde betete.
...
Jetzt wandte Jewe Sich an die drei Freunde Hiobs. Sie hatten ihre Reden in vermeintlich höchster Gotteserkenntnis nicht richtig durchdacht und vorbereitet. Sie hatten Hiob erbarmungslos der Sünde beschuldigt und Jewe ein starres Vergeltungsschema unterstellt, wonach Krankheit eine Folge von Sünde sein müsse. Darum entbrannte der Zorn Jewes gegen sie. Hiob hatte ihnen schon angekündigt, dass sie vor Jewe zuschanden werden würden (Kap. 23:4 - 12). Auch Elihu war über die drei Freunde zornig gewesen (Kap. 32:3).
Warum spricht Jewe den Elihu hier nicht an? Er hatte freundlich zu Hiob gesprochen und ihn nicht mit der Behauptung bedrückt, dass Leiden eine Strafe sei. Jewe setzt schließlich Leiden auch zur Erziehung ein, zur Herbeiführung der Demut und zu Seiner eigenen Verherrlichung, wie Jesu Worte in Bezug auf den Blindgeborenen zeigen: »Weder dieser noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes sollte an ihm offenbart werden« (Joh. 9:3; 11:4).
Inwiefern hatte Hiob richtig von Jewe gesprochen? Weil er während seiner ganzen Leidenszeit ein Diener Jewes geblieben war, sich auf Ihn bezogen verstand, auch wenn er in seiner Not mit seinen stürmischen Fragen und Vorhaltungen oftmals die Grenzen überschritten hatte. Er hatte sichanJewe gewandt, wohingegen die drei Freunde nurüberJewe geredet hatten, den sie auf ihr theologisches Konzept reduziert hatten.
Hiob hatte auch darin recht geredet, dass seine Leiden ohne Ursache waren und sein Geschick ihm unbegreiflich war. Und wenn er auch in Unkenntnis über den Grund seiner Erkrankung Falsches gesagt und damit den Ratschluss Jewes verfinstert hatte – er hat dies bereut. Er hatte in Offenheit für Jewe leidenschaftlich um die Lösung seiner Fragen mit dem gerungen, von dem allein er die Hilfe erwartete. Er hatte aufrichtigen Herzens geklagt und an Jewe appelliert. Die Erwartung auf Jewe zu setzen, das ist die Richtige Herzenshaltung.
Im Übrigen hat Hiob mit der Ablehnung des Vergeltungsschemas von Schuld und Strafe auch das andere Vergeltungsschema widerlegt, und zwar die Behauptung des Satans, dass er Jewe nur deshalb fürchte, weil dieser ihn so reich gesegnet hatte (Kap. 1:9, 10). Hiob fürchtet und ehrt Jewe, auch wenn er keinen Lohn dafür bekommt.
Um den Zorn Jewes von sich abzuwenden, sollen die drei Freunde Ihm ein Huldigungsopfer darbringen (Vers 8). Die große Menge von 14 Tieren mag andeuten, wie schwer ihre Sünde vor Jewe wiegt.
Doch das Opfer allein genügt nicht; es muss anbetend dargebracht werden, wobei Hiob in diesem Falle eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat. Er soll Fürbitte tun, Fürbitte für diejenigen, die ihm das Leiden noch mehr verbittert und sich mithin als falsche Freunde erwiesen hatten; er soll eintreten für drei Männer, die gar nicht für ihn vor Jewe eingetreten waren.
Die Fürbitte Hiobs ist Ausdruck seiner Liebe und zeigt, dass er nichts mehr gegen seine Freunde hat und ihnen ihre üblen Vorwürfe nicht anrechnet. Hiob ist frei von unversöhnlichen Gedanken und darin ein prophetisches Vorbild auf Jesus Christus, der am Kreuz für Seine Feinde um Vergebung bat.
In den Versen sieben und acht nennt Jewe den Hiob viermal Seinen Diener. Damit ist er ein von Jewe gewürdigtes Vorbild. Und durch das Buch Hiob, das viele Menschen lesen, dient er heute noch zur Verherrlichung des Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus.
Nach der Darbringung der Weihegabe für Jewe unter der Fürbitte Hiobs für seine Freunde erhob Jewe Hiobs Angesicht, indem Er die Fürbitte erhörte und den Dreien vergab, Sich Hiobs segnend annahm, den Scherzgeplagten aus der Gefangenschaft seiner Leiden befreite und ihn heilte sowie die Gerechtigkeit Hiobs öffentlich herausstellte. Hiobs Angesicht strahlte wieder.
Durch wen war Hiob in die Gefangenschaft seiner Leiden geführt worden? Durch den Satan. Jewe handelte mittels des Satans, gebrauchte ihn als Sein Werkzeug, um Seine Ziele mit Hiob zu erreichen. Der Satan, völlig blind für Jewes Heilsabsichten, meinte zwar, Hiob von Jewe abspenstig machen und zum Selbstmord verleiten zu können, doch Jewe nahm den Hiob in Seine Schule und führte ihn zu vertiefter Gotteserkenntnis. Ganz und gar ahnungslos musste der Satan zur Erziehung Hiobs dienen. Übrigens übergab nicht nur Jewe den Hiob dem Satan zu diesem Zweck (Kap. 1:12; 2:6), sondern auch der Apostel Paulus den Hymenäus und den Alexander, »damit sie erzogen würden, nicht zu lästern« (1. Tim. 1:20).
Neuer Segen für Hiob
10 bUnd Jewe fügte zu allem, was dem Hiob (zu eigen war), (bis) zum Doppelten hinzu.
11Da kamen all seine Brüder und all seine Schwestern zu ihm und alle, die ihn vordem näher kannten. Und sie aßen mit ihm Brot in seinem Haus, ja sie wanderten zu ihm und trösteten ihn hinsichtlich all des Bösen, das Jewe über ihn gebracht hatte, und sie gaben ihm jedermann eine Kesita (besonders geformte Goldmünze) und jedermann einen Schmuckreif aus Gold.
12Und Jewe segnete das Spätere Hiobs mehr als seinen Anfang, und es wurden ihm (er bekam) 14.000 (Stück) Kleinvieh und 6.000 Kamele und 1.000 Koppeln (Gespanne) Rinder und 1.000 Eselinnen.
13Und es wurden ihm sieben Söhne und drei Töchter (geboren).
14Und er rief (nannte) den Namen der einen Jemima (Wasserreiche, oder: Täubchen) und den Namen der zweiten Kezia (Kassia, Zimtblüte) und den Namen der dritten Keren-Happuch (Antimonhorn, -büchse, Schminkbüchse, -döschen).
15Und im ganzen Land wurden nicht so schöne Frauen gefunden wie die Töchter Hiobs, und ihr Vater gab ihnen ein Losteil (einen Erbbesitz) unter ihren Brüdern.
16Und Hiob lebte nach diesem hundertvierzig Jahre und sah seine Söhne und die Söhne seiner Söhne, vier Generationen.
17Und Hiob starb alt und gesättigt an Tagen.
...
Hiob bekam all seinen Verlust doppelt erstattet (Vers 10 b). Jewe gibt allen Menschen gern und großmütig (Jak. 1:5). Auch dem Volk Israel wird Er anstelle ihrer Beschämung das Doppelte an Gutem und äonische Freude geben (Jes. 61:7; Sach. 9:2).
Die Geschwister und Bekannten, die sich von Hiob abgewandt hatten (Kap. 19:13), kamen zu ihm, um ihn zu trösten und zu beschenken (Vers 11). Sicherlich hat Gottes Güte sie und besonders auch seine Ehefrau (Kap. 2:9) zur Umsinnung geführt (Röm. 2:4). Das liebliche Bild der frohen Gemeinschaft mit Hiob darf einen kleinen Lichtstrahl auf die herrliche Zukunft der gesamten Menschheit werfen.
»Und Jewe segnete das Spätere Hiobs mehr als seinen Anfang« (Vers 12). Was hier im Kleinen geschah, wird dereinst das All umfassen. Auch Israel wurde gedemütigt und erprobt, um in seinen späteren Zeiten die Wohltaten Jewes zu genießen (5. Mose 8:16). Und wir rechnen damit, dass »die Leiden der jetzigen Frist nicht wert sind der Herrlichkeit, die im Begriff steht, in uns enthüllt zu werden« (Röm. 8:18). »Denn das augenblicklich Leichte unserer Drangsal bewirkt für uns eine alles überragende und zum Überragenden führende äonische Gewichtigkeit der Herrlichkeit« (2. Kor. 4:17). »Siehe, wir preisen die glückselig, die ausharren. Vom Ausharren Hiobs habt ihr gehört und den Abschluss des Herrn gewahrt, da der Herr voll innerstem Erbarmen und mitleidig ist« (Jak. 5:11).
Hiob hatte keinen Anspruch auf all den Segen – das hatte er gerade gelernt –, Gott aber will segnen, besonders nachdem Er die Menschen durch Leiden zu Bewährten gemacht hat, wie denn die gesamte Heilige Schrift den Gerechtfertigten den Segen Gottes verheißt, sei es schon hier auf der Erde oder erst nach der Auferstehung, sei es, dass der Segen in irdischen Wohltaten besteht oder – wie es bei uns der Fall ist – in geistlichen Dingen (Eph. 1:3). Im Falle Hiobs war es sehr angebracht, ihn unverzüglich überaus zu segnen, damit alle deutlich erkennen, dass Hiob ein gerechter Mann ist und das Wohlwollen Jewes besitzt.
Im Übrigen ist Hiob ein Gott verherrlichendes Beispiel dafür, dass die Gläubigen ihrem Gott und Vater auch im Leid treu bleiben, wobei uns heute zugutekommt, dass wir mit dem heiligen Geist versiegelt sind (2. Kor. 1:22; Eph. 1:13).
Gott hat Seine Freude daran, den Menschen Gutes zu tun (Jer. 32:41; Hes. 36:11). Er ist Liebe (1. Joh. 4:8, 16), alle Seine Wege führen zur Herrlichkeit in Christus Jesus.
Warum wurden dem Hiob nicht doppelt so viele Kinder geboren (Vers 13), sondern nur wieder sieben Söhne und drei Töchter (Kap. 1:2)? Ohne die biologischen Gründe außer Acht zu lassen: weil er die umgekommenen (Kap. 1:18, 19) in der Auferstehung wiederbekommen wird.
Über seine drei schönen Töchter freuen sich gewiss alle Leser zusammen mit Hiob. Ihre Namen sind anmutig. Zu dem Namen »Antimonhorn« sei gesagt, dass das metallische chemische Element Antimon zum Schwarzfärben der Augenbrauen benutzt wurde und Tierhörner als Gefäße für die Augenschminke dienten.
Am Schluss des Buches Hiob angelangt, preisen wir den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, ordnen wir uns Ihm und all Seinen Wegen unter und vertrauen Ihm völlig, Ihm, dem Vollkommenen, der alles in Christus Jesus in Herrlichkeit vollendet. Nicht nur Hiob, sondern auch wir wissen, dass unser Erlöser lebt (Kap. 19:25)!
Dieter Landersheim
Höhenstraße 11
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