Hinweg von dem Evangelium des Christus?
Das Evangelium des Paulus ist nicht menschengemäß (Galater 1:10-24)
Mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit betraut (Galater 2:1-10)
Zusammen mit Christus bin ich gekreuzigt (Galater 2:11-21)
O ihr unvernünftigen Galater!
Aufgrund der Verheißung oder des Gesetzes?
Werdet frei von den Grundregeln der Welt (Galater 4:1-18)
... bis Christus in euch Gestalt gewinne!
Wie man aus der Gnade fallen kann (Galater 5:1-12)
Wandelt im Geist!
Nur im Kreuz Christi rühmen wir uns (Galater 6)
Ausführungen
zum Galaterbrief
Hinweg von dem Evangelium des Christus?
Einführung
in den Galaterbrief
Auf der ersten Missionsreise wohl in den Jahren 47 und 48 n. Chr. kamen Paulus und Barnabas auch in den Süden der römischen Provinz Galatien mit den Städten Antiochien, Ikonium, Lystra und Derbe. In Antiochien (dem pisidischen) hatte Paulus zum ersten Mal die Rechtfertigung des Sünders von all seinen Sünden allein durch Glauben verkündigt, und zwar mit den Worten: »Von allem, von dem ihr im Gesetz des Mose nicht gerechtfertigt werden konntet« (nämlich den absichtlichen und freiwilligen Sünden; 4.Mose 15:30; Heb.10:26), »wird in diesem« (nämlich in Jesus) »jeder gerechtfertigt, der glaubt« (Ap.13:39). »Als die aus den Nationen das hörten, freuten sie sich und verherrlichten das Wort des Herrn; und alle, die zu äonischem Leben verordnet waren, kamen zum Glauben« (Ap.13:48). In Lystra war Paulus auf Veranlassung der Juden von der Volksmenge gesteinigt worden, sodass man meinte, er sei gestorben (Ap.14:19). Der Bericht des Lukas über die erste Reise schließt mit der Feststellung, dass Gott den Nationen eine Tür des Glaubens aufgetan hat (Ap.14:27).
Nach der Rückkehr in ihre Gemeinde im syrischen Antiochien hielten sich Paulus und Barnabas dort ziemlich lange Zeit auf (Ap.14:28). Petrus besuchte sie, sicherlich nicht zuletzt um Einzelheiten der Reise zu hören (Gal.2:11-14). Leider zog er sich dabei nach der Ankunft von Gesetzeseiferern um Jakobus von den Gläubigen aus den Nationen zurück, sodass Paulus ihn zurechtweisen musste.
Zu jener Zeit
wurden die galatischen Gemeinden mit derselben geistlichen Strömung
konfrontiert. Auf das Gesetz pochende jüdische Gläubige hatten sich in die
Gemeinden eingeschlichen (Gal.2:4) und sie mit der Behauptung beunruhigt, dass
der Glaube allein nicht genüge, sondern auch das Gesetz des Mose zu beachten
sei, also Beschneidung und Gesetzeswerke heilsnotwendig seien. Paulus reagierte
rasch und schrieb im Jahre 49 in deutlicher Schärfe den uns vorliegenden
Galaterbrief.
Mit dem Galaterbrief tritt Paulus dem Versuch entgegen, das Evangelium der Gnade mit Zusätzen aus dem Gesetz zu vermischen.
Der Brief
gliedert sich
- in die Eingangsworte und -grüße (1:1-5) und den
abschließenden
Gruß (6:18);
- in die Darstellung des Gegensatzes des Evangeliums
der
Unbeschnittenheit und eines Mischevangeliums (1:6-9)
sowie des
gegensätzlichen Wandels des Paulus und der
rivalisierenden, falschen Lehrer (6:11-17);
- in den Abschnitt der persönlichen Verteidigung des
Evangeliums
des Paulus in Gegenüberstellung zu Petrus
(1:10-2:21);
- den Abschnitt der Verteidigung der Lehre in
Gegenüberstellung der Verheißung (und damit dem
Glauben und
der Gnade) zum Gesetz (3:1-5:12);
- und in den Abschnitt über den Wandel im Geist als
Frucht
des
Evangeliums des Apostels Paulus im Gegensatz zum
Wandel im
Fleisch (5:13-6:10).
Aus den Versen 1 und 2 erfahren wir die Absender und die Empfänger: »Paulus, Apostel (nicht von Menschen beauftragt, noch durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott den Vater, der Ihn aus den Toten auferweckt hat), und alle Brüder, die bei mir sind, an die herausgerufenen Gemeinden Galatiens.« Paulus ist Apostel. Dies betont er um seines Evangeliums willen und des bedeutenden lehrmäßigen Inhalts des Briefes wegen sogleich. Paulus ist nicht ein von Menschen Beauftragter, dessen Aussagen man auch unbeachtet lassen könnte, sondern ein von dem auferstandenen Herrn Jesus Christus Selbst Gesandter. Seine Vollmacht ist ihm auch nicht durch einen Menschen - das könnte nur Petrus, der Hauptapostel der Zwölf, sein - vermittelt worden, sondern er ist von Gott dem Vater als Apostel eingesetzt, das gesetzesfreie Evangelium zu verkündigen, und dies völlig unabhängig von den Säulen der Gemeinde in Jerusalem, Jakobus, Petrus und Johannes.
Der
Auferstandene war ihm außerhalb Jerusalems, im Ausland, vor Damaskus
erschienen. Dort wurde Paulus in absoluter Gnade berufen, war er doch
christusfeindlich gesonnen und auf Gewalttat aus, wofür er nach dem Gesetz den
Tod verdient hätte; von Umsinnung und guten Werken
keine Spur. Paulus wurde auf diese Weise ein Muster für alle, die in der
gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung an Jesus Christus glauben
(1.Tim.1:12-16), und damit ist auch das ihm enthüllte Evangelium umrissen.
Mit den Versen 3 bis 5 folgt der Eingangsgruß: »Gnade sei euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus, der Sich Selbst für unsere Sünden hingegeben hat, damit Er uns aus dem gegenwärtigen bösen Äon herausnehme, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters. Ihm sei die Verherrlichung für die Äonen der Äonen! Amen!« Das Kreuz Christi allein ist die Grundlage der Gnade, in der wir stehen und die uns völligen Frieden mit Gott dem Vater vermittelt. Mögen wir die Gnade nicht ablehnen, indem wir etwa irgendein eigenes Tun hinzufügen wollten. Gnade und Frieden - diese vollkommenen, beglückenden Segnungen dürfen die Gläubigen genießen, die sich an Paulus halten.
Welch eine
Rettung uns widerfahren ist: Für unsere Sünden hat Sich Christus Selbst
dahingegeben; frei von jeder Verurteilung sind wir nun! Christi Dahingabe hat uns zugleich aus dem gegenwärtigen bösen Äon
herausgenommen. Es ist nicht nötig, die Bosheit unseres Äons zu schildern; wir
wissen, dass die ganze Welt in dem Bösen liegt (1.Joh.5:19), sehen und hören es
täglich und haben es auch persönlich schon zur Genüge erfahren. Wir aber sind
da herausgenommen. Wir sind nämlich nach Gottes Gnadenauswahl aus der Welt
herausgerufen - von ihrer rücksichtslosen und selbstsüchtigen Art und Weise
geschieden - und in die Gemeinschaft mit Seinem Sohn Jesus Christus, unserem
Herrn, hineinberufen worden (1.Kor.1:9). Wir sind nun
in Christus Jesus und in Ihm eine neue Schöpfung (2.Kor.5:17). Mögen wir uns -
dessen eingedenk - nun aber auch gründlich reinigen von der alten Menschenweise
und der Gerechtigkeit, der Liebe und dem Frieden mit allen nachjagen, die den Herrn
aus reinem Herzen anrufen (2.Tim.2:22). Mögen wir unsere Körper Gott als ein
heiliges Opfer bereitstellen und uns nicht auf diesen Äon einstellen, sondern
uns umgestalten lassen durch die Erneuerung unseres Denksinns, damit wir zu
prüfen vermögen, was der Wille Gottes ist - der gute, wohlgefällige und
vollkommene (Röm.12:1,2). Mögen wir uns nur im Kreuz Christi rühmen, durch das
uns die Welt gekreuzigt ist und wir ihr (Gal.6:14). Es wäre nicht gut, wenn wir
uns in Dingen eines Mischevangeliums rühmen würden, durch das menschliches Tun
nach weltlicher Art wieder einen Stellenwert bekäme. Denn dann würden wir das
Kreuz und die darauf gründende Gnade verachten. Wer aber der Lehre des Apostels
Paulus folgt, ist auch aus der Beeinflussung durch die in dem bösen Äon
wirkenden falschen Brüder herausgenommen.
Unsere
Herausnahme aus dem bösen Äon geschah nach dem Willen unseres Gottes und
Vaters. Was ist Sein Wille? Schon in Hesekiel 33:11 ist zu lesen, dass Er keinen Gefallen am
Tode des Gottlosen hat, sondern will, dass er umkehre und lebe. Gott, unser
Retter, will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der
Wahrheit kommen (1.Tim.2:4). Und wir Gläubigen sind bereits in dem souveränen
Willen Gottes allein durch die Darbringung des Körpers Jesu Christi ein für
allemal gerettet, gerechtfertigt und geheiligt (Heb.10:10).
Als nach dem
Willen Gottes aus der Obrigkeit der Finsternis Geborgene sollen wir nun aber
auch dem Willen Gottes für unseren Wandel folgen und unsere Heiligkeit in der
Furcht Gottes vollenden. Dazu befähigt uns die Gnade, die Paulus verkündigt.
Haben wir erst einmal erkannt, dass sie nicht mit Umsinnung
und Wassertaufe verknüpft ist und bei Nichtbewährung nicht rückgängig gemacht
wird (wie es beim Evangelium der Beschneidung der Fall ist), dann wird diese
Gnade uns so völlig ändern, dass Christus in uns Gestalt gewinnt und wir Gott
wohlgefällig wandeln.
Dem Gott und
Vater unseres Herrn Jesus Christus sei dafür Dank und Verherrlichung für die
Äonen der Äonen, bis hinein in die abschließenden, krönenden Äonen. Amen!
Ganz bestimmt hat Paulus allezeit für die Gläubigen in Galatien gedankt. Es ist aber auffallend, dass er dies nicht zum Ausdruck bringt, wie er es sonst in allen anderen Gemeindebriefen nach den Eingangsworten tut. Es muss etwas Erschütterndes geschehen sein: Die Galater waren im Begriff, aus der Gnade zu fallen (Gal.5:4). Sie standen in der Gefahr, sich im Fleisch zu rühmen. Daraus würden dann Werke des Fleisches folgen.
Der Apostel
der Nationen trifft sofort eine klare Unterscheidung. Er schreibt in den Versen
6 und 7: »Ich staune, dass ihr euch so schnell umstellt, hinweg von dem
Evangelium, das euch in Christi Gnade berufen hat, zu einem andersartigen
Evangelium, das aber nicht ein anderes echtes ist, nur weil etliche da sind,
die euch beunruhigen und das Evangelium des Christus verkehren wollen.« Paulus
kämpft gegen die Entstellung seines Evangeliums. Er verteidigt die Allgenugsamkeit des Kreuzes und damit den für uns daraus
erwachsenden Gnadenreichtum und überwältigend herrlichen Segen.
Tadelnd
schreibt er, dass er staune. Wie kann man sich aber auch nur von der reinen,
alles schenkenden Gnade abwenden und einer mit Werken vermischten das Ohr
leihen? Das Evangelium, das Paulus ihnen verkündigt hat, hat sie in Christi
Gnade berufen, in
- eine Gnade, bei der nichts aus uns ist - was könnte
denn
auch das mitgekreuzigte und damit schmachvoll ins
Abseits gebrachte Fleisch bieten? -;
- eine Gnade, die uns allein nach dem Vorsatz Gottes zuteil
wurde und uns
in Christus Jesus bereits vor äonischen
Zeiten gegeben
ist (2.Tim.1:9);
- eine Gnade, in der wir umsonst gerechtfertigt sind
von
allen Sünden
durch die völlige Freilösung, die in Christus
Jesus ist
(Röm.3:24);
- eine Gnade überwältigenden Reichtums, in der wir die
Vergebung
aller unserer Kränkungen des Vaterherzens
Gottes haben,
mithin auch diesen Segen der Freilösung in
Christi Blut (Eph.1:7);
- eine Gnade, die uns völligen Frieden mit Gott
vermittelt,
den
unverbrüchlichen Frieden der Aussöhnung mit dem
Vater, sodass
wir uns in sicherer Erwartung Seiner
Herrlichkeit
rühmen mögen (Röm.5:1,2).
Wie kann man
sich nur davon abwenden, ja sich so schnell umstellen, hinweg von diesem herrlichen
Evangelium und hin zu einem andersartigen Evangelium, das gar kein anderes
echtes ist?
Was ist ein andersartiges Evangelium? Wie wir aus der Stichwortkonkordanz zum Konkordanten Neuen Testament ersehen, deutet das griechische Wort »heteros« einen Wesensunterschied an, sodass nicht einfach etwas anderes derselben Art darunter zu verstehen ist. Es handelt sich um einen wesenhaften Unterschied. Das griechische Wort »allos« dagegen bezeichnet etwas anderes derselben Art oder Kategorie.
Das Evangelium
der Beschneidung, das die Zwölf verkündigen, ist ein anderes Evangelium, aber
ebenso echt und der Wahrheit gemäß wie das des Paulus, denn diese Evangelien,
das der Unbeschnittenheit und das der Beschneidung,
sind beide von Gott. Sie sind beide göttlicher Art. Ein andersartiges
Evangelium aber ist nicht von Gott, sondern eine unzulässige Vermischung beider
Evangelien und damit eine Verdrehung und Verfälschung der Wahrheit.
Nun könnte man
entgegnen: Wenn ein andersartiges Evangelium aus Bestandteilen der beiden
gottgegebenen Botschaften zusammengesetzt ist, könnte es doch immer noch wahr
bleiben. Aber nein, das Evangelium der Unbeschnittenheit
mit Zusätzen aus dem der Beschneidung ist nicht mehr die Wahrheit für die Nationen.
Die schriftgemäßen Erfordernisse, um in das Königreich Israels auf der Erde zu
gelangen, wie Umsinnung, Wassertaufe und Bewährung,
sowie die Segnungen, wie die Vergebung der Sünden, die nationale Wiedergeburt
und das königliche Priestertum, sind dem uns angehenden Glaubensgut fremd. Eine
Vermischung ergäbe ein Produkt völlig anderer Art, einen Zwitter, weder Fisch
noch Fleisch - und das wäre eine Katastrophe.
Wohl beruhen
das Evangelium des Paulus ebenso wie das der Zwölf auf Jesu Christi Rettertat am Kreuz sowie auf der Gnade und dem Glauben.
Aber bereits diese Grundlagen der beiden echten Evangelien sind anders
akzentuiert. So starb Christus nach dem Evangelium der Beschneidung in
Erfüllung des mosaischen Opferrituals; Er sühnte die Sünden durch Sein Leiden und Sterben, Er trug sie an das Kreuz hinauf.
Dem Glaubenden wird unter der Bedingung der Umsinnung
und des Sündenbekenntnisses (1.Joh.1:9) Vergebung der Sünden zuteil. Diese
Gnade kann im Falle der Nichtbewährung rückgängig gemacht werden; man kann den
heiligen Geist, das äonische Leben und die Rettung für das irdische Königreich
verlieren (Mat.18:23; Ap.5:1-11; 2.Pet.1:10; 1.Joh.3:15). - Nach dem dem Apostel Paulus enthüllten Evangelium dagegen sind wir
Gläubigen zusammen mit Christus gekreuzigt. Damit ist alles Fleisch, alles
eigene Wirken, abgetan. »Allein der Glaube« heißt es für uns, und nur dies ist
der Gnade gemäß, die uns ohne Bedingungen und Auflagen (etwa der Bewährung)
zuteil wurde. Versiegelt sind wir zudem mit dem heiligen Geist; unsere Rettung
für das überhimmlische Königreich Christi können wir nicht verlieren (Röm.8:30;
Eph.1:14; 2.Tim.4:18).
Nun hat es sich in Galatien aber begeben, dass dort etliche sind, die die Gläubigen beunruhigen und das Evangelium des Christus verkehren wollen (Vers 7). Sie sind an Jesus gläubige Juden und werden ebenso wie die kurze Zeit darauf von Judäa in des Paulus Heimatgemeinde Antiochien herabgekommenen gesagt haben: »Wenn ihr nicht nach der Sitte des Mose beschnitten werdet, könnt ihr nicht gerettet werden« (Ap.15:1). Für einen Juden war etwas anderes ja auch nicht denkbar. Einige Galater dürften sich gegen die Beschneidung aufgelehnt haben, andere waren schon mehr oder weniger auf das Gesetz eingestellt und hielten zum Beispiel auf Tage und Monate, Fristen und Jahre (Gal.4:10). Sie waren dabei, ihren Glaubensweg, den sie im Geist begonnen hatten, nunmehr im Fleisch vollenden zu wollen (Gal.3:3). Noch aber war die Überredungsarbeit der falschen Brüder nicht zum Durchbruch gekommen, sodass Paulus die Galater mit seinem energisch ermahnenden Brief für den Abwehrkampf stärken und sie davon abhalten konnte, sich unter das Gesetz zu stellen. So schreibt er ihnen nun im Vertrauen zum Herrn, dass sie zu der festen Erkenntnis kommen werden, dass das Gesetz für Menschen, die in Christus Jesus sind, gegenstandslos ist. Entweder man baut auf das Kreuz Christi, weiß sich damit durch Glauben gerechtfertigt und lebt mithin aus der Gnade, oder man steht unter dem Gesetz, baut damit auf eigene, niemals rechtfertigende Werke und ist mithin von Christus getrennt (Gal.3:11; 5:4). Wenn die Gerechtigkeit eines Menschen aufgrund von Werken festgestellt werden könnte, wäre ja Christus ohne Grund gestorben (Gal.2:21). Gemeinschaft mit Christus hat nur, wer glaubt, was Er für uns getan hat.
Die falschen Lehrer wollen das Evangelium des Christus umkehren. Der Begriff »Evangelium des Christus« wird nur von dem Apostel Paulus gebraucht. Es ist die von dem erhöhten, zur Rechten Gottes sitzenden Herrn Jesus Christus nur dem Paulus enthüllte Wohlbotschaft (Gal.1:12). Es ist das Evangelium der Herrlichkeit des Christus (2.Kor.4:4), die Frohbotschaft der überströmenden Gnade Gottes in Christus Jesus für Sünder und Gottesfeinde. Um dieses Evangelium mit einigen Worten aus dem Galaterbrief zu skizzieren, sei auf Kapitel 2:16 hingewiesen, wonach der Mensch durch Christi Jesu Glauben, durch Seinen Glaubensgehorsam bis hin zum Kreuzestod gerechtfertigt wird, durch Christi Tat allein. Nach Kapitel 3:26 sind wir alle Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus. Eine neue Schöpfung sogar sind wir in Christus Jesus (Kap.6:15). Was sollten wir jetzt noch mit dem Gesetz oder der Welt zu tun haben? Wir sollen uns nur im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus rühmen. Damit ist alles andere uninteressant für uns, gekreuzigt, abgetan, Abraum (Kap.6:14).
Die Tatsache, dass uns alles, die unwiderrufliche Rettung und aller Segen, allein durch Christi Kreuz zuteil wurde, ohne unser geringstes Zutun, wird in Galater 5:11 als das Anstoßerregende des Kreuzes bezeichnet. Dem Menschen, der sich eigener Leistungen rühmen will, ist das Kreuz ein Dorn im Auge.
Nun könnte man entgegnen: Das Evangelium der Beschneidung fordert aber doch auch Werke des Menschen. Ja, so ist es. Beim Evangelium der Zwölf verhält es sich so, dass es das Kreuz nicht im Sinne der Mitkreuzigung allen Fleisches kennt, das Fleisch einen Stellenwert behält und der Glaube mithin durch edle Werke (durchaus gemäß dem Gesetz) erwiesen werden muss (2.Pet.1:10). Der Mensch wird aus Werken gerechtfertigt und nicht aus Glauben allein, schreibt Jakobus in Kapitel 2:24. Wer nicht von den Sünden absteht und sich nicht bewährt, verliert seine Rettung wieder (2.Pet.2:21). Israel wird öffentliche Ämter auf der Erde ausüben; somit muss es sich auch öffentlich bewährt haben.
Dem Evangelium des Paulus mit seinen rein geistlichen und auf das Überhimmlische bezogenen Segnungen ist aber jeder menschliche Beitrag zur Rettung und Rechtfertigung zuwider. Die uns gewährte unverbrüchliche Gnade lässt Werken keinen Raum mehr; Werke würden eine solche Gnade verachten. - Dies betrifft die Erlangung der Rettung. In Auswirkung unserer Rettung werden wir allerdings angesichts unserer Gnadenherrlichkeit in tätiger Liebe überfließen.
In den Bann getan sei er!
Der Apostel Paulus schreibt in Vers 8: »Aber wenn auch wir oder ein Bote aus dem Himmel euch etwas Andersartiges neben dem verkündigt, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: er sei in den Bann getan!« Verkündige also niemand etwas Andersartiges, dem Evangelium des Paulus Fremdes. Niemand verkündige etwas daneben. Andernfalls sei er in den Bann getan, ja andernfalls hat Paulus einen solchen Menschen oder Boten durch seinen hier niedergeschriebenen Ausspruch bereits in den Bann verfügt!
Ein ernstes Wort! Wer nimmt es sich zu Herzen?
Das hebräische mit »Bann« oder »Gebanntes« zu übersetzende Wort »cherem« bezeichnet etwas, was Gott versprochen, gelobt oder geweiht ist und deshalb den, der es dementgegen in profaner Weise verwendet, unter einen Bann, unter eine Strafe bringt. Mithin kann man »cherem« auch mit »in den Bann Bringendes« wiedergeben.
Das griechische Wort für »Bann«, »anathema«, heißt wörtlich »Hinauf-Gesetztes« und kann auch als »Widmung« verstanden werden. Das Hinaufgesetzte oder dem Sinn nach Hervorgehobene, auch ein an der Weihestätte angeschlagenes Gelübde, diente im Falle des Nichtbeachtens oder Nichterfüllens zur Anprangerung und als Rechtsgrund für die vorgesehene Strafe. Nichts zu essen und nichts zu trinken, bis sie Paulus getötet haben, war der Bann oder der Fluch, mit dem sich mehr als vierzig Juden verschworen hatten, als er in Jerusalem in römische Haft geraten war (Ap.23:14).
Im Deutschen versteht man unter einem Bann den Ausschluss aus einer Gemeinschaft. So übersetzte Luther zum Beispiel das griechische Wort für »aus der Synagoge ausgestoßen werden« an allen drei Vorkommen mit »in den Bann tun«.
Was heißt »in den Bann tun« heute ganz praktisch für uns? Dies: Wer etwas anderes als Paulus lehrt, den höre man nicht, den bitte man auch nicht zu einem Wortdienst. Im Übrigen steht ein solcher längst unter einem Bann; er wird nämlich hinsichtlich weiterer Erkenntnis des uns angehenden Glaubensgutes im Dunkeln bleiben, weil Paulus es ist, der heute, in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung, alle erleuchtet (Eph.3:9). Alle, die dem Kreuz etwas hinzufügen, etwa Umsinnung oder Wassertaufe, Werke oder Sakramente, und sich damit von der Ausschließlichkeit des Glaubens und der Gnade abwenden, stehen unter dem Bann von Galater 1:8, ja sind Gebannte!
Wir dürfen die falsch Lehrenden aber auf das Evangelium des Apostels Paulus hinweisen und damit auf eine Herrlichkeit der Gnade, die nur uns, den Gliedern der Gemeinde, die Christi Körper ist, gegeben ist.
Wie der über die falschen Brüder verhängte Bann über das Nicht-auf-sie-Hören hinaus damals bei der Niederschrift des Galaterbriefs aussah, ersehen wir aus Kapitel 5:12: »Verschneiden sollten sich doch jene, die euch aufwiegeln!« und Kapitel 5:10: »Wer euch aber beunruhigt, wird sein Urteil zu tragen haben, wer er auch sein möge.«
Ebenso wie man dem Gesetz des Mose nichts hinzufügen und nichts von ihm wegnehmen durfte (5.Mose 13:1), den Worten der so genannten Offenbarung des Johannes nichts hinzusetzen und nichts von ihnen wegnehmen darf (Off.22:18,19) und wir ganz allgemein durch Sprüche 30:6 ermahnt werden, den Worten Gottes nichts hinzuzufügen, so mögen wir uns hüten, das eigens für uns enthüllte Wort des Paulus, das Wort Christi, zu verändern.
Ein weiterer Bann
Der Apostel Paulus hat übrigens einen weiteren Bann ausgesprochen. Er steht in 1.Korinther 16:22 und lautet: »Wenn jemand den Herrn Jesus Christus nicht lieb hat, der sei in den Bann getan!« Die Liebe zu unserem Herrn und Haupt zeigt sich auch an der Liebe zu Seinem Wort, so wie Er es uns durch Paulus übermittelt hat.
Leider aber treten immer wieder welche auf - und finden sogar Gehör! -, die einen anderen Jesus herolden, den Paulus nicht geheroldet hat, die einen anderen Geist weitergeben, den die Gläubigen nicht durch Paulus erhielten, und ein andersartiges Evangelium verkündigen, das wir Heiligen nicht durch Paulus empfingen (2.Kor.11:4). Von solchen sollen wir uns abwenden, wie der Apostel Paulus in Römer 16:17,18 schreibt: »Ich spreche euch aber zu, Brüder, auf solche zu achten, die neben der Lehre, welche ihr lerntet, Zwistigkeiten und Fallstricke verursachen: meidet sie! Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern sind ihrem eigenen Leib versklavt; und durch gütige Worte und Segenswünsche täuschen sie völlig die Herzen der Arglosen.«
Uns Vers 9 zuwendend, erkennen wir, wie ernst es Paulus um unsertwillen ist. Er wiederholt die Ermahnung, damit wir nicht in Fallstricke geraten: »Wie wir schon zuvor betont hatten, so sage ich auch jetzt wieder: Wenn jemand euch etwas Andersartiges als Evangelium verkündigt, neben dem, was ihr von uns erhalten habt: er sei in den Bann getan!«
Das Evangelium des Paulus ist nicht menschengemäß
(Galater 1:10-24)
Der Apostel Paulus schreibt in Galater 1:10: »Will ich denn jetzt Menschen willfahren oder Gott? Oder suche ich damit Menschen zu gefallen?« Nein, damit gefällt er den Menschen nicht, und zwar mit seinen Ausführungen in den Versen 6 bis 9 und seinem Bannspruch: »Wie wir schon zuvor betont hatten, so sage ich auch jetzt wieder: Wenn jemand euch etwas Andersartiges als Evangelium verkündigt, neben dem, was ihr von uns erhalten habt: er sei in den Bann getan!«
Das von Paulus
verkündigte Evangelium, das den Glaubenden allein aufgrund des Kreuzes und
damit in der Gnade rettet, findet nicht das Gefallen der Menschen im
Allgemeinen wie auch der religiösen, denn sie möchten eigene Bemühungen
vorweisen können. Und die Verhängung eines Bannes kann den Menschen ohnehin
nicht gefallen. Es gefällt Gott aber wohl und es ist Sein
Wille, dass das Evangelium der reinen, mit menschlichem Tun unvermischten, überströmenden
Gnade verkündigt wird. Mögen wir diese Gnade nicht ablehnen; bedenken wir: Wenn
wir durch Werke oder Rituale gerechtfertigt würden, hätte Christus nicht für
uns zu sterben brauchen.
Paulus fährt
in Vers 10 fort: »Wenn ich noch Menschen gefallen wollte, wäre ich kein Sklave
Christi.« Dies ist ein deutliches Entweder-Oder. Hören
wir dazu Jakobus: »Wisst ihr nicht, dass die Freundschaft dieser Welt
Feindschaft Gott gegenüber bedeutet?« (4:4). Prüfen
wir uns, ob wir in der Tat Sklaven Christi sind und wirklich alle Gedanken
unter den Gehorsam des Christus gefangen nehmen (2.Kor.10:5) oder sie
selbstgefällig in selbsterdachten Thesen schwelgen lassen. Prüfen wir uns, ob
wir in der Gnade feststehen und jede abweichende Verkündigung in den Bann tun,
also meiden. Eine solche Entschiedenheit entspricht der Liebe des Christus,
denn sie dient der Reinerhaltung der Lehre und der Auferbauung der Gemeinde. Durch falsche Lehren geschieht
kein Wachstum zu Christus hin. Ihre Duldung wäre deshalb lieblos.
In Vers 11 trifft Paulus eine ernüchternde Feststellung: »Denn ich mache euch bekannt, Brüder: Das von mir verkündigte Evangelium ist nicht menschengemäß.« Da dies so ist, ist es im Grunde nicht möglich, den Menschen zu gefallen. Eine Botschaft, die dem Menschen alles aus der Hand schlägt, entspricht nicht seiner Denkweise. Und selbst dem an Jesus gläubigen Juden ist es schwer eingängig, dass man ohne die vom Menschen vollzogene Umsinnung Vergebung der Kränkungen erhalten könne. Dagegen ist es für ihn leicht verständlich, dass Nichtumsinnenden die Sünden behalten werden müssen (Mat.16:19), wäre es doch unlogisch, Vergebung erlangen zu wollen und zugleich weiterzuleben wie bisher. Für ihn ist es auch nur gerecht, dass nur der, der seine Berufung und Auserwählung durch sein Verhalten bestätigt, sich also bewährt, in das Königreich des Herrn und Retters Israels eingehen kann (2.Pet.1:10,11).
Gott aber sei
Dank, dass in der gegenwärtigen Heilsverwaltung die Lehre des Apostels Paulus
zu verkündigen ist. Gott aber sei Dank, dass Er in unseren Herzen den
Lichtglanz der Erkenntnis Seiner Herrlichkeit im Angesicht Jesu Christi hat
aufleuchten lassen, sodass wir erfassen können, dass wir eine bedingungslose
Freilösung in Christus Jesus haben und alle unsere geistlichen Segnungen
inmitten der Überhimmlischen Sein freies und unwiderrufliches Gnadengeschenk
sind. Die geringste Handlung unsererseits ist ausgeschlossen. Selbst unser
Glaube ist von Gott hervorgerufen und keine Tat unsererseits.
Um nochmals
auf das Evangelium der Beschneidung zurückzukommen und es unter dem Aspekt des
Allesbewirkens Gottes zu betrachten: Sehr wohl bewirkt Gott auch das nach dem
Evangelium der Zwölf erforderliche Tun des Menschen, diese Handlungen als
solche müssen aber geschehen, um die Rettung zu erlangen.
Das von Paulus verkündigte Evangelium ist nicht menschengemäß, zumal folgender Umstand vorliegt: »Denn ich erhielt es weder von einem Menschen, noch wurde ich es gelehrt; vielmehr wurde es mir durch eine Enthüllung Jesu Christi zuteil.« Mit diesem Vers 12 beginnt Paulus, die Unabhängigkeit seines Evangeliums von dem der Zwölf anhand seiner Lebensgeschichte zu begründen. Unter dem Menschen, von dem er es erhalten haben könnte, kann nur Petrus verstanden werden. Wenn dies aber der Fall gewesen wäre, wäre Paulus ihm untergeordnet und hätte er nichts anderes als die Zwölf zu verkündigen. Aber weder Petrus noch andere messiasgläubige Juden haben ihn belehrt. Von jeder menschlichen Autorität ist Paulus von Anfang an frei; Jesus Christus Selbst hat ihn unmittelbar beauftragt. Christus Selbst ist sein Lehrer!
Paulus hat
sein Evangelium übrigens nicht auf einmal offenbart bekommen, sondern ihm
wurden eine Vielzahl von Erscheinungen, Enthüllungen und besonderen Worten des
Herrn zuteil. Aber vor Damaskus war ihm der erhöhte und verherrlichte Herr
erschienen (Ap.9:5; 22:14), in welchem die Größe und Herrlichkeit seines
Evangeliums schließlich begründet liegt, und schon am dritten Tag danach sagte
ihm Ananias in Damaskus die Reichweite seines Dienstes an, nämlich bis zu den
Nationen (Ap.9:15). Die weiteren Offenbarungen dürfte er relativ frühzeitig
erhalten haben, sodass er durch seinen Verkündigungsdienst den Fortgang der
Heilsgeschichte, die einerseits auf die Verstockung
und Verwerfung Israels hinauslief, andererseits auf die Bildung der
Körpergemeinde Christi und die Einführung der gegenwärtigen
heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2;
Kol.1:25), nach Gottes Vorsatz mitbestimmte.
Kein Mensch hat Paulus beeinflusst und zum Glauben an Christus geführt; ganz anders war es: Er war der führende Gegner und ärgste Feind Jesu Christi. Daran erinnert er in den Versen 13 und 14: »Ihr habt doch von meinem einstigen Verhalten im Judentum gehört, dass ich die herausgerufene Gemeinde Gottes außerordentlich verfolgte und ihr nachstellte. So machte ich in meinem Einsatz für das Judentum Fortschritte, mehr als viele Altersgenossen in meinem Geschlecht, da ich ein übermäßiger Eiferer um meine väterlichen Überlieferungen war.«
Lukas
berichtet uns mehrmals davon, so in Apostelgeschichte 8:3: »Saulus
wütete maßlos gegen die herausgerufene Gemeinde; er ging der Reihe nach in ihre
Häuser, schleppte Männer wie auch Frauen fort und überantworte sie ins
Gefängnis« und in Apostelgeschichte 9:1,2: »Saulus
nun, der noch immer Drohen und Mord gegen die Jünger des Herrn schnaubte, ging
zum Hohenpriester und erbat von ihm Briefe an die
Synagogen in Damaskus, damit er, wenn er einige Männer wie auch Frauen fände,
die sich an den Weg der neuen Lehre hielten, diese gebunden nach Jerusalem
abführen möge.« Vor König Agrippa bekennt Paulus: »Ich habe nun zwar selbst
gemeint, in Vielem entgegen dem Namen Jesu, des Nazareners, handeln zu müssen.
Und das habe ich auch in Jerusalem getan. So ließ ich denn viele der Heiligen
in Gefängnisse einschließen, wozu ich von den Hohenpriestern
die Vollmacht erhalten hatte. Wenn sie hingerichtet werden sollten, gab ich
Wahlkiesel dafür ab. Der Reihe nach durch alle Synagogen gehend, nötigte ich
sie oftmals durch Bestrafen zum Lästern; und in übermäßigem Wüten verfolgte ich
sie auch bis in die auswärtigen Städte« (Ap.26:9-11).
Paulus war zu
den Füßen des in Israel hochgeschätzten Lehrers Gamaliel
als Pharisäer ausgebildet und in der genauen Auslegung des Gesetzes unterwiesen
worden. Er war ein Eiferer für Gott. Als solcher verfolgte er die Gläubigen
(Ap.22:3,4; 26:5). Wie blind er doch gewesen ist! Später kann er schreiben:
»Ich habe jedoch Erbarmen erlangt, weil ich es unwissend tat, im Unglauben.
Überwältigend aber ist die Gnade unseres Herrn, mit Glauben und Liebe, die in
Christus Jesus ist. Glaubwürdig ist das Wort und jeden Willkommens wert, dass
Christus Jesus in die Welt kam, um Sünder zu retten, von denen ich der erste
bin. Jedoch, ebendeshalb erlangte ich Erbarmen, auf dass Jesus Christus an mir
als erstem sämtliche Geduld zur Schau stelle, denen als Muster, die künftig an
ihn glauben, zu äonischem Leben. Dem König aber der Äonen, dem unvergänglichen,
unsichtbaren, alleinigen, weisen Gott sei Ehre und Verherrlichung für die Äonen
der Äonen! Amen!« (1.Tim.1:13-17). Da können wir nur einstimmen: Lobpreis und
Dank unserem Gott und Vater für Seine überaus reiche Gnade, die Paulus
widerfuhr, um zugleich dessen Evangelium zu prägen.
Nach dem
Gesetz hätte der Herr Jesus Paulus in Jerusalem oder spätestens vor Damaskus
töten müssen, denn es steht geschrieben: »Der den Namen Jewes
Lästernde soll sterben, ja sterben« (3.Mose 24:16). Aber der Herr begann bei
Paulus etwas Neues. So viel Gnade wie ihm wurde keinem vor ihm zuteil!
Wir lesen die Verse 15 bis 17: »Als es aber Gott (der mich von meiner Mutter Leib an abgesondert und durch Seine Gnade berufen hat) wohlerschien, Seinen Sohn in mir zu enthüllen, damit ich ihn als Evangelium unter den Nationen verkündige, da unterbreitete ich es nicht sofort Fleisch und Blut, noch ging ich nach Jerusalem zu denen hinauf, die schon vor mir Apostel waren, sondern ich begab mich nach Arabien, von wo aus ich wieder nach Damaskus zurückkehrte.«
Es erschien
Gott wohl. Es war der Wille Gottes. Wer hat denn je Seiner Absicht
widerstanden? Sein Ratschluss ist weise, und alles, was Ihm wohlgefällt, tut Er
in den Himmeln und auf der Erde (Ps.135:6). Stets handelt Er nach Seinem in
Christus Jesus gefassten Vorsatz; stets ist Er der souverän Auserwählende
(Röm.9:11; Eph.3:10). Er bestimmt Zeit und Stunde allen Geschehens, Er, der
Allesbewirkende.
Schon von
Geburt an war Paulus für den Dienst als Apostel vorgesehen. Gott bereitet Sich
Seine Werkzeuge durch den gesamten Lebensweg von Kindheit an zu. Dazu gehörte bei Paulus zum Beispiel sein Elternhaus in einer
griechischen Metropole, sein römisches Bürgerrecht und seine Ausbildung bei Gamaliel. Jener meinte wohl, einen großen Pharisäer zu
erziehen. Aber Gottes Gedanken und Wege sind immerdar erhabener und
hochübergreifender als die der Menschen (Jes.55:9).
So ereignete
sich wohl im Jahre 34, was Lukas in Apostelgeschichte 9:3-5 aufzeichnete: »Als
Paulus sich auf seiner Reise Damaskus näherte, geschah es, dass ihn unversehens
ein Licht aus dem Himmel umstrahlte. Auf die Erde fallend, hörte er eine
Stimme, die zu ihm sagte: »Saul, Saul, was verfolgst du Mich?«
Da antwortete er: »Wer bist Du, Herr?« Er aber sagte:
»Ich bin Jesus, den du verfolgst! Doch steh auf und geh in die Stadt hinein!
Dort wird man dir sagen, was du tun sollst.« -
Dies war die
Berufung des Paulus durch die Gnade Gottes. Von Buße und Bekehrung,
schriftgetreu gesagt: von Umsinnung keine Spur.
Nichts als die auserwählende und berufende Gnade war es, bedingungslose und
reine Gnade. Wie es seitdem vielen und auch uns ergangen ist: vor dem
Niederwurf der Welt auserwählt (Eph.1:4), berief Er uns, als die Zeit gekommen
war, uns den Glauben schenkend und uns von allen Sünden rechtfertigend
(Röm.8:30; Phil.1:29) - zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade!
Es erschien Gott wohl, Seinen Sohn in Paulus zu enthüllen. Paulus hatte Ihn nicht nur in Seiner überhimmlischen Herrlichkeit, die heller als der Glanz der Sonne war, wahrgenommen und Seine Stimme gehört (Ap.22:14), sondern Ihn auch mit innerstem Verständnis erkannt. Erkennen ist mehr als kennen oder wissen, nämlich eine innere klare Einsicht. Von einer Erkenntnis ist man so überzeugt und mit ihr innerlich eins, dass sie sich im Leben auswirkt. Die Erkenntnis Gottes und Jesu Christi ist dem Menschen nicht von sich aus möglich, denn unser Herr sagte: »Alles ist mir von Meinem Vater übergeben worden; und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater als nur der Sohn und wem der Sohn es zu enthüllen beschließt« (Mat.11:27). Ja, »Gott, der gebot: aus der Finsternis leuchte das Licht, der lässt es in unseren Herzen aufleuchten zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi« (2.Kor.4:6). Jesus Selbst wurde Paulus enthüllt. Damit war die Erkenntnis verbunden, dass Jesus der Sohn Gottes ist, dass der Mann aus Nazareth wirklich der verheißene Messias, der von Gott gesandte Gesalbte ist. Die Enthüllung fand »in« Paulus statt, wie er in Vers 16 sagt; Paulus kam also im Innersten seines Wesens zur Erkenntnis des Sohnes Gottes.
Nun hatten wir
gerade in Vers 12 gelesen, dass Paulus das
Evangelium enthüllt wurde. Das ist kein Gegensatz, denn seine Botschaft ist
ja die über den Sohn Gottes. Ohne den Sohn stünde seine Lehre nur auf dem
Papier; wir haben es aber in allem mit dem gekreuzigten und auferstanden Herrn
und Haupt und Retter zu tun; darum ist das mündlich oder schriftlich
verkündigte Wort lebendig.
Jesus Christus
ist das Evangelium! Nicht der Mensch steht im Mittelpunkt, sondern der Sohn.
Wir verkündigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus; wir verkündigen das
Evangelium Gottes über Seinen Sohn (Röm.1:2,3). Lobpreis und Verherrlichung sei
unserem Gott und Vater, dass Er Seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern
für uns alle dahingegeben hat, um uns aber auch allen geistlichen Segen
inmitten der Überhimmlischen in Gnaden zu gewähren (Röm.8:32). In Christus sind
wir vervollständigt, nichts fehlt uns nunmehr vor dem Angesicht Gottes
(Kol.2:9).
Unter den Nationen soll Paulus den Sohn Gottes verkündigen. Dies war ihm bereits bei seiner Berufung mitgeteilt worden; der Herr hatte zu Ananias gesagt: »Dieser ist Mir ein auserwähltes Gerät, Meinen Namen vor die Augen der Nationen wie auch der Könige und Söhne Israels zu tragen« (Ap.9:15). Als Paulus drei Jahre später nach Jerusalem zurückgekehrt war, in Verzückung geriet und Christus Jesus wahrnahm, sagte dieser ihm wiederum: »Geh, denn Ich werde dich in die Ferne zu den Nationen hinausschicken!« (Ap.22:17,21).
Paulus ist
mithin der Apostel der Nationen, durch den Willen Gottes berufener Apostel
Christi Jesu, der Lehrer der Nationen in Erkenntnis und Wahrheit (1.Tim.2:7).
Ihm, dem bei weitem geringsten aller Heiligen, wurde diese Gnade gegeben, den
Nationen den unausspürbaren Reichtum des Christus als
Evangelium zu verkündigen (Eph.3:8). Er ist mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit betraut so wie Petrus mit dem der
Beschneidung; und Christus, der in Petrus für das Aposteltum
der Beschneidung wirkt, der wirkt auch in Paulus für die Nationen (Gal.2:7,8).
Paulus hat den
Herrn Jesus in Seiner überhimmlischen Herrlichkeit wahrgenommen, Christus war
ihm in der Kraft Seiner Auferstehung erschienen; dementsprechend verkündigt er
auch das »Evangelium der Herrlichkeit des Christus«, wie es in
2.Korinther 4:4 heißt.
Auf dem
Hintergrund der Verwerfung Israels (Röm.11:15) kann Paulus nach Einführung der
gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25)
- diese Verwaltung war bislang ein Geheimnis - sogar verkündigen, dass Christus
unter den Nationen ist, mithin nicht
mehr unter Israel. Er schreibt in Kolosser 1:27 dazu, dass Gott den Heiligen
bekannt machen will, was der Reichtum der Herrlichkeit des Geheimnisses, also
der gegenwärtigen Verwaltung, ist, nämlich »Christus unter euch«, Christus
unter den Nationen. Dieses Geheimnis bekannt zu machen - dazu ist Paulus
berufen. Christus Selbst, der unter den Nationen ist und uns Gläubige dort
herausrief, ist nun unsere Herrlichkeit, unsere von allem geistlichen Reichtum
überfließende Herrlichkeit.
Nicht sofort Fleisch und
Blut unterbreitet
Paulus unterbreitete die Enthüllung des Sohnes Gottes in ihm nicht sofort Fleisch und Blut. Dies lässt anklingen, dass Fleisch im Sinne eigenen menschlichen Wirkens keine Rolle im Evangelium des Paulus spielen wird. Das Fleisch ist mitgekreuzigt und damit hinsichtlich der Erlangung der Rettung völlig abgetan.
Paulus ging
auch nicht zu den Aposteln in Jerusalem, sondern nach Arabien. Damit drückt er
aus, dass er keiner Bestätigung oder Beglaubigung durch Menschen, in Sonderheit
der zwölf Apostel, bedurfte.
Über den
Aufenthalt in Arabien wissen wir nichts Näheres. Wir dürfen aber annehmen, dass
der Geist Gottes alle Energien in Paulus darauf gelenkt hat, seine
Schriftkenntnis auf das wahre Fundament, nämlich Jesus Christus, zu stellen.
All sein Wissen über das Gesetz, die geschichtsschreibenden und weissagenden
Propheten sowie die so genannten Schriften, auch »Literatur« genannt, mussten
im Angesicht Jesu Christi neu durchdacht und auf den Gekreuzigten und
Auferstandenen ausgerichtet werden.
Empfangen hat
Paulus sein Evangelium, nämlich Jesus Christus Selbst, vor Damaskus -
erarbeitet hat er es sich in Arabien. Die Aussage in Apostelgeschichte 9:22: »Saulus wurde nun im Glauben immer mehr gekräftigt« dürfte
sich auf die Zeit in Arabien beziehen.
Dann kehrte
Paulus wieder nach Damaskus zurück. Was dort geschah, erfahren wir aus
Apostelgeschichte 9:22 bis 25: »(Saulus) ... brachte
dann die Juden, die in Damaskus wohnten, in Verwirrung, als er aus der Schrift
den Nachweis führte, dass dieser [Jesus] der Christus ist. Als so eine
beträchtliche Zahl von Tagen verflossen war, beschlossen die Juden gemeinsam, ihn
zu ermorden. Doch wurde ihr Anschlag Saulus bekannt.
Sie ließen nun tags sowohl wie nachts auch die Tore scharf beobachten, damit
sie ihn ermorden könnten. Daher nahmen ihn die Jünger und ließen ihn bei Nacht
hinaus, indem sie ihn in einem Korb durch ein Fenster in der Mauer hinabsenkten.« Es war der
Landesoberst des vermutlich im Jahre 37 eingesetzten Königs Aretas,
der die Stadt auf Antrag der Juden überwachen ließ, um Paulus festzunehmen
(2.Kor.11:32).
Während Paulus
drei Jahre zuvor kurz nach seiner Berufung in den Synagogen der Stadt nur
schlicht herolden konnte, dass Jesus der Sohn Gottes
ist, war er nun in der Lage, den Schriftbeweis dafür zu führen.
In Galater 1:18-20 schreibt Paulus weiter: »Darauf (nach drei Jahren) ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas von mir zu berichten, und blieb fünfzehn Tage bei ihm. Jemand anders als die Apostel sah ich nicht [anders übersetzt: einen anderen der Apostel sah ich nicht], außer Jakobus, den Bruder des Herrn. Was ich euch hier schreibe, siehe, vor den Augen Gottes sage ich es: ich lüge nicht.«
Dieses erste
Hinaufkommen des Paulus nach Jerusalem nach seiner Berufung und die erste
Begegnung mit dem leitenden der zwölf Apostel dürften für das Jahr 37
anzusetzen sein. In Apostelgeschichte 9:26-28 erfahren wir Näheres: »Als er in
Jerusalem angekommen war, versuchte er, sich den Jüngern anzuschließen, doch
alle fürchteten sich vor ihm, weil sie nicht glaubten, dass er ein Jünger sei.
Aber Barnabas nahm sich seiner an, führte ihn zu den Aposteln und erzählte
ihnen, wie er auf dem Weg den Herrn gewahrt und dass Er zu ihm gesprochen
hatte, auch wie er dann in Damaskus freimütig im Namen Jesu geredet habe. So
ging er bei ihnen in Jerusalem ein und aus und redete freimütig im Namen des
Herrn.«
In seinem
Brief an die Galater konzentriert sich Paulus auf die Begegnung mit Petrus. Er
berichtete ihm, oder frei umschrieben: er erzählte Petrus seine Geschichte. Er
setzte ihn in Kenntnis. Er suchte keine Zustimmung durch Petrus. Und gelehrt
hat Petrus ihn auch nicht. Aus Vers 12 wissen wir ja bereits, dass Paulus sein
Evangelium weder von einem Menschen erhielt noch es gelehrt wurde, aber hier
wird es nochmals deutlich, zumal dies innerhalb von 15 Tagen auch kaum möglich
gewesen wäre und Paulus außerdem ständig zu verkündigenden Gesprächen in der
Stadt unterwegs war.
Petrus wird
erkannt haben, dass Paulus ein vom Herrn berufener Apostel ist und mit dieser
Berufung etwas Neues begonnen haben musste. Denn der Herr hatte vor Seiner Himmelfahrt
die Zwölf gemeint, als Er sagte: »Ihr werdet
Meine Zeugen sein!« (Ap.1:8). Und nun: ein weiterer
Zeuge! - Paulus bereitete mit diesem seinem Besuch Petrus auf die Krise vor,
die kommen musste, die öffentliche Auseinandersetzung über das Verhältnis des
Evangeliums der Unbeschnittenheit, das der
unvermischten Gnade, das Paulus lehrte, zum Evangelium der Beschneidung, das
die Zwölf lehrten.
Noch anderes
ereignete sich in jenen Tagen in Jerusalem. Paulus erwähnt 19 Jahre später in
seiner Verteidigungsrede vor dem Volk von Jerusalem nach seinem Hinauswurf aus
der Weihestätte und der sein Leben rettenden Festnahme durch die römischen
Krieger auf den Stufen der Burg Antonia: »Als ich nach Jerusalem zurückkehrte
und in der Weihestätte betete, geschah es, dass ich in Verzückung geriet und
Ihn wahrnahm, der mir gebot: Eile und geh schnell aus Jerusalem hinaus, weil
sie dein Zeugnis über Mich nicht annehmen werden« (Ap.22:17,18).
In Vers 21 berichtet Paulus: »Darauf ging ich in die Landschaften von Syrien und Cilicien.« Paulus hatte in Jerusalem auch Streitgespräche mit Hellenisten, von der griechischen Kultur geprägten Juden, geführt. Die »nahmen es in die Hand, ihn zu ermorden. Als die Brüder das erfuhren, geleiteten sie ihn nach Cäsarea hinab und schickten ihn nach Tarsus weiter« (Ap.9:29,30). Tarsus ist die Geburtsstadt des Paulus in Cilicien. Im Rahmen des Themas des Galaterbriefs ist festzuhalten, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Paulus in Syrien und Cilicien in irgendeiner Abhängigkeit von den Zwölfen stand. Er war in Bezug auf sie selbständig. Von Tarsus aus kam Paulus einige Zeit später durch Barnabas nach Antiochien in Syrien. Dort wurde ihnen in der herausgerufenen Gemeinde die Gnade zuteil, ein ganzes Jahr lang eine beträchtliche Schar um sich zu sammeln und zu belehren (Ap.11:25,26).
Des Weiteren lesen wir in den Versen 22 bis 24: »Aber den Gemeinden in Judäa, die in Christus herausgerufen sind, war ich von Angesicht unbekannt. Sie hatten nur gehört: Der uns einstmals verfolgte, verkündigt nun als Evangelium den Glauben, dem er einst nachstellte. Und sie verherrlichten Gott im Hinblick auf mich.« Diese Gemeinden können Paulus also ebenfalls nicht gelehrt haben. Sie hatten nur gehört, und zwar von den Gläubigen in Jerusalem, dass Paulus nun den Glauben, dem er einst nachstellte, verkündigt. Sehr wahrscheinlich wussten sie noch nichts von der Besonderheit des Paulus offenbarten Evangeliums, das er denen aus den Nationen verkündigte, nämlich die Rechtfertigung allein durch Glauben ohne Beschneidung und Gesetzeswerke, zumal seine in der Apostelgeschichte verzeichnete, mit dem Evangelium der Beschneidung übereinstimmende Hauptaussage zu jener Zeit war, dass Jesus der Christus ist (Ap.9:22). Und den Juden hat er damals, vor seiner Absonderung im syrischen Antiochien (Ap.13:2) und der ersten Missionsreise, nichts anderes verkündigt als auch die Apostel der Beschneidung. Die in Judäa hatten jedenfalls keine Bedenken gegen seine Verkündigung, denn sie verherrlichten Gott im Hinblick auf Paulus. Die Galater dagegen sind gerade im Begriff, sich von Paulus und seinem Evangelium abzuwenden. Dieser Kontrast dürfte den Galatern in den Ohren geklungen haben, als ihnen der Brief vorgelesen wurde.
Abschließend und das Kapitel eins zusammenfassend darf festgestellt werden, dass Paulus den Galatern an den Stationen seines Lebenslaufs deutlich gemacht hat, dass seine Berufung zum Apostel nach dem Willen Gottes erfolgte, er sein Evangelium unmittelbar vom Herrn erhielt und er in seinem Dienst von Anfang an völlig unabhängig von den Zwölfen war. Sein Evangelium ist unantastbar, und wer etwas Andersartiges lehrt, der sei in den Bann getan.
Und wir heute
dürfen umso gewisser an seinem Evangelium festhalten, wonach der Mensch nicht
durch Umsinnung und Werke gerechtfertigt wird,
sondern nur durch den Glauben Christi Jesu (Gal.2:16), und wir Söhne Gottes
sind allein durch den Glauben an Christus Jesus (Gal.3:26). Der Lobpreis und
die Verherrlichung sei unserem Gott und Vater dafür!
Mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit betraut
(Galater 2:1-10)
»Darauf (nach 14 Jahren) zog ich wieder nach Jerusalem hinauf, diesmal mit Barnabas, und nahm auch Titus mit. Und zwar zog ich zufolge einer Enthüllung hinauf und unterbreitete ihnen (im Besonderen aber den Angesehenen) das Evangelium, welches ich unter den Nationen herolde, dass ich also nicht etwa ins Leere renne oder gelaufen wäre.« Dies schreibt der Apostel Paulus im Jahr 49 im syrischen Antiochien zwischen der ersten und der zweiten Missionsreise in seinem Brief an die Galater in Kapitel 2:1,2.
Was war
vorgefallen? Die Galater, die Gläubigen im pisidischen
Antiochien, in Ikonium, Lystra und Derbe, hatten sich von dem Evangelium, das sie
in Christi Gnade berufen hat, abgewandt, sehr schnell sogar, sodass Paulus
staunte. Deshalb hat er sie in Kapitel eins ermahnt, bei diesem von ihm
verkündigten Evangelium zu bleiben. Wer etwas Andersartiges verkündige, der sei
in den Bann zu tun. Sodann hat Paulus mitgeteilt, dass er sein Evangelium nicht
durch einen Menschen, weder durch Petrus noch durch andere Gläubige, erhielt,
sondern es ihm durch eine Enthüllung Jesu Christi zuteil wurde. Es ist für die
aus den Nationen und anders als das der Zwölf, welches auf Israel bezogen ist.
Nach seiner
Berufung vor Damaskus im Jahr 34 hat Paulus seine Botschaft zunächst niemandem
unterbreitet; erst nach drei Jahren hat er Petrus davon in Kenntnis gesetzt. Paulus
ist mithin völlig unabhängig von den Zwölf.
Wenn Kapitel
eins auf den Ursprung seines Evangeliums abgestellt war, so ist Kapitel zwei
auf dessen Inhalt ausgerichtet. Und hierzu sei vorweg gesagt: Nach dem
Evangelium des Paulus werden die aus den Nationen allein in der Gnade gerettet
und allein durch Glauben gerechtfertigt; sie sind frei vom Gesetz Israels und
damit von der Beschneidung und Gesetzeswerken. Doch dies musste Paulus erst
einmal klarstellen, und zwar gegenüber den Zwölf und dann auch gegenüber den
Galatern.
Deshalb ging er 14 Jahre nach seiner Berufung wieder nach Jerusalem hinauf. Dieses sein zweites Hinaufkommen und seine zweite Begegnung mit Petrus darf auf das Jahr 47 datiert werden. Nach dem jüdischen Kalender muss es nach dem Monat Etanim, dem ersten Monat im jüdischen Jahr, seit der babylonischen Gefangenschaft auch Tischri genannt und etwa von Mitte September bis Mitte Oktober dauernd, gewesen sein. Das angebrochene Jahr zählt bei der Angabe der 14 Jahre mit.
Mit ihm zogen
Barnabas und Titus. Paulus begab sich zufolge einer Enthüllung nach Jerusalem,
also nicht etwa, weil die Zwölf ihn einbestellt hätten, sondern deshalb, weil
sein Dienstherr, Jesus Christus Selbst, bestimmt hatte, dass Paulus sein
Evangelium, das er unter den Nationen heroldet, den
Angesehenen, eben den Aposteln und Jakobus, unterbreiten sollte.
Den Vers 2
abschließenden Halbsatz »... dass ich also nicht etwa ins Leere renne oder
gelaufen wäre« hat Paulus nicht wegen einer eventuellen Unsicherheit
seinerseits niedergeschrieben, sondern damit auch die jüdischen Gläubigen nach
der Anerkennung seines Evangeliums durch die Angesehenen erkennen mögen, dass
es echt ist, dass es von Christus ist. Alle sollten zur Einsicht kommen, dass
sein Dienst unter den Nationen nicht ins Leere geht, sondern der Wille Gottes
ist und mithin ein Volltreffer.
Es ist zu fragen, ob dieser Besuch des Paulus in Jerusalem auch in der Apostelgeschichte erwähnt wird. Nach der traditionellen Sicht sollen Apostelgeschichte 15 und Galater 2:1-10 von demselben Ereignis berichten. Dies kann jedoch nicht sein.
Nach dem Galaterbrief
zog Paulus infolge einer Enthüllung hinauf, nach Apostelgeschichte 15 auf
Anordnung der herausgerufenen Gemeinde, nachdem von Judäa Herabgekommene
gefordert hatten: »Wenn ihr nicht nach der Sitte des Mose beschnitten werdet,
könnt ihr nicht gerettet werden«, man sich dagegen aufgelehnt hatte und eine
ziemlich lange Auseinandersetzung zwischen denen aus Judäa einerseits und
Paulus und Barnabas andererseits entstanden war (Ap.15:1,2).
Nach dem
Galaterbrief wurde Paulus in Jerusalem »nichts« unterbreitet (2:6) oder sogar
absolut »nichts anderes«, als der Armen in Jerusalem zu gedenken (2:6,10); nach
Apostelgeschichte 15 aber wurden den Gläubigen aus den Nationen die Auflagen
gemacht, sich von Götzenopfern, von Blut und Ersticktem und von Hurerei fernzuhalten
(15:20,29).
Im
Galaterbrief begründet Paulus die Freiheit der Nationengläubigen
von der Beschneidung damit, dass Titus in Jerusalem nicht genötigt wurde, sich
beschneiden zu lassen. Wenn Galater 2:1-10 von der Apostelversammlung berichten
würde, so hätte zum einen Paulus doch den Beschluss angeführt, dass die aus den
Nationen sich nicht beschneiden lassen müssen, und zum anderen wäre gar kein
Raum gewesen für die Möglichkeit einer Nötigung des Titus. Außerdem klingt die
Formulierung »wurde nicht genötigt« nicht nach einer endgültigen Entscheidung,
die auf der Apostelversammlung ja nun getroffen wurde. Im Übrigen wäre es
niemals zu dem in Galater 2:11-14 berichteten Fehlverhalten des Petrus in Antiochien gekommen, sich nach dem Eintreffen von Gefolgsleuten
des Jakobus von den gemeinsamen Mahlzeiten mit denen aus den Nationen
zurückzuziehen, wenn der Beschluss der Apostelversammlung und damit die Erlasse
des Jakobus damals schon vorgelegen hätten, die ja gerade die Tischgemeinschaft
der gläubigen Juden und Nichtjuden ermöglichen sollten.
Mithin ist nun
zu fragen, ob das zweite Hinaufkommen des Paulus in der Zeit der großen
Hungersnot unter Kaiser Klaudius erfolgte. Klaudius wurde
im Jahr 41 Kaiser, die Hungersnot begann bald darauf. Nach dem Bericht in
Apostelgeschichte 11:28-30 aber war es ein Beschluss der Gemeinde zu Antiochien, Barnabas und Saulus
mit Hilfsgütern auf den Weg zu schicken, nicht jedoch nach Jerusalem, sondern
nach Judäa. Zu jener Frist ließ König Herodes Agrippa I, der im Jahr 44 starb,
Jakobus, den Bruder des Johannes, durch das Schwert hinrichten (Ap.12:2).
Galater 2:1-10
dürfte mit der in Apostelgeschichte 12:25 kurz erwähnten
Anwesenheit des Barnabas und Saulus in Jerusalem
gleichzusetzen sein. Da das Wort Gottes nach dem Tode Herodes Agrippas wuchs und sich mehrte (Ap.12:24), was durchaus
einige Jahre erfordert, ist der zweite Besuch in Jerusalem problemlos in das
Jahr 47 einzuordnen, zumal Barnabas und Saulus noch
im selben Jahr zur ersten Missionsreise ausgesandt wurden. Die Anerkenntnis des
dem Paulus enthüllten Evangeliums, das er unter den Nationen heroldete (Gal.2:2), durch die Angesehenen in Jerusalem,
die einsahen, dass Paulus mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit
betraut ist (Gal.2:7), ebnete den Weg für die Absonderung des Barnabas und Saulus zur ersten Missionsreise, die in den Jahren 47 und
48 stattfand (Ap.13:2).
Um den
zeitlichen Überblick abzurunden: Nach der Rückkehr von der ersten Missionsreise
schrieb Paulus im Jahr 49 den Galaterbrief, darauf begab er sich zu der in
Apostelgeschichte 15 geschilderten Apostelversammlung noch im selben Jahr
wieder nach Jerusalem und trat schließlich ebenfalls noch im Jahr 49 die zweite
Missionsreise an (Ap.15:40), die bis zum Jahr 51 dauerte.
Paulus unterbreitete also denen in Jerusalem, im Besonderen aber den Angesehenen, sein Evangelium. Ein bezeichnendes Ergebnis stellt er sogleich an den Anfang seines Berichts und schreibt in Vers 3: »Aber nicht einmal Titus, der bei mir war und doch Grieche ist, wurde genötigt, sich beschneiden zu lassen.« Nun wissen die Galater Bescheid, sodass sie den judaisierenden Gläubigen gegenüber, die die Beschneidung als heilsnotwendig von ihnen fordern, standhaft sein können. Wie in Kapitel 6:12,13 zu lesen, ist die aktuelle Situation in Galatien nämlich diese: »Alle, die im Fleisch ein gutes Ansehen haben wollen, diese nötigen euch, beschnitten zu werden, nur um nicht wegen des Kreuzes Christi verfolgt zu werden. Denn nicht einmal sie, die Beschnittenen, bewahren das Gesetz, sondern sie wollen, dass ihr euch beschneiden lasst, damit sie sich in eurem Fleisch rühmen können.« Mögen die Galater sich mithin nur im Kreuz Christi rühmen, durch das allein sie die Rettung, alle Gnade und jeden Segen empfingen und das keinen Raum für die Mitwirkung des Fleisches an der Rettung lässt.
Titus, ein
Mitarbeiter des Paulus, wird in der Apostelgeschichte nicht genannt. Paulus hat
ihn wohl als ein lebendiges Beispiel der Wirksamkeit der Gnade Gottes nach
Jerusalem mitgenommen. Diesen Mann vor Augen - wer sollte etwas an ihm zu
bemängeln haben? An Titus sollte sich erweisen, dass Paulus das Evangelium der
Rettung derer aus den Nationen allein durch Glauben nicht aufgibt.
Doch leicht wird Paulus es nicht gehabt haben, denn gewisse Leute übten einen starken Druck aus, wie in den Versen 4 und 5 niedergeschrieben: »Was aber die eingeschmuggelten falschen Brüder betrifft (die nebenbei hereingekommen waren, um unsere Freiheit, die wir in Christus Jesus haben, auszukundschaften, um uns völlig unter das Gesetz zu versklaven), so haben wir ihnen nicht einmal für eine Stunde auch nur scheinbar durch Unterordnung nachgegeben, damit die Wahrheit des Evangeliums bei euch fortbestehe.« Und wenn wir es uns auch kaum vorstellen können, so gab es doch falsche Brüder in Jerusalem; dies sind solche, die nur zum Schein an Jesus als den Christus glauben. Sie waren eingeschmuggelt worden - es gab also Hintermänner -, und sie hatten sich eingeschlichen, um auszuspionieren (wie man auch übersetzen darf), ob denen aus den Nationen etwa Freiheiten vom Gesetz des Mose gewährt würden, und die völlige Unterordnung unter das Gesetz und damit die Eingliederung in das Judentum zu betreiben. Paulus bezeichnet dies als den Versuch der Versklavung. Drei Kapitel weiter schreibt er im Zusammenhang mit seiner ausführlichen Beweisführung dementsprechend: »Für die Freiheit hat Christus uns frei gemacht. Stehet nun fest in ihr, und lasst euch nicht wieder im Joch der Sklaverei festlegen« (5:1).
Paulus gab den
Judaisten nicht nach, nicht im Geringsten, damit die
Wahrheit des Evangeliums nicht nur bei den Galatern, sondern auch bei uns
bestehen bleibe. Und dies ist die Wahrheit: Allein durch Glauben erlangen wir
jeden geistlichen Segen Gottes und Christi. Somit widerstehen wir allen, die
neben dem Kreuz Christi noch etwas anderes, Zusätzliches, als heilsnotwendig
bezeichnen, schließlich gibt es auch heute welche, die da sagen: Christus und Umsinnung,
Christus und Taufe, Christus und Werke, Christus und priesterliche Vermittlung der Rettung, Christus und Rituale, Christus und Mitgliedschaft in einer
Organisation, Christus und Sakramente,
Christus und ... Nein, in der Gnade
sind wir Gerettete, und selbst der Glaube ist nicht aus uns, sondern Gottes
Gnadengabe (Eph.2:8; Phil.1:29).
In den Versen 6 bis 10 stellt Paulus nun das Ergebnis seines zweiten Hinaufkommens nach Jerusalem umfassend dar.
Wir lesen
zunächst Vers 6: »Von den Angesehenen aber (was für ein Ansehen, als seien sie
etwas, sie einst hatten, macht mir nichts aus, da Gott nichts von dem äußeren
Ansehen eines Menschen hält), mir haben diese Angesehenen doch nichts (anderes)
unterbreitet ...« Die Angesehenen sind Jakobus, Kephas
und Johannes (V.9). Paulus gebraucht den Ausdruck »Angesehene« wohl auch
deshalb, weil die fleischlich gesinnten Brüder in Galatien
Wert auf das äußere Ansehen eines Menschen legen ebenso wie die judaisierenden Irrlehrer unter ihnen, und nutzt die
Gelegenheit, ihnen nahezubringen, dass vor Gott kein Ansehen der Person gilt
(Röm.2:11; vgl. Ap.10:34; 5.Mose 10:17). Wer ein Mensch auch sei, Gott misst
ihn an der Treue gegenüber der Wahrheit Seines Wortes. Mithin lässt sich auch
Paulus bei seinen Entscheidungen vom Ansehen eines Menschen nicht beeinflussen.
Und wenn wir die Ältesten, die trefflich vorgestanden haben, auch doppelter
Ehre würdig achten, vor allem die, die sich im Wort und in der Lehre mühen
(1.Tim.5:17), so hat dennoch nur das Wort Gottes unseren Glauben zu prägen,
zumal die Ältesten nicht die Herrschaft über unseren Glauben haben (2.Kor.1:24).
Jakobus, Kephas und Johannes haben Paulus nichts unterbreitet (oder
nichts anderes, als der Armen in Jerusalem zu gedenken). Sie tasteten das
Evangelium, das Paulus unter den Nationen heroldet,
nicht im Geringsten an, weder durch Bedingungen oder Auflagen noch durch
Abstriche oder Zusätze.
Vers 7 lautet: »... sondern im Gegenteil, weil sie einsahen, dass ich mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit betraut bin, so wie Petrus mit dem der Beschneidung ...« Sie sahen es ein; möge es auch uns geschenkt sein zu erkennen, dass es damals zwei Evangelien gab und heute, nämlich in der heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25), nur das eine, das des Paulus.
Was hatte das
Evangelium der Beschneidung, das des Petrus, zum Inhalt? Was war zur Rettung
erforderlich? Der Glaube, dass Jesus der Christus ist, die Umsinnung
und die Wassertaufe (Ap.2:38), edle Werke und Bewährung (Jak.2:24;
2.Pet.1:10,11). Das Gesetz war zu halten und mithin auch die Beschneidung zu
praktizieren (1.Mose 17:10-14; Mat.15:17-19; Röm.4:12,16). Wer sich nicht
bewährte, verlor seine Rettung wieder (Mat.18:23; Ap.5:1-10; 2.Pet.2:20-22;
Heb.6:4-8; 10:26-31). Die Verheißung war das äonische Leben, das Leben in den
kommenden Äonen, und zwar im tausendjährigen Königreich Israels auf der Erde
und dann auf der neuen Erde im neuen Jerusalem.
Nach dem
Evangelium der Unbeschnittenheit, mit dem Paulus
betraut wurde, geschieht unsere Rettung allein in der Gnade (Eph.2;8) und unsere Rechtfertigung allein durch Glauben
(Röm.3:28). Wir haben des Weiteren die Versöhnung mit Gott erhalten (Röm.5:1,11)
und sind mit dem Geist Gottes unverbrüchlich versiegelt (Röm.8:30; Eph.1:13).
Während der beiden zukünftigen Äonen werden wir im überhimmlischen Königreich
Christi Dienst tun (Eph.2:6,7; 2.Tim.4:18).
Wir sind nicht
Bürger des wiedergezeugten und in der Folge davon gläubigen Volkes Israel,
sondern Glieder der herausgerufenen
Gemeinde, die Christi Körper ist, die Vervollständigung dessen, der das All in
allem vervollständigt (Eph.1:22,23).
Vergleichen
wir nun die Beauftragung des Petrus mit der des Paulus. Dem Petrus sagte unser
Herr auf das Bekenntnis hin, dass Er der Christus, der Sohn des lebendigen
Gottes ist: »Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will Ich Meine
herausgerufene Gemeinde bauen, und die Pforten des Ungewahrten
werden nicht die Oberhand über sie behalten. Ich werde dir die Schlüssel des
Königreichs der Himmel geben; was auch immer du auf Erden bindest, wird das
sein, was auch in den Himmeln gebunden ist, und was auch immer du auf Erden
löst, wird das sein, was auch in den Himmeln gelöst ist« (Mat.16:18,19). Auf
Petrus wird also die Gemeinde gebaut,
deren Königreich auf der Erde sein wird. Das Binden oder Lösen meint das
Behalten oder Vergeben der Sünden auf das Sündenbekenntnis hin. Bei mangelnder Umsinnung kann keine Lösung ausgesprochen werden.
Des Paulus
Beauftragung geht aus den Worten des Herrn an Ananias in Damaskus hervor:
»Dieser ist Mir ein auserwähltes Gerät, Meinen Namen vor die Augen der Nationen
wie auch der Könige und Söhne Israels zu tragen« (Ap.9:15). Später schreibt er,
dass er, der zuvor ein Lästerer, Verfolger und Frevler war, Erbarmen erlangt
hat und dass er als Herold und Apostel eingesetzt wurde, zum Lehrer der
Nationen in Erkenntnis und Wahrheit (1.Tim.1:13; 2:7). Ihm wurde die Verwaltung
der Gnade Gottes für uns, die aus den Nationen, gegeben (Eph.3:2). Ihm wurde
diese Gnade gegeben, den Nationen den unausspürbaren
Reichtum des Christus als Evangelium zu verkündigen und alle darüber zu
erleuchten, was die Verwaltung, die bislang geheim war, betrifft (Eph.3:8,9).
Entsprechend dieser Beauftragung verkündigte Paulus bis zum Ende der
Apostelgeschichtszeit den Juden das Königreich Israels und zugleich den
Nationen das ihm eigens enthüllte Evangelium (Gal.1:12), danach aber nur noch
das Evangelium der Unbeschnittenheit.
Mit Vers 8 fügt Paulus eine Erläuterung ein: »... denn der in Petrus für das Aposteltum der Beschneidung wirkt, der wirkt auch in mir für die Nationen ...« Hiermit gibt Paulus keine Äußerung der Angesehenen wieder, sondern betont gegenüber den Galatern die Tatsache, dass der Herr, Jesus Christus, in Petrus und in ihm gleichermaßen wirkt, und zwar zur Bekräftigung der Grundtatsache, dass er wie auch Petrus mit ihrem je eigenen Evangelium betraut wurden.
Heute bedarf das Wort der Wahrheit übrigens keiner Bestätigung durch die daraus erwachsende Frucht mehr, denn das Aposteltum des Paulus und sein Evangelium, das wir verkündigen, sind längst beglaubigt, und zwar zu des Paulus Zeiten durch Zeichen wie auch Wunder und Machttaten (2.Kor.12:12).
Möge unser Herr auch in uns so wirken, wie Er in Paulus von Beginn der gegenwärtigen Verwaltung an wirkte, nicht durch Zeichen und Wunder, sondern in uns, am inwendigen Menschen, sodass auch wir uns mit ganzem Einsatz mühen und darum ringen, jeden Menschen in Christus Jesus gereift darzustellen, und dies Seinem Einwirken entsprechend, das sich in uns wie seinerzeit in Paulus als wirksam erweist in Kraft (Kol.1:28,29). Unser Wirken ist schließlich nur ein Auswirken gemäß Seinem Einwirken. So wirkt Er durch uns. Und so ist unser Wirken Sein Wirken.
Sie erkannten die Paulus gegebene Gnade
Wir hören weiter auf den Bericht und erfahren aus Vers 9: »... und da sie die mir gegebene Gnade erkannten, gaben Jakobus, Kephas und Johannes, die als Säulen angesehen werden, mir und Barnabas die rechte Hand der Gemeinschaft, damit wir für die Nationen, sie aber für die Beschneidung wirkten ...« Sie erkannten die Paulus gegebene Gnade. Jede Erkenntnis einer göttlichen Wahrheit ist stets ein Geschenk Gottes, denn Er teilt einem jeden das Maß des Glaubens zu (Röm.12:3). Auch diese Erkenntnis war von Gott, der Paulus ebendeshalb durch eine Enthüllung veranlasst hatte, nach Jerusalem hinaufzuziehen und den Angesehenen dort das Evangelium, das er unter den Nationen heroldet, zu unterbreiten. Jetzt wussten sie, dass Paulus mit seiner besonderen Botschaft nicht ins Leere rennt oder gelaufen wäre. - Die Paulus gegebene Gnade war, Glaubensgehorsam unter den Nationen zu wirken, wie er in Römer 1:5 schreibt: »... Jesus Christus ..., durch den wir Gnade erhielten und Aposteltum zum Glaubensgehorsam unter allen Nationen für Seinen Namen ...« Glaubensgehorsam rief Paulus hervor. Nicht Gesetzesgehorsam üben wir, sondern - überwältigt von der Herrlichkeit der Gnade - Glaubensgehorsam, Treue dem Herrn gegenüber, der unsere Herzen gewonnen hat.
Die rechte Hand der Gemeinschaft
Die Säulen, die leitenden und tragenden Brüder, Jakobus als Ältester der Gemeinde in Jerusalem, Kephas als Erster aus dem Kreis der Zwölf und Johannes, dem später eine Schau bis zur neuen Erde gewährt wurde, gaben Paulus die rechte Hand der Gemeinschaft. Dieser Handschlag war ein Anerkenntnis des Paulus enthüllten Evangeliums und eine Bekräftigung der Gemeinschaft mit Paulus aufgrund der Einsicht, dass sein Aposteltum von ein und demselben Herrn stammt wie das ihre.
Dementsprechend - in gegenseitigem Verständnis und Vertrauen - sollten Paulus und Barnabas für die Nationen wirken, und zwar mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit, sie aber für die Beschneidung. Die Aussendung von Barnabas und Saulus durch den heiligen Geist zur ersten Missionsreise schließt sich folgerichtig an (Ap.13:2).
Es ist darauf hinzuweisen, dass keine Gebietsaufteilung vorgenommen wurde; davon kann überhaupt keine Rede sein. Dies wird dadurch erhärtet, dass Petrus über ein Jahrzehnt später seinen ersten Brief an die auserwählten Auswanderer in der Zerstreuung in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Provinz Asien und Bithynien schrieb (1:1) und sich nicht nur in Jerusalem, sondern auch in Babylon (falls dies nicht ein Deckname für Rom ist) (1.Pet.5:13) und nach außerbiblischen Zeugnissen auch in Rom aufhielt, wo etwa 50.000 Juden lebten.
Es gab auch keine strikte Aufteilung der Adressaten der Evangelien. Petrus hatte schon dem Hauptmann Kornelius, einem Römer, das Evangelium der Beschneidung verkündigt und wird auch weiterhin welche aus den Nationen als Proselyten für das Königreich Israels gewonnen haben. Und Paulus hatte ohnehin einen Doppeldienst zu tun, wie es seiner Beauftragung entsprach. Die Apostelgeschichte berichtet davon, dass er Juden und Griechen das Königreich für Israel verkündigte, zumal er wohl durchgehend eine meist gemischte Zuhörerschaft hatte. Zugleich geben seine Briefe Zeugnis davon, dass er denen aus den Nationen sein Evangelium bekannt machte. Aber auch Juden glaubten Paulus und damit Gott, dass der Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke. Zeitlich vorgreifend sei hinzugefügt, dass sich angesichts der zunehmenden Verstockung Israels und der damit in weite Ferne rückenden Königreichserwartung viele Juden der dem Evangelium der Unbeschnittenheit eigenen überhimmlischen Erwartung und damit dem Evangelium des Apostels Paulus anschlossen, ihre abstammungsmäßigen irdischen Vorrechte aufgebend. Darauf wirkte übrigens auch der Hebräerbrief hin. - Die Formulierung »... damit wir für die Nationen, sie aber für die Beschneidung wirkten« oder wörtlich »wir hinein in die Nationen« beziehungsweise »die Beschneidung seien« beschreibt mithin nur die Hauptrichtungen ihres Wirkens. Paulus und Barnabas sind auf die Nationen ausgerichtet, die Zwölf auf die Beschneidung.
Der Armen
Der Bericht des Apostels Paulus über sein zweites Hinaufkommen nach Jerusalem schließt in Vers 10 mit einem wichtigen Anliegen: »... nur dass wir der Armen gedenken sollten, und ich befleißige mich, gerade dies zu tun.« Dies legten die Führer der jüdischen Gemeinden Paulus besonders ans Herz. Auf der dritten Missionsreise in den Jahren 52 bis 56 bewegte Paulus sodann viele Nationengemeinden, zu der Kollekte für die verarmten Geschwister in Jerusalem beizutragen. So schreib er in 1.Korinther 16:1: »Was nun die Kollekte für die Heiligen betrifft, so haltet auch ihr es ebenso, wie ich es für die herausgerufenen Gemeinden Galatiens angeordnet habe ...« und in 2.Korinther 8:1-4: »Wir machen euch nun, Brüder, mit der Gnade bekannt, die Gott in den herausgerufenen Gemeinden Mazedoniens gegeben hat: in Drangsal vielfach bewährt, fließt das Übermaß ihrer Freude bei ihrer tiefen Armut in den Reichtum ihrer Großmut über. Ich bezeuge, dass sie nach Kräften, ja über ihre Kraft, aus eigenem Antrieb uns mit vielem Zuspruch um den Gunsterweis der Gemeinschaft des Dienstes für die Heiligen anflehten.« Schon im Gesetz des Mose steht geschrieben: »Du sollst dem Armen deine Hand weit öffnen und ihm willig ausleihen« (5.Mose 15:8), jetzt aber liegt zudem ein besonderer Grund dafür vor, weil nämlich die Nationen Schuldner der Gläubigen Israels sind, »denn wenn die Nationen an deren geistlichen Gütern teilnehmen, so sind sie auch verpflichtet, eine Beisteuer zu den fleischlichen zu leisten« (Röm.15:27).
Das Gedenken der Nationengemeinden an die Geschwister in Jerusalem ist praktizierte Gemeinschaft im Geist der Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist.
Möge unser treuer Gott und Vater auch in uns jede Gnade überfließen lassen, sodass wir in allem allezeit alle Genüge haben, ja Überfluss für jedes gute Werk (2.Kor.9:8)!
Und mögen wir allezeit der überströmenden Gnade eingedenk und für sie dankbar sein, in der wir nach dem Evangelium des Apostels Paulus stehen, das Gott bis auf unsere Tage bewahrt hat!
Zusammen mit Christus bin ich gekreuzigt
(Galater 2:11-21)
Welches Werk sollte man von einem zusammen mit Christus Gekreuzigten und Gestorbenen und damit dem Gesetz des Mose oder, falls er Nichtjude ist, allen religiösen Forderungen der Welt Weggestorbenen noch verlangen können, damit er vor Gott angenehm sei? Oder welches Werk sollte ein in der Gnade Gottes Lebender noch tun müssen, damit er vor Gott gerecht dastehe?
Dies ist die
Thematik unseres Schriftabschnitts, den wir jetzt betrachten wollen. Dabei
werden wir sehen, wie entschieden Paulus den Glaubenskampf der Verbreitung und
Verteidigung seines Evangeliums führt.
Vorauszuschicken ist des Weiteren, dass Paulus bereits zwei Begegnungen
mit Petrus hatte. Drei Jahre nach seiner Berufung vor Damaskus hatte er Petrus
davon berichtet (Gal.1:18). Und vierzehn Jahre nach seiner Berufung hatte er
den Angesehenen in Jerusalem, Jakobus, Kephas und
Johannes, das ihm enthüllte Evangelium unterbreitet, das
er unter den Nationen heroldet. Sie sahen ein, dass
er mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit betraut
ist und Petrus mit dem der Beschneidung (Gal.2:7). Nach der Rückkehr des Paulus
und Barnabas von der ersten Missionsreise in den Jahren 47 und 48 hielten sie
sich längere Zeit in ihrer Heimatgemeinde Antiochien
in Syrien auf (Ap.14:28). - Nun begab es sich, dass Petrus dort zu Gast weilte.
Wir schreiben das Jahr 49.
Paulus schreibt in Vers 11: »Als aber Kephas nach Antiochien kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, weil er sich selbst ins Unrecht gesetzt hatte.« Mit diesem Bericht will Paulus Petrus nicht in ein schlechtes Licht rücken, sondern erreichen, dass alle aus diesem Vorfall Gewinn ziehen. Petrus sollte bewusst werden, dass er entgegen seiner Erkenntnis gehandelt hat. Die Galater sollten darin gestärkt werden, sich ihre Freiheit vom Gesetz nicht nehmen zu lassen, und erkennen, dass Paulus Petrus nicht untergeordnet ist, weder seine Person noch sein Evangelium, und somit jeder Versuch, den Gläubigen aus den Nationen etwas aus dem Evangelium der Beschneidung aufzudrängen, ein Unrecht ist, das es standhaft abzuwehren gilt.
Was war geschehen? Die Verse 12 und 13 informieren uns darüber: »Denn bevor etliche von Jakobus kamen, aß er zusammen mit denen aus den Nationen; als sie dann kamen, wich er zurück und sonderte sich ab, weil er die aus der Beschneidung fürchtete. Dann heuchelten mit ihm auch die übrigen Juden, sodass selbst Barnabas durch ihre Heuchelei mit weggeführt wurde.« Die von Jakobus, des Halbbruders unseres Herrn, waren Eiferer für das Gesetz (Ap.21:20). Jakobus muss als Ältester und Leiter der Gemeinde zu Jerusalem großen Einfluss gehabt haben. Tischgemeinschaft mit Unbeschnittenen war seinen Anhängern ein Dorn im Auge.
Bislang hatte
Petrus zusammen mit denen aus den Nationen gegessen, und dies war kein Problem
für ihn, denn der Herr hatte ihm durch die Ereignisse um den Hauptmann
Kornelius den Weg dafür frei gemacht. In der Vision des vom Himmel
herabkommenden Tuches mit unreinen Speisen hatte er vernommen: »Was Gott
gereinigt hat, halte du nicht für gemein« (Ap.10:15). Er wusste seitdem, dass
Gott nicht die Person ansieht, sondern Ihm in jeder Nation der annehmbar ist,
der Gott fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, und dass Jesus Christus der Herr
über alle ist (Ap.10:34-36). Doch nun
wich Petrus zurück. »Menschenfurcht stellt eine Falle«, heißt es in Sprüche
29:25. Menschenfurcht ist ein schlechter Ratgeber. Gott sollen wir fürchten,
sodass wir keines Seiner Worte gering schätzen und Ihn nicht durch Ungehorsam
kränken. Doch Petrus sonderte sich von den Nationengläubigen
ab und zerstörte damit die Gemeinschaft mit ihnen.
Dies war keine
lehrmäßige Verirrung des Petrus, sondern eine moralische, denn er handelte im
Widerspruch zu seiner Überzeugung. Heuchelei nennt Paulus dies. Petrus
unterdrückte seine Erkenntnis, die er nach der Rückkehr aus dem Haus des
Kornelius bereits erfolgreich verteidigt hatte (Ap.11:1-18). Auch die übrigen
Juden aus Antiochien, sogar Barnabas, der wohl am
besten das Evangelium des Nationenapostels verstanden
hatte, ließen sich durch das Beispiel des Petrus hinreißen, diese Heuchelei
mitzumachen und der Gemeinschaft aller Heiligen bei Tisch eine Grenze zu
setzen. Sie lehrten zwar, dass alle Gläubigen einen gemeinsamen Herrn haben,
leugneten diese Wahrheit aber durch ihr Verhalten. Heuchelei aber ist keine
Weisheit, die von oben ist (Jak.3:17).
Mögen auch wir
aus diesem Vorfall lernen, stets unserer Erkenntnis gemäß zu handeln und zum
Wort der Wahrheit zu stehen, sei es gelegen oder ungelegen (2.Tim.4:2).
Diese Sache musste aber auch Auswirkungen auf die Wahrheit des Evangeliums überhaupt haben. Darum musste Paulus eingreifen. Und er musste den Kampf allein aufnehmen, da ja auch Barnabas zurückgefallen war. So lesen wir in Vers 14: »Als ich jedoch sah, dass sie sich nicht richtig auf die Wahrheit des Evangeliums einstellten, sagte ich zu Kephas vor allen: Wenn du, der du Jude bist, wie die aus den Nationen lebst und gar nicht jüdisch, wieso nötigst du die aus den Nationen, jüdische Bräuche mitzumachen?«
Vorne vor
allen wies Paulus Petrus zurecht. Hätte er ihn nicht beiseiterufen
und unter vier Augen mit ihm sprechen sollen? Nein, denn Gottes Wort in
1.Timotheus 5:20 sagt uns, dass die Ältesten, die sündigen, vor aller Augen zu
überführen sind, damit auch die Übrigen Furcht haben.
Des Paulus
Rede ist nicht nur ein Vorwurf, sondern zugleich die Überführung, und diese
liegt darin, dass Nationengläubige nicht genötigt
werden dürfen, jüdische Bräuche mitzumachen, hier vordergründig, keine
Tischgemeinschaft mit Unbeschnittenen zu haben, tiefergründig, sich beschneiden zu lassen, damit sie
Tischgemeinschaft mit den Juden würden haben können. Gewiss beachten die
christusgläubigen Juden das Gesetz und die Beschneidung und tun Recht daran;
das gibt ihnen aber kein Recht, dies auch von den Nationengläubigen
zu verlangen oder ihnen die Tischgemeinschaft zu verweigern, bis sie sich
beschneiden ließen.
Haben sie denn
die Wahrheit des Evangeliums vergessen, dass beide, Juden und Griechen,
aufgrund des Glaubens Christi und durch ihren Glauben von Gott angenommen
worden? Dies ist die gemeinsame Grundlage beider Evangelien, das der
Beschneidung und das der Unbeschnittenheit. Dies ist
aber in besonderer Weise die Wahrheit des ihm enthüllten Evangeliums, für das
Paulus hier kämpft - gegenüber Petrus, den Antiochiern,
denen von Jakobus und den Galatern -, denn nur sein Evangelium spricht vom
Glauben allein als Voraussetzung der Rettung und ist frei von jeglicher Bindung
an das Volk Israel und dessen Gesetz sowie von den Erfordernissen der Umsinnung, der Wassertaufe, guter Werke und der Bewährung.
Petrus hat die
Ermahnung zweifellos dankbar angenommen. Und noch im selben Jahr auf dem
Apostelkonzil in Jerusalem trat er der Forderung der Beschneidung in Festigkeit
entgegen, als er sagte: »Gott machte zwischen uns und ihnen keinen Unterschied
und reinigte ihre Herzen durch den Glauben. Was versucht ihr denn nun Gott,
indem ihr auf den Hals der Jünger ein Joch legt, das weder unsere Väter noch
wir zu tragen vermochten? Nein, durch die Gnade des Herrn Jesus glauben wir, in
derselben Weise gerettet zu werden wie auch jene« (Ap.15:9-11).
In den
folgenden Versen gibt Paulus nicht seine weitere Rede wieder - wenn darüber
auch in Antiochien wahrscheinlich ausführlich
gesprochen wurde -, sondern wendet sich an die Galater. Paulus greift diesen
Präzedenzfall anlässlich des Besuchs des Kephas auf,
um die Galater, die von judaisierenden Brüdern in
ähnlicher Weise genötigt werden, in der Abwehr eines damit aufgekommenen
andersartigen Evangeliums, eben einer Vermischung seiner Lehre mit dem
Glaubensgut Israels zu kräftigen und sie davor zu bewahren, nicht mehr allein
aus Glauben zu leben.
Im Schriftabschnitt von Galater 2:15 bis 21 macht Paulus grundlegende Aussagen, auf die die anschließenden Kapitel aufbauen. Er schreibt in den Versen 15 und 16: »Wir sind von Natur Juden und nicht Sünder aus den Nationen; weil wir aber wissen, dass der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben Christi Jesu, so glauben auch wir an Christus Jesus, damit wir aus dem Glauben Christi und nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt werden; denn aus Gesetzeswerken wird von allem Fleisch niemand gerechtfertigt werden.«
Selbst wenn
man so bevorzugt ist, zu dem auserwählten Volk zu gehören, und selbst wenn das
heilige Gesetz die Juden vor vielen schlimmen Sünden der Nationen bewahrte, so
gilt dennoch: Juden wie auch Griechen sind unter der Sünde, so wie geschrieben
steht: Es gibt keinen, der gerecht ist, auch nicht einen! (Röm.3:9,10).
»Wir aber
wissen ...« Ja, auch die gläubigen Juden wissen, dass der Mensch nicht durch
Gesetzeswerke von seinen Sünden gerechtfertigt wird, sondern aus Glauben, denn
in Erkenntnis der Sünde blieb schon in alter Zeit nur der Glaube an den sich im
Opferritual des Gesetzes erbarmenden Gott und blieb zu Petri Zeiten nur der
Glaube an den sich im Sühneopfer Seines Sohnes erbarmenden Vater. - Und
überhaupt - wie könnten edle Werke Sünden ausgleichen oder gar sühnen können,
geschweige denn von den Sünden rechtfertigen?
Nur aufgrund
des Sühneleidens, früher der Opfertiere, dann des einzig wahren Lammes, konnte
dem umsinnenden Sünder Vergebung (oder: Erlassung)
der Sünden gewährt werden. Nun aber - nach dem dem
Apostel Paulus enthüllten Evangelium - wird jeder, der glaubt, gerechtfertigt
von allen Sünden. Diese Botschaft erklang erstmals im pisidischen
Antiochien, und zwar auf der ersten Missionsreise des
Paulus (Ap.13:39). Gerechtfertigt allein durch Glauben - dies ist das
Evangelium, das uns zur großen Freude gereicht und Gott über alle Maßen
verherrlicht.
Rechtfertigung
- was ist das? Die Rechtfertigung ist ein rechtsetzender Ausspruch Gottes, der
die Gerechtigkeit eines Menschen feststellt. Dieser Rechtsspruch wird jedem
zuteil, der Gott glaubt, dass Jesus Christus für alle starb. Solche Menschen
sind damit nicht nur von allen Sünden freigesprochen, sondern stehen darüber
hinaus als für gerecht Erklärte vor Gottes Angesicht. Die Begründung für die
Rechtfertigung liegt darin, dass alle starben, als Christus für sie starb, und
Gestorbene nicht mehr beschuldigt werden können. Da die Gläubigen auch zusammen
mit Christus auferweckt wurden, sind sie nun heilig und makellos in Ihm. Der
Mensch wird auch darum gerechtfertigt, weil Gott ihn von Geburt an als Sünder
eingesetzt hatte und dies so sein musste, damit Er Seinen Sohn bis zum
Kreuzestod dahingeben konnte, wodurch Er Seine Liebe erzeigte, die alle an Sein
Herz ziehen wird.
Nun finden wir
in unserem Vers 16 in den Worten: »... nur durch den Glauben Christi Jesu« eine
herrliche Offenbarung. Allein durch den Glauben Christi wird der Mensch
gerechtfertigt. Da ist nichts aus uns, sondern da ist alles durch Christus.
Umsonst, geschenkweise sind wir in Gottes Gnade gerechtfertigt durch die
Freilösung, die in Christus Jesus ist. Wir können nur jubeln und in Dankbarkeit
überfließen. In dem geliebten Sohn sind wir Begnadete.
Wie sah der
Glaube Christi aus? Unser Herr glaubte Seinem Gott und Vater alles, was
geschrieben steht. Sein Glaube drückte sich in der Treue und im Gehorsam Seinem
Gott und Vater gegenüber aus. Ich kann somit sagen: Durch Seinen
Glaubensgehorsam bis zum Kreuzestod werden wir gerechtfertigt. Und so glauben
wir an Ihn, damit wir aus Seinem Glauben gerechtfertigt werden. Unser Glaube
schließt sich an Seinen Glauben an. Gerechtfertigt wird, wer aus dem Glauben
Jesu ist (Röm.3:26). Sein Glaube ruft gewissermaßen - so Gott uns die Augen
öffnet - unseren Glauben hervor.
Aus
Gesetzeswerken wird niemand gerechtfertigt, denn das Gesetz konnte nichts
vollenden (Heb.7:19). Die Vollendung des Gesetzes ist Christus allein, zur
Gerechtigkeit für jeden, der glaubt (Röm.10:4).
In den Versen 17 und 18 schließt Paulus folgende Überlegung an: »Wenn wir aber, die wir in Christus gerechtfertigt zu werden suchen, selbst als Sünder erfunden wurden, wäre Christus demnach ein Diener der Sünde? Möge das nicht gefolgert werden! Denn wenn ich das, was ich abbrach, wieder aufbaue, hebe ich mich als Übertreter hervor.« Dies besagt: Der Weigerung, gemeinsam mit den Nationengläubigen zu essen, mag man an sich nicht die höchste Bedeutung zumessen. Aber damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die aus den Nationen gemein und unrein, eben Sünder seien, womit die Scheidewand des Gesetzes wieder aufgebaut ist. Im Licht der Erkenntnis des Petrus führt dies zu zwei möglichen Konsequenzen: Entweder ist Christus ein Sündendiener oder Petrus ein Übertreter. Das Gesetz machte den Menschen nur zum Sünder; Christus wäre in dem Sinne ein Diener der Sünde, indem er immer nur für solche da wäre, die Sünder blieben. Mit anderen Worten: Petrus machte die gesetzesfreie Lebensweise den Nationengläubigen zur Sünde und damit Christus zum Sündendiener. Dies aber sei ferne! Petrus allerdings wurde zum Übertreter, denn er baute gegen die Wahrheit des Evangeliums wieder auf, was er abgebrochen hatte - nämlich das trennende Gesetz - und verurteilte sich damit selbst. Er hatte doch erkannt, dass Gott jeden annimmt, der glaubt. Doch nun handelte er wider seine Erkenntnis.
Dem Gesetz gestorben
Paulus fügt in Vers 19 hinzu: »Nun bin ich aber doch durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich Gott lebe.« Paulus lenkt den Blick der Galater auf sich, weil an ihnen, soweit sie Juden sind, dasselbe geschehen ist: Durch das Gesetz, das den Tod des Sünders fordert, den aber Christus erbracht hat, sind sie gestorben und damit auch dem Gesetz weggestorben. Und bei Toten gibt es keine Scheidewand der Abstammung nach mehr. Von Toten kann das Gesetz außerdem nichts mehr verlangen.
In diesem Sinne erläutert es uns der Apostel der Nationen auch in Römer 7:4 und 6: Ihr Juden wurdet dem Gesetz gegenüber durch den Körper des Christus zu Tode gebracht, damit ihr einem anderen zu eigen werdet, dem aus den Toten Auferweckten, auf dass wir für Gott Frucht brächten. Nun sind wir als Gestorbene des Gesetzes enthoben (in welchem wir festgehalten wurden), sodass wir in Neuheit des Geistes sklaven und nicht in Altheit des Buchstabens.
So wissen wir: Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus (!) befreit uns vom Gesetz der Sünde und des Todes (Röm.8:2).
»... denn was Er starb, das starb Er der Sünde ein für allemal, was Er aber lebt, das lebt Er für Gott. Also auch ihr! Rechnet damit, dass ihr selbst der Sünde gegenüber tot seid, aber lebend für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn!« (Röm.6:10,11).
Gott zu leben, nicht mehr dem Gesetz - genau darum geht es, wie Paulus am Ende unseres Verses 19 schreibt: »... damit ich Gott lebe.« Und dies ist nicht durch das Gesetz möglich, sondern nur in Christus, nur im Glauben an Ihn.
Ich lebe
Und damit kommen wir zu Vers 20, dem Gott alle Verherrlichung gebenden Glaubensbekenntnis des Apostels Paulus und dem von der Liebe und der Gnade geprägten Herzen des uns angehenden Evangeliums: »Zusammen mit Christus bin ich gekreuzigt; ich lebe aber, doch nicht mehr ich, sondern in mir lebt Christus. Was ich aber von nun an im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben, dem des Sohnes Gottes, der mich liebt und Sich Selbst für mich dahingegeben hat.«
Jesus Christus liebt uns und hat Sich deshalb Selbst für uns dahingegeben als Darbringung und Opfer für Gott, zu einem duftenden Wohlgeruch für Ihn. Zusammen mit Ihm wurden aber auch wir gekreuzigt und starben. Unsere alte Menschheit, unser Leben in Adam ist damit vor Gottes Angesicht zu Ende gekommen. Unserem Gnadenstand nach ist von unserem alten Ich nichts mehr übrig.
Nun leben wir aber, und zwar noch im Fleisch, und dennoch leben nicht mehr wir, nicht nur weil wir zusammen mit Christus starben, sondern weil wir zusammen mit Ihm auch auferweckt wurden und Er jetzt in uns lebt. Er lebt und wir in allem nur durch Ihn. Und ebenso wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt wurde und für Gott lebt, so mögen auch wir nun in Neuheit des Lebens wandeln (Röm.6:4) und für Gott leben. Wer aber für Gott lebt, der lebt nicht mehr sich selbst, sondern dem, der für uns starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15).
Dies ist uns nur im Glauben möglich, dem des Sohnes Gottes. Mögen wir inne werden, wie der Glaube des Sohnes Gottes aussah, damit wir in Seinem Glauben wandeln, dass wir nämlich Gott alles glauben und völlige Treue üben und ganzen Gehorsam darbringen.
Schon längst wissen wir, warum Paulus Petrus so scharf entgegentrat. Weil wir frei vom Gesetz in Christus Jesus durch den Glauben für Gott leben. Das Gesetz ist Israel gegeben. Die gläubigen Juden wirken ihren Glauben im Rahmen des Gesetzes aus. Gerettet werden auch sie nicht durch das Gesetz. Umso verwerflicher ist der Gedanke, die aus den Nationen könnten ohne das Gesetz nicht gerettet werden. Und dieser würde unterstützt durch die Wiederaufrichtung der Scheidewand des Gesetzes zwischen Israel und den Nationen, als müsse man Jude werden, um gerettet zu werden. Dies aber sei ferne!
Lehne niemand diese Gnade ab!
In Vers 21 bringt Paulus eine letzte Zusammenfassung des Themas dieses Schriftabschnittes: »Ich lehne die Gnade Gottes nicht ab; denn wenn Gerechtigkeit durch das Gesetz käme, wäre ja Christus ohne Grund gestorben.« Wer will diese Gnade ablehnen, allein durch den Glauben Christi Jesu gerechtfertigt zu sein, allein durch die Kreuzigung zusammen mit Christus vom alten Menschentum befreit zu sein und jetzt im Glauben zu leben, dem des Sohnes Gottes, nicht in Gesetzeswerken und Ritualen?
Wenn der Mensch eine eigene Gerechtigkeit aufstellen könnte, sei es durch Gesetzes- oder andere edle Werke, dann wäre es vielleicht berechtigt, dies auch von ihm zu verlangen. Der Mensch in Adam aber kann es nicht, denn ihm fehlt die geistliche Kraft dazu, ihm fehlt das Leben in Christus. Außerdem ist das Gesetz gar nicht dazu gegeben, um lebendig zu machen, und welche Werke es auch immer sein mögen, sie können es auch nicht (Gal.3:21). Jeder Versuch, eine eigene Gerechtigkeit aufzustellen, scheitert an der Tatsache, dass die Schrift alle unter die Sünde einschließt. Die Rechtfertigung des Menschen ist nur aufgrund des Glaubens Jesu Christi möglich und wir nur denen zugesprochen, die glauben (Gal.3:22) und sich damit mit Christus identifizieren. Eine selbsterrungene, eigene Gerechtigkeit würde uns im Übrigen nicht mit Christus in Kontakt bringen - welch ein Verlust! Und welch eine Einsamkeit für den Menschen, der doch zur Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes bestimmt ist!
Christus ist nicht umsonst gestorben! Das einzige zur Rettung dienliche Werk, das Gott wohlgefällt, ist die Selbstdahingabe Seines Sohnes für alle Menschen, für die Sünder und Gottesfeinde.
Als mit dieser Erkenntnis Beschenkte lehnen wir die Gnade Gottes nicht ab, sondern leben aus Seiner Gnade in der Gemeinschaft mit Seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn und Retter. Als in Christi Blut Gerechtfertigte und durch Christi Tod mit Gott Ausgesöhnte leben wir in der Gnade und damit im Frieden mit Gott und in völliger Gewissheit unserer Rettung. Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei unserem Gott und Vater dafür im Namen unseres Herrn Jesus Christus!
(Galater 3:1-14)
Paulus ist äußerst erstaunt darüber, dass die Galater sich so schnell umgestellt haben, hinweg von dem Evangelium, das sie in Christi Gnade berufen hat. Sie haben Judaisten ihr Gehör geliehen, die ein andersartiges Evangelium verkündigen, anders als das des Paulus und das des Petrus, ein Mischevangelium, das nicht von Gott ist. In den Kapiteln eins und zwei hat Paulus darum mit Entschiedenheit klargestellt, dass er sein Evangelium nicht von Menschen gelehrt bekam, sondern es ihm durch eine Enthüllung Jesu Christi zuteil wurde, und sowohl er als Apostel der Nationen wie auch seine Lehre völlig unabhängig von den Aposteln der Beschneidung und deren Lehre sind. Paulus war sogar Petrus bei dessen Aufenthalt in Antiochien entgegengetreten, als jener durch sein unbedachtes Verhalten den Gläubigen aus den Nationen Gesetzesforderungen aufzunötigen im Begriff war.
Der Apostel
Paulus verteidigt mit dem Galaterbrief sein Evangelium und versucht, die
Galater in den Wahrheiten seiner herrlichen Botschaft zu festigen und sie davon
zu überzeugen, dass sie allein in der Gnade Gerettete und allein durch Glauben
Gerechtfertigte sind, und zwar in Kapitel drei nun zuerst mit dem Hinweis auf
die Glaubenserfahrung der Galater mit dem heiligen Geist und sodann am Beispiel
des an Abraham ergangenen prophetischen Wortes.
Paulus schreibt in Vers 1: »O ihr unvernünftigen Galater, wer hat euch denn bezaubert, vor deren Augen Jesus Christus als Gekreuzigter gezeichnet wurde?« Paulus hatte ihnen auf der ersten Missionsreise Jesus Christus, und diesen als gekreuzigt, vor Augen geführt - nicht die äußeren Umstände der Kreuzigung, sondern den Segen des Todes und der Auferstehung Jesu Christi nach Gottes Vorsatz, ihre Rechtfertigung in Christi Blut und ihre Versöhnung mit Gott durch den Tod Seines Sohnes, und dies hatte heilige Frucht gebracht. »... in diesem (Jesus) wird jeder gerechtfertigt, der glaubt«, hatte er verkündigt. »Und alle, die zu äonischem Leben verordnet waren, kamen zum Glauben ... und wurden mit Freude und heiligem Geist erfüllt« (Ap.13:39,48,52).
Und nun ließen
sie sich bezaubern, faszinieren von dem Gesetz, das ja tatsächlich heilig,
gerecht und gut ist, behexen von redegewandten Vertretern des auserwählten
Volkes, die es vermeintlich besser als sie wissen müssen. Nun wollen sie sich
dem Gesetz unterstellen und sich beschneiden lassen. - Wie aber sollte dies mit
dem Paulus enthüllten Evangelium der Unbeschnittenheit
zusammenpassen? Wie kann man denn nur so unvernünftig sein zu meinen, dass die
Gerechtigkeit eines Menschen durch das Gesetz käme, und damit die Gnade
abzulehnen? So unverständig seid ihr? Bedenkt doch: Wenn durch Gesetzeswerke,
dann wäre Christus ohne Grund gestorben (Gal.2:21)!
»Nun dies eine will ich von euch erfahren«, fragt Paulus sie in Vers 2: »Habt ihr den Geist aus euren Gesetzeswerken erhalten oder beim Hören von Seinem Glauben?« Nicht die Tatsache des Geistesempfangs ist der Akzent der Frage, sondern das Wie. Paulus hat die Frage so gestellt, dass es den Galatern durch Erinnern und eigenes Nachdenken sofort klar wird. Aus Gesetzeswerken? - Nicht im Geringsten! Oder beim Hören von Seinem Glauben? - Als sie vom Glauben Jesu Christi hörten und glaubten, da erhielten sie den Geist Gottes. Ja, so war es. Vom Glauben Jesu Christi schreibt Paulus in Galater 2:16 und 3:22. Auf Seinen Glaubensgehorsam bis zum Kreuzestod bauten sie ihre Rettung.
Wörtlich heißt
es in unserem Vers übrigens: aus Hören des Glaubens. Es ist nicht so einfach,
dies zu verstehen. Es kann gemeint sein: aus einem Hören, das vom Glauben
gekennzeichnet ist, also aus gläubigem Hören oder Glaubenshören. Oder man
fragt: aus dem Hören von wessen Glauben? Dann kann es nur der Glaube Jesu
Christi sein.
Weiter fragt Paulus: »So unvernünftig seid ihr? Habt ihr im Geist den Anfang unternommen, um ihn nun im Fleisch zu vollenden?« (Vers 3). Was sollte denn das Fleisch vollenden können, das am Kreuz schmählich abgetan wurde? Ihr Anfang war durch Glauben und in der Gnade, ihr Wachstum zunächst ebenso nur durch Glauben und in der Gnade, mithin kann auch ihre Reife durch nichts anderes erreicht werden. Wer dem Fleisch, auch dem so genannten »frommen Fleisch«, noch Chancen einräumt, stellt das Opfer Christi Jesu als nicht ausreichend hin und verwirft die Gnade. Und wisst ihr nicht, dass die Gesinnung des Fleisches Tod ist (Röm.8:6) und gegen den Geist und die Gesinnung Christi Jesu gerichtet? O dass sie doch alles religiöse, dem alten Menschentum imponierende Verhalten ablegten und sich aus der Falle des Satans, der sich jüdischen Gesetzestreuer bediente, befreien ließen!
Und noch etwas fragt Paulus sie: »Habt ihr so viel etwa zum Schein gelitten? Ja, wenn wirklich nur zum Schein!« (Vers 4). Wie Paulus und Barnabas ihnen auf der ersten Missionsreise angekündigt hatten (Ap.14:22), waren Drangsale über sie gekommen; Leiden um Christi willen gehörten also bereits zu ihrer Glaubenserfahrung. Sollte all ihr Leiden nur wegen eines Scheinglaubens gewesen sein und damit ohne realen Grund? Denn wenn sie im Fleisch den Anfang unternommen hätten, dann hätten sie gar keinen wirklichen Glaubensbeginn gehabt. Und dann wären auch ihre Leiden nur zum Schein gewesen. Doch sie litten um ihres echten Glaubens willen und in der Kraft des empfangenen Geistes.
In Vers 5 stellt Paulus die letzte rhetorische Frage: »Der euch nun den Geist darreicht und Machttaten unter euch wirkt, tut Er das, weil ihr den Geist aus euren Gesetzeswerken oder beim Hören von Seinem Glauben erhalten habt?« Die Galater wissen: Die unter ihnen wirkenden Geistesgaben erhielten sie aus Gnaden und nicht aus Werken. Nebenbei sei angemerkt, dass bestimmte Geistesgaben heute nach 1.Korinther 13:8-12 und Epheser 4:13 abgetan sind, da das Wort Gottes durch Paulus inzwischen vervollständigt und zur Reife gebracht wurde (Kol.1:25; vgl. Heb.2:4).
Nun erbringt der Apostel den heilsgeschichtlichen Nachweis. Die Rechtfertigung allein aus Glauben war schon Abraham zuteil geworden. Des Paulus Evangelium ist also nicht neu, und die Segnungen der Galater allein in der Gnade sind es mithin ebenfalls nicht. Der Weg des Glaubens, den Paulus die Galater führt, hat somit festen Grund und Boden.
Er schreibt in
den Versen 6 und 7: »So wie bei Abraham: er glaubte Gott, und es wird ihm zur
Gerechtigkeit angerechnet. Daraus möget ihr wohl erkennen: Nur die aus Glauben,
diese sind Söhne Abrahams.« Abraham - er glaubte Gott.
Wie einfach und doch so erhaben! Kein Werk, kein Ritual, kein Symbol. Solche
Dinge würden die edelste Herzensregung eines Menschen, nämlich Gott zu glauben,
nur verunstalten. Im Übrigen war Abraham damals noch unbeschnitten
(Röm.4:10).
Und Gott
rechnete es ihm zur Gerechtigkeit an. Das ist Gnade, eine reine Gnadenhandlung!
Mit der Anrechnung des Glaubens stellte Gott die Gerechtigkeit Abrahams fest.
Abraham war damit allein durch Glauben gerechtfertigt. Die Rechtfertigung ist
ein rechtsetzender Ausspruch Gottes, der die Gerechtigkeit eines Menschen
feststellt. Der Schlüsselvers Römer 4:16: »Deshalb
ist es aus Glauben, damit es der Gnade gemäß sei«, gibt uns darüber Aufschluss,
warum es aus Glauben geschah: damit das reine Juwel der bedingungslosen Gnade
Gottes offenbar werde. Lasst euch daher nicht durch die Judaisten
bezaubern: In dieser Gnade vor Gott stehen (oder: in Christus, dem alleinigen
Mittler, vor Gott stehen) heißt in Vollkommenheit vor Seinem Angesicht sein.
Nur die aus
Glauben sind Söhne Abrahams? Sind nicht alle Juden Söhne Abrahams? Nein, die
aus Werken nicht, denn aus Werken wird kein Mensch vor Gott gerechtfertigt.
Wohl ist Abraham auch der Vater derer aus der Beschneidung, die in den
Fußtapfen seines Glaubens nach der Lehre der zwölf Apostel die Grundregeln
befolgen und ihren Glauben durch edle Werke bestätigen (Röm.4:12; Jak.2:22;
2.Pet.1:10), aber dies ist hier nicht das Thema. Es geht Paulus um das
Evangelium für die Nationen, es geht ihm um die allein durch Glauben gerechtfertigten
Galater, dass sie sich das Evangelium der Unbeschnittenheit
nicht mit dem der Beschneidung vermischen lassen mögen.
Paulus fährt mit den Versen 8 und 9 fort: »Da die Schrift aber voraussah, dass Gott die Nationen aus Glauben rechtfertigt, verkündigte sie schon vorher dem Abraham als Evangelium: In dir sollen alle Nationen gesegnet werden. Daher werden die aus Glauben mit dem gläubigen Abraham gesegnet.« Die Schrift sah es voraus. Das bedeutet nun nicht, dass die Gottesmänner, die da schrieben, genau wussten, wem zum Vorbild und für welche zukünftige Frist sie es taten. Auch die Propheten forschten nach der rechten zeitlichen und sachlichen Einordnung des ihnen Geoffenbarten über die aktuelle Situation hinaus (1.Pet.1:11). Das heißt aber, dass es auf Gottes Webstuhl keinen losen Faden gibt und Gott nach Seinem in Christus Jesus für den Ablauf der Äonen gefassten Vorsatz (Eph.3:11) die Fäden zur vorgesehenen Zeit wieder aufnimmt und zu ihrer bestimmungsmäßigen Vollendung verknüpft. Um auf den Punkt zu kommen: Die Verheißung an Abraham sah das Evangelium des Apostels Paulus voraus.
Die Schrift
verhieß, dass Gott die Nationen aus Glauben rechtfertigt (eben nicht aus Glauben
und Werken, wie es Jakobus für die für die Erde bestimmten Nachkommen Abrahams
schreibt; Jak.2:24), denn es heißt in 1.Mose 12:3, dass in Abraham alle
Familien des Erdbodens, und in 1.Mose 18:18, alle Nationen gesegnet werden
sollen, und zwar in Abraham, der Gott glaubte. Daher werden die aus Glauben
zusammen mit dem gläubigen Abraham gesegnet. Der Segen besteht in der Rettung
in der Gnade und der Rechtfertigung im Blut Christi.
»... mit dem gläubigen Abraham gesegnet«, waren die abschließenden Worte von Vers 9. »Doch alle«, so fährt Paulus in Vers 10 fort, den schrecklichsten Gegensatz aufzeigend, »die aus Gesetzeswerken sind, stehen unter dem Fluch; denn es ist geschrieben: Verflucht ist jeder, der nicht bei allem in der Rolle des Gesetzes geschriebenen Geboten bleibt, um sie zu erfüllen.« Paulus zitiert frei nach 5.Mose 27:26. Verflucht - das heißt vom Heil ausgeschlossen! Denn »das Gesetz bewirkt Zorn« (Röm.4:15). Und sollte jemand auch nur in einem Punkt straucheln, ist er dem ganzen Fluch verfallen (Jak.2:10). Das betrifft natürlich nur die, die unter dem Gesetz sind. Um so törichter von den nichtjüdischen Galatern, sich darunter stellen zu wollen! Selbst der Apostel Petrus äußerte auf dem Apostelkonzil gegenüber den Gesetzesbefürwortern: »Was versucht ihr denn nun Gott, indem ihr auf den Hals der Jünger (aus den Nationen) ein Joch legt, das weder unsere Väter noch wir zu tragen vermochten?« (Ap.15:10).
Wie bereits in
Galater 2:16, so betont Paulus auch jetzt in Vers 11 wieder: »Dass aber vor
Gott niemand durch das Gesetz gerechtfertigt wird, ist offenkundig; denn der
Gerechte wird aus Glauben leben.« Das Gesetz zeugt
doch nur gegen den Menschen, es zeigt
nur dessen Unfähigkeit auf, die von Gott gesetzten Ziele gottwohlgefälligen
Verhaltens zu erreichen; ja, es eröffnet noch nicht einmal die Möglichkeit der
Rechtfertigung, weil das Fleisch zu schwach ist (Röm.8:3).
Es gibt nur
eine Möglichkeit zu leben, nämlich aus Glauben. Aus Glauben an das, was Gott
tat: »... Seinen eigenen Sohn in der Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und
um der Sünde willen sendend, verurteilte Er die Sünde im Fleisch, damit die
Rechtsforderung des Gesetzes in uns erfüllt werde, die wir nicht fleischgemäß
wandeln, sondern geistgemäß« (Röm.8:3,4). Leben aus Glauben - so lautet die
frohe Botschaft.
»Der Gerechte
wird aus Glauben leben!« Schon im alten Israel konnte
nur der Glaube das Lebenselement sein, der Glaube an den lebendigen Gott, der
Sich offenbart hatte, der nicht den Tod des Sünders will, sondern dass er lebe
(Hes.33:11), der Tieropfer zur Sühnung von Sünden annahm, der barmherzig ist
und Seine Verheißungen erfüllen wird. Wer Gott dies glaubte, war gerecht vor
Ihm. Wenn ein solcher aber zurückwich, so hatte Gott kein Wohlgefallen mehr an
ihm (Heb.10:38).
Dem Propheten Habakuk wurde über die aktuelle Zusage hinaus, dass die in
Glaubenstreue zu Jewe Stehenden den Ansturm der
feindlichen Chaldäer überleben werden, eine weit tragende Schau gegeben: Er
darf die Chaldäer als Gottes Zuchtrute auf der gerechten Grundlage des Strafe
für den Übertreter fordernden Gesetzes sehen. Zugleich weiß er, dass die
Züchtigung nur vorübergehenden Charakter haben kann, denn an Gottes treuer und
stets zum Segen führenden Handlungsweise besteht kein
Zweifel. Demnach muss auch das Gesetz, das da tötet, einen nur vorübergehenden
Zweck haben. Die zukünftige Herrlichkeit Israels setzt gerade voraus, dass das
Gesetz für die Rechtfertigung und den Empfang des Segens nicht in Frage kommt.
Nur der Glaube kann den Weg eröffnen oder - um auf den Grund zu gehen - nur der
Christus, dem der Glaube gilt.
»Das Gesetz aber ist nicht aus Glauben; sondern wer alle Gebote erfüllt, wird in ihnen leben«, so lesen wir in Vers 12. Ernster kann man das Gesetz nicht charakterisieren. Es ist nicht aus Glauben, sondern aus dem Wirken; es verpflichtet zum Tun. Paulus bezieht sich dabei auf 3.Mose 18:5: »Ihr sollt Meine Satzungen und Rechtsvorschriften halten, denn der Mensch, der sie tut, wird auch durch sie leben: Ich bin Jewe!« - Dies ist kein Evangelium für von Geburt an als Sünder Eingesetzte (Röm.5:19). Glauben und Tun sind hier als unvereinbar gegenübergestellt. Sind denn Glauben und Tun ein Widerspruch? - Wirken aus Glauben ist ja recht, Wirken aber zur Erlangung der Gerechtigkeit ein Affront gegen die Gnade.
Tun aus Glauben ist recht, aber Tun ist zur Erlangung
des Lebens überhaupt nicht geeignet, wie denn auch Paulus in Römer 7:10
bezeugt, dass das Gebot, das ihm zum Leben gegeben war, aufgrund der ihm
innewohnenden Sünde in den Tod führte, in die Verurteilung. Das Gesetz hat
nicht die Eigenschaft, lebendig zu machen (Gal.3:21), im Gegenteil - wie wir bereits
sahen -, es führt zum Fluch.
Wer erlöst die Juden aus dem Fluch? Die Antwort in Vers 13 kann nur sein: »Christus hat uns aus dem Fluch des Gesetzes erkauft, weil Er um unsertwillen zum Fluch wurde; denn es steht geschrieben: Verflucht ist jeder, der am Holz hängt.« An Jesus Christus erfüllte sich das Wort in 5.Mose 21:23, wo es von dem verurteilten Übertreter, dessen Leichnam an ein Holz oder einen Baum gehängt wurde, heißt, dass ein Gehängter ein Fluch Elohims ist. Am Holz, am Pfahl hängend, war unser Herr Jesus Christus zum Fluch geworden, das heißt zum Träger des Fluchs Gottes über die Sünde. Wenn Er den Fluch trägt, dann sind die Menschen davon frei. Die Auserwählten erfahren es jetzt bereits, die anderen später. Aus Hebräer 9:15 geht hervor, dass Jesu Tod zur Freilösung von den Übertretungen des ersten Bundes Gottes mit Israel geschah. Den daran Teilhabenden schärft Petrus ein: »Geht für die Zeit eures hiesigen Verweilens in Furcht einher, da ihr wisst, dass ihr nicht mit Vergänglichem, Silber oder Gold, von eurem eitlen Verhalten nach väterlicher Überlieferung losgekauft wurdet, sondern mit dem kostbaren Blut Christi als eines makellosen und fleckenlosen Lammes, vorhererkannt zwar vor dem Niederwurf der Welt, geoffenbart aber in der letzten der Zeiten um euretwillen, die ihr durch Ihn an Gott gläubig geworden seid« (1.Pet.1:17-21).
Zum Begriff
des Erkaufens oder Loskaufens ist zu sagen, dass wir darunter ganz allgemein
das Erlösen oder das vollkommene, unwiderrufliche Freilösen verstehen dürfen,
die Befreiung aus einer Gebundenheit durch eine Lösegeldzahlung. Der Kauf ist
das Mittel, die Erlösung das Ergebnis. Im Hebräischen bezieht sich das Wort für
erlösen auf menschliche Rechte und das für loskaufen auf Ansprüche Jewes.
Doch Christi Opfer und Darbringung für Gott bringt nicht nur dem auserwählten Volk Gewinn. Der Apostel Paulus schreibt in Vers 14: »Und Er wurde zum Fluch, damit der Segen Abrahams in Jesus Christus unter die Nationen gebracht werde, sodass wir die Verheißung des Geistes durch den Glauben erhalten mögen.« Welch ein köstliches Evangelium ist dies doch!
Um die
Segenslinie Abrahams fortsetzen zu können, musste der Fluch des Gesetzes
aufgehoben werden. Dies geschah durch Jesus Christus. Mit der Beseitigung des
Mosaismus durch Christus, mit der Auflösung der Problematik des Israel
gegebenen Gesetzes, bestehend in seinen Rechtsforderungen, seiner durch das
Fleisch bedingten Schwachheit und seinem Fluch, ist auch für die Nationen der
Weg zu Gott eröffnet. Der Herr Jesus Christus Selbst ist der Weg; es gibt
keinen anderen Weg und keinen anderen Mittler und Retter.
Jetzt kann der
Segen Abrahams sich auf die Nationen ergießen. Der Segen Abrahams ist die
Rechtfertigung durch Glauben. Die Anrechnung des Glaubens zur Gerechtigkeit
Abrahams war zugleich eine Verheißung, die sich im Evangelium des Apostels
Paulus an uns erfüllt hat.
Dies alles
kann nur in Jesus Christus geschehen; nur in Ihm wurde diese Verheißung erfüllt.
Nur Christus ist zur Gerechtigkeit gesetzt für jeden, der glaubt (Röm.10:4).
Abraham wird es wohl gewusst haben, denn unser Herr sagte: »Abraham, euer
Vater, frohlockte, dass er Meinen Tag gewahren sollte, und er gewahrte ihn und
freute sich« (Joh.8:56). Und wir wissen, dass nicht allein um Abrahams willen
geschrieben steht, dass sein Glaube ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wurde,
sondern auch und gerade um unsertwillen, die wir an den glauben, der Jesus,
unseren Herrn, aus den Toten auferweckt hat, Ihn, der um unserer Kränkungen
willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt wurde
(Röm.4:23-25).
Was ist die
Verheißung des Geistes, die wir bekommen sollen? Diese Formulierung besagt,
dass wir den verheißenen Geist empfangen werden. Bei uns Gläubigen ist dies ja
bereits Wirklichkeit geworden. Das Kommen des Geistes war zum Beispiel durch
4.Mose 11:29 verheißen worden, als Mose sagte: »O dass doch alle des Volkes Jewes Propheten wären! Dass Jewe
Seinen Geist auf sie lege!« Des Weiteren durch Joel
3:1 (2:28): »Und danach wird es geschehen, dass Ich Meinen Geist ausgießen
werde über alles Fleisch.« Erfüllt wurde die
Verheißung in ihren Anfängen durch den verherrlichten Christus an jenem
denkwürdigen Pfingsten, von dem in Apostelgeschichte zwei berichtet wird, für
die Umsinnenden aus Israel und später dann für uns in
außerordentlicher Weise, da wir, die Glieder der Körpergemeinde Christi, allein
durch Hören und Glauben mit heiligem Geist sogar versiegelt sind (Eph.1:13).
Und damit kommen
wir wieder zu Galater 3:2 zurück: »Nur dies eine will ich von euch erfahren:
Habt ihr den Geist aus euren Gesetzeswerken erhalten oder beim Hören von Seinem
Glauben?« Es dürfte nun auch den Galatern klar
geworden sein, dass die Verheißung aus dem Glauben Jesu Christi denen gegeben
wird, die glauben (Gal.3:22). »O ihr unvernünftigen Galater, wer hat euch denn
bezaubert, vor deren Augen Jesus Christus als Gekreuzigter gezeichnet wurde?«, fragte Paulus eingangs unseres Kapitels. Bestimmt sind
die Galater jetzt zur Vernunft gekommen und zum rechten Verständnis des ihnen
zuteil geworden Evangeliums gelangt, ja zur Erkenntnis Christi, des
Gekreuzigten, Selbst.
Aufgrund
der Verheißung oder des Gesetzes?
(Galater 3:15-29)
Im Zuge der Verteidigung des ihm enthüllten
Evangeliums gegenüber den Judaisten, die die Galater
unter das Gesetz bringen wollen, kommt Paulus nun auf das Verhältnis zwischen
Gottes Bund mit Abraham und dem mit Mose zu sprechen, auf das Verhältnis
zwischen der Verheißung und dem Gesetz.
»Brüder«, schreibt Paulus in Vers 15 und
beginnt damit den Abschnitt mit Nachdruck, »(ich sage dies, wie es unter
Menschen ist), gleichfalls wird niemand den gültig gemachten Bund eines
Menschen etwa ablehnen oder noch nachträglich etwas dazu anordnen.« Wie alle wissen, hat man sich an einen rechtskräftigen
Vertrag zu halten. Ein durch den Tod wirksam gewordenes Testament darf nicht
verändert werden. Wenn eine Verfügung rechtmäßig ausgesprochen ist, dann gilt
sie. Wenn dies bei den Menschen schon so ist, wie viel mehr dann bei den
Anordnungen Gottes.
Paulus fährt fort: »Nun sind die Verheißungen
aber dem Abraham und seinem Samen angesagt worden. Es heißt nicht: und den
Samen (als von vielen), sondern: und deinem Samen (als von dem Einen), welcher
Christus ist« (Vers 16). In 1.Mose 22:16-18 lesen wir von den Verheißungen an
Abraham, die Jewe ihm auf dem Berg Morija gab, nachdem er bereit gewesen war, seinen Sohn
Isaak zu opfern: »Ich habe bei Mir Selbst geschworen, erklärt Jewe, dass, weil du diese Sache getan und deinen Sohn,
deinen einzigen, Mir nicht vorenthalten hast, Ich dich segnen, ja segnen und
deinen Samen mehren, ja mehren werde wie die Sterne der Himmel und wie den
Sand, der am Gestade des Meeres ist. Und dein Same soll das Tor seiner Feinde
einnehmen, und alle Nationen der Erde werden sich in deinem Samen segnen
insofern, als du auf Meine Stimme gehört hast.« Paulus
betreibt keine Wortklauberei, wenn er die Einzahlsform
des Samens Abrahams auf Christus deutet, sondern erweist seine ihm von Gott
gegebene geistliche Weisheit, sein Verständnis für das prophetische Wort und
seine Erkenntnis der Heilsgeschichte, die den Christus Gottes zum Ziel und
Mittelpunkt hat. Christus ist der Same Abrahams, der Nachkomme, der Eine, in
dem alles beschlossen liegt und erfüllt wird. Jesus Christus, der Herr, ist der
Träger und Vollender der Verheißung, der sie allen Glaubenden zugänglich macht,
nicht nur denen aus Israel, sondern aus der ganzen Welt, werden sich doch alle
Nationen in dem einen Nachkommen Abrahams segnen oder, mit den Worten von Römer
4:13 gesagt, ist Abraham doch der Losteilinhaber der Welt.
Die mit Abraham gegebene Verheißung stellt
sich nach dem Evangelium des Apostels Paulus in ihrer Entfaltung so dar, dass
der Mensch in der Gnade gerettet sowie durch Glauben gerechtfertigt wird und
den heiligen Geist empfängt, welcher Nation auch immer er angehöre. Wie könnte
denn ein nur dem einen Volk gegebenes Gesetz die allen Nationen gegebenen
Verheißungen aufheben? Lobpreis und Dank sei dem Gott und Vater unseres Herrn
Jesus Christus, dass wir dem angehören, auf den sich die Verheißung bezog, und
wir damit Losteilinhaber nach der Verheißung sind.
Vers 17 lautet: »Dies will ich damit sagen:
Ein von Gott schon früher gültig gemachter Bund kann durch ein Gesetz, das
vierhundertunddreißig Jahre danach gegeben wurde, doch nicht für ungültig
erklärt werden, um dadurch die Verheißung aufzuheben.« Wann wurde der Bund mit
Abraham geschlossen? Nicht erst nach der Erprobung Abrahams im Zusammenhang mit
seinem Sohn Isaak, als er den siebenten und letzten Segenszuspruch erfuhr,
sondern bereits bei den ersten beiden Verheißungen, die er als
Fünfundsiebzigjähriger beim Auszug aus Haran und
Einzug in Kanaan empfing und die in 1.Mose 12:2,3 und 7 verzeichnet sind, wo
erstmals von seinem Samen die Rede ist. Paulus spricht in Galater 2:16
schließlich von Verheißungen, also in der Mehrzahl. Da der Gesetzesbund mit der
Beschneidung verknüpft ist und Paulus für die Freiheit von der Beschneidung
kämpft, ist nicht an eine Segnung Abrahams zu denken, die er später als
Beschnittener erhielt.
Die zeitliche Einordnung der beiden Bündnisse
bewegt sich um das Jahr 1890 v. Chr. für den Bund mit Abraham und um das Jahr 1460 v. Chr. für den Bund am
Sinai im Jahr des Auszugs Israels aus Ägypten.
Wohl hat das Gesetz seinen Platz und seine
Bedeutung in der Heilsgeschichte, sozusagen als Zwischenspiel, es vermag aber
den Bund mit Abraham nicht aufzuheben. Dies wussten auch die Gläubigen Israels,
zum Beispiel Maria, die Mutter unseres Herrn, die Gott mit den Worten
verherrlichte: »Er hat Sich Israels, Seines Knechtes, angenommen, um der
Barmherzigkeit zu gedenken, so wie Er zu unseren Vätern gesprochen hat, zu
Abraham und seinem Samen für den Äon« (Luk.1:54,55). Und Zacharias, der Vater
Johannes des Täufers, betete: »... um Barmherzigkeit an unseren Vätern zu
erweisen und Seines heiligen Bundes zu gedenken und des Eides, den Er Abraham,
unserem Vater, geschworen hat« (Luk.1:72,73). Auch in Psalm 105:9 wird auf den
Bund mit Abraham Bezug genommen.
Vers 18 begründet die Unaufhebbarkeit:
»Denn wenn das Losteil aus dem Gesetz käme, dann wäre
es nicht mehr aus der Verheißung. Dem Abraham aber hat Gott es durch Verheißung
in Gnaden gewährt.« Unser Losteil
ist der uns wie durch ein Los geschenkte Segens- und Aufgabenbereich. Wenn aber
in Gnaden, dann nicht aus Werken (Röm.11:6)! In Gnaden - dies ist der Charakter
der Verheißung an Abraham. Es sind keine Bedingungen zu erfüllen oder
Leistungen zu erbringen, sondern es geschieht alles aufgrund des Wohlwollens
Gottes. Er gewährt uns sogar den Glauben in Gnaden (Phil.1:29), die einzige
Möglichkeit zur Rechtfertigung. In Römer 4:16 lesen wir hierzu: »Deshalb ist es
aus Glauben, damit es der Gnade gemäß sei und die Verheißung dem gesamten Samen
bestätigt werde, nicht allein dem aus dem Gesetz, sondern auch dem aus Abrahams
Glauben, der unser aller Vater ist.«
Jetzt drängt sich natürlich die Frage auf,
die Paulus in Vers 19 stellt und beantwortet: »Was soll nun das Gesetz?
Zugunsten der Offenbarmachung der Übertretungen wurde
es hinzugefügt (bis der Same käme, dem die Verheißung gegolten hat), angeordnet
durch Boten in der Hand eines Mittlers.« Was das
Gesetz nicht kann, ist bereits
beantwortet, nämlich den Menschen rechtfertigen. Welche positive Bedeutung aber
hat es? Es macht die Übertretungen offenbar. Sünden gab es auch vor der Zeit
des Gesetzes. Das Gesetz aber machte deutlich, dass es Sünden sind, und zeigte
ihren schlimmen und gottfeindlichen Charakter auf. Durch das Gesetz kommt
Erkenntnis der Sünde (Röm.3:20). Durch das Gebot wird die außerordentliche
Sündhaftigkeit der Sünde sichtbar (Röm.7:13).
Hinzugefügt wurde das Gesetz, dem Heilsweg beigeordnet, zudem ist es zeitlich und national
begrenzt. Es kann auch nicht retten, weckt jedoch den Ruf nach dem Retter und
der Gnade. So wie es in Römer 5:20 heißt: »Das Gesetz aber kam nebenbei herein,
damit die Kränkung zunähme. Wo aber die Sünde zunimmt, da strömt die Gnade über.«
Das Gesetz wurde hinzugefügt, bis Christus
kam, dem die Verheißung gegolten hat. So lesen wir in Johannes 1:17, dass es
durch Mose gegeben wurde, Gnade und Wahrheit jedoch durch Jesus Christus
geworden sind, und in Lukas 16:16, dass das Gesetz und die Propheten bis auf
Johannes den Täufer reichen, von da an aber das Königreich Gottes als
Evangelium verkündigt wird.
Die Israeliten erhielten das Gesetz durch den
Mittler Mose, wie denn in 2.Mose 20:19 geschrieben steht: »Sie sagten zu Mose:
Rede du mit uns, wir wollen hören, doch Elohim soll
nicht mit uns reden, damit wir nicht sterben«, und wie Mose in 5.Mose 5:5 sagt:
»Ich stand zwischen Jewe und euch zu jener Zeit, um
euch das Wort Jewes zu verkünden« (vgl. 3.Mose
26:46). Die Einschaltung eines Mittlers zeugt von Abstand zwischen den zwei
Parteien, Gott einerseits und Israel andererseits.
Dem Volk wurde das Gesetz durch Boten
angeordnet, durch die Ältesten und Aufseher, zu denen Mose sprach und die die
Worte Moses an das Volk weitergaben (2.Mose 19:7; 34:31; 5.Mose 31:28;
Ap.7:53).
Es schließt sich Vers 20 an: »Der Mittler
aber ist nicht nur Mittler von einem. Gott aber ist Einer.«
Gott ist Einer, nicht nur der Zahl nach, sondern mehr im Sinne von souveräner
Einheit. Eine Vielheit bedarf eines Mittlers. Mose war der Mittler zwischen dem
einen Gott und der Vielheit des Volkes Israel. Wir aber sind allesamt Einer in
Christus Jesus (Gal.3:28). Wir bedürfen keines Mittlers, ebenso wie zwischen Jewe Elohim und Mose keiner
stand. Wir erhielten die Verheißung unmittelbar durch den Glauben an den einen
Samen, Christus Jesus. Was sollten wir also mit dem Gesetz zu tun haben, da wir
doch in einer unmittelbaren Beziehung zu unserem Herrn stehen?
Wiederum fragt Paulus: » Ist nun das Gesetz
gegen die Verheißungen Gottes? Möge das nicht gefolgert werden! Denn wenn ein
Gesetz gegeben wäre, das lebendig machen könnte, dann käme die Gerechtigkeit
wirklich aus dem Gesetz« (Vers 21). Nein, das Gesetz hebt die Verheißungen
nicht auf, denn es kann nicht lebendig machen. Das dem Gesetz Unmögliche
vollbrachte Gott, Seinen eigenen Sohn sendend (Röm.8:3). Unter Lebendigmachung verstehen wir in diesem Zusammenhang nicht
die Auferstehung, sondern die Vermittlung geistlichen Lebens in dem Sinne, dass
unsere sterbenden Körper durch den uns innewohnenden Geist heute zum Dienst für
den Herrn befähigt werden (Röm.8:11). Wir rechnen damit, dass wir der Sünde
gegenüber tot sind, aber lebend für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn
(Röm.6:11). - »Wenn die Gerechtigkeit aus dem Gesetz käme, wäre ja Christus
ohne Grund gestorben« (Gal.2:21).
Nicht das Gesetz ist der Weg der Schrift,
sondern der in Vers 22 beschriebene: »Die Schrift schließt jedoch alle zusammen
unter die Sünde ein, damit die Verheißung aus dem Glauben Jesu Christi denen
gegeben werde, die glauben.« Aus Römer 11:32 wissen
wir, dass Gott alle zusammen in Widerspenstigkeit einschließt, damit Er Sich aller
erbarme. Die Verheißung, aus Glauben gerechtfertigt zu werden wie Abraham und
dabei den lebendig machenden Geist zu empfangen, wird aufgrund des Glaubens
Jesu Christi, aufgrund Seines Glaubensgehorsams und Seiner Glaubenstreue bis
hin zum Kreuzestod, an denen erfüllt, die glauben. Ja, die aus Glauben werden
zusammen mit dem gläubigen Abraham gesegnet (Gal.3:9).
Das Gesetz war Wächter und Geleiter für die Juden gewesen, und zwar mit einem Ziel,
und dieses ist erreicht, erklärt Paulus den Galatern des Weiteren in den Versen
23 und 24. »Bevor aber der Glaube kam, wurden wir unter dem Gesetz sicher
bewahrt und zusammen eingeschlossen für den Glauben, der künftig enthüllt
werden sollte« (Vers 23). So wenig Israel das Gesetz wirklich beachtete, so hat
es sie doch von vielen heidnischen Greueltaten
ferngehalten. Und wenn die Mehrheit des Volkes Gott auch nur mit den Lippen
pries, aber nicht mit dem Herzen, so wurde der Überrest des Volkes dennoch vor
völliger Gottlosigkeit bewahrt. Wie Wächter von Gefangenen schloss das Gesetz
die Juden auch ein unter die Erkenntnis der Sünde und damit ihrer eigenen
Schwachheit, damit sie die Weisheit erlangen sollten, dass eine Rettung nur auf
anderem Weg möglich ist, nämlich durch Glauben (vgl. 2.Tim.3:15). »Daher ist
das Gesetz«, wie Paulus in Vers 24 schreibt, »unser Geleiter
zu Christus geworden, damit wir aus Seinem Glauben gerechtfertigt würden.« Das schwere Joch des Gesetzes musste die Juden zu
Christus hinführen. Mit Christus kam der Glaube als der Weg der Rettung, bis
über die pfingstliche Verwaltung hinaus aber mit Umsinnung,
Wassertaufe und Werken verbunden (Ap.2:38; Jak.2:24), worauf Paulus hier aber
nicht eingeht, der für die ihm gegebene heilsgeschichtliche Verwaltung der
überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25) die Rechtfertigung allein durch
Glauben verkündigt. Das Gesetz brach den stolzen Herzensboden auf und bereitete
ihn für die Saat des Evangeliums vor.
Paulus führt weiter aus: »Seit nun der Glaube
gekommen ist, sind wir nicht länger unter einem Geleiter;
denn ihr alle seid Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus« (Verse 25
und 26). Wenn schon die Juden nicht mehr unter dem Geleiter
zu Christus hin sind, insofern sie zu Christus gebracht sind, dann erst recht nicht die Galater. Für das zukünftig wiedergezeugte
und folglich gläubige Israel wird das Gesetz im Übrigen im tausendjährigen
Königreich die Leitlinie für ihr gottwohlgefälliges Leben und Dienen sein,
ausgehend von Christus, zum Segen für alle Nationen.
Liebe Brüder und Schwestern in Christus
Jesus, welch eine herrliche Botschaft dürfen wir doch hören und darin
feststehen, dass wir alle Söhne Gottes sind allein durch den Glauben an
Christus Jesus! Allein durch den Glauben, der aus Christus ist und in Ihm
besteht, sind wir Gottes Vaterherzen nahegebracht und in Seine Familie
aufgenommen als Söhne und Töchter - neben dem Einen, Jesus Christus, dem Sohn
Gottes. Eine anschauliche Parallelstelle haben wir in Galater 4:4-6: »Als aber
die Zeit der Erfüllung kam, sandte Gott Seinen Sohn, der von einer Frau geboren
und unter das Gesetz gestellt wurde, um die unter dem Gesetz zu erkaufen, damit
wir den Sohnesstand erhielten. Weil ihr aber Söhne seid, schickte Gott in
unsere Herzen den Geist Seines Sohnes aus, der laut ausruft: Abba, Vater!« Als Vater dürfen wir den allgewaltigen Gott nun anreden,
voller Vertrauen und Zuversicht und geborgen in Seiner Liebe.
Die Bezeichnung »Söhne Gottes« ist übrigens kostbarer
als »Kinder Gottes«. Der Begriff »Kind« bezeichnet die Abstammung, mit »Sohn«
dagegen ist Reife verbunden. Ein Sohn bringt den Charakter des Vaters zum
Ausdruck.
Wir alle sind Kinder Gottes, wie Römer 8:16
sagt; und sind auch Söhne Gottes, wie wir hörten, denn das herrliche Evangelium
des Apostels Paulus versetzte uns in den Sohnesstand, in diesen hohen Stand in
Christus Jesus. - Wer nun einen Blick auf Römer 8:14 wirft, könnte meinen, auf
einen Widerspruch gestoßen zu sein. Dort heißt es: »Alle, die vom Geist Gottes
geführt werden, diese sind Söhne Gottes.« In Galater
3:26 ist jedoch von unserem vollkommenen Sohnesstand in der Gnade die Rede, in
Römer 8:26 dagegen von unserem Wandel; demnach erweisen sich alle, die vom
Geist Gottes geführt werden, als Söhne Gottes. An unserem Verhalten und unserer
Gesinnung soll erkennbar sein, dass wir Gott angehören.
Wir sind Söhne Gottes, »denn«, so lesen wir
in Vers 27, »ihr alle, die ihr in Christus Jesus hinein getauft worden seid,
habt Christus angezogen.« Wir haben Christus
angezogen; Er umgibt uns jetzt und schließt uns ein. Wir sind in Christus
Jesus, sind Glieder Seines Körpers. Im Geist mit Ihm verbunden, in engster
Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes, sind wir nun selbst Söhne und Töchter Gottes
geworden. Wir sind mit hineingenommen in des Sohnes vollkommenes Verhältnis zum
Vater. Als auch damit in Christus über alle Maßen Begnadete werden wir unserem
Vater alle Ehre machen im Gehorsam gegenüber Seinem Wort und einem hingebungsvollen
Dienst der Verbreitung des Paulus enthüllten Evangeliums.
Wir sind in Christus hinein getauft. Es ist
stets zu fragen, in wen oder was hinein eine Taufe erfolgt. In Bezug auf uns,
die Glieder der Körpergemeinde, ist von Wasser keine Rede. Auch in Römer 6:3
heißt es: »Oder erkennt ihr nicht, dass wir alle, die wir in Christus Jesus
hinein getauft sind, in Seinen Tod getauft wurden?«
Dies ist ein geistlicher Vorgang. Als Gott uns in
Gnaden berief, uns den Glauben schenkend (Phil.1:29), wurden wir getauft. Die
Wassertaufe ist in unserer Heilsverwaltung nicht mehr zu praktizieren. Der
Apostel Paulus und somit auch wir sind nicht beauftragt zu taufen (1.Kor.1:17).
Wenn aber jemand in Christus ist, dann ist er
nicht mehr in Adam, sondern eine neue Schöpfung (2.Kor.5:19). Wir sind nicht
mehr Teil der alten Menschheit, sondern der neuen, und zwar sind wir Erstlinge
der neuen Menschheit, die in der Vollendung alle umfassen wird. Wie es sich in
der neuen Menschheit, also bei denen verhält, die Christus angezogen haben,
erfahren wir aus Vers 28: »Da gibt es weder Juden noch Griechen, weder Sklaven
noch Freie, weder männlich noch weiblich; denn ihr seid allesamt Einer in
Christus Jesus.« Das heißt die irdischen Unterschiede
spielen in der Gemeinschaft der Heiligen keine trennende oder sogar Feindschaft
hervorrufende Rolle mehr. »Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit etwas, sondern nur eine neue Schöpfung«
(Gal.6:15). Die Welt, das weltliche Denken, ist uns gekreuzigt (Gal.6:14).
Mögen wir nun aber auch im alltäglichen
Wandel das frühere Verhalten ablegen, die alte Menschheit, und uns im Geist
unseres Denksinns verjüngen lassen und die neue Menschheit anziehen, die sich
in Gerechtigkeit und Wahrheit, Liebe und Heiligkeit erweist (Eph.4:22-24;
Kol.3:10).
Wir sind allesamt Einer in Christus Jesus,
denn Gott hat uns alle in dem einen Geist in den einen Körper getauft; wir sind
alle mit dem einen Geist getränkt (1.Kor.12:13). Alle zusammen sind wir,
welchen gesellschaftlichen Stand wir auch haben mögen und ob Mann oder Frau, in
derselben Weise in dem geliebten Sohn begnadet und mit jedem geistlichen Segen,
den es überhaupt gibt, inmitten der überhimmlischen Geschöpfe gesegnet
(Eph.1:3). Eine geistliche Einheit sind wir in Christus Jesus. Wir gehören der
einen Körpergemeinde an, haben ein und denselben Geist, ein Glaubensgut, ein
Erwartungsgut; eine Taufe verbindet uns; wir haben alle ein und den selben Herrn zum Haupt und ein und den selben Gott zum
Vater. Mithin werden wir uns befleißigen, diese Einheit des Geistes durch das
Band des Friedens zu halten (Eph.4:3-6).
Der Apostel schließt den Abschnitt über
unsere Teilhaberschaft an der Abraham gegebenen Verheißung mit Vers 29 ab:
»Wenn ihr aber Christus angehört, seid ihr demnach Abrahams Same und
Losteilinhaber nach der Verheißung.« Abrahams Same
sind wir, weil wir in Christus Jesus sind, dem einen Samen, in welchem alle
gesegnet werden sollen. Abraham ist der Vater aller Glaubenden (Röm.4:16); alle
Gläubigen sind somit Kinder der an Abraham ergangenen Verheißung (Gal.4:28) der
Rechtfertigung aus Glauben.
Mithin sind wir auch Losteilinhaber nach der
Verheißung. Nicht durch Gesetzeswerke sind wir Inhaber des uns wie durch ein
Los in Gnaden zugefallenen Segens- und Aufgabenbereichs, sondern nur in
Christus Jesus, in welchem wir die verheißene Gerechtigkeit durch Glauben
haben, in welchem die Rettung von der Sünde und vor dem Zorn und aus dem Tod
geschieht und in welchem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen
sind und dem Glaubenden erschlossen werden.
Gott aber sei
Dank für Sein unbeschreiblich reiches Gnadengeschenk! »Er, der doch Seinen
eigenen Sohn nicht verschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat, wie
sollte Er uns nicht auch mit Ihm dies alles in Gnaden gewähren?« (Röm.8:32).
Werdet frei von den Grundregeln der Welt
(Galater 4:1-18)
Der Apostel Paulus erinnerte die Galater mit
scharfen Worten daran, dass sie durch das Evangelium der Unbeschnittenheit
(Gal.2:7), das ihm eigens enthüllt wurde (Gal.1:12), in Christi Gnade berufen
wurden (Gal.1:6), und zwar allein durch Glauben.
Durch Glauben sind sie nun gerechtfertigt,
für gerecht erklärt, gerecht. Ebenso wie Abraham, der Gott glaubte, was ihm zur
Gerechtigkeit angerechnet wurde (Gal.3:6). Durch Glauben und damit im Geist, in
geistlicher Weise, hatten sie den Anfang unternommen (Gal.3:3). Jetzt aber
wollen sie im Fleisch, in fleischlicher Weise, noch Werke des Gesetzes des Mose
hinzufügen, als ob die Gnade ihnen nicht bereits alles gegeben habe und als ob
das Fleisch, das alte Menschentum, das auf eigene Leistungen stolz ist, etwas
bewirken könnte; es kann aber nichts zur Rettung beitragen, weil es mitgekreuzigt und damit schmählich abgetan ist.
Durch Glauben allein und damit allein in der
Gnade ebenso wie Abraham – hatten sie die Verheißung des Geistes erhalten, den
heiligen Geist bekommen (Gal.3:14). Durch den Glauben an Christus Jesus waren
sie auch Söhne Gottes geworden, den Sohnesstand einnehmend (Gal.3:26). Außerdem
waren sie Losteilinhaber geworden, Inhaber des wie durch ein Los zugefallenen
göttlichen Segens, und dies alles gemäß der Verheißung, dass in Abraham alle
gesegnet werden würden (Gal.3:8). Dieser Segen schließt auch ein, dass die
Gläubigen nun in die Sphäre der Mündigkeit versetzt sind, nicht länger der
Unmündigkeit, während der man Vormündern bzw. Vorschriften und Rechtssatzungen
für das Fleisch unterstellt war (Heb.9:10).
Wenn ich im Folgenden von der Mündigkeit spreche,
dann von dem geistlichen Stand, in welchem alle Gläubigen durch das Evangelium
des Apostels Paulus stehen. Ich spreche nicht von der persönlichen geistlichen
Reife eines Gläubigen, die sich an seinem Wandel zeigt. Ist doch zwischen
Stellung und Wandel zu unterscheiden. Ein Beispiel: Wir sind Heilige unserem
Stand in Christus nach, und nun sollen wir uns auch in der Alltagspraxis heilig
verhalten, ja unsere Heiligkeit in der Furcht des Herrn vollenden (2.Kor.7:1).
Unserer Stellung vor Gottes Angesicht nach sind wir Mündige, im höchsten Stand,
dem in Christus Jesus. Mögen wir nun aber auch in Liebe in unser Haupt
hineinwachsen (Eph.4:15).
Das Gesetz des Mose
und die Unmündigkeit stehen auf einer Stufe, und zwar der niedrigen; die
Verheißung und der Sohnesstand auf der anderen, der hohen.
Die Vorbemerkungen abschließend, sei nochmals
auf das Kürzeste gesagt:
Die Widersacher des Apostels Paulus wollen
den Gläubigen in Galatien das Gesetz des Mose aufdrängen. Deshalb hat Paulus die Galater daran erinnert,
dass sie die Rechtfertigung allein durch Glauben aufgrund der dem Abraham
gegebenen Verheißung erhielten, und stellt ihnen jetzt in Kapitel vier den
Gegensatz zwischen dem Gesetz und der Verheißung an dem Unterschied zwischen
Unmündigkeit und Sohnesstand dar. Erhielten sie den heiligen Geist aufgrund des
Gesetzes oder der Verheißung? Sind sie noch Unmündige, oder sind sie Söhne?
»Wenn ihr aber Christus angehört – nämlich
durch Glauben –, seid ihr demnach Abrahams Same und Losteilinhaber nach der
Verheißung«, hatte Paulus in Galater 3:29 geschrieben. Er fährt fort: »Ich sage
aber: Solange der Losteilinhaber unmündig ist, besteht kein wesentlicher
Unterschied gegenüber einem Sklaven, wiewohl er Herr von allem ist. Er ist vielmehr
Vormündern und Verwaltern unterstellt bis zu der vom Vater festgesetzten Zeit«
(Gal.4:1,2). Von Rechts wegen wird ein Kind eines Tages Inhaber aller Güter
sein oder, falls seine Eltern schon gestorben sind, ist es dies bereits,
tatsächlich aber hat es keine Verfügungsgewalt. Es wird von Dienern versorgt
und von Pädagogen erzogen. (Nebenbei: ein paidagogos
war ein Sklave, der die Söhne seines Herrn zur Schule geleitete, ein
Knabenführer.)
In Vers drei bringt Paulus jetzt den
Vergleich an: »So waren auch wir, als wir Unmündige waren, unter die
Grundregeln der Welt versklavt.« Wir – das heißt die
Juden; das Israel unter dem Gesetz wird hier mit einem Unmündigen
gleichgesetzt. Sicherlich wundert es uns, dass Paulus das Gesetz des Mose den Grundregeln der Welt zuordnet. Er setzt nämlich die
Unmündigkeit und die Grundregeln der Welt auf eine Linie. Es, das Gesetz, die
Weisung des Mose, ist doch von Gott gegeben und
heilig, gerecht und gut. Wohl ist es dies, aber im Verhältnis zu unserem
herrlichen Stand in Christus Jesus ist es als gering anzusehen, weil es eine
Bevormundung durch Rituale mit sich brachte und eine Versklavung unter
Vorschriften bis hin zu solchen über Speisen und Getränke, Sabbate und Feste.
Und solange diese Regeln im Wege standen, war kein herzliches Verhältnis zu
Gott, dem Vater, möglich.
Was sind Grundregeln (andere übersetzen
»Elemente«)? Grundsätzliche ordnende Festlegungen. Zu den Grundregeln der Welt
gehören selbstverständlich die heidnischen Verhaltensmuster der Nationen. Die
zeremoniellen Gebote des Gesetzes sind aber ebenfalls weltliche Prinzipien,
weil sie die typisch menschliche Einstellung eigenen Tuns ansprechen, ein Leben
aus dem Glauben somit nicht fördern und mithin den Zugang zum Vater und das Vertrautwerden mit Ihm behindern. Als schwach und armselig
bezeichnet Paulus die Grundregeln der Welt in Galater 4:9 gegenüber dem
Sohnesstand. Durch den Glauben an Christus Jesus – und durch nichts anderes –
sind wir allesamt Söhne Gottes (Gal.3:26), im Sohnesstand und damit im Stand
der Mündigkeit.
Die Grundregeln der Welt finden sich auch im
Christentum. Die Gebundenheit an Dogmen, Liturgien und das Glaubensbekenntnis,
an Formen und Formalitäten reduzieren den Glauben auf die Übereinstimmung mit
der kirchlichen Lehre. Die örtlichen Gemeinden sind durch ihre
Dachorganisationen entmündigt. Die Unterscheidung zwischen Theologen und Laien
steht der Gemeinschaft im Geist entgegen. Die Verknechtung
unter althergebrachte Überlieferungen, die Gottes Wort praktisch
beiseiteschieben, ist unverkennbar. Viele Anhänger einer Kirche kennen die
religiösen Vorschriften, aber nicht die Schrift, die zum Beispiel in Kolosser
2:20-23 sagt: »Wenn ihr nun zusammen mit Christus den Grundregeln der Welt
gegenüber gestorben seid, was stellt ihr euch wie in der Welt Lebende unter ...
menschliche Vorschriften und Lehren, die zwar einen Ausdruck von Weisheit in
willkürlichem Ritual ... haben, die aber von keinerlei Wert sind, außer zur
Befriedigung des Fleisches.« – Wir aber, liebe Brüder und Schwestern, sind des
Christus! Ihm leben wir und nicht einer Äußerlichkeit!
Nun aber der Sohnesstand
Die Grundregeln der Welt sind für die
Gläubigen nun aber Vergangenheit, denn wir lesen in den Versen vier und fünf:
»Als aber die Zeit der Erfüllung kam, sandte Gott Seinen Sohn, der von einer
Frau geboren und unter das Gesetz gestellt wurde, um die unter dem Gesetz zu
erkaufen, damit wir den Sohnesstand erhielten.« Gott tut alles fein zu Seiner
Zeit nach Seinem in Christus Jesus gefassten Vorsatz für den Lauf der Äonen
(Eph.3:11). Durch Seinen Sohn erkaufte Er die unter dem Gesetz aus der
Unmündigkeit und Sklaverei, damit wir alle, Juden und Nichtjuden, den
Sohnesstand erhielten. Mit einem hohen Preis sind wir erkauft worden; mögen wir
daher Gott auf jeden Fall in jeder Weise verherrlichen (1.Kor.6:20).
Wir erhielten den Sohnesstand. Dies ist ein
überwältigender geistlicher Segen. Wir wurden in die Stellung eines mündigen
Sohnes eingesetzt, in die Würden und Rechte eines erwachsenen Sohnes. Wir haben
durch Jesus Christus, den einen Sohn, und in Ihm allezeit im Geist Zutritt zum
Vater (Eph.2:18). Zu Vertrauten des Vaters sind wir geworden. Nichts steht mehr
zwischen uns.
Wir haben den Sohnesstand; dies ist eine
geistliche Tatsache, deren wir uns im Geist erfreuen. Im Hinblick auf unseren
Körper aber, der nicht davon berührt ist, erwarten wir den Sohnesstand noch,
wie in Römer 8:23 verzeichnet, die Freilösung unseres Körpers aus den irdischen
Gebundenheiten.
Das Evangelium des Apostels Paulus ist das
der Mündigkeit und Reife. Durch dieses Evangelium sind wir von Glaubensanfang
an in den Stand der Mündigkeit eingesetzt. Alle geistlichen Segnungen sind uns
im Vollmaß zuteil geworden. Nun kann auch jeder
persönlich zur vollen geistlichen Reife im Wandel heranwachsen.
Der Geist des Sohnes
Paulus schreibt weiter: »Weil ihr aber Söhne
seid, schickte Gott in unsere Herzen den Geist Seines Sohnes aus, der laut
ausruft: Abba, Vater!« (Vers 6). Söhne Gottes, Söhne
und Töchter, mündige Glieder der Familie Gottes wurden wir, als Gott es uns in
Gnaden für Christus gewährte, an Ihn zu glauben (Phil.1:29). Mündige sind wir
unserem Gnadenstand nach; mögen wir auch in unserem Verhalten Reife an den Tag
legen, und wenn nicht, so doch hineinwachsen. Als wir zu glauben begannen,
bekamen wir den Geist des Sohnes Gottes. Dies ist der heilige
Geist, der Geist des Vaters, der auch Seinem Sohn innewohnt. So sind wir nun
nicht nur berechtigt, sondern in der Kraft dieses Geistes auch befähigt zu
beten und Gott dabei als mit Ihm Vertraute mit »Vater« anzureden. Wir sind am
Ziel, am Vaterherzen. Verherrlichung sei Ihm dafür und dem Mittler, Christus
Jesus, Seinem Sohn. Mit »Abba« wurde der Vater in einer jüdischen Familie in
der Umgangssprache angesprochen.
Die Parallelstelle Römer 8:15 führt uns
nochmals das Einst und das Jetzt vor Augen: »Ihr erhieltet nicht den Geist der
Sklaverei, wiederum zur Furcht; sondern ihr erhieltet den Geist des
Sohnesstandes, in welchem wir laut rufen: Abba, Vater!«
Der Geist, der heilige, ist seinem Charakter nach auch ein Geist des
Sohnesstandes. Dieser präge uns, sodass wir unserem Gott und Vater alle Ehre
machen. Wir haben den Sohnesstand; mögen wir nun auch wie Söhne wandeln. Wir
haben den Mündigkeitsstand; mögen wir nun auch als geistlich Reife handeln.
Losteilinhaber Gottes
Es folgt Vers sieben: »Daher bist du nicht
länger Sklave, sondern Sohn; wenn aber Sohn, dann auch Losteilinhaber Gottes
durch Christus.« Die Zeit der Versklavung unter die
Grundregeln der Welt ist vorbei. Jetzt sinnen wir auf das droben. Im Geist
haben wir unser herrliches Losteil, unseren Segens-
und Aufgabenbereich, bereits inne, sind wir doch mit jedem geistlichen Segen,
den es überhaupt gibt, inmitten der überhimmlischen Geschöpfe gesegnet (Eph.1:3).
Und in den kommenden Äonen wird Gott uns in unserem überhimmlischen Losteil niedersetzen und an uns den alles übersteigenden
Reichtum Seiner Gnade in Christus Jesus den Überhimmlischen zur Schau stellen
(Eph.2:6,7).
Wieso wendet ihr euch wieder um?
Paulus lenkt den Blick der Galater noch
einmal zurück: »Damals jedoch, als ihr mit Gott noch nicht vertraut wart,
dientet ihr denen wie Sklaven, die von Natur gar keine Götter sind« (Vers 8).
Damals wurden sie, wie immer sie auch geführt wurden, zu den stummen Götzen
weggeführt (1.Kor.12:2). Ein Götze, ein Machwerk aus Holz oder Stein, Gold oder
Silber, ist zwar nichts, doch stehen Dämonen dahinter, die die Götzenanbeter
verführen (1.Kor.10:19,20).
In den Versen neun bis elf spart der Apostel
und Lehrer der Nationen nicht an der nötigen Schärfe: »Nun aber, da ihr Gott
kennt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wieso wendet ihr euch wieder zu den
schwachen und armseligen Grundregeln um, denen ihr nochmals von Neuem versklavt
sein wollt? Ihr haltet auf Tage und
Monate, Fristen und Jahre. Ich fürchte um euch, ob ich mich für euch nicht etwa
zum Schein gemüht habe.«
Die Zeiten der Unkenntnis der Nationen sind
vorüber (Ap.17:30). Die Galater gehörten zu den Bevorzugten, Gott erkannt haben
zu dürfen. Sie kennen Ihn nun, und zwar in Seiner Liebe der Dahingabe
Seines Sohnes für alle, in Seiner Allgewalt zum Beispiel der Erfüllung der
Verheißungen und der Auferweckung Seines Sohnes und in Seiner Gerechtigkeit,
die für alle ist und zunächst auf alle Glaubenden kommt (Röm.3:22). Dabei
wissen sie, dass sie von Gott erkannt sind, das heißt ins Auge gefasst und nach
Seinem Vorsatz und der Gnade, die ihnen in Christus Jesus vor äonischen Zeiten
gegeben ist, mit heiliger Berufung in die Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes berufen
wurden, nicht nach ihren Werken (Röm.8:29; 2.Tim.1:9).
Nun aber hatten judaisierende
Irrlehrer es fertig gebracht, dass sie sich – sogar recht schnell – umgestellt
hatten hinweg von dem Evangelium, dass sie in Christi Gnade berufen hatte
(Gal.1:6). Wie konnten sie sich nur wieder zu den schwachen und armseligen
Grundregeln umwenden? Das Gesetz war schwach, denn es konnte weder Geist noch
Leben vermitteln und nichts vollenden (Heb.7:18,19). Und es war armselig im
Vergleich mit dem Gnadenreichtum in Christus.
Sie wollen sich unter das Gesetz begeben und
damit unter die Grundregeln der Welt, von denen in Vers drei bereits die Rede
war. Es ist unverkennbar, dass der Apostel Paulus hier das Gesetz auf dieselbe
Stufe wie die heidnischen Zeremonien stellt. Dies mag uns erschrecken. Doch
vergessen wir nicht, dass das Gesetz nicht aus Glauben ist (Gal.3:12), sondern
beladen mit »Rechtssatzungen für das Fleisch« (Heb.9:10). Pflichten für das
Fleisch hatte ihnen auch ihr früherer Götzendienst auferlegt. Der Rückfall der
Galater stellt somit zum einen eine Entleerung ihres Glaubens dar und zum
anderen ein Verhalten nach dem Schema der Welt, das menschliches Tun in einen
hohen Rang erhebt.
Sie halten auf Tage und Monate
Die Galater halten auf Tage und Monate,
Fristen und Jahre. Sie handeln wie Ungläubige, die ihre Religion haben, ihre
Priester, ihre Feiertage und ihre Feste. Wissen sie denn nicht, dass Christus
für sie gestorben, ja vielmehr auferweckt wurde? Für ihre Stellung vor Gott ist
allein die Gnade maßgebend, die in Christus Jesus ist (vgl. 1.Kor.8:8). Wir
leben aus Glauben und nicht aus Werken.
Wer meint, bestimmte Feiertage und
Festordnungen halten zu müssen, lebt nicht aus Glauben. Damals waren es die vom
Gesetz vorgeschriebenen Dinge, die dem Evangelium des Paulus zuwider sind;
heute hält die Christenheit Tage und Feste eigener Verfertigung. Schon zur Zeit
des Gesetzes hatte Gott kein Wohlgefallen an Opfern, Feiertagen und Festen, es
sei denn, man hatte die rechte Herzenshaltung (Jes.1:10-14; Ps.40:7;
Heb.10:5,6). Die Opfer für Elohim sind dein
zerbrochener Geist und ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz (Ps.51:19).
Letztlich aber ruht das Wohlgefallen Gottes auf dem Glaubensgehorsam und Opfer
Seines Sohnes. In Ihm aber sind wir begnadet und gesegnet, gerettet und
gerechtfertigt, vervollständigt (Kol.2:10) und dem Vater nahe gebracht.
Für Paulus war jeder Tag heilig, das heißt
dem Herrn in hingebungsvollem Dienst gewidmet. Gar nichts anderes gilt mehr als
nur der Glaube, der durch die Liebe wirksam ist.
Selbstverständlich halten wir die von der
Obrigkeit verfügten Feiertage (Röm.13:1), indem wir keine störenden Arbeiten
verrichten, wenn wir auch nichts auf
sie halten, und werden den Bruder, der einen Tag höher als den anderen hält,
nicht schmähen oder richten (Röm.14:5).
Paulus fürchtet um die Galater, dass sein
Mühen um sie vergeblich gewesen sein könnte (Vers 11). Wenn der Apostel dies so
ernst sieht, dann dürfen wir gewiss ebenso urteilen. Denn leider werden die
besprochenen Worte Gottes auch heute so behandelt, als stünden sie gar nicht
da.
Werdet frei!
Nun unterbricht Paulus seine lehrmäßigen
Bemühungen durch eine flehentliche Ermahnung in den Versen 12 bis 16. Er
erinnert die Galater mit bewegten Worten an die Vergangenheit, in der sie
glückselig waren und eine herzliche Beziehung zueinander hatten. Nicht die
Vorschriften des Gesetzes hatten dies hervorgerufen, sondern das Evangelium der
Gnade Christi.
In Vers zwölf schreibt Paulus: »Werdet doch
frei davon wie ich; denn auch ich wurde es, so wie ihr es einst wart; Brüder,
ich flehe euch an!« Eindringlich fleht er sie an, zu
werden wie er, nämlich frei von den Grundregeln der Welt. Auch er selbst ist
davon frei geworden, ebenso wie sie damals durch seine Verkündigung auf der
ersten Missionsreise. Als die alte Menschheit des Paulus zusammen mit Christus
gekreuzigt wurde und starb (Röm.6:5,6), starb er auch dem Gesetz weg; seitdem
ist er des Gesetzes enthoben und einem anderen zu eigen, und zwar dem aus den
Toten Auferweckten. Mithin sklavt er nicht mehr in Altheit des Buchstabens, sondern in Neuheit des Geistes
(Röm.7:4-6). Und die Galater hatten sich von den Götzen zu Gott umgewandt, um dem lebendigen Gott zu sklaven. In
Apostelgeschichte 13:48 wird über sie berichtet, dass sie sich freuten und das
Wort des Herrn verherrlichten. Dies alles aber aufgrund der Botschaft der
Rechtfertigung allein durch Glauben (Ap.13:39).
Paulus fährt fort: »Ihr hattet mir kein Unrecht
getan.« Nein, im Gegenteil, sie hatten ihn wie
Christus Selbst aufgenommen. Es stand und steht nichts zwischen ihnen.
(Nebenbei gesagt: Ganz anders als bei den Korinthern, die ihm Vorwürfe machten
und sogar sein Aposteltum anzweifelten.)
In Schwachheit des Fleisches
Lesen wir nun die Verse 13 und 14: »Ihr wisst
doch, dass ich euch zuvor in Schwachheit des Fleisches Evangelium verkündigte.
Wegen der Anfechtung für euch, die in meinem Fleisch war, habt ihr mich weder
verschmäht noch für widerlich gehalten; sondern wie einen Boten Gottes nahmt
ihr mich auf, wie Christus Jesus Selbst.«
In Schwachheit des Fleisches tat Paulus
seinen Dienst in Galatien, wie wir aus der
Apostelgeschichte erfahren. In Antiochien verfolgten
die Juden Barnabas und Paulus und trieben sie fort (13:50). Aus Ikonium flohen sie, als ihnen zu Ohren kam, dass man sie
misshandeln und steinigen wollte (14:5), und in Lystra
geschah es dann, dass sie Paulus steinigten, ihn zur Stadt hinausschleiften
und meinten, er sei gestorben (14:19). Mit Sicherheit dürfen wir annehmen, dass
hiervon eine körperliche Verunstaltung oder eine entstellende Verletzung,
vielleicht auch der Augen, zurückblieb. Des Paulus körperliche Anwesenheit
vermittelte jedenfalls überall den Eindruck der Schwachheit (2.Kor.10:10).
Genau dies aber entspricht der
heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes, die Paulus gegeben wurde
(Eph.3:2; Kol.1:25). In dieser unserer Heilsverwaltung soll sich das Wort
allein als kraftvoll erweisen und nicht eine schöne, stattliche Mannesgestalt
oder menschliche Weisheit und Überzeugungskraft. Das Evangelium nur ist die
Gotteskraft zur Rettung und nichts anderes, nicht eine Methode oder
Redegewandtheit. Paulus wusste nichts außer Jesus Christus, und diesen als
gekreuzigt (1.Kor.2:2).
Vielleicht stammt der Splitter im Fleisch des
Paulus von der Steinigung in Lystra. Wir wissen, dass
Paulus den Herrn deshalb dreimal um Befreiung davon gebeten hatte. Doch
Christus versicherte ihm: »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit
vollkommen gemacht.« Dazu führt der Apostel in
2.Korinther 12:9,10 aus: »Sehr gern werde ich daher eher die Schwachheiten an
mir rühmen, damit die Kraft des Christus über mir zelte. Darum ist mir wohl
zumute selbst in Schwachheiten, unter Misshandlungen, in Nöten, in
Verfolgungen, unter Druck um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann
bin ich kraftvoll.«
Zurück zum Galaterbrief: Die Galater
verschmähten Paulus nicht und hielten sein Aussehen auch nicht für widerlich.
Dass sie ihn so lieb hatten, konnte nur eine Frucht des von ihm verkündigten,
herrlichen Evangeliums sein. Wie einen Boten Gottes nahmen sie ihn auf,
schließlich war er ein Botschafter Gottes, ein Mitarbeiter Gottes (1.Kor.3:9),
und ein Verwalter der Geheimnisse Gottes (1.Kor.4:1). Wie Christus Jesus Selbst
hatten sie ihn aufgenommen, denn er verkündigte nicht sich selbst, sondern
Jesus Christus als den Herrn. Christus hatte Gestalt in ihm gewonnen, sodass er
ein Brief Christi an die Menschen war. Seinen Sohn hatte Gott in Paulus
enthüllt, damit dieser Mann Ihn als Evangelium unter den Nationen verkündige
(Gal.1:16). Wer Paulus hörte, hörte Christus.
Glückselig ist ...
»Wo ist nun eure Glückseligkeit geblieben?«, fragt Paulus jetzt. »Denn ich bezeuge euch, dass ihr,
wenn möglich, eure Augen ausgerissen und mir gegeben hättet. Bin ich daher euer
Feind geworden, weil ich wahr gegen euch bin?« (Verse
15 und 16). Ja, wo ist nun ihre einstige Glückseligkeit geblieben? Die
Beobachtung von Gesetzesvorschriften macht nicht glücklich. Nur die Erkenntnis
der Gnade, die in Christus Jesus ist, bewirkt dies, nur der Wandel im Glauben
(2.Kor.5:7), nur das dem Paulus enthüllte Evangelium (Gal.1:12), nur das
Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes (1.Tim.1:11).
Voller Freude und Dankbarkeit über die Gnade,
in der die Galater standen, hätten sie sogar ihre Augen ausgerissen und Paulus
gegeben, dessen Augen wohl geschädigt waren. Dies konnte nur Frucht des Geistes
gewesen sein, des Geistes, den sie beim Hören von Jesu Glauben und nicht aus
Gesetzeswerken erhalten haben (Gal.3:2).
Dies ist die Wahrheit. Wer sie ausspricht,
wird schnell zum Feind. Man sollte meinen, dass die Gläubigen für die Wahrheit
dankbar seien, für die Aufdeckung von Irrtümern oder die Ermahnung, einen geheiligten
Wandel zu führen. Weit gefehlt! Gerade das so genannte »fromme Fleisch«, das
sich selbst Vorschriften auferlegt hat oder liebgewordene Sünden entschuldigt,
schlägt mit aller Schärfe zurück. Alle Verkündiger und Ältesten, die das Wort
Christi ernst nehmen, haben diese bittere Erfahrung schon gemacht oder werden
sie noch machen.
Falsche Eiferer
Des Weiteren offenbart uns Paulus in den
Versen 17 und 18: »Sie eifern um euch nicht in edler Weise, sondern wollen euch
von meiner Verkündigung ausschließen, damit ihr um sie eifert. Trefflich ist
es, dass ihr allezeit um Edles eifert, und zwar nicht nur während meiner
Anwesenheit bei euch.« Der Apostel ringt den edlen
Ringkampf des Glaubens um die Heiligen, dass sie doch in der Gnade bleiben und
nicht den Gesetzeseiferern zum Opfer fallen sollten. Jene eifern um die
Galater, doch dabei suchen sie das Ihre und nicht das, was Christi Jesu ist
(Phil.2:21). Sie reden verdrehte Dinge zu dem Zweck, die Gläubigen an sich zu
reißen (Ap.20:30). Außerdem täuschen sie die Herzen der Arglosen durch gütige
Worte und Segenswünsche (Röm.16:18). Letztlich sind sie Handlanger der Weltbeherrscher dieser Finsternis (Eph.6:12), die die
Gläubigen von dem dem Paulus enthüllten Evangelium
wegziehen wollen. Darum geht der Kampf. Und da das Evangelium der Unbeschnittenheit (Gal.2:7) nicht menschengemäß ist
(Gal.1:11) –wer will sich schon sein Fleisch kreuzigen lassen, seine eigenen
Vorzüge und Leistungen –, haben die Gegner des Paulus großen Erfolg. Da unsere
Rettung allein am Kreuz geschehen und alles Gottes Geschenk in Gnaden ist,
mithin dem Menschen zu seiner Rettung nichts mehr zu tun bleibt, hört man
lieber auf die Feinde des Kreuzes, das heißt auf solche, die dem Fleisch, dem
Wirken des Menschen, einen Platz einräumen. Und dann eifert man um sie, die da
Lasten auferlegten, und will ihnen darin gefallen.
Wohl sollen wir eifern, aber nicht um die
Irrlehrer, sondern für das Edle. Hat Sich doch Christus Selbst für uns
dahingegeben, um uns von jeder Gesetzlosigkeit zu erlösen und für Sich ein Volk
zu reinigen, das um Ihn her sei, einen Eiferer für edle Werke (Tit.2:14). So
werden wir durch Galater 6:9,10 aufgefordert, das Edle zu tun und, wie wir
Gelegenheit haben, für das Gute an allen zu wirken, am meisten aber an den
Gliedern der Familie des Glaubens. Allezeit sollen wir im Werk des Herrn
überfließen, wissen wir doch, dass unserer Mühe im Herrn nicht vergeblich ist
(1.Kor.15:58).
Lasst uns bei all unserem Eifer aber nicht
vergessen, auf den Grund zu bauen, den Paulus als weiser Werkmeister für die
gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes
gelegt hat: Jesus Christus, und diesen als gekreuzigt (1.Kor.3:10). In Ihm sind
wir vervollständigt; nichts fehlt uns mehr vor Gottes Angesicht (Kol.2:10). In
Ihm ist uns alles, aller geistlicher Segen – die Rechtfertigung, die
Versöhnung, der Sohnesstand –, in Gnaden gewährt (Röm.8:32).
Der Lobpreis sei der Herrlichkeit der Gnade
Gottes, die uns in dem geliebten Sohn über alle Maßen begnadet hat (Eph.1:6)!
...
bis Christus in euch Gestalt gewinne!
(Galater 4:19-31)
Verführt von fleischlich gesinnten, judaisierenden, betrügerischen Verkündigern wollen sich
welche in Galatien unter das Gesetz des Mose stellen
und sich beschneiden lassen, wobei ihnen nicht bewusst zu sein scheint, dass
sie damit das Paulus enthüllte Evangelium verfälschen und die Rettung allein
durch Glauben verleugnen wie auch den Wandel durch Glauben verlassen.
Der Apostel Paulus ist erstaunt, dass sie
sich von dem Evangelium abwenden wollen, das sie in Christi Gnade berufen hat,
und ringt um sie. So schreibt er in Galater 4:19: »Meine Kindlein, um die ich
nochmals Wehen leide, bis Christus in euch Gestalt gewinne!«
Wie eine Mutter ist Paulus um die Gläubigen besorgt. Ihn jammert um sie, wie
man um Kindlein jammert. Unmündig wie Kindlein sind sie. Unmündig ist, wer
unter die Grundregeln der Welt (darunter fallen auch die des Gesetzes)
versklavt ist (Gal.4:3,9). Unmündig ist, wer im Fleisch etwas vollenden will,
im Geist aber den Anfang unternommen hat und bereits alles innehat (Gal.3:3).
Jetzt muss Paulus nochmals unter mühevollem Einsatz darauf hinarbeiten, dass
sie erneut aus dem Geist, aus der Abraham gegebenen Verheißung der
Glaubensgerechtigkeit leben. O dass doch Christus in ihnen Gestalt gewinne und
durch den Glauben völlig in ihren Herzen wohne (Eph.3:17); o dass sie sich als
allein in Christus und durch Sein Kreuz Begnadete und Gesegnete erkennen
möchten! - Möge unser Gott und Vater es schenken!
Paulus schreibt weiter: »Ich wollte, ich
könnte jetzt bei euch anwesend sein und den Ton meiner Stimme verändern; denn
ich bin in Verlegenheit, was euch betrifft« (Vers 20). Die Abweichung der
Galater vom Evangelium des Paulus ist so gravierend, dass seine Anwesenheit
dort bei ihnen nötig wäre. Außerdem würden sie dann an seiner Stimme merken,
wie erschüttert er ist. Paulus hatte die Tonlage seines Briefes schon mehrfach
geändert: Zuerst hatte er sein Erstaunen ausgedrückt (1:6), sodann die
Unvernünftigen getadelt (3:1), danach hatte er seine Befürchtungen geäußert
(4:11) und darauf flehentlich um sie geworben (4:12). Jetzt aber ist er in
Verlegenheit, was er denn sonst noch sagen sollte; er weiß nicht mehr weiter,
es hat ihm die Sprache verschlagen.
Paulus fängt sich wieder und unternimmt einen
weiteren Versuch. Er fragt die Galater in Vers 21: »Sagt mir doch, die ihr
unter dem Gesetz sein wollt, versteht ihr denn das Gesetz nicht?« Habt ihr denn gar kein geistliches Verständnis? Wörtlich
heißt es: »Hört ihr das Gesetz nicht?« Wenn sie
richtig hingehört hätten, was das Gesetz des Mose sagt, zum Beispiel:
»Verflucht ist jeder, der nicht bei allen in der Rolle des Gesetzes
geschriebenen Geboten bleibt, um sie zu erfüllen« (Gal.3:10; 5.Mose 27:26),
dann würden sie sich dem Gesetz doch bestimmt nicht unterstellen wollen. Das
Gesetz konnte den Menschen doch nur dahin führen, nach dem Retter, nach
Christus zu rufen (vgl. Gal.3:24).
Christus Jesus
ist aber bereits der Retter und Herr der galatischen Gläubigen. Allein durch
den Glauben an Ihn sind sie Söhne Gottes geworden (Gal.3:26), durch Glauben
wurden sie gerechtfertigt (Gal.3:6) und haben sie den verheißenen heiligen
Geist erhalten (Gal.3:14) - mithin in völliger Freiheit vom Gesetz. Diese
Wahrheit illustriert der Apostel jetzt am Beispiel der zwei Söhne Abrahams. »Es
steht doch geschrieben«, so lesen wir in Vers 22, »dass Abraham zwei Söhne
hatte, einen von der Magd und einen von der Freien.«
Welchem der beiden Söhne gleicht ihr? -
Wie uns
bekannt ist, hatte Abrams Frau Sarai
ihm bis zum Ende der zehn Jahre im Land Kanaan kein Kind geboren, obwohl Abram
die Verheißung einer zahlreichen Nachkommenschaft hatte. Da gab Sarai ihm ihre ägyptische Magd Hagar zur Frau, die ihm
seinen Sohn Ismael gebar, als er 86 Jahre alt war. Im Alter von 99 Jahren
erhielt Abraham sodann die Verheißung, dass seine Frau Sara ihm einen Sohn
gebären werde. Abraham war 100 Jahre alt, als sie ihm seinen Sohn Isaak gebar
(1.Mose 16; 17:16,19; 21:3).
Der Unterschied
In Vers 23 weist Paulus auf den markanten
Unterschied hin: »Jedoch ist der von der Magd dem Fleisch nach gezeugt worden,
aber der von der Freien durch die Verheißung.« Ohne
ein Urteil fällen zu wollen (das steht uns auch gar nicht zu) - Ungeduld,
mangelnde Vollgewissheit der Erwartung und ein schwacher Glaube könnten bei
Abram und Sarai eine Rolle gespielt haben. Paulus nimmt
kein Blatt vor den Mund und sagt: Der von der Magd ist dem Fleisch nach gezeugt
worden, also nicht aus Glauben.
Der von der
Freien dagegen ist durch die Verheißung gezeugt worden. Gott hat es getan;
nichts konnten Abraham und Sara dazu beitragen.
Im Codex Sinaiticus
steht übrigens interessanterweise statt »von der Freien ...« »von der Freiheit
gezeugt«. Sara, die Freie, wird hier mit der Freiheit gleichgesetzt. Dies ist
durchaus verständlich, denn Paulus will an Sara die Freiheit der Gläubigen vom
Gesetz darstellen.
Genau darauf kommt der Apostel Paulus jetzt
in Vers 24 zu sprechen: »Das hat nun auch eine allegorische Bedeutung; denn
diese beiden Frauen stellen zwei Bündnisse dar; das eine vom Berg Sinai, welches
zur Versklavung gebiert, das ist die Hagar.« Wenn
Paulus es auch nicht niederschreibt, so ist doch klar, dass Sara das zweite
Bündnis darstellt, das zur Freiheit gebiert.
Eine Allegorie
ist die Darstellung eines abstrakten Begriffs, hier der Freiheit, auf eine
andere Weise, etwa durch ein Bild oder eine Begebenheit. Das in unserem Fall
zugrunde liegende geschichtliche Ereignis wird gleichnishaft, sinnbildlich oder
auch typologisch gebraucht, um etwas Tiefergehenderes
zu verdeutlichen.
Abrahams Frau
Sara und ihre Magd Hagar sind allegorische Gestalten und stellen zwei Bündnisse
dar, das des Gesetzes vom Sinai, der Hagar entspricht, der Sklavin, die nur
Sklaven gebären konnte, und das der Freiheit, der Sara entspricht, der Freien,
von der nur Freie kommen können. Die erste Zeugung war eine Tat des Unglaubens
und musste in die Gebundenheit führen. Hagar und ihr Nachkomme können
keinesfalls die Gläubigen darstellen. Sara jedoch, ungeachtet ihres Mangels an
Glauben, repräsentiert die Frucht des Geistes Gottes, die frei von
fleischlicher Betätigung erfüllte Verheißung. Was den Glauben anbelangt, sollen
wir Sara nicht gleichen. Aber wir haben ihre Freiheit und sind deshalb Kinder
der Freien und der Freiheit.
So wie Adam
das Haupt der ganzen Menschheit war, so wurde Abraham der Vater aller Gläubigen
und Sara die Mutter aller Freien.
In Vers 25 führt Paulus weiter aus: »Und
Hagar heißt ja auch in Arabien der Berg Sinai; sie steht also in einer Reihe
mit dem jetzigen Jerusalem, weil dieses mit seinen Kindern versklavt ist.« In Arabien wird der Berg Sinai bezeichnenderweise Berg
Hagar genannt. Das Bündnis vom Sinai führte in die Sklaverei, denn es beruhte
auf in Stein gemeißelten Buchstaben, die verurteilten und töteten. Inwiefern
stellt Hagar das jetzige Jerusalem dar? Dabei müssen wir an das Jerusalem
denken, das damals, zu des Paulus Lebzeiten, bestand.
Seine Bewohner nannten sich allesamt Söhne Abrahams, waren aber dennoch eifrige
Verfechter des Gesetzes. Nun verbindet Paulus die Bewohner mit ihrer Stadt,
nennt die Stadt ihre Mutter, setzt sie der Hagar gleich und definiert die
Gesetzeseiferer als ihre versklavten Kinder. Damit macht Paulus den galatischen
Gläubigen deutlich, dass die Judaisten, die
versuchen, ihnen das Gesetz aufzudrängen, von gleichem Rang sind wie Ismael,
also Sklavenkinder.
Welch ein Gegensatz tut sich mit Vers 26 auf:
»Das Jerusalem droben aber ist frei: das ist unser aller Mutter.« Paulus hätte auch schreiben können: Sara aber ist frei:
sie ist unser aller Mutter. Sara ist das Jerusalem droben, die Mutter aller in
der Gnade Geretteten, die Mutter der aus Glauben Lebenden, die Mutter derer,
die aus der an Abraham ergangenen Verheißung leben, die in Christus Jesus
erfüllt ist. Ist Christus etwa nicht die Vollendung des Gesetzes, zur
Gerechtigkeit für jeden, der glaubt (Röm.10:4)?
Paulus stellt
dem damaligen Jerusalem nicht eines einer anderen Zeit gegenüber, sondern einer
höheren Region. Dieses obere Jerusalem lässt sich nämlich zeitlich nicht
eingrenzen, denn es ist der Freiheitsbereich des Glaubens, es symbolisiert die
Freiheit aller Glaubenden zu allen Zeiten. Das Jerusalem droben ist aber auch
räumlich nicht fassbar, ist auch kein Bauwerk, sondern unser Lebensraum; es ist
die Freiheit, die wir atmen. Es ist unsere Gerechtigkeit aus dem Glauben
Christi Jesu. Wir dürfen es auch nicht auf das überhimmlische Königreich
Christi begrenzen, in welchem wir die beiden zukünftigen Äonen verbringen
werden (Eph.2:7; 2.Tim.4:18), denn auch die Gläubigen Israels, die im
Königreich Jesu Christi auf der Erde leben werden, sind Freie, denn der Sohn
hat sie frei gemacht (Joh.8:36); sie sind aus Glauben gerettet, und sie werden
aus Glauben leben, wenn sie ihren Glauben auch im Rahmen des Gesetzes ausüben
werden. Mithin: Wo und wann auch immer Menschen sich aus dem Glauben Jesu
Christi gerettet wissen, dort ist das Jerusalem droben; ob damals oder heute,
ob im überhimmlischen Königreich, im tausendjährigen Königreich auf dieser Erde
oder im Jerusalem auf der neuen Erde, spielt keine Rolle. Das Jerusalem droben
ist durch seine Wesensart gekennzeichnet. Das damalige gesetzeseifernde
Jerusalem hatte, obwohl seine Bewohner buchstäblich Kinder Saras waren, den
Charakter der Hagar. Die im Geist Wandelnden aber haben das Jerusalem droben
zur Mutter und sind damit ihrer Wesensart nach Kinder der Sara.
Im Übrigen
dürfen wir uns auch die in Hebräer 11:16, 12:22 und 13:14 angesprochene Stadt,
das überhimmlische Jerusalem, nicht als eine Stadt mit Häusern und Straßen
vorstellen, sondern als den Inbegriff göttlicher Segenssphäre.
In 2.Korinther
3:6 schreibt Paulus, dass wir Diener eines neuen Bundes sind - und dieses
Bündnis ist mit dem Saras zu beschreiben -, nicht des Buchstabens, sondern des
Geistes, denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. »Der Herr
aber ist dieser lebendig machende Geist. Wo aber der Geist des Herrn ist, da
ist Freiheit. Wir alle aber, mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des
Herrn widerspiegelnd, werden in dasselbe Bild umgestaltet von Herrlichkeit zu
Herrlichkeit wie von des Herrn lebendig machendem Geist« (2.Kor.3:17,18).
Der Apostel verknüpft seine Allegorie mit dem
Anbruch des Tages des Herrn, um ein Beispiel für das Leben in Neuheit des
Geistes anzuführen, und zitiert in Vers 27 Jesaia 54:1, denn dann wird Israel
durch die Erfahrung Saras gehen: »Denn es steht geschrieben: Sei fröhlich, du
Unfruchtbare, die du nicht gebierst! Brich in Jubel aus und rufe
laut, die du nicht Wehen leidest! Denn zahlreich sind die Kinder der
Vereinsamten, mehr als die Söhne der, die ihren Mann hat.«
Für Israel, die unfruchtbare Nation, wird sich diese Verheißung erfüllen, so
wie sich für Sara, die Unfruchtbare, die Verheißung erfüllte. Zu jener Zeit
wird es keine Sklaverei, keine Unfreiheit mehr geben.
Dies ist die
Frucht des Leidens und Sterbens Jesu Christi, wie es in Jesaia 53 prophezeit
ist, nicht einer Werkgerechtigkeit. Unsere Verse Jesaia 54:1-3 schließen
unmittelbar an Jesaia 53:11,12 an, wo es von dem Knecht Jewes
heißt: »Von der Mühsal Seiner Seele soll Er Licht sehen ... Rechtfertigen soll
Mein gerechter Knecht die Vielen, und ihre Verworfenheit wird Er Sich
aufbürden. Deshalb will Ich Ihm die Vielen zuteilen; und den Starken wird Er
die Beute zuteilen: dafür, dass Er Seine Seele in den Tod dahingab und unter
die Übertreter gerechnet wurde, da Er die Sünde der Vielen trug und für die
Übertreter eintrat.«
Mithin kann Paulus in Vers 28, die gesamte
Botschaft seines Briefes an die Galater bekräftigend, zusprechen: »Ihr aber,
Brüder, seid wie Isaak, Kinder der Verheißung.« Ja, so
ist es, denn sie sind in der Gnade Berufene. Wer Abraham somit zum Vater hat,
dem der Glaube zur Gerechtigkeit angerechnet wurde, und Sara zur Mutter, frei
von dem Gedanken, eine eigene Gerechtigkeit durch Gesetzeswerke aufstellen zu
wollen, ist wie Isaak, ein Kind der Verheißung, denn wer Christus angehört, ist
Abrahams Same und Losteilinhaber nach der Verheißung (Gal.3:29). Wir sind
ebenso wie Isaak auf wunderbare, übernatürliche Weise geworden, zum Lobpreis
der Herrlichkeit der Gnade Gottes.
Die Fleischgemäßen jedoch ...
In Vers 29 kommt Paulus auf die Auswirkungen der
Gesetzesgerechtigkeit, jenem fleischgemäßen Verhalten, zu sprechen: »Doch
ebenso wie damals der nach dem Fleisch Gezeugte den nach dem Geist Gezeugten
verfolgte, so geschieht es nun auch heute.« Ja, so war
es schon immer: Ismael sah bei der Entwöhnungsfeier für Isaak verächtlich auf
ihn herab (1.Mose 21:9); Saul verfolgte David; die Welt hasste unseren Herrn
Jesus Christus, und sie hasst uns (Joh.15:19); das fleischgemäße Judentum
tötete die Propheten und unseren Herrn und verfolgte Paulus nahezu von Stadt zu
Stadt; wiederholt wollten sie ihn töten. Die Judaisten
in Galatien suchten das Evangelium des Apostels
Paulus zu zerstören. Von ihnen schreibt Paulus in Galater 6:12: »Alle, die im
Fleisch ein gutes Ansehen haben wollen, diese nötigen euch (Galater),
beschnitten zu werden, nur um nicht wegen des Kreuzes Christi (wegen der allein
darin liegenden Rettung) verfolgt zu werden.«
Und so ist es auch heute: Die Fleischgemäßen,
die nur eine Form der Frömmigkeit haben, deren Kraft aber verleugnen, die auf Gebote,
Feiertage und Rituale achten, unterdrücken die, die das Wort der Wahrheit
lieben, alle Gedanken unter den Gehorsam des Christus gefangennehmen
(2.Kor.10:5) und ihre Heiligkeit in der Furcht Gottes vollenden wollen
(2.Kor.7:1). Es ist so, wie es in 2.Timotheus 3:12 geschrieben steht: »Aber
auch alle, die fromm leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden.«
Treibe sie hinaus!
Das wird aber nicht immer so bleiben, denn
wir lesen in Vers 30: »Was sagt jedoch die Schrift: Treibe diese Magd und ihren
Sohn hinaus; denn der Sohn der Magd soll keinesfalls das Losteil
mit dem Sohn der Freien genießen.« Was die Schrift
sagt, sind in diesem Falle die Worte der Sara an Abraham: »Treibe diese Magd
und ihren Sohn fort; denn der Sohn dieser Magd soll nicht mit meinem Sohn das
Erbe einnehmen, mit Isaak!« (1.Mose 21:10). Das waren
prophetische Worte. Sie bedeuten viel mehr als nur das äußere Geschehen. Die
Anwesenheit Ismaels im Hause Abrahams war
vorübergehend; mithin ist auch die Anwesenheit des Fleisches befristet. Das
Israel nach dem Fleisch wird das Königreich Gottes nicht sehen, sondern nur die
Gnadenauswahl (Röm.11:5,7). »Denn nicht der ist Jude, der es sichtbar ist; noch
ist das Beschneidung, was sichtbar am Fleisch geschieht; sondern der ist Jude,
der es innerlich, im Verborgenen ist; und Beschneidung des Herzens ist im
Geist, nicht im Buchstaben; dem wird Lobpreis zuteil, zwar nicht von Menschen,
sondern von Gott« (Röm.2:28,29).
Der Lobpreis und das Losteil
wird nicht dem Sklaven, sondern dem Freien, dem nach
dem Geist Gezeugten, zuteil. Denn »der Sklave bleibt nicht für den Äon im Haus,
der Sohn jedoch bleibt für den Äon«, sagte unser Herr Jesus Christus in
Johannes 8:35. Und Söhne sind wir, und zwar Söhne Gottes allein durch den
Glauben an Christus Jesus (Gal.3:26). Wer aber Sohn ist, der erhielt beim
Glaubensanfang auch den Geist des Sohnes, sodass wir den allgewaltigen Gott nun
freimütig mit »Abba, Vater!« anreden dürfen. Und wer
»Abba, Vater!« sagt, ist nicht mehr Sklave, sondern
Sohn, wenn aber Sohn, dann auch Losteilinhaber Gottes durch Christus
(Gal.4:6,7).
Das uns zugeeignete Losteil,
das heißt der uns wie durch ein Los in der Gnade für die kommenden Äonen
gegebene Segens- und Aufgabenbereich, ist das überhimmlische Königreich Christi
(Röm.8:17; Eph.1:14; 2.Tim.1:14). In den beiden kommenden Äonen werden wir
Glieder der Körpergemeinde Christi inmitten der überhimmlischen Regionen und
Geschöpfe in Christus Jesus niedergesetzt werden, damit unser Gott und Vater
den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus
Jesus zur Schau stelle. Denn in der Gnade sind wir Gerettete, durch Glauben,
und dies ist nicht aus uns, sondern Gottes Nahegabe,
nicht aus Werken, damit sich niemand rühme (Eph.2:6-9).
Kinder der Freien
Paulus schließt seine Ausführungen mit dem
frohen Ausruf: »Darum, Brüder, sind wir nicht Kinder der Magd, sondern der
Freien« (Vers 31). Darum - nach alledem - stehen wir nicht unter dem Gesetz,
sondern unter der Gnade (Röm.6:14).
»Meine Kindlein, um die ich nochmals Wehen
leide, bis Christus in euch Gestalt gewinne!« Mit diesen ans Herz gehenden
Worten hatte Paulus unseren Schriftabschnitt eingeleitet. Wir dürfen sicher
sein, dass die Galater nach seiner eindringlichen Darlegung unserer Freiheit in
Christus nun keine Kindlein mehr der Erkenntnis nach sind, sondern sich als
Kinder der Freien erkannt haben und Christus somit Gestalt in ihnen angenommen
hat. Der Apostel ist zum Ziel seiner Bemühungen gekommen.
Mögen wir alle durch Gottes Geist standhaft
werden am inneren Menschen und uns nicht von Irrlehrern verführen lassen. Mögen
wir uns als allein durch Glauben Gerechtfertigte und
allein in der Gnade Gerettete erkennen und uns mithin nur in Christus Jesus,
unserem Herrn, rühmen. Möge nur Er, Christus, allen Raum in unseren Herzen
einnehmen in Seinem Rettungswerk wie auch in unserem gehorsamen Wandel und
hingebungsvollen Dienst. Ihm aber, der uns alle zum Ziel bringt, dem Gott und
Vater unseres Herrn Jesus Christus, sei der Lobpreis und die Verherrlichung für
die Äonen der Äonen! Amen!
Wie man aus der Gnade fallen kann
(Galater 5:1-12)
Das Fundament unseres Glaubens ist das Wort
vom Kreuz; dies besagt nach Römer sechs, dass wir mitgekreuzigt
und gestorben sind - wir, das alte Menschentum, der alte Adam -, sodass nichts
aus uns sein kann, sondern alles nur Gnade ist; nichts können wir zur Rettung
beitragen, alles ist Gnade, alles ist nur aus Gott und nur durch Jesus
Christus, unseren Herrn.
Der Apostel Paulus verteidigt das ihm enthüllte
Evangelium, das Evangelium der Unbeschnittenheit, mit
dem er betraut wurde (Gal.1:12; 2:7). Er hat den Gläubigen in Galatien eindringlich klar gemacht, dass sie allesamt Söhne
Gottes sind allein durch den Glauben an Christus Jesus und sie nicht durch Gesetzeswerke,
die irgendwelche Judaisten ihnen gerade aufzunötigen
versuchen, gerechtfertigt wurden; er hat ihnen dargelegt, dass das Gesetz den
Bund mit Abraham nicht aufgehoben hat, sodass sie aufgrund der an Abraham
ergangenen Segensverheißung den Geist Gottes erhielten und nicht durch
Gesetzesrituale; und schließlich hat er ihnen eindrücklich vor Augen gemalt,
dass sie nicht Kinder Hagars, der Magd Abrahams,
sind, die zur Versklavung gebar, sondern Kinder Saras, der freien Frau Abrahams
und mithin völlig frei vom Gesetz des Mose. Die Galater wurden in Christi Gnade
berufen; und darin sollen sie auch bleiben und ihren Glauben nicht befrachten
und ersticken mit allerlei versklavenden religiösen Grundregeln der Welt.
In unserem Schriftabschnitt Galater 5:1-12
schließt Paulus nun seine Verteidigung mit prägnanten, an Deutlichkeit nicht zu
wünschen übriglassenden Worten ab. Er schreibt in Vers 1: Für die Freiheit hat
Christus uns frei gemacht. Stehet nun fest in ihr, und lasst euch nicht wieder
im Joch der Sklaverei festlegen.« Jetzt wissen wir,
wozu Christus uns befreit hat: damit wir als Freie leben, frei von
Vorschriften, Ritualen, sogenannten Sakramenten, Werken, Opfern, frei von der
Beachtung von Sabbaten und Feiertagen.
Christus Jesus, Er Selbst,
Er hat uns frei gemacht. Mögen wir folglich nur in Ihm leben, in der gesegneten
freien Beziehung der Freude und der Liebe. Eine Wohlbotschaft ist doch das
Evangelium Gottes über Seinen Sohn Jesus Christus, unseren Herrn, Freude vermittelnd
und Gegenliebe auslösend.
Am Kreuz hat Christus alles vollbracht. Dort starb nicht nur Er, sondern auch wir, denn unser altes
adamitisches Wesen wurde mitgekreuzigt und das
Fleisch schmachvoll abgetan. Mithin vermag das Fleisch Gott nichts mehr
darzubringen. Nur als Mitauferweckte und in Christus
Jesus Lebende, nur als im Geist und durch Glauben Handelnde können wir Gott wohlgefallen.
Mögen wir fest in unserer Freiheit stehen, in
der Gemeinschaft mit unserem Herrn Jesus Christus von Angesicht zu Angesicht,
Seine Herrlichkeit widerspiegelnd und in Sein Bild umgestaltet werdend von
Herrlichkeit zu Herrlichkeit (2.Kor.3:18). Dann werden wir uns nicht mehr von
irgendwelchen Gesetzen unterjochen lassen. Ein Joch der Sklaverei war das
Gesetz. Petrus selbst sagte auf dem so genannten Apostelkonzil in Jerusalem im
Jahre 49: Was versucht ihr denn Gott, indem ihr auf den Hals der Jünger (aus
den Nationen) ein Joch legt, das weder unsere Väter noch wir zu tragen
vermochten?« (Ap.15:10).
Seine ganze apostolische Vollmacht ins Spiel
bringend, stellt Paulus in Vers 2 klar: Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr
euch beschneiden lasst, wird Christus euch nichts nützen.«
Ich, der Apostel Christi Jesu, der die herausgerufene Gemeinde außerordentlich
verfolgte, dem Gott angesichts dieser Sünde in absoluter Gnade Seinen Sohn
enthüllte, damit er Ihn und nichts anderes als Evangelium unter den Nationen herolde, ich, der ich nicht mich selbst verkündige, sondern
Christus Jesus, sage euch: Entweder - oder; ihr könnt nicht beides haben;
entweder Beschneidung oder Christus!
Wenn ihr aber die Beschneidung wählt, dann
ist Christus nutzlos für euch. Wenn du die überkommenen religiösen und
kirchlichen Verpflichtungen wählst, um vor Gott gut dazustehen, dann ist
Christus in deinen Augen ohne Grund gestorben (Gal.2:21). Den Segen Christi
wollt ihr haben, die Schmach Seines Kreuzes aber nicht tragen, also euch nicht
allein aufgrund der Gnade gerettet wissen; dann wird Christus euch nichts
nützen, denn ihr werdet nicht mehr erkennen, dass Christus Jesus in euch ist
(2.Kor.13:5), und werdet folglich freudlos und eurer Rettung ungewiss eure Tage
verbringen, und die überwältigende, erhebende Gnade wird ein kraftloses Wort
für euch sein.
Früher sicherte die Beschneidung den Juden
Vorrechte, heute, in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung
der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25), ist sie ein Zeichen des
Abfalls.
Paulus fährt fort: Nochmals bezeuge ich es
jedem Menschen, der sich beschneiden lässt, dass er es schuldig ist, das ganze
Gesetz zu halten« (Vers 3). Seid ihr euch bewusst, dass ihr eine uneinlösbare Verpflichtung eingehen würdet? Wisst ihr
nicht, dass aus Gesetzeswerken überhaupt kein Fleisch vor Gottes Augen
gerechtfertigt werden wird (Röm.3:20)? Hinzu kommt: Wer das ganze Gesetz halten
will, aber in einem strauchelt, ist allem verfallen« (Jak.2:10). Die
Beschneidung ist dann nicht nur nutzlos - für einen Übertreter des Gesetzes ist
die Beschneidung nämlich Unbeschnittenheit geworden
(Röm.5:25) -, sondern darüber hinaus ein Fluch, wie geschrieben steht:
Verflucht ist jeder, der nicht bei allen in der Rolle des Gesetzes
geschriebenen Geboten bleibt, um sie zu erfüllen« (Gal.3:10; 5.Mose 27:26).
Nach dem Evangelium des Apostels Paulus
stehen wir nicht unter dem Gesetz, und dennoch gibt es auch heutzutage
Gläubige, die sich unter das Gesetz stellen, nicht beachtend, dass es nur
Israel gegeben ist und wir unter der Gnade stehen (Röm.2:14; 6:14). Solche
schneiden das Wort der Wahrheit nicht richtig oder gar nicht, unterscheiden
mithin nicht zwischen den Worten Gottes, die an Israel gerichtet sind, und den
Worten, die der Gemeinde gesagt sind, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23).
Jede biblische Wahrheit muss aber in ihrem sachlichen, zeitlichen und
personellen Zusammenhang gesehen werden - eigentlich eine
Selbstverständlichkeit.
Wer von sich sagt: Ich bin ein guter Christ
und halte die zehn Gebote - er hat weder nachgeschlagen noch nachgedacht -,
braucht Christus natürlich nicht, lernt Ihn auch nicht kennen, wird nicht in
Ihm befunden und ist des Weiteren immun gegen das Evangelium der Gnade. Er ist
in einem Bann (Gal.1:9); er ist geblendet; der Lichtglanz des Evangeliums der
Herrlichkeit des Christus erstrahlt ihm nicht (2.Kor.4:4).
Hören wir jetzt Vers 4: Ihr seid des Segens
enthoben und von Christus abgetrennt, die ihr durch das Gesetz gerechtfertigt
werden wollt: ihr seid aus der Gnade gefallen.« Im
Griechischen lauten die ersten Worte: ihr seid enthoben und weg von Christus.
Das griechische Wort für entheben kann auch mit von oben her abtun« oder von
oben her unwirksam gemacht werden« übertragen werden, und zwar in dem Sinne:
ihr seid der Wirksamkeit entzogen worden, in unserem Zusammenhang der
Wirksamkeit des Segens und der Gnade. Und was ist unter aus etwas fallen« zu
verstehen? Aus etwas fallen« ist das Gegenteil von in etwas fest stehen«.
Die Galater, die durch Gesetzeswerke, und die
Gläubigen heute, die durch irgendein eigenes Tun gerechtfertigt werden wollen -
mithin getrennt von Christus -, verlieren nicht ihre Rettung in Christus
Jesus - sie sind ja mit
heiligem Geist versiegelt (Eph.1:13) -, sondern verlieren den Segen der
Rettung, die Freude über ihre Rettung. Ihre Rettung wirkt sich nicht aus in
einem Wandel in Frömmigkeit, das heißt in einem Gott verherrlichenden Wandel.
Ihre Rettung wirkt sich auch nicht aus in einem hingebungsvollen Dienst. Im
Gegenteil: wer aus eigener Kraft wirkt, ist bald erschöpft und ausgelaugt. Du
nun, mein Kind, kräftige dich in der Gnade, die in Christus Jesus ist!« (2.Tim.2:1).
Man verliert nicht Gottes Gnade - keineswegs
-, denn sie ist, wie wir wissen, überströmend (Röm.5:20), und wir wissen: die
Er vorherbestimmte, berief und rechtfertigte, die verherrlicht Er auch
(Röm.8:30), aber sie hat keinen Raum mehr, um zu wirken. Wer sich aufgrund
eigener Leistungen vor Gott etwas ausrechnet, lehnt die Gnade ab (Gal.2:21).
Damit ist sie unwirksam gemacht. Man ist aus der Sphäre gefallen, in der die
Gnade wirkt; man ist unfruchtbar für das Evangelium, das uns in Christi Gnade
berufen hat (Gal.1:6).
Vielfältig ist die Wirksamkeit der Gnade: Die
rettende Gnade bringt uns zum Loben und Danken, denn in der Gnade sind wir
Gerettete, und dies ist nicht aus uns, sondern Gottes Nahegabe,
nicht aus Werken, damit sich niemand rühme (Eph.2:8,9). Die erziehende Gnade
erreicht es, dass wir die Unfrömmigkeit und die
weltlichen Begierden verleugnen und vernünftig, gerecht und fromm in dem
jetzigen Äon leben (Tit.2:12). Die dienstfähig machende Gnade baut uns auf, uns
im Wettkampf der Verbreitung des dem Apostel Paulus enthüllten Evangeliums
einzusetzen, wobei wir wissen, dass nicht wir es sind, die sich da mühen,
sondern es die Gnade Gottes ist, die mit uns ist (1.Kor.15:10).
In Hebräer 13:9 lesen wir: Lasst euch nicht
von mancherlei und fremden Lehren wegtragen; denn es ist trefflich, das Herz in
der Gnade stetig zu machen, nicht durch Speisen, mit denen den darin Wandelnden
nicht genützt werden kann.«
Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf dichtete:
Gottes Führung fordert Stille.
Wo der Fuß noch selber rauscht,
wird des treuen Vaters Wille
mit der eignen Wahl
vertauscht.
Wer da leben will, der sterbe;
wer nicht stirbt, der lebet nicht.
Ehe denn das Fleisch verderbe,
sehn wir nicht das Gnadenlicht.
In Vers 5 stellt Paulus die richtige Haltung
der Gläubigen dar: »Wir warten doch im
Geist aus Glauben auf das Erwartungsgut der Gerechtigkeit.«
Im Geist warten und erwarten wir, denn wir sind der geistlichen Tatsache
unserer Neuschöpfung in Christus entsprechend nicht mehr im Fleisch, sondern im
Geist, wenn Gottes Geist in uns wohnt (Röm.8:9). Im Geist wandeln wir,
geistgemäß, als Geistliche, sofern wir die diesbezüglichen Anweisungen, zum
Beispiel in Römer sechs und acht, beherzigen. Im Geist bringen wir Gott
Gottesdienst dar, aus huldigendem Herzen und nicht in äußeren Formen
(Phil.3:3).
Aus Glauben warten und erwarten wir, denn
durch Glauben wandeln wir hier (2.Kor.5:7). Und wenn schon Habakuk
sagte: »Der Gerechte wird aus Glauben leben« (2:4), so gilt dies fraglos auch
in der gegenwärtigen Verwaltung, die ausdrücklich im Glauben besteht
(1.Tim.1:4). Im Glauben stehen wir in der Gnade, die in Christus Jesus ist, und
mögen uns folglich - Römer 5:2 bringt es in diesen Zusammenhang - in Erwartung
der Herrlichkeit Gottes rühmen.
Die Herrlichkeit Gottes dürfen wir durchaus
mit dem Erwartungsgut der Gerechtigkeit in Verbindung bringen, auf das wir
warten. Die uns derzeit schon zuteil gewordene Gerechtigkeit - unser Glaube
wurde uns zur Gerechtigkeit angerechnet - ist nicht alles, sondern wird sich
auch in der Zukunft segensreich entfalten. Denn noch haben wir allen
geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in Christus im Geist durch
Glauben, aber unser Körper ist noch nicht freigelöst, auch haben wir nur ein
Angeld des Geistes. Dann aber, am Tag Christi, werden wir verwandelt und dem
Bilde des Sohnes Gottes gleichgestaltet werden; unser Körper wird dem Seinen an
Herrlichkeit gleichen (Röm.8:29; Phil.3:21). Wir, die wir jetzt schon unserem
Gnadenstand nach in
Christus vervollständigt sind
(Kol.2:10), werden dann in jeder Weise vollendet sein.
Zum Erwartungsgut der Gerechtigkeit gehört
selbstverständlich auch unser äonisches Leben in Christus Jesus, unserem Herrn,
das Leben in den zukünftigen Äonen, das Gerechtfertigten sehr wohl aus Gnaden,
aber auch von Rechts wegen gegeben wird. Gerechten gebührt das äonische Leben.
Gott hat uns gerechtfertigt, für gerecht erklärt.
In Vers 6 bekräftigt Paulus nochmals den
Glauben: »Denn in Christus Jesus vermag weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit etwas, sondern nur der Glaube, der durch
die Liebe wirksam ist.« Der Gedankengang ist
folgender: Aus Glauben warten wir, denn nur der Glaube vermag etwas (oder: ist
zu etwas stark, oder: bringt etwas zuwege). Für Menschen in Christus Jesus, in
diesem höchsten Stand, gibt es überhaupt nichts anderes als den Glauben, dazu
die Erwartung und die Liebe, worin wir leben. Es gibt überhaupt nichts anderes
als das Kreuz Christi, worauf wir gründen und das uns alles Eigene genommen
hat. Und mithin überhaupt nichts anderes als die Gnade, in der wir feststehen
sollen.
Nur dieser so beschriebene Glaube bringt uns
allen Segen, nicht etwa die Umsinnung, auch Buße oder
Bekehrung genannt, nicht das Bekenntnis zum Herrn Jesus Christus, auch Zeugnis
genannt, nicht die Wassertaufe und nicht die Mitgliedschaft in einer Kirche.
Wer sich darauf stützt, ist aus der Gnade gefallen. »Denn in Christus Jesus
gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit etwas,
sondern nur eine neue Schöpfung« (Gal.6:15).
Die allein in Christus Jesus neu Erschaffenen
glauben, und der Glaube ist, da er eine Gnadengabe Gottes ist (Phil.1:29),
wirksam, und zwar durch die Liebe. Es ist nicht Bedingung der Rettung, dass der
Glaube seine Wirksamkeit erweist; sondern es verhält sich so, dass diese
geistliche Gabe sich von Natur aus durch die Liebe äußert.
»Stehet fest im Glauben!«,
heißt es in 1.Korinther 16:13. Wer somit an der Rechtfertigung allein aus
Glauben festhält, wird erfahren, dass der Glaube seine Kraft entfaltet. Da der
Glaube auf unseren Gott und Vater und unseren Herrn Jesus Christus bezogen ist,
will er immer mehr von ihnen erfahren, wird er sich mit den Worten Gottes und
besonders der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren (1.Tim.4:6) und
unausbleiblich wachsen, sodass die Frucht dieser geistlichen Haltung sichtbar
wird, und zwar insbesondere in der Liebe. Und dann werden wir unsere Freiheit
vom Gesetz, zu der wir in Christus Jesus berufen wurden, nicht zu einem Anlass
für das Fleisch - zu fleischlichem Verhalten - werden lassen, sondern einander
durch die Liebe sklaven. In Vers 13 kommt Paulus
darauf zu sprechen; doch hier in den Versen 5 und 6 hat er den Grund dafür
gelegt.
Mit den Versen 7 bis 12 ermahnt der Apostel
die Galater abschließend, auf keinen Fall den betrügerischen Arbeitern
nachzugeben. Zunächst erinnert er sie an den guten Anfang, den sie gemacht
hatten: »Ihr hattet trefflich zu rennen begonnen« (Vers 7a). Schon in Galater
3:3 hatte er ihnen bestätigt, dass sie den Anfang nicht im Fleisch, sondern im
Geist unternommen hatten. Nun aber muss Paulus fragen: »Wer hindert euch daran,
von der Wahrheit überzeugt zu werden?« (Vers 7b).
Diese judaisierenden Brüder hatten sie mit ihren
Worten beunruhigt und ihre Seelen verstört, wie Jakobus in seinem Erlass in
Apostelgeschichte 15:24 schreibt, sodass sie in der Wahrheit des Evangeliums
nicht fest werden konnten. Mögen wir die Geister ebenso wie Paulus in Vers 8
klar unterscheiden können: »Seine Überredungskunst stammt nicht von dem, der
euch beruft.« (Die Einzahl ist nur durch die
Fragestellung: »Wer?« bedingt.) Da hatten welche die
Galater mit ihren Überredungskünsten »bezaubert« - so die Ausdrucksweise des
Apostels in Galater 3:1 -, vor deren Augen er doch Jesus Christus als
Gekreuzigten gezeichnet hatte. Die Irrlehrer waren nicht von dem in die Gnade
berufenden Herrn Jesus Christus gesandt. Auch Jakobus betont, dass welche in
die Ferne hinausgegangen waren, denen die Apostel und Ältesten in Jerusalem
keinen Auftrag gegeben hatten (Ap.15:23).
»Schon
ein klein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig« (Vers 9). Die Lehre
jener Judaisten verdirbt und zerrüttet den Glauben
ganzer Gemeinden. Hütet euch also vor ihnen! »Lasst euch nicht irreführen: üble
Gespräche verderben gütige Charaktere. Werdet rechtschaffen ernüchtert und
sündigt nicht! Denn einige haben keine rechte Gotteserkenntnis; zu eurer
Beschämung muss ich so zu euch sprechen!«
(1.Kor.15:33,34).
In dieser Krise vertraut Paulus auf den
Herrn; er schreibt in Vers 10a: »Ich habe aber das Vertrauen im Herrn zu euch,
dass ihr euren Sinn auf nichts anderes richten werdet.«
Sein Vertrauen zu den Galatern ist im Herrn begründet, der nach den
geistgeleiteten Darlegungen des Galaterbriefs die Herzen auf nichts anderes als
das Evangelium des Apostels Paulus richten wird.
»Wer euch aber beunruhigt«, merkt Paulus noch
an, »wird sein Urteil zu tragen haben, wer er auch sein möge.«
Wer auch immer Verwirrung stiftet und das Evangelium des Christus verkehrt
(Gal.1:7), ob Jude oder Grieche, ob echten oder geheuchelten Glaubens, ob
damals der Lehre der zwölf Apostel zugeordnet und somit das Königreich Israels
erwartend oder der Lehre des Apostels Paulus übergeben (Röm.6:17) - jeder wird
sein Urteil nach seinen Werken empfangen (2.Kor.11:15). Was uns anbelangt,
werden wir alle vor der Preisrichterbühne Christi und Gottes dargestellt
werden, und jeder von uns wird Gott Rechenschaft geben müssen (Röm.14:10,12;
2.Kor.5:10).
Anscheinend haben die Beschneidungseiferer
seltsamerweise auch behauptet, Paulus selbst herolde
doch ebenso wie sie die Beschneidung. Kurz und bündig schreibt Paulus in Vers
11 dazu: »Ich aber, Brüder, wenn ich wirklich noch Beschneidung herolde, was verfolgt man mich da noch?«
Sie verfolgen ihn - damit ist dieses Gerücht widerlegt.
Der Hass der Juden gegen »das Kreuz allein«
findet seinen Ausdruck im Hass gegen Paulus. Wenn Paulus das Kreuz Christi und
noch etwas vom stolzen Menschen Vorzuweisendes lehren würde, würde er nicht
verfolgt werden, wie er auch in Galater 6:12 feststellt: »Alle, die im Fleisch
ein gutes Ansehen haben wollen, diese nötigen euch, beschnitten zu werden, nur
um nicht wegen des Kreuzes Christi verfolgt zu werden.« Auch heutzutage finden
Gläubige, die »die Gnade allein« verkündigen - diese besondere Botschaft des
Paulus -, bei fleischlichen Gläubigen kein Gehör und manchmal sogar Verachtung.
Wir lesen in Vers 11 weiter: »Dann (wenn
Paulus noch Beschneidung herolden würde) wäre ja das
Anstoßerregende des Kreuzes Christi aufgehoben!« Nicht
das Kreuz als solches ist das Anstoßerregende, denn es ist ja Glaubensgut aller
Heiligen. Das Anstoßerregende ist die Allgenugsamkeit
des Kreuzes vor Gott zur Rettung der Menschen. Dass der Mensch nach dem
Evangelium des Apostels Paulus nichts, aber auch gar nichts - kein Ritual, kein
Werk - zu seiner Rettung beitragen kann, ist das Ärgernis! Uns aber macht die
Tatsache froh, dass am Kreuz alles vollbracht wurde! Christus allein ist unsere
Gerechtigkeit!
In 1.Korinther 1:18 schreibt Paulus: »Das
Wort vom Kreuz ist zwar denen, die umkommen, eine Torheit; uns aber, die
gerettet werden, ist es Gottes Kraft.« Dass
Ungläubigen das Kreuz nichts bedeutet, können wir ja verstehen; dass das Wort
vom Kreuz aber Gläubigen nicht zu einer in allen Lebenslagen tragenden, fest-
und frohmachenden Gotteskraft wird, weil sie nicht allein darauf bauen, betrübt
uns. Doch wer sich neben dem Kreuz sonst noch etwas vor Gott zugute hält, lebt
nicht aus der Gnade, ist aus der Gnade gefallen.
Man kann solche Gläubigen sogar als Feinde
des Kreuzes bezeichnen. Wie denn das? Lesen wir Philipper 3:17-19: »Werdet
meine Mitnachahmer, Brüder, und achtet auf die, die
so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt. Denn viele andere, die wandeln (ich
sagte es euch schon oft von ihnen und sage es nun unter Schluchzen), sind
Feinde des Kreuzes Christi, deren Abschluss der Untergang, deren Gott der Leib
und deren Herrlichkeit in ihrer Schande ist, die nur auf das Irdische sinnen.« Hierzu schrieb Bruder A. E. Knoch
im »Unausforschlichen Reichtum« 1944, Seite 152: »So
widersinnig es scheint, sind doch die meisten Freunde Christi Feinde Seines
Kreuzes. Sie sind willig, sich von ihren Sünden und Bosheiten scheiden zu
lassen und Ihn als Retter anzunehmen, aber sie wollen nicht von ihren guten
Eigenschaften oder persönlichen Vorzügen und Überlegenheiten
absehen und allein in Ihm erfunden werden. Sie erkennen nicht, dass die Art und
Weise des Todes Christi ein Ende hinter alles setzt, was auch der religiöse
Mensch in sich selbst ist. Sie wünschen, noch jemand zu sein, und dies macht
sie dem Kreuz Christi feindlich gesinnt. Ihre Einstellung wird unter
verschiedenen wohllautenden Bezeichnungen verkleidet, die einen latenten
Hochmut auf ihre Abstammung oder ihren Charakter enthüllen oder ihre
Errungenschaften nach dem Fleisch unterstreichen. Dies alles lehnt sich gegen
das Kreuz auf.«
… gegen das Kreuz auf, das mit dem Fleisch
aber doch ein Ende gemacht hat. Das Wort vom Kreuz besagt ja, dass der alte
Mensch mitgekreuzigt ist, völlig abgetan und nicht
Eigenes zur Rettung beitragen kann. Wer da meint, Gott möge mit ihm zufrieden
sein, weil er alle christlichen Pflichten erfüllt habe, schlägt der Gnade ins
Gesicht. Selbst unser Mühen hat die Gnade bewirkt (1.Kor.15:10), und selbst die
Frucht, die wir bringen, ist nicht aus uns, sondern die des Geistes unseres
Herrn (Gal.5:22).
Man gewinnt Christus nur in dem Maße, wie man
eigene Vorzüge und Leistungen ausschaltet, erkennend, dass es am Kreuz längst
schmählich abgetan wurde. Wer jetzt nicht alles Eigene in den Tod gibt - es ist
doch nichts aus uns, sondern alles ist Gnade -, wird erleben, dass es vor der
Preisrichterbühne Christi verbrennt (1.Kor.3:10-15). So wird auch der Abschluss
der Feinde des Kreuzes der Untergang ihrer vermeintlichen Pluspunkte und ihrer
Werke vor der Bühne des Christus sein. Nur wer ganz aus der Gnade lebt, wird
wohlannehmbare Werke tun, ja im Werk des Herrn überfließen.
Im Hinblick auf die Beschneidungseiferer fügt
Paulus in Vers 12 an: »Verschneiden sollten sich doch jene, die euch aufwiegeln!« Das griechische Wort für »verschneiden« hat die
Grundbedeutung von »abhauen«. Sollten jene dies aber tun, dürften sie die
Weihestätte nicht mehr betreten (5.Mose 23:2). Möge ihre Unvernunft, die
Gemeinschaft der Gläubigen aus den Nationen mit Gott am Gesetz festzumachen,
allen Galatern offenbar werden!
Wir schließen mit den Worten aus Philipper
3:2,3: »Hütet euch vor den streunenden Hunden, hütet euch vor den üblen
Werkern, hütet euch vor der Zerschneidung; denn wir sind die wahre
Beschneidung, die wir in Gottes Geist Gottesdienst darbringen und uns in
Christus Jesus rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen.«
(Galater 5:13-26)
Der Apostel Paulus hat die von
Gesetzeseiferern angefochtenen Galater darüber belehrt, dass sie in Christi
Gnade berufen wurden und den Geist Gottes aus Glauben erhielten, mithin
getrennt vom Gesetz des Mose. Sie stehen nicht unter dem Gesetz, sind völlig
frei davon. Für die Freiheit hat Christus sie freigemacht (Gal.5:1)!
Nun geht es darum, von der Freiheit vom
Gesetz den rechten Gebrauch zu machen, mit ihr keineswegs fleischlich, sondern
wahrhaft geistlich umzugehen. So schreibt der Apostel in Vers 13: »Ihr wurdet
doch zur Freiheit berufen, Brüder; nur lasst die Freiheit nicht zu einem Anlass
für das Fleisch werden, sondern sklavet einander
durch die Liebe!« Freie Menschen sind wir in unserer
Beziehung zu dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. Im Geist haben
wir durch Christus allezeit freien Zutritt zum Vater (Eph.2:18). Die uns um
Seiner vielen Liebe willen zuteil gewordene Gnade hat uns diese Freiheit
eröffnet. Folglich sollten wir sie auch nur dazu gebrauchen, Gottes Liebe und
Gnade auszuwirken; schließlich ist unser Verhältnis zu Ihm nicht durch
Vorschriften geregelt, sondern in das Meer Seiner Liebe eingebettet.
Leider verstehen manche unsere Freiheit
falsch und meinen, fleischlichen Begierden freien Lauf lassen zu können, indem
sie zum Beispiel anmaßend sind oder einer den anderen beneidet oder sexuell
keine Schranken kennen. So soll es aber nicht sein, denn dies wäre unserem
Stand als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte zuwider. Angesichts mancherlei
fleischlichen Verhaltens unter den Gläubigen hält Paulus gleichwohl die
Ermahnung für notwendig, die Freiheit nicht zu einem Anlass für das Fleisch
werden zu lassen, und sagt zugleich, wie wir miteinander umgehen sollen,
nämlich einander durch die Liebe sklavend.
Sklavet einander durch die Liebe!
Nur was aus Liebe geschieht, ist recht getan
und Gott wohlgefällig, denn die Liebe entspricht dem Wesen Gottes und sucht
nicht das Ihre, sondern das des anderen. »Ein jeder von uns suche (somit), dem
Nächsten zu gefallen, ihm zum Guten, zu seiner Auferbauung.
Denn auch der Christus hat nicht Sich Selbst zu
Gefallen gelebt« (Röm.15:2,3).
»Wenn nun irgendein Zuspruch in Christus,
wenn irgendein Trost der Liebe, wenn irgendeine Gemeinschaft des Geistes, wenn
innerste Regung und Mitleid noch etwas gelten«, so schreibt Paulus in Philipper
2:1-5, »so macht meine Freude dadurch vollständig, dass ihr gleichgesinnt seid,
ein und dieselbe Liebe habt, in der Seele vereint auf das eine sinnt: nichts
aus Ränkesucht noch aus Anmaßung tut, sondern einer den anderen in Demut sich
selbst für überlegen erachte und jeder nicht auf das Seine, sondern jeder auch
auf das Wohl der anderen achte. Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in
Christus Jesus ist.«
In Vers 14 unseres Schriftabschnitts
begründet Paulus unseren Dienst der Liebe: »Denn das gesamte Gesetz wird in dem
einen Wort erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!« (3.Mose 19:18). Nicht dass das Gesetz uns gegeben wäre
oder wir in irgendeiner Weise unter dem Gesetz stünden: Wir erfüllen den
geistlichen Gehalt des Gesetzes, wenn wir in Liebe wandeln.
Dazu lesen wir in Römer 13:8-10: »Seid
niemandem irgendetwas schuldig, außer einander zu lieben; denn wer den anderen
liebt, hat das Gesetz erfüllt. Denn das Gebot: du sollst nicht ehebrechen, du
sollst nicht morden, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch zeugen, du
sollst nicht begehren oder irgendein anderes Gebot, es gipfelt in diesem Wort,
in dem »Lieben sollst du deinen Nächsten wie dich selbst!«
Die Liebe bewirkt dem Nächsten nichts Übles; folglich ist die Liebe nun die
Vervollständigung des Gesetzes. Dies heißt nicht, dass wir das Gesetz bis hin
zu seinem Gipfel, der Liebe, nun doch befolgen sollen, sondern dass wir die
Rechtsforderungen des Gesetzes völlig erfüllen, weil der Glaube nun durch die
Liebe wirksam ist, der Glaube, der in Christus Jesus ist. Wie Paulus in Vers 6
unseres Kapitels gerade gesagt hat, vermag in Christus Jesus weder Beschneidung
noch Unbeschnittenheit etwas, sondern nur der Glaube,
diese Gnadengabe, die als solche wirksam ist, und zwar durch die Liebe. Wir
sind in Christus, der die Vollendung des Gesetzes ist (Römer 10:4). Wenn wir
nun auch in Christus wandeln, in Seiner Gesinnung, sind wir zur Vollendung
gelangt, nämlich zu einem Wandel in der Liebe.
»Wenn ihr aber einander beißt und fresst, so
hütet euch, dass ihr nicht voneinander verzehrt werdet!«
(Vers 15). Wenn die Gläubigen aber darauf aus sind, alles für ihre eigene
Geltung zu tun und folglich andere verletzen oder an die Wand drücken -
Gesetzeseifer macht stolz und rechthaberisch -, so müssen sie damit rechnen,
dass das geistliche Leben in der herausgerufenen Gemeinde verfällt.
Wandelt im Geist!
»Daher sage ich«, fährt Paulus in Vers 16
fort, »wandelt im Geist, und ihr werdet die Begierde des Fleisches keinesfalls
vollbringen.« Bevor wir uns diesem Vers zuwenden,
lassen wir uns durch Vers 17 die Tatsachen in Erinnerung rufen: »Denn das
Fleisch gelüstet gegen den Geist, den Geist aber gegen das Fleisch. Diese
beiden widerstreben einander, damit ihr nicht das tut, was ihr etwa wollt.« Das heißt, unser Wille ist zu schwach! Auf uns selbst
gestellt, sklaven wir mit dem Fleisch dem Gesetz der
Sünde (Röm.7:25). »Denn nicht das Gute, das ich will, tue ich, sondern das
Üble, das ich nicht will, dies setze ich in die Tat um«, schrieb Paulus im
Rückblick auf die Zeit, als er noch nicht in der Gnade lebte. Um Fleisch und
Geist näher zu charakterisieren, sei Römer 8:6,7 herangezogen, wo es heißt,
dass die Gesinnung des Geistes Leben und Friede ist, die Gesinnung des
Fleisches aber Feindschaft gegen Gott, weil sie sich Gott nicht unterordnet, ja
nicht unterordnen kann.
Und nun gilt es - und dies ist die Lösung des
Konflikts -, allein im Geist zu wandeln. Dies ist die Anweisung unseres Herrn
Christus Jesus, die wir beachten sollen. Denn ein Verheißungswort ist dieses,
dass wir dann die Begierde des Fleisches keinesfalls vollbringen werden. Wie es
uns zusammen mit Christus Gekreuzigten und Gestorbenen auch durch Römer sechs
gesagt wird: »Rechnet damit, dass ihr selbst der Sünde gegenüber tot seid, aber
lebend für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn! Folglich soll die Sünde nicht
in eurem sterblichen Körper herrschen, sodass ihr seinen Begierden gehorcht.
Stellt auch eure Glieder nicht als Werkzeuge der Ungerechtigkeit für die Sünde
bereit, sondern stellt euch selbst für Gott bereit, als Lebende aus den Toten,
und eure Glieder als Werkzeuge der Gerechtigkeit. Denn dann wird die Sünde
nicht über euch herrschen« (Verse 11-14).
Wie wandelt man im Geist? Wie macht man das?
Indem man ausschließlich das sucht, was Christi Jesu ist (Phil.2:21). Indem man
sich ausschließlich mit geistlichen Anliegen befasst. Indem man alle Gedanken
unter den Gehorsam des Christus gefangen nimmt (2.Kor.10:5) und alle unsere
täglichen Aufgaben und Pflichten in Haus und Hof, Ehe und Familie, Beruf und
Gesellschaft dem einen Ziel unterordnet, dass alles zur Herausrufung
der Auserwählten, zur Auferbauung der Heiligen und
zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters diene. Man wandelt im Geist, wenn
man sich täglich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des
Apostels Paulus ernährt (1.Tim.4:6), auf das Lesen, den gegenseitigen Zuspruch
und die Lehre achthat (1.Tim.4:13) und im Glauben, in der Erwartung und in der
Liebe lebt und webt (1.Kor.13:13).
Wenn wir uns solchermaßen vom Geist führen
lassen, dann ist auch ganz praktisch erkennbar, dass wir nicht unter dem Gesetz
sind, wie Paulus in Vers 18 schreibt: »Wenn ihr aber vom Geist geführt werdet,
steht ihr nicht mehr unter dem Gesetz.« Das eine
schließt das andere ohnehin aus: Entweder leitet mich der Geist Gottes oder
menschliches Bemühen mit all seinem Versagen. Vom Gesetz der Sünde und des
Todes befreit uns nur das Gesetz des Geistes: des Lebens in Christus Jesus
(Röm.8:2).
In den Versen 19-21 nennt der Apostel nun
Beispiele der Auswirkungen des Fleisches; er führt sie nicht nur an, sondern
bezeichnet sie als offenkundig: »Offenbar aber sind die Werke des Fleisches;
dazu gehören: Ehebruch, Hurerei, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst,
Zauberei, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Grimm, Ränkesucht, Zwistigkeit,
Sektenbildung, Neid, Mord, Rausch, Ausgelassenheit und dergleichen mehr, wovon
ich euch voraussage, wie ich es schon vorher sagte, dass die, die solches
verüben, kein Losanteil an der Königsherrschaft Gottes erhalten werden.« Einige
dieser Werke seien näher erläutert, weil sie manchen Gläubigen heutzutage
vielleicht gar nicht mehr als fleischlich offenbar sind. So ist Hurerei jede
nicht rechtmäßige intime Beziehung, jeder Geschlechtsverkehr zweier nicht
miteinander Verheirateten. In den griechischen
heiligen Schriften gibt es mit Ausnahme eines Wortes für Ehebruch nur das eine
Wort porneia, Hurerei, für alles, was sexuell nicht
in Ordnung ist. "Haltet euch fern von aller
Hurerei", heißt es in 1.Thess.4:3. In Hebräer 13:4 steht geschrieben:
"Die Hochzeit werde in allen wert geachtet". - Achte niemand die
Eheschließung gering, und achte niemand die Ehe gering. "Die Hurer und
Ehebrecher wird Gott richten" (Hebr.13:4). Entweder man ist verheiratet
oder man lebt enthaltsam (1.Kor.7:9).
Unreinheit ist perverses Tun, aber auch
Denken und Reden. Ausschweifung ist Zügellosigkeit, meist verbunden mit ihrer
unverschämten Zurschaustellung. Götzendienst ist die Verehrung jeglichen
falschen Gottes, eines Idols oder Trugbildes. Sektenbildung ist das
Herausnehmen von Gläubigen aus der Gesamtgemeinde, aus der Einheit aller
Heiligen, zum Beispiel durch Konfessionalismus. Mögen wir uns darum nicht davon
abbringen lassen, die geistliche Einheit aller Gläubigen zu bewahren (Eph.4:3).
Wer Werke des Fleisches verübt, wird keinen
Losanteil an der Königsherrschaft Christi erhalten. Dies steht auch in
1.Korinther 6:7-10 geschrieben: »Weshalb lasst ihr euch nicht eher Unrecht tun?
Weshalb lasst ihr euch nicht eher benachteiligen? Doch ihr tut Unrecht und
benachteiligt andere, und das zwischen Brüdern! Oder wisst ihr nicht, dass die
Ungerechten kein Losanteil an der Königsherrschaft Gottes erhalten werden? Irret euch nicht! Weder Hurer noch Götzendiener,
weder Ehebrecher noch Knabenschänder, noch Männerschänder, weder Diebe noch
Habgierige, weder Trinker noch Schimpfer noch Räuber
werden ein Losanteil an der Königsherrschaft Gottes erhalten.«
In Epheser 5:5 heißt es ebenso: »Dies wisst und erkennt ihr, dass kein Hurer,
Unreiner oder Habgieriger (er ist ja ein Götzendiener) ein Losteil
in der Königsherrschaft Christi und Gottes hat.« Die
Entscheidung darüber, wer von uns zusammen mit Christus in den kommenden Äonen
inmitten der Überhimmlischen nicht nur leben, sondern auch herrschen (regieren)
wird, fällt vor der Preisrichterbühne Christi und Gottes, wo wir alle
dargestellt und offenbar gemacht werden und jeder Gott Rechenschaft geben wird.
Jeder wird dann (von unserem Herrn, dem gerechten Richter; 2.Tim.4:8) das
wiederbekommen, was er getan hat, sei es gut oder schlecht (Röm.14:10-12;
2.Kor.5:10). Es geht hierbei nicht um unsere Rettung zum äonischen Leben in
Christus Jesus, denn wir stehen dann ja bereits Christus gleichgestaltet in
Herrlichkeitskörpern vor Ihm, sondern um den gerechten Lohn für unseren Wandel.
(Hinsichtlich des Lohns für unseren Dienst siehe 1.Korinther 3:10-15).
Diejenigen unter uns, die fleischgemäß wandelten, werden in den zwei
zukünftigen Äonen nicht mit Christus zusammen regieren. Dieser Segens- und Aufgabenbereicht steht ihnen nicht zu und wird ihnen
gerechterweise nicht zugelost werden. - Um es noch einmal zu sagen: Mitleben werden wir alle, die wir Christus angehören, mit
Ihm regieren werden aber nur die Geistlichen, die Treuen, die Gehorsamen und
solche, die Unrecht erduldeten, wie auch in 2.Timotheus 2:11,12 zu lesen:
»Glaubwürdig ist das Wort: Denn wenn wir mitstarben,
werden wir auch mitleben. Wenn wir erdulden, werden
wir auch mitherrschen; wenn wir verleugnen (das
heißt, dem Erdulden aus dem Wege gehen), wird derselbe auch uns verleugnen (im
Punkt des Mitherrschens).«
»Die Frucht aber des Geistes ist Liebe,
Freude, Friede, Geduld, Milde, Gutheit, Treue, Sanftmut, Selbstzucht« (Vers
22). Der Geist Gottes bringt köstliche Frucht in den Gläubigen hervor. Frucht
ist das natürliche Produkt des Wachstums zu unserem Haupt hin, Christus. Wenn
der Geist seine Frucht in uns gebracht hat, dann hat Christus in uns Gestalt
gewonnen. Dann bringen wir auch Frucht für andere Menschen, denn dann sind wir
ein Brief Christi an sie, in welchem sie lesen und Christus erkennen können.
Und dann bringen wir auch Frucht für Gott, indem wir zu Seiner Verherrlichung
wirken. Mögen alle unsere Herzensregungen und Werke edle sein,
Frucht des Geistes nämlich. Möge Christus durch Seinen Geist und das Vorbild
Seiner Gesinnung viel Frucht in uns und durch uns erwachsen lassen.
Im Einzelnen stellt sich die Frucht des
Geistes so dar,
-
dass wir in Liebe
wandeln, so wie auch Christus uns liebt und Sich Selbst
für uns als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hat, zu einem duftenden
Wohlgeruch (Eph.5:1,2);
-
dass wir uns
allezeit als in Christus Jesus Begnadete und über alle Maßen Gesegnete freuen;
-
dass das
Evangelium des Friedens, die Botschaft der Versöhnung Gottes mit der Welt,
unser Denken und Tun bestimmt;
-
dass wir in
Geduld, in langmütiger Tragkraft, miteinander umgehen und unseren Dienst tun;
-
desgleichen in
Milde
-
und in Gutheit,
voll und ganz von guten Motiven geleitet;
-
des Weiteren,
dass wir treu dem Herrn und Seinem Wort gegenüber und zuverlässig sind, auch
bei Widerständen;
-
dass die Sanftmut
uns beherrscht, auch im Leiden. Der Begriff "Sanftmut im Leiden"
findet sich in 1.Timotheus 6:11;
-
und dass wir
Selbstzucht haben, festen inneren Halt, sodass wir uns wie jeder andere
Wettkämpfer von allem enthalten, was nicht förderlich ist, und uns auf das
Wesentliche konzentrieren, mithin das suchen, was Christi Jesu ist.
»Gegen solche gibt es kein Gesetz« (Vers 23).
Gewiss nicht! Darüber hinaus brauchen die im Geist Wandelnden und mithin Liebe
Übenden kein Gesetz, das ihnen etwa vorschreibt, wie sie zu lieben haben, oder
sie davor bewahrt, anderen Unrecht zu tun. Dementsprechend heißt es in
1.Timotheus 1:9, dass das Gesetz nicht für Gerechte bestimmt ist. »Die
Vollendung aber der Anweisung ist Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen und
ungeheucheltem Glauben« (1.Tim.1:5). Als in Christus Vervollständigte dürfen
wir in vollendeter Weise wandeln, eben in der Liebe.
Es gibt nur einen Weg, der uns das Ziel
erreichen lässt, im Geist zu wandeln und geistliche Frucht zu bringen, und zwar
die Kreuzigung unseres Fleisches. Deshalb schreibt der Apostel in Vers 24 das
elementare Wort: »Die aber Christus Jesus angehören, kreuzigen das Fleisch samt
den Leidenschaften und Begierden.« Zuerst müssen wir
dabei wissen, dass wir unserem Gnadenstand nach bereits zusammen mit Christus
gekreuzigt und gestorben sind, wir, das heißt unser alter Mensch - der ist am
Holz schmachvoll mitverurteilt und abgetan worden.
Das ist geistliche Tatsache. Nun sollen wir aber auch im Alltag den »alten
Adam« so behandeln; wir sollen ständig jede Begierde des Fleisches ebenso wie
ein Toter ignorieren. Man soll ja auch seine Frau nicht in leidenschaftlicher
Begierde erwerben, sondern in Heiligung und Ehrbarkeit (1.Thess.4:5).
Forderungen des Egoismus erfüllen wir einfach nicht. Stattdessen prüfen wir in
jedem Einzelfall, was der Wille Gottes ist, der gute, wohlgefällige und
vollkommene, und setzen an die Stelle der möglichen fleischlichen Handlung die geistliche, Gott verherrlichende.
Die ausführliche Darstellung dieser Thematik
finden wir in den Kapiteln sechs und acht des Römerbriefs, wovon hier nur Römer
6:5,6,11 zitiert werden soll: »Wenn wir mit Ihm zur Gleichgestaltung mit Seinem
Tod zusammengepflanzt wurden, werden wir es doch auch hinsichtlich der
Auferstehung sein: dies erkennend, dass unsere alte Menschheit zusammen mit Ihm
gekreuzigt wurde, damit der Körper der Sünde unwirksam gemacht werde und wir
nicht mehr der Sünde versklavt sind. ... Rechnet damit, dass ihr selbst der
Sünde gegenüber tot seid, aber lebend für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn!« - Die ausschließliche Orientierung auf das Geistliche
lässt uns erfahren, was in Römer 8:2 geschrieben steht: »Das Gesetz des Geistes
des Lebens in Christus Jesus befreit dich vom Gesetz der Sünde und des Todes.«
Den Galatern gegenüber hatte Paulus bereits
in Kapitel 2:20 seines Briefes bezeugt, wie er als Mitgekreuzigter
nun lebt: »Zusammen mit Christus bin ich gekreuzigt; ich lebe aber, doch nicht
mehr ich, sondern in mir lebt Christus. Was ich aber von nun an im Fleisch
lebe, das lebe ich im Glauben, dem des Sohnes Gottes, der mich liebt und Sich Selbst für mich dahingegeben hat.«
So lebt ein Mitauferweckter. Wir leben nicht mehr uns
selbst und für uns selbst, sondern aus dem und für den, der für uns starb und
auferweckt wurde (2.Kor.5:15), weil Er in uns lebt. Und daher leben wir auch im
Glauben, in dem von Christus gewirkten und genährten Glauben und in aller Treue
Gott gegenüber, und mithin wandeln wir im Geist oder, wie es Römer 6:4 heißt,
in Neuheit des Lebens.
Dies hat ganz praktische Auswirkungen, die
Paulus in den Versen 25 und 26 im Hinblick auf das Verhalten der Gläubigen
untereinander mit wenigen Beispielen beschreibt: »Wenn wir nun im Geist leben,
sollten wir auch im Geist die Grundregeln befolgen: Wir würden nicht anmaßend
sein, einander nicht zum Streit herausfordern, einander nicht beneiden.« Anders
gesagt und dabei die Worte der Verse 15 und 16 wieder aufgreifend: Da wir nun
Geistliche sind, sollten wir auch im Geist wandeln und werden dann einander
nicht beißen und fressen.
Was sind Grundregeln? Das griechische Wort
dafür ist auch mit »Elemente« zu übersetzen. Gemeint sind grundlegende
Verhaltensmuster, bei deren Beachtung man sich in die Gesamtordnung einreiht.
Von Grundregeln ist im Galaterbrief viermal die Rede, und zwar in Kapitel 4:3+9
von den schwachen und armseligen Grundregeln der Welt, denen wir uns nicht
unterwerfen sollen, an unserer Stelle und in Kapitel 6:16, wo wir auch von
einem Segenszuspruch hören: »Alle, die nach dieser Richtschnur die Grundregeln
befolgen wollen, auf sie komme Friede und Erbarmen!«
Was sind denn die Grundregeln unseres
Wandels? In Vers 14 unseres Schriftabschnitts hörten wir bereits von einer: »Du
sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!« Und
die dem Thema des Galaterbriefs entsprechende Grundregel lautet: Wir leben im
Glauben, dem des Sohnes Gottes, nicht aus Gesetzeswerken. Eine andere wichtige
Grundregel steht in Philipper 2:3,4, wonach einer den anderen in Demut sich
selbst für überlegen erachten und jeder nicht auf das Seine, sondern auch auf
das Wohl der anderen achten soll. Des Weiteren: »Auf das droben sinnet, nicht
auf das auf Erden!« (Kol.3:2), und: »Erweist euch
gegenseitig Gnade, wie auch Gott euch in Christus Gnade erweist!« (Eph.4:32).
Für unseren Dienst im Herrn gibt es ebenfalls
Grundregeln. So haben wir zum Beispiel Gold, Silber und kostbare Steine auf
Jesus Christus, auf den von dem weisen Werkmeister Paulus für die gegenwärtige
heilsgeschichtliche Verwaltung gelegten Grund zu bauen, das Gold der
Verherrlichung des allesbewirkenden Gottes, das Silber der Freilösung in
Christi Blut und die Juwelen der Gnade, wie die Rechtfertigung und die
Versöhnung (1.Kor.3:10-12).
Beachten wir auch 2.Timotheus 2:5: »Wenn
jemand auch wettkämpft, wird er doch nicht bekränzt, wenn er nicht gesetzmäßig
(im Sinne von: den Regeln gemäß) wettkämpft.« Wer im
Wettkampf der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus die festgesetzten
Kampfesregeln nicht einhält, kann den Siegeskranz nicht erhalten. Zu den Regeln
gehört, nicht etwas zu verkündigen und dabei selbst unbewährt zu sein, mit
anderen Worten: Wer die Wahrheit des Wortes, die Gerechtigkeit Gottes und die
Versöhnung Gottes mit der Welt verkündigt, dabei aber selbst unwahrhaftig oder
ungerecht ist, keinen Frieden hält oder auch in anderer Weise fleischlich
wandelt, handelt der Verkündigung zuwider. - Einen Siegeskranz erhält auch
derjenige nicht, der ein Durcheinander verkündigt. Es gilt nämlich, das Wort
der Wahrheit richtig zu schneiden (2.Tim.2:15), jedes Gotteswort also der
richtigen Personengruppe und der richtigen Zeit zuzuordnen und im richtigen
Zusammenhang zu betrachten. So ist es zum Beispiel unerlässlich, zwischen den
Worten, die an die zukünftige Gemeinde des wiedergezeugten und folglich gläubigen
Israel gerichtet sind, und den Worten, die zu uns, den Gliedern der Gemeinde,
die Christi Körper ist (Leibesgemeinde; Eph.1:22,23), gesprochen sind, zu
unterscheiden.
Im Übrigen: Wer sich nicht den Apostel Paulus
zum Vorbild nimmt, wozu wir wiederholt aufgefordert werden (1.Kor.4:16; 11:1;
Phil.3:17; 2.Thess.3:7), wettkämpft ebenfalls nicht den Regeln gemäß.
Doch wenden wir uns nun den Grundregeln zu,
die Paulus in unserem Vers 26 nennt: »Wir würden nicht anmaßend sein.« Dies wäre der Gesinnung Christi Jesu völlig
entgegengesetzt, der Sich Selbst erniedrigte und gehorsam wurde bis zum Tode,
ja bis zum Kreuzestod. Wo Demut und dienende Liebe fehlen, wird die
Gemeinschaft der Heiligen erheblich gestört.
»Wir würden einander nicht beneiden.« Neid missgönnt dem anderen etwas und billigt sich selbst
das Recht, den Besitz oder Fähigkeiten des anderen zu. Auch dies ist Anmaßung
oder mit Prediger 4:5 gesagt: Eitelkeit und ein Haschen nach Wind, wörtlich:
Dunst und ein Hirten des Windes.
Wenn wir aber im Geist wandeln
, werden wir auch diese Begierden des Fleisches keinesfalls vollbringen!
Der Herr möge darum unsere Herzen auf die Liebe Gottes und das Erdulden des
Christus richten!
Nur im Kreuz Christi rühmen wir uns (Galater 6)
Im Zusammenhang mit den Ermahnungen ab
Kapitel 5:13, einander durch die Liebe zu sklaven und
im Geist und keinesfalls im Fleisch zu wandeln, gibt der Apostel Paulus in
Kapitel 6 bis Vers 10 weitere Anweisungen für das geistliche Verhalten.
So schreibt er in Vers 1: »Brüder, wenn auch
ein Mensch von einer Kränkung übereilt wird, so helft ihr, die geistlich
Gesinnten, einem solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht; und achte auf
dich selbst, dass nicht auch du in Versuchung gerätst!«
Brüder - eindringlich wendet sich Paulus an sie -, wenn ein Gläubiger ohne
Absicht sündigt, so reagiert nicht wie Fleischliche, empört und tadelnd, verurteilend
wie Gesetzeseiferer, sondern helft dem Betreffenden wieder zurecht, ihr, die
Geistlichen, die ihr demütig und sanftmütig seid, weil ihr wisst, dass auch in
eurem Fleisch nichts Gutes wohnt und eure geistliche Festigkeit nur Gnade ist.
Stehet für den Schwachen ein und seid geduldig mit ihm, kräftigt ihn in der
Gnade, die in Christus Jesus ist, baut ihn auf im Reichtum der überströmenden
Gnade unseres treuen Gottes und Vaters. Und achte auf dich selbst, damit du
nicht meinst, unerschütterlich zu stehen, sondern siehe zu, dass du nicht
selber fällst (1.Kor.10:12).
»Helft einander die Bürden tragen und erfüllt
so das Gesetz des Christus« (Vers 2). Diese geistliche Norm, das Vorbild des
Christus, bewege uns, sodass wir nicht uns selbst leben, sondern für den
anderen da sind, selbst wenn es uns Nachteile einbringt, weil wir uns zu einem
Niedrigen bekennen. Bürden, auch mit »Schwernisse« zu übersetzen, verlangen
geradezu danach, dass ein anderer daran mitträgt, denn eine Bürde ist mehr als
eine Last, von der in Vers 5 die Rede ist und womit die gewöhnliche Traglast
oder die normale Ladung (etwa eines Frachtschiffes) gemeint ist. Da ist jemand
überbürdet, es wird ihm zuviel - mögen wir
keinesfalls gleichgültig sein, sondern ihm beistehen!
»Denn wenn
jemand meint, etwas zu sein, wo er doch nichts ist, der betört sich selbst«
(Vers 3). Wer sich anmaßt, etwas zu sein, sich mithin überhebt und den
Hilfsbedürftigen verachtet, hat nichts von der Gnade begriffen. Es stammt doch nichts
aus uns!
Auf keinen Fall sollen wir uns einem anderen
gegenüber rühmen; deshalb schreibt Paulus in den Versen 4 und 5. »Jeder aber
prüfe sein eigenes Werk, dann wird er für sich allein Ruhm haben, aber nicht
einem anderen gegenüber; denn jeder wird an seiner eigenen Last zu tragen
haben.« Prüfe sich ein jeder, ob er das Gesetz des Christus erfüllt und er
seinen Glauben durch die Liebe auswirkt, aber nicht zum Zwecke fleischlichen
Ruhms, der die herausgerufene Gemeinde zerrüttet und die Gläubigen verstört,
wenn man damit auftrumpft. Ein jeder, der eine wie der andere, trägt seine
eigene Last, seine ihm persönlich angemessene Belastung, um sein eigenes Werk
zu vollbringen, das der allesbewirkende Gott übrigens für einen jeden vorherbereitet
hat (Eph.2:10). Diese Last lässt sich nicht mit anderen teilen. Ein jeder prüfe
sein eigenes Handeln (und nicht das des anderen!), denn jeder hat seine eigene
Mühe dafür aufgewandt und Hindernisse überwunden; ein jeder wird dafür auch
seinen eigenen Lohn vom Herrn erhalten. Und wenn einer schon Vergleiche mit
anderen anstellt, so möge es ihm geschenkt sein, die Bürde des anderen zu
erkennen; dann wird er in der Gesinnung Christi Jesu auf den anderen blicken -
und mittragen helfen.
Mit Vers 6 schneidet der Apostel eine andere
Einzelheit an: »Wer nun im Wort unterrichtet wird, lasse den ihn
Unterrichtenden an allem Guten teilnehmen.« Damals wie
heute gehören Lehrer zu den Gnadengaben Christi für die Gemeinde (Eph.4:11). Auch
viele Älteste bemühen sich und darüber hinaus weitere, darunter auch ältere
Frauen gegenüber jüngeren (Tit.2:3,4), andere in die herrliche Lehre des
Apostels Paulus, an die wir übergeben wurden und die wir ausdrücklich erlernen
sollen (Röm.6:17; 16:17), einzuführen und darin zu festigen. Dieser wichtige
Dienst an den Heiligen soll seine Anerkennung finden und wo nötig auch den
finanziellen Ausgleich. So lesen wir in 1.Timotheus 5:17,18: »Die Ältesten, die
trefflich vorgestanden haben, sollen doppelter Ehre würdig geachtet werden, vor
allem die, welche sich im Wort und in der Lehre mühen; denn es sagt die
Schrift: Du sollst dem dreschenden Rind keinen Maulkorb anlegen, und: Der
Arbeiter ist seines Lohnes wert.« Und in 1.Korinther
9:11 steht geschrieben: »Wenn wir nun auf Erwartung hin in euch das Geistliche
säen, ist es da etwas Großes, falls wir von euren fleischlichen Gütern ernten?« Aber auch dann, wenn es nicht nötig ist, wird ein kleines
Zeichen des Dankes den Unterrichtenden erfreuen.
Damit ist die Thematik des Säens und Erntens
eröffnet, die Paulus nun in den Versen 7 und 8 in genereller Weise beschreibt:
»Irret euch nicht: Gott lässt sich nicht spotten; denn was auch ein Mensch sät,
das wird er auch ernten; denn wer in sein Fleisch sät, wird aus dem Fleisch
Verderben ernten; wer aber in den Geist sät, wird aus dem Geist äonisches Leben
ernten.« Gott vergilt gerecht; Er lässt sich nicht als belanglos abtun, als ob
Er es nicht so genau nähme. »So wahr Ich lebe, spricht der Herr: Vor Mir wird
jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird Gott huldigen« (Röm.14:11;
Jes.45:23). Die Nichtauserwählten werden Gott vor dem großen weißen Thron
Rechenschaft geben, wir, die Glieder der Körpergemeinde Christi (Eph.1:22,23),
vor der Preisrichterbühne des Christus (Röm.14:12), wo wir offenbar gemacht
werden, damit ein jeder das wiederbekomme, was er durch den Körper verübte, sei
es gut oder schlecht (2.Kor.5:10).
Unter dem, was
der Mensch sät, ist all sein Tun und Lassen, Denken und Handeln, Wandeln und
Dienen zu verstehen. Was wir vor der Bühne des Christus ernten können, sind
Lohn und Lob (1.Kor.3:8,14; 4:5), Kampfpreise (Phil.3:14) und wie es in
2.Timotheus 4:8 heißt: den Siegeskranz der Gerechtigkeit. Möge all unsere Ernte
zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters dienen, der uns schließlich alles
in Gnaden gewährt hat! Für Schlechtes gibt es natürlich keinen Lohn. Und
diejenigen, die wieder und wieder im Fleisch wandelten, sei es in
Ungerechtigkeiten oder fleischlichen Sünden, die in 1.Korinther 6:9,10 und
Eph.5:5 im Einzelnen genannt werden, werden keinen Losanteil an der künftigen
Königsherrschaft Christi erhalten (vgl. 2.Tim.2:11-13).
In sein
Fleisch sät, wer sich selbst lebt, wer seine alte Menschheit pflegt, die aber
doch verurteilt und mitgekreuzigt ist. In den Geist
sät, wer sucht, was Christi ist, die Gläubigen auferbauen
und Gott verherrlichen will.
Das Verderben
wird zum Teil bereits auf der Erde geerntet, nämlich durch die Zerstörung der
zwischenmenschlichen Beziehungen sowie Schaden, Schmerz und Leid aller Art für
die Mitmenschen, vollends aber vor der Preisrichterbühne, und zwar durch den
Untergang aller Werke des Fleisches und das Zutagetreten
des Verlusts an Lohn, hätte doch die vergangene Zeit besser genutzt werden können.
Das äonische Leben wird ebenfalls zum Teil schon hier geerntet, und zwar in der
Weise, dass wir glaubens- und erwartungsvoll in der
geistlichen Kraft des uns in Gnaden gewährten zukünftigen Lebens wandeln und
uns folglich Friede, Freude und Zuversicht zufließen. Der Vorgeschmack des
Lebens in den kommenden Äonen hebt und trägt uns. Heute schon ernten wir die
Frucht des Säens in den Geist: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Gutheit,
Treue, Sanftmut, Selbstzucht (Gal.5:22). Vollends aber werden wir den für die
Äonen bleibenden herrlichen Gewinn unseres geistlichen Sinnens und Trachtens
vor der Bühne des Christus ernten.
Unseren geistlichen Wandel im Blick, fährt
Paulus in Vers 9 fort: »Wenn wir nun das Edle tun, so lasst uns nicht entmutigt
werden; denn zu seiner gebührenden Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht
ermatten.« Wir sind auf geistgemäßes Handeln, auf
edle, treffliche Werke ausgerichtet, und unser herrlicher Gott und Vater wird
es uns in einer reichen Ernte vergelten. Nun gibt es aber auch den Widerwirker
Gottes, der uns entmutigen will, sodass wir ermatten und aufgeben. Der
Tatsachen, die uns mutlos machen können, und der Enttäuschungen angesichts
vergeblicher Mühe, Widerständen und Anfeindungen sind genug. Darum wird uns
vielfach zugesprochen: »So betrachtet denn den (Jesus Christus), der solch
einen Widerspruch von den Sündern erduldet hat, als Er unter ihnen war, damit
ihr nicht wankt und in euren Seelen ermattet« (Heb.12:3). »Ihr aber, Brüder,
werdet nicht entmutigt, Edles zu tun« (2.Thess.3:13). Und in einem anderen
Zusammenhang schreibt Paulus in 1.Korinther 15:57,58: »Gott aber sei Dank, der
uns den Sieg gibt, durch unseren Herrn Jesus Christus! Daher, meine geliebten
Brüder, werdet beständig, unverrückbar, im Werk des Herrn allezeit
überfließend; wisst ihr doch, dass eure Mühe im Herrn nicht vergeblich ist.«
Unser Wort,
das Wort Gottes, das wir verbreiten, wird nicht leer zurückkommen, sondern
ausrichten, wozu Er es gesandt hat, wie schon in Jesaia 55:11 zu lesen ist. Was
uns ebenfalls ermutigen wird, ist der feste Blick auf das Ziel, die Beurteilung
unserer Werke vor der Preisrichterbühne; ja mehr noch unsere Herzensausrichtung
auf unseren geliebten Herrn und Retter, der Sich Selbst für uns dahingab, dem
wir mit unserem ganzen Leben Dank erstatten und Ehre machen wollen!
»Demnach
wirken wir nun, wie wir Gelegenheit haben, für das Gute an allen, am meisten
aber an den Gliedern der Familie des Glaubens« (Vers 10). Möge unser Gott und
Vater uns Weisheit geben, die Gelegenheiten zu erkennen und auszukaufen, damit
wir vielfältig segensreich wirken können. Unsere Liebe gilt allen Menschen, die
Gott unseren Lebensweg kreuzen lässt, vor allem aber den Gliedern der Familie
Gottes, mit denen wir durch den gemeinsamen Vater und Geist verbunden sind als
Brüder und Schwestern des einen Sohnes Gottes, Jesus Christus. Da Er Sich nicht
schämt, uns Seine Brüder zu nennen (Heb.2:11), sollen und können auch wir
einander von Herzen annehmen.
Wie gesegnet
sind wir doch, denn wir haben als Glieder Seiner Familie durch Christus
allezeit im Geist Zutritt zu dem uns liebenden Vater (Eph.2:18)!
Der Apostel kommt zum Abschluss seines Briefes
und ergreift selbst die Feder: »Seht, mit welch großen Buchstaben ich euch
schreibe, mit meiner eigenen Hand« (Vers 11). Seine Buchstaben dürften wohl
wegen seines Augenleidens, für das es genügend Hinweise gibt, so groß geraten.
Mit seiner Handschrift bestätigte Paulus stets die Echtheit seiner Briefe.
Meistens schrieb er nur den Gruß und den Gnadenzuspruch, hier jedoch wiederholt
er die Hauptanliegen seines Briefes in knappen Kernaussagen, so in den Versen
12 und 13 die Entlarvung seiner Gegner, der Beschneidungseiferer, in den Versen
14 und 15 die ausschließliche Bedeutung des Kreuzes und in Vers 16 den Segen
eines entsprechenden Wandels im Geist.
Nochmals zeichnet Paulus ein deutliches Bild seiner
Widersacher »Alle, die im Fleisch ein gutes Ansehen haben wollen, diese nötigen
euch, beschnitten zu werden, nur um nicht wegen des Kreuzes Christi verfolgt zu
werden« (Vers 12). Tatsache ist, dass verfolgt wird, wer das Kreuz Christi
lehrt. Damit ist nicht die Kreuzigung Jesu Christi, an die alle glauben,
gemeint, sondern dass man einzig und allein aufgrund des Glaubensgehorsams Jesu
bis hin zum Kreuzestod gerettet wird - ohne menschliches Zutun, ohne Werke,
ohne Beschneidung, ohne zum Judentum überzutreten. Auch heute lehren manche
Gläubigen, der Glaube an Jesu Christi Rettungstat genüge nicht, man müsse umsinnen, sich in Wasser taufen lassen und sich bis zum
Lebensende bewähren, und bis dahin sei
die Rettung noch in der Schwebe. Wie anders lautet doch das uns angehende
Evangelium: »Die Er aber vorherbestimmt, diese beruft Er auch; und die Er
beruft, diese rechtfertigt Er auch, die Er aber rechtfertigt, diese
verherrlicht Er auch« (Röm.8:30). Wir sind allein in Christi Blut
gerechtfertigt, allein in der Gnade gerettet und bis zum Tag unserer Freilösung
mit heiligem Geist versiegelt (Eph.1:13; 4:30). Wir sind allein in Christi Blut
gerechtfertigt, allein in der Gnade gerettet und bis zum Tag unserer Freilösung
mit heiligem Geist versiegelt (Eph.1:13; 4:30).
Die Judaisten wirken bei den Galatern darauf hin, sich
beschneiden zu lassen, und zwar auch deshalb, um nicht selbst von anderen
Beschneidungslehrern verfolgt zu werden; würden sie nämlich die Unbeschnittenheit der Galater dulden, könnte man ihren
eigenen Gesetzeseifer in Frage stellen, und dann würden sie kein gutes Ansehen
unter ihresgleichen haben.
Fleischlich
ist dieses Verhalten, wie Paulus in Vers 13 herausstellt:»Denn nicht einmal
sie, die Beschnittenen, bewahren das Gesetz, sondern sie wollen, dass ihr euch
beschneiden lasst, damit sie sich in eurem Fleisch rühmen können.« Wohl haben
sie die Form der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz (Röm.2:20); merken sie
denn aber nicht, dass sie es gar nicht halten? »Der du dich im Gesetz rühmst, durch
Übertretung des Gesetzes verunehrst du Gott!«, stellt
Paulus in Römer 2:23 fest. Sie können es nicht halten, weil das menschliche
Bemühen schwächer ist als die Macht der Sünde in ihren Gliedern. Menschliches
Bemühen ist Unglaube und raubt Gott die Ehre. - Wer es selbst nicht schafft,
will sich wenigstens im Fleisch anderer rühmen, wobei an die Beschneidung als
solche zu denken ist wie auch an das damit verbundene fleischliche Gebaren der
davon überzeugten Galater.
Solange sie
noch stolz darauf sind, selbst etwas vor Gott zustandezubringen,
wirkt sich die Gnade, in der sie stehen, nicht kraftvoll in ihnen aus. Die
Kraft Christi wird in den Schwachen vollkommen gemacht (2.Kor.12:9), sie kommt
in denen, die ihre Schwachheit erkannt haben, zum Tragen.
Wie schreibt Paulus in Philipper 3:8-10: »Ich
erachte alles für verwirkt ... und für Abraum, damit ich Christus gewinne und
als in Ihm befunden werde, indem ich nicht meine eigene Gerechtigkeit habe,
nämlich die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben Christi, die
Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens: Um Ihn zu erkennen und die Kraft
Seiner Auferstehung.« Seine Kraft erfährt nur, wer sich auf Ihn verlässt.
Möge ein jeder von uns die Allgenugsamkeit des Kreuzes erkennen, wie Paulus sie in
Vers 14 darstellt: »Mir aber möge nur das nicht geschehen, nämlich mich zu
rühmen, außer im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus, durch das mir die Welt
gekreuzigt ist und ich der Welt.« Das Kreuz unseres
Herrn Jesus Christus ist das einzige, wessen wir uns vor Gott rühmen können und
worauf allein unsere Beziehung zu Ihm gründet und all unsere geistlichen und
überhimmlischen Segnungen beruhen. Alles, was wir sind und haben, sind und
haben wir in der Gnade, die in Christus Jesus und Seinem Kreuz ist. Hüten wir
uns folglich vor den üblen Verkündigern, die dem Fleisch Raum geben und sich
nicht allein in Christus rühmen (Phil.3:2,3)? Wissen wir dementsprechend im
Alltag unter den Menschen nichts außer Jesus Christus, und diesen als
gekreuzigt (1.Kor.2:2), oder verkündigen wir »christliche Lebensregeln« zur
Erlangung des Wohlgefallens Gottes?
Wenn das Kreuz
Christi die absolute Stellung in unserem Herzen hat, dann ist dadurch aber auch
alles mitgekreuzigt und abgetan, dann kann uns die
Welt nichts mehr bieten, dann haben wir weder Interesse an den religiösen
Grundregeln der Welt noch an all den anderen Dingen, denen die Welt nachjagt.
Dann sind wir allerdings auch der Welt gekreuzigt, dann gelten wir in den Augen
der Menschen nichts mehr, denn wenn wir bei ihnen nicht mitmachen, kann sie
nichts mit uns anfangen und sind wir ihr wertlos oder sogar suspekt.
»Denn in
Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit
etwas, sondern nur eine neue Schöpfung« (Vers 15). Denn wenn jemand in Christus
ist, gilt nur diese geistliche Tatsache des völligen Neuseins
und nichts anderes mehr. Das Fleisch und die Welt haben keinen Platz mehr; auch
die Abstammung von Israel ist gegenstandslos (Gal.3:28). Auf der Erde wird es
eine neue Schöpfung erst im letzten Äon geben. Johannes schreibt davon: »Dann
gewahrte ich einen neuen Himmel und eine neue Erde« (Off.21:1). Unser Gott und
Vater ist aber schon lange dabei, eine neue Menschheit zu erschaffen (Eph.4:24)
- im Geist, in Christus Jesus -, wo es keinen Griechen und Juden gibt, weder
Beschneidung noch Unbeschnittenheit (Kol.3:11). Wir,
die Glieder der Körpergemeinde Christi, sind die Erstlinge der neuen
Menschheit. Dies ist dem Evangelium der Beschneidung, das die zwölf Apostel
verkündigten, natürlich völlig fremd, denn noch bis hinein in den letzten Äon
wird Israel auf der neuen Erde auf das Fleisch, auf ihre Abstammung gründende
Vorrechte haben (vgl. Off.21:24-26). In der Vollendung nach den Äonen aber
mündet alles ein in die eine Wohnstätte Gottes im Geist (Eph.2:22).
Wer sich im Kreuz rühmt und mithin ganz aus
der Gnade lebt und nicht aus dem Gesetz oder fleischlichen Vorzügen, wandelt im
Geist, worüber Paulus in Kapitel 5:13 bis 6:10 ausführlich geschrieben hat, was
er jetzt in Vers 16 auf den Punkt bringt und mit einer herrlichen Verheißung
versehen darf: »Und alle, die nach dieser Richtschnur die Grundregeln befolgen
wollen, auf sie komme Friede und Erbarmen, auch auf das Israel Gottes!« Eine
Richtschnur richtet etwas zielgerecht aus. Die Grundregeln befolgt, wer die
elementaren Verhaltensweisen beachtet. Lasst uns also nach der Richtschnur des
Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, das mit der Welt und dem Fleisch absolut
Schluss gemacht hat, die Grundregeln des Wandels befolgen; diese sind der
Wandel im Glauben und damit in der Gnade und in der Kraft des Geistes, so wie
Paulus es tat, der in Galater 2:20 bezeugt: »Zusammen mit Christus bin ich
gekreuzigt; ich lebe aber, doch nicht mehr ich, sondern in mir lebt Christus.
Was ich aber von nun an im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben, dem des
Sohnes Gottes, der mich liebt und Sich Selbst für
mich dahingegeben hat.«
Diese
Gläubigen, die aus dieser Quelle leben, werden den Frieden und das Erbarmen
Gottes auf ihrem Lebensweg ernten. Frieden - sie haben Frieden mit Gott, weil
sie sich allein aus Glauben von allen Sünden gerechtfertigt wissen (Röm.5:1).
Frieden - da sie alles aus Gottes Hand nehmen, bewahrt der Friede Gottes ihre
Herzen und Gedanken (Phil.4:6,7). Frieden - da sie das in die Tat umsetzen, was
sie von Paulus gelernt und an ihm gewahrt haben, ist der Gott des Friedens mit
ihnen (Phil.4:9). Und das Erbarmen Gottes werden sie dergestalt erfahren, dass
Er ihnen in Drangsalen und Leiden Erleichterung verschafft, Schwierigkeiten
löst, Wege der Rettung bahnt, wie sie es nicht vermutet hätten, und ihnen
mancherlei andere gütige Hilfe zuteil werden lässt. Beachten wir, dass Paulus
besonders Timotheus, der da Übles leidet für das Evangelium des Apostels Paulus,
Erbarmen von Gott, dem Vater, wünscht.
Auch auf das
Israel Gottes komme Frieden und Erbarmen! Dies ist nicht das Israel nach dem
Fleisch (1.Kor.10:18), sondern das Israel der Auswahl, der Gnadenauswahl
(Röm.11:5-8); dies sind die, die dem Evangelium der Beschneidung glauben, mit
dem Petrus betraut ist (Gal.2:7). Auch auf diese des Paulus Brüder, deren
Bestimmung das Königreich Gottes auf der Erde ist, komme, wenn sie aus dem
Glauben leben, den sie sehr wohl im Rahmen des Gesetzes ausüben, Friede und
Erbarmen, jedoch nicht, wenn sie meinen, ihr Gesetzeseifer würde ihnen den
Segen verschaffen.
Mit einer ernsten Ermahnung schließt Paulus
ab: »Im Übrigen verursache mir niemand weitere Mühsal; denn ich trage die
Brandmale des Herrn Jesus Christus an meinem Körper« (Vers 17). Die Strapazen,
Verfolgungen, Fesseln und Schläge haben ihre Spuren und Narben hinterlassen.
Diese sind die Malzeichen des hingebungsvollsten Dieners des Herrn Jesus
Christus, die Male äußerlicher Schwachheit des Menschen, in welchem die Kraft
des Christus vollkommen gemacht wurde. Diesem verursache niemand von den
galatischen Gemeinden, die mit diesem Brief ja umfassend belehrt und ermahnt
wurden, weitere Mühsal, indem sie etwa die ein andersartiges Evangelium
Lehrenden nicht in den Bann täten (Gal.1:6-9) und Paulus sich nochmals um sie
mühen müsste.
Der Brief schließt mit dem Segenswunsch: »Die
Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geist, meine Brüder! Amen!« (Vers
18). In aller Bruderliebe beendet der Apostel sein Schreiben. Die Gnade sei mit
ihnen, die absolute, überströmende Gnade, die mit keinen Bedingungen oder
Auflagen vermischte Gnade. Das Wissen, dass sie allein in der Gnade Gerettete
sind - wenn aber in Gnaden, dann nicht mehr aus Werken; sonst wäre die Gnade
nicht mehr Gnade -, soll fest im Geist der Galater verankert sein. Im Einklang
mit dem Tenor seines Briefes betont Paulus hier den Geist mit Nachdruck. Nicht
von den Überredungskünsten der Judaisten sollen sie
sich bewegen lassen, sondern vom Geist Gottes soll ihr Geist geführt werden.
Amen!
Dieter Landersheim
Höhenstraße 11
65824 Schwalbach a. Ts.
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