Ausführungen zum Hebräerbrief
Der Sohn, die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes (Hebräer 1:1-4)
Christus ist vorzüglicher als die Boten (Heb.1:5-2:4)
Was ist ein Mensch, dass Du seiner gedenkst? (Hebräer 2:5-18)
Jesus ist größer als Mose (Hebräer 3)
Befleißigt euch, in das Feiern einzugehen! (Hebräer 4)
Der Sohn ist der vollkommene Hohepriester (Hebräer 5:1-6:3)
Wir werden die Verheißung erlangen (Hebräer 6:4-20)
Die Überlegenheit des melchisedek’schen Priestertums über das levitische (Heb.7:1-8:5)
Der bessere Bund (Hebräer 8:6-9:22)
Das bessere Opfer (Heb.9:23-10:18)
Lasst uns mit Freimut herzutreten! (Hebräer 10:19-39)
»Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben« Teil I (Hebräer 11:1-21)
»Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben« Teil II (Hebräer 11:22-40)
Blickt auf Jesus, damit ihr nicht ermattet! (Hebräer 12:1-17)
Ihr seid zum überhimmlischen Jerusalem herzugetreten (Hebräer 12:18-29)
Jesus Christus - allezeit derselbe (Hebräer 13)
Der Sohn, die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes
(Hebräer 1:1-4)
Die herausgerufene Gemeinde der gegenwärtigen, dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2), die Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23) und eine überhimmlische Berufung hat (Eph.2:6,7; 2.Tim.4:18), besteht aus Juden und Nichtjuden, die allesamt in gleicher Weise in Christus Jesus begnadet und gesegnet sind (Eph.3:6). Dies ist ein wesentliches Merkmal der derzeitigen Verwaltung, die ein in Gott verborgenes Geheimnis war (Eph.3:9; Kol.1:26).
Der Hebräerbrief richtet sich an die Juden, die in all den Jahren, von
denen die Apostelgeschichte berichtet, zum Glauben gekommen waren, nun aber
erkennen müssen, dass ihre Erwartung, nämlich das Königreich Israels auf der
Erde, wegen des Unglaubens ihres Volkes zunächst nicht eintreffen wird, ja dass
das Königreich in weite Ferne rückt.
Nun gab es welche, die zum Königreich Israels bestimmt waren; sie
hielten auch daran fest. Die Apostel der Beschneidung schrieben an sie. Andere
Juden aber haben sich schon durch die Verkündigung des dem Apostel Paulus enthüllten
Evangeliums (Gal.1:12) für eine andere, und zwar die überhimmlische Erwartung,
gewinnen lassen und können im Hebräerbrief bereits als Mitteilhaber der überhimmlischen
Berufung angesprochen werden (3:1). Wieder andere werden durch diesen Brief erst
für das Königreich, das über den Lufthimmeln der Erde liegt, geworben. Sollte
die Botschaft des Briefes bei ihnen auf fruchtbaren Boden fallen, dann werden
auch sie Glieder der Körpergemeinde Christi werden und zusammen mit uns den
Gnadenreichtum und allen geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in
Christus genießen (Eph.1:3).
Sollten sie sich aber nicht gewinnen lassen, bleiben sie, solange die Königreichsgemeinde
noch besteht - sie starb in den Jahrzehnten danach aus -, den strengen Bedingung
und Auflagen des Königreichsevangeliums unterworfen und können sie mithin ihre
Rettung wieder verlieren, wenn sie sich nicht bewähren (3:6,12,14; 6:6,8;
10:23,26-31,38).
Die Ermahnungen des Hebräerbriefs gründen grundsätzlich auf dem
Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7). Sie treffen für die gegenwärtige
Verwaltung nicht zu. Sie entsprechen der Botschaft vom Königreich, die unser
Herr Jesus Christus unter Israel und dann die Zwölf lehrten. Heute können wir
nicht abfallen (Röm.8:30; Eph.1:13), und die Gnade, in der wir stehen, ist so
groß, dass wir auch ohne Heiligung den Herrn schauen werden (Heb.12:14; Röm.5:20;
1.Thess.5:10):
Ebenso wie der Römerbrief ein Vorbereitungsbrief für die Körpergemeinde
im Hinblick auf die vervollständigte Offenbarung des Wortes Gottes für unsere
Heilsverwaltung insbesondere durch den Epheser-, den Philipper- und den
Kolosserbrief ist (Kol.1:25), so kann auch der Hebräerbrief als ein
Vorbereitungsbrief, und zwar für bislang auf das Königreich Israels
ausgerichtete Juden, angesehen werden, der sie in der Erkenntnis der überhimmlischen
Berufung festigen beziehungsweise sie zu dieser Erkenntnis führen soll.
Unter diesem Gesichtspunkt ist der nicht inspirierte Titel des Briefes »An
die Hebräer« ausgesprochen zutreffend, denn »Hebräer« bedeutet nach Eber,
dem »Hinübergehenden« oder »Jenseitigen«, einem Nachkommen Sems (1.Mose
10:21-24), »Durchziehender« oder »Jenseitigem Angehörender«, so wie Abraham
»Hebräer« genannt wurde, weil er von jenseits des Euphrats kam und im Lande
Kanaan nur ein Durchziehender war (1.Mose 14:13). Gerade die Juden, deren
Aufenthalt in den zwei zukünftigen Äonen nicht auf der Erde, sondern im Himmel
ist, sind in besonderer Weise Durchziehende (Heb.11:16).
Wann wurde der Hebräerbrief verfasst? Nach bestem Dafürhalten im Jahre
61 nach der Freilassung des Timotheus aus der römischen Haft, der nach der Überbringung
des Briefes an die Philipper von dort nach Rom zurückgekehrt war (Phil.2:19;
Heb.13:23).
Wo wurde er geschrieben? Nach Hebräer 13:24 in Italien, nach Anmerkungen
in den Kodizes Sinaiticus und Alexandrinus von Rom aus.
Nun zur Frage der Verfasserschaft. Da die Antwort nicht geschrieben
steht, sei unser Urteil in aller Zurückhaltung ausgesprochen.
Für Barnabas, den Leviten, spricht, dass er zusammen mit Saulus im
syrischen Antiochien zu dem besonderen Werk der Verkündigung des Evangeliums
des Apostels Paulus abgesondert wurde (Ap.13:2).
Für Paulus spricht:
1.
dass der Brief in allen Kodizes zwischen dem 2.Thessalonicherbrief und
dem 1.Timotheusbrief steht, also immer im Block der Paulusbriefe;
2.
dass das, was unser Herr Jesus Christus auf der Erde gesprochen, der
Verfasser aber nicht selber gehört hat, ihm von den Zuhörern bestätigt wurde
(Heb.2:3);
3.
dass der Verfasser in Hebräer 10:34 von seinen Gebundenen schreibt. Von
Paulus wissen wir, dass er Gläubige gebunden abführen ließ (Ap.8:3; 9:2);
4.
dass der Verfasser seine baldige Freilassung erwartet (Heb.13:19);
5.
die Erwähnung der Freilassung des Bruders Timotheus, des engsten
Mitarbeiters des Paulus (Heb.13:23);
6.
die Abfassung des Briefes in Italien oder Rom (Heb.13:24). Nach außerbiblischen
Zeugnissen war zwar auch Petrus in Rom gewesen, aber erstens war er zu anderen
Zeiten dort (51-58 und 62-67) und zweitens geht der Hebräerbrief über das
Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7), die Botschaft des Petrus vom Königreich
Israels, hinaus;
7.
der für Paulus charakteristische Schluss des Briefes: »Die Gnade sei
mit euch allen!«;
8.
dass der Verfasser ein Apostel oder Prophet gewesen sein muss, denn nur
diese legen nach Epheser 2:20 den Grund, auf dem wir heute aufbauen
(1.Kor.3:10);
9.
dass Paulus, der sich in Philipper 3:5 einen »Hebräer aus Hebräern«
nennt, auf jeden Fall berufen ist, den Brief zu schreiben, zumal der Herr ihn
als auserwähltes Gerät bezeichnet, Seinen Namen vor die Augen der Nationen wie
auch der Könige und Söhne Israels zu tragen (Ap.9:15);
10.
dass Paulus alle, also auch die Juden, über die Verwaltung des
Geheimnisses erleuchten soll, die von den Äonen an in Gott
verborgen gewesen war (Eph.3:9). Dies geschah natürlich auch
durch seine anderen Briefe - wie oft wendet er sich darin an die
Juden!
Abschließend ist anzumerken, dass manche dieser Punkte auch durch andere
als durch Paulus erfüllt werden konnten; in der Summe aber laufen auch diese
auf Paulus zu.
Der Brief an die Hebräer ist von der Größe und Herrlichkeit Jesu Christi wie auch von ernsten Ermahnungen an die Heiligen gekennzeichnet.
Was den Sohn Gottes anbelangt, ist Er herrlicher als alle den Israeliten
von alters her bekannten Personen. Er ist vorzüglicher als die Boten (Kap.1+2).
Er ist der Mittler, größer als Mose (Kap.3). Er ist der Retter, größer als
Josua (Kap.4). Er ist der Hohepriester, herrlicher als Aaron (Kap.5). Er ist König
und Priester nach der Ordnung Melchisedeks und damit besser als Levi (Kap.6+7).
Er ist Mittler eines neuen, besseren Bundes (Kap.8). Jesu Christi Blut ist
besser als das vom Hohenpriester alljährlich darzubringende Blut der Opfertiere
(Kap.9+10).
Wiederholt sind Ermahnungen und Zusprüche an die Gläubigen in den Brief
eingeflochten, deren Segnungen auffallenderweise höher als die Israels sind.
Die Gläubigen sind Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung (3:1). Sie haben
einen besseren, bleibenden Besitz in den Himmeln (10:34). Sie erlangen eine
bessere Auferstehung und eine bessere, nämlich überhimmlische Verheißung
(11:16,35,39). Sie treten zum überhimmlischen Jerusalem hin und erhalten ein
unerschütterliches Königreich (12:23,28). Sie tragen die Schmach Christi, der
außerhalb des Tores litt, indem sie zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers
des Judentums (13:13).
Mit dem Hebräerbrief werden übrigens vielfach auch ganz allgemein alle
Juden angesprochen, also auch die ungläubigen, weil ganz Israel, selbst wenn es
untreu ist, als auserwähltes Volk in einem besonderen Verhältnis zu Gott steht
(2:3; 4:16; 9:14; 12:16,25). Warum sollten durch den Hebräerbrief nicht auch
ungläubige Juden zur Erkenntnis gebracht werden, dass Jesus ihr Messias ist?
Die Einleitung des Hebräerbriefs ist sehr eindrücklich. Die ersten vier Verse lenken unseren Blick sofort auf die Größe und Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus. So gewaltig auch die früheren Offenbarungen an das Volk Israel gewesen sein mögen, sie verblassen gegenüber dem Einen, dem Einzigen, dem Sohn Gottes. Nun haben sich alle Hebräer auf Ihn einzustellen. Daraus leiten sich auch die scharfen Ermahnungen des Briefes ab. Jesus Christus ist Gottes über alles erhabener Sohn; darum ist unbedingt auf Ihn hören!
Der Verfasser schreibt: »Nachdem Gott vor alters vielfach und auf viele
Weise zu den Vätern durch die Propheten gesprochen hat, spricht Er an dem
letzten dieser Tage zu uns in dem Sohn« (Verse 1+2a). Viele Male und in
mannigfaltiger Weise hat Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten vom Äon
an gesprochen, zu Abraham und den anderen Vätern des Volkes Israel
(Luk.1:55,70). Zu Seinem Diener Mose sprach Jewe »von Mund zu Mund, im Sehen
und nicht in Rätseln, sodass er auf ein Bild Jewes blickte« (4.Mose 12:8).
Am letzten dieser Tage aber spricht Er durch den Sohn. Was ist das für
ein Tag? Zunächst ist zu sagen, dass das Wort »letzter« relativ zu verstehen
ist, nicht absolut, denn es ist der letzte einer Serie gemeint. Die letzten Tage
lassen sich nach den anderen Vorkommen dieses Begriffs auf die Zeit vom
Auftreten Jesu unter Israel bis zum Ende des gegenwärtigen bösen Äons
(1.Pet.1:5,20; 2.Pet.3:3; 1.Hoh.2:18) und bis zur Zeit der Auferstehung der Gläubigen
Israels alsbald nach dem Beginn des tausendjährigen Königreichs (1335 Tage
nach der Mitte des letzten Jahrsiebeners, also 75 Tage nach der Wiederkunft Jesu
zu Israel; Dan.12:12) eingrenzen (Joh.11:24).
Weiter ist in Vers 2 von dem Sohn zu lesen: »... den Er zum Losteilinhaber von allem gesetzt und durch den Er auch die Äonen gemacht hat.« Der Vater hat Ihm das Los zugeteilt, Inhaber von allem zu sein. Jesus Christus ist der rechtmäßige Besitzer des Alls, nicht nur, wie es in Psalm 2:8 zunächst heißt, der Erde: »Heische von Mir, und Ich werde Dir Nationen zum Losteil geben und Dir zum Besitz die Enden der Erde!« Christus bekommt das All zur Beherrschung während der letzten Äonen, um es danach dem Vater zurückzugeben (1.Kor.15:24), denn in Christus und durch Ihn und zu Ihm hin ist das All erschaffen (Kol.1:16).
Nach Jesaia 53:11,12 wird Gott Ihm dafür, dass Er Seine Seele in den Tod
dahingab, die Vielen zuteilen, was den uns bekannten Worten in Philipper 2:8-11
entspricht: »Er erniedrigte Sich Selbst und wurde gehorsam bis zum Tode, ja bis
zum Kreuzestod. Darum hat Gott Ihn auch überaus hoch erhöht und Ihm mit dem
Namen begnadet, der über jedem Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich jedes
Knie beuge, der Überhimmlischen, Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge
huldige: Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.«
Durch den Sohn hat Gott auch die Äonen gemacht. Ein Äon ist ein Zeitraum, der längste Zeitabschnitt, den die Bibel kennt. Ein kurzer Überblick über den Ablauf der Äonen sei gestattet: Es gab einen Zustand vor den Äonen (2.Tim.1:9). Der erste Äon begann mit der herrlichen Urschöpfung und endete mit dem ersten Gericht, durch welches die Erde ein Tohuwabohu wurde (1.Mose 1:2; 2.Pet.3:5,6). Der zweite begann mit der Wiederherstellung der Erde in sechs Tagen und endete mit dem zweiten Gericht, der Flut zur Zeit Noahs. Gegenwärtig leben wir in einem weiteren bösen Äon (Gal.1:4); er wird mit dem dritten Gericht, dem siebenjährigen Tag des Zorns, zu Ende gehen. Es folgt der vierte Äon (Eph.1:21); er währt tausend Jahre und endet mit dem Gericht über alle Nichtauserwählten vor dem großen, weißen Thron. Der neue Himmel und die neue Erde währen den fünften Äon (Off.21:1), den krönenden Äon der Äonen lang (Eph.3:21). Danach tritt die Vollendung ein, und Gott wird alles in allen sein (1.Kor.15:24,28).
Nicht nur das All, sondern auch die Zeit und ihre Abschnitte sind durch
das Wort geworden (Joh.1:3), durch den Sohn der Liebe (Kol.1:13). Dem Gott und
Vater unseres Herrn Jesus Christus sei der Lobpreis und die Verherrlichung!
Vernehmen wir Vers 3a: »Er ist die Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit und das Gepräge Seines Wesens und trägt das All durch Sein machtvolles Wort.« Diese Worte sollten unsere Herzen erbeben lassen.
Der Sohn strahlt die Herrlichkeit des Vaters aus. Ursprünglich hatte Er
die Gestalt Gottes, derer Er Sich entäußert hatte (Phil.2:6), und die
Herrlichkeit Gottes, längst bevor die Welt war (Joh.17:5). Nach Seinem in Liebe
und Glaubensgehorsam vollbrachten Werk am Kreuz hat der Vater Ihn über alles
erhöht und verherrlicht. Unser Herr Christus Jesus sitzt jetzt zur Rechten
Gottes, »hocherhaben über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und
Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in diesem Äon, sondern
auch in dem zukünftigen genannt wird. Alles ordnete Er Ihm unter, Ihm zu Füßen;
und Ihn gibt Er als Haupt über alles der herausgerufenen Gemeinde, die Sein Körper
ist, die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt«
(Eph.1:20-23).
Wie gesegnet sind wir, denen »der Lichtglanz des Evangeliums der
Herrlichkeit des Christus erstrahlt, der das Abbild des unsichtbaren Gottes ist«
(2.Kor.4:4)! Als Abbild Gottes strahlt Christus nicht Seine eigene Herrlichkeit
aus, sondern die Seines Gottes und Vaters. Wer Ihn sieht, sieht also den Vater,
zumal Er im Vater ist und der Vater durch Seinen Geist in Ihm wohnt
(Joh.14:9,10). »Ich und der Vater - Wir sind eins« (Joh.10:30).
Der Sohn ist das Gepräge des Wesens Gottes, die Ausprägung, der Ausdruck des zugrundeliegenden Kerns, und zwar des Herzens Gottes. An dem Sohn Seiner Liebe, den Er für uns dahingab, ersehen wir Sein liebendes Vaterherz. An dem Sohn, durch den uns Licht und Leben zuteil wurden, erkennen wir die Kraft und Herrlichkeit Gottes.
Der Sohn trägt das All durch Sein machtvolles Wort. Das All besteht in Ihm, hat in Ihm seinen Bestand (Kol.1:17). So wie das All durch Ihn erschaffen wurde (1.Kor.8:6), so erhält Er es auch, nämlich durch Sein Wort. In unserem Vers steht nicht »logos«, »das Wort« an sich, das selbstverständlich auch kraftvoll ist, sondern »rhema«, was so viel heißt wie »das gerade gesprochene Wort«, »der Wortfluss«. Christus trägt das All also ständig. Das darf uns auch an dem in Hiob 34:14,15 angeführten Gegenteil klar werden: »Wenn Er Sein Herz nur auf Sich Selbst richtete, Seinen Geist und Seinen Atem zu Sich zurückzöge, so würde alles Fleisch insgesamt verscheiden und der Mensch zum Staub zurückkehren.« - Es bleibt aber dabei: Christus trägt das All - und Er trägt auch einen jeden von uns. Bis ins graue Alter wird Er uns tragen (vgl. Jes.46:4).
Weiter lesen wir von unserem Herrn und Haupt: »Nachdem Er die Reinigung von den Sünden vollbracht und Sich zur Rechten der Majestät in den Höhen niedergesetzt hat, wurde Er insofern um so viel besser als die Boten, als Ihm ein vorzüglicherer Name zugelost ist als ihnen« (Verse 3b+4).
Jesus Christus vollbrachte die Reinigung von den Verfehlungen durch Sein
Blut als makelloses und fleckenloses Lamm, indem Er sie in Seinem Körper an das
Holz hinauftrug (1.Pet.1:19; 2:24). Damit ist sichergestellt, dass die Sünde im
Verlauf »des abschließenden Zeitraums der Äonen abgelehnt wird«, wie Hebräer
9:26 besagt, das heißt abgetan wird, keinen Wohnsitz mehr haben wird.
Jesus Christus hat Sich zur Rechten der Majestät niedergesetzt. Statt »in den Höhen« ließe sich auch übersetzen: »inmitten Hoher« (vgl. Eph.1:21). Damit ist erfüllt, was König David in Psalm 110:1 offenbarte: »Die Erklärung Jewes an meinen Herrn: Setze dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege.« Die Erklärung des Vaters war an Seinen Sohn gerichtet, den Herrn Davids (vgl. Mat.22:44).
Viel
besser als die Boten
Dass unser Herr Jesus Christus besser, haltgebender, gewichtiger und herrlicher ist als die Boten, ist für uns keine Frage, denn alle himmlischen Boten und ihre Fürsten sind in Ihm erschaffen (Kol.1:16), und Er ist hocherhaben über sie (Eph.1:21), der das Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit ist (Kol.2:10). Leider aber gibt es Gläubige, die sich mit dem wichtigtun wollen, was sie von Boten Satans an besonderen Äußerungen erhalten haben (vgl. Kol.2:18), irregeführt und irreführend. Auch Boten Gottes haben heute keinen Dienst an uns zu tun, denn das Wort Gottes ist durch den Apostel Paulus für unsere Verwaltung vervollständigt worden (Kol.1:25). Uns ist alles gesagt und jeder geistliche Segen gegeben (Eph.1:3). Und haben wir nicht eingangs gehört, dass Gott heute durch den Sohn spricht? Paulus, der Apostel Christi Jesu, hat uns des Sohnes Wort an uns, die Glieder Seines Körpers, übermittelt (1.Tim.2:7; Tit.1:3). Mögen wir uns an das Haupt halten und nur an das Haupt (Kol.2:19). Wir stehen in der Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes, Jesus Christus, Selbst!
Noch ein Wort zu den Boten: Heute haben wir ihnen etwas zu vermitteln
(1.Tim.5:21). Wir sind ihnen ein Schauspiel (1.Kor.4:9). Entsprechend dem
Vorsatz für den Ablauf der Äonen, den Gott in Christus Jesus gefasst hat, wird
nun durch die herausgerufene Gemeinde den Fürstlichkeiten und Obrigkeiten
inmitten der Überhimmlischen die mannigfaltige Weisheit Gottes bekannt gemacht
(Eph.3:10,11).
Christus wurde ein vorzüglicherer Name zugelost als den Boten. Denn »in keinem anderen ist die Rettung; es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der unter Menschen gegeben worden ist, in welchem wir gerettet werden müssen« (Ap.4:12). Sein Name ist über allen Namen (Eph.1:21). Gott hat Seinen Sohn »überaus hoch erhöht und Ihn mit dem Namen begnadet, der über jedem Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich jedes Knie beuge, der Überhimmlischen, Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge huldige: Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters« (Phil.2:9-11). - Und wir stimmen bereits darin ein! Denn Gott hat es in unseren Herzen aufleuchten lassen zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi (2.Kor.4:6)!
Christus ist vorzüglicher als die Boten
(Heb.1:5-2:4)
»Nachdem Er [Jesus Christus, der Sohn Gottes] die Reinigung von den Sünden vollbracht und Sich zur Rechten der Majestät in den Höhen niedergesetzt hat, wurde Er insofern um so viel besser als die Boten, als Ihm ein vorzüglicherer Name zugelost ist als ihnen« (Heb.1:3,4).
»Mein
Sohn bist Du!«
Dies begründet der Verfasser des Hebräerbriefs nun: »Denn zu welchem Boten hat Er jemals gesagt: Mein Sohn bist Du! Heute habe Ich Dich gezeugt -? Anderswo wieder: Ich werde Ihm Vater sein, und Er wird mir Sohn sein -?« Nicht ein Bote ist der Sohn Gottes. Der Sohn ist nur Einer, und Er ist einzigartig. Niemand kommt Ihm gleich. Die Juden sollten wissen, dass die Boten Gottes zwar ihre Aufgabe haben, der Sohn aber der Gesalbte Gottes ist und ihr Retter und König sein wird, denn sie konnten bereits in Psalm 2:7 lesen: »Mein Sohn bist Du, heute habe Ich Dich gezeugt!« Mit dem Sohn sollen sie sich befassen, nicht mit den Boten!
Wann hat der Vater den Sohn gezeugt? Vor jenem Anfang, von dem in
Johannes 1:1 geschrieben steht: »Zu Anfang war das Wort, und das Wort war zu
Gott hingewandt, und wie Gott war das Wort.« Das Wort war aus Gott, denn aus
Gott ist alles (Röm.11:36). Christus ist »der Ursprung der Schöpfung Gottes«
(Off.3:14); Er, das Wort, ist der erste, der wurde. Ebenso ist auch in Hebräer
2:11 zu lesen: »Sowohl der Heiligende [Christus] wie auch die geheiligt werden
stammen alle aus dem Einen [aus Gott], um welcher Ursache Er [Christus] Sich
nicht schämt, sie Brüder zu nennen.«
»Ich werde Ihm Vater sein, und Er wird Mir Sohn sein« ist ein Zitat aus
2.Samuel 7:14 und 1.Chronika 17:13 und auf einen Nachkommen Davids zu beziehen,
dessen Königtum bis zum letzten Äon dauern wird. Salomo ist offensichtlich
nicht dieser verheißene Nachkomme. Jesus Christus aber ist der Sohn Davids, der
zugleich der Sohn Gottes ist!
Wir lesen weiter: »Von der Zeit, wenn Er wieder den Erstgeborenen in die Wohnerde einführt, sagt Er: Anbeten sollen vor Ihm alle Boten Gottes.« Zuerst halten wir fest, dass der Herr Jesus Christus anzubeten ist. In Psalm 97:7 lautet dieser Ausspruch: »Werft euch nieder vor Ihm, all ihr Götter (hebr. elohim).« Diese Aussage schließt die Boten ein, denn auch sie sind elohim, das heißt zu Gott hin Unterordnende.
Wann war der Erstgeborene, der zuerst Gewordene vor einer jeden Schöpfung
(Kol.1:15), in welchem sodann das All erschaffen wurde, erstmals in die bewohnte
Erde eingeführt worden? Als das Wort (durch Maria) Fleisch wurde und unter
Israel zeltete (Joh.1:14).
Und wann wird Er wieder in die Wohnerde eingeführt? Nach dem letzten der
siebzig Jahrsiebener, am Ende der siebenjährigen Endzeit werden alle Stämme
des Landes Israel den Sohn des Menschen auf den Wolken des Himmels mit Macht und
großer Herrlichkeit kommen sehen (Mat.24:30). Seine Füße werden dann auf dem
Ölberg stehen (Sach.14:4). Er wird das Israel verheißene tausendjährige Königreich
aufrichten und auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzen (Mat.19:28).
In den Versen 7 und 8 steht geschrieben: »Zu den Boten zwar sagt Er: Der Seine Boten zu Windstößen macht und Seine Amtsträger zur Feuerflamme. Zu dem Sohn aber: Dein Thron, o Gott, besteht für den Äon des Äons, und das Zepter der Geradheit ist das Zepter Deiner Königsherrschaft.« Vers 7 erinnert an Psalm 104:4. Die Boten sind Christi Amtsträger; Er gebietet ihnen, und sie dienen Ihm (Ps.91:11; Mat.4:11). Dabei nehmen sie unter Umständen die flüchtige Gestalt eines Windstoßes oder einer Feuerflamme an. Feuer deutet auch auf ein Mitwirken bei Gerichten hin.
Im Gegensatz zu dieser Flüchtigkeit hat der Sohn einen festen Thron.
Sein Thron besteht für den Äon des Äons, das heißt bis hinein in den letzten
und krönenden Äon aller Äonen (vgl. Ps.10:16). Jesus Christus herrscht im
kommenden tausendjährigen Königreich und im darauf folgenden Äon des neuen
Himmels und der neuen Erde (Off.21:1), eben bis zur Vollendung (1.Kor.15:24). In
Psalm 45:7 heißt es: »Dein Thron, o Elohim, besteht für den Äon und
weiterhin.« Christus wird hier als Elohim und in unserem Vers 8 als Gott
bezeichnet, weil Er in göttlicher Vollmacht auftreten wird, ist Er doch wie
Gott, strahlt Er doch die Herrlichkeit Gottes aus.
Gerade ist das Zepter Seiner Königsherrschaft, aufrichtig und gerecht, wie Vers 9 beschreibt: »Du liebst Gerechtigkeit und hasst Ungerechtigkeit. Deshalb salbt Dich Gott, Dein Gott, mit Öl der Wonne: weit über Deine Mitteilhaber.« Der Gott Jesu Christi, Sein Unterordner und Verfüger, salbt Ihn mit Öl der Wonne; dies ist der Geist Seines Vaters (vgl. Jes.61:1; Ap.10:38), der Geist der Freude und Zuversicht.
Weit über Seine Mitteilhaber am Öl der Wonne ist Christus mit dem Geist
Gottes beschenkt. Er erhielt den Geist nicht nach Maß (Joh.3:34). Er ist voll
heiligen Geistes (Luk.4:1). Wer sind die Mitteilhaber? Alle, die an Seinem Geist
teilhaben; im Blick auf
Psalm
45 zugleich alle, die an Seiner Königsherrschaft auf der Erde teilhaben. Als
Mitteilhaber des Christus (Heb.3:14) ist der hebräische Teil der Körpergemeinde
Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung (Heb.3:1).
Des Weiteren hat Gott zu Christus gesagt, wie in Psalm 102:26-28 verzeichnet: »Und: Du hast in den Anfängen, Herr, die Erde gegründet, und die Himmel sind Deiner Hände Werk. Sie werden umkommen, Du aber bestehst fort; sie alle werden wie ein Kleid veralten, wie eine Umhüllung wirst Du sie aufrollen, wie ein Kleid werden sie verwandelt werden. Du aber bist derselbe. Deine Jahre werden nicht ausbleiben« (Verse 10-12). Die Himmel und die Erde werden in Feuer vergehen (Heb.12:26; 2.Pet.3:12); und wie ein Kleid ausgewechselt wird, so werden sie verändert und neu geschaffen werden (2.Pet.3:13; Off.21:1). Christus aber bleibt derselbe. Seine Jahre gehen nie zu Ende. »Jesus Christus, gestern und heute, ist derselbe auch für die Äonen« (Heb.13:8).
Ferner fragt der Verfasser: »Zu welchem der Boten hat Er jemals gesagt: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde Dir zum Schemel Deiner Füße lege!« (Vers 13)? Auch Hebräer 10:12,13 nimmt auf dieses Zitat aus Psalm 110:1 Bezug: »Dieser [Jesus] aber hat nur ein Opfer für Sünden dargebracht und Sich bis zur Durchführung [des Vorsatzes Gottes] zur Rechten Gottes gesetzt und wartet hinfort, bis Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt werden.« Wann wird dies geschehen? Zunächst einmal bei der Wiederkunft Jesu Christi zu Israel, wie Psalm 110 weiter sagt: »Den Stab Deiner Stärke wird Jewe von Zion aussenden; walte inmitten Deiner Feinde« (Vers 2) und Daniel 7:14 bestätigt: »Dann wurde Ihm Vollmacht, Würde und ein Königreich gewährt, und alle Völker, Stämme und Zungen sollen Ihm dienen.« Bis zur Vollendung der Äonen aber wird es geschehen sein, dass der Vater dem Sohn alle Seine Feinde unter die Füße gelegt und Ihm alle untergeordnet hat, damit Gott alles in allen sei (1.Kor.15:25-28).
Was sind Boten? Die Antwort von Vers 14 ist: »Sind sie nicht alle ein Amt versehende Geister, zum Dienst ausgeschickt um derer willen, denen künftig die Rettung zugelost werden soll?« Dienstbare Geister sitzen doch nicht auf dem Thron, im Gegenteil, sie dienen dem auf dem Thron Sitzenden. Die Grundbedeutung des hebräischen Wortes für Bote ist Beauftragter. Ihr Dienst bestand zwar auch darin und wird wieder darin bestehen, die Gläubigen Israels zu schützen, wie in Psalm 34:8 zu lesen: »Der Bote Jewes lagert sich ringsum die, welche Ihn fürchten, und Er wird sie befreien«, vor allem aber darin, das Wort Gottes zu sprechen, wie es in Hebräer 2:2 heißt und auch Psalm 103:20,21 sagt: »Segnet Jewe, all Seine Boten, Mächtige der Kraft, Täter Seines Wortes, damit man höre auf die Stimme Seines Wortes. Segnet Jewe, all Seine Heere, alle die Ihm dienen, die tun, was Ihm wohlannehmbar ist!«
Um welcher Menschen willen tun sie ihren Dienst? Um derer willen, denen
zukünftig die Rettung zugelost werden soll. Die Rettung ist Israel verheißen.
Das Wort »künftig« richtet den gesamten Satz auf die Zukunft aus. Israel wird
die Rettung vor seinen Feinden im kommenden tausendjährigen Königreich
erfahren (Luk.2:68-75). Jenen, die das Königreich erlangen, dienten sie in der
Vergangenheit und werden sie wieder dienen.
Von uns, den Gliedern der Körpergemeinde Christi, und der gegenwärtigen,
dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes
(Eph.3:2; Kol.1:25), ist hier nicht die Rede. Wohl sehen die Boten uns
(1.Kor.4:9; 1.Tim.5:21), doch nicht sie dienen uns, sondern wir dienen ihnen,
indem nämlich »durch die herausgerufene Gemeinde den Fürstlichkeiten und
Obrigkeiten inmitten der Überhimmlischen die mannigfaltige Weisheit Gottes
bekannt gemacht wird« (Eph.3:10), die insbesondere in dem unausspürbaren
Reichtum des Christus und in all dem Segen der bislang geheim gewesenen
Verwaltung, in der wir leben, Ausdruck findet.
Nach all dem über die Vorzüglichkeit des Sohnes Gottes gegenüber den Boten Dargelegten folgt die erste gewichtige Ermahnung des Hebräerbriefs: »Deshalb müssen wir umso mehr auf das Acht geben, was wir gehört haben, damit wir nicht daran vorbeigleiten« (Kap.2, Vers 1). Einst hatte Gott durch die Boten und die Propheten zu den Vätern Israels gesprochen. Jetzt spricht Er durch den Sohn (Heb.1:1,2). Dies ist eine Steigerung. Deshalb ist jetzt noch intensiver auf das Wort aufzumerken, und zwar das des Sohnes. Rechtes Hören Seines Wortes geschieht im Glauben an die Wahrheit des Wortes und in der Überzeugung der Notwendigkeit des Wortes zur Erlangung des Heils sowie in der Bereitschaft zum Gehorchen. Was sollte Hören ohne Glauben bewirken? Dies nützt nichts (Heb.4:2). Was sollte Hören ohne Gehorchen erbringen?
Nimmt jemand aber das Wort Jesu Christi nicht ernst - ein Zeichen für
geistliche Unreife -, wird er an dem Segen Seines Wortes vorbeigleiten. Leider
gibt es welche, die das Wort zwar hören, auch nichts dagegen haben, es auch zu
glauben vorgeben, es aber nicht ihren Kurs bestimmen lassen, sodass sie, ebenso
wie man von einer Meeresströmung am Hafen vorbeigetrieben werden kann, knapp am
Königreich vorbeigleiten. Auf Kreta gab es Menschen, die mit Gott vertraut zu
sein bekannten, Ihn mit ihren Werken aber verleugneten, indem sie gräulich,
widerspenstig und zu jedem guten Werk unbewährt waren (Tit.1:16). Auch heute
haben welche eine Form der Frömmigkeit, von der Kraft derselben ist aber nichts
zu spüren (2.Tim.3:5).
Psalm 73 gibt ein eindrückliches Beispiel dafür, wie leicht man vom
Ziel abgelenkt werden kann, wenn man auf das Sichtbare blickt: »Ich - fast wären
meine Füße abgebogen, wie nichts meine Schritte abgeglitten; denn ich
beneidete die Prahler, da ich sah der Frevler Wohlstand« (Verse 2+3). Der
Psalmist erfuhr die Kräftigung und das Heil aber in dem Moment, als er glaubend
auf den Herrn, Jewe, schaute und ausrief: »Doch ich bin bei Dir allezeit; Du
ergreifst mich bei meiner rechten Hand. Nach Deinem Rat wirst Du mich leiten und
nimmst mich hernach mit Herrlichkeit auf. Wer ist mein in den Himmeln? Mit Dir
begehre ich nichts auf Erden. Mögen Fleisch und Herz mir vergehen, Fels meines
Herzens und mein Teil ist Elohim für den Äon!« (Verse 23-26).
Auch aus dem in den Versen 2 und 3a genannten Grund ist dem Wort des Sohnes höchste Aufmerksamkeit zu widmen: »Denn wenn schon das durch Boten gesprochene Wort fest bestätigt wurde und jede Übertretung und jeder Ungehorsam die berechtigte Entlohnung erhielt, wie werden wir entrinnen, wenn wir eine Rettung solchen Ausmaßes vernachlässigen?« Das Gesetz des Mose ist allen Briefempfängern bekannt; jeder weiß, welche Strafen für die Missachtung der Gebote vorgesehen waren (vgl. Heb.10:28). Das durch Boten gesprochene Wort der Propheten fand in der Geschichte Israels seine Bestätigung in all dem Segen wie auch all den Gerichten, die bereits geschehen sind.
Wenn dies schon so war, wie sollten nun die Juden dem Gericht entfliehen,
die sich nicht um eine solch herrliche Rettung, nämlich die durch Jesus
Christus, kümmern? Wer den Sohn links liegen lässt, ist von der Rettung
ausgeschlossen und wird am Königreich Israels nicht teilhaben. Hebräer 12:25
sagt uns dies ebenso eindringlich: »Hütet euch, dass ihr nicht den abweist,
der zu euch spricht. Denn wenn jene nicht entronnen sind, die den abwiesen, der
auf Erden Weisung gegeben hatte [Mose], wie viel mehr wir, wenn wir uns von dem
Einen aus den Himmeln abwenden, dessen Stimme damals die Erde erschütterte.«
Von der Rettung lesen wir in den Versen 3b und 4 weiter: »... die ihren Anfang durch das vom Herrn gesprochene Wort nahm und uns von den Zuhörern bestätigt wurde, die auch Gott feierlich mitbezeugte durch Zeichen wie auch Wunder und mancherlei Machttaten und Austeilungen heiligen Geistes gemäß Seinem Willen.« Ihren Anfang nahm die Rettung durch das gesamte von dem Herrn Jesus auf der Erde gesprochene Wort. Die Rettung für das Königreich Israels wurde nun möglich durch Umsinnung und Glauben. In Galiläa heroldete der Herr das Evangelium des Königreichs Gottes und sagte: »Erfüllt ist die Frist, und genaht hat sich das Königreich Gottes. Sinnt um und glaubt an das Evangelium!« (Mark.1:15). Die Taufe der Umsinnung diente der Erlassung der Sünden (Luk.3:3). Schließlich musste der Sohn des Menschen an das Kreuz erhöht werden, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht umkomme, sondern äonisches Leben habe (Joh.3:15).
Die Worte dieser Rettung hatte der Verfasser nicht unmittelbar vernommen;
vielleicht hatte er da und dort etwas davon erzählt bekommen. Diejenigen aber,
die diese Worte gehört hatten, bestätigten sie ihm später. - Auch das, was
Lukas in seinem Bericht über Jesu Wirken auf der Erde niedergeschrieben hat,
war ihm von solchen überliefert worden, die von Anfang an Augenzeugen und
Gehilfen des Wortes waren (Luk.1:2).
Das rettende Wort war auch durch Zeichen, Wunder und Machttaten
mitbezeugt worden, die Gott durch den Herrn Jesus in Israel getan hat, des
Weiteren - die Apostelgeschichte berichtet davon - durch die Apostel der
Beschneidung ebenso wie auch durch den Apostel Paulus. Es genügte, Schweißtücher
oder Schurze von ihm zu Kranken zu bringen, um die Krankheiten aus ihnen zu
vertreiben und die bösen Geister ausfahren zu lassen (Ap.19:12). Auch das
Zeugnis der Korinther von Christus wurde unter ihnen bestätigt, sodass es ihnen
an keiner Gnadengabe mangelte (1.Kor.1:6,7). Auf die Austeilungen (hier in Vers
4 wörtlich: die Teilungen) des heiligen Geistes (Geist ist im Griechischen sächlich,
sodass ich sagen kann: (nicht der, sondern) das ist die Kraft Gottes - siehe den
Parallelismus in Lukas 1:35), wie sie in jener Zeit noch »förderlich« waren
(1.Kor.12:7), geht Paulus in den Kapiteln 12 bis 14 des 1.Korintherbriefs ausführlich
ein.
Die Worte »feierlich mitbezeugte«, im Griechischen ein Hauptwort, das wörtlich mit »des Mit-auf-Bezeugenden« zu übersetzen wäre, stehen zwar in der Form des Partizips Präsens, hängen aber mit dem vorausgehenden Satzteil zusammen, der in der Vergangenheit steht, sodass sie ebenfalls in der Vergangenheitsform wiederzugeben sind. Die Bezeugungen des Evangeliums waren also vorbei, als der Hebräerbrief geschrieben wurde.
Dies hatte der Apostel Paulus in 1.Korinther 13:8-10 bereits angekündet: »Seien es Prophetenworte, sie werden abgetan, oder Zungenreden, sie werden aufhören, oder Erkenntnisworte, sie werden abgetan werden.« Die Worte aus dem Bruchteil waren damals »förderlich« (1.Kor.12:7).
Seitdem aber die Reife, das der Vollendung Gemäße, gekommen ist, das Wort Gottes nämlich durch den Apostel Paulus für die ihm gegebene heilsgeschichtliche Verwaltung (oikonomia, Haushaltung, Verfahrensordnung) der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2) »vervollständigt« (so wörtlich Kol.1:25) worden ist, verkündigen wir aus dem auf das Vollmaß gebrachten Wort Gottes. Es gibt nichts Neues mehr zu offenbaren. Die letzten und höchsten Geheimnisse sind mit dem Epheser-, Philipper- und Kolosserbrief offenbart. Jetzt ist nichts mehr bruchstückhaft, sodass in der Folge davon jeder Gläubige in Christus nunmehr auch persönlich zur vollen Reife im Glauben gelangen kann (Eph.4:13) und niemand mehr unmündig zu bleiben braucht.
Die Auferbauung der Heiligen geschieht auf der Grundlage der Apostel und Propheten (Eph.2:20); sie legten den Grund; heute wird nicht mehr Grund gelegt.
Nicht die im 1.Korintherbrief genannten Gnadengaben, die zu ihrer Zeit schon »weit überragt« wurden von der Liebe (1.Kor.12:31), wurden als bleibend bezeichnet, sondern die Gnadengaben Glaube, Erwartung und Liebe (1.Kor.13:13).
Wir wandeln heute durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung (2.Kor.5:7).
Das Evangelium Gottes über Seinen Sohn Jesus Christus, unseren Herrn, bedarf in einer Heilsverwaltung, in der man durch Glauben (weg) von allen Sünden gerechtfertigt wird, für völlig gerecht erklärt wird, keiner weiteren sichtbaren Bezeugungen mehr. Das Wort Gottes ist durch Zeichen und Wunder längst bestätigt und beglaubigt ebenso wie das Aposteltum des Paulus (2.Kor.12:12).
Heilungen »gemäß den Kräften des zukünftigen Äons« (Heb.6:5), also des tausendjährigen Königreichs Israels auf der Erde, waren ein Zeichen auf dieses hin.
Seitdem der unausspürbare Reichtum des Christus vollständig offenbart wurde, geschahen keine Heilungen aufgrund von Gnadengaben mehr. Paulus heilte Epaphroditus nicht, der sehr hinfällig, ja in nächster Todesnähe war. »Jedoch Gott hat Sich seiner erbarmt, aber nicht allein seiner, sondern auch meiner, damit ich nicht Betrübtheit über Betrübtheit hätte« (Phil.2:27). Paulus ließ den durch Krankheit geschwächten Trophimus in Milet zurück (2.Tim.4:20). Er heilte auch Timotheus nicht, sondern empfahl ihm ein wenig Wein um seines schwachen Magens und seiner häufigen Schwächeanfälle willen (1.Tim.5:23).
Schließlich erhielt der Apostel Paulus auf seine dreimalige Bitte hin, den Splitter für das Fleisch wegzunehmen, vom Herrn die Antwort: »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht« (2.Kor.12:9). Die Kraft Gottes erweist sich gerade in unserer Schwachheit (vgl. 2.Kor.4:7), und zwar ist es die Kraft, die Seine Gnade - sofern wir sie erfasst haben - in uns entfaltet. Die uns in Christus Jesus erwiesene und daher überaus reiche Gnade ist uns ein Zuspruch von solcher Kraft, dass wir Leiden tragen und zur Verherrlichung Gottes leben können. Die das Übermaß der Gnade und das Geschenk der Gerechtigkeit erhalten, werden im Leben herrschen durch den Einen, Jesus Christus (Römer 5:17). Welch eine Kraft vermittelt uns die Allgenugsamkeit der Gnade!
Gar nichts fehlt uns heute; im Gegenteil: Wir sind mit jedem geistlichen (nicht greifbarem, irdischen) Segen, den es überhaupt gibt (zum Beispiel der Rechtfertigung, der Versöhnung, der Versiegelung, dem Sohnesstand, dem Gnadenstand), in Christus gesegnet (Eph.1:13). Wir sind Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte (Kol.3:12). Ihm sei der Lobpreis, der Dank und die Verherrlichung im Namen unseres Herrn Jesus Christus!
»Weil ja doch die Juden [und manche Gläubigen heute] Zeichen fordern und die Griechen Weisheit suchen, herolden wir dagegen Christus als gekreuzigt« (1.Kor.1:22,23). Wer meint, das Wort vom Kreuz, die Verkündigung des Evangeliums der Gnade, reiche nicht aus, sondern man müsse die auserwählten Menschen durch Zeichen und Wunder zum Glauben führen, achtet »Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit« (1.Kor.1:24) gering, ja macht »das Kreuz des Christus inhaltslos« (1.Kor.1:17). Das Evangelium aber allein ist Gottes Kraft zur Rettung (Röm.1:16).
Mögen nicht nur die Juden damals, sondern auch wir heute die Rettung solchen Ausmaßes nicht vernachlässigen!
Was ist ein Mensch, dass Du seiner gedenkst?
(Hebräer 2:5-18)
Die Grundaussage des Schriftabschnitts Hebräer 2:5-18 ist die, dass Christus Sich nicht der Boten, sondern besonders der Menschen annimmt, für die Er starb; diese sind Seine Brüder, diesen wird die Erde untergeordnet, und sie werden über die Boten erhöht werden.
Der Abschnitt beginnt mit einer Begründung: »Denn Boten ordnet Er die künftige Wohnerde, von der wir hier sprechen, nicht unter.« Der Verfasser hatte dargelegt, dass der Sohn Gottes viel vorzüglicher ist als die Boten (Kap.1), und die Ermahnung daran geknüpft, deshalb umso mehr auf das von dem Sohn gesprochene Wort achtzugeben, denn - und damit kommen wir zu unserem Vers 5 - Boten wird nicht die Ehre zuteil, dass ihnen die Bewohnte, die Erde, untergeordnet wird. Die künftige Erde ist nicht unsere, die im kommenden Äon des tausendjährigen Königreichs Israels noch bestehen wird, mit Feuer gespeichert ist und in Glut vergehen wird (2.Pet.3:7,10), sondern die darauf folgende neue Erde des letzten Äons. Johannes gewahrte sie (Off.21:1), und Petrus schrieb von ihr: »Wir warten aber auf neue Himmel und eine neue Erde gemäß Seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt« (2.Pet.3:13; siehe auch Jes.65:17).
Dem Menschen aber wird die künftige Erde untergeordnet, wie wir in den
Versen 6 bis 8a lesen: »Es hat aber jemand irgendwo bezeugt [und zwar in Psalm
8:5-7]: Was ist ein Mensch, dass Du Seiner gedenkst, oder ein Menschensohn, dass
Du auf ihn siehst? Du machst ihn für eine kleine Weile geringer als Boten, mit
Herrlichkeit und Ehre bekränzt Du ihn und setzt ihn über die Werke Deiner Hände
ein. Alles ordnest Du ihm unter seine Füße.« Wir sind geneigt, diese Worte
auf den Herrn Jesus Christus zu beziehen, was durchaus richtig wäre, denn Ihm
kommt dies alles zu und Ihm wird dies alles auch gegeben werden, wie wir aus der
Schrift wissen, doch hier ist von den Menschen die Rede - sie werden durch
Christus über das gesamte Werk Seiner Hände gesetzt werden. Dies ist Gottes
Vorsatz für die Menschen, der sich in dem Einen, dem Menschen Christus Jesus,
erfüllen wird.
Zu dem Ausruf: »Was ist ein Mensch, dass Du seiner gedenkst?« kam König
David angesichts der Himmel, des Kunstwerks der Hände Jewes, sowie des Mondes
und der Sterne. Wie klein ist der Mensch doch dagegen! Wird aber nicht alle
Schrift erfüllt werden? Werden nicht auch die Worte, die Adam am sechsten Tag hörte,
ihre volle Erfüllung finden? »Seid fruchtbar und mehret euch, erfüllt die
Erde und unterwerft sie euch. Waltet über den Fisch des Meeres und über die Flügler
der Himmel, über alle Haustiere, über die ganze Erde und über jedes
Wildgetier, das sich auf der Erde bewegt« (1.Mose 1:28).
Aber nicht nur die Erde, sondern auch die Boten werden dem Menschen
untergeordnet werden. Das Wort »... für eine kleine Weile geringer als Boten«
schließt ein, dass der Mensch künftig höher als die Boten sein wird.
Diejenigen unter uns, die mit Christus litten und um des Glaubens willen
erduldeten, werden sogar Boten richten (1.Kor.6:3; Röm.8:17; 2.Tim.2:12).
Hören wir weiter: »Denn indem Er ihm das All unterordnet, lässt Er nichts, was ihm nicht untergeordnet ist« (Vers 8b). Das gesamte All wird dem Menschen untergeordnet werden - wer kann das fassen? Wir, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22), können es, denn es ist Teil unseres Glaubensgutes, dass wir als die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:23), an dieser Seiner Aufgabe mitwirken und wir in den beiden kommenden Äonen inmitten der Überhimmlischen in Christus Jesus niedergesetzt werden, damit Gott den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus den Geschöpfen dort oben zur Schau stelle (Eph.2:6,7). - Die Erde wird Israel untergeordnet sein.
Doch wir erblicken Jesus
Dies alles ist zukünftig, wie der Briefschreiber einräumt: »Nun zwar
sehen wir noch nicht das All ihm untergeordnet; doch wir erblicken den, der für
eine kleine Weile geringer als Boten gemacht wurde, Jesus (um des Todesleidens
willen mit Herrlichkeit und Ehre bekränzt), damit Er nach Gottes Gnade für
jeden den Tod schmecke« (Verse 8c+9). - Doch wir erblicken Jesus, der den
Menschen in der Folge davon, dass Er zur Rettung aller den Tod erlitt, in diese
hohe Stellung einsetzen wird!
Geringer als die Boten war Er, als Er in Niedrigkeit unter Israel lebte.
Jesus erlitt den Tod nach Gottes Gnade, das heißt Gott ließ Ihm die
Gunst und Ehre zukommen, für jeden zu sterben. Es war eine Gnade, denn Gott hat
Seinen Sohn aufgrund Seines Leidens »überaus hoch erhöht und Ihn mit dem
Namen begnadet, der über jedem Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich jedes
Knie beuge, der Überhimmlischen, Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge
huldige: Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters«
(Phil.2:9-11).
Der Vater hat den Sohn mit Herrlichkeit und Ehre ausgezeichnet: Er setzte
Ihn »zu Seiner Rechten inmitten der Überhimmlischen, hocherhaben über jede Fürstlichkeit
und Obrigkeit, Macht und Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in
diesem Äon, sondern auch in dem zukünftigen genannt wird« (Eph.1:21). Er hat
Ihm das All untergeordnet, alle Boten, Obrigkeiten und Mächte (1.Pet.3:22),
wenn auch noch nicht in der Qualität der Vollendung, wenn sich jedes Geschöpf
seinerseits Ihm untergeordnet haben wird (1.Kor.15:27).
Auch Vers 10 gibt einen Hinweis darauf, warum es eine Gnade war, für jeden den Tod zu schmecken; unser Herr wurde nämlich vollkommen gemacht. »Denn es kam Ihm zu, um dessentwillen das All ist und durch den das All ist, den, der viele Söhne zur Herrlichkeit führt, den Urheber ihrer Rettung, durch Leiden vollkommen zu machen.« Es kam Gott zu, es geziemte Ihm, es war Gottes würdig, um dessentwillen das All ist und durch den das All ist, so gnadenvoll zu handeln. Um Gottes willen ist das All; alles dient zu Seiner Verherrlichung (Joh.6:57; Off.4:11). Und durch Gott ist das All; dies steht auch in Römer 11:36 geschrieben. Dass Gott wiederum durch Sein Wort handelte und wir in Kolosser 1:16 lesen, dass das All durch Christus erschaffen wurde, steht dem nicht entgegen, denn der Vater und der Sohn - sie handeln übereinstimmend.
Der Urheber ihrer Rettung, Jesus Christus, führt viele Menschensöhne zu
ihrer künftigen Herrlichkeit auf der Erde und im All. Er ist zugleich der
Urheber ihres Glaubens (Heb.12:2). Auch Petrus bezeichnet Jesus in
Apostelgeschichte 5:31 als Urheber und Retter, und zwar speziell im Hinblick auf
Israels Umsinnung und Sündenerlass.
Es entsprach der Gnade Gottes, Seinen Sohn durch Leiden vollkommen zu
machen. Der Herr wusste dies, denn Er sagte: »Am dritten Tag werde Ich
vollendet. Indessen, ... Ich muss weiterziehen, denn es geht nicht an, dass ein
Prophet außerhalb Jerusalems umkommt« (Luk.13:32,33). Und so geschah es auch
und trug sich Seine Vollendung zu, wie auch in Hebräer 5:8,9 niedergeschrieben:
»Obgleich Er der Sohn ist, lernte Er den Gehorsam durch das, was Er litt. Und
so vollkommen gemacht, ist Er allen, die Ihm gehorchen, die Ursache äonischer
Rettung.« Ein Wort zum Gehorsam des Sohnes: Wohl war Er immer gehorsam, aber
erst die Erprobung bis aufs Blut machte Ihn darin vollkommen, vollendete Ihn.
Das griechische Wort teleioō bedeutet vollenden oder vollkommen machen im
Sinne von »zum Ziel bringen.« (Das
Wort teleō dagegen bedeutet vollenden im Sinne von »zum vollen Ende
bringen«. Der Zorn Gottes zum Beispiel wird zum vollen Abschluss gebracht, die
Liebe aber darf zur Vollkommenheit gelangen; 1.Joh.4:18.)
Der Verfasser setzt den Gedanken fort, dass Jesus viele Söhne zur
Herrlichkeit führt, und begründet dies damit, dass sie Jesu Brüder sind,
zumal sie ebenso wie Er aus dem Einen sind. Er schreibt in Vers 11: »Denn
sowohl der Heiligende wie auch die geheiligt werden, stammen alle aus Einem, um
welcher Ursache willen Er Sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen.« Der
Heiligende ist der Herr Jesus Christus. In Seinem Gebet für die Jünger sagt
Er: »Für sie heilige Ich Mich, damit auch sie in Wahrheit Geheiligte seien«
(Joh.17:19). Die Geheiligtwerdenden sind die Gläubigen. Nach dem Willen Gottes
sind wir durch die Darbringung des Körpers Christi ein für allemal geheiligt
(Heb.10:10).
Die Seinen und Er Selbst stammen aus Gott. In diesem Punkt ist kein
Unterschied. Sie sind mithin eng miteinander verbunden. Wir sind aus Gott, denn
Er hat uns in Seinem Bild und Seiner Gleichgestalt erschaffen (1.Mose 1:26). In
dem in Lukas 3:23 bis 38 aufgeführten Stammbaum der Maria wird die Abstammung
Jesu über Adam bis auf Gott zurückgeführt. Auch Jesus ist aus Gott, denn aus
Gott ist alles (Röm.11:36). Johannes der Täufer sagt von dem Herrn: »Er ist
vor mir geworden« (Joh.1:27). Nach dem Buch der Enthüllung Jesu Christi ist Er
der Ursprung (oder: der Anfang) der Schöpfung Gottes (Off.3:14). Und in Hebräer
1:5 wird Psalm 2:7 zitiert: »Mein Sohn bist Du! Heute habe Ich Dich gezeugt!«
Vom gemeinsamen Gott und Vater herkommend, schämt der Herr Sich nicht,
uns Brüder zu nennen. Nach dem Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7) sind die,
die den Willen Seines Vaters in den Himmeln tun, Seine Brüder und Schwestern
(Mat.12:50). Wir erinnern uns auch daran, dass der Herr Jesus Seine Jünger Brüder
nannte, als Er zu Maria, der Magdalenerin, am Auferstehungsmorgen sagte: »Rühre
Mich nicht an, denn Ich bin noch nicht zu Meinem Vater aufgestiegen! Geh aber zu
Meinen Brüdern und sage ihnen: Siehe, Ich steige zu Meinem Vater und eurem
Vater auf, zu Meinem Gott und zu eurem Gott« (Joh.20:17).
Dies untermauert der Briefschreiber in Vers 12 durch ein Zitat aus Psalm
22:23: »... indem Er sagt: Ich werde Deinen Namen Meinen Brüdern verkünden,
inmitten der herausgerufenen Gemeinde werde Ich Dir lobsingen.« Dies ist ein
Wort aus einem Leidenspsalm unseres Herrn. Der Psalmist will Jewe in der
Versammlung für die Rettung loben und von dessen Namen seinen Brüdern
weitererzählen. Unser Herr hatte dementsprechend gehandelt, wie Er denn auch
sagte: »Ich habe Deinen Namen den Menschen offenbart, die Du Mir aus der Welt
gegeben hast« (Joh.17:6). - Wir haben gerade mehrfach von »dem Namen« gehört.
In dem Namen ist immer der Namensträger zu sehen. Da »Name« (onoma) im
Griechischen denselben Wortstamm wie »Gesetz« (noma; neutrale Form von nomos)
hat, ist ein Name gesetzmäßig mit dem Träger und dessen Aufgabe oder Macht
oder auch Charakter in eins zu setzen. Der Name meint das Wesen (durchaus in
dessen Wirken).
In Vers 13 werden weitere Schriftstellen als Beleg für die Bruderschaft
angeführt: »Anderswo wieder: Ich werde zu Ihm Vertrauen haben. Und wieder:
Siehe, Ich und die Kindlein, die Gott Mir gibt.« Das erste Zitat dürfte aus
Jesaia 8:17 stammen, wo es heißt: »Ich harre auf Jewe«, nämlich im Hinblick
auf die zukünftige Herrlichkeit der Söhne. Ein Vertrauender fügt sich Seinen
Wegen und harrt aus. Das zweite Zitat entspricht Jesaia 8:18. Dass unserem Herrn
die Kindlein gegeben sind, spricht Er in Johannes 17 mehrere Male aus, zum
Beispiel in Vers 9: »Ich ersuche Dich für die, die Du Mir gegeben hast«, in
Vers 11: »Heiliger Vater, bewahre sie in Deinem Namen, in welchem Du sie Mir
gegeben hast« und in Vers 24: »Vater, Ich will, dass auch jene, die Du Mir
gegeben hast, bei Mir seien, wo Ich bin, damit sie Meine Herrlichkeit schauen,
die Du Mir gegeben hast.«
Der Herr Jesus Christus schämt Sich nicht nur nicht, die Seinen »Brüder« zu nennen, sondern Er wurde ihnen auch in allem gleich, auf Fleisch und Blut und den Tod bezogen. Die Ausführungen darüber beginnen mit Vers 14: »Weil nun die Kindlein an Blut und Fleisch teilgenommen haben, hat auch Er in nächster Nähe an denselben teilgehabt, damit Er durch den Tod den abtue, der die Gewalt des Todes hat, dies ist der Widerwirker.« An unserem Geist hatte unser Herr Jesus nicht teilgehabt, denn in Ihm ist heiliger Geist, der Geist des Vaters; die Menschen aber sind eines anderen Geistes Kinder, sie haben den Geist der Welt (1.Kor.2:12). Im Übrigen aber wurde der Herr den Menschen gleichgestaltet und in der Art und Weise wie ein Mensch erfunden (Phil.2:7).
An Blut und Fleisch teilzuhaben, schließt seit Adams Übertretung den
Tod ein. Durch Seinen Tod hat der Herr Jesus Christus alles getan, damit Er den
Satan abtue oder, wie man auch übersetzen kann, enthebe oder unwirksam mache.
Der Widerwirker wird also eines Tages nicht mehr wirken können. Er wird für
tausend Jahre im Abgrund gebunden und verschlossen sein und nach seiner
Loslassung aus seinem Gefängnis am Ende des Millenniums für den letzten Äon
in den Feuer- und Schwefelsee geworfen (Off.20).
Wie kann der Tod Jesu Christi den Satan abtun? Es sei vorweg angemerkt,
dass der Ausdruck »der die Gewalt des Todes hat« im Sinne von »der die
Haltekraft des Todes hat« zu verstehen ist. Der Satan ist seiner Macht,
Menschen im Tode zu halten, enthoben worden, als unser Gott und Vater Seinen
Sohn auferweckte. Wohl hält der Satan die Verstorbenen noch im Tode, doch ein
Wort dessen, der der Toten wie auch der Lebenden Herr ist (Röm.14:9), ein Wörtlein
dessen, der die Schlüssel des Todes und des Ungewahrten hat (Off.1:18), und die
Toten stehen auf. Der Satan kann da nur zuschauen. Denn der Tod hat bekommen,
was ihm zustand, nämlich den Tod der Sünder. Es starben ja alle, als Jesus
starb (2.Kor.5:14). Da aber der Sündlose für alle starb, der unmöglich vom
Tode gehalten werden konnte (Ap.2:24), weil der Tod kein Anrecht auf Ihn hatte,
konnte der Vater Ihn von Rechts wegen auferwecken. Der Satan konnte Ihn nicht im
Tode halten und erlebte damit den Verlust seiner Macht in grundlegender Weise.
Ein Weiteres hat Christus durch Seinen Tod bewirkt: »... und all diese losgebe, die durch die Todesfurcht während ihres gesamten Lebens der Sklaverei verfallen waren« (Vers 15). Ja, Sklaven sind die Menschen aufgrund ihrer Todesfurcht. Ständig sind sie gezwungen, ihnen Unterhalt, ihre Gesundheit, ihr Leben zu sichern; und wenn man einen Moment nicht aufpasst, wird man von einem Auto überfahren. Sie sind auch Sklaven der Sünde, denn irgendeine immer zu befürchtende Not verleitet sie, sich auf Kosten anderer mehr zu nehmen, als ihnen zusteht. Wie kam es zu dieser Sklaverei? Durch Adam drang die Sünde in die Welt ein und durch die Sünde der Tod; und der Tod drang zu allen seinen Nachkommen durch, »worauf alle sündigten« (Röm.5:12). Doch seit Jesu Tod und Auferstehung leben wir in der Erwartung, dass die gesamte Schöpfung befreit werden wird von der Sklaverei der Vergänglichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes (Röm.8:21). Der Retter Jesus Christus wird den Tod aufheben und dafür Leben und Unvergänglichkeit ans Licht bringen (2.Tim.1:10). Er verschlingt den Tod für dauernd (Jes.25:8).
Der Verfasser erläutert: »Denn sicherlich ergreift er nicht Boten, sondern ergreift den Samen Abrahams, weswegen Er in allem den Brüdern gleich werden musste« (Verse 16+17a). Natürlich ergreift der Tod nicht Boten, denn Boten können nicht sterben (Luk.20:36). Vom Tod ist hier die Rede, im Griechischen in Vers 15 in der Wortstellung »Furcht des Todes« angeführt. Der Tod ergreift die Nachkommen Abrahams, worunter nach dem Zusammenhang im engsten Sinne Israel verstanden werden darf. Deshalb musste Jesus Christus den Brüdern auch im Tod gleich werden. Gott hatte Seinen Sohn in der Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und um der Sünde willen gesandt, um die Sünde zu verurteilen, und zwar in Seinem Fleisch, was Ihm den Tod einbrachte (Röm.8:3).
Die gesegnete Folge davon steht in Vers 17b geschrieben: »... damit Er ein barmherziger und treuer Hoherpriester im Dienst vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen.« Als Bruder unter Brüdern ist Jesus Christus der wahre Hohepriester, der nicht wie ein gewöhnlicher Hoherpriester immer wieder mit fremdem Blut Sühnung für die Sünden des Volkes erwirkte, sondern Sich Selbst darbrachte, ein für allemal (Heb.7:27; 9:25; 134:12). In Treue zu Seinem Volk sühnte Er die Sünden Israels (und nicht nur dessen, sondern die der ganzen Welt; 1.Joh.2:2) und erwies den Juden auf diese Weise Seine Barmherzigkeit. - Das Thema der Priesterschaft Jesu wird in den Kapiteln fünf bis zehn ausführlich entfaltet.
Der Herr Jesus Christus ist des Weiteren der wahre Hohepriester, »denn worin Er gelitten hat und angefochten wurde, darin kann Er den Angefochtenen helfen« (Vers 18). Wer sollte aufzählen können, worin Menschen leiden und worin sie angefochten werden können? Es gibt nicht nur Anfechtungen, Konfliktlagen, Zerreißproben infolge einer Versuchung zur Sünde, sondern auch aufgrund von Leiden und Drangsalen, Irrlehren und anderen Kriegslisten der Weltbeherrscher dieser Finsternis (Eph.6:11,12). Was aber auch immer an uns herantreten mag - wir wissen um die Zusage von 1.Korinther 10:13: »Keine Anfechtung hat euch ergriffen als nur menschliche. Und Gott ist getreu, der euch nicht über das hinaus anfechten lassen wird, wozu ihr befähigt seid, sondern zusammen mit der Anfechtung wird Er auch den Ausgang schaffen, sodass ihr sie überstehen könnt.«
So wie unser Gott und Vater, »der Vater des Mitleids und Gott allen
Zuspruchs« (2.Kor.1:3), mit uns leidet, so hilft auch der Sohn den Seinen in
den Leiden und Anfechtungen, »denn« - mit den Worten von Hebräer 4:15 gesagt
- »wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht mit unserer Schwachheit
Mitgefühl haben könnte, sondern einen, der in allem auf die Probe gestellt
wurde, in unserer Gleichheit, nur ohne Sünde.« Schon vom menschlichen
Hohenpriester ist in Hebräer 5:2 zu lesen, dass »er mit den Unwissenden und
Irrenden maßvoll mitfühlen kann, weil auch er mit Schwachheit umgeben ist.«
Als der, der unsere Herzen kennt, weiß unser Herr Jesus Christus uns in
jeder Lage recht zu helfen und durch Sein Wort zu kräftigen. Seine Worte sind
Geist und sind Leben (Joh.6:63). Wenn wir Ihn betrachten, der den größten
Widerspruch von den Sündern erduldet hat und die tiefste Schmach und
Erniedrigung erlitt, dann werden wir nicht wanken und in unserer Seele ermatten
(Heb.12:3). Im Glauben auf den Herrn Jesus Christus blickend, werden wir alle
feurigen Pfeile des Bösen löschen können (Eph.6:16). Unserem Gott und Vater
sei Lobpreis und Verherrlichung dafür im Namen unseres Herrn Jesus Christus.
(Hebräer 3)
Der Verfasser des Hebräerbriefs hat in Kapitel zwei geschildert, dass Jesus Christus den Brüdern in Bezug auf die Teilhabe an Blut und Fleisch sowie am Tod gleich werden musste, »damit Er ein barmherziger und treuer Hoherpriester im Dienst vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen. Denn worin Er gelitten hat und angefochten wurde, darin kann Er den Angefochtenen helfen« (3:17,18). Was daraus folgt, lesen wir in Kapitel drei.
»Deswegen, heilige Brüder, Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung, betrachtet den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses, Jesus!« (Vers 1). In allen Leiden, Anfechtungen und Konflikten soll Israel auf den Herrn Jesus Christus blicken, im Rahmen von Kapitel drei besonders in der Entscheidungssituation des Glaubens oder Unglaubens, des Festhaltens oder Verhärtens und Abfallens.
Angesprochen sind die heiligen Brüder, also die Gott durch Glauben angehörenden
und für Ihn abgesonderten Juden, die zugleich als Mitteilhaber der überhimmlischen
Berufung bezeichnet werden.
Was ist die überhimmlische Berufung? Das ist die Berufung nach droben,
über die Erde und ihre Lufthimmel hinaus (Phil.3:14). Die Gemeinde, die Christi
Körper ist (Eph.1:22,23), der alle Gläubigen der gegenwärtigen, Paulus
gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes
angehören (Eph.3:2; Kol.1:25), wird nach ihrer Entrückung zu ihrem Herrn Jesus
Christus hin in den beiden kommenden Äonen inmitten der überhimmlischen Geschöpfe
und Regionen niedergesetzt werden, und Gott wird jenen dort den alles übersteigenden
Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau stellen
(Eph.2:6,7). Dort oben wirken wir als die Vervollständigung Christi an Seiner
Aufgabe mit, das All in allem zu vervollständigen (Eph.1:23) und alle zur Aussöhnung
mit dem Vater führen (Kol.1:20).
Israel dagegen, das zukünftig wiedergezeugte königliche und
priesterliche auserwählte Volk, hat eine irdische Berufung. Ihnen ist das Land
Israel verheißen. Sie erhalten die Herrschaft über die ganze Erde. Alle
Propheten sprechen davon. Sie werden zum Segen für alle Familien des Erdbodens
sein (1.Mose 12:3). Sie werden alle Nationen auf der Erde zu Jüngern machen
(Mat.28:19). Sie werden auch auf der neuen Erde regieren (Off.21:1-22:5).
Abraham wurde nicht nur Samen so zahlreich wie die Erdkrumen verheißen,
sondern auch Nachkommen so zahlreich wie die Sterne (1.Mose 13:16; 15:5). Dies
weist auf die Nachkommen einerseits auf der Erde und andererseits in den
Himmelsräumen hin. Zu Letzteren gehören nicht nur die dem Fleisch nach von
Abraham abstammenden, sondern auch seine Kinder im Glauben aus allen Nationen (Röm.4:11,12).
Die Körpergemeinde besteht aus Juden und Griechen. Der Apostel Paulus
gewann Juden und Nichtjuden für das ihm enthüllte Evangelium (Gal.1:12; 2:7).
Die Juden in den paulinischen Gemeinden hatten zunächst aufgrund ihrer
Abstammung und Verwandtschaft mit dem Messias einen Vorrang. Erst mit dem
Epheserbrief, und zwar Kapitel 2:11-22, wird die Vereinigung der beiden Gruppen
von Gläubigen verkündigt. Jetzt sind die Gläubigen aus den Nationen im Geist
(dem Geist nach, Fleisch zählt nicht mehr) zusammen mit denen aus Israel - wie
in Epheser 3:6 geoffenbart - gemeinsame, unterschiedslose Losteilinhaber, und
zwar Inhaber des der Körpergemeinde bestimmten überhimmlischen Losteils
(Eph.1:14,18); sie sind jetzt eine gemeinsame Körpergemeinde, alle ihre Glieder
sind in gleicher Weise begnadet und gesegnet; und sie sind gemeinsame Teilhaber
der Verheißung in Christus Jesus, dass sie mitaufgebaut werden zu einer Wohnstätte
Gottes im Geist (Eph.2:22).
Die Empfänger des Hebräerbriefs sind Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung, haben ebenso wie die aus den Nationen daran Anteil, sind also nicht alleinige Teilhaber am äonischen Leben inmitten der Überhimmlischen, anders als die Juden auf der Erde, die die königliche Priesterschaft mit niemandem teilen. Der Hebräerbrief bestätigt es denen, die dieses Glaubensgut des Apostels Paulus bereits angenommen haben, und verkündigt es denen und wirbt sie dafür, die angesichts des fortgeschrittenen Unglaubens und der Verwerfung Israels (Röm.11:15) erkennen müssen, dass das irdische Königreich in absehbarer Zeit nicht kommen wird.
Die Mitteilhaber dieser herrlichen Berufung - ach, mögen doch viele
Juden es erfassen! - sollen den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses,
Jesus, betrachten. Jesus ist der Apostel, der Beauftragte Gottes, um den
Menschen Gott in vollkommener Weise zu verkündigen. Er ist außerdem der
Hohepriester, der Mittler der Rettung Gottes. Er ist unser Bekenntnis. Ein
Bekenntnis ist eine Bezeugung der Wahrheit, ein Stehen zur Wahrheit. Er, die
Wahrheit, so wie der Hebräerbrief sie oder besser: Ihn bezeugt, soll betrachtet
werden, und zwar - wie das griechische Wort dafür deutlich werden lässt -
denkend, umfassend bedenkend.
In Vers 2 wird Jesus mit Mose verglichen: »... Jesus, der treu ist dem, der Ihn dazu gemacht hat, wie auch Mose in Seinem ganzen Haus treu war.« Mit Mose verbinden die Juden ihre besondere Stellung als das auserwählte Volk. Jewe hatte ihm bestätigt: »Er ist treu in Meinem ganzen Haus. Ich spreche zu ihm von Mund zu Mund im Sehen und nicht in Rätseln, sodass er auf ein Bild Jewes blickt« (4.Mose 12:7). Jesus verhält Sich ebenfalls stets treu dem gegenüber, der Ihn zum Apostel und Hohenpriester gemacht hat, denn Er tut immer das Seinem Vater Wohlgefällige (Joh.8:29). - Nun ist Jesus das Vorbild der Treue.
Jesus und Seine Treue sollen die Hebräer betrachten, »denn«, wie in
den Versen 3 und 4 ausgeführt, »dieser ist mehr Herrlichkeit als Mose würdig
erachtet worden, da der so viel mehr Ehre als das Haus hat, der es errichtete.
Denn jedes Haus wird von jemandem errichtet, der aber alles errichtet, ist Gott.«
Mose hat das Haus Israel nicht errichtet. Er war in Jewes Haus treu. So hat Gott
nun auch das Haus der Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung errichtet, das
»Gebäude Gottes« (1.Kor.3:9), und Seinem Sohn gegeben, der mithin herrlicher
ist und höher geschätzt wird als Mose. »Denn wenn schon der Dienst der
Verurteilung [das Gesetz des Mose verurteilt] einst Herrlichkeit war, wie viel
mehr fließt nun der Dienst der Gerechtigkeit in Herrlichkeit über«
(2.Kor.3:9).
Wir lesen weiter: »Was Mose betrifft, so ist er in Seinem [Jewes] ganzen
Hause als Pfleger treu gewesen, um Zeugnis für das dereinst Auszusprechende
abzulegen« (Vers 5). Das künftig Auszusprechende ist das jetzt und hier wieder
zur Sprache gebrachte Zeugnis des Mose auf den hin, dem er diente, auf den Einen
hin, dem alle Herrlichkeit gebührt, Christus.
»Christus aber ist treu als Sohn über Sein Haus« (Vers 6a). Man
beachte, dass Mose in dem Hause Gottes treu war, Christus aber über das Haus
Gottes gesetzt ist.
»... und dessen Haus sind wir, das heißt, wenn wir den Freimut und die Erwartung, der wir uns rühmen, bis zur Vollendung stetig festhalten« (Vers 6 b). Ja, das Haus Christi, Christi Gemeinde, sind wir, die Gläubigen - im Rahmen der Thematik des Hebräerbriefs die Juden, die Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung sind. Aber auch für den Samen Abrahams so zahlreich wie die Sterne, für den Sternensamen Abrahams aus den Juden, gilt - wie auch sonst immer für die aus der Beschneidung -: sie müssen sich bewähren. Dies ist die Offenbarungsstufe des Hebräerbriefs. Von dem Eingehen dieser Gläubigen in die Körpergemeinde an aber sind auch sie mit dem heiligen Geist versiegelt, sodass sie nicht mehr abfallen und für die Äonen verloren gehen können.
Dem Übergangscharakter des Hebräerbriefs entsprechend hörten wir
soeben von einer Bedingung: Bis zur Vollendung, bis zum Ziel, dem letzten Moment
auf der Erde vor unserer Entrückung, müssen sie am Glauben festhalten,
insbesondere am Freimut, »zum Thron der Gnade zu treten« (Heb.4:16) und aus
der Gnade zu leben, des Weiteren an der Erwartung, der wir uns rühmen; dies ist
die überhimmlische, die Erwartung der Teilhabe am überhimmlischen Königreich
Christi (2.Tim.4:18).
Ein kurzes Wort am Rande zum Erfordernis der Bewährung für Israel: Die
Umsinnung muss nachhaltig sein (2.Pet.2:20-22), die Berufung und Auserwählung
muss durch edle Werke bestätigt werden (2.Pet.1:10), und Jakobus schreibt: »Der
Mensch wird aus Werken gerechtfertigt und nicht aus Glauben allein« (2:24).
Heute,
wenn ihr Seine Stimme hört ...
Da Christus herrlicher ist als Mose, Er zu betrachten ist und die Erwartung auf Ihn zu setzen und daran festzuhalten ist, »darum ist es, wie der Geist, der heilige, sagt: Heute, wenn ihr Seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht, wie einst in der Verbitterung am Tag der Versuchung in der Wildnis, wo Mich eure Väter mit einer Prüfung versuchten, wiewohl sie Meine Werke vierzig Jahre lang gewahrten« (Verse 7-9). Dies ist ein Zitat aus Psalm 95:7-11. Über die Verbitterung (oder den Hader) am Tag der Versuchung (oder des Erprobens) wird in 2.Mose 17:1-7 und 4.Mose 20:1-13 ausführlich berichtet. Beide Male - das eine Mal nach Beginn und das andere Mal zum Ende der vierzigjährigen Wanderung durch die Wildnis Sinai -forderte das Volk Wasser und haderte mit Mose und versuchte so Jewe. Sie erprobten (oder versuchten) Jewe, indem sie sagten: »Ist Jewe uns nahe oder nicht? (2.Mose 17:7), sie also unterstellten, dass Er ihnen nur dann nahe sei, wenn Er ihnen Wasser gäbe. So wie damals soll es nun nicht wieder sein. Heute, wenn ihr Christi Stimme hört, heute, wenn ihr den Hebräerbrief lest, dann verhärtet eure Herzen nicht, sondern glaubt in aller Treue, so wie Mose treu war und Christus es ebenso ist.
Unsere Verse 10 und 11 setzen das Zitat aus Psalm 95 fort: »Darum ekelte
es Mich vor dieser Generation, und Ich sagte: Stets irren sie mit dem Herzen,
sie haben Meine Wege nicht erkannt. Wie Ich in Meinem Zorn geschworen habe: Wenn
sie in Mein Feiern eingehen werden -.« Der letzte Ausspruch - er ist der erste
Teil einer Schwurformel, deren zweiter Teil nicht ausgesprochen wird - bedeutet,
dass sie nicht hineinkommen werden (4.Mose 14:22,23; 5.Mose 1:34-36). Ebenso wie
jene damals nicht in das verheißene Land gelangten (außer Josua und Kaleb),
werden auch die heute ungläubigen Juden nicht in das Feiern, in die Sabbatruhe
(Heb.4:9), in das Königreich Gottes, eingehen.
In den Versen 12 und 13 wird die ernste Ermahnung weitergeführt: »Hütet euch, Brüder, damit nicht in jemandem von euch ein böses Herz des Unglaubens im Abfallen von dem lebendigen Gott sei, sondern sprecht euch an jedem Tag zu, bis hin zu dem, der »heute« heißt, damit niemand von euch durch die Verführung der Sünde verhärtet werde.« Wie wir wissen, konnten die Gläubigen damals von Gott abfallen, vom Glauben abstehen. Sie standen in der Gefahr, sich Gott gegenüber durch die Verführung der Sünde zu verhärten. Der Sünde wohnt ja die Eigengesetzlichkeit inne, dass man, je länger man sich in ihr bewegt, der Gerechtigkeit gegenüber immer mehr abstumpft. Die vordergründige Befriedigung, die die Sünde vermittelt, lenkt das Herz von Gott ab. Unser Herr sagte in einem Gleichnis dazu: »Die Sorgen dieses Äons, die Verführung des Reichtums und die Begierden um das Übrige ... ersticken das Wort« (Mark.4:19).
Um dies zu verhindern, sollen die Gläubigen einander alle Tage ermahnen,
auf Gott zu hören und Ihm zu gehorchen. Mögen sie keine Wurzel des Unglaubens
aufkommen lassen, zumal sie noch andere mit hineinziehen könnte. Sie sollen
sich und andere vor einem bösen Herzen hüten. Da »hüten« nach dem
Griechischen eine Sprachfigur von »erblicken« ist, kann man sagen, dass die
richtige Blickrichtung ein böses Herz verhütet. - Dieser Appell an das
Bewusstsein der Gläubigen hebt nicht die Tatsache auf, dass Gott die Herzen
bildet (Ps.33:15) und lenkt (Spr.231:1) und Er alles bewirkt (Eph.1:11), denn Er
leitet uns unfassbar durch Seinen Geist (Röm.8:14) und wir handeln nach dem,
was Er in uns hervorgerufen hat, was Er uns bewusst werden ließ.
Nicht Abstehen vom Glauben sollen die Hebräer, »denn«, so ist in den Versen 14 und 15 zu lesen, »wir sind Mitteilhaber des Christus geworden, das heißt, wenn wir die anfängliche Grundlage bis zur Vollendung stetig festhalten, ist doch gesagt: Heute, wenn ihr Seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht wie einst in der Verbitterung.« Mitteilhaber des Christus teilen Seinen Glauben und Seine Treue, haben Anteil an Seiner Herrlichkeit und Seinem Königreich und sind in ihrer Gesinnung und ihrem Wirken auf Christus ausgerichtet.
Wieder hören wir von der einschränkenden Bedingung des Festhaltens. Die anfängliche Grundlage oder, wie hypostasis (wörtlich: Untenstehen) auch übersetzt werden kann, die Standhaftigkeit - gemeint ist die im Glauben - muss festgehalten werden bis zum Ziel, solange es »heute« heißt. Eine Verhärtung des Herzens würde von dem unschätzbaren Privileg ausschließen, zu den Menschen gehören zu dürfen, die Gott an Christus teilhaben lässt.
Der Autor malt seine Ausführungen weiter aus: »Denn etliche, obwohl sie Ihn gehört hatten, erbitterten Ihn, jedoch nicht alle, die durch Mose aus Ägypten auszogen. Vor welchen aber ekelte Er Sich vierzig Jahre? Nicht vor den Sündern, deren Leichen in der Wildnis zerfallen sind?« (Verse 16+17). Wie bereits erwähnt, kam niemand außer Kaleb und Josua in das Land Kanaan (4.Mose 14:30: 5.Mose 1:36-38). Die Leichen aller Gemusterten von zwanzig Jahren an zerfielen im Laufe der vierzig Jahre in der Wildnis (4.Mose 14:29).
»Welchen aber schwur Er, dass sie nicht in Sein Feiern eingehen werden, wenn nicht den Widerspenstigen? Heute sehen wir, dass sie infolge ihres Unglaubens nicht eingehen konnten« (Verse 18+19). Der Unglaube schließt vom Segen Christi aus. Da der Glaube aber nur aus der Kunde kommen kann, die Kunde aber durch einen Ausspruch Christi kommt, ist zu fragen, ob sie denn überhaupt etwas gehört haben (Röm.10:17,18). Aber ja - wie oft hatten sie die Stimme Gottes gehört! Mose hat das Wort unzählige Male zu ihnen gesprochen. Viele, viele Male haben sie die Wunder Gottes mit den Augen gesehen und die segensreichen Auswirkungen erfahren. Zudem leitete sie die Wolkensäule Gottes bei Tag und die Feuersäule des Nachts und lasen sie werktäglich das Manna auf. Doch sie waren und blieben widerspenstig. Wie ist das zu verstehen? Es war Gottes Vorsatz, alle in die Widerspenstigkeit einzuschließen, sehr wohl zu dem Zweck, dass Er Sich zu gegebener Zeit aller erbarme (Röm.11:32). Zunächst aber müssen sie die Lektion lernen, wie es ist, wenn Gott Sich abwendet (4.Mose 14:34).
In Kaleb und Josua aber war ein anderer Geist (4.Mose 24:24), eben nicht
der Geist der Welt, sondern Gottes Geist. Da sich kein Mensch etwas nehmen kann,
wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben wird (Joh.3:27), ist dies des Rätsels Lösung,
wieso (von Mose abgesehen) nur diese zwei Männer glaubten und Gott treu waren.
Zur Abrundung wollen wir nicht versäumen zu hören, was in 1.Korinther 10:1-13 dazu geschrieben steht: »Ich will euch nicht in Unkenntnis darüber lassen, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren und alle durch das Meer hindurchgezogen sind und alle in Mose in der Wolke und im Meer getauft wurden; auch aßen alle dieselbe geistliche Speise, und alle tranken dasselbe geistliche Getränk; denn sie tranken aus dem geistlichen Felsen, der folgte. Der Felsen aber war der Christus. - Doch an der Mehrzahl von ihnen hatte Gott kein Wohlgefallen; denn sie wurden in der Wildnis niedergestreckt. Diese sind für uns warnende Vorbilder geworden, damit wir uns nicht nach dem Üblen gelüsten lassen, wie es jene gelüstete. Werdet auch nicht Götzendiener, wie es ja einige von ihnen wurden, ebenso wie geschrieben steht: Das Volk setzte sich nieder, um zu essen und zu trinken, und stand auf, um zu spielen. Auch lasst uns nicht huren, so wie einige von ihnen hurten; deshalb fielen an einem Tag dreiundzwanzigtausend. Auch lasst uns den Herrn nicht auf die Probe stellen, so wie Ihn einige von ihnen auf die Probe stellten und dann von den Schlangen umgebracht wurden. Murret auch nicht, gleichwie einige von ihnen murrten und dann vom Vertilger umgebracht wurden. - Dies alles widerfuhr jenen vorbildlicherweise und wurde uns zur Ermahnung geschrieben, zu denen die Abschlüsse der Äonen gelangt sind. Wer daher zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle. Keine Anfechtung hat euch ergriffen als nur menschliche. Und Gott ist getreu, der euch nicht über das hinaus anfechten lassen wird, wozu ihr befähigt seid, sondern zusammen mit der Anfechtung wird Er auch den Ausgang schaffen, sodass ihr sie überstehen könnt.«
Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei dem Gott und Vater unseres Herrn
Jesus Christus für die Treue, die wir erfahren dürfen als von allen Sünden
Gerechtfertigte, mit Gott Ausgesöhnte und mit dem heiligen Geist Versiegelte,
mithin in einer Gnade, die überströmend ist.
Befleißigt euch, in das Feiern einzugehen!
(Hebräer 4)
Nach der Ermahnung von Kapitel drei, die Herzen nicht zu verhärten, sondern auf die Stimme Gottes zu hören und den Glauben bis zum Ziel festzuhalten, werden die Hebräer in Kapitel vier nunmehr aufgefordert, sich zu befleißigen, in das immer wieder angebotene Feiern Gottes einzugehen und mit Freimut zum Thron der Gnade zu treten.
Kapitel drei schließt mit der Aussage, dass die vierzig Jahre durch die Wildnis Sinai Wandernden infolge ihres Unglaubens nicht in das Feiern eingehen konnten; das hieß für sie damals, dass sie nicht in das verheißene Land gelangten, und heißt für die Hebräer heute, dass sie an dem künftigen Königreich Gottes, in welchem Frieden und Gerechtigkeit, Ruhe und Freude herrschen, nicht teilhaben werden.
Daraus folgt nun die Ermahnung: »Mögen wir uns nun fürchten, damit
nicht etwa, da euch die Verheißung hinterlassen ist, in Sein Feiern einzugehen,
jemand von euch meine, im Nachteil zu sein. Denn auch uns ist Evangelium verkündigt
worden, gleichwie auch jenen« (Heb.4:1,2a). Mit anderen Worten: Mögen wir
furchtsam darauf bedacht sein, dass nicht etwa, da euch die Verheißung
hinterlassen ist, in Sein Feiern einzugehen, jemand unter euch meine, in dem
Nachteil zu sein, dass die Verheißung für ihn nicht vorhanden war, oder:
meine, der Verheißung ermangelt zu haben. Denn es steht fest, dass auch uns
diese willkommen zu heißende Wohlkunde gesagt worden ist, gleichwie auch jenen.
- Alle Gläubigen sollen untereinander darauf achten, dass keiner eine irrige
Meinung hat. Dieser Dienst aneinander - ein Dienst der Liebe - wird auch in Hebräer
12:15 angesprochen, wo es heißt: »Achtet darauf, dass es niemandem an der
Gnade Gottes mangle.«
Das Wort der Kunde scheidet die Menschen in der Weise, dass die einen es glaubend aufnehmen und die anderen nicht, wie wir es in den Versen 2b und 3a lesen: »Jedoch hat das Wort der Kunde jenen nicht genützt, weil es bei den Zuhörern nicht mit dem Glauben vermengt war; wir nun, die glauben, gehen in das Feiern ein.« Welch ein ernstes Wort ist dies: »Es hat ihnen nichts genützt.« Wieder und wieder hat Israel gehört und nicht geglaubt, sodass Jahrhunderte später auch Jesaia ausrufen musste: »Herr, wer glaubt unserer Kunde?« (Jes.53:1; Röm.10:16). Auch unser Herr Jesus Christus erfuhr dies, als Er versicherte, dass niemand zu Ihm kommen könne, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist, und viele aus Seiner Jüngerschar (im weiteren Sinne) Ihn deshalb verließen. »Daraufhin fragte Jesus nun auch die Zwölf: Ihr wollt doch nicht auch weggehen? Simon Petrus antwortete Ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Wort äonischen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass Du der Heilige Gottes bist« (Joh.6:65-69). Trotz des verbreiteten Unglaubens sind wir getröstet, denn wir wissen, dass Gott zunächst nur den Auserwählten den Glauben gewährt (Röm.9:11; 11:7; Phil.1:29). Und diese erlangen das äonische Leben, das Leben in den beiden künftigen Äonen, mit den Worten unseres Kapitels vier gesagt: diese gehen in das Feiern ein. Beim Abschluss der Äonen aber wird Gott alle lebendig machen, denn Er ist der Retter aller Menschen(1.Kor.15:22-28; 1.Tim.4:10).
Weit zurückgreifend erläutert der Verfasser das eingangs Gesagte: »...so wie Er versichert hat: Wie Ich in Meinem Zorn geschworen habe: Wenn sie in Mein Feiern eingehen werden -, obwohl so viele Werke seit dem Niederwurf der Welt geschehen sind. Denn irgendwo hat Er von dem siebenten Tag so geredet: Und Gott feierte am siebenten Tag von all Seinen Werken. Und an dieser Stelle wieder: Wenn sie in Mein Feiern eingehen werden -« (Verse 3b-5). Von der Schwurformel »Wenn sie in Mein Feiern eingehen -« wird nur die erste Satzhälfte ausgesprochen. Der Zornesschwur Gottes in 5.Mose 1:35 bedeutet: Sie werden nicht in Mein Feiern (oder: Meine Ruhe) eingehen!
Da in 1.Mose 2:2 geschrieben steht: »Und Elohim segnete den siebenten
Tag und heiligte ihn, denn an ihm feierte Er von all Seinem Werk«, ist es klar,
dass vorher bereits Werke geschehen waren. Und die Werke vor jenem siebenten Tag
und nach dem Niederwurf der Welt sind auch bekannt, denn sie sind in 1.Mose
1:3-31 im Einzelnen nachzulesen und waren den Hebräern auch verkündigt worden.
Vom Niederwurf (oder Herabwurf) der Welt, von dieser Zerstörung, wird in
1.Mose 1:2 berichtet: »Und die Erde wurde ein Chaos und inhaltslos, und
Finsternis war auf der Fläche des überfluteten Chaos.« Auch Petrus schreibt
davon: »Es gab von alters her Himmel und eine Erde, die aus Wasser und durch
Wasser bestand, gemäß dem Wort Gottes, durch welche die damalige Welt, vom
Wasser überflutet, umkam« (2.Pet.3:5,6). Elohim aber stellte die Erde in sechs
Tagen wieder her. Obwohl nun also so viele und herrliche Werke seit dem
Niederwurf der Welt geschehen sind, glaubten die Hebräer Jewe, ihrem Elohim,
nicht.
Wir folgen dem Gedankengang der Verse 6 bis 8: »Weil nun das Eingehen etlicher in dasselbe [das Feiern] bestehen bleibt, andererseits aber die, denen zuvor Evangelium verkündigt wurde, wegen ihrer Widerspenstigkeit nicht eingingen, bezeichnet Er wieder einen Tag als »heute«, indem Er nach so langer Zeit durch David verkündigt, wie es bereits vorher angesagt wurde: Heute, wenn ihr Seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht. - Denn wenn Josua sie zum Feiern gebracht hätte, so würde Er nicht von einem anderen Tag nach diesen gesprochen haben.« Der Gedanke mancher Juden, dass Josua Israel doch in das verheißene Land hineingebracht habe, die Verheißung damit erfüllt sei und somit keine weitere Erwartung auf ein Eingehen in ein Feiern mehr bestehe, hat auf den ersten Blick etwas für sich. Schließlich bezeugt die Schrift, dass Jewe Elohim dem Volk Israel durch Josua Ruhe vor seinen Feinden verschaffte (Jos.21:44; 22:4; 23:1). Die weitere Geschichte Israels hat aber gezeigt, dass dies nicht das eigentliche Feiern sein konnte, denn sie wurden immer wieder bedrängt und sogar in die assyrische und babylonische Gefangenschaft weggeführt; und jetzt gerade standen sie unter römischer Fremdherrschaft. Tatsächlich hat Gott zu einer späteren Zeit durch König David erneut vom Eingehen in das Feiern gesprochen, und zwar durch Psalm 95, und dieser Aufruf gilt auch heute noch, zumal er im Hebräerbrief wiederholt und bekräftigt wird: »Heute, wenn ihr Seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht!« (vgl. Heb.3:3:14,15).
Mithin darf Israel auch künftig, das heißt nach Beendigung der dem
Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung (Eph.3:2; Kol.1:25),
das Eingehen in das Feiern Gottes im tausendjährigen Königreich ihres Messias
erwarten.
So lesen wir die Verse 9 und 10 mit Freude: »Demnach bleibt dem Volk Gottes noch eine Sabbatruhe übrig. Denn wer in Sein Feiern [Gottes Feiern] eingeht, der feiert selbst von seinen Werken, wie auch Gott von Seinen eigenen.« Das Ruhen Gottes nach dem Sechs-Tage-Werk der Wiederherstellung der Erde, Sein Feiern am siebenten Tag, den Er als Sabbat heiligte (1.Mose 2:2,3; 2.Mose 20:11), ist ein Bild darauf, dass Israel aufhören wird, auf seine eigenen Bemühungen und Werke zu blicken und endlich bereit sein wird, sich von Gott beschenken zu lassen. Genau das, nämlich sich von Gott durch Christus, dem Vollender des Gesetzes, Gnade gewähren zu lassen, ist ja das Problem Israels, wie es in Römer 9:30 bis 10:4 in aller Prägnanz gesagt ist: »Die Nationen, die nicht der Gerechtigkeit nachjagten, haben Gerechtigkeit ergriffen, nämlich die Gerechtigkeit aus Glauben. Israel aber, das einem Gesetz der Gerechtigkeit nachjagt, läuft nicht, jene überholend, ins Gesetz der Gerechtigkeit ein. Weshalb? Da es nicht aus Glauben, sondern aus Gesetzeswerken geschieht, stoßen sie sich an dem Stein des Anstoßes, so wie geschrieben steht: Siehe, Ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Felsen des Strauchelns; und wer an Ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden. - Brüder, meines Herzens Wunsch und mein Flehen zu Gott für sie ist um Rettung. Denn ich bezeuge ihnen, dass sie Eifer für Gott haben, jedoch nicht in rechter Erkenntnis. Denn, da sie die Gerechtigkeit Gottes nicht kennen und die eigene Gerechtigkeit aufzustellen suchen, wurden sie der Gerechtigkeit Gottes nicht untergeordnet. Denn die Vollendung des Gesetzes ist Christus, zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.«
Noch liegt eine Hülle auf den Herzen der Juden (2.Kor.3:15). Im voraus
aber freuen wir uns für Israel, dass sie bei der Wiederkunft des Herrn Jesus
zur Sabbatruhe gelangen werden.
Da dem Volk Gottes die Sabbatruhe gegeben werden soll, ist eine Entscheidung zu treffen, welche vom Wort Gottes präzise geprüft und beurteilt wird und vor Gottes Augen bloßliegt. Dies geht aus den Versen 11 bis 13 hervor: »Daher sollten wir uns befleißigen, in jenes Feiern einzugehen, damit niemand (nach demselben Beispiel der Widerspenstigkeit) zu Fall komme. Denn das Wort Gottes ist lebendig, wirksam und schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Teilung von Seele und Geist sowie von Gelenken als auch Mark; es ist Richter der Überlegungen und Gedanken des Herzens. Und es gibt keine Schöpfung, die vor Seinen Augen nicht offenbar ist. Alles aber ist nackt und entblößt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft geben müssen.«
Die Hebräer sollen sich befleißigen, in das Feiern einzugehen, das heißt
sie sollen glauben. Widerspenstigkeit würde sie nicht zum Ziel bringen. Ob sie
nun aber glauben oder nicht - das Wort Gottes wird auf keinen Fall leer zurückkommen
(Jes.55:11), sondern ihre Überlegungen aufdecken. Und es wird sich sogar auch
an den Nichtglaubenden erfüllen; ihnen wird geschehen, was geschrieben steht.
Richter ist das Wort. Vergessen wir nicht, was unser Herr einst sagte: »Wer
Mich ablehnt und Meine Worte nicht annimmt, der hat, was ihn richtet: Das Wort,
das Ich gesprochen habe, dasselbe wird ihn am letzten Tag richten« (Joh.12:48).
Das Wort ist lebendig; es wird viele zum Leben zeugen. Es ist Geist und
Leben (Joh.6:63) und Gottes Kraft zur Rettung für jeden Glaubenden (Röm.1:16).
Es ist wirksam, wird den Glaubenden mithin Kraft zum Festhalten und zu
treuem Gehorsam geben.
Und es ist schneidend, also aktiv durchdringend; es trennt Seele und
Geist voneinander. Alles Menschlich-Seelische wird tiefgehend und absolut vom
Geistlichen geschieden. Das Wort teilt außerdem Gelenke und sogar das Mark,
wirkt also bis ins Innerste des Menschen.
Im Übrigen liegt alles vor Gottes Augen bloß. »Scheol und Abgrund (wörtlich
Abaddon; Offb.9:11) liegen offen vor Jewe, wie viel mehr die Herzen der
Menschenkinder« (Spr.15:11). Ebenso kannte auch unser Herr Jesus auf der Erde
alle und brauchte von keinem ein Zeugnis über einen Menschen, denn Ihm war
selbst bekannt, was im Menschen ist (Joh.2:25).
Außerdem hat jeder Mensch Gott Rechenschaft über seine Entscheidungen
zu geben, »denn es steht geschrieben: So wahr Ich lebe, spricht der Herr: Vor
Mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird Gott huldigen (Jes.45:23).
Demnach nun wird jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben« (Röm.14:11,12),
und zwar wir, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist, vor der
Preisrichterbühne Gottes und Christi (Röm.14:10; 2.Kor.5:10), andere Menschen
aber am Tage des Gerichts, wie unser Herr Jesus in Matthäus 12:36,37 sagte: »Ich
sage euch aber: Über jeden müßigen Ausspruch, den die Menschen reden werden -
am Tage des Gerichts werden sie diesbezüglich Rechenschaft zu erstatten haben;
denn nach deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und nach deinen Worten
wirst du schuldig gesprochen werden.«
Nach alledem kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Entscheidung
Gottes, welche Juden in Seine Sabbatruhe eintreten werden, eine eindeutige,
wohlbegründete und unanfechtbare Sache sein wird.
Die vorangehende ernste Ermahnung lenkt den Blick auf den Helfer und Retter, den Mittler und Hohenpriester, auf Jesus, den Gesalbten Gottes. In Vers 14 steht geschrieben: »Da wir nun einen großen Hohenpriester haben, der durch die Himmel gedrungen ist, Jesus, den Sohn Gottes, sollten wir das Bekenntnis festhalten.« Wir Hebräer - ich versetze mich in die Briefempfänger - haben - freudig sei es bekannt - einen großen Hohenpriester, durch dessen Blut wir in das Feiern Gottes eingehen können und auch werden, wenn wir das Bekenntnis festhalten (Heb.3:1,6,14). Damals, als man noch abfallen konnte, war das Glaubensgut festzuhalten, indem man im Denken und Handeln damit übereinstimmte und es auch zum Ausdruck brachte und öffentlich bekannte.
Durch die Himmel ist Jesus, der Sohn Gottes, gedrungen. Er ist sowohl,
Seine Herrlichkeit und Gleichgestalt Gottes aufgebend, durch die Lufthimmel der
Erde hinab- als auch wieder hinaufgestiegen, »hoch über alle Himmel, um das
All zu vervollständigen« (Eph.4:10). Nach Hebräer 7:26 ist Er höher als die
Himmel erhöht worden und sitzt jetzt »zur Rechten der Majestät in den Höhen«
(Heb.1:3) inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe (Eph.1:3; 2:6).
Es sei die kurze Bemerkung eingefügt, dass sich mit diesem Vers 14 ankündigt,
dass die Hohepriesterschaft Jesu in den folgenden Kapiteln (5:1-10; 7; 8; 9;
10:1-18) ausführlich erörtert werden wird.
Es sollte den Hebräern leicht fallen, sich zu Jesus zu bekennen, »denn«, so Vers 15, »wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht mit unserer Schwachheit Mitgefühl haben könnte, sondern einen, der in allem auf die Probe gestellt wurde, in unserer Gleichheit, nur ohne Sünde.« Schon in Hebräer 2:17,18 war zu lesen, dass Jesus Christus »den Brüdern in allem gleich werden musste, damit Er ein barmherziger und treuer Hoherpriester im Dienst vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen. Denn worin Er gelitten hat und angefochten wurde, darin kann Er den Angefochtenen helfen.« Der Sohn Gottes war in der Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und um der Sünde willen auf die Erde gesandt worden (Röm.8:3). Er wurde versucht und auf die Probe gestellt als den Menschen Gleichgestalteter. Er hat die schwerste Belastungsprobe bestanden und wurde gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod. Er, der Sünde bei Sich nicht kannte, wurde zum Träger der Sünde, zum Sündopfer (2.Kor.5:21).
Aufgrund Seiner Erfahrungen als Mensch kann der Herr Jesus Christus verständnisvoll
mitfühlen und Mitleid empfinden. Dies vermag der Vater, »der Vater des
Mitleids und Gott allen Zuspruchs« (2.Kor.1:3), der keinen Körper hat und
deshalb nicht in menschliche Konflikte hineinkommen kann, weil Er Geist ist,
zwar ebenso, denn durch Seinen allgegenwärtigen Geist spürt Er die innersten
Regungen eines jeden Menschen in vollkommener Weise (auch war Er durch Seinen
Geist in Christus; 2.Kor.5:19), am Sohn aber soll jeder Mensch mit Händen
greifen und begreifen können, wie sehr Gott an seinen Nöten teilnimmt.
Mithin dürfte es leicht sein, dem Aufruf von Vers 16 Folge zu leisten: »So mögen wir nun mit Freimut zum Thron der Gnade treten, damit wir Erbarmen erhalten und Gnade finden mögen zu rechtzeitiger Hilfe.« Welch eine umwälzende Veränderung die Hebräer doch gedanklich nachvollziehen müssen! Bisher trat man in der Weihestätte (zu unterscheiden vom Tempel, der das Heilige und das Allerheiligste umfasste und nur von den Priestern betreten werden durfte) in die Gegenwart Gottes. Die Weihestätte war ein symbolischer Raum. Nun aber kann jeder, der glaubt, überall und jederzeit im Geist zum wirklichen, himmlischen Thron Gottes herzutreten. Welch ein Unterschied im Rückblick auf die Bestimmung des Gesetzes, wonach nur der Hohepriester und auch dieser nur einmal im Jahr in das Allerheiligste hineingehen durfte!
Uns dagegen sind die Worte von Epheser 2:18 längst zur Selbstverständlichkeit
geworden, dass wir durch Christus im Geist Zutritt zum Vater haben, und von
Epheser 3:12, dass wir in Christus durch Seinen Glauben den Freimut haben und
mit Vertrauen den Zutritt zum Vater.
Mögen die Hebräer allen Freimut zum Herzutreten durch das Blut Jesu
haben (Heb.10:19). Jesus hat am Kreuz alles vollbracht; darum kommt freimütig,
das heißt ohne jede Besorgnis, ohne ängstliche Zurückhaltung, sondern
freudig, zuversichtlich und erwartungsvoll.
Der Aufruf zum Herzukommen wird in Hebräer 10:21,22 wiederholt und
lautet dort: »Da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben, so
lasst uns mit wahrhaftem Herzen herzukommen, in Vollgewissheit des Glaubens,
durch der Herzen Besprengung [mit dem Blut Jesu] los vom bösen Gewissen und den
Körper gebadet in reinem Wasser [des Wortes; Joh.15:3; Eph.5:26].« Gott, vor
dem alles offenbar ist, prüft, ob jemand mit wahrhaftem Herzen herzutritt,
nein, Er kennt alle Gedanken des Herzens, hat Er das Herz eines jeden doch
Selbst gebildet (Ps.33:15). Die Menschen aber, die nach Seinem Herzen sind,
werden am Thron der Gnade, vor Gott und dem zu Seiner Rechten sitzenden Sohn
Jesus Christus, Erbarmen erhalten und Gnade finden. Folglich werden sie in das
Feiern Gottes eingehen.
Was mag es bedeuten, dass die zum Thron der Gnade Tretenden »zu
rechtzeitiger Hilfe« Erbarmen erhalten und Gnade finden werden? Man könnte
auch übersetzen: zu wohlgelegener Hilfe. Es ist die Hilfe aus aller
Gewissensnot aufgrund der Sünden, es ist die Hilfe aus dem Tod zum Leben. In
Hebräer 13:5,6 heißt es: »Er Selbst hat versichert: Keinesfalls würde Ich
dich preisgeben und noch je dich verlassen. Daher sind wir ermutigt zu sagen:
Der Herr ist mein Helfer, und ich werde mich nicht fürchten, was mir ein Mensch
auch antun wird.« Es handelt sich somit um eine Hilfe, die dem Geretteten einen
festen Grund für ein furchtloses und freudiges Leben auf der Erde gibt, fest im
Glauben, dass Gott ihn zum Ziel bringen wird.
Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus ist reich an Erbarmen -
um Seiner vielen Liebe willen, mit der Er uns liebt (Eph.2:4). Aus Seinem
Erbarmen fließt Seine Gnade. Und in der Gnade sind wir Gerettete, und zwar vor
dem Tod in den beiden kommenden Äonen, denn die Gnadengabe Gottes ist äonisches
Leben in Christus Jesus, unserem Herrn (Röm.6:23).
Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei Ihm, dem Vater der Herrlichkeit
(Eph.2:17), im Namen Seines Sohnes, des Herrn der Herrlichkeit (1.Kor.2:8), dafür!
Der Sohn ist der vollkommene Hohepriester
(Hebräer 5:1-6:3)
Mit Kapitel vier waren die Hebräer aufgerufen worden, Gott zu glauben, damit sie in Sein Feiern eingehen mögen. Sie haben einen großen Hohenpriester, Jesus, den Sohn Gottes, den Mittler zwischen Gott und Menschen. Angesichts dieses als mit ihrer Schwachheit mitfühlend beschriebenen Hohenpriesters dürfen sie mit Freimut zum Thron der Gnade treten.
Der Verfasser weist in den Versen 1 bis 10 des Kapitels fünf die Rechtmäßigkeit der Hohenpriesterschaft Jesu nach, damit die daraus folgenden Ermahnungen von Kapitel 5:11 bis 6:20 eine unanfechtbare Grundlage haben. Er schreibt: »Denn jeder von Menschen genommene Hohepriester wird für Menschen eingesetzt im Dienst vor Gott, damit er sowohl Nahegaben darbringe wie auch Opfer für Sünden, da er mit den Unwissenden und Irrenden maßvoll mitfühlen kann, weil auch er mit Schwachheit umgeben ist« (Verse 1+2). Eine der Voraussetzungen für den Dienst als Hoherpriester ist, dass er mitfühlen kann. Ein von Menschen genommener Hoherpriester kann dies, weil er ebenso wie die anderen Menschen mit Schwachheit umgeben ist: Er ist in vielen Punkten unwissend, irrt und verfehlt wiederholt versehentlich das treffliche Tun. »Und um derselben [der Schwachheiten] willen muss er wie für das Volk so auch für sich selbst Opfer der Sünden wegen darbringen« (Vers 3). Wie es in 3.Mose 4:1-3 geschrieben steht: »Jewe sprach zu Mose: Sprich zu den Söhnen Israels: Wenn eine Seele aus Irrtum sündigt gegen irgendeines der Gebote Jewes, die nicht übertreten werden dürfen, aber irgendeines von ihnen übertritt - wenn der gesalbte Priester sündigt und er Schuld auf das Volk bringt, dann soll er für seine Sünde, mit der er gesündigt hat, einen makellosen Jungstier aus der jungen Rinderherde für Jewe als Sündopfer darbringen.« Und nach 3.Mose 9:7 sagte Mose zu Aaron: »Nahe dich zum Altar, bringe dein Sündopfer dar und deine Aufsteignahung, erwirke eine Beschirmung für dich und für das Volk, bringe die Nahegabe des Volkes dar und erwirke eine Beschirmung für sie, wie Jewe geboten hat.«
Dabei muss man wissen, dass es nur für aus Versehen begangene Sünden,
nicht aber für vorsätzliche Vergebung gab. Dies ist in 4.Mose 15:28 bis 30
verzeichnet: »Der Priester soll eine Beschirmung erwirken für die irrende
Seele, deren Verfehlung aus Irrtum [oder: versehentlich] geschah, vor dem
Angesicht Jewes ... und dem Betreffenden wird verziehen. ... Aber die Seele, die
mit erhobener Hand handelt, ... diese lästert Jewe und soll ausgerottet werden
aus der Mitte des Volkes.« (Vergleiche auch Psalm 19:13.) Jetzt verstehen wir
übrigens auch, wieso Paulus auf der ersten Missionsreise im pisidischen
Antiochien sagte: »... und von allem, von dem ihr im Gesetz des Mose nicht
gerechtfertigt werden konntet, wird in diesem [Jesus] jeder gerechtfertigt, der
glaubt« (Ap.13:39). Nach dem Gesetz des Mose konnte man nämlich von mit hoher
Hand, also mit Absicht begangenen Sünden nicht befreit werden. Wir aber sind
und bleiben von absolut allen Sünden gerechtfertigt - zum Lobpreis der
Herrlichkeit der Gnade.
Ein Hoherpriester bringt nicht nur Opfer für Sünden dar (Sündopfer und
Schuldopfer), sondern - wie in Vers 1 erwähnt - auch Nahegaben; dies sind
Gaben, mit denen man sich Jewe Elohim zur Anbetung und Huldigung naht. Dazu zählen
das Brandopfer (Aufsteignahung), das Speisopfer (Nahungsgeschenk, Korban), das
Dank- und das Friedensopfer.
So viel zu der einen Voraussetzung für einen Hohenpriester. Auch
Christus hat Mitgefühl mit der Schwachheit der Menschen (Heb.4:15).
Die zweite Voraussetzung ist, dass er - wie in Vers 1 gesagt - eingesetzt
wird. Dies wird in Vers 4 vertieft: »Niemand kann sich selbst diese Ehre
nehmen, sondern er wird von Gott berufen, so wie eben auch Aaron (2.Mose 28:1).«
Jewe hatte Aaron »erwählt« (4.Mose 16:5). Es kann sich ohnehin kein Mensch
etwas nehmen, was ihm nicht vom Himmel gegeben wird (Joh.3:27).
Auch Christus wurde zum Hohenpriester berufen, wie in den Versen 5 und 6 dargelegt: »So verherrlichte Christus Sich nicht Selbst, als Er Hoherpriester wurde, sondern der, der zu Ihm sprach: Mein Sohn bist Du! Heute habe Ich Dich gezeugt! Wie Er auch an anderer Stelle sagt: Du bist Priester für den Äon nach der Ordnung Melchisedeks.« Das erste Zitat - aus Psalm 2:7 - ist eingebettet in die Verherrlichung des Königs von Zion, auf den ein Trankopfer ausgegossen wird und dem die Nationen zum Losteil gegeben werden und die Enden der Erde zum Besitz. Das zweite Zitat stammt aus Psalm 110:4 und lautet dort: »Jewe hat geschworen, und Er wird es nicht bereuen: Du bist Priester für den Äon nach der Ordnung Melchisedeks.« Die Verknüpfung beider Zitate durch den Verfasser des Hebräerbriefs lässt die Wahrheit aufleuchten, dass Jesus Christus sowohl König als auch Priester ist. Dementsprechend schreibt Petrus in Bezug auf das Volk Israel von dessen »königlichem Priestertum« (1.Pet.2:9).
Christus ist Hoherpriester nach einer höheren Ordnung als der Aarons, nämlich
nach der Melchisedeks. Von jenem wird in 1.Mose 14:18-20 berichtet. Er war
ebenfalls König und Priester zugleich. Mit seinem Namen werden Gerechtigkeit
und Frieden verbunden, Verheißungen für das Königreich Israels. Er stand höher
als Abraham. Dies alles wird in Kapitel sieben des Hebräerbriefs ausführlich
dargestellt. Er war Priester bis zur Durchführung für den Äon, den kommenden
tausendjährigen Äon, in welchem Er Seine Aufgabe als Hoherpriester völlig
durchführt. Im letzten Äon sodann, auf der neuen Erde, gibt es weder Priester
noch Tempel (Off.21:3,22).
Was Jesus Gott darbrachte, lesen wir in Vers 7: »Der in den Tagen Seines Fleisches sowohl Flehen wie auch inständige Bittrufe mit starkem Geschrei und Tränen dem darbrachte, der Ihn aus dem Tode retten konnte, Er wurde wegen Seiner Ehrfurcht erhört.« Im Grunde brachte der Hohepriester nach der melchisedek’schen Ordnung Sein eigen Blut und damit Sich Selbst dar.
Wann flehte und schrie unser Herr? Wir denken zunächst an das Geschehen
im Garten Gethsemane: »Er kniete nieder und betete: Vater, wenn es Dein
Beschluss ist, trage diesen Becher von Mir weg! Indessen, nicht Mein Wille,
sondern der Deine geschehe! - Da erschien Ihm ein Bote vom Himmel und stärkte
Ihn. So geriet Er in ein Ringen und betete noch inbrünstiger, und Sein Schweiß
wurde wie Blutgerinnsel, das auf die Erde herabfiel« (Luk.22:41-44). Im
Zusammenhang mit Seiner hohenpriesterlichen Selbstdarbringung als Nahegabe und Sündopfer
denken wir vor allem aber an das Kreuz: »Um die neunte Stunde aber schrie Jesus
mit lauter Stimme auf und rief: Eloi, Eloi, lema sabachthani!, das heißt: Mein
Gott, Mein Gott, wozu Du Mich verlassen hast!« (Mat.27:46). Und nach der
Durchbohrung Seiner Seite schrie Jesus nochmals mit lauter Stimme auf und entließ
Seinen Geist (Mat.27:50).
Und Er wurde erhört, »denn nicht verachtet noch verabscheut Er [Gott]
die [Selbst-]Demütigung des Demütigen; nicht verbirgt Er Sein Angesicht vor
Ihm, und Sein Flehen zu Ihm hört Er« (Ps.22:25). Er wurde erhört wegen Seiner
Ehrfurcht, Seines treuen Annehmens des Ihm von Gott Auferlegten, wegen Seines
Glaubensgehorsams. Die Erhörung - das ist die Rettung aus dem Tode durch die
Auferweckung - zeigt, dass Gott die Gabe und das Opfer Seines Sohnes mit
Wohlgefallen angenommen und als wirksam beglaubigt hat.
Der Hohepriester Jesus erfuhr eine besondere Zubereitung für Sein Amt, wie aus den Versen 8 bis 10 hervorgeht: »Obgleich Er der Sohn ist, lernte Er den Gehorsam durch das, was Er litt. Und so vollkommen gemacht, ist Er allen, die Ihm gehorchen, die Ursache äonischer Rettung, wird Er doch von Gott mit »Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks« angeredet.« Wenn unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, den Gehorsam durch das lernen musste, was Er litt - wie viel mehr wir! Aber dies ist hier nicht das Thema. Er, der Seinem Vater immer gehorsam war, durfte sich bis in die größte Not hinein darin bewähren. In der Krise zeigte sich Sein Gehorsam auf das Eindrücklichste.
So wurde Er vollkommen gemacht, »durch Leiden vollkommen gemacht«, um
mit den Worten von Kapitel 2:10 zu sprechen. Nun ist unser Herr und Retter Jesus
Christus vollendet, zum Ziel gebracht; die Stärke Seiner Gesinnung ist auf das
Vollmaß gebracht.
So ist Er nun allen, die Ihm gehorchen, die Ursache äonischer Rettung geworden, der Rettung zum Leben in den beiden kommenden Äonen. Aaron hat stets nur für ein Jahr eine Beschirmung und damit eine Rettung vor dem Zorn Gottes und auch nur für das Volk Israel erwirken können. Jesus aber starb für alle, das heißt zugunsten von allen. Die Einschränkung: »... für alle, die Ihm gehorchen« entspricht dem Evangelium der Beschneidung, mit dem Petrus betraut war (Gal.2:7). Die Rettung allein durch Glauben und damit allein in der Gnade war für Israel nicht möglich. Nur das dem Apostel Paulus enthüllte Evangelium der Unbeschnittenheit (Gal.1:12; 2:7) kennt die Rettung allein durch Glauben, wie sie in der gegenwärtigen, Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes allen Glaubenden widerfährt. Sollten sich die Hebräer durch diesen Brief an sie aber für die überhimmlische Berufung gewinnen und in die herausgerufene Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23; Leibesgemeinde; nicht: Brautgemeinde, das künftige, wiedergewordene, gläubige Israel), eingliedern lassen, so werden auch sie an dem Gnadenreichtum des Evangeliums des Apostels Paulus teilhaben.
Mit Vers 11 beginnt eine weitere Ermahnung an die Hebräer. Im Anschluss an die Worte »Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks« lesen wir da: »... betreffs dessen wir euch viel zu sagen haben; doch ist das Wort davon schwierig auszulegen, weil ihr im Hören schwerfällig wurdet.« Zu dieser Hohenpriesterschaft wird der Verfasser ihnen noch viel sagen, und zwar in den Kapiteln 7:1 bis 10:18; er befürchtet aber, dass dies angesichts der geistlichen Trägheit und Unreife der Briefempfänger ein schwieriges Unterfangen werden wird. Gleichwohl - er wird es tun, um sie eben doch voranzubringen.
Er wird seine Mühe mit ihnen haben, »denn«, so Vers 12, »da ihr der Zeit nach Lehrer sein müsstet, habt ihr wieder Belehrung darüber nötig, was die anfänglichen Grundregeln der Aussagen Gottes sind, seid ihr doch solche geworden, die der Milch bedürfen und nicht fester Nahrung.« Die Hebräer sollten längst Lehrer sein und andere unterweisen, aber ihnen fehlen sogar Grundkenntnisse, sodass man ihnen wieder Milch geben muss. Wie erinnert uns dies an 1.Korinther 3:1 bis 3: »So konnte ich, Brüder, zu euch nicht wie mit geistlich Gesinnten sprechen, sondern nur wie mit fleischlich Gesinnten, wie mit Unmündigen in Christus. Milch gab ich euch zu trinken, nicht feste Speise; denn die konntet ihr noch nicht aufnehmen. Das ist euch nun immer noch nicht möglich, weil ihr noch fleischlich gesinnt seid. Denn wo unter euch Eifersucht und Hader sind, seid ihr da nicht fleischlich und wandelt dem seelischen Menschen gemäß?«
In den Versen 13 und 14 werden die Unterschiede deutlich: »Denn jeder, der an der Milch teilhat, ist unerprobt im Wort der Gerechtigkeit, weil er noch unmündig ist. Für Gereifte dagegen ist die feste Nahrung, die infolge ihrer Gewöhnung ein geübtes Empfindungsvermögen haben, um Treffliches wie auch Übles zu unterscheiden.« Ein im Wort der Gerechtigkeit Unerprobter ist in der Tatsache der Gerechtigkeit Gottes angesichts des Laufs der Welt wie auch zum Beispiel der Auserwählung nur bestimmter Menschen nicht tief gegründet. Als vom gerechten Handeln Gottes nicht völlig Überzeugter kann es sein, dass er bei einer Versuchung der Ungerechtigkeit nachgibt. Ein Gereifter hingegen hat die durch das Wort der Gerechtigkeit erworbene Fähigkeit, Treffliches von Üblem zu unterscheiden. Er hat ein am Wort Gottes geschultes Gespür für Recht und Unrecht. Und dies ist bitter nötig, denn von innen und von außen können wir angegriffen werden. Das von innen Kommende spricht Paulus in Römer 16:19 an: »Ich will aber, dass ihr weise zum Guten, jedoch ohne arglistige Neigung zum Üblen seid.« Und was von außen auf uns einstürmt - mögen wir keine Unmündigen mehr sein, »die von jedem Wind der Lehre wie von brandenden Wogen hin und hergeworfen und umhergetragen werden durch die Unberechenbarkeit der Menschen, durch die List, die darauf ausgeht, den Irrtum planmäßig zu verbreiten« (Eph.4:14).
Es schließen sich die ersten drei Verse des sechsten Kapitels an: »Darum wollen wir das Wort der Anfangsgründe des Christus verlassen, damit wir zur Reife gebracht werden mögen (ohne dabei wieder die Grundlage niederzureißen: die Umsinnung von toten Werken und den Glauben an Gott, die Lehre von den Taufen und das Händeauflegen, die Auferstehung Toter und das äonische Urteil). Und dies werden wir tun, das heißt, wenn Gott es gestattet.« Es überrascht ein wenig, dass der Autor nun doch nicht die Grundlagen durchnehmen, sondern die Gläubigen weiterführen will. Dies ist aber zu verstehen, denn nicht die Milch, sondern die feste Speise wird sie kräftigen.
Welche sind die Glaubensgrundlagen der Juden, die Anfangsgründe des
Evangeliums der Beschneidung (Gal.2:7)?
1. Die Umsinnung von toten Werken
»Sinnet um!« - so lautete der erste Aufruf unseres Herrn an Israel. Nach der Überantwortung des Johannes kam Jesus nach Galiläa. Dort heroldete Er das Evangelium des Königreichs Gottes und sagte: »Erfüllt ist die Frist, und genaht hat sich das Königreich Gottes. Sinnt um und glaubt an das Evangelium!« (Mark.1:15). Johannes der Täufer hatte in der Gegend um den Jordan »die Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden« bereits geheroldet (Luk.3:3). Ohne Umsinnung keine Vergebung! Mehrfach betonte Christus die Notwendigkeit der Umsinnung, zum Beispiel in Lukas 13:4,5: »Oder jene achtzehn, auf die der Turm in Siloa fiel und sie tötete - meint ihr, dass sie Schuldige waren mehr als alle anderen Menschen, die in Jerusalem wohnen? Nein, sage Ich euch; sondern wenn ihr nicht umsinnt, werdet ihr alle in derselben Weise umkommen.« Und so sprach auch Petrus an jenem denkwürdigen Tag der Pfingsten nach Jesu Himmelfahrt: »Sinnet um!« (Ap.2:38). Ebenso sagte auch Paulus auf seiner zweiten Missionsreise (49 bis 51 n. Chr.), der damaligen heilsgeschichtlichen Verwaltung des Übergangs entsprechend, in Athen: »Gott hat nun zwar über die Zeiten der Unkenntnis hinweggesehen; doch nun weist Er alle Menschen überall an, umzusinnen, weil Er einen Tag angesetzt hat, an dem Er künftig die Wohnerde in Gerechtigkeit durch den Mann richten wird, den Er ausersehen hat, so den Glauben allen darbietend, indem Er Ihn von den Toten auferstehen ließ« (Ap.17:30,31).
Sinnet um!, griechisch metanoeite!, heißt denkt mit, denkt nach, ändert euer Sinnen! Die eigenen und eigensinnigen Anschauungen sind zurückzulassen, damit allein das Wort der Wahrheit das Sinnen und Trachten umgestalte und unsere Gesinnung ändere (Röm.12:2). Wir sollen den Sinn des Christus haben (1.Kor.2:16). Seine Gesinnung sei in uns (Phil.2:5)!
Von toten Werken ist umzusinnen. Tote Werke sind fruchtlose Werke. »Bringt
... Frucht, würdig der Umsinnung!«, mahnte unser Herr (Mat.3:8). Auf böse
Werke näher einzugehen, ist nicht nötig. Es geht aber um so manche Dinge, die
zu tun uns freisteht, die aber im Werk des Herrn nichts erbringen, die der Sache
Christi nichts nützen. Prüfet daher, was wesentlich ist (Phil.1:10), sucht
nicht das Eure, sondern das, was Christi Jesu ist (Phil.2:21). Verplempert nicht
eure Zeit!
2.
Der Glaube an Gott
Zur zweiten Grundlage, dem Glauben an Gott, heißt es in Hebräer 11:6:
»Ohne Glauben ... ist es unmöglich, [Gott] wohlzugefallen; denn wer zu Gott
kommt, muss glauben, dass Er ist und denen, die Ihn ernstlich suchen, ein
Belohner sein wird.« Urheber des Glaubens ist Gott, der durch Christus alles
Bewirkende und alles Hervorrufende (Eph.1:11; Heb.12:2; Phil.1:29), wie unser
Herr auch Israel sagte: »Dies ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den
derselbe ausgesandt hat« (Joh.6:29). »Glaubt an Gott! Glaubt auch an Mich!«
(Joh.14:1) verkündigte Jesus ihnen. Sie sollten erkennen, dass Jesus der Sohn
Gottes und der verheißene Messias ist. Und wer an Ihn glaubte, bekam äonisches
Leben, Leben in den beiden kommenden Äonen (Joh.6:47).
Der Glaube ist die Grundlage sowohl für Israel als auch für uns. Nach
dem Evangelium der Beschneidung gehören für Israel allerdings Umsinnung, Taufe
und schließlich die Bewährung durch gute Werke dazu, um die Rettung nicht
wieder zu verlieren. Wir aber, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist
(Eph.1:22,23), wir aber, die wir in der Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen
Verwaltung der Gnade leben (Eph.3:2; Kol.1:25), sind und bleiben ein für
allemal allein durch Glauben gerettet.
3.
Die Lehre von den Taufen
Zu den Anfangsgründen gehört drittens die Lehre von den Taufen. Wenn es
uns auch befremdlich ist, so ist hier dennoch von den Taufen (im Plural) die
Rede. Wir haben mithin die Waschungen nach 3.Mose 15 einzubeziehen, die im Falle
von unreinen Ausflüssen bei Männern und Frauen an ihnen selbst, an der
Kleidung, ihrem Lager und anderen befleckten Gegenständen vorzunehmen waren.
Vor allem aber ist an die bereits erwähnte Taufe der Umsinnung zur Erlassung
der Sünden zu denken, mit der Johannes taufte (Luk.3:3; Ap.19:4). Das
Untertauchen ist das Zeichen und die Bekräftigung der Umsinnung.
4.
Das Händeauflegen
Sodann nennt der Autor das Händeauflegen. Es diente in alten Zeiten zur
Übertragung des Segens eines Vaters auf einen Sohn, von Schuld auf ein
Opfertier sowie zur Bevollmächtigung mit Kraft oder für ein Amt. Unser Herr
Jesus legte kleinen Kindern die Hände auf, um sie der Güte Gottes anzubefehlen
(Mat.19:15), und heilte Kranke durch Händeauflegung. Sie sieben Betreuer der
Witwen in Jerusalem wurden unter Gebet durch Händeauflegung mit ihrer Aufgabe
betraut (Ap.6:6). Petrus und Johannes setzten den durch Philippus gläubig
gewordenen und getauften Samaritanern später die Hände auf, damit sie den
heiligen Geist empfingen (Ap.8:18). Die Propheten und Lehrer der Gemeinde im
syrischen Antiochien legten Barnabas und Saulus betend die Hände auf und entließen
sie für die erste Missionsreise (Ap.13:3). Die Gnadengabe, die Timotheus hatte,
war ihm unter Auflegen der Hände des Paulus und der Ältesten gegeben worden
(1.Tim.4:14; 2.Tim.1:6).
Sollten wir heute jemanden für eine Aufgabe bevollmächtigen wollen, ist
1.Timotheus 5:22 zu beachten, wonach niemandem zu schnell die Hände aufgelegt
werden sollen, weil wir selbst schuldig würden, wenn der Betreffende sich nicht
bewährt.
5.
Die Auferstehung Toter
Des Weiteren wird die Auferstehung Toter genannt. Sie ist so elementar,
dass jemand, der dies nicht glaubt, wohl überhaupt ungläubig sein dürfte, es
sei denn, er glaube an die Auferstehung Jesu, sei sich aber über die
verschiedenen anderen Auferstehungen im Unklaren.
Wenn es keine Auferstehung der Toten gäbe, wäre auch Christus nicht
auferweckt worden, und dann wäre unsere Heroldsbotschaft inhaltslos und
inhaltslos auch unser Glaube (1.Kor.15:13,14).
Die Reihenfolge der mit der Lebendigmachung und dem Empfang der Unvergänglichkeit
verbundenen Auferstehungen ist: »der Erstling Christus, darauf die Christus
Angehörenden bei Seiner Anwesenheit, danach die Übrigen bei der Vollendung,
wenn Er die Königsherrschaft Seinem Gott und Vater übergeben wird«
(1.Kor.15:23,24).
Was ein Jude insbesondere wissen musste, war, dass Jesaia gesagt hatte:
»Leben werden deine Toten! Ihre Leichen werden aufstehen!« (Jes.26:19), dass
es neben der Auferstehung zum Leben auch eine zum Gericht gibt (Joh.5:29),
zwischen diesen beiden tausend Jahre liegen (Off.20:5) und dass die Gläubigen
aus Israel am letzten Tag auferstehen werden (Joh.11:24). Martha wusste dies.
Der letzte Tag ist der 1.335. nach der Mitte des letzten Jahrsiebeners (der für
Israel abgetrennten 70 Jahrsiebener; Dan.9:24), an welchem Daniel auferstehen
wird (»am Ende der Tage«) samt den anderen Gläubigen aus Israel
(Dan.12:12,13).
6.
Das äonische Urteil
Zuletzt führt der Verfasser das äonische Urteil an. Es ist das Urteil
Gottes darüber, ob ein Mensch in den beiden künftigen Äonen leben wird oder
nicht. Es ist dem Menschen aufbewahrt, einmal zu sterben, nach diesem aber das
Gericht (Heb.9:27). Wer aber an Jesus glaubt, hat äonisches Leben und kommt
nicht ins Gericht, denn er ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen
(Joh.5:24). Solche Juden sind am Herzen beschnitten (Röm.2:29) und gehören zum
Israel der Auswahl (Röm.9:6-8; 11:7). Die Nichtauserwählten aber werden vor
dem großen, weißen Thron in den zweiten Tod geworfen (Off.20:15), sind also während
des tausendjährigen Königreichs Israels und während der Dauer der neuen Erde
im letzten Äon tot, bis sie dann beim Abschluss der Äonen lebendig gemacht
werden, wenn der Tod als der letzte Feind abgetan ist und Gott sodann alles in
allen sein wird (1.Kor.15:26-28).
Diese Anfangsgründe des Christus will der Verfasser des Hebräerbriefs nun aber nicht besprechen, sondern die Briefempfänger zur Reife im Glauben führen, das heißt, wenn Gott es ihm gestattet, wie er im letzten Vers unserer Betrachtung schreibt (Heb.6:3). Wir bestätigen glaubend, dass nur das geschieht, was Gott will; selbst ein Spätzlein wird nicht auf die Erde fallen, ohne dass Er es will (Mat.10:29).
Folglich sei Ihm, dem uns liebenden, allein weisen und alles bewirkenden
Gott und Vater, Ehre und Verherrlichung für die Äonen der Äonen!
Wir werden die Verheißung erlangen
(Hebräer 6:4-20)
Mögen wir zur Reife gebracht werden - an dieses Anliegen des vorangehenden Abschnitts von Kapitel 5:11 bis 6:3 anknüpfend, kommt der Verfasser des Hebräerbriefs nun darauf zu sprechen, dass Gereifte im Grunde nicht vom Glauben abfallen können, auf keinen Fall aber, wenn man Losteilinhaber der Verheißung ist, wie aus Vers 17 hervorgeht. Sie alle aber bedürfen der Ermahnung (dies ist der Charakter des Schriftabschnitts von Hebräer 5:11 bis 6:20), damit ihr Wandel der Unverrückbarkeit ihrer Rettung entspreche.
Mögen wir darum zur Reife gebracht werden oder, wie man auch übersetzen könnte: zur Vollkommenheit, »denn«, so steht in den Versen 4 bis 6 geschrieben, »es ist unmöglich, die, die einmal erleuchtet waren und das überhimmlische Geschenk geschmeckt haben und so Mitteilhaber des heiligen Geistes wurden, die sowohl das köstliche Wort Gottes wie auch die Kräfte des zukünftigen Äons schmeckten, dann aber abfallen, wieder zur Umsinnung zu erneuern, kreuzigen sie doch den Sohn Gottes für sich selbst aufs Neue und prangern Ihn an.« Es gab Gläubige, die in den vergangenen drei Jahrzehnten durch die Verkündigung der zwölf Apostel und des Jakobus Rettung gefunden hatten, dann aber vom Glauben Abstand nahmen. Damit verloren sie ihre Rettung und ihren Platz im Königreich Israels. Für diese, die bereits einmal durch Umsinnung des Segens teilhaftig wurden, war eine zweite Umsinnung nicht mehr möglich, weil die Umsinnung, und zwar die nachhaltige Umsinnung, ein Grundbestandteil des Evangeliums der Beschneidung ist. Umsinnung, die sich in Heiligung und Bewährung zeigte, war unabdingbar (Mark.1:15; Mat.18:23; Ap.2:38; 2.Pet.1:10,11; 2:20-22). Eine Zwischenbemerkung: Wir dagegen, die wir zur Körpergemeinde Christi gehören, in der Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes leben (Eph.1:22,23; 3:2; Kol.1:25) und allein durch Glauben gerettet sind, sind mit dem Geist Gottes versiegelt, sodass wir die Rettung nicht verlieren können (Eph.1:13; Röm.8:30).
Die gläubig gewesenen oder, wie man auch sagen kann, treu gewesenen
Juden werden in unseren Versen wie folgt beschrieben: Sie waren einmal
erleuchtet; das Wort Gottes hatte ihnen also Wahrheit und Licht vermittelt. Sie
hatten das überhimmlische Geschenk geschmeckt, womit wohl die Erkenntnis des
Herrn und Retters Jesus Christus gemeint sein dürfte. Sie waren Mitteilhaber
des heiligen Geistes geworden. Sie hatten das köstliche Wort Gottes geschmeckt,
das lebendige und wirksame, kräftigende und zusprechende. Sie hatten auch die
Kräfte des zukünftigen Äons, des tausendjährigen Königreichs Israels auf
der Erde, geschmeckt, die sich in Zeichen und Wundern, Prophetenworten und
Zungenreden, Dämonenaustreibungen und Krankenheilungen äußerten.
Doch nun waren sie abgefallen. Für diese vorsätzliche Sünde gab es für
Israel keine Vergebung (4.Mose 15:30), wie auch Hebräer 10:26,27 sagt: »Wenn
wir freiwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit erhielten,
bleibt für Sünden kein Opfer mehr übrig, sondern nur ein furchtbares Abwarten
des Gerichts und der Eifer des Feuers, das sich anschickt, die Gegner zu
fressen.« Vom Glauben abstehen, dies bedeutete praktisch, den Sohn Gottes aufs
Neue zu kreuzigen, indem man Ihn missachtete und verwarf. Vom Glauben abzustehen
war wie eine Anprangerung Jesu, als hätte man sich in Ihm geirrt und als wolle
man zum Ausdruck bringen, dass Er doch nicht der Messias sei und mithin zu Recht
an das Fluchholz geschlagen worden wäre.
Diese Aussage wird in den Versen 7 und 8 durch einen Vergleich erhärtet:
»Denn das Land, das den Regen trinkt, der oftmals auf dieses kommt, und Kraut
sprießen lässt, verwertbar von jenen, für die es beackert wird, bekommt von
Gott seinen Anteil am Segen. Bringt es aber Dornen und Sterndisteln hervor, ist
es unbewährt und dem Fluch nahe, um zum Abschluss in Brand geraten.« Diese
Worte erinnern an das Lied der Liebe Gottes zu Seinem Weinberg Israel in Jesaia
5:1-7. Gott hatte alles für Seinen Weinberg getan, was man nur tun konnte, aber
der brachte nur faulige Frucht. Deshalb werde Er ihn niederreißen, wie ja auch
an Israel geschehen (Röm.11:15). Der Autor des Hebräerbriefs vergleicht den überhimmlischen
Segen mit dem Regen, woraufhin man Frucht erwarten darf. Mit Dornen und Disteln
aber kann man nichts anfangen. Felder mit solchem Bewuchs werden abgebrannt. Die
mit Dornen und Disteln verglichenen Menschen kommen für die Äonen um, das Feld
aber ist gereinigt und wird solchen gegeben, die gute Frucht darstellen.
Achten wir nun auf Vers 9: »Wir sind aber, was euch angeht, Geliebte, eines Besseren überzeugt, was mit Rettung zu tun hat, wenn wir auch so sprechen.« Die Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung (3:1), die Mitteilhaber des Christus (3:14) und Mitteilhaber des heiligen Geistes (6:4) konnten ihre Rettung auf der damaligen Offenbarungsstufe, wonach sie nicht versiegelt waren, wieder verlieren (3:6; 6:6). In Bezug auf diese Gläubigen aber, die der Verfasser nun zur Reife bringt, ist er überzeugt, dass sie gerettet werden. Durch Glauben und Geduld werden sie die Verheißungen als Losteil erhalten (6:12). Nicht durch Glauben allein; dies trifft erst auf die Juden zu, die sich aufgrund des Paulus enthüllten Evangeliums der Unbeschnittenheit (Gal.1:12; 2:7) in die Gemeinde eingliedern lassen, die bildlich als Christi Körper bezeichnet wird (Eph.1:22,23) und eine überhimmlische Erwartung hat (Eph.2:6,7; 2.Tim.4:18). Der Hebräerbrief lenkt den Blick der Juden aber auf diese Gemeinde (Heb.11:16; 12:22,23).
Es schließt sich Vers 10 an: »Denn Gott ist nicht ungerecht, dass Er
eurer Arbeit und der Liebe vergesse, die ihr für Seinen Namen dadurch erzeigt
habt, dass ihr den Heiligen dientet und noch dient.« Nichts vergisst oder übersieht
Gott, nichts lässt Er unvergolten, auch den kleinsten Dienst der Liebe nicht.
Dementsprechend gedenkt Paulus vor Gott zum Beispiel unablässig der Arbeit der
Thessalonicher im Glauben und ihres Mühens in der Liebe (1.Thess.1:3). Möge
doch uns allen die Auferbauung der Heiligen am Herzen liegen! Verherrlichung
aber sei unserem Gott und Vater, der uns die Gelegenheiten auftut, für das Gute
an den Gliedern der Familie des Glaubens wie auch an allen zu wirken (Gal.6:10).
Dem Verfasser geht es nun darum, dass die Briefempfänger in der Erwartung ihrer Rettung vollgewiss sind. Deshalb schreibt er weiter: »Uns verlangt aber danach, dass jeder von euch zur Vollgewissheit der Erwartung bis zur Vollendung denselben Fleiß erzeige, damit ihr darin nicht schwerfällig werdet, sondern Nachahmer derer, die durch Glauben und Geduld die Verheißungen als Losteil erhalten« (Verse 11+12). Sie sollen bis zum Ende, bis zum Ziel allen Fleiß dareinsetzen, damit sie in der Erwartung völlig fest stehen. Auf diese Weise werden sie Nachahmer anderer sein. die sich im Glauben durch Geduld bewährten und die Verheißungen zugelost bekommen oder, wie im Falle Abrahams, bereits bekamen.
Bei dem Beispiel und Vorbild Abraham verhielt es sich so: »Denn als Gott dem Abraham Segen verhieß, schwur Er bei Sich Selbst, weil Er keinen Größeren hatte, bei dem Er schwören konnte, und sagte: ... dass Ich dich segnen, ja segnen werde und dich vermehren, ja vermehren werde. Da er so geduldig war, erlangte er die Verheißung« (Verse 13-15). Nachdem Abraham bereit war, seinen Sohn Isaak zu opfern, hatte Jewe gesagt: »Ich habe bei Mir Selbst geschworen, erklärt Jewe, dass, weil du diese Sache getan und deinen Sohn, deinen einzigen, Mir nicht vorenthalten hast, Ich dich segnen, ja segnen und deinen Samen mehren, ja mehren werde wie die Sterne der Himmel und wie den Sand, der am Gestade des Meeres ist« (1.Mose 22:16,17). Das Bemerkenswerte ist, dass Gott zugleich mit dem Aussprechen der Verheißung schwur, sie zu erfüllen. Nach einem solchen Ausspruch Gottes braucht man nur noch geduldig auszuharren.
Dass Abraham die Verheißung erlangte, war zur Zeit der Abfassung des
Hebräerbriefs an seinen zahlreichen Nachkommen ohne Weiteres ersichtlich.
Abraham erlangte die Verheißung aber auch ganz persönlich und unmittelbar,
denn er bekam seinen Sohn, den Träger der Verheißung, den Garanten für die
Erfüllung der Verheißung, gleichsam aus den Toten wieder (Heb.11:17-19).
Insofern sind die Tage vor der gebotenen Darbringung Isaaks als die Zeit des
geduldigen Ausharrens Abrahams anzusehen.
In Vers 16 wird die Ernsthaftigkeit eines Schwurs hervorgehoben: »Denn Menschen schwören bei dem Größeren, und für sie ist als Bestätigung der Eid das Ende jeden Widerspruchs.« Ein Eid lässt keinen Zweifel an einer Aussage mehr zu. Man schwor bei dem Höchsten. Gott wurde zum Zeugen angerufen, der auch über die Erfüllung wachte. Angesichts zu erwartender göttlicher Vergeltung im Falle eines Wortbruchs wohnte dem Eid absolute Verbindlichkeit inne.
Der Verfasser ist in Bezug auf die Empfänger seines Briefs hinsichtlich der Rettung eines Besseren überzeugt, wie wir aus
Vers
9 wissen, dass sie nämlich nicht abfallen werden, weil Gott Sich ihnen verbürgt
hat. Wie in den Versen 17 und 18 geschrieben steht: »Aufgrund dessen [aufgrund
der gerade beschriebenen Bedeutung eines Eids] hat Sich Gott in der Absicht, den
Losteilinhabern der Verheißung die Unverrückbarkeit Seines Ratschlusses
besonders zu beweisen, mit einem Eid verbürgt, damit wir durch zwei unverrückbare
Tatsachen, bei denen es unmöglich ist, dass Gott gelogen habe, einen starken
Zuspruch hätten.« Zwei unverrückbare Tatsachen sind es, und zwar das Wort
Gottes und Sein Eid, die den Losteilinhabern der Verheißung, den Mitteilhabern
der überhimmlischen Berufung, den tragenden Zuspruch und die Gewissheit geben,
dass sie gerettet werden. Die Unwandelbarkeit des Ratschlusses des Allmächtigen
garantiert ihnen ihr Losteil, und zwar den überhimmlischen Segens- und
Aufgabenbereich (Heb.11:16; 12:22,23,28). Sollte irgend jemand Gottes Ratschluss
vereiteln können? Auf keinen Fall! Was Er verheißen und sogar beeidet hat, das
wird Er über und über erfüllen. Welch ein Zuspruch!
An dem griechischen Wort für »Zuspruch« ist übrigens zu erkennen, dass es sich hierbei um ein Beiseiterufen zu einem ganz persönlichen Gespräch, zu einer vertraulichen Zwiesprache handelt. Ein Zuspruch der Heiligen Schrift ist also ganz persönlich zu nehmen.
Dieser starke Zuspruch gilt denen, »die«, wie es weiter heißt, »wir
unsere Zuflucht darin nehmen, das vor uns liegende Erwartungsgut zu erfassen,
welches wir als Anker der Seele haben, für uns gewiss und auch bestätigt ...«
(Verse
18b+19a). Der Verfasser begnügt
sich nicht damit, schlicht zu sagen, dass sie die Erwartung erfassen oder sich
an ihr festhalten sollen, sondern gebraucht den dramatischen Begriff »Zuflucht«
und sieht die Gläubigen unter den Briefempfängern als in dieses Erwartungsgut
Hineingeflohene an. Bisher war das irdische Königreich Israels ihre Erwartung -
dieses war jedoch inzwischen wegen des allgemeinen Unglaubens des Volkes Israel
in weite Ferne gerückt -, nun aber gilt es, mit allem Ernst in der überhimmlischen
Erwartung Zuflucht zu nehmen. Dies ist das Erwartungsgut, das der Apostel Paulus
heroldete, das äonische Leben - nicht auf der Erde, sondern in den Himmeln -,
das Niedergesetztsein inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe
(Eph.2:6), das überhimmlische Königreich (2.Tim.4:18), oder mit den Worten des
Hebräerbriefs: das überhimmlische Vaterland (11:16), das überhimmlische
Jerusalem (12:22), die All-Zusammenkunft und die in den Himmeln angeschriebene
Gemeinde der Erstgeborenen (12:23), das unerschütterliche Königreich (12:28).
Dieses Erwartungsgut ist gewiss und bestätigt, gewiss, weil gesichert,
und bestätigt, weil mehrfach gesagt und bekräftigt.
Dieses Erwartungsgut ist der Anker der Seele. Welch ein schönes Bild für
den festen Halt! Die Seele ist das Bewusstsein. Das Erwartungsgut gibt unserem
innersten Bewusstsein Halt und schützt uns vor dem Abdriften (um einen seemännischen
Begriff zu verwenden). Mit anderen Worten: Wer fest auf die Erwartung blickt,
wird auf sie zustreben, zielwärts eilen und nicht vom Wesentlichen abschweifen,
erst recht nicht der Nachlässigkeit im Dienst des Herrn oder gar der Sünde
Raum geben.
Von dem Erwartungsgut, bildlich dem Anker, hören wir im Folgenden, dass es (oder er) »bis in das Innerste hinter den Vorhang hineingeht, wohin Jesus als Vorläufer für uns einging, der nach der Ordnung Melchisedeks Hoherpriester für den Äon geworden ist« (Verse 19b+20). Das Erwartungsgut ist demnach im Allerheiligsten verankert, für einen Juden der Inbegriff größter Herrlichkeit. Diese Tatsache aber vermittelt Rettungsgewissheit in höchster Potenz! Einst durfte nur der Hohepriester und nur am Tag der Beschirmungen in das Allerheiligste eintreten (3.Mose 16:2-4,12). Es wird in Hebräer 9:3 bis 5 wie folgt beschrieben: »Hinter dem zweiten Vorhang aber war das [zweite] Zelt, das Heilige der Heiligen genannt, wo sich [am Tag der Beschirmungen; 3.Mose 16:12] das goldene Räucherfass [Räucherpfanne] befand und die überall mit Gold bedeckte Bundeslade, in der die goldenen Urne mit dem Manna war und der Stab Aarons, der gekeimt hatte, dazu die Tafeln des Bundes. Oben, über ihr [der Bundeslade], aber waren die Cherubim der Herrlichkeit, die den Sühnedeckel überschatteten.« Nun aber war Jesus dort hineingegangen, und zwar als Vorläufer für die gläubigen Hebräer, die mit Hebräer 10:19 bis 22 aufgerufen werden, nun ebenfalls den Weg dort hinein zu nehmen: »Da wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu Freimut haben zum Eintritt in die heiligen Stätten, den Er uns eingeweiht hat (dazu wurde Er geschlachtet und ist nun ein lebendiger Weg durch den Vorhang hindurch, dies ist Sein Fleisch), und da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben, so lasst uns mit wahrhaftem Herzen herzukommen, in der Vollgewissheit des Glaubens, durch der Herzen Besprengung los vom bösen Gewissen und den Körper gebadet in reinem Wasser.« Jesus Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, der wahre und lebendige Weg (Joh.14:6) zum Herzen Gottes, des Vaters.
Jesus war nicht nach der Ordnung des levitischen Priestertums - dieses
konnte nichts vollenden (Heb.7:19) - in das Allerheiligste eingegangen, sondern
nach der Ordnung Melchisedeks. Dieser Ordnung gemäß treten nun auch die Gläubigen
mit Freimut zum Thron der Gnade, damit sie Erbarmen erhalten und Gnade finden mögen
(Heb.4:16).
Der Sohn Gottes wird mit Melchisedek verglichen, weil jener ebenfalls
sowohl König wie auch Priester war und im Bericht von 1.Mose 14:18 bis 20 »weder
einen Anfang seiner Tage noch einen Abschluss seines Lebens hat«, was besagt,
dass »er Priester bis zur Durchführung bleibt« (Heb.7:3). Desgleichen ist
unser Herr Jesus Christus Hoherpriester für den kommenden Äon geworden, für
das tausendjährige Königreich Israels, und zwar bis zur Durchführung, bis zum
Abschluss Seiner Aufgabe als Hoherpriester. Der Begriff »Durchführung« leitet
sich von »bringen« ab und gibt ein Ziel an (Heb.10:1), zu dem man durch die
Dahingabe Jesu Christi gebracht wird (Heb.10:14). Nach jenem (vierten) Äon, in
der neuen Schöpfung, auf der neuen Erde (Off.21:1), im fünften und letzten Äon
sodann, bedarf es keines Priesters mehr, weil Gott Selbst unter den Menschen
zeltet (Off.21:3); es gibt auch keinen Tempel mehr (Off.21:22).
Die näheren Ausführungen über Melchisedek und die Überlegenheit des
melchisedek’schen Priestertums über das levitische folgen in den Kapiteln
sieben bis zehn (Vers 18).
Die Überlegenheit des melchisedek’schen Priestertums über das levitische
(Heb.7:1-8:5)
Der Verfasser des Hebräerbriefs hatte in Kapitel fünf, Verse 6 und 10, sowie in Kapitel sechs, Vers 20, die herrliche prophetische Aussage von Psalm 110:4 hervorgehoben, dass Jesus Christus Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks für den Äon geworden ist. Was dies aber bedeutet, und zwar für das levitische Priestertum, den alten Bund und die bisherigen Darbringungen und Opfer, erläutert er nun im Schriftabschnitt von Kapitel sieben, Vers 1, bis Kapitel zehn, Vers 18.
Der Autor beginnt Hebräer sieben mit der Begründung, warum Jesus Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks für den zukünftigen Äon geworden ist, und schreibt: »Denn dieser Melchisedek, König von Salem, (war) Priester Gottes, des Höchsten, der Abraham entgegenkam, als er von dem Gefecht mit den Königen zurückkehrte, und ihn segnete, dem auch Abraham von aller Beute den Zehnten zuteilte, dessen Name zuerst mit »König der Gerechtigkeit« übersetzt werden kann, darauf aber auch mit »König von Salem«, was »König des Friedens« bedeutet, im Bericht vaterlos, mutterlos, ohne Geschlechtsregister, der dort weder einen Anfang seiner Tage noch einen Abschluss seines Lebens hat und daher mit dem Sohn Gottes verglichen wird, indem er Priester bis zur Durchführung bleibt« (Verse 1-3).
Lesen wir hierzu den Bericht in 1.Mose 14:18 bis 20: Es war, als Abraham
von dem Gefecht zurückkehrte. »Da brachte Melchisedek, der König von Salem,
Brot und Wein heraus, denn er war ein Priester Els, des Allerhöchsten. Er
segnete ihn und sagte: Gesegnet sei Abram von El, dem Allerhöchsten (hebr. El
Eljon), dem Eigner der Himmel und der Erde; gesegnet sei El, der Allerhöchste,
der deine Gegner in deine Hand überantwortet hat. Da gab Abram ihm ein Zehntel
von allem zurückgebrachten Gut.«
Jesus Christus ist Priester nach der Ordnung Melchisedeks, weil Er
ebenfalls König und Priester zugleich ist, was dem Messias nach der Prophetie
nun einmal zukommt (Ps.110:4; Sach.6:11-13). Jesus ist der König der
Gerechtigkeit, wie in Jeremia 23:6 verzeichnet: »Und dies ist Sein Name, mit
dem man Ihn anruft: Jewe, unsere Gerechtigkeit!« Jesus ist der König des
Friedens, wird Er doch in Jesaia 9:5 »Fürst des Friedens« genannt.
Es fällt auf, dass im Bericht über Melchisedek im Gegensatz zu einem
levitischen Priester, der ohne Nachweis seiner Abstammung von Aaron gar nicht
Priester werden konnte (2.Mose 28:1), absolut nichts über dessen Herkunft
gesagt ist. Dementsprechend bedarf auch Jesus keines levitischen
Geschlechtsregisters. Es ist auch nichts über den Tod und den Nachfolger
Melchisedeks gesagt. Dementsprechend ist Jesus Hoherpriester auf Dauer, konkret:
für den Äon, und zwar den kommenden Äon des tausendjährigen Königreichs
Israels.
Melchisedek war Priester bis zur Durchführung, das heißt bis zum
Abschluss seines Auftrags. So ist auch Christus Hoherpriester bis zur Durchführung
dieser Seiner Aufgabe im Königreichsäon. Im darauf folgenden Äon, dem der
neuen Erde (Off.21:1), wird es sodann weder einen Priester geben (denn Gott
Selbst zeltet unter den Menschen; Off.21:3) noch einen Tempel (Off.21:22).
Melchisedek war größer als Abraham, dem großen Vorvater der Juden, wie wir aus den Versen 4 bis 6 erfahren: »Schaut nun, wie erhaben dieser ist, dem sogar Abraham, der Urvater, den Zehnten von der besten Beute gab. Zwar haben auch diejenigen von den Söhnen Levis, die das Priesteramt erhalten, ein Gebot, vom Volk den Zehnten zu nehmen, gemäß dem Gesetz; das heißt also, von ihren Brüdern, obgleich diese aus der Lende Abrahams hervorgegangen sind. Er aber, der sein Geschlecht nicht von ihnen herleitet, hat von Abraham den Zehnten genommen und den, der die Verheißungen hat, gesegnet.«
Abraham hatte dem Höheren nicht nach dem Gesetz gegeben, das es damals noch gar nicht gab. Obgleich damit alle Stämme als noch in Abrahams Lende Befindliche den Zehnten abgeführt hatten, durften die Leviten von den anderen Stämmen (gewissermaßen zusätzlich) den Zehnten nehmen (4.Mose 18:21,26). Indem Abraham den Zehnten einem Menschen gab, der gar kein Levit war, bezeugte er die Erhabenheit des melchisedek’schen Priestertums.
Von Abraham wird in Vers 6 gesagt, dass er die Verheißungen hat. Die Juden, die sich nach Hebräer 6:17 als Losteilinhaber der Verheißung mit Abraham in dieser Weise verbunden wissen, werden aufgrund der Unverrückbarkeit des Verheißungsratschlusses Gottes die Rettung erlangen (Heb.6:9). Die Rettung geschieht aus Glauben, und zwar damit sie der Gnade gemäß sei und die Verheißung dem Samen Abrahams bestätigt und zugesichert werde (Röm.4:16). Da es Gnade ist, also nichts vom Menschen abhängt, wird die Verheißung erfüllt werden.
Melchisedek hatte Abraham gesegnet. Damit sind aber auch die Leviten von einem Höheren gesegnet. Lesen wir dazu Vers 7: »Ohne jeden Widerspruch aber wird der Geringere von dem Besseren gesegnet.«
Weiter heißt es in den Versen 8 bis 10: »Und hier erhalten sterbliche Menschen die Zehnten, dort aber einer, dem bezeugt wird, dass er lebt. Und sozusagen ist durch Abraham auch von Levi, der den Zehnten nimmt, der Zehnte genommen worden; denn er war noch in der Lende des Vaters, als Melchisedek ihm entgegenkam.« Ja, sogar Levi hat den Zehnten einem Besseren gegeben, Melchisedek, dem bezeugt wird, dass er lebt. Er lebt im Sinne von Vers 3, wonach er im Bericht keinen Abschluss seines Lebens hat.
Keine Vollendung durch das levitische Priestertum
Das levitische Priestertum ist dem melchisedek’schen auch unter dem Gesichtspunkt unterlegen, dass es nichts zum Ziel bringt, wie im nächsten Abschnitt zu lesen: »Wenn es nun eine Vollendung durch das levitische Priestertum gäbe (denn das Volk wurde von ihm unter das Gesetz getan), warum wäre es dann noch nötig, dass ein Priester anderer Art, nach der Ordnung Melchisedeks, auftrete und nicht einer nach der Ordnung Aarons benannt würde? Denn wenn das Priestertum umgestellt wird, wird auch eine Umstellung des Gesetzes notwendig; denn der, auf den sich dies bezieht [Jesus], gehörte zu einem anderen Stamm, von dem niemand Altardienst zu tun hatte. Denn es ist allseits offenkundig, dass unser Herr aus Juda aufgegangen ist, zu welchem Stamm Mose nichts die Priester Betreffendes gesprochen hat« (Verse 11-14). Die Leviten hatten dem Volk das Gesetz zu lehren (5.Mose 17:11). Dieses konnte aber niemanden vollkommen machen, denn durch das Gesetz kommt ja nur Erkenntnis der Sünde (Röm.3:20). Wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz käme, wäre Christus ohne Grund gestorben (Gal.2:21). Nun aber ist die Gerechtigkeit gekommen, und zwar durch Christus, den völlig anderen Priester. Daraus folgt auch die Umstellung des Gesetzes. Durch was für ein Gesetz wird man denn nun gerechtfertigt? Durch das der Werke? Nein! Sondern durch das Gesetz des Glaubens (Röm.3:27)! Das auf Jesus umgestellte Gesetz wird im kommenden Königreichsäon von dem wiedergezeugten und gläubigen Israel gehalten werden (Hes.11:19; 37:24).
Nach der Kraft unauflöslichen Lebens
Der Autor fügt hinzu: »Und dies wird darüber hinaus noch unverkennbarer, wenn in der Gleichheit Melchisedeks ein Priester anderer Art aufgestellt wird, der es nicht nach dem Gesetz eines fleischernen Gebotes geworden ist, sondern nach der Kraft unauflöslichen Lebens. Denn Ihm wird bezeugt: Du bist Priester für den Äon nach der Ordnung Melchisedeks« (Verse 15-17). Fleischern war das Gebot, erkennbar nach Hebräer 9:9,10 an den Nahegaben und Opfern, die nur in Speisen und Getränken, mehr oder weniger vorzüglichen Taufen und anderen Rechtssatzungen für das Fleisch bestanden und den Darbringenden im Hinblick auf sein Gewissen nicht vollenden konnten. Kraftvoll ist aber der Priester nach der Ordnung Melchisedeks, dessen, der lebt, denn Jesus Christus hat unauflösliches Leben. Nur Sein lebendig machender Geist führt in die Vollendung ein.
Das Gesetz konnte nichts vollenden
Die Konsequenz aus all diesem finden wir in den Versen 18 und 19: »Denn damit tritt eine Ablehnung des vorhergehenden Gebotes wegen seiner Schwachheit und Nutzlosigkeit ein; denn das Gesetz konnte nichts vollenden. Es ist aber die Einführung einer besseren Erwartung, durch die wir Gott nahe kommen.« Das vorhergehende, mithin überholte Gebot wird abgelehnt, das heißt vom Wortstamm her: hat keinen Sitz mehr, ist also des Platzes verwiesen. Radikaler kann das Urteil gar nicht sein. Auch die Begründung lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: schwach und nutzlos ist es. Es zeigte nur die außerordentliche Sündhaftigkeit der Sünde auf (Röm.7:13), vermittelte dem Menschen aber keine Kraft zur Ausführung des Guten. Wer aber nicht mehr dem Gesetz zu eigen ist, sondern dem Christus, wird nicht mehr länger in der Altheit des Buchstabens zu leben suchen, sondern in Neuheit des Geistes sklaven (Röm.7:4,6; 8:3).
Allein durch die bessere Erwartung, die inzwischen eingeführt ist, können die Juden Gott nahe kommen. Jesus Christus Selbst und Er allein ist die bessere Erwartung, Er, der gesagt hat: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben [im Sinne von: Ich bin der wahre und lebendige Weg]; niemand kommt zum Vater außer durch Mich« (Joh.14:6). »Denn die Vollendung des Gesetzes ist Christus, zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt« (Röm.10:4).
Auch aufgrund des Eidschwurs überlegen
Im Zusammenhang mit der Einführung der besseren Erwartung lesen wir in den Versen 20 bis 22: »Und insofern das nicht ohne Eidschwur geschah (denn diese sind ohne Eidschwur Priester geworden, Er dagegen mit einem Eidschwur durch den, der zu Ihm sagt: Der Herr hat geschworen, und Er wird es nicht bereuen: Du bist Priester für den Äon nach der Ordnung Melchisedeks -), um so viel mehr ist Jesus auch eines besseren Bundes Bürge geworden.« Die neue Priesterordnung ist der alten mithin auch deshalb überlegen, weil sie durch einen Eidschwur eingesetzt wurde, der hier zum dritten Mal im Hebräerbrief in majestätischer Weise zitiert wird.
Jesus ist damit auch eines besseren Bundes Bürge oder Garant geworden. Auf diesen Bund kommt der Verfasser des Hebräerbriefs insbesondere in den Kapiteln 8:6-10 und 9:15-20 des Näheren zu sprechen, weshalb an dieser Stelle nicht darauf eingegangen werden soll.
Überlegen, weil bleibend
Das Priestertum Christi ist dem levitischen des Weiteren überlegen, weil es für den kommenden Äon bleibend ist. Dies wird in den Versen 23 bis 25 dargestellt: »Von jenen sind mehr als viele Priester geworden, weil ihnen vom Tod zu bleiben verwehrt wurde; Er aber hat, weil Er für den Äon bleibt. ein unantastbares Priestertum, weswegen Er auch die völlig retten kann, die durch Ihn zu Gott kommen, weil Er immerdar lebt, um Sich für sie zu verwenden.« Jesus Christus hat ein unantastbares Priestertum, ein nicht mit dem Tod endendes, unwandelbares, unübertragbares und unfehlbares, da es laut Vers 16 »gemäß der Kraft unauflöslichen Lebens« besteht. Dies ist die Ursache dafür, dass Seine Rettung eine völlige, eine zum vollen Ende gebrachte ist. Eines weiteren Rettungsaktes bedarf es nicht mehr. Das gilt allen, die durch Ihn, den einen und einzigen Mittler zwischen Gott und Menschen, der Sich Selbst für alle anstatt eines Lösegeldes dahingegeben hat (1.Tim.2:5), zu Gott kommen.
Mögen die Juden nun aber auch kommen und mit Freimut zum Thron der Gnade treten, damit sie Erbarmen erhalten und Gnade finden mögen zu rechtzeitiger Hilfe, wie es in Hebräer 4:16 heißt. Und nochmals werden sie mit Kapitel 10:19 bis 22 aufgefordert: »Da wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu Freimut haben zum Eintritt in die heiligen Stätten, den Er uns eingeweiht hat (dazu wurde Er geschlachtet und ist nun ein lebendiger Weg durch den Vorhang hindurch, dies ist Sein Fleisch), und da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben, so lasst uns mit wahrhaftem Herzen herzukommen, in Vollgewissheit des Glaubens ...«
Jesus Christus lebt für immer, um Sich für sie zu verwenden, so wie Er es am Abend vor Seinem Tode tat, als Er Seinen Vater für sie ersuchte (Joh.17:9), und wir aus Römer 8:26 und 34 wissen, dass Sein Geist sich gottgemäß, das heißt Gottes Herzen, Gottes Willen und Gottes Zielen gemäß, mit unausgesprochenem Ächzen für uns Heilige verwendet.
Der vollkommene Hohepriester
Mithin kann der Verfasser schreiben (Verse 26 bis 28): »Denn ein solcher Hoherpriester kommt uns auch zu, der huldreich ist, unberührt von üblem Wesen, unentweiht, von den Sündern geschieden und höher als die Himmel erhöht worden, der nicht täglich genötigt ist, wie die Hohenpriester, zuvor für die eigenen Sünden Opfer darzubringen, darauf für die des Volkes; denn dies hat Er [Jesus] ein für allemal getan, indem Er Sich Selbst darbrachte. Denn das Gesetz setzt Menschen zu Hohenpriestern ein, die mit Schwachheit behaftet sind, das Wort des Eidschwurs dagegen, der erst nach dem Gesetz kam, setzt den Sohn ein, der für den Äon vollkommen gemacht ist.« Ja, Jesus Christus ist es, der da voll Wohlwollens ist und von den Sündern getrennt, »denn kein Unrecht tat Er, noch wurde Betrug in Seinem Mund gefunden« (Jes.53:9). Er ist durch die Himmel gedrungen (Heb.4:14) und sitzt zur Rechten Gottes. Er ist »aufgestiegen, hoch über alle Himmel, um das All zu vervollständigen« (Eph.4:10). Er wohnt inmitten der überhimmlischen Regionen in einem unzugänglichen Licht, wo Ihn niemand gewahren kann (1.Tim.6:16). Für diese Regionen übrigens werden wir tauglich gemacht, nämlich für unser Losanteil im Licht (Kol.1:12).
Das Wort »täglich« ist sicherlich nicht buchstäblich zu nehmen, denn der Hohepriester brachte nur am Tag der Beschirmungen zuerst für sich und dann für das Volk Sündopfer dar (3.Mose 16:6,11), sondern demnach wohl in der Zusammenschau mit den täglichen Nahegaben (Aufsteignahungen, Brandopfer) zu verstehen. Jesus aber brachte Sich selbst ein für allemal dar und wurde durch dieses Sein Leiden vollkommen gemacht (oder: vollendet) (Heb.2:10; 5:9).
Wohl hatte das Gesetz die Priester eingesetzt, aber eben für’s Erste und Vorübergehende; dann aber geschah Jahrhunderte später mit Psalm 110:4 das prophetische Wort und der Eidschwur: »Du bist Priester für den Äon nach der Ordnung Melchisedeks!«
Die Summe des Gesagten
»Die Summe aber des Gesagten ist: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln sitzt, ein Amtsträger der heiligen Stätten, des wahrhaften Stiftszeltes, das der Herr und nicht ein Mensch aufgeschlagen hat« (Heb.8:1,2). Der Autor fasst zusammen: Wir haben einen überaus herrlichen Hohenpriester. Diese in den vorhergehenden Kapiteln begründete Aussage leitet über zu der Bekundung, dass dieser Hohepriester somit auch ein vorzüglicheres Priesteramt erlangt hat sowie des Weiteren der Mittler eines besseren Bundes geworden ist (Heb.8:2,6).
Zur Rechten der Majestät in den Höhen sitzt der Sohn Gottes, nachdem Er die Reinigung von den Sünden vollbracht hat (Heb.1:3). Zur rechten Hand zu sitzen, bedeutet, den ehrenvollsten Platz einzunehmen. Jesu Sitzen drückt Ruhe nach vollbrachtem Werk aus. Im Tempel dagegen gab es keine Sitze.
Jesus Christus ist so hoch erhöht, dass Er Sein vortreffliches, in eine höhere Vollendung bringendes Priesteramt in den Himmeln ausübt. Vor Gott, vor dem Angesicht Gottes, verwendet Er Sich für die Gläubigen (Röm.8:34). Er ist der Amtsträger der heiligen Stätten in den Himmeln. Dort befindet sich das wahre, originale Stiftszelt. Der Verfasser führt die Briefempfänger, die er in Hebräer 3:1 als Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung bezeichnet hat, mit diesen Feststellungen vom irdischen Stiftszelt weg und zum überhimmlischen hin. Sie werden in den beiden kommenden Äonen inmitten der überhimmlischen Geschöpfe niedergesetzt sein (Eph.2:6). Das überhimmlische Jerusalem ist ihre künftige Heimat (Heb.12:22).
So darf ihnen zugerufen werden: »Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden!« (Kol.3:2).
Ein vorzüglicheres Priesteramt
Der levitische Dienst ist dagegen nur ein Schatten des überhimmlischen Dienstes Jesu Christi. Dies wird in den Versen 3 bis 5 dargelegt: »Denn jeder Hohepriester wird eingesetzt, um Nahegaben wie auch Opfer darzubringen; deswegen ist es nötig, dass auch dieser [Jesus] etwas habe, was Er darbringen kann. Wenn Er nun auf Erden wäre, würde Er nicht einmal Priester sein, weil hier schon Priester sind, die gemäß dem Gesetz die Nahegaben darbringen; diese verrichten Gottesdienst am Beispiel und Schatten der Überhimmlischen, so wie Mose Weisung erhielt, als er im Begriff war, das Stiftszelt zu vollenden. Denn siehe zu, erklärte Er [Jewe] ihm, alles wirst du nach dem Vorbild machen, das dir auf dem Berg gezeigt wurde (2.Mose 25:9,40; Ap.7:44).«
Was unser Herr Jesus Christus hat, um es darzubringen, ist Er Selbst, das vollkommene Opfer (Heb.7:27). Dies erinnert uns an Seine Ankündigung: »Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgestiegen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er leben für den Äon. Das Brot aber, das Ich für das Leben der Welt geben werde, ist Mein Fleisch« (Joh.6:51). Er Selbst ist es auch, der Sich auch weiterhin, und zwar im wahrhaften, überhimmlischen Stiftszelt, das heißt in der unmittelbaren Gegenwart Gottes, für die Heiligen verwendet.
Die auf der Erde verrichten Gottesdienst allerdings nur am Beispiel und Schatten des Überhimmlischen. Die Form und die Materialien des irdischen Stiftszeltes und seiner Geräte waren Beispiele, das heißt unterrichtende und belehrende Abbilder der geistlichen Wirklichkeit, die wiederum Ausdruck der Herrlichkeit Christi ist. Das Stiftszelt war des Weiteren in all seiner Pracht ein Schatten, ein blasses, nur die Umrisse zeigendes Abbild des wahrhaften Zeltes. Gleicherweise war das Gesetz nach Hebräer 10:1 nur der Schatten des zukünftigen Guten, nicht aber das Bild der Tatsachen selbst. Dementsprechend werden die darzubringenden Speisen und Getränke, die Feste, Neumonde und Sabbate in Kolosser 2:17 als Schattenbilder zukünftiger Dinge bezeichnet.
Nach alledem darf abschließend festgestellt werden, dass das melchisedek’sche Priestertum in jeder Hinsicht erhabener als das levitische ist. Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist der überaus herrliche Hohepriester. Es gilt, mit Ihm verbunden zu sein, mit Ihm allein, und nicht länger mit Gesetzeswerken.
(Hebräer 8:6-9:22)
Die Kapitel 7:1 bis 10:18 des Hebräerbriefs legen dar, dass Jesu Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks dem levitischen, das nach dem Gesetz vollzogen wird, weit überlegen ist. Jesus Christus Selbst ist größer als ein Priester aus der Linie Aarons (Heb.7:1-28). Auch Sein Amt ist vorzüglicher (Heb.8:1-6). Des Weiteren ist Jesus Christus der Mittler eines besseren Bundes als des alten (Heb.8:6-9:22), und zwar aufgrund Seines besseren Opfers (Heb.9:23-10:18).
Der am Berg Sinai geschlossene Bund Gottes mit Israel war elementarer Bestandteil ihres Glaubensgutes. Sie haben diesen Bund gebrochen, Gott aber hat einen neuen verheißen. Dieser kann nur in Christi Blut bestehen. Dass Jesus der Bürge dieses als besser bezeichneten Bundes ist, hängt damit zusammen, dass Er durch den Eidschwur Gottes: »Du bist Priester für den Äon nach der Ordnung Melchisedeks!« (Ps.110:4) Hoherpriester für den kommenden Königreichsäon geworden ist (Heb.7:22).
Der Verfasser hat in Hebräer 8:1 bis 5 dargestellt, dass Jesus ein vorzüglicheres
Priesteramt erhalten hat, weil Er Amtsträger der heiligen Stätten in den
Himmeln, Amtierender im wahrhaften, überhimmlischen Stiftszelt, ist. Jesu
Priesteramt ist aber auch aus einem weiteren Grund überragend, wie wir aus Vers
6 erfahren: »Nun aber hat Er ein um so vorzüglicheres Priesteramt erlangt,
insofern als Er auch Mittler eines besseren Bundes ist, der aufgrund besserer
Verheißungen eingesetzt ist.« Jesu Priesteramt ist somit auch deshalb vorzüglicher,
in eine höhere Vollendung bringend, weil Er der Mittler des besseren Bundes
ist. Die diesbezüglichen Verheißungen sind wertvoller als manche anderen
Weissagungen.
Niemals stehen wir Menschen in einem unmittelbaren Verhältnis zu Gott.
Stets ist der Sohn Gottes, unser Herr Jesus Christus, der Mittler. Durch Ihn
wurde das All erschaffen (Joh.1:3,10; Kol.1:16), durch Ihn die Freilösung
erwirkt, durch Ihn wird alles vollendet (Kol.1:20), durch Ihn nur können wir
zum Beispiel auch unser Gebet an unseren Gott und Vater richten (Kol.3:17; Röm.8:26).
»Denn Gott ist einer, ebenso ist einer auch Mittler zwischen Gott und Menschen,
der Mensch Christus Jesus, der Sich Selbst für alle anstatt eines Lösegeldes
gegeben hat« (1.Tim.2:5,6). Es gibt nur diesen einen, einzigen Mittler. Sich
dieses Amt anmaßende Menschen sind Betrüger. Auch des zweiten Bundes Gottes
mit Israel Mittler ist Er.
Vers 7 stellt nüchtern fest: »Denn wenn jener erste Bund untadelig wäre,
so würde keine Stätte für einen zweiten gesucht worden sein.« Der erste Bund
war heilig, gerecht und gut (Röm.7:12), gleichwohl aber schwach und nutzlos,
weil er nichts vollenden konnte (Heb.7:18,19). Aber das dem Gesetz Unmögliche,
worin es durch das Fleisch schwach war, vollbrachte Gott: Seinen eigenen Sohn in
der Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und um der Sünde willen sendend,
verurteilte Er die Sünde im Fleisch Seines Sohnes, damit die Rechtsforderung
des Gesetzes in uns erfüllt werde, die wir nicht fleischgemäß wandeln,
sondern geistgemäß (Röm.8:3,4).
Das Wort der Verheißung eines neuen Bundes steht bei Jeremia im Kapitel
31:31-34 und wird hier in den Versen 8 bis 12 zitiert. Wir lesen zunächst die
ersten zwei: »Denn tadelnd sagt Er zu ihnen: Siehe, es kommen Tage, sagt der
Herr, da werde Ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund
abschließen, nicht wie der Bund, den Ich mit ihren Vätern geschlossen habe an
dem Tag, als Ich ihre Hand ergriff, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen;
denn sie blieben nicht in Meinem Bund, und Ich habe Mich nicht mehr um sie gekümmert,
sagt der Herr.« Wohl wird zwischen dem Haus Israel, den in die assyrische
Gefangenschaft weggeführten zehn Nordstämmen, und dem Haus Juda, den zwei Südstämmen
(diese sind Juda und Benjamin), unterschieden, in der Zukunft aber werden sie
ein Volk und eine Nation sein (Jer.31:33,36). Beide Häuser waren dem Bund nicht
treu geblieben. Von Israel heißt es zum Beispiel, dass sie den Nationen
nachliefen und hinter Nichtigem hergingen - und dabei selber nichtig wurden (2.Kön.17:15).
Der neue Bund unterscheidet sich wesentlich von dem alten, denn sie werden ihn erfüllen. In den Versen 10 bis 12 erfahren wir warum: »Dies aber ist der Bund, den Ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde, sagt der Herr: Ich werde Meine Gesetze in ihre Denkart geben und sie auf ihre Herzen schreiben, und Ich werde ihnen zum Gott sein, und sie werden Mir zum Volk sein. Dann wird keinesfalls ein jeder seinen Mitbürger und ein jeder seinen Bruder belehren wollen und sagen: Erkenne den Herrn! Denn alle werden mit Mir vertraut sein, vom Kleinen bis zum Großen unter ihnen. Denn Ich werde ihrer Ungerechtigkeit versühnt sein und ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten keinesfalls noch länger gedenken.«
Allein Gottes Eingreifen ist es! Allein durch Gottes Geist werden sie völlig
neu werden! Wie es auch bei Hesekiel geschrieben steht: Ich werde ihnen ein
neues Herz und einen neuen Geist geben, und sie werden in Meinen Ordnungen leben
und Meine Rechtssatzungen bewahren (Hes.11:19). Sie werden Jewes heiligen Namen
nicht mehr entweihen (Hes.20:39).
Als Bund kann man einen solchen Segen kaum mehr bezeichnen, denn Israel
tut weder etwas zum Vertragsabschluss noch geht es Verpflichtungen ein. Der Bund
ist ein reines Gnadengeschenk Gottes.
Und welch eine innige Beziehung wird zwischen Gott und Israel herrschen,
wenn sie Ihn wirklich zu ihrem Gott, zum alleinigen Verfüger und Vater haben,
dessen Weisungen sie freudig beachten. Vertraut werden sie mit Ihm sein, wie
unser Herr erbeten hatte: »Wie Du, Vater, in Mir bist und Ich in Dir, so mögen
auch sie in Uns sein, damit die Welt glaube, dass Du Mich ausgesandt hast«
(Joh.17:21). »Sie werden alle von Gott gelehrt sein« (Jes.54:13; Joh.6:45);
der gegenseitigen Belehrung bedarf es dann nicht mehr.
Das Fazit finden wir in Vers 13: »Indem Er sagt: einen neuen -, hat Er den ersten für veraltet erklärt; was aber veraltet und greisenhaft wird, ist dem Verschwinden nahe.« Veraltet - richtet euren Blick somit auf den neuen Bund, ja besser noch - wie es der Intention des Hebräerbriefs entspricht - auf das wahrhafte Stiftszelt in den Himmeln, auf den Hohenpriester und Amtsträger Jesus Christus inmitten der Überhimmlischen (Heb.8:1,2 10:19), habt ihr doch eine überhimmlische Berufung (Heb.3:1). Dem Verschwinden nahe - neun Jahre nach dieser Ankündigung war seit der Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch Titus am 26.9.70 nichts mehr vom alten Bund zu sehen.
Wie sonderbar mutet uns da an, was Jakobus und die Ältesten in Jerusalem
Paulus nach der Rückkehr von der dritten Missionsreise im Jahre 56 mitteilten:
»Du schaust, Bruder, wie viel Zehntausende unter den Juden gläubig geworden
sind, und sie alle gehören zu den Eiferern für das Gesetz« (Ap.21:20). Wenn
dies auch damals noch berechtigt war, so liegt es dennoch nicht auf der Linie
des geistlichen Wachstums, sondern des Fleisches.
Mit den Versen 1 bis 5 des neunten Kapitels beschreibt der Autor nun die Satzungen des Heiligtums und zeigt in der Form eines Rückblicks auf, wie irdisch sie waren, sodass der Kontrast zu dem viel höheren Dienst Jesu deutlich wird: »Es hatte nun zwar auch der erste Bund gottesdienstliche Rechtssatzungen und das weltliche Heiligtum; denn es wurde das erste Zelt errichtet, in dem der Leuchter wie auch der Tisch und die Schaubrote waren, welches das Heilige genannt wird (2.Mose 40:22-24). Hinter dem zweiten Vorhang aber war das [zweite] Zelt, das Heilige der Heiligen genannt, wo sich das goldene Räucherfass befand und die überall mit Gold bedeckte Bundeslade, in der die goldene Urne mit dem Manna war und der Stab Aarons, der gekeimt hatte, dazu die Tafeln des Bundes. Oben, über ihr, aber waren die Cherubim der Herrlichkeit, die den Sühnedeckel überschatteten, über welche nun nicht im Einzelnen zu reden ist« (2.Mose 25:10-22).
Auch wir wollen nicht über die Einzelheiten reden; sie können im 2.
Buch Mose nachgelesen werden. Zum goldenen Räucherfass sei aber angemerkt, dass
es sich nicht um den Räucheraltar handelt, der im Heiligen stand, sondern um
das Gerät, mit dem der Hohepriester am Tag der Beschirmungen in das Heilige der
Heiligen hineinging, um dort zu räuchern (3.Mose 16:12). Das Räucherfass
befand sich also nur an diesem Tag dort. (Im Deutschen wird das Heilige der
Heiligen landläufig als Allerheiligstes bezeichnet.) - Zu den Cherubim sei kurz
erklärt, dass sie höchstrangige Geistwesen in Gottes Nähe sind, die eine
Mehrzahl von Wesen vertreten (1.Mose 3:24; Hes.1:10; Off.4:6-8).
Wie unvollkommen der erste Bund war, wird an den Versen 6 bis 10 sehr deutlich: »Seit dies so errichtet worden ist, gehen zwar die Priester allezeit in das erste Zelt zur Vollbringung der Gottesdienste hinein, in das zweite aber geht einmal im Jahr der Hohepriester allein, nicht ohne Blut, das er für sich selbst und die Versehen des Volkes darbringt« (Verse 6+7). Schon die Trennung in ein erstes und ein zweites Zelt weist auf die Unvollkommenheit hin. Und nur einmal im Jahr konnte nur ein einziger Mensch in die Wohnstätte Gottes eintreten. Außerdem musste der Hohepriester, bevor er am Tag der Beschirmungen überhaupt für das Volk tätig werden konnte, zuerst Opfer der eigenen Sünden wegen darbringen (Heb.5:3; 3.Mose 16:6,15). Bei allem erlangte das Volk nur für versehentliche Sünden Vergebung (3.Mose 4; 4.Mose 15:22-31; Ap.3:17; 13:39; Heb.10:26), keinesfalls aber für absichtlich begangene, denn so steht in 4.Mose 15:30,31 geschrieben: »Aber die Seele, die mit erhobener Hand handelt [also vorsätzlich] ..., die lästert Jewe; und diese Seele soll ausgerottet werden aus der Mitte ihres Volkes, denn das Wort Jewes hat sie verachtet und Sein Gebot aufgehoben ...«
Wir fahren mit Vers 8 fort: »... womit der Geist, der heilige, dies
offenkundig macht, dass der Weg zu den heiligen Stätten noch nicht offenbart
ist, solange das erste Zelt noch Bestand hat, das ein Gleichnis für die gegenwärtige
Frist ist, nach dem Nahegaben wie auch Opfer dargebracht werden, doch können
sie den Gottesdienst Darbringenden nicht vollkommen machen, was das Gewissen
betrifft, da sie nur in Speisen, Getränken, mehr oder weniger vorzüglichen
Taufen und Rechtssatzungen für das Fleisch bis zur Frist der Zurechtbringung
auferlegt sind.« Noch steht das erste Zelt, der Tempel; er ist dem Verschwinden
nahe. Da er ein Gleichnis für die gegenwärtige Frist ist, ist auch diese dem
Verschwinden nahe. Wie kann der Verfasser im Jahre 61 dieses Wort von der gegenwärtigen
Frist schreiben? Die dem Apostel Paulus gegebene heilsgeschichtliche Verwaltung
der Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25), in der wir im Geist Gottesdienst
darbringen (Phil.3:3), hatte doch gerade begonnen! Die im Hebräerbrief gemeinte
Frist ist aber noch gegenwärtig, insofern der alte Bund noch praktiziert wird.
Der Verfasser macht aber in den nächsten Versen deutlich, dass diese Frist
geistlicherweise durch das Opfer Jesu Christi längst überholt ist. Wer auf den
Tempel blickt, für den ist der Weg zu dem hinter dicken Vorhängen verborgenen
Gott nicht offen. Wer aber auf Jesus Christus blickt, der sieht den zerrissenen
Vorhang, erkennt den Herrn als den lebendigen Weg durch den Vorhang hindurch und
tritt in die heiligen Stätten ein (Heb.10:19,20).
Schon im Jahre 49 hatte Paulus geschrieben: »Hagar heißt ja auch in
Arabien der Berg Sinai; sie steht also in einer Reihe mit dem jetzigen
Jerusalem, weil dieses mit seinen Kindern versklavt ist. Das Jerusalem droben
aber ist frei: das ist unser aller Mutter« (Gal.4:25,26).
Das erste Zelt, nach dem Nahegaben wie auch Opfer dargebracht werden, und
zwar zum Beispiel Speisen (3.Mose 11:2) und Getränke, nach dem Taufen - diese
sind die in 3.Mose 15 beschriebenen Waschungen - zu vollziehen waren - der alte
Bund, nach dem Rechtssatzungen für das Fleisch (4.Mose 19:13) oder: des
Fleisches wegen zu beachten waren, konnte nichts vollenden (Heb.7:19). Wohl trug
Gott die Sünde in Seiner Tragkraft, »denn unmöglich nimmt das Blut der Stiere
und Böcke Sünden hinweg« (Heb.10:4), wohl beschirmte das Tierblut vor dem
Zorn Gottes, wohl hatte der Israelit in diesem Sinne Erlassung (oder: Vergebung)
der Sünden, aber das Gewissen des Darbringenden wurde nicht vollkommen von dem
Vorwurf der Schuld befreit. In Hebräer 13:9 heißt es dazu: »Es ist trefflich,
das Herz in der Gnade stetig zu machen, nicht durch Speisen, mit denen den darin
Wandelnden nicht genützt werden kann.«
»Bis zur Frist der Zurechtbringung« oder mit den Worten des Mose: »als
äonische Satzung« (2.Mose 12:14; 27:21; 29:9; 3.Mose 3:17; 6:11 u. a.) sind
die Nahegaben und Opfer darzubringen. Der Begriff »Zurechtbringung« besagt,
dass etwas durch und durch richtiggestellt, durch und durch in die richtige
Ordnung gebracht wird. Die Zurechtbringung aller Dinge - ermöglicht durch das
Opfer Jesu Christi - erfolgt im letzten Äon, dem fünften, dem der neuen Erde
und des neuen Himmels (Off.21:1,3,5; 22;2). Bis dahin, also während des
tausendjährigen Königreichs Israels, während des vierten, des Königreichsäons,
sind die Vorschriften des Gesetzes nach Maßgabe der Kapitel 40 bis 46 des
Buches Hesekiel und der Umstellung des Priesterdienstes von der levitischen auf
die melchisedek’sche Ordnung zu befolgen.
»Christus aber«, so dürfen wir erfreut weiterlesen, »kam als Hoherpriester des zukünftigen Guten und ging durch das größere und vollkommenere Zelt (das nicht mit Händen gemacht, das heißt nicht von dieser Schöpfung ist, auch nicht durch das Blut von Böcken und Kälbern, sondern durch Sein eigenes Blut) ein für allemal in die heiligen Stätten ein und erfand so eine äonische Erlösung« (Verse 11+12). Ein für allemal war Christus mit seinem eigenen Blut in das wahrhafte, überhimmlische Stiftszelt gegangen, das das Vorbild für Moses irdisches Zelt ist (2.Mose 25:40; Heb.8:2,5). »Was Er starb, das starb Er der Sünde ein für allemal« (Röm.6:10).
So erwirkte Er eine äonische Erlösung. Sie bezieht sich auf die vielen
Menschen, die bereits während der Äonen erlöst werden, wie unser Herr in
Matthäus 20:28 sagte: »Der Sohn des Menschen kam nicht, um bedient zu werden,
sondern um zu dienen und Seine Seele als Lösegeld für viele zu geben.« Denn
beim Abschluss der Äonen werden alle gerettet, ebenso wie im Jobeljahr Israels,
dem fünfzigsten Jahr (3.Mose 25:8-55), alle Schuldner frei ausgingen; wer früher
frei werden wollte, musste ein Lösegeld bezahlen oder brauchte einen Löser,
der für ihn zahlte. Wohl gab unser Herr Jesus Christus Sich auch anstatt eines
Lösegeldes für alle dahin (1.Tim.2:6), damit alle gerettet werden, an unserer
Bibelstelle aber geht es nur um die Erlösung im Verlauf der Äonen.
Diese Erlösung wirkt sich nach den Versen 13 und 14 auch auf das Gewissen aus und ermöglicht den wahren Gottesdienst: »Denn wenn das Blut der Böcke und Stiere und die Asche der Färse, womit man die Gemeingemachten besprengte, zur Reinheit des Fleisches heiligt, wie viel mehr wird das Blut des Christus, der Sich Selbst durch äonischen Geist makellos Gott darbrachte, euer Gewissen von toten Werken reinigen, um dem lebendigen und wahrhaften Gott Gottesdienst darzubringen!« (Eine Färse ist eine junge Kuh, die noch nicht gekalbt hat; 4.Mose 19:9). Durch äonischen Geist, das heißt in der Kraft des in allen Äonen wirkenden Geistes Gottes, hat Christus Sich Gott dargebracht. Dementsprechend sind die Glaubenden jetzt befähigt, in der Kraft dieses Geistes dem lebendigen und wahrhaften Gott zu sklaven.
Da Christus durch Seine Selbstdahingabe die Reinigung von den Sünden
vollbracht hat (Heb.1:3), ist das Gewissen nun aber auch von jeder Selbstanklage
völlig befreit.
Auf Jesu Selbstdarbringung beruht selbstverständlich auch der bessere Bund, wie in den Versen 15 bis 17 ausgeführt wird: »Deshalb ist Er auch eines neuen Bundes Mittler, damit aufgrund eines Todes, geschehen zur Freilösung der Übertretungen unter dem ersten Bund, die Berufenen die Verheißung des äonischen Losteils erhalten mögen. Denn wo ein Bund vorliegt, ist es notwendig, dass der Todesbeweis des Bundesopfers erbracht wird; denn ein Bund wird nur über toten Opfern bestätigt, weil er nichts vermag, wenn das Bundesopfer lebt.«
Ein
Bund wurde über toten Tieren geschlossen, zwischen deren Hälften man
hindurchging, um auszudrücken, dass man dem Tode verfalle, wenn man die
Vereinbarungen nicht einhält. Auf diese Weise schloss Jewe mit Abraham den Bund
hinsichtlich des Israel verheißenen Landes. Jewe war aber allein durch die
Tierstücke hindurchgegangen, sodass Abraham keine Verpflichtung eingegangen war
(1.Mose 15:7-21). Vgl. Jeremia 34:18.
Es war für viele Juden ein Rätsel, ja ein Ärgernis, dass ihr lang
ersehnter Messias zu Tode gebracht worden war. Warum war das notwendig? Hier ist
die Antwort: Weil sonst der neue Bund gar nicht zustande gekommen wäre.
Aufgrund Seines Todes wurde unser Herr Jesus Christus der Mittler des neuen
Bundes Gottes mit Israel.
Sein Tod geschah zur Freilösung der Übertretungen unter dem alten Bund,
der ja nichts vollenden konnte (Heb.7:19; 9:9). Der Begriff »Freilösung«, im
Griechischen das Wort »Erlösung« mit einer verstärkenden Vorsilbe, meint
eine völlige Erlösung, die hier darin besteht, dass die Gläubigen ihr äonisches
Losteil erhalten, das Leben im Königreichsäon Israels und ihr Segens- und
Aufgabengebiet darin.
»Deswegen«, und zwar weil ein Bund nichts vermag, wenn das Bundesopfer lebt, »wurde auch der erste Bund«, so lesen wir in den Versen 18 bis 22, »nicht ohne Blut eingeweiht; denn nachdem jedes Gebot nach dem Gesetz durch Mose zu dem gesamten Volk gesprochen war, nahm er das Blut der Kälber und Böcke mit Wasser und Scharlachwolle und Ysop, besprengte die Schriftrolle selbst wie auch das gesamte Volk und sagte: Dies ist das Blut des Bundes, den Gott euch geboten hat. Aber auch das Zelt und alle Amtsgeräte besprengte er gleicherweise mit dem Blut. Beinahe alles wird nach dem Gesetz durch Blut gereinigt; ohne Blutvergießen erfolgt keine Vergebung.« Diese Worte geben wieder, was in 2.Mose 24:3 bis 8 geschrieben steht (vgl. 3.Mose 16:14-19). Mithin steht fest, dass das Blut Jesu zur Stiftung des neuen Bundes ausgegossen werden musste. Dass es ohne Blutvergießen keine Vergebung gibt, war im alten Bund so und bleibt weiterhin gültig.
In diesem Zusammenhang ist 3.Mose 17:11 heranzuziehen: »Die Seele des Fleisches, sie ist im Blut, und Ich Selbst habe es euch gegeben, auf dem Altar eine Beschirmung über eure Seelen zu erwirken, denn das Blut ist es, das durch die Seele in ihm beschirmt.« Die Seele ist im Blut - dies besagt, dass das gesamte Bewusststein, alle Sinne und Empfindungen des Menschen vorhanden sind, also die Seele, wenn dass Blut zirkuliert. Da Sünden Schmerzen verursacht haben, können sie nur durch Schmerzen gesühnt werden. Es gibt ohnehin keine Sühnung ohne Schmerzen. Schmerzen leidet man insbesondere beim Ausgießen des Blutes. Das Blut ist somit das beste Mittel zur Sühnung der Sünden. Die Ausgießung des Blutes bewirkt daher eine Beschirmung vor der Strafe aufgrund der erfolgten Sühnung.
Mögen die Hebräer aber nicht länger auf die Tieropfer blicken, sondern auf Jesus Christus, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt (Joh.1:29). Sein Blut, oder wie in 1.Johannes 2:2 zu lesen, »Er ist die Sühne für unsere Sünden; nicht allein aber für die unsrigen [Israels], sondern auch für die der ganzen Welt.« Er, der Sohn Gottes, hat den neuen, den besseren Bund begründet, wie Er am Abend vor Seinem Tode sagte: »Trinkt alle daraus! Denn dieses ist Mein Blut des neuen Bundes, das für viele zur Erlassung der Sünden vergossen wird« (Mat.26:28).
(Heb.9:23-10:18)
Die Darstellung der Überlegenheit des melchisedek’schen Priestertums gegenüber dem levitischen ab Kapitel 7:1 des Hebräerbriefs findet ihren Abschluss im Schriftabschnitt von Kapitel 9:23 bis 10:18 mit den Ausführungen über das bessere Opfer, das Opfer Christi.
»Daher«, weil ohne Blutvergießen keine Vergebung erfolgt (Vers 22), »ist es notwendig«, lesen wir in Hebräer 9:23, »dass zwar die Beispiele derer in den Himmeln durch diese Mittel gereinigt werden, die überhimmlischen selbst aber durch bessere Opfer als diese.« Die auf der Erde sichtbaren Beispiele der überhimmlischen Dinge, die unterrichtenden und etwas Aufzeigenden Beispiele für das wahrhafte Stiftszelt, werden durch das Blut der Opfertiere gereinigt (Heb.8:2,5). Die Beispiele bestehen in diesem Fall in einem wenn auch nur schwachen, schattenhaften Abbild des Vorbildes in den Himmeln, nach welchem Mose das irdische Zelt gefertigt hatte (2.Mose 25:40).
Das überhimmlische Zelt aber muss durch ein besseres Opfer gereinigt
werden.
Halten wir inne: Demnach gibt es auch in den Himmeln Sünde. Noch ist
Satan im Himmel (Hiob 1:6). Erst wenn der Botenfürst Michael ihn auf die Erde
herabgeworfen hat, wird seine Stätte im Himmel nicht mehr gefunden
(Off.12:7-9). Und was uns anbelangt, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper
ist, sind wir bereits im Geist inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe
in Christus Jesus niedergesetzt (Eph.2:6). Und dort, inmitten der Überhimmlischen,
sind unsere wahren Feinde, die Weltbeherrscher dieser Finsternis, die
geistlichen Mächte der Bosheit (Eph.6:12).
Es folgt Vers 24: »Denn Christus ging nicht in die von Händen gemachten
heiligen Stätten hinein, die nur Gegenbilder der wahrhaften sind, sondern in
den Himmel selbst, um nun vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen.«
Unser Herr hätte das irdische Heiligtum noch nicht einmal betreten dürfen, da
Er nicht aus dem Stamm Levi ist. Er ging aber in das überhimmlische,
vollkommene Zelt (Heb.9:11) hinein, Sich durch äonischen Geist - den in allen
Äonen wirkenden Geist Gottes - makellos Gott darbringend (Heb.9:14), und
verwendet Sich nun vor dem Angesicht Gottes für die Hebräer (Heb.7:25; vgl. Röm.8:27,34).
Er verwendet Sich gewiss fürbittend, aber auch in der Weise für sie, dass sie
durch Sein Blut Freimut haben mögen, ebenfalls in die heiligen Stätten
einzutreten (Heb.10:19), und ihnen der Lichtglanz der Erkenntnis der
Herrlichkeit Gottes aufleuchte (2.Kor.4:6).
Es schließen sich die Verse 25 und 26 an: »Auch nicht deshalb, um Sich Selbst oftmals darzubringen, so wie der Hohepriester alljährlich in die Heiligen der Heiligen mit fremdem Blut hineingeht; denn sonst hätte Er oftmals von dem Niederwurf der Welt an leiden müssen. Nun aber hat Er Sich einmal (zur Ablehnung der Sünde für den abschließenden Zeitraum der Äonen) durch Sein Opfer offenbart.« Jesu Opfer ist einmalig und vollkommen. Durch Sein eigenes Blut ging Er ein für allemal in das Allerheiligste ein und bewirkte so eine äonische Erlösung (Heb.9:12), die Erlösung vieler im Verlauf der Äonen (Mat.20:28); darüber hinaus auch die Rettung aller.
Es fällt auf, dass die Notwendigkeit eines sühnenden Leidens mit dem
Niederwurf der Welt in Verbindung steht. Der Niederwurf der damaligen Welt
erfolgte durch die Überflutung der ersten, herrlichen Erde, der Erde von
altersher, als sie ein Tohuwabohu und inhaltslos wurde (1.Mose 1:2;
2.Pet.3:5,6). Danach war Finsternis auf der Fläche des überfluteten Chaos.
Bereits vor dem Niederwurf war Jesus als das Lamm erkannt (1.Pet.1:20), war Sein
sühnendes Opfer schon vorgesehen. Demnach gab es Sünde unter den geistlichen
Geschöpfen im Himmel. Vom Niederwurf der Welt an, von dieser ersten
Gerichtskatastrophe an, wird Jesus sodann als geschlachtet gesehen (Off.13:8).
Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass wir, die Glieder der Gemeinde,
die Christi Körper ist, vor jenem ersten Gericht auserwählt wurden (Eph.1:4)
und dementsprechend vor dem endzeitlichen Gericht gerettet werden (Röm.5:9);
der Tag des Herrn mit seiner Finsternis, der wie ein Dieb kommt, kann uns nicht
ergreifen (1.Thess.5:2-5).
Jesu Opfer dient der Ablehnung der Sünde für den abschließenden Zeitraum der Äonen, mit anderen Worten: der Aufhebung oder Beiseitesetzung der Sünde für den Abschluss oder die abschließende Vollendung in den beiden letzten Äonen. In diesen Äonen, die noch kommen werden, wird es, was den tausendjährigen Königreichsäon betrifft, weniger Sünde geben und, was den Äon der neuen Erde anbelangt (Off.21-22:5), praktisch keine mehr.
Die Folge der Darbringung Christi ist die Rettung bei Seinem zweiten Kommen, wie in den Versen 27 und 28 ausgeführt: »Und insofern es den Menschen aufbewahrt ist, einmal zu sterben, nach diesem aber ein Gericht, so wird auch Christus, nachdem Er einmal als Opfer dargebracht war, um die Sünden der Vielen hinaufzutragen, zum zweiten Mal ohne Sünde denen erscheinen, die auf Ihn warten, zur Rettung durch Glauben.« Entsprechend der allgemeinen Aussage, dass die Menschen zum einen sterben und zum zweiten vor dem Gericht erscheinen müssen (die Gläubigen ausgenommen; sie haben äonisches Leben und kommen nicht in das Gericht vor dem großen, weißen Thron; Joh.5:24), so ist auch Christus zum einen gestorben, dabei die Sünden der Vielen tragend (Jes.53:12) und ans Holz hinauftragend (1.Pet.2:24), zum zweiten aber kommt Er, ohne Sünde zu tragen, sondern die Rettung zu bringen, wieder zu Seinem Volk, und zwar konkret zu denen, die Ihm glauben und auf Ihn warten.
Er wird ihnen erscheinen; sie werden Ihn mit den Augen wahrnehmen. Durch
ihren Glauben, der sich im Festhalten (Heb.3:14) und in der Geduld (Heb.6:12)
erweist, werden sie die Rettung erlangen, das äonische Leben in ihrem äonischen
Losteil (Heb.9:15). Als Mitteilhaber der überhimmlischen Berufung (Heb.3:1)
wird es das überhimmlische Losteil sein (Heb.10:34; 12:22,28).
Der Gesetzesdienst vermag die Gläubigen nicht vollkommen zu machen. Dies wird in Kapitel zehn, Vers 1, festgestellt. »Denn weil das Gesetz nur der Schatten des zukünftigen Guten ist, nicht aber das Bild der Tatsachen selbst, können sie mit ihren alljährlich ein und denselben Opfern, die sie darbringen, niemals die Herzukommenden vollkommen machen.« Das Gesetz ist nicht das Ebenbild der überhimmlischen, geistlichen Tatsachen selbst, sondern nur eine Abschattung des Guten, das in den kommenden Äonen zutage treten wird. Bis dahin aber, bis zur Durchführung, das heißt bis dieses höhere Vollendungsziel erreicht ist - im Leben eines Menschen praktisch bis zum Abschluss des Lebens auf der Erde -, können die Darbringungen nach dem Gesetz einen Menschen keineswegs vollenden, weder im Hinblick auf ein reines Gewissen noch auf seine Heiligung (Heb.7:19; 9:9,14).
»Hätte man sonst«, wird mit Vers 2 gefragt, »nicht mit der
Darbringung aufgehört, wenn die, die den Gottesdienst darbringen, einmal
gereinigt, kein Bewusstsein von Sünden mehr gehabt hätten?« Die Antwort ist:
»Nein, durch sie erfolgt alljährlich eine Erinnerung an Sünden; denn unmöglich
nimmt das Blut der Stiere und Böcke Sünden hinweg« (Verse 3+4). Allein Jesu
Opfer bringt die wirkliche Reinigung, denn Er trug die Sünden hinweg, die das
Blut der Tiere bislang nur bedeckt (oder: beschirmt) hatte. Die Wiederholung der
Opferhandlungen war notwendig, weil den Menschen immer wieder neue Sünden
bewusst wurden. Im Übrigen erinnerte jede Darbringung an längst vergangene Sünden,
weil sie die Gewissenslast nicht völlig fortnehmen konnte. Allein die Gnade
aber befähigt den Gläubigen, einen heiligen Wandel zu führen und keine Sünden
mehr zu begehen, ja seine Heiligkeit in der Furcht Gottes zur Vollendung zu
bringen (Tit.2:12-14; 2.Kor.7:1).
Welch ein kostbares Wort nun doch folgt (Verse 5-10): »Darum sagte Er, als Er in die Welt kam: Opfer und Darbringung willst Du nicht, einen Körper aber passt Du Mir an. An Ganzbrandopfern und solchen für Sünde hast Du kein Wohlgefallen. Dann sagte Ich: Siehe, Ich treffe ein (in der Summe der Rolle ist von Mir geschrieben), um Deinen Willen, o Gott, zu tun! Weiterhin sagt Er: Opfer und Darbringung, Ganzbrandopfer und solche für Sünde willst Du nicht, noch hast Du daran Wohlgefallen (welche doch gemäß dem Gesetz dargebracht werden). Dann hat Er betont: Siehe, Ich treffe ein, um Deinen Willen, o Gott, zu tun! So hebt Er Ersteres auf, um das zweite aufzustellen. In diesem Willen sind wir durch die Darbringung des Körpers Jesu Christi ein für allemal geheiligt.«
Darum, weil der levitische Dienst die Sünden nicht wegnehmen konnte, tat
der Sohn Gottes einen herrlichen Ausspruch, als Er in die Welt kam, damals, als
Er Sich der Gestalt und Herrlichkeit Gottes entäußerte (Joh.17:5; Phil.2:6)
und bereit war, die Gestalt eines Sklaven anzulegen und den Menschen körperlich
gleich zu werden. Da Adam im Bild und in der Gleichgestalt Elohims gemacht ist
(1.Mose 1:26), hatte Christus, der lebendig machende Geist (2.Kor.3:6,17), in
Seinem geistlichen Körper im Grunde die Gestalt, die Figur eines Menschen, aber
keinen Körper aus Fleisch und Blut.
Gott passte Ihm einen Körper an. In Psalm 40:7 heißt es nach dem hebräischen,
masoretischen Text: »Ohren hast Du Mir gegraben.« Dies hat der in das
Griechische Übersetzende in der Septuaginta mit den Worten: »Einen Körper
bereitest Du für Mich« wiedergegeben. Er hat das Ohrengraben als Redefigur des
Nahzusammenhangs (als Synekdoche) angesehen, wonach ein Teil für das Ganze
steht. Dies war nicht falsch, denn der Verfasser des Hebräerbriefs übernahm
diese Version.
Christus sagte: »Opfer und Darbringung willst Du nicht, ... an
Ganzbrandopfern und solchen für Sünde hast Du kein Wohlgefallen.« Unter den
Opfern sind die für Sünden zu verstehen, im Einzelnen das Sündopfer und das
Schuldopfer. Die Darbringungen dagegen sind Gaben, mit denen man sich einem Höheren
naht. Ihr Sinn ist die Huldigung, Anbetung und die Hingabe an Jewe, den Elohim
Israels. Zu den Darbringungen gehören das Ganzbrandopfer (es drückt ganze
Hingabe aus), auch Aufsteignahung genannt (der Rauch steigt zu Gott auf, dem man
sich naht), das Speisopfer und das Trankopfer (auch als Nahungsgeschenke und
Korban bezeichnet) sowie das Dankopfer und das Friedensopfer.
Gott aber hat letztlich kein Wohlgefallen an Opfern und Darbringungen, an
dem Vorläufigen nach dem Gesetz. Sein vollkommenes Wohlgefallen ruht allein auf
Seinem Sohn und dessen Gehorsam. Dies ließ Samuel schon erkennen, als er sagte:
»Hat Jewe so viel Gefallen an Aufsteiggaben und Opfern wie am Hören der Stimme
Jewes? Siehe: Gehorsam ist besser als Opfer, Aufmerken besser als das Fett der
Widder« (1.Sam.15:22). In Psalm 51:18,19 steht geschrieben: »Denn nicht
begehrst Du ein Opfer, dass ich es darbringen sollte; eine Aufsteignahung würdest
Du nicht annehmen. Die Opfer für Elohim sind ein zerbrochener Geist; ein
zerbrochenes und zerschlagenes Herz, Elohim, wirst Du nicht verachten.« Und
unser Herr hatte zu den Pharisäern gesagt: »Barmherzigkeit will Ich und nicht
Opfer« (Mat.9:13; Hos.6:6; Sach.7:9).
In der folgenden Handlung Christi ist die Rettung der Hebräer wie auch die unsrige begründet: »Siehe, Ich treffe ein, um Deinen Willen, o Gott, zu tun!« Hier können wir uns nur anbetend neigen. -
»In diesem Willen (Gottes) sind wir durch die Darbringung des Körpers
Jesu Christi ein für allemal geheiligt.« »Für sie heilige Ich Mich, damit
auch sie in Wahrheit Geheiligte seien«, betete unser Herr am Abend vor Seinem
Kreuzestod (Joh.17:19). Die Heiligung der an Jesus Gläubigen durch Gott ist ein
für allemal erfolgt. Jetzt gehören sie Ihm an, heilig wie Er. Dies ist das
eine. Das zweite ist, dass sie der Heiligung nachjagen (Heb.12:14), also die
Untugenden ablegen und die Gesinnung Christi anlegen, mithin im Alltag einen
ernstlichen Wettlauf vollführen sollen (Heb.12;1).
Möge der Wille Gottes auch für uns der Antrieb und der Maßstab unseres
Denkens und Tuns sein. »Denn dies ist der Wille Gottes, eure Heiligung, euch
fernzuhalten von aller Hurerei« (1.Thess.4:3). Wir sind durch den Apostel
Paulus angewiesen, alle unsere Gedanken unter den Gehorsam des Christus
gefangenzunehmen und sie nicht vagabundieren zu lassen (2.Kor.10:5).
»In der Summe der Rolle ist von Mir geschrieben.« Um Gottes Sohn dreht
sich das Wort Gottes. Er ist das Wort (Joh.1:1,14), Ihn soll der Bibelleser
erkennen. So sagte unser Herr: »Erforscht die Schriften, da ihr meint, äonisches
Leben in ihnen zu haben; diese sind es, die von Mir zeugen« (Joh.5:39). Und vor
Seiner Himmelfahrt sagte Er zu den Jüngern: »Alles muss erfüllt werden, was
im Gesetz des Mose, in den Propheten und Psalmen von Mir geschrieben ist«
(Luk.24:44).
»So hebt Er Ersteres auf, um das zweite aufzustellen.« Der Opferpraxis
des alten Bundes ist die Grundlage entzogen; es gilt der neue Bund in Seinem
Blut.
In den Versen 11 bis 14 werden wir nochmals an den überholten levitischen Dienst erinnert, zugleich aber auf das vollkommene Opfer Jesu Christi hingewiesen: »Jeder Hoherpriester steht zwar täglich da, versieht sein Amt und bringt dieselben Opfer oftmals dar, die doch niemals Sünden fortnehmen können. Dieser aber hat nur ein Opfer für Sünden dargebracht und Sich bis zur Durchführung zur Rechten Gottes gesetzt und wartet hinfort, bis Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt werden. Denn mit nur einer Darbringung hat Er bis zur Durchführung die vollkommen gemacht, die geheiligt sind.« Die Priester sind allezeit aktiv, kommen aber niemals zum Abschluss, weil die Sünden nur zugedeckt, aber nicht weggenommen sind, und weil die, die auf diese Weise Vergebung gefunden haben, weitere Sünden begehen. Christus aber sitzt nach vollbrachtem Werk ruhend zur Rechten Gottes, die vollkommen geheiligten Gläubigen vor Augen. Hier klingt an, dass diese nicht mehr sündigen, was aber erst durch die Verheißung des Verses 16 verständlich wird.
Bis zur Durchführung sitzt Jesus Christus, der Herr, zur Rechten Gottes
und wartet, bis Seine Feinde vor Ihm niedergelegt werden. Dies geschieht beim
Abschluss der Äonen (1.Kor.15:25). Dann werden sie Ihm alle huldigen
(Phil.2:11).
Unter der Durchführung dürfen wir hier die Handlungen Seines rettenden
Wirkens bis zum Ende der Äonen verstehen.
Nach der Stichwortkonkordanz zum Konkordanten Neuen Testament sind die
Wortwurzeln des Begriffs »Durchführung«: durch-gebracht. Man kann auch »durchgetragen«
sagen. Da das Wort immer mit der Präposition »hinein in« vorkommt, gibt es
ein Ziel an, zu dem hin man durch das Opfer Jesu Christi gebracht wird.
Dies wird besonders an Vers 14 deutlich, wonach Jesus mit nur einer
Darbringung bis zur Durchführung die vollkommen gemacht hat, die geheiligt
sind; das heißt, hindurchtragend und hindurchbringend bis hin zur Durchführung
all Seines Willens hat Jesus Christus die Geheiligten bereits jetzt vollkommen
gemacht. Statt »vollkommen machen« kann man auch »vollenden« schreiben.
Diese herrliche Botschaft, dass die durch Christus geheiligten - ein für
allemal geheiligten (Vers 10) - Hebräer zum Ziel gebracht sind, lässt uns
daran denken, dass wir ebenfalls durch unsere unverrückbare Freilösung und
Heiligung, Rechtfertigung und Versöhnung zum Ziel gebracht sind.
Die Vollendung der Geheiligten ist schon lange bezeugt, erfahren wir aus den Versen 15 bis 18: »Dies bezeugt uns aber auch der Geist, der heilige; denn nachdem er betont hat: Dies ist der Bund, den Ich nach jenen Tagen mit ihnen schließen werde, - sagt der Herr: Ich werde Meine Gesetze in ihre Herzen geben und sie in ihre Denkart schreiben, und ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde Ich keinesfalls noch länger gedenken. Wo diese aber Vergebung finden, ist Darbringung für Sünde nicht mehr nötig.« Der Verfasser kommt nochmals auf sein Zitat in Hebräer 8:10,12 aus Jeremia 31:33,34 zurück. Es dient ihm hier zur Bestätigung seiner Ausführungen. Denn heute schon darf es für die Gläubigen so sein, wie es im tausendjährigen Königreich Israels sein wird, dass nämlich ihre Verfehlungen in einer solch absoluten Weise erlassen sind, dass Gott ihrer nicht mehr gedenkt. Folglich sind weitere Darbringungen für Sünde nicht mehr nötig.
Und noch etwas: Im Königreichsäon werden die Israeliten - von Ausnahmen
abgesehen (Jes.65:20; 66:24; Ps.101:8) - nicht mehr sündigen. Das Gesetz ist ja
in ihre Herzen geschrieben; sie sind ja durch den Geist Gottes neu geworden. So
darf es heute unter den Briefempfängern auch bereits sein. Sagte unser Herr
denn nicht: »Wenn euch der Sohn [von der Sünde] frei macht, werdet ihr
wirklich frei sein« (Joh.8:36)?
Eines aber muss im Zusammenhang des Hebräerbriefs auch gesehen werden:
Sollte sich ein Heiliger von dem einen und einzigen vollgültigen Opfer Jesu
abwenden und damit den Sohn Gottes niedertreten, das Blut des Bundes für gemein
erachten und an dem Geist der Gnade freveln, so bleibt für ihn kein Opfer für
Sünden mehr übrig - es gibt ja keine weiteren Opfer mehr -, »sondern ein
furchtbares Abwarten des Gerichts und der Eifer des Feuers, das sich anschickt,
die Gegner zu fressen« (Heb.10:26,27; 6:4-8).
Dies wird aber bei den Lesern des Hebräerbriefs, die Mitteilhaber der überhimmlischen
Berufung (Heb.3:1) und Losteilinhaber der Verheißung (Heb.6:17) sind oder
werden, nicht der Fall sein; sie werden nicht zurückweichen (Heb.10:39).
Unser Herr Jesus Christus hat alle Sünden aller Menschen aller Zeiten an
das Holz hinaufgetragen, »damit«, so schreibt Petrus, »wir von den Sünden
abkommen und der Gerechtigkeit leben: Durch dessen Striemen wurdet ihr geheilt«
(1.Pet.2:24; Jes.53:5). Dies ist für die Glaubenden Wirklichkeit.
Lasst uns mit Freimut herzutreten!
(Hebräer 10:19-39)
Die Ermahnungen, Warnungen und Zusprüche des Schriftabschnitts Hebräer 10:19-39 schließen sich an die Ausführungen über den besseren Bund (Heb.8:6-9:22) und das bessere Opfer (Heb.9:23-10:18) an. Da die Gläubigen des Hebräerbriefs nun durch die Darbringung des Körpers Christi ein für allemal geheiligt und vor den Augen Gottes vollkommen gemacht sind (Heb.10:10,14), kann ihnen das Folgende gesagt werden.
Einen freudigen Aufruf dürfen wir eingangs in den Versen 19 bis 22 vernehmen: »Da wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu Freimut haben zum Eintritt in die heiligen Stätten, den Er uns eingeweiht hat (dazu wurde Er geschlachtet und ist nun ein lebendiger Weg durch den Vorhang hindurch, dies ist Sein Fleisch), und da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben, so lasst uns mit wahrhaftem Herzen herzukommen, in Vollgewissheit des Glaubens, durch der Herzen Besprengung los vom bösen Gewissen und den Körper gebadet in reinem Wasser.« Da das Blut Jesu für sie geflossen ist und nicht das von Tieren, haben die Gläubigen keine Bedenken etwa aufgrund einer Unzulänglichkeit mehr, sondern Freimut zum Eintritt in die heiligen Stätten. Damit sind nicht die irdischen gemeint. Diese sind nur ein Abbild der überhimmlischen (Heb.8:2,5), welche wiederum nur Ausdruck einer geistlichen Wirklichkeit sind. Sie drücken das Geheiligtsein, das Nahesein, das Vollendetsein vor Gottes Angesicht aus, wie es auch in Epheser 2:18 bis 22 heißt, dass wir im Geist Zutritt zum Vater haben, Glieder der Familie Gottes sind und in Christus aufgebaut werden zu einer Wohnstätte Gottes im Geist.
Den Weg zum Vater hat Er Selbst, Jesus Christus, den Hebräern eingeweiht
(oder: neu eingesetzt). Er Selbst ist der Weg durch den die Gegenwart Gottes
bislang verhüllenden Vorhang hindurch. Als unser Herr am Kreuz nochmals
aufschrie und Seinen Geist entließ, riss der Vorhang im Tempel entzwei, von
oben bis unten (Mat.27:51). Der zerrissene Vorhang ist ein Symbol für den
gebrochenen Körper Jesu. Jetzt liegt das Heilige der Heiligen (allgemein das
Allerheiligste genannt) offen. Gott kann erblickt werden (nicht optisch, sondern
im Geist). Der Weg zum Vater ist ein lebendiger. Jesu Wort in Johannes 14:6: »Ich
bin der Weg, die Wahrheit und das Leben« darf wie folgt verstanden werden: »Ich
bin der wahre und lebendige Weg.«
Er ist auch als der wahrhafte Priester und Amtsträger der heiligen Stätten
im Himmel über das Haus Gottes eingesetzt. Und dieses Haus sind wir, heißt es
in Hebräer 3:6. Und für diese Seinen verwendet Er Sich als Priester für den Königreichsäon
allezeit (Heb.7:24,25).
Das freimütige Herzutreten der Gläubigen in die heiligen Stätten soll
von vier Gegebenheiten begleitet sein: von einem wahrhaften Herzen, von der
Vollgewissheit des Glaubens, von einem vom Bösen befreiten Gewissen und von
einem gebadeten Körper.
Ein die Wahrheit liebendes, aufrichtiges Herz gefällt Gott, ebenso auch
Vollgewissheit des Glaubens. Vollgewiss im Glauben ist man, wenn man völlig von
den Gottesworten getragen wird, die man im Glauben erfasst hat, und nicht etwa
eine schwelende Frage über Gottes Handeln mit sich herumschleppt oder Gott in
irgendeinem Punkt etwas Ungereimtes zuschreibt. - Von einem bösen Gewissen
befreit ist man, wenn man sich durch die Darbringung Jesu Christi in
vollkommener Weise gereinigt weiß, sodass das Gewissen keine Anklage mehr
erhebt (vgl. Heb.9:9,14; 10:2). - Der Körper soll in reinem Wasser gebadet
sein. Nach den Ausführungen über die Unvollkommenheit oder Rechtssatzungen für
das Fleisch (Heb.9:10) und die vollkommene Reinigung durch das Blut Christi (u.
a. in Heb.9:13,14) ist keinesfalls an ein rituelles Bad zu denken. »Ihr seid
schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch gesprochen habe«, hatte unser
Herr einst zu Seinen Jüngern gesagt (Joh.15:3). Und aus Epheser 5:26 wissen
wir, dass die gegenwärtige Gemeinde durch das Wasserbad, das in einem Ausspruch
Seines Mundes besteht, gereinigt ist. Die Erwähnung des Körpers in diesem
Zusammenhang lässt erkennen, dass die Reinigung bis in das praktische Verhalten
im Körper hineinwirkt.
Der Wandel der Geheiligten und Herzugetretenen soll ein entschieden heiliger sein. Darum geht es in den Versen 23 bis 25 und sodann auch bei der Aufzeigung des Gegenteils in den Versen 26 bis 31.
Vers 23 lautet: »Mögen wir nun das Bekenntnis der Erwartung ohne Wanken festhalten, denn der Verheißende ist glaubwürdig.« Ein Bekenntnis liegt vor, wenn man mit Worten zur Wahrheit steht. Dabei geht es um ein persönliches Sich-Bekennen, hier zu der herrlichen Erwartung. Die Erwartung der Hebräer ist ihr Versetztwerden in das überhimmlische Königreich Christi, denn sie haben eine überhimmlische Berufung (Heb.3:1; 11:16; 12:22). An diesem vor ihnen liegenden Erwartungsgut sollen sie vollgewiss festhalten, denn die Verheißung Gottes ist unverrückbar (Heb.6:11,17).
Des Weiteren lesen wir: »Mögen wir aufeinander Acht geben zum Ansporn der Liebe und edler Werke und nicht unsere Versammlung verlassen, wie es bei etlichen Sitte ist, sondern einander zusprechen, und dies insofern um so viel mehr, als ihr den Tag sich nahen erblickt« (Verse 24+25). Aufeinander Acht geben sollen die Gläubigen, und zwar in dem Sinne, dass sie darauf bedacht sind, was dem Nächsten diene (Acht geben ist eine Variante von bedenken; siehe Stichwortkonkordanz zum Konkordanten NT, Seite 385). Sie sollen einander anspornen, Liebe zu üben und edle Werke zu tun. Mögen sie aus Liebe mit ganzer Seele Eiferer für edle Werke sein. Edel sind die Werke, die nach Gottes Wort und Willen gut, wohlgefällig und vollkommen sind, insbesondere auch der Auferbauung, der geistlichen Zurüstung, dienen.
Wer allerdings die Versammlung verlässt oder nicht regelmäßig teilnimmt, kann dem Bruder oder der Schwester nicht zusprechen. Der Zuspruch könnte zum Beispiel so geschehen, wie in Jesaia 35:3 geschrieben steht: »Macht standhaft die erschlaffenden Hände, und festigt die strauchelnden Knie!« Nicht zuletzt aber dürfte der Zuspruch in dem Hinlenken des Blickes auf den sich nahenden Tag bestehen. »Nun ist unsere Rettung näher als damals, als wir gläubig wurden; die Nacht ist schon vorgeschritten, und der Tag ist nahe gekommen« (Röm.13:11,12). Es ist der Tag der Anwesenheit Jesu Christi für die Seinen (1.Thess.3:13; 4:15; 5:23), der Tag der Lebendigmachung der Ihm Angehörenden (1.Kor.15:23). Die in Christi Blut ein für allemal Geheiligten (Heb.10:10) werden keineswegs die Zeit des Zorns und des gerechten Gerichts Gottes auf der Erde erleben. »Noch eine Weile, eine kleine Weile, und der Kommende wird eintreffen und nicht ausbleiben«, heißt in Vers 37 unseres Kapitels im Sinne der Erfüllung der Verheißung und der freudigen Erwartung des Retters. Die gläubigen Hebräer, an die sich der Hebräerbrief richtet, sowie die, die sich durch diesen Brief für die überhimmlische Erwartung gewinnen lassen, werden vor dem Zorn am Tag Christi zusammen mit uns zum Herrn hin entrückt werden (1.Thess.5:17).
Es darf im Übrigen darauf hingewiesen werden, dass in den behandelten Versen 22 bis 24 die uns so bekannten, den Wandel der Heiligen prägenden Gnadengaben Glaube, Erwartung und Liebe zum Tragen kommen.
Wenn wir freiwillig sündigen
Falls jemand ein gegenteiliges Verhalten an den Tag legen sollte, würde dies schreckliche Folgen haben, die in den Versen 26 bis 31 geschildert werden: »Denn wenn wir freiwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit erhielten, bleibt für Sünden kein Opfer mehr übrig, sondern ein furchtbares Abwarten des Gerichts und der Eifer des Feuers, das sich anschickt, die Gegner zu fressen. Wenn jemand das Gesetz des Mose verwirft, muss er ohne Mitleid auf zwei oder drei Zeugen hin sterben. Eine wie viel ärgere Ahndung, meint ihr, wird jener verdienen, der den Sohn Gottes niedertritt und das Blut des Bundes für gemein erachtet, in dem er geheiligt wurde, und damit an dem Geist der Gnade frevelt? Denn wir sind mit dem vertraut, der sagt: Mein ist die Rache! Ich werde vergelten!, sagt der Herr, und wieder: Richten wird der Herr Sein Volk! Furchtbar ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!«
Das einleitende »Denn« ist im Sinne von »Denn andernfalls verhielte es sich so« zu verstehen.
»... wenn wir freiwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit erhielten ...« Das Wort »freiwillig« ist die freie Wiedergabe des griechischen Wortes hekousioos, was so viel wie »seinsmäßig« oder »wesensmäßig« heißt und ein Übereinstimmen mit sich selbst ausdrückt, hier ein hartnäckiges Sündigen nach eigenem Vorsatz. Die Sünden mögen mannigfaltige Gestalt haben, ihr Urgrund aber ist die Abwendung von dem Sohn Gottes.
»... bleibt für Sünden kein Opfer mehr übrig ...« Welches Opfer denn sollte die Vergebung dieser Sünden ermöglichen, wenn man das Opfer Jesu ablehnt? Außerdem gab es für vorsätzliche Sünden nach dem Gesetz des Mose ohnehin keine Erlassung. In 4.Mose 15:30 steht geschrieben: »Die Seele, die mit erhobener Hand [das heißt vorsätzlich] handelt, lästert Jewe; diese Seele soll aus ihrem Volk ausgerottet werden.« Dies meinte Paulus, als er auf der ersten Missionsreise im pisidischen Antiochien davon sprach, dass man nach dem Gesetz des Mose von bestimmten Dingen nicht gerechtfertigt werden konnte, dass aber in Jesus jeder, der glaubt, gerechtfertigt wird, und zwar von allem (Ap.13:39).
Dies alles erinnert uns im Übrigen an den Schriftabschnitt Hebräer 6:4-8, der den parallelen Gedanken enthält, dass es unmöglich ist, die, die einmal erleuchtet waren, dann aber abfielen, wieder zur Umsinnung zu erneuern, kreuzigen sie doch den Sohn Gottes aufs Neue und prangern Ihn an, als sei Er nicht der Messias.
Nach Vers 27 bleibt für solche nur ein furchtbares Abwarten des Gerichts übrig. Würden sie den letzten Jahrsiebener der für Israel abgetrennten siebzig Jahrsiebener (Dan.9:24) erleben, kämen die von den Propheten und auch im Buch der Enthüllung Jesu Christi (Offenbarung) geschilderten Gerichte über sie. Da sie aber bereits gestorben sind, werden sie vor dem großen, weißen Thron den Zorn und Grimm Gottes sowie Drangsal und Druck erfahren und in den zweiten Tod, den See des Feuers geworfen werden (Off.20:14,15).
Die Ahndung der Sünden der einstmals Geheiligten, dann aber Abgefallenen, muss ärger ausfallen als die Bestrafung derer, die nach dem Gesetz auf zwei oder drei Zeugen hin gesteinigt wurden (5.Mose 17:6). Wer den Sohn Gottes niedertritt und das Blut des neuen Bundes verachtet und damit am Geist der Gnade frevelt - diese Sünde stellt ja alle Vergehen gegen das Gesetz in den Schatten - muss in das Zorngericht kommen und in das Feuer geworfen werden, das sich anschickt, die Gegner zu fressen.
Gottes ist die Rache und die Vergeltung. Sein ist das Gericht über Sein Volk (5.Mose 32:35,36). So furchtbar es ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen - es geht Ihm um die Herstellung des Rechts. Das »Richten« in unserem Vers 30 ist als »Recht verschaffen« zu verstehen, was von der Wortwahl des Psalms 135:14, der hier zitiert wird, bestätigt wird. Das Vergelten ist das gerechte Erstatten der üblen Taten. Auch wir Gläubigen heute in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überfließenden Gnade Gottes bekommen wieder, was wir durch den Körper verübten, es sei gut oder schlecht (2.Kor.5:10; Kol.3:24,25). Im Übrigen sagte Jewe: »Seht nun, dass Ich Selbst es bin und kein Elohim neben Mir ist. Ich, Ich töte, und Ich mache lebendig, Ich zerschlage und Ich, Ich heile, und da ist keiner, der Meine Hand überschattet« (5.Mose 32:39).
Bleibender Besitz in den Himmeln
Nach diesem Exkurs ermutigt der Briefschreiber die Heiligen, indem er sie an ihre Bewährung in Drangsalen erinnert: »Erinnert euch aber der früheren Tage, in denen ihr, da ihr erleuchtet wart, einen großen Wettkampf der Leiden erduldet habt, indem ihr teils in Schmähungen wie auch Drangsalen zum Schauspiel wurdet, teils am Geschick der so geschmäht Einhergehenden teilnehmen musstet. Denn ihr habt Mitgefühl mit meinen Gebundenen bewiesen und den Raub eures Besitzes mit Freuden auf euch genommen, weil ihr erkanntet, dass ihr einen besseren und bleibenden Besitz in den Himmeln habt« (Verse 32-34). Zum Teil waren sie verfolgt oder öffentlich verspottet worden, zum Teil mussten sie mit ansehen, wie es den Drangsalierten erging. Dabei waren sie in ihrer Standhaftigkeit in den Leiden oder in ihrem Mitfühlen der Welt und den himmlischen Boten ein Schauspiel und Zeugnis geworden (vgl.1.Kor.4:9).
Mitgefühl ist der Wille Gottes für die Heiligen, denen mit Hebräer 13:3 gesagt ist: »Gedenket der Gebundenen wie Mitgebundene, der Übles Duldenden als solche, die noch selbst im Körper sind.« Mitgefühl ist nicht vielen eigen; es bedarf dazu der Gesinnung Christi Jesu. Es wächst aber durch die Verbundenheit mit dem Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs (2.Kor.1:3).
Der einzige, von dem berichtet wird, dass er Gebundene abgeführt hat, ist Saulus. Über ihn ist in Apostelgeschichte 8:3 zu lesen: »Saulus wütete maßlos gegen die herausgerufene Gemeinde; er ging der Reihe nach in ihre Häuser, schleppte Männer wie auch Frauen fort und überantwortete sie ins Gefängnis.« Und in Apostelgeschichte 9:1,2: »Saulus nun, der noch immer Drohen und Mord gegen die Jünger des Herrn schnaubte, ging zum Hohenpriester und erbat von ihm Briefe an die Synagogen in Damaskus, damit er, wenn er einige Männer wie auch Frauen fände, die sich an den Weg der neuen Lehre hielten, diese gebunden nach Jerusalem abführen möge.«
Wie können sie denn damals erkannt haben, dass sie einen besseren und bleibenden Besitz in den Himmeln haben? Gleichwie sie den Tag Christi sich nahen erblicken (Vers 25), indem sie im Geist darauf ausgerichtet sind. Sie werden ebenso, wie die in Kapitel elf aufgeführten Gläubigen wussten, dass sie nur Fremdlinge und Auswanderer auf der Erde sind, und deshalb das »bessere, das heißt das überhimmlische« Vaterland suchten (Heb.11:13-16), nach dem Bleibenden ausgeschaut haben. Da Himmel und Erde nicht bleiben, sondern vergehen (Mat.24:35; Off.6:14; 20:11; 21:1), befindet sich der bleibende Besitz in den Überhimmeln. Im Übrigen war ihnen aus 1.Mose 15:5 und 22:17 bekannt, dass Abraham Kinder so zahlreich wie die Sterne der Himmel haben werde, was auf Nachkommen droben hinweist.
Es sei noch erwähnt, dass die Nachkommen Abrahams, die mit dem Staub der Erde verglichen werden (1.Mose 13:16), ihr Losteil und ihre Schätze, die sie sich nach den Worten Jesu lieber im Himmel als auf der Erde sammeln sollten (Mat.6:20; 19:21; 1.Pet.1:4), im tausendjährigen Königreich der Himmel auf der Erde genießen werden.
Wir aber sind das Glaubens
Der Verfasser des Briefes schließt seinen Zuspruch mit den Versen 35 bis 39 ab: »So werft nun euren Freimut nicht weg, der eine große Belohnung hat. Denn ihr habt Ausdauer nötig, damit ihr nach Erfüllung des Willens Gottes die Verheißung davontragt. Denn noch eine Weile, eine kleine Weile, und der Kommende wird eintreffen und nicht ausbleiben. Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben. Und wenn er zurückweicht, hat Meine Seele kein Wohlgefallen an ihm. - Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen zum Untergang, sondern [Teilhaber] des Glaubens, zur Aneignung der [Bewahrung der] Seele.«
Mit Freimut in der Vollgewissheit des Glaubens zu den überhimmlischen heiligen Stätten herzutreten (Heb.8:2,5), hat eine große Belohnung, nämlich das Bessere, das Bleibende, und zwar den überhimmlischen Segen. Es dauert allerdings noch eine kleine Weile, sodass Geduld und Ausdauer nötig sind. Es muss nach Gottes Weisheit nun einmal eine Zeit des Ausharrens und der Versuchung, den Freimut wegzuwerfen, sowie der Bewährung geben. Bereits in Hebräer 6:12 war den Lesern gesagt worden, dass sie Nachahmer derer werden sollen, die durch Glauben und Geduld die Verheißungen als Losteil erhalten werden. Die Losteilinhaber der Verheißung werden nach Gottes unverrückbarem Ratschluss gerettet werden (Heb.6:17).
Nach der Erfüllung des Willens Gottes werden sie die Verheißung davontragen. Der Wille Gottes, der in diesem Zusammenhang zu erfüllen ist, ist, den Freimut des Glaubens festzuhalten.
Der Kommende - dies ist der Herr Jesus Christus - wird eintreffen und nicht ausbleiben, und dann wird geschehen, was in Habakuk 2:4 geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben. Dieses Zitat wird hier in eine viel herrlichere Form gebracht, insofern dass jedes Kind der Verheißung ganz persönlich als »Mein Gerechter« angesprochen wird. Der Apostel Paulus zieht Habakuk 2:4 in Römer 1:17 und Galater 3:11 als einen der Grundpfeiler seiner Lehre über die Rechtfertigung durch Glauben heran, sodass man Hebräer 10:38 durchaus im folgenden Sinn verstehen darf: Mein Gerechtfertiger wird aus Glauben leben.
Habakuk selbst wird bei diesem Ausspruch eher wie folgt gedacht haben: Der gerecht wandelnde Israelit wird aufgrund seiner Glaubenstreue beim Ansturm der Chaldäer nicht umkommen, sondern leben bleiben; oder auch: Wer Gott vertraut, ist vor Ihm gerecht, und Er wird ihn beschützen. Wir sahen aber bereits, dass dieses prophetische Wort einen viel tieferen Sinn hat, nämlich bis hin zur Rettung zum äonischen Leben.
An Zurückweichenden aber hat Gottes Seele kein Wohlgefallen. Das griechische Wort für »zurückweichen« ist »unterstellen«. Wer sich anderen Gedanken unterstellt, wird untergehen.
Wir wenden uns nun Vers 39 zu und triumphieren: Wir aber, die Glaubenden, die Treuen, sind nicht von denen, die zurückweichen zum Untergang, zum Umkommen für die Äonen, sondern wir sind des Glaubens und damit Teilhaber am Segen des Glaubens, der in der Aneignung der Seele gipfelt, und zwar in dem Sinne, dass die Seele - sie ist das Bewusstsein -, selbst wenn man stirbt, uns dennoch für die kommenden Äonen zugeeignet wird. Das Aneignen oder Umtun der Seele (das Ummanteln mit der Seele) geschieht so, wie unser Herr einst sagte: »Wer seine Seele liebhat, verliert sie; wer aber seine Seele in dieser Welt hasst (gegenüber dem Einsatz für den Herrn gering achtet), wird sie zum äonischen Leben bewahren« (Joh.12:25; vgl. Luk.17:33; 21:19; Joh.11:25; 1.Thess.5:23). Das heißt: Der Verlust unseres Bewusstseins durch den Tod in der Gegenwart tastet die Tatsache, dass wir künftig leben werden, mithin unsere Seele im Endergebnis bewahren, überhaupt nicht an.
Wir schließen die Betrachtung unseres Schriftabschnitts und bekennen: Der Kommende wird eintreffen und denen, die auf Ihn warten, zu ihrer Rettung durch Glauben erscheinen (vgl. Heb.9:28).
»Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben«
Teil I (Hebräer 11:1-21)
Der Autor des Hebräerbriefs hat deutlich gemacht, dass die Rettung durch
Glauben geschieht, siehe dazu besonders Hebräer 6:12, 9:28 und 10:22. Kapitel
zehn schließt mit dem triumphierenden Ausruf: »Mein Gerechter aber wird aus
Glauben leben« (Vers 38). Die des Glaubens sind, werden ihre Seele für die
kommenden Äonen bewahren (Vers 39). Im folgenden Kapitel elf wird der Glaube
nun definiert und durch viele Beispiele anschaulich gemacht.
Außerdem erfahren wir, dass viele Glaubende Verheißungen erlangten,
andere Glaubende aber nicht, und zwar deshalb, damit sie die sie wie auch die
Briefempfänger angehende, bessere und überhimmlische Verheißung gemeinsam und
gleichzeitig erlangen sollten (Verse 13,16,33,39; siehe auch Heb.10:36).
Hebräer elf, Vers 1, erklärt, was der Glaube ist: »Der Glaube ist die zuversichtliche Annahme dessen, was man erwartet, ein Überführtsein von Tatsachen, die man nicht erblickt.« Der Glaube hat mithin zwei Aspekte: einen zukünftigen, nämlich das, was man erwartet, und einen gegenwärtigen, nämlich das Überführtsein von nicht erblickbaren Tatsachen. Der Glaube ist die Annahme, das heißt die Unterstellung dessen, was man erwartet, und das Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht. Der Geist Gottes vermittelt uns die Gewissheit der Überzeugung und der Erwartung durch das wahre, lebendige und glaubwürdige Wort Gottes.
»Denn in diesem Glauben wurde den Ältesten Gutes bezeugt« (Vers 2).
Durch diesen Glauben wurden die Vorfahren zu einem beispielgebenden Zeugnis.
Manche von ihnen werden sogleich erwähnt. In Kapitel zwölf, Vers 1, werden sie
Zeugen genannt.
Bevor wir aber vom Glauben anderer hören, erfahren wir aus Vers 3, was
wir selbst nur durch Glauben begreifen können: »Durch Glauben begreifen wir,
dass die Äonen durch einen Ausspruch Gottes zubereitet wurden, sodass das, was
man erblickt, nicht aus etwas offenbar Gewesenem geworden ist.« Zur
Verdeutlichung sei dieser Satz in teilweise anderen Worten wiederholt: Durch
Glauben begreifen wir, dass die Äonen durch einen Ausspruch Gottes angepasst
wurden, sodass das, was man erblickt, nicht aus etwas ehemals Sichtbarem,
Erscheinendem, Offenbarem geworden ist. - Und was ist das, was man jetzt
erblickt? Wir antworten mit Kolosser 1:26: »Das Geheimnis, das von den Äonen
und von den Generationen her verborgen gewesen ist, nun aber Seinen Heiligen
geoffenbart wurde.« Und dieses Geheimnis ist die gegenwärtige, dem Apostel
Paulus gegebene heilsgeschichtliche Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2;
Kol.1:25).
Gott hat im Ablauf der Äonen eine Anpassung vorgenommen - nicht
hinsichtlich Seines unverrückbaren Vorsatzes, sondern hinsichtlich der
Offenbarung durch das prophetische Wort. Nirgendwo stand geschrieben und niemand
wusste, dass es im gegenwärtigen Äon eine Verwaltung geben wird, die dem
Apostel Paulus für uns, die aus den Nationen, gegeben ist. Von dieser ehemals
geheimen Verwaltung schreibt Paulus in Epheser 3:8,9: »Mir, dem bei weitem
geringsten aller Heiligen, wurde diese Gnade gegeben, den Nationen den unausspürbaren
Reichtum des Christus als Evangelium zu verkündigen und alle darüber zu
erleuchten, was die Verwaltung des Geheimnisses betrifft, das von den Äonen an
in Gott verborgen gewesen war.«
Die Verwerfung Israels (Röm.11:15) machte diese Anpassung oder
Neuordnung notwendig. Nicht das Königreich Israels kam, sondern die neue Schöpfung,
die Menschen, die Glieder des Körpers Christi sind (2.Kor.5:17; Eph.1:22,23),
zu denen bereits die Abschlüsse der Äonen gelangt sind (1.Kor.10:11). Wir
haben in unserer Verwaltung bereits einen höheren Segen, als Israel selbst im
letzten Äon auf der neu erschaffenen Erde (Off.21:1) haben wird. Diese
Verwaltung besteht im Glauben (1.Tim.1:4). Die überströmende Gnade wurde uns
allein durch Glauben zuteil. Und an diese so herrliche Verwaltung sollen die
Empfänger des Hebräerbriefs herangeführt werden, indem ihnen die Rettung
durch Glauben verkündigt wird und vorbildliche Zeugen des Glaubens vor Augen
geführt werden.
Als
erster Zeuge wird Abel genannt: »Durch Glauben brachte Abel Gott ein Opfer dar,
das mehr wert war als Kains, durch das ihm bezeugt wurde, dass er gerecht sei,
da Gott Selbst zu seinen Nahegaben Zeugnis ablegte; und durch denselben Glauben
spricht er noch, wiewohl er starb« (Vers 4). Abels Name bedeutet Hauch,
Nichtigkeit, und Kains Name: Erwerbung.
Wieso war Abels Opfer wertvoller als das Kains? Weil er das Beste gab,
wie es Jewe gebührt. Er brachte von den Erstlingen seines Kleinviehs, und zwar
von ihren Fettstücken dar. Kains Nahungsgeschenk war nicht recht getan (1.Mose
4:7); er hatte nicht im Glauben und in Gott wohlverehrender Treue die besten Stücke
dargebracht, denn Kain »war von dem Bösen«, wie in 1.Johannes 3:12 vermerkt.
Das hat nicht an der elterlichen Erziehung gelegen - er hatte dieselbe wie Abel
genossen -, sondern am Vorsatz Gottes, der allein eines jeden Herz bildet
(Ps.33:15).
Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass Kain und Abel wegen Sünden geopfert hätten;
dann allerdings hätte auch Kain von Tieren opfern müssen entsprechend der
Tatsache, dass Adam und Eva zur Bedeckung ihrer Sünde von Jewe Elohim mit
Fellen bekleidet worden waren.
Beachten wir: Durch seinen Glauben, der sich im Opfern des Besten zeigte,
war Abel gerecht vor Gott.
Und heute noch spricht Abel, nämlich durch den biblischen Bericht.
Als nächster Glaubenszeuge wird Henoch erwähnt: »Durch Glauben wurde
Henoch hinweggerafft, um den Tod nicht wahrzunehmen; und er wurde nicht
gefunden, weil Gott ihn hinwegraffte. Denn vor seiner Hinwegraffung wurde ihm
bezeugt, dass er Gott wohlgefallen habe« (Vers 5). Henoch bedeutet »gewidmet«,
»geweiht« oder »eingeweiht«. Er war der Sohn Jareds aus der Linie Seth und
»der siebente von Adam an« (Jud.14). Er starb mit 365 Jahren, wie in 1.Mose
5:23,24 verzeichnet: »Alle Tage Henochs waren 365 Jahre, während Henoch mit
dem Einen, Elohim, wandelte. Und er war nicht mehr da, denn Elohim nahm ihn
hinweg.«
Oft hört man, Henoch sei nicht gestorben, er lebe. Unter »hinwegraffen«
ist aber durchaus »sterben« zu verstehen, wenn dieses Wort (eine Variante von
»umstellen« oder »versetzen«; siehe Stichwortkonkordanz zum Konkordanten NT,
Seite 602) auch den Gedanken an eine Versetzung an einen anderen Ort zulässt.
Im Himmel ist er aber auf keinen Fall, denn in Johannes 3:13 steht geschrieben:
»Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der aus dem Himmel
herabstieg.« Vergessen wir Jesaia 57:1 nicht, wonach Sterbliche voller Huld
weggerafft oder »versammelt« werden, was eindeutig »sterben« meint, und
keiner der Mitmenschen dabei das Verständnis erlangt, dass Gott den Gerechten
gerade vor dem Übel weggenommen hat, eben bevor das göttliche Gericht
hereinbricht. Dies dürfte auch für Henoch zutreffen, der unter Ruchlosen lebte
(Jud.15). Und schließlich heißt es in Hebräer 11:13 klipp und klar, dass alle
aufgeführten Glaubenszeugen starben.
Da Henoch Gott wohlgefallen hat, muss er Glauben gehabt haben, denn - so lesen wir in Vers 6: »Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Ihm wohlzugefallen; denn wer zu Gott kommt, muss glauben, dass Er ist und denen, die Ihn ernstlich suchen, ein Belohner sein wird.« Dies ist eine allgemeingültige Tatsache. Und wie reich sind doch gerade wir in Christus Jesus gesegnet (vgl.Eph.1:3)! Mögen wir nun aber auch täglich ernstlich Sein Wort betrachten und nach Seinem Willen fragen!
Vers 7 nennt Noah. Sein Name bedeutet »Ruhe«. »Durch Glauben hat Noah, als er betreffs des noch nicht Erblickbaren Weisung erhielt und Ehrfurcht hatte, eine Arche zur Rettung seines Hauses errichtet, durch den er die Welt verurteilte und so ein Losteilinhaber der dem Glauben gemäßen Gerechtigkeit wurde.« Nicht nur wir, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist, sind Losteilinhaber der Gerechtigkeit aus Glauben!
Über Abraham, den Mann, der Gott glaubte und dem dies zur Gerechtigkeit angerechnet wurde, den Vater aller Glaubenden (Röm.4), den Paulus zur Begründung seiner Rechtfertigungslehre heranzieht, lesen wir in den Versen 8 bis 10: »Durch Glauben hat Abraham gehorcht, als er berufen wurde, an den Ort auszuziehen, den er zukünftig zum Losteil erhalten sollte; und er zog aus, obwohl er nicht Bescheid wusste, wohin er kommen würde (1.Mose 12:1-5; Ap.7:2-5). Durch Glauben verweilte er im Land der Verheißung als einem fremden und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Mitlosteilinhabern derselben Verheißung. Denn er wartete auf die Stadt, die Grundfesten hat, deren Künstler und Baumeister Gott ist.« Wie wir im Zusammenhang mit Vers 16 noch sehen werden, sind Abraham, Isaak und Jakob Mitlosteilinhaber derselben Verheißung, die auch wir haben, nämlich der überhimmlischen (Eph.1:3; 2:6; Heb.3:1; 12:22;13:14). Das überhimmlische Jerusalem ist ihnen zugedacht.
Über Sara erfahren wir: »Durch Glauben erhielt Sara Kraft zum
Niederwurf von Samen, und sie gebar über die Frist ihres Höhepunktes hinaus,
weil sie den Verheißenden für glaubwürdig erachtete« (Vers 11). Wenn es auch
so war, dass sie gelacht hatte, als ihr ein Sohn verheißen wurde, so weckte
Gott dennoch den Glauben daran in ihr. Wie es auch so schön von Abraham heißt:
»Nicht schwach werdend im Glauben, bedachte er seinen ungefähr hundertjährigen
Körper und die Erstorbenheit des Mutterleibes der Sara. Aber an der Verheißung
Gottes zweifelte er nicht durch Unglauben, sondern wurde im Glauben gekräftigt,
Gott Verherrlichung gebend und vollgewiss, dass Er das, was Er verheißen hat,
auch zu tun imstande ist« (Röm.4:19-21).
»Darum«, so sagt Vers 12 weiter, »sind auch von einem, und dies von einem bereits Abgestorbenen, Kinder gezeugt worden, so viele wie die Gestirne des Himmels an Menge und wie der unzählbare Sand am Ufer des Meeres.« Wir kennen das dem zugrunde liegende Segenswort Jewes an Abraham aus 1.Mose 22:17: »Ich werde dich segnen, ja segnen und deinen Samen mehren, ja mehren wie die Sterne der Himmel und wie den Sand, der am Gestade des Meeres ist.« Der mit den Gestirnen verglichene Same sind die Gläubigen, die in den Himmel kommen, die inmitten der überhimmlischen Regionen niedergesetzt werden (Eph.2:6), und diese sind wir, die Glieder der Körpergemeinde, sowie die gläubigen Adressaten des Hebräerbriefs. Als Jewe Abram aufforderte, zum Himmel zu blicken und die Sterne zu zählen, wenn er sie zählen könnte, und Abram glaubte, dass seine Nachkommen so zahlreich sein werden, wurde ihm dies zur Gerechtigkeit angerechnet (1.Mose 15:56). Glaubensgerechtigkeit ist mit dem Himmel verknüpft. Die dem Glauben gemäß Gerechtigkeit Erlangenden haben ihr Losteil inmitten der Überhimmlischen.
Das Meer ist ein Symbol für die Nationen, und der mit dem Sand am
Meeresufer verglichene Same sind die wahrhaftig Gläubigen aus den Nationen im
tausendjährigen Königreich Israels (die, die sich am Ende vom Satan nicht
irreführen lassen; Off.20:8).
Die Verse 13 bis 16 stellen ein überwältigendes Resümee dar: »Im Glauben starben diese alle und haben die Verheißungen nicht davongetragen, sondern haben sie lediglich von weitem gewahrt und freudig begrüßt und bekannt, dass sie nur Fremdlinge und Auswanderer auf der Erde sind. Denn die solches sagen, offenbaren, dass sie ein Vaterland suchen. Wenn sie dabei an jenes gedacht hätten, von dem sie ausgezogen waren, so hätten sie Gelegenheit gehabt, zurückzukehren. Nun aber streben sie nach einem besseren, das heißt nach einem überhimmlischen. Darum schämt Gott Sich ihrer nicht, als ihr Gott angerufen zu werden; denn Er hat ihnen eine Stadt bereitet.«
Sie starben und haben die Erfüllung der Verheißung nicht erlebt, »um
nicht ohne uns vollendet zu werden«, wie Vers 40 sagt. Gemeinsam und
gleichzeitig werden die für das überhimmlische Königreich (2.Tim.4:18)
bestimmten Gläubigen ihr Losteil antreten. Welch eine Schau die altvordernen Gläubigen
doch hatten, wenn auch nur von weitem, wie unser Herr Jesus Christus in Johannes
8:56 sagte: »Abraham, euer Vater, frohlockte, dass er Meinen Tag gewahren
sollte, und er gewahrte ihn und freute sich.« Sie hatten auch die Erkenntnis,
dass sie nur Fremdlinge (oder Gäste im Sinne von Fremden) und Auswanderer (oder
Menschen ohne Bürgerrechte) auf der Erde waren.
Folglich suchten sie das wahre Vaterland. Sie dachten dabei nicht an
eines auf der Erde, sondern an ein besseres. Es wird hier in Vers 16 mit Namen
genannt: Es ist das überhimmlische Vaterland, das über dem Lufthimmel der
Erde, das, aus dem Gott zu ihnen gesprochen hatte. Darum schämt Gott Sich ihrer
nicht, als ihr Gott angerufen zu werden, sondern hat diesen Gläubigen eine
herrliche Stadt bereitet. Gott Selbst ist der Künstler und Baumeister dieser
Stadt (Vers 10). Diese Stadt ist nach Hebräer 12:22 das überhimmlische
Jerusalem.
Das überhimmlische Jerusalem ist nicht zu verwechseln mit dem neuen
Jerusalem, das aus dem Himmel auf die neue Erde herabkommt. Es wird nicht nur
eine neue Erde erschaffen werden, sondern auch ein neuer Himmel (Off.21:1,2).
Ebensowenig wie wir auf der neuen Erde sein werden (denn unser Bürgertum ist in
den Himmeln (Phil.3:20), und wir werden für die beiden kommenden Äonen
inmitten der Überhimmlischen niedergesetzt; Eph.2:6), ebensowenig werden auch
die Gläubigen, von denen der Hebräer spricht, auf der Erde sein.
Eine Besonderheit liegt für Abraham, Isaak und Jakob vor: Sie werden zunächst,
das heißt im kommenden Äon, dem tausendjährigen Königreich Israels, das Land
auf der Erde einnehmen, das ihnen ja auch verheißen ist; sagte doch unser Herr
Jesus Christus: »Viele werden vom Osten und vom Westen eintreffen und sich mit
Abraham, Isaak und Jakob im Königreich der Himmel zu Tisch lagern« (Mat.8:11).
Wir lesen weiter: »Durch Glauben hat Abraham den Isaak dargebracht, als er auf die Probe gestellt wurde, ja er brachte den Einziggezeugten dar, er, der die Verheißungen empfangen hatte, zu dem gesprochen war: In Isaak wird dein Same genannt werden; er rechnete damit, dass Gott mächtig ist, auch aus den Toten aufzuerwecken, von wo er ihn auch gleichnishaft wiederbekam« (Verse 17-19). Durch Glauben geschah es, dass Abraham Isaak darzubringen bereit war, da er der Verheißung glaubte, die ihm gegeben war: »Nach Isaak soll dir der Same genannt werden« (1.Mose 21:12). Isaak sollte also fortleben.
Die Frage, ob Gott Tote auferwecken werde, ist ein elementarer Prüfstein
des Glaubens. Und Abraham glaubte Gott, der die Toten lebendig macht und das
Nichtseiende wie Seiendes ruft (Röm.4:17). Als Abraham auf diese Probe gestellt
wurde, wurde er zur Reife im Glauben gebracht oder, wie Jakobus sich ausdrückt,
wurde sein Glaube aus seinen Werken vollkommen gemacht (Jak.2:22).
Das Geschehen zwischen Abraham und Isaak ist zugleich eine Vorschattung
auf die Dahingabe und Auferweckung Jesu Christi durch Gott, den Vater. Dies geht
aus 1.Mose 22 eindrücklich hervor. Ebenso wie Abraham seinen als einzigen
bezeichneten und geliebten Sohn dahinzugeben bereit war, so gab auch Gott Seinen
einzigen und geliebten Sohn dahin. Die Tatsache, dass Abraham und Isaak den Weg
zu dem Berg im Land Morija gemeinsam (»miteinander« oder »vereint«) gingen,
findet ihre Parallele darin, dass Gott und Sein Sohn in Ihrem Willen übereinstimmten.
»Nicht Mein Wille, sondern der Deine geschehe« (Luk.22:42). Wenn der Berg auch
nicht genau bestimmt werden kann, auf dem Abraham den Altar baute, so lag
Golgatha dennoch nicht allzu weit vom Tempel entfernt, den König Salomo genau
auf dem Berg Morija baute (2.Chr.3:1; vgl. 1.Chr.21:18; 2.Sam.24:16,18). Ebenso
wie Abraham das Holz für die Aufsteignahung auf Isaak legte, so trug auch unser
Herr Jesus Christus das Kreuz. Und so wie Abraham in der Zuversicht des Glaubens
damit rechnete, dass sein Sohn auferweckt werden würde (denn er sagte zu seinen
beiden Knechten: »Ich und der Junge werden dorthin gehen und anbeten, und
danach werden wir zu euch zurückkehren«), so wusste auch unser Herr, dass Er
am dritten Tag auferweckt werden würde (Mat.16:21). Gleichwie der im Gestrüpp
verfangene Widder von Elohim als Aufsteignahung schon ersehen war, als Isaak
fragte, wo denn das Lamm sei und Abraham antwortete: »Elohim wird Sich das Lamm
zur Aufsteignahung ersehen«, so war auch Jesus Christus bereits vor dem
Niederwurf der Welt als makelloses und fleckenloses Lamm vorhererkannt worden
(1.Pet.1:20). (Ein Widder war übrigens ein wertvolles Opfertier und darf
symbolisch mit Stärke und Göttlichkeit in Verbindung gebracht werden; hebr.
Ajil, verwandt mit El.) Abraham hatte seinen Sohn Gott nicht vorenthalten;
gleicherweise verschonte auch Gott Seinen Sohn nicht, sondern gab Ihn für uns
alle dahin (Röm.8:32).
Von Isaak hören wir: »Durch Glauben segnete Isaak auch Jakob und Esau im Hinblick auf Zukünftiges« (Vers 20). Isaak segnete im Glauben, dass Gott die Segensworte schenke und erfülle, zudem im Glauben, dass der durch den Betrug Jakobs irrtümlich auf jenen gelegte Segen Gottes souveränem Walten entsprach und nicht zurückgenommen werden sollte (1.Mose 27:33). Er segnete Jakob im Hinblick auf die segensreiche und die Völker beherrschende Zukunft des aus jenem werdenden Volkes (1.Mose 27:28,29) und dann auch Esau, dessen höchsten Segen allerdings darin bestand, dass er seinem Bruder dienen, dann aber dessen Joch abschütteln werde (1.Mose 27:39,40). Letzteres geschah, als das aus Esau hervorgegangene Volk der Edomiter zur Zeit des Königs Joram (ca. 866-858 v. Chr.) von Juda abfiel und einen eigenen König über sich einsetzte (2.Kön.8:20-22).
Und schließlich lesen wir von Jakob: »Durch Glauben segnete Jakob, sterbend, jeden der Söhne Josephs und betete an, gestützt auf die Spitze seines Stabes« (Vers 21). In der Gewissheit, dass Elohim ihm die Treue und Huld erzeigen werde, im Land seiner Väter begraben zu werden, betete Jakob an (1.Mose 47:31). Im Glauben, dass es Gottes Wille sei, setzte er Ephraim, den jüngeren, vor Manasse, den erstgeborenen Sohn Josephs (1.Mose 48). Er erhob sie beide auch in den Rang seiner eigenen Söhne, nach denen die Stämme genannt werden (1.Mose 48:5).
Bis hierhin reicht die Liste der Glaubenszeugen, die eine überhimmlische
Erwartung haben (Heb.11:9,13-16). Ab Vers 35b kommt der Verfasser wieder auf sie
zurück. Die in den dazwischenliegenden Versen 22 bis 35a genannten Zeugen haben
diesen gegenüber, die die Verheißungen bisher nicht davontrugen, im Vorgriff
auf das ihnen bestimmte Königreich Israels auf der Erde bereits die Erfüllung
mancher Verheißungen erlangt.
»Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben«
Teil II (Hebräer 11:22-40)
Im zweiten Teil unserer Betrachtung über Kapitel elf des Hebräerbriefs werden uns zunächst in den Versen 22 bis 35a Glaubenszeugen vor Augen geführt, die am Königreich Israels auf der Erde teilhaben werden und dementsprechend in der Kraft des zukünftigen Äons bereits Verheißungen erlangten. Sodann werden wir ab Vers 35b von Gläubigen hören, denen die sie angehende Verheißung, nämlich ein besseres, überhimmlisches Vaterland (Heb.11:13-16), erst zusammen mit den Gläubigen, an die sich der Brief richtet, erfüllt werden wird.
Vers 22 lautet: »Durch Glauben gedachte Joseph, verscheidend, des Auszugs der Söhne Israels und gab Anweisungen bezüglich seiner Gebeine.« Joseph glaubte, was Elohim den Vätern geschworen hatte, war somit vom Auszug Israels aus Ägypten, dieser gewaltigen Machttat Gottes, überzeugt und konnte folglich die konkrete Anweisung geben, seine Gebeine in das verheißene Land zurückzubringen (1.Mose 50:24,25; 2.Mose 13:19).
Vers 23 berichtet über Moses Elternhaus: »Durch Glauben wurde Mose, nachdem er geboren war, drei Monate von seinen Vätern verborgen, weil sie sahen, dass das Knäblein überaus hold war, und die Verordnung des Königs nicht fürchteten.« Nachdem die Anordnung des Pharaos an die Hebammen, alle neugeborenen Söhne der Hebräer zu töten, nichts bewirkt hatte, weil die Hebammen den Einen, Elohim, fürchteten (woraufhin Elohim ihre Häuser segnete), erging der Befehl, alle neugeborenen Knaben in den Nil zu werfen. Doch die Väter des Mose, das heißt die männlichen Vorfahren, wie auch seine Mutter fürchteten Gott in der Kraft des Glaubens und nicht den König und erfuhren so die Rettung ihres Sohnes auf eine wunderbare Weise, dass nämlich die Tochter des Pharaos ihn als ihren Sohn annahm (2.Mose 1:15-23:10).
Mose wandelte, wie wir durch die Verse 24 bis 26 erfahren, im Glauben, in der zuversichtlichen Annahme dessen, was man erwartet: »Durch Glauben verweigerte Mose, als er groß geworden war, Sohn der Tochter Pharaos genannt zu werden, und zog es viel mehr vor, gemeinsam mit dem Volk Gottes Übles zu erdulden, als eine befristete Annehmlichkeit in der Sünde zu haben, da er die Schmach des Christus für größeren Reichtum erachtete als die Schätze Ägyptens; denn er blickte davon fort auf die Belohnung hin.«
Möge das Zeugnis des Mose wie auch das all der anderen die Leser des
Briefes zu Glaubensschritten ermutigen und sie darüber belehren, dass Leiden
und Drangsale die unausweichlichen Folgen ihrer Glaubenstreue sind. Die Treue
zahlt sich aus, zunächst in einem vom Wohlgefallen Gottes getragenen Herzen und
dann, wenn Er Seine Stunde herbeigeführt hat, in der Belohnung aus Seiner Hand.
In 2.Mose 2:11 steht geschrieben: »In jenen Tagen (der Bedrückung), als
Mose groß geworden war, ging er zu seinen Brüdern hinaus und sah ihre Bürden.«
Er handelte im Glauben und in der Treue zu seinem Volk und dem Gott seiner Väter.
Nur im Glauben an die Wahrheit des Wortes Gottes über Israel kann man eine
Karriere als Prinz ablehnen und sich sogar unter die Sklaven begeben. Als
Glaubender hatte er keine Wahl: Das Wohlergehen am ägyptischen Hof in selbstsüchtigem
Genießen wäre eine Entscheidung gegen Gott gewesen, womit er sein Leben
verfehlt hätte.
Mose erachtete die Schmach des Christus für einen größeren Reichtum
als die Schätze Ägyptens. »So sollten auch wir nun ... Jesu Schmach tragen«,
spricht Hebräer 13:13 folgerichtig zu, damit das Vorbild des Mose nicht
vergeblich gewesen sei. Um Christi willen geschmäht zu werden, ist das normale
Los der Gläubigen. So sagte zum Beispiel König David in Psalm 69:10: »Der
Eifer um Dein Haus verzehrt mich, und die Schmähungen der Dich (Elohim) Schmähenden
fallen auf mich.« Beachten wir, dass die Feinde im Grunde Gott schmähen; dies
ist die geistliche Wirklichkeit. In 2.Timotheus 3:12 heißt es: »Aber auch
alle, die fromm leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden.« Und
1.Timotheus 4:9 bis 11 lautet: »Glaubwürdig ist das Wort und jeden Willkommens
wert (denn dazu mühen wir uns und werden geschmäht), dass wir uns auf den
lebendigen Gott verlassen, welcher der Retter aller Menschen ist, vor allem der
Gläubigen. Dieses weise an und lehre.« Wer diesem Wort gegenüber treu ist und
die Allaussöhnung lehrt, wird geschmäht werden. Für Gott zu leiden, wird den
Treuen aber für Christus in Gnaden gewährt (Phil.1:29), ist also eine
Gnadengabe.
Mose blickte auch auf die Belohnung hin. Unser Gott und Vater wird ja
aber auch alles gerecht vergelten. Der Herr Jesus hat Israel verheißen: »Glückselig
seid ihr, wenn man euch Meinetwegen schmäht und verfolgt und euch lügnerisch
alles Böse nachsagt. Freuet euch und frohlocket, weil euer Lohn in den Himmeln
groß ist. Denn ebenso verfolgte man die Propheten, die vor euch waren«
(Mat.5:11,12). Und das Wort in 1.Petrus 4:12 bis 14 ist wie zu Mose gesprochen:
»Geliebte, lasst euch die unter euch zur Probe entstandene Feuersbrunst der
Leiden nicht befremdlich sein, als ob euch etwas Fremdes widerführe, sondern in
dem Maße, wie ihr an den Leiden des Christus teilnehmt, freut euch, damit ihr
auch bei der Enthüllung Seiner Herrlichkeit frohlocken und euch freuen mögt.
Wenn ihr wegen des Namens Christi geschmäht werdet, seid ihr glückselig, da
der Geist der Herrlichkeit und der Kraft und der Geist Gottes auf euch ruht.«
Weiter hören wir von Mose: »Durch Glauben verließ er Ägypten und fürchtete nicht den Grimm des Königs; denn er hielt standhaft aus, als sähe er den Unsichtbaren.« Dieser Vers 27 dürfte sich nicht auf seine Flucht nach Midian beziehen (2.Mose 2:15), sondern auf den Auszug mit seinem Volk aus Ägypten. Damals sagte der Pharao zu ihm: »Geh hinweg von mir! Hüte dich, fortan mein Angesicht sehen zu wollen, denn an dem Tag, wo du mein Angesicht sehen willst, sollst du sterben.« Da antwortete Mose: »Recht hast du gesprochen, fortan werde ich dein Angesicht nicht weiter sehen« (2.Mose 10:28,29). Entscheidend war, dass er Gott fürchtete und nicht den König und dass seine Standhaftigkeit aus seinem Glauben erwuchs, aus seinem Überführtsein von Tatsachen, die man nicht erblickt. Wie köstlich ist es doch zu handeln, als sähe man den Unsichtbaren!
Überdies heißt es von Mose: »Durch Glauben hat er das Passah gehalten und die Bestreichung mit Blut vollzogen, damit der Vertilger der Erstgeborenen sie nicht antaste« (Vers 28). Wegen seines Glaubens wurde die Verheißung erfüllt, dass kein Erstgeborener aus Israel bei der zehnten Plage starb (2.Mose 12:13,14,21-23). Im Glauben hatten sie das beschirmende Blut eines makellosen, einjährigen, männlichen Lammes an die beiden Pfosten und die obere Schwelle der Eingangstüren ihrer Häuser gestrichen. Sie hatten dem Lamm keinen Knochen gebrochen, so wie es später auch an Jesus nicht geschah (2.Mose 12:46; Joh.19:36). Allein das Blut des einzig wahren Passahlamms, das der Welt Sünde auf Sich nahm (Joh.1:29; 1.Joh.2:2), darf auch den Glaubenden des Hebräerbriefs zur Rettung gereichen (Heb.9:12).
Auch Israel hatte Glauben: »Durch Glauben durchschritten sie das Rote
Meer wie trockenes Land, während die Ägypter, als sie den gleichen Versuch
unternahmen, verschlungen wurden« (Vers 29). Die gesamte dem ausgezogenen Volk
nachjagende ägyptische Streitmacht kam um, und die Ägypter erkannten dadurch
die Herrlichkeit Jewes (2.Mose 14:4,17). Überhaupt sagt die Schrift zu Pharao:
»Ebendeshalb habe Ich dich erweckt, damit Ich an dir Meine Kraft zur Schau
stelle und damit Mein Name auf der gesamten Erde kundgemacht werde« (Röm.9:17;
2.Mose 9:16).
Und Israel erfuhr eine wunderbare Rettung in der Kraft des zukünftigen Königreichsäons
und in Erfüllung der Abraham gegebenen Verheißung, dass sie nach 400-jähriger
Demütigung in einem fremden Land mit großem Gut ausziehen werden (1.Mose
15:14).
Im Glauben stand Israel vor Jericho: »Durch Glauben fielen die Mauern von Jericho, nachdem sie sieben Tage lang umkreist wurden« (Vers 30). Als die Priester am siebenten Tag siebenmal um die Stadt gezogen waren und dann wieder in die Widderhörner stießen, erhob das Volk ein großes Kriegsgeschrei; da stürzte die Mauer in sich zusammen, und das Volk stieg in die Stadt, ein jeder gerade vor sich hin, und sie nahmen die Stadt ein (Jos.6:20). Welche physikalischen Kräfte Gott für diese Machttat gebrauchte, ist nicht entscheidend, sondern Seine Antwort auf den Glauben Israels.
Ferner lesen wir: »Durch Glauben kam Rahab, die Hure, nicht mit den Widerspenstigen um, weil sie die Kundschafter mit Frieden empfing« (Vers 31). Die Jericho einnehmenden Israeliten verschonten die Hure Rahab und ihre Familie, weil sie die israelitischen Kundschafter verborgen hatte (Jos.2:1-21; 6:22). Sie hatte Glauben, denn sie hatte erkannt, dass Jewe Israel das Land gegeben hat und Jewe, der Elohim Israels, der Verfüger in den Himmeln und auf der Erde ist (Jos.2:9,11). Rahab ist übrigens ein Vorfahr Jesu: »Salmon zeugte Boas mit der Rahab« (Mat.1:5).
Um mit der Aufzählung zum Ende zu kommen, fasst der Autor des Briefes sich mit den Versen 32 bis 35a jetzt kurz: »Und was soll ich noch sagen? Denn die Zeit wird mir fehlen, um von Gideon, Barak, Simson, Jephtha und David zu erzählen, wie auch von Samuel und den Propheten, die durch Glauben Königreiche niederrangen, Gerechtigkeit wirkten, Verheißungen erlangten, der Löwen Rachen verstopften, die Kraft des Feuers löschten, der Schneide des Schwertes entflohen, in Schwachheit gekräftigt wurden, in der Schlacht stark wurden, der Fremden Lager in die Flucht jagten, und Frauen haben ihre Toten durch Auferstehung wiedererhalten.«
Gideon, ein Richter Israels, befreite sein Volk aus der siebenjährigen
Unterdrückung durch die Midianiter. Danach hatte das Land vierzig Jahre lang
Ruhe (Ri.6-8).
Barak, ebenfalls ein Richter, rettete Israel aus der Hand des Kanaaniterkönigs
Jabin und seines Heerführers Sisera, der es zwanzig Jahre lang gequält hatte,
und das Land hatte dann vierzig Jahre Frieden (Ri.4+5).
Simson, der sein Volk zwanzig Jahre lang richtete, befreite es aus einer
vierzig Jahre währenden Besetzung durch die Philister (Ri.13-16).
Jephtha, ein weiterer Richter, war sechs Jahre im Dienst; er besiegte die
feindlichen Ammoniter (Ri.11).
Die Zeit der Richter lag zwischen dem Tod Josuas und der Wahl Sauls zum König.
Die Richter waren Älteste des Volkes, sprachen Recht und richteten den Weg des
wankelmütigen Israels immer wieder aufs Neue auf Jewe aus (Ri.2:17-19). Es
wirkten vermutlich auch welche gleichzeitig unter verschiedenen Stämmen, die
nur einen losen Zusammenhalt hatten.
David - sein Leben sowie seine Kriege und Siege sind in 1.Samuel ab
Kapitel 16, im 2. Buch Samuel und in 1.Chronika ab Kapitel 11 ausführlich
geschildert. Er regierte von ca. 1012 bis 972 v. Chr. siebeneinhalb Jahre lang
als König über Juda und dann 33 Jahre über ganz Israel (2.Sam.2:11; 5:5).
Jewe segnete David in all seinem Tun in herrlicher Weise (2.Sam.8:14). Da das
Haus und das Königtum Davids vor Jewe für den kommenden Äon feststehen soll
(2.Sam.7:16), ist sein Königreich das Vorbild für das tausendjährige Königreich
Israels, in welchem außergewöhnliche Kräfte wirken werden.
Samuel war Prophet und der letzte der Richter (1.Sam.3:20). Zwanzig Jahre
nach der Niederlage von Eben-Eser und der Wegnahme der Bundeslade (1.Sam.4)
befreite er Israel von den Philistern (1.Sam.7:2-14). Jewe war mit ihm, sodass
alle seine Worte eintrafen (1.Sam.3:19). Er salbte Saul zum König (1.Sam.8-10)
und nach dessen Verwerfung durch Jewe (1.Sam.15:10) den etwa siebzehnjährigen
David im Geheimen zu Sauls Nachfolger (1.Sam.16). Samuel starb im 98. Lebensjahr
nach über siebzigjähriger Dienstzeit.
Sodann erwähnt der Verfasser des Hebräerbriefs die Propheten. Sie verkündigten
das ihnen vom heiligten Geist übermittelte Wort Gottes. Gott spricht durch den
Mund Seiner heiligen Propheten (Ap.3:21,24). Sie bilden die Grundlage des Gebäudes
Gottes, Seiner Wohnstätte im Geist (Eph.2:20). Da der Apostel Paulus das Wort
Gottes für unsere heilsgeschichtliche Haushaltung vervollständigt hat
(Eph.3:2; Kol.1:25) und mithin nichts weiter zu offenbaren ist, gibt es heute
keine Propheten mehr.
Was wirkten all diese von Vers 22 an aufgeführten Glaubenszeugen an Wundern und Machttaten in der Kraft des kommenden Königreichsäons? In den Versen 33 bis 35a leuchten einige Beispiele dafür auf.
Sie rangen durch Glauben Königreiche nieder. So erlitten zum Beispiel
die Midianiter eine vernichtende Niederlage durch Gideon (Ri.7:22). Und David
machte mit vielen anderen Königreichen ein Ende (2.Sam.8).
Sie wirkten Gerechtigkeit. Die Ägypter erfuhren gerechte Vergeltung
durch Mose (1.Mose 15:14). David übte Recht und Gerechtigkeit an seinem ganzen
Volk (2.Sam.8:15); er konnte dies, weil der Geist Jewes auf ihm war
(1.Sam.16:13), der ihn zu außergewöhnlichen Machttaten befähigte. Heute
dagegen wird die Kraft Gottes in unserer Schwachheit zum Ausdruck gebracht
(2.Kor.12:9), etwa durch die innere Kraft zum Ertragen von Drangsalen und durch
Sanftmut im Leiden (1.Tim.6:11) in der Gesinnung Christi.
Sie erlangten Verheißungen. Mose erlangte die bereits erwähnte Abraham
gegebene Verheißung, dass Israel mit vielen Gütern aus dem Land der Sklaverei
fortziehen werde (1.Mose 15:14).
Sie verstopften der Löwen Rachen. Der Prophet Daniel hatte sich entgegen
dem Erlass des Königs Darius, des Meders; nach wie vor dreimal am Tag im Gebet
und Flehen an seinen Elah gewandt. (Elah: Das aramäische Wort entspricht dem
hebräischen Eloah, was „Der zu El hin Unterordnende“ bedeutet.) Deshalb
wurde Daniel in die Löwengrube geworfen. »Elah jedoch verschloss den Rachen
der Löwen, und sie taten ihm nichts zuleide« (Dan.6:19).
Sie löschten die Kraft des Feuers. Der babylonische König Nebukadnezar
hatte eine goldene Bildsäule zur Anbetung aufstellen lassen. Die drei jüdischen
Freunde Daniels beteten sie aber nicht an und wurden darum in einen Feuerofen
geworfen. Doch sie traten unversehrt, ja ohne jeglichen Brandgeruch, aus dem
Ofen heraus. Das Feuer hatte keine Vollmacht über diese Gläubigen und Treuen.
Sie erlebten eine wunderbare Rettung (Dan.3).
Sie entflohen der Schneide des Schwertes. Als zum Beispiel die Stadt
Dotan von einem aramäischen Heer umringt war, schlug der Prophet Elisa (er
wirkte etwa von 865 bis 814 v. Chr.) es mit Blindheit, und die Stadt entrann der
Gefahr des Schwertes (2.Kön.6:18).
Sie wurden in Schwachheit gekräftigt, so wie Simson, von dem mit dem
Abschneiden seiner Haarflechten die Kraft Jewes gewichen war, noch einmal gekräftigt
wurde, um an den Philistern durch das Umstürzen der beiden Mittelsäulen ihres
Festhauses Rache zu nehmen (Ri.16).
Sie wurden in der Schlacht stark, so wie Barak das Heer der Kanaaniter völlig
vernichtete (Ri.4:16).
Sie jagten der Fremden Lager in die Flucht. Dies geschah zum Beispiel mit
dem Heerlager der Philister nach dem Sieg Davids über Goliat (1.Sam.17:52).
»Und Frauen haben ihre Toten durch Auferstehung wiedererhalten« (Vers
35a). Der Prophet Elia erweckte den Sohn der Witwe zu Zarpat wieder zum Leben
(1.Kön.17:17-24). Ein Gleiches tat Elisa an dem Sohn der Schunemiterin (2.Kön.4:17-37).
Wie kraftvoll und siegreich das Leben jener in den Versen 22 bis 35a angeführten Gläubigen doch war! Sie werden auferstehen und im tausendjährigen Königreich Israels auf der Erde leben, dessen Kräfte sie bereits geschmeckt haben (vgl. Heb.6:5).
In auffälligem Gegensatz dazu haben andere Gläubige in Schwachheit
gelitten und keine Rettung erfahren. Sie werden eine bessere Auferstehung
erlangen, nämlich die zusammen mit den in den Versen 4 bis 21 genannten
Glaubenszeugen (auf die Besonderheit bei Abraham, Isaak und Jakob wurde
hingewiesen!), die nach einem besseren, das heißt überhimmlischen Vaterland
strebten (Heb.11:16), und zusammen mit den Empfängern des Hebräerbriefs, die
eine überhimmlische Berufung haben (Heb.3:1; 12:22), ebenso wie wir, die
Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23).
Von diesen Glaubenszeugen lesen wir in den Versen 35b bis 38: »Andere
aber wurden gemartert, da sie eine Freilösung davon nicht annahmen, um eine
bessere Auferstehung zu erlangen. Andere wieder nahmen Anfechtung durch Verhöhnung
und Geißelung auf sich, dazu noch durch Fesseln und Gefängnis. Sie wurden
gesteinigt, zersägt, wurden angefochten, starben durchs Schwert ermordet, zogen
in Schaffellen und in Ziegenhäuten umher, litten Mangel, wurden bedrängt,
erduldeten Übles. Sie, deren die Welt nicht würdig war, irrten in Wildnissen,
auf Bergen, in Höhlen und Löchern der Erde umher.«
Wer diese Gläubigen im Einzelnen waren, wird nicht gesagt. Es dürften
aber auch gläubige Israeliten gemeint sein, die ebenso wie die in Hebräer
10:33,34 erwähnten geschmähten, drangsalierten und beraubten Juden die Königreichskräfte
nicht erfuhren, weil sie zum Sternensamen Abrahams gehörten (Heb.11:12) und
somit einen besseren und bleibenden Besitz in den Himmeln haben. So denken wir
zum Beispiel an Nabot, der wegen seines von König Ahab und seiner Frau Isebel
begehrten Weinbergs gesteinigt wurde (1.Kön.21:13), und an Secharja, den Sohn
des Priesters Jojada, mit dem der jüdische König Joasch wegen seines Mahnrufs,
vom Götzendienst abzustehen, ebenso verfuhr (2.Chr.24:21). Dem Propheten
Jeremia widerfuhr nur Leid und Verhöhnung sowie wiederholt Gefängnis
(Jer.20:2,8; 37:15; 38:6). Und der dem jüdischen König Jojakim unliebsame
Prophet Uria, der Sohn Schemajas, wurde mit dem Schwert umgebracht (Jer.26:23).
Für sie alle kam eine Freilösung aus ihrer Drangsal nicht in Betracht;
sie standen im Glauben treu zu Gott. Die Welt behandelte sie, als wären sie es
nicht wert, auf der Erde zu leben; in Wirklichkeit aber war die Welt ihrer nicht
würdig.
Immer wieder haben Gläubige Drangsal, Druck und Verfolgung, Hunger und
Blöße, Gefahr und Schwert erfahren. »So wie geschrieben steht: Deinetwegen
(d. h. Gottes wegen) werden wir den ganzen Tag zu Tode gebracht, wie zu den
Schlachtschafen werden wir gerechnet« (Röm.8:35,36; Ps.44:12,23).
Die zusammenfassende Aussage des Kapitels elf haben wir in den Versen 39 und 40: »Und diese alle, obwohl ihnen durch den Glauben Gutes bezeugt wird, trugen die uns angehende Verheißung Gottes nicht davon, um nicht ohne uns vollendet zu werden, weil Er voraus nach etwas Besserem blickt.« Die mit den Versen 4 bis 21 und 35b bis 38 angesprochenen Gläubigen trugen die sie betreffende Verheißung noch nicht davon. »Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben« - dieser Auftakt aus Hebräer 10:38 zum Kapitel elf findet hier seine abschließende Bestätigung: Sie werden leben, sie werden die Verheißung durch den Glauben erlangen, und zwar gemeinsam und gleichzeitig mit den gläubigen Empfängern des Hebräerbriefs. Gott hat diese wie jene vollendet, das heißt zum Ziel gebracht, und zwar allein durch Glauben gerettet zu sein (Heb.9:28). Dementsprechend heißt es in Hebräer 10:14: »Mit nur einer Darbringung (Seiner Selbst) hat Er (Christus) bis zur Durchführung die vollendet, die geheiligt sind.« Die Gläubigen und mithin Geheiligten sind vollendet.
Gott erblickt etwas Besseres für sie voraus. Das Bessere ist nach Vers
16 das Überhimmlische. Denn es gibt nur zwei Erwartungsgüter, nämlich
entweder im Königreich Israels auf der Erde zu leben oder inmitten der überhimmlischen
Regionen und Geschöpfe (Eph.2:6; 2.Tim.4:18). Die Gläubigen des Hebräerbriefs
werden die bessere Verheißung erlangen.
Blickt auf Jesus, damit ihr nicht ermattet!
(Hebräer 12:1-17)
Die Ausführungen in den vorangehenden Kapiteln des Hebräerbriefs über
die Rettung und Heiligung durch den Glauben an Jesu Christi allgenugsames Opfer
(9:28; 10:10,38), die Verheißung einer besseren Auferstehung (11:35b) und eines
besseren, das heißt überhimmlischen Vaterlands (11:16) - über diese
herrlichen Gnadenerweisungen also dürften die Herzen der Hebräer gewonnen
haben, sodass sie bereitwillig auf die nun folgenden Ermahnungen des Kapitels zwölf
hören werden. Die Ermahnungen gründen sich auf die Wolke von Glaubenszeugen
und das Vorbild Jesu Christi und haben im Wesentlichen zum Inhalt, dass die
Heiligen ihren Glaubenslauf mit Ausdauer und ohne Wanken vollführen mögen.
Blickt
auf den Urheber und Vollender eures Glaubens!
Wir lesen die ersten zwei Verse: »Daher mögen also auch wir, weil wir
von einer solch großen Wolke von Zeugen umgeben sind, alle Hemmungen samt der
bestrickenden Sünde ablegen, den vor uns liegenden Wettlauf mit Ausdauer rennen
und von alldem wegsehend auf den Urheber und Vollender des Glaubens blicken, auf
Jesus, der anstatt der vor Ihm liegenden Freude das Kreuz erduldete und die
Schande verachtete und Sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat.«
»Daher«, weil Gott für die Empfänger des Hebräerbriefs etwas
Besseres, nämlich das Überhimmlische, vorausersehen hat (Heb.11:40) und sie
von einer Wolke von Glaubenszeugen umgeben sind, ihre Gedanken mithin von dem
Beispiel vieler im Glauben und im Leiden um des Glaubens willen erprobten
Menschen angespornt werden, darum mögen sie sich danach ausstrecken, sich
ebenso wie jene zu bewähren.
Zum einen sollen sie alle Hemmungen ablegen. Da die stillschweigende
gesellschaftliche Übereinkunft besteht, nicht in
konkreter und personenbezogener Weise über den Glauben an Gott zu
sprechen, lastet diese Verhaltensregel auch auf uns. Wir sollen uns jedoch durch
sie nicht hemmen lassen, sondern mutig und die Schande verachtend jede
Gelegenheit wahrnehmen, das Wort der Gnade zu verbreiten. Mögen wir uns des
Evangeliums Gottes keinesfalls schämen, denn es ist Gottes Kraft zur Rettung für
jeden, der es glaubt (Röm.1:16). Es gilt zudem zu prüfen, was wesentlich ist
(Phil.1:10), damit unser Wandel und Dienst im Herrn nicht durch unnötige Dinge
gehemmt wird.
Zum zweiten sollen wir die Sünde ablegen, wenn sie auch noch so
bestrickend ist und Wohlergehen, Nutzen und Gewinn verspricht. Vergessen wir
keinesfalls die zentrale Sünde, nämlich der Philosophie und anderen leeren
Verführungen nach der Überlieferung der Menschen das Ohr zu leihen und nach
den Grundregeln der Welt zu handeln und nicht dem Christus gemäß zu denken
(Kol.2:8).
Drittens sollen wir - nein, die Hebräer; aber ist es nicht auch um
unsertwillen geschrieben? - den Wettlauf mit Ausdauer rennen. Wir wettkämpfen
am Evangelium, bemühen uns, es bekannt zu machen. Dies ist der köstliche
Ringkampf des Glaubens, und darin sollen wir nicht ermatten.
Schließlich aber und vor allem sollen wir auf unseren Herrn Jesus
Christus blicken, den Urheber und Vollender unseres Glaubens, das vollkommene
Vorbild für unseren mit Widerstand und Leiden verbundenen Wettlauf des
Glaubens. Er ist - eins mit dem Vater - der Urheber unseres Glaubens, denn Gott
gewährt es den Auserwählten in Gnaden, an Ihn zu glauben (Phil.1:29; Eph.2:8).
Unser Glaube ist Gottes Geschenk. Er hat ihn in uns hervorgerufen, Er, der
Allesbewirkende (Eph.1:11). Jesus Christus ist auch der Vollender unseres
Glaubens, weil Er Selbst die tiefste Schmach des Kreuzestodes erlitt und durch
Sein Leiden vollkommen gemacht wurde (Heb.2:10; 5:9), was Ihn befähigt, uns
ebenfalls auf diesem Weg zur Vollendung zu führen.
Betrachtet
Jesus!
Nochmals werden die Hebräer aufgefordert, auf Jesus zu schauen: »So
betrachtet denn den, der solch einen Widerspruch von den Sündern erduldet hat,
als Er unter ihnen war, damit ihr nicht wankt und in euren Seelen ermattet«
(Vers 3). Betrachtet Ihn, Jesus, und zwar nachdenkend, erwägend und alles
Gewicht beimessend, dem Israel so trotzig widersprochen und so sehr widerstanden
hat. Sie hatten Ihn gekreuzigt und gelästert, ihre Häupter geschüttelt und
gesagt: »Du, der den Tempel abbricht und in drei Tagen wieder aufbaut, rette
Dich Selbst! Wenn Du Gottes Sohn bist, so steige vom Kreuz herab« (Mat.27:39).
Er erduldete es, Er ordnete Sich diesem Weg Gottes mit Ihm unter. Haben wir dies
erkannt - erkennen heißt wesensmäßig eins (mit dieser Wahrheit) werden -,
dann werden auch wir nicht wanken. Sind unsere Herzen aufs Erdulden des Christus
ausgerichtet (2.Thess.3:5), dann werden auch wir nicht ermatten, sondern es wird
so sein, wie wir aus 1.Korinther 15:58 wissen: Wir werden beständig und unverrückbar
sein und im Werk des Herrn allezeit überfließen.
Stellt
euch der Sünde entgegen!
Betrachtet Jesus, denn - so sagt Vers 4: »Noch habt ihr euch nicht bis
aufs Blut ringend der Sünde entgegengestellt.« Hier geht es um die Sünde der
Welt; das ist die Ablehnung des Anspruchs Gottes und die Auflehnung gegen Gott.
Wenn wir uns den Weltbeherrschern dieser Finsternis entgegenstellen, indem wir für
die Wahrheit eintreten, dann werden wir ebenfalls Widerspruch erfahren und
leiden müssen. »Aber auch alle, die fromm leben wollen in Christus Jesus,
werden verfolgt werden«, heißt es ganz nüchtern in 2.Timotheus 3:12. Mithin
besteht der Ringkampf bis aufs Blut im Überwinden der Scheu vor dem Leiden.
Paulus erachtete seine Seele nicht als zu kostbar, um sie einzusetzen
(Ap.20:24).
Die Drangsale der für die Wahrheit des Evangeliums Eintretenden dienen
zu ihrer Züchtigung - oder sollten wir etwa die alles überragende Weisheit
unseres treuen Gottes und Vaters vergessen haben? Den Hebräern wird in den
Versen 5 und 6 gesagt: »Und ihr habt gänzlich den Zuspruch vergessen, worin
euch wie Söhnen erörtert wird: Mein Sohn, achte die Zucht des Herrn nicht
gering und ermatte nicht, wenn du von Ihm überführt wirst. Denn wen der Herr
liebt, den züchtigt Er und geißelt jeden Sohn, den Er als den Seinen annimmt.«
Der Autor des Hebräerbriefs erinnert seine Stammverwandten an den
Zuspruch der heiligen Schriften und zitiert frei nach Sprüche 3:11,12: »Jewes
Züchtigung, mein Sohn, verwirf nicht« und nach Hiob 5:17: »Verwirf nicht die
Züchtigung Schaddajs.« Der Schaddaj ist der Allgenugsame, der jeden Bedarf
Stillende. - Unsere Züchtigung durch Gott hat stets unsere Erziehung zum Ziel.
Mit anderen Worten: Seine Erziehung schließt auch Züchtigung ein. Unseres
Gottes und Vaters Züchtigung ist ein Ausdruck Seiner Liebe, so wie es auch in
Sprüche 13:24 heißt: »Wer seinen Stecken zurückhält, hasst seinen Sohn;
aber wer ihn liebhat, züchtigt ihn beizeiten.«
Die Verse 7 bis 9 erklären des Näheren: »Für eure Zucht erduldet ihr. Wie Söhnen bringt es Gott zu euch. Denn wo wäre ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Wenn ihr aber ohne Züchtigung bliebet (deren Mitteilhaber alle wurden), wäret ihr ja Bastarde und nicht Söhne. Danach hatten wir zwar die Väter unseres Fleisches als Erzieher und hatten Scheu vor ihnen. Sollten wir aber nicht vielmehr dem Vater der Geister untergeordnet sein und leben?« Alle Wege, die Gott mit uns geht, haben Sinn und Zweck und führen zum Ziel. Vergessen wir dabei nicht, dass der Höchste der Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs ist (2.Kor.1:3) und mit uns leidet, bis Er uns in das Bild Christi umgestaltet hat (vgl. 2.Kor.3:18).
Es ist selbstverständlich, dass ein Vater seinen Sohn züchtigt. Ebenso handelt Gott. So sagte Mose einst zu Israel: »So erkenne in deinem Herzen, dass Jewe, dein Elohim, dich züchtigt wie ein Mann seinen Sohn züchtigt« (5.Mose 8:5). Gott würdigt uns des Sohnesstandes. Er betrachtet uns als Seine Söhne (Gal.3:26), als Angehörige Seiner Familie (Eph.2:19), und lässt uns darum alles Erforderliche angedeihen. Er vernachlässigt uns nicht, so wie man sich früher um Bastarde (nichteheliche Kinder) nicht sonderlich kümmerte. Mitteilhaber des Christus (Heb.1:9; 3:14) und der überhimmlischen Berufung (Heb.3:1) sind auch Mitteilhaber der Züchtigung (Heb.12:8).
Scheu hatten die Söhne vor ihren Vätern und hielten sich daher zurück. Sollten sie aber nicht vielmehr Gott fürchten und infolgedessen leben? Sollten sie sich nicht vielmehr dem Vater der Geister unterordnen und so zu einem erfüllten Leben gelangen? In den Sprüchen 4:13, 6:23 und 10:17 wird immer wieder betont: Wer Zucht achtet, ist auf dem Weg des Lebens.
Gott, der Vater der Geister (vgl. »El, der Elohim der Geister« und »Jewe, der Elohim der Geister«; 4.Mose 16:22; 27:16; sowie »Der Herr, der Gott der Geister der Propheten«; Off.22:6), der Vater aller Familien in den Himmeln (Eph.3:15), aller überhimmlischen Boten und Fürstlichkeiten (Heb.1:7,14) und aller Erscheinungsformen des Geistes überhaupt, der durch Seinen Geist und die Ihm untergeordneten Geister alles hervorruft, lenkt und bewirkt (Eph.1:11), dem alle Verherrlichung gebührt - Ihm untergeordnet sein ist Leben.
Zu unserer Förderung
Gern ordnen sich die Heiligen ihrem Verfüger unter, ihrem Vater, »denn«, so sagt Vers 10, »die Väter züchtigten uns zwar für wenige Tage nach ihrem eigenen Gutdünken, Er aber zu unserer Förderung, damit wir an Seiner Heiligkeit Anteil bekommen.« Förderlich ist alles, was Gott tut, ertragbringend im Hinblick darauf, dass wir vermehrten Anteil an Seiner Heiligkeit bekommen, mehr von Seiner Heiligkeit aufnehmen. Dem Gnadenstand nach haben alle Gläubigen an Gottes Heiligkeit Anteil, denn sie sind nach dem Willen Gottes durch die Darbringung des Körpers Christi ein für allemal geheiligt (Heb.10:10), doch soll unsere Heiligkeit uns immer mehr prägen. Und dies geschieht durch die täglich Ernährung mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre (für uns heute in der Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung mit seiner Lehre; Eph.3:2; 1.Tim.4:6). Und gerade Leiden können es sein, die uns bewegen, uns das Wort Christi reichlich und nicht länger nur spärlich innewohnen zu lassen (Kol.3:16). »Vollendet eure Heiligkeit in der Furcht Gottes!« (nach 2.Kor.7:1).
Die friedsame Frucht der Züchtigung
Vers 11 nennt die Frucht, die wir dabei gewinnen: »Jede Züchtigung aber scheint uns für die Gegenwart zwar nicht Freude zu sein, sondern Betrübtheit, hernach aber vergilt sie denen eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit, die durch sie geübt sind.« Da Gott gerecht vergilt, werden die in Seinen Wegen Geübten eine kostbare Frucht ernten: den tiefen, freudevollen Herzensfrieden. Dieser Friede beruht auf der richtigen Belehrung, auf der allein richtigen Erziehung Gottes, die zu der richtigen Erkenntnis führt. Die Hebräer kannten Psalm 94:12: »Glückselig ist der Mann, den Du züchtigst, Jewe; aus Deinem Gesetz wirst Du ihn belehren.« Und Sprüche 12:1: »Wer Zucht liebt, liebt Erkenntnis«, wird also Erkenntnis gewinnen, und zwar über Gottes weisheitsvolles Handeln.
Und wie lautet Psalm 119:56,71?: »Bevor ich gedemütigt wurde, irrte ich, doch nun halte ich Dein Wort. Es ist gut für mich, dass ich gedemütigt wurde, damit ich Deine Satzungen lernte.« Ein Stolzer irrt ständig, ein Demütiger aber erfährt in der Gesinnung Christi Jesu, der Sich Selbst erniedrigte, die Frucht des heiligen Geistes: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Gutheit, Treue, Sanftmut, Selbstzucht (Gal.5:22) und ist damit zum Ziel gebracht.
Darum richtet euch wieder auf!
Aus alledem folgt: »Darum richtet die erschlafften Hände und die gelähmten Knie wieder auf und geht mit euren Füßen in geraden Radspuren, damit das Lahme nicht noch ausgerenkt, sondern vielmehr geheilt werde« (Verse 12+13). Mit diesen von Jesaia 35:3 und Sprüche 4:26 abgeleiteten Worten werden die Leser nun - den Gedankengang abschließend - aufgefordert, wieder neue Zuversicht zu schöpfen und den vor ihnen liegenden Wettlauf mit Ausdauer zu rennen (Heb.12:1). Lasst euch durch all die Widerstände und Drangsale nicht ins Wanken bringen und ermattet nicht in euren Seelen, hieß es schon in Vers 3 unseres Schriftabschnitts. Wenn ihr bislang durch so manche Betrübnis gelähmt wart, so richtet euch jetzt wieder auf, da ihr wisst, dass unser treuer Gott und Vater euch zur Förderung und zur Vollendung eurer Heiligkeit in die Anfechtungen hineinführt. Trefft nun die Entscheidung, andernfalls würde das Lahme (oder: das Hinkende) sogar noch ausgerenkt werden.
Jaget dem Frieden nach!
Bei dem Ringkampf des Glaubens, beim Wettkampf der Verbreitung des Evangeliums, der in Festigkeit und Geradlinigkeit zu führen ist, dürfen bestimmte Aspekte nicht außer Acht gelassen werden, nämlich der Friede mit allen, die eigene Heiligung und der Zustand der herausgerufenen Gemeinde. Darauf legen die Verse 14 bis 17 Wert.
Zuerst werden die Hebräer aufgefordert: »Jaget nach dem Frieden mit allen« (Vers 14a). Gott hält in der Heilsverwaltung, in der wir leben, Frieden mit allen Menschen, denn Er war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend, und rechnet ihnen daher die Kränkungen, die sie Ihm zufügen, nicht an. Dieses Wort der Versöhnung hat Gott in uns, die wir durch Christus mit Ihm versöhnt sind, niedergelegt, sodass Er uns den Dienst der Versöhnung geben konnte. Daher sind wir Gesandte für Christus und flehen zu seiner Ehre: »Lasst euch mit Gott versöhnen!« (2.Kor.5:18-20). Dies ist unser herrlicher Dienst, unsere Hauptaufgabe, die Versöhnung Gottes mit den Menschen, Seine Friedenshaltung ihnen gegenüber, in Wort und Tat bekannt zu machen.
Darum halten wir mit allen Menschen Frieden und werden uns zum Beispiel in keinem Fall rächen (Röm.12:19). Und wenn man uns Schmerzen zufügt, werden wir unserem Feind alle »Sanftmut im Leiden« (1.Tim.6:11) erweisen. Sollten wir jedoch die Waffenrüstung Gottes nicht angelegt haben und folglich nicht bereit sein, in jeder Weise Frieden zu bezeugen, dann werden wir uns in Handgemenge mit Fleisch und Blut einlassen und sind damit der Kriegslist des Satans und der Weltbeherrscher dieser Finsternis erlegen (Eph.6:10-17). »Suche Frieden und jage ihm nach!«, sagt David in Psalm 34:15.
Es muss uns auch gesagt werden, Frieden mit den Brüdern und Schwestern in Christus Jesus zu halten; dies kann manchmal schwierig sein. »Jage dem Frieden mit allen nach, die den Herrn aus reinem Herzen anrufen«, heißt es 2.Timotheus 2:22. Fleischlich wandelnde Gläubige aber gefährden den Frieden untereinander. Da werden zum Beispiel törichte und unerzogene Fragen aufgebracht, die Zank erzeugen. »Ein Sklave des Herrn aber«, so schreibt der Apostel Paulus in 2.Timotheus 2:24 bis 26, »soll nicht zanken, sondern gegen alle sanft sein, lehrtüchtig, Übles nachsichtig ertragend, die Widerstrebenden in Sanftmut erziehen, ob ihnen Gott nicht Umsinnung gebe, um zur Erkenntnis der Wahrheit zu kommen, damit sie wieder ernüchtert werden und aus der Falle des Widerwirkers gelangen, zu desselben Willen sie von ihm lebendig gefangen sind.«
Und der herausgerufenen Gemeinde in Korinth, wo es Eifersucht und Hader, Aufgeblasenheit und Spaltungen gab, sagt und verheißt Paulus: »Haltet Frieden, und der Gott der Liebe und des Friedens wird mit euch sein« (2.Kor.13:11).
Jaget der Heiligung nach!
In Vers 14 heißt es weiter: »Jaget nach der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird!« Die gläubigen Hebräer wissen, dass sie heilig sind, weil sie von Gott geheiligt wurden (Heb.2:11; 10:10,14), und zwar nicht durch das Blut von Opfertieren, sondern durch Christi eigenes Blut (Heb.9:13,14; 13:12). Heilig sein heißt Gott angehören, Gott geweiht sein. Diesem ihrem gesegneten Stand als Heilige entsprechend sollen sie sich nun aber auch verhalten. Die Heiligung, die sie nun vollziehen sollen, ist der geistliche Prozess des Wachstums in Christus hinein. Heiligung ist das ständige auf Christus Ausgerichtetsein. Dem Sohn Gottes sollen sie immer ähnlicher werden im Sinnen und Trachten, Denken und Handeln.
Ohne Heiligung wird niemand von den Hebräern den Herrn sehen. Die Treuen werden den Herrn mit den Augen sehen. Wer aber nicht wächst, fällt zurück. Da die Hebräer nicht mit heiligem Geist versiegelt waren, konnten sie sogar abfallen und ihre Rettung somit verlieren (Heb.3:6,14; 6:4-8; 10:26-31,38b). Die wahren Empfänger des Hebräerbriefs aber, sie, die ihn sich zu Herzen nehmen, die Söhne der Verheißung (Heb.6:17), die in der Vollgewissheit des Glaubens zum Thron der Gnade herzugetreten sind (Heb.4:16; 10:22), sind nicht von denen, die zurückweichen zum Untergang, sondern werden gerettet werden (Heb.6:9; 10:39).
Wir leben heute in der Paulus für uns, die aus den Nationen, und die Juden, die sich für das Evangelium des Paulus gewinnen und damit in die Leibesgemeinde eingliedern ließen, gegebenen heilsgeschichtlichen Haushaltung (Eph.3:2; Kol.1:25). In dieser Verwaltung der überströmenden Gnade kann man nicht wieder verloren gehen, denn wir sind mit heiligem Geist unverbrüchlich bis zum Tag unserer Freilösung versiegelt (Eph.1:13; 4:30). »Die Er aber vorherbestimmt [dem Bilde Seines Sohnes gleichgestaltet zu werden], diese beruft Er auch; und die Er beruft, diese rechtfertigt Er auch; die Er aber rechtfertigt, diese verherrlicht Er auch« (Röm.8:30). Nach dem »Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, mit dem ich [Paulus] betraut wurde« (1.Tim.1:11), wird ein unheilig Wandelnder nach erfolgloser Ermahnung aus der Gemeinde ausgeschlossen, an seiner Rettung aber besteht kein Zweifel (1.Kor.5:5) - zum Lobpreis der Herrlichkeit der Gnade (vgl. 1.Kor.3:10-15).
Aus Anlass des beschriebenen Unterschieds ist zur heilsgeschichtlichen Einordnung des Hebräerbriefs zu sagen, dass er eine dem Römerbrief vergleichbare Grundlage der Lehre für die zur Körpergemeinde Christi zu berufenden Juden darstellt. Der Brief bereitet die Hebräer, die eine überhimmlische Berufung haben (Heb.3:1), auf die Vollkommenheitsbriefe, den Epheser-, den Philipper- und den Kolosserbrief, vor. Darin finden sie die vervollständigte Offenbarung, über das Überhimmlische zum Beispiel insbesondere in den Kapiteln eins und zwei des Epheserbriefs.
Achtet darauf!
»Und achtet darauf« - die gesamte Gemeinschaft der Heiligen soll darauf achten (Verse 15 bis 17) -, »dass es niemandem an der Gnade Gottes mangle, dass keine Wurzel voll Bitterkeit emporsprosse und euch sehr belästige und viele durch diese entweiht würden und dass niemand ein Hurer oder Unheiliger sei wie Esau, der sein Erstgeburtsrecht für nur eine Speise weggab. Denn ihr wisst, dass er auch nachher, da er den Segen als Losteil genießen wollte, verworfen wurde; denn er fand keine Gelegenheit, seinen Vater zur Umkehr des Sinnes zu bewegen, obgleich er dies unter Tränen ernstlich suchte.«
Keiner hure. Hurerei soll unter den Gläubigen noch nicht einmal genannt werden, heißt es in Epheser 5:3. Es ist der Wille Gottes, dass sie sich von aller Hurerei fernhalten, also von jeder Art und Weise intimer Beziehungen, solange man nicht miteinander verheiratet ist. Denn zur Heiligung sind wir berufen (1.Thess.4:3,7).
Keiner soll unheilig wie Esau sein, der sein gewissermaßen »heiliges« Erstgeburtsrecht verachtete. Möge niemand ähnlich wie Esau handeln und das Blut Christi für gemein erachten, in dem er geheiligt wurde, und damit an dem Geist der Gnade freveln. Es bliebe für ihn kein Opfer mehr übrig (Heb.10:26-31).
Keine Wurzel der Bitterkeit soll emporsprossen. Diese Redewendung ist 5.Mose 29:17 entlehnt, wo es heißt: »Hütet euch, dass es ja nicht eine Wurzel unter euch gibt, die Gift und Wermut als Frucht hervorbringt.« Es darf nicht geduldet werden, dass ein Gemeindeglied die ganze Gemeinde belästigt und viele entweiht, das heißt beschmutzt, durch was auch immer, sei es, dass fremde Lehren und Menschenweisheit hineingetragen werden, Zwietracht gesät oder sonst etwas getan wird, das zum Niedergang der Sitten führt. Solche Gläubigen sind frühzeitig zu ermahnen (1.Thess.5:13-15), denn »ein klein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig!« (1.Kor.5:6; Gal.5:9).
Keinem mangle es an der Gnade Gottes. Lasst nicht zu, dass da ein Gläubiger ist, der die Größe und den Reichtum der Gnade nicht verstanden und erfasst hat, der seiner Rettung ungewiss ist (Heb.7:25; 10:38) oder der nicht weiß, dass er durch die eine Darbringung Jesu Christi vollkommen gemacht wurde (Heb.10:14). Belehrt ihn und sprecht ihm zu, richtet seine erschlafften Hände und gelähmten Knie wieder auf! Richtet seinen Blick auf Jesus, den Urheber und Vollender seines Glaubens!
Ihr seid zum überhimmlischen Jerusalem herzugetreten
(Hebräer 12:18-29)
Der Schriftabschnitt der Verse 18 bis 29 ist Teil der Ermahnungen des Kapitels zwölf, den Wettlauf des Glaubens mit Ausdauer zu rennen und der Heiligung nachzujagen, das heißt sich dem Herrn in Treue und Gehorsam hinzugeben. Andernfalls würden sie den Herrn nicht sehen. Dies wird nun durch den Vergleich zwischen dem Berg Sinai und dem überhimmlischen Berg oder zwischen Mose und Jesus bekräftigt. Wenn die dem Urteil nicht entronnen sind, die nicht auf Mose hörten, wie viel mehr werden die nicht entrinnen, die sich von Jesus abwenden.
Welch ein dunkles, den Ernst des Gesetzes unterstreichendes Bild uns mit den Versen 18 bis 21 doch vor Augen geführt wird: »Denn ihr seid nicht zu einem betastbaren oder mit Feuer brennenden Berg getreten, noch zu Düsternis oder Dunkelheit, noch zu einem Wirbelsturm, weder zum Klang der Posaune, noch zu einer Stimme mit Aussprüchen, der sich die Zuhörer verweigerten, damit ihnen kein weiteres Wort hinzugefügt werde. Denn sie ertrugen den Auftrag nicht: Selbst wenn ein Wildtier den Berg antastet, soll es gesteinigt werden. Und die Erscheinung war so furchtbar, dass Mose sagte: Ich bin voll großer Furcht und Zittern.« All dies, was hier aufgezählt wird, steht im scharfen Kontrast zu den nachfolgenden Versen 22 bis 24, die die Herrlichkeit beschreiben, zu der die gläubigen Empfänger des Hebräerbriefs gelangt sind.
In 2.Mose 19 steht geschrieben: »Im dritten Monat nach dem Auszug der Söhne
Israels aus dem Land Ägypten, an eben diesem Tag, kamen sie in die Wildnis vom
Sinai (1). Da sprach Jewe zu Mose: Geh zu dem Volk und heilige sie heute und
morgen; lass sie ihre Gewänder spülen, damit sie am dritten Tag bereit seien,
denn am dritten Tag wird Jewe vor den Augen des ganzen Volkes auf den Berg Sinai
herabsteigen. Auch setze dem Volk eine Grenze ringsum und sage ihnen: Hütet
euch, den Berg hinaufzusteigen oder seinen Rand zu berühren. Jeder, der den
Berg berührt soll sterben, ja sterben (10-12). Am dritten Tag, als es Morgen
wurde, geschah ein Donnern und Blitzen. Schweres Gewölk lag auf dem Berg, als
ein überaus gewaltiger Posaunenschall ertönte, sodass alles Volk, das im Lager
war, zitterte. Doch Mose führte das Volk aus dem Lager heraus, um dem Einen,
Elohim, zu begegnen, und es stellte sich unterhalb des Berges auf. Da rauchte
der ganze Berg Sinai, weil Jewe in Feuer auf ihn herabgestiegen war. Rauch stieg
von ihm auf wie der Rauch eines Kalkofens, und der ganze Berg zitterte überaus«
(16-18).
Nach der Bekanntgabe der zehn Gebote sodann heißt es in 2.Mose 20:18-20:
»Alles Volk nahm das Donnergetön und das Blitzen wahr, den Posaunenschall und
den rauchenden Berg. Als das Volk dies sah, da wankten sie, blieben in der Ferne
stehen und sagten zu Mose: Rede du mit uns, wir wollen hören, doch Elohim soll
nicht mit uns reden, damit wir nicht sterben. Da sagte Mose zu dem Volk: Fürchtet
euch nicht!, denn der eine, Elohim, ist gekommen, um euch zu erproben und damit
die Furcht vor Ihm auf euren Angesichtern liege, sodass ihr keinesfalls sündigt.«
(Zwar ist die Gnade wirksamer, um von der Sünde abzustehen, aber zuerst musste
die Kraftlosigkeit des Gesetzes deutlich werden.)
Betastbar war der Berg, Materie war er, wogegen die Gläubigen heute
geistliche und unsichtbare Stätten betreten haben. Jene damals sahen und hörten,
die Heiligen heute nehmen ihre Segnungen im Geist wahr. Jene zitterten und
hatten Furcht, die gläubigen Briefempfänger werden von friedsamer Freude
getragen. Selbst Mose zitterte (5.Mose 9:19).
Bei den gesegneten Adressaten des Hebräerbriefs jedoch verhält es sich völlig anders: »Doch ihr seid zum Berg Zion herzugetreten und zur Stadt des lebendigen Gottes, dem überhimmlischen Jerusalem, und zu zehntausend Boten, zu einer All-Zusammenkunft und zu der herausgerufenen Gemeinde der Erstgeborenen, angeschrieben in den Himmeln, und zu Gott, dem Richter aller, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten und zu dem Mittler eines frischen Bundes, Jesus, und zu dem Blut der Besprengung, das besser spricht als das Abels« (Verse 22-24). - All das hier Bezeichnete ist nicht betastbar, ist nicht Materie, sondern es sind Merkmale höchster geistlicher Herrlichkeit, ausgedrückt in für Hebräer bedeutungsvollen Begriffen. Zusammenfassend kann man mit Epheser 2:22 sagen: Zur Wohnstätte Gottes im Geist sind die Gläubigen herzugetreten.
Zuerst ist vom Berg Zion die Rede. Zion ist der Inbegriff der Sehnsucht
der Juden. Zion ist die Stadt Davids (1.Kön.8:1) und Jewes heiliger Berg
(Ps.2:6). Von Zion kommen Rettung und Segen (Ps.14:7; 134:3). »Aus Zion, der
Vollendung der Schönheit, erstrahlt Jewe« (Ps.50:2). Israel ist die Tochter
Zion (Zeph.3:14; Mat.21:5).
Dann wird die Stadt des lebendigen Gottes genannt. Diese ist ein und
dieselbe. Dort wohnt Jewe (Ps.9:12; Jes.8:18). Der Hebräerbrief hat diese Stadt
aber bereits in einem höheren Licht beschrieben. Kapitel elf sagt, dass Abraham
auf die Stadt, die Grundfesten hat und deren Baumeister und Künstler Gott ist,
wartete und nach einem besseren, das heißt überhimmlischen Vaterland strebte.
Dieses Vaterland, identisch mit der besagten Stadt, hat Gott ihm und den
Mitlosteilinhabern derselben Verheißung bereitet (Verse 9+10, 14-16). Es ist
eine überhimmlische Stadt. Und eine bleibende (Heb.13:14).
Und diese wird nun in unserem Vers 22 genau angegeben: das überhimmlische
Jerusalem. Der Berg Zion, die Stadt des lebendigen Gottes ist das überhimmlische
Jerusalem, die Wohnstätte Gottes im Licht. Die Hebräer sind an das Herz Gottes
gebracht.
Der Apostel Paulus schreibt in Galater 4:26 von einem Jerusalem droben,
das frei vom Gesetz ist. Auch darunter ist nichts Betastbares zu verstehen,
sondern der höchste Ort göttlichen Segens.
Das überhimmlische Jerusalem ist nicht zu verwechseln mit der heiligen
Stadt, dem neuen Jerusalem, das aus dem Himmel auf die neue Erde herabkommt.
Jenes Jerusalem ist die Wohnstätte Israels im letzten Äon und die Braut
Christi (Off.21:2). Sie besteht aus edelsten Materialien. Es verhält sich nicht
so, dass all die Nachkommen Abrahams, die mit den Sternen verglichen werden
(Heb.11:12; 1.Mose 15:5; 22:17), dass alle Menschen mit überhimmlischer Verheißung
etwa wieder auf die Erde gesetzt würden. Sie werden ihrer überhimmlischen
Berufung (Heb.3:1) nicht beraubt, sondern werden in den beiden kommenden Äonen
inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe niedergesetzt sein und
bleiben (Eph.2:6,7).
Für beide Bereiche des Alls, die Himmel und die Erde, ist »Jerusalem«
der Inbegriff der Herrlichkeit.
Zu zehntausend Boten sind sie herzugetreten. Das griechische Wort für
Myriaden ist auch als Plural zu lesen: zu Zehntausenden Boten (Engeln). Mögen
wir eine unzählbar große Menge darunter verstehen. Die Boten gehören zu den
himmlischen Heerscharen. Johannes auf Patmos schreibt: »Dann gewahrte ich und hörte:
Es war wie eine Stimme vieler Boten rings um den Thron und die Tiere und die Ältesten;
ihre Zahl war zehntausendmal zehntausend und tausendmal tausend, die mit lauter
Stimme sagten: Würdig ist das Lämmlein, das geschlachtet wurde, Macht und
Reichtum, Weisheit und Stärke, Ehre, Verherrlichung und die Segnung zu
erhalten!« (Off.5:11,12).
Die Boten haben Fürstlichkeiten und Obrigkeiten über sich (Eph.3:10),
haben also eine hierarchische Ordnung. Sie sind ein Amt versehende dienstbare
Geister (Heb.1:14). Sie beten Jesus an, wie auch in Hebräer 1:6 geschrieben: »Von
der Zeit, wenn Er [Gott] den Erstgeborenen wieder in die Wohnerde einführt,
sagt Er: Anbeten sollen vor Ihm alle Boten Gottes.«
An einer All-Zusammenkunft nehmen sie teil, an einer feierlichen
Versammlung aller vor Gott. Diese All-Zusammenkunft meint wohl die Gesamtheit
aller himmlischen Boten und ihrer Oberen sowie aller anderen überhimmlischen
Geschöpfe. Eine solche Zusammenkunft wird zum Beispiel in Hiob 1:6 erwähnt: »Es
geschah eines Tages, da kamen die Söhne Elohims, um sich vor Jewe aufzustellen.«
In 1.Könige 22:19 wird berichtet, dass der Prophet Micha zu König Joschafat
sagte: »Darum höre das Wort Jewes. Ich sah Jewe auf Seinem Thron sitzen, und
all das Heer der Himmel stand vor Ihm zu Seiner Rechten und zu Seiner Linken.«
Siehe auch Daniel 7:10. Die gläubigen Hebräer dürfen sich somit als Heilige
mit all den heiligen überhimmlischen Geistwesen geistlich verbunden wissen.
Sie sind zu der herausgerufenen Gemeinde der Erstgeborenen, angeschrieben
in den Himmeln, herzugetreten. Ein Erstgeborener zu sein, war für einen Juden
etwas Besonderes, denn Jewe hatte zu Mose gesagt: »Heilige Mir jeden männlichen
Erstgeborenen: Er gehört Mir!« (2.Mose 13:2; 34:19; Luk.2:23). Später nahm
Jewe anstelle aller Erstgeborenen die Leviten aus der Mitte Israels für Sich
heraus (4.Mose 3:12). Hier in unserem Vers 23 dürfen wir unter den
Erstgeborenen die bis zur Niederschrift des Hebräerbriefs zum Glauben
gebrachten Israeliten verstehen.
Sie sind nicht auf der Erde in Geschlechtsregistern, sondern in den
Himmeln in der Rolle des Lebens des Lämmleins eingeschrieben. Da die Sünder
aus dieser Rolle gestrichen werden, standen ursprünglich wohl alle Israeliten
darin. Denn Jewe hatte zu Mose gesagt: »Jeden, der gegen Mich gesündigt hat,
werde Ich aus Meiner Schriftrolle tilgen« (2.Mose 32:33). Zu Seinen Jüngern
sprach unser Herr: »Freut euch aber, dass eure Namen in den Himmeln
eingeschrieben sind« (Luk.10:20). Siehe auch Psalm 69:29; Jesaia 4:3; Daniel
12:1; Offenbarung 3:5; 13:8; 17:8; 20:15; 21:27; Philipper 4:3. Die in den
Himmeln Eingeschriebenen werden ihr jeweiliges Losteil zur festgesetzten Zeit
einnehmen, die einen die überhimmlischen Regionen und Israel die Erde.
Vor
Gott, dem Richter aller, stehen die von Ihm Geheiligten und vollkommen Gemachten
(Heb.10:10,14). Er ist der Richter, dem jeder Rechenschaft zu geben hat und vor
dem sich jedes Knie beugen und dem jede Zunge huldigen wird (Jes.45:23; Röm.14:11,12;
Jak.4:12; Off.20:12). Der gerechte Richter hat die gläubigen Briefempfänger
gerechtgesprochen - allein in der Gnade, allein aufgrund ihres Glaubens an das
Blut Jesu Christi (Heb.4:16; 9:28; 10:38).
Dort - vor Gott - befinden sich auch die Geister der vollendeten
Gerechten. Der Geist eines jeden verstorbenen Gläubigen, zusammengenommen die
Geister der Entschlafenen sind beim Eintritt des Todes zu Gott zurückgekehrt
(Pred.12:7; Ps.104:29). Diese Gläubigen sind gegenwärtig tot und haben kein
Bewusstsein (Pred.9:5,10; Ps.115:17; 146:4; Jes.63:16), doch im Geist und in der
Vorfreude des gemeinsamen äonischen Lebens dürfen sich auch die Leser des Hebräerbriefs
mit ihnen verbunden wissen.
Die Hebräer sind zu dem Mittler eines frischen Bundes getreten, Jesus.
Über dieser jungen, neuen und besseren Bund und den einzigen Mittler dieses
Bundes, Jesus, hat der Verfasser des Hebräerbriefs in den Kapiteln sieben bis
neun ausführlich geschrieben, sodass an dieser Stelle nicht nochmals darauf
eingegangen werden soll (Heb.7:22; 8:6,8,13; 9:15).
Und zum Blut der Besprengung, das besser spricht als das Abels, sind die
Gläubigen gekommen. Das Blut Abels spricht von seinem Glauben und seiner
Gerechtigkeit (1.Mose 4:10; Mat.23:35; Heb.11:4), Christi Blut aber besprengt
die Herzen der Gläubigen und reinigt sie (Heb.9:14; 10:22).
Eingedenk all der genannten höchsten Vorrechte gibt es nur eins: in Dankbarkeit und aller Ehrfurcht Gott hingebungsvoll dienen! Eindringlich werden die Hebräer vor dem Gegenteil gewarnt: »Hütet euch, dass ihr nicht den abweist, der zu euch spricht. Denn wenn jene nicht entronnen sind, die den abwiesen, der auf Erden Weisung gegeben hatte, wie viel mehr wir, wenn wir uns von dem Einen aus den Himmeln abwenden, dessen Stimme damals die Erde erschütterte« (Verse 25+26a). Heute spricht Jesus Christus zu ihnen, Er, der Eine aus den Himmeln. Schon eingangs des Hebräerbriefs war dies gesagt worden: »Nachdem Gott vor alters vielfach und auf viele Weise zu den Vätern durch die Propheten gesprochen hat, spricht Er an den letzten dieser Tage zu uns in dem Sohn, den Er zum Losteilinhaber von allem gesetzt und durch den Er auch die Äonen gemacht hat. Er ist die Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit und das Gepräge Seines Wesens und trägt das All durch Sein machtvolles Wort« (Heb.1:1-3).
Damals gab Mose ihnen Weisung, als Jewes Stimme die Erde erschütterte,
damals als Jewe in Feuer auf den Berg Sinai herabgestiegen war und der ganze
Berg rauchte und zitterte und Jewe Mose mit lauter Stimme antwortete (2.Mose
19:18,19). Die Mose nicht gehorchten, entrannen dem Gericht nicht - darum hütet
euch! Eine ähnliche Ermahnung haben wir in Hebräer 2:2,3: »Wenn schon das
durch Boten gesprochene Wort fest bestätigt wurde und jede Übertretung und
jeder Ungehorsam die berechtigte Entlohnung erhielt - wie werden wir entrinnen,
wenn wir eine Rettung solchen Ausmaßes vernachlässigen?« Petrus zitiert in
der Halle Salomos aus 5.Mose 18:19 und sagt: »Es wird aber so sein: Jede Seele,
die etwa auf jenen Propheten [Jesus] nicht hören wird, soll aus dem Volk
ausgerottet werden« (Ap.3:23).
Hören wir weiter: »Nun aber hat Er verheißen: Noch einmal werde Ich nicht nur die Erde erbeben lassen, sondern auch den Himmel. Aber das »noch einmal« macht die Verwandlung dessen offenkundig, das als etwas Erschaffenes erschüttert werden wird, damit das bleibe, was nicht erschüttert werden kann« (Verse 26b bis 27). Die Verheißung steht in Haggai 2:6,7: »So spricht Jewe der Heere: Noch einmal - ein Weniges ist es - und Ich werde die Himmel und die Erde und das Meer und das Trockene erschüttern. Und Ich werde all die Nationen erschüttern, und die Kostbarkeiten aller Nationen werden kommen, und Ich werde dieses Haus [den Tempel] mit Herrlichkeit füllen, spricht Jewe der Heere.« Das Gleiche lesen wir in Jesaia 13:13: »Ich will die Himmel erschüttern, und die Erde erbebt von ihrer Stätte bei dem wütenden Ingrimm Jewes der Heere und am Tage Seiner Zorneshitze.« Und in Joel 4:16: »Und Jewe brüllt aus Zion und lässt aus Jerusalem Seine Stimme erschallen, und die Himmel und die Erde erbeben.« Diese Erschütterung sowohl der Erde wie auch der Himmel geschieht in der Zeit des Zorns Gottes, also im letzten der siebzig für Israel abgetrennten Jahrsiebener (Dan.9:24), vor Beginn des tausendjährigen Königreichs Israels, nicht erst bei der Erschaffung eines neuen Himmels und einer neuen Erde, auf der es im Übrigen keinen Tempel geben wird (Off.21:1,22).
Zu Moses Zeiten bebte die Erde, in der Zeit des Zorngerichts aber werden
die Erde und die Himmel erschüttert werden. Der Verfasser des Hebräerbriefs
legt mit den Worten »noch einmal« nun nicht nur dar, dass etwas zum zweiten
Mal erschüttert werden wird, sondern dass die Himmel darin einbezogen sind. Das
Erschüttertwerden bringt eine Verwandlung oder Versetzung mit sich. Verwandelt
oder versetzt wird aber das, was als etwas Erschaffenes erschüttert wird. Die
Himmel zählen zu dem Erschaffenen, denn es heißt, dass sie erschüttert werden
und dass das Erschaffene erschüttert wird. Dass die Himmel zu dem Erschaffenen
gehören, ist uns auch aus dem ersten Satz der Bibel bekannt, der da lautet: »Zu
Anfang schuf Elohim die Himmel und die Erde.«
Nun aber folgt die entscheidende Schlussaussage in Vers 27: »... damit das bleibe, was nicht erschüttert werden kann.« Die nicht erschütterten Bereiche bleiben - das sind die überhimmlischen Regionen, das ist die Wohnstätte Gottes in dem für uns zur Zeit noch unzugänglichen Licht (1.Tim.6:16). Dies bleibt, und daran - am überhimmlischen Jerusalem - haben die gläubigen Hebräer Anteil.
Die Verse 28 und 29 führen die Gläubigen zur Konsequenz aus alledem: »Darum sollten wir, weil wir ein unerschütterliches Königreich erhalten, die Dankbarkeit haben, durch die wir Gott in wohlgefälliger Weise Gottesdienst darbringen, mit Ehrfurcht und Zagen; denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer.« Darum, weil sie ein unerschütterliches Königreich erhalten, sollen sie nun alles dareinsetzen, zu Gottes Verherrlichung zu wandeln und zu dienen.
Das unerschütterliche Königreich ist das überhimmlische, von dem
Paulus in 2.Timotheus 4:18 schreibt: »Der Herr wird mich retten für Sein überhimmlisches
Königreich!« Aus Epheser 2:5 bis 7 ist uns bekannt: »Er [Gott] macht uns
zusammen [Juden und Nichtjuden] lebendig in Christus (in der Gnade seid ihr
Gerettete), Er erweckt uns zusammen und setzt uns zusammen nieder inmitten der
Überhimmlischen in Christus Jesus, um in den kommenden Äonen den alles übersteigenden
Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau zu stellen.«
Die gläubigen Hebräer werden mithin zusammen mit uns in den zwei zukünftigen
Äonen inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe sein.
Darum sollen sie voller Dank sein. Danksagen ist ein Erstatten der
erfahrenen Freude. Die Dankbarkeit soll den gesamten Alltag umfassen. Der ganze
Alltag sei ein Gott wohlgefälliger Gottesdienst. In aller Unterordnung und mit
allem Ernst sollen sie allezeit tun, was Gottes Wille ist. Was Gottesdienst ist,
wird uns auch mit Römer zwölf, Verse 1 und 2 gesagt: »Ich spreche euch nun
zu, Brüder (im Hinblick auf die Mitleidserweisungen Gottes), eure Körper als
ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen (als
euren folgerichtigen Gottesdienst) und euch nicht auf diesen Äon einzustellen,
sondern euch umgestalten zu lassen durch die Erneuerung eures Denksinns, damit
ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei - der gute, wohlgefällige
und vollkommene.«
»... denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer« (Vers 29). Dieser Begriff war den Hebräern wohlbekannt, denn in 3.Mose 10:1-3 steht geschrieben: »Die Söhne Aarons, Nadab und Abihu, nahmen jeder seine Räucherpfanne, gaben Feuer in sie, taten Räucherwerk darauf und nahten sich vor Jewe mit fremdem Feuer, das Er ihnen nicht geboten hatte. Da ging Feuer von Jewe hervor und verzehrte sie, und sie starben vor Jewe. Darauf sagte Mose zu Aaron: Dies ist, wovon Jewe sprach, als Er sagte: Unter denen, die Mir nahen, will Ich geheiligt werden.« Letzteres geht auf 2.Mose 19:22 zurück, wonach Jewe zu Mose gesagt hatte: »Auch die Priester, die zu Jewe herantreten, sollen sich heiligen, sonst wird Jewe eine Bresche in sie schlagen.« In 5.Mose 4:23,24 ist sodann zu lesen: »Hütet euch, dass ihr den Bund Jewes, eures Elohims, ja nicht vergesst, den Er mit euch geschlossen hat, und euch einen Götzen macht ... Denn Jewe, dein Elohim, ist ein verzehrendes Feuer, ein eifernder El.« Das verzehrende Feuer ist mithin hier als der brennende Eifer Gottes für die Heiligkeit der Hebräer zu verstehen, die ja der Heiligung nachjagen sollen, ohne die niemand von ihnen den Herrn sehen wird (Heb.12:14). Näheres hierzu siehe unter den Ausführungen zu besagtem Vers 14.
Und schließlich werden die zurückfallenden und abfallenden Hebräer,
jene, die nicht in der Rolle des Lebens eingeschrieben sind, am Tage des
Gerichts vor dem großen, weißen Thron in den See des Feuers geworfen; dieser
ist der zweite Tod (Off.20:14,15).
Doch wie heißt es in Hebräer 6:9? »Wir sind aber, was euch angeht, Geliebte, eines Besseren überzeugt, was mit Rettung zu tun hat, wenn wir auch so sprechen.« Und wie lautet Hebräer 10:39? »Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen zum Untergang, sondern Teilhaber des Glaubens, zur Aneignung der Bewahrung der Seele.«
Jesus Christus - allezeit derselbe
(Hebräer 13)
Kapitel dreizehn darf als Epilog verstanden werden. Das Nachwort ist aber nicht minder wichtig, denn es enthält viele wichtige spezielle Zusprüche, die für einen Gott wohlgefälligen Gottesdienst im Alltag unbedingt zu beachten sind.
»Die brüderliche Freundschaft sei bleibend« (Vers 1). Die gläubigen Hebräer werden aufgefordert, die Gemeinschaft zu pflegen und Liebe an allen Gliedern der herausgerufenen Gemeinde zu üben. Die Bruderschaft sei beständig. Sie wird nur von der Liebe erhalten und belebt (1.Thess.4:9). Mögen wir in der geschwisterlichen Freundschaft einander herzlich zugetan sein und in Ehrerbietung hoch achten (Röm.12:10). Hören wir hierzu noch das Wort des Petrus: »Nachdem ihr eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit geläutert habt zu ungeheuchelter brüderlicher Freundschaft, liebt einander inbrünstig aus wahrhaftigem Herzen« (1.Pet.1:22). Schließlich beherzige man auch Sprüche 17:9: »Wer Vergehen zudeckt, handelt in Liebe; wer aber eine Sache wieder aufrührt, entzweit Vertraute.«
»Vergesst nicht die Gastfreundschaft; denn durch diese haben etliche unbewusst Boten bewirtet« (Vers 2). Abraham hatte unter den Eichen von Mamre drei Boten Gottes bewirtet, Lot zwei in Sodom (1.Mose 18:3; 19:3). Hier sind nicht menschliche Boten gemeint, sondern göttliche, zum Dienst ausgeschickte Geister (Heb.1:14), gewöhnlich Engel genannt. »Jaget der Gastfreundschaft nach!«, schreibt Paulus in Römer 12:13. Denkt also auch an die fremden Gläubigen, die auf der Durchreise sind - »und Gott wird eurer Arbeit und der Liebe nicht vergessen, die ihr für Seinen Namen dadurch erzeigt habt, dass ihr den Heiligen dientet« (Heb.6:10).
»Gedenket der Gebundenen wie Mitgebundene, der Übles Duldenden als solche, die noch selbst im Körper sind« (Vers 3). Wohl bestätigt der Verfasser des Hebräerbriefs seinen Lesern, dass sie Mitgefühl mit seinen Gebundenen bewiesen haben (Heb.10:34); die Gefangenen, Misshandelten und sonstwie Übles Erleidenden haben es aber so sehr nötig, dass sie ihrer gedenken, sodass er es ihnen hier besonders ans Herz legt. »Gedenket meiner Fesseln«, bat Paulus nicht ohne Grund (Kol.4:18). Und Onesiphorus zum Beispiel schämte sich der Kette des Paulus nicht und erfrischte ihn oftmals in der römischen Gefangenschaft (2.Tim.1:16). Wenn ein Glied leidet, sollen alle Glieder nicht nur mitleiden, sondern nach Möglichkeit auch helfen (1.Kor.12:26).
»Die Hochzeit werde von allen wertgeachtet, und das Ehebett sei unentweiht; denn Gott wird die Hurer und Ehebrecher richten« (Vers 4). Das sonst immer mit »Hochzeit« übersetzte griechische Wort gamos wird in vielen Bibelausgaben nur hier mit »Ehe« wiedergegeben. Gewiss soll die Ehe von allen - ohne Ausnahme - in Ehren gehalten werden. Es besteht aber kein Grund, sich nicht auch hier an die bekannte Bedeutung des griechischen Begriffs zu halten - und diese ist Heirat. Die Heirat oder Hochzeit ist die öffentliche und damit verbindliche Erklärung, dass eine Ehe geschlossen wird. Ohne Heirat zusammenzuleben, bezeichnet Gottes Wort als Hurerei. Hurerei ist jede intime Beziehung zweier nicht miteinander Verheirateten. Unter den Begriff »Hurerei« fällt zwar vieles und auch Schlimmeres, aber wir sind gehalten, uns von »aller« Hurerei, von jeder Art von Hurerei, fernzuhalten, denn Gottes Wille ist unsere Heiligung (1.Thess.4:3). Vorehelicher Geschlechtsverkehr ist kein ehelicher Geschlechtsverkehr. Zuerst schließt man die Ehe, dann vollzieht man sie.
Gott wird die Hurer richten, ob ungläubig oder gläubig. Die Hebräer
jedenfalls werden den Herrn nicht sehen, wenn sie nicht der Heiligung nachjagen
(Heb.12:14).
Und keinesfalls soll die Ehe gebrochen werden. Denken wir dabei an das
Wort unseres Herrn: »Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau anblickt, um sie
zu begehren, treibt schon Ehebruch mit ihr in seinem Herzen« (Mat.5:28).
Mit den Versen 5 und 6 folgt eine Ermahnung, der nur die folgen können, die glauben, dass ihr Gott und Vater in vollkommener Weise für sie sorgt: »Geldgier sei nicht eure Weise; euch genüge, was vorhanden ist, denn Er Selbst hat versichert: Keinesfalls würde Ich dich preisgeben und noch je dich verlassen. Daher sind wir ermutigt zu sagen: Der Herr ist mein Helfer, und ich werde mich nicht fürchten, was mir ein Mensch auch antun wird.« Die Heilige Schrift ist voll von Zusagen, dass Gott die Seinen nicht verlassen wird - was auch immer geschehen mag, nicht preisgeben wird, denn Er ist für uns (1.Mose 28:15; 5.Mose 31:6; Jos.1:5; Ps.118:6; Röm.8:31). Christus befähigt uns, in allem genügsam zu sein (Phil.4:13). Der Geldgierige aber läuft Gefahr, sich in Versuchungen und Sünden zu verstricken (1.Tim.6:8-10).
»Seid eingedenk derer, die euch führen, die das Wort Gottes zu euch sprechen. Schaut den Ausgang ihres Verhaltens an und ahmt ihren Glauben nach. Jesus Christus, gestern und heute, ist derselbe auch für die Äonen!« (Verse 7+8). Der Herr Jesus Christus bleibt (Ps.102:28; Heb.1:12), und Er bleibt sich auch gleich in Seiner Treue gegenüber den Seinen. Wenn wir, den Ausgang, das Ergebnis des Verhaltens unserer Ältesten anschauend, ihren in der Treue zum Wort erzeigten Glauben nachahmen, werden wir erfahren, dass Jesus Christus Sich wie in der Vergangenheit und in der Zukunft so auch heute an Seinen Getreuen als herrlich erweist.
Die abschließenden Ermahnungen des Hebräerbriefs sind an den
Glaubensblick auf Jesu Christi Größe und Herrlichkeit geknüpft. Er, unser
Herr und Haupt, ist der König der Könige, der allein Unsterblichkeit hat, in
einem unzugänglichen Licht wohnt und für die Äonen herrschen wird
(1.Tim.6:15,16). In Ihm sind wir vervollständigt (Kol.2:10); möge Er nun auch
jedes unserer Werke des Glaubens in Kraft vervollständigen, zur vollen
Entfaltung führen (2.Thess.1:11).
»Lasst euch nicht von mancherlei und fremden Lehren wegtragen; denn es ist trefflich, das Herz in der Gnade stetig zu machen, nicht durch Speisen, mit denen den darin Wandelnden nicht genützt werden kann« (Vers 9). Wessen Sinn auf den verherrlichten Herrn Jesus Christus gerichtet ist, wird für Irrlehren kaum anfällig sein. Mögen die Hebräer die Gnade erkannt haben, die in Christus ist. Die Erkenntnis des Reichtums der Gnade wird sie kräftigen und ihnen Stetigkeit im alltäglichen Glaubensleben verleihen. Sicherlich sind sie der Aufforderung von Hebräer 4:16 und 10:22 gefolgt und mit wahrhaftem Herzen zum Thron der Gnade getreten, sodass sie nun beständig festen Schrittes voranschreiten.
Was sollten jetzt Speisen noch bewirken? Sie sind nutzlos und können
nichts vollenden (Heb.7:18; 9:9,10). In Christus allein sind die Hebräer
vollkommen gemacht (Heb.10:14). Durch die Darbringung des Körpers Jesu Christi
sind sie ein für allemal geheiligt (Heb.10:10).
»Wir haben einen Altar, von dem zu essen die keine Vollmacht haben, die dem Stiftszelt Gottesdienst darbringen« (Vers 10). Der Altar ist eine Redefigur auf das Opfer Christi, ja auf Christus Selbst. Die gläubigen Hebräer sind es, die das Fleisch des Menschensohnes essen und Sein Blut trinken und somit äonisches Leben haben (Joh.6:53). Die aber, die im Tempel Gottesdienst nach dem Gesetz des Mose darbringen, haben keinen Anteil an Christus. Welch ein radikales Wort! Die Priester verrichten ohnehin nur Dienst am Schatten der überhimmlischen Vorbilder für das Stiftszelt (Heb.8:5). Doch nun ist Jesu gekreuzigtes Fleisch der lebendige Weg für alle durch den Vorhang hindurch in das Allerheiligste (Heb.10:19,20).
Vers 11 erläutert: »Denn die Tiere, deren Blut für die Sünde durch
den Hohenpriester in die heiligen Stätten hineingebracht wird, von diesen
werden die Körper außerhalb des Lagers verbrannt.« Hierzu zwei Zitate aus dem
Gesetz des Mose: »Doch das Fleisch des Jungstiers, seine Haut und seinen Mist
sollst du außerhalb des Lagers mit Feuer verbrennen; es ist ein Sündopfer«
(2.Mose 29:14); »Jedes Sündopfer, von dem Blut in das Zelt der Zusammenkunft
zur Beschirmung in der heiligen Stätte gebracht wird, soll nicht gegessen
werden; es soll mit Feuer verbrannt werden« (3.Mose 6:23). Siehe auch 3.Mose
4:12,21; 16:27; 4.Mose 10:3-9.
Um den Gedankengang verstehen zu können, müssen wir Vers 12 hinzunehmen: »Darum hat auch Jesus, damit Er das Volk durch Sein eigenes Blut heilige, außerhalb des Tores gelitten.« Darum - um auch diese Bestimmung des Gesetzes des Mose zu erfüllen, dass das Opfer für Sünden draußen sein Ende findet. Und darum ist der Altar der gläubigen Hebräer ebenfalls draußen. Draußen - fern vom heiligen Stiftszelt - welch eine Schmach! Doch es hat seine Bedeutung für die Gläubigen, dass das Blut des Christus, das sie heiligt und in die heiligen Stätten hineinbringt (Heb.10:19), außerhalb des Tores von Jerusalem geflossen ist.
Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, dass Jesus Christus Sich weit weg vom Tempel Gott darbrachte (Heb.9:14), erfahren wir aus Vers 13: »So sollten wir nun zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, und Seine Schmach tragen.« Ein weiteres radikales Wort!
Aber
Entschiedenheit ist vonnöten. Verlasst das Lager des Judentums und hängt euch
an Jesus Christus! Verlasst den Tempel, verlasst das irdische Jerusalem! - Es
ist klar, dass sie sich mit diesem Schritt die tödliche Feindschaft ihrer
Volksgenossen zuziehen.
Wenn die folgenden Worte aus 2.Korinther 6:16 bis 18 dort auch in einem
etwas anderen Zusammenhang stehen, so treffen sie doch hier gleichwohl zu: »Ihr
seid der Tempel des lebendigen Gottes, so wie Gott gesagt hat: Ich werde ihnen
innewohnen und unter ihnen wandeln, Ich werde ihr Gott sein, und sie werden Mein
Volk sein. Darum kommt aus ihrer Mitte heraus und sondert euch ab, sagt der
Herr. Rührt nichts Unreines an, und Ich werde euch Einlass gewähren. Ich werde
euch zum Vater sein, und ihr werdet Mir zu Söhnen und Töchtern sein, sagt der
Herr, der Allgewaltige.«
Mögen sie sich auf keinen Fall des Christus schämen! Christus ist die
Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes und das Gepräge Seines Wesens; Er trägt
das All durch Sein machtvolles Wort (Heb.1:3). Christus ist ihr Retter zum äonischen
Leben! - Tragt Seine Schmach von Golgatha! Es ist kostbar, um Seinetwillen zu
leiden!
In der gegenwärtigen, dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen
Verwaltung (Kol.1:25; Eph.3:2) ist Christus sogar außerhalb Israels; denn
Israel ist verworfen (Röm.11:15). Unter den Nationen ist Christus heute
(Kol.1:27); und Er Selbst ist unser Reichtum der Herrlichkeit in dieser ehemals
ein Geheimnis gewesenen Haushaltung (Kol.1:26).
Im Übrigen müssen auch heute Gläubige darüber nachdenken, ob sie aus
einem Lager hinausgehen sollten, in welchem Religion zelebriert wird und man
nicht allein aus der Gnade lebt, die in Christus Jesus ist.
Eine weitere Begründung für den Schritt hinaus, nach außerhalb des Tores, finden wir in Vers 14: »Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern suchen die zukünftige.« Hier auf der Erde haben die Juden, die eine überhimmlische Berufung haben (Heb.3:1), nichts Bleibendes. Das All wird ihnen untergeordnet werden, hieß es bereits in Hebräer 2:8. Ein überhimmlisches Vaterland, eine überhimmlische Stadt ist ihnen bereitet, lasen wir in Hebräer 11:16. Nach droben werden sie entrückt werden. Bei der Anwesenheit Christi werden sie lebendig gemacht werden (1.Kor.15:23). Die Stadt, zu der sie - die Nachkommen Abrahams, die mit den Sternen verglichen werden (Heb.11:12) - berufen sind, ist das überhimmlische Jerusalem (Heb.12:22).
Nach alledem ist nur noch ein Opfer darzubringen: das des Dankens und Preisens, wie Vers 15 sagt: »Durch Ihn nun sollten wir Gott allezeit Lobopfer darbringen, das heißt: die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen.« Durch Ihn, Jesus Christus, soll unser Loben geschehen, denn Er ist der Mittler von allem, auch unserer Gebete und Gesänge. David sagte: »Segnen will ich Jewe zu aller Zeit, unentwegt ist Sein Lob in meinem Mund« (Ps.34:2). Ja, mögen die Lippen aller Gläubigen allezeit die köstliche Frucht der Huldigung Gottes hervorbringen (Hos.14:3). Wer Huldigung opfert, verherrlicht Mich«, sagte Asaph in Psalm 50:23.
Lob und Dank finden auch praktischen Ausdruck, nämlich im Opfer für die Geschwister. Mithin steht in Vers 16 geschrieben: »Vergesst aber nicht des Wohltuns und der Beisteuer; denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen.« Da das griechische Wort koinoonia mit Gemeinschaft wie auch Beisteuer übersetzt werden kann, darf man sagen: Pflegt die Gemeinschaft auch in der Weise, dass ihr zu den Bedürfnissen der Heiligen beisteuert.
Des Weiteren wird den Briefempfängern zugesprochen: »Vertrauet denen, die euch führen, und seid ihnen folgsam; wachen sie doch über eure Seelen (als solche, die Rechenschaft erstatten sollen), damit sie dies mit Freuden tun und nicht unter Seufzen; denn dies wäre unvorteilhaft für euch« (Vers 17). Die Gläubigen waren schon mit Vers 7 angesprochen worden, den Glauben ihrer Führer nachzuahmen. Sie sollen ihnen auch vertrauen. Hierzu darf auf 1.Thessalonicher 5:12,13 hingewiesen werden: »Wir ersuchen euch aber, Brüder, auf die zu merken, die sich unter euch mühen, euch vorstehen im Herrn und euch ermahnen, und sie über alle Maßen in Liebe zu achten, um ihres Werkes willen.« Sie sollen sich ihnen zudem auch fügen. Dabei wird unterstellt, dass die Leitenden für ihre Geschwister flehen (Phil.1:4) und Vorbilder sind (vgl. 1.Pet.5:3). Möge niemand unordentlich wandeln und den Ältesten Kümmernis bereiten.
Beide Seiten, die Ältesten wie auch die anderen Gemeindeglieder, werden
vor der Preisrichterbühne des Christus Rechenschaft ablegen müssen (Röm.14:12;
2.Kor.5:10). Die einen dafür, wie sie über die Seelen der anderen gewacht
haben, etwa nach dem Maßstab von 1.Thessalonicher 5:14,15: »Wir sprechen euch
aber zu, Brüder: Ermahnt die Unordentlichen! Tröstet die Kleinmütigen! Steht
ein für die Schwachen! Seid mit allen geduldig! Seht darauf, dass niemand einem
anderen Übles mit Üblem vergelte.« Die anderen werden vor den Augen Jesu
Christi Rechenschaft darüber zu erstatten haben, ob sie den Ältesten folgsam
waren und sich ihre Bemühungen zu Herzen genommen haben. Ungehorsam bringt kein
Lob vor der Preisrichterbühne Christi ein und - was noch wichtiger ist -
verherrlicht unseren Herrn und Retter nicht.
Nun kommt der Briefschreiber auf sich selbst zu sprechen: »Betet für uns; denn wir trauen uns zu, ein ausgezeichnetes Gewissen zu haben, da wir uns in allem trefflich verhalten wollen. Besonders aber spreche ich euch zu, dies zu tun, damit ich euch bald zurückgeben werde« (Verse 18+19). Als solcher, der in allem trefflich wandeln will und es auch tut, hat er ein gutes Gewissen. Der Fürbitte bedarf selbstverständlich auch er. Fürbitte hat Verheißung. Unser Gott und Vater entscheidet nicht, ohne uns gehört zu haben, über den Ausgang einer Sache, Er, der alles Bewirkende, der auch unsere Gebete hervorruft (2.Kor.1:11; Phil.1:19; Philem.22). Möge der Autor bald aus der Gefangenschaft freikommen und seine geliebten Geschwister wieder sehen dürfen.
Nun folgt der herrliche abschließende Segenswunsch: »Der Gott aber des Friedens, der den großen Hirten der Schafe, unseren Herrn Jesus, aus den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des äonischen Bundes, der bereite euch zu in jedem guten Werk, um Seinen Willen zu tun, und wirke in uns, was vor Seinen Augen wohlgefällig ist, durch Jesus Christus, dem die Verherrlichung sei für die Äonen der Äonen! Amen!« (Verse 20+21). Diese Worte kann man nur huldigend aussprechen.
»Der Gott aber des Friedens ...« - Seine Gnade vermittelt den Gläubigen
den tiefen Frieden des Geliebt- und Gerettetseins; Seine Herrlichkeit und Seine
Vollendungsziele geben ihnen Frieden angesichts des schlimmen Laufs der Dinge in
diesem bösen Äon;
»... der den großen Hirten der Schafe, unseren Herrn Jesus ...« - Er,
der wahre Hirte der Hebräer, der Seine Seele für Seine Schafe dahingegeben
hatte, Er leitet und pflegt die Seinen in vollkommener Weise;
»... aus den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des äonischen
Bundes ...« - In dem Blut oder infolge des Blutes, mit dem der äonische Bund
gestiftet wurde, wurde der Herr aus den Toten auferweckt (vgl. Sach.9:11). Der
äonische Bund dient der Erlösung vieler während der Äonen (Heb.9:12);
»... der bereite euch zu in jedem guten Werk ...« - In jedem guten
Werk, im Tun, während des treuen Wirkens wird Er uns zubereiten; tüchtiger
machen, zu Christus hin wachsen lassen, immer mehr anpassen an geistgemäßes
Handeln;
»... um Seinen Willen zu tun ...« - Dass Sein Wille im Wandel und
Dienst geschehe, dies ist unser Verlangen;
»... und wirke in uns, was vor Seinen Augen wohlgefällig ist ...« -
Nur was Er in uns und durch uns bewirkt, wirkt sich fruchtbringend und zu Seinem
Wohlgefallen aus (Phil.2:13; Kol.1:29);
»... durch Jesus Christus ...« - den Mittler allen Segens;
»... dem die Verherrlichung sei für die Äonen der Äonen« - bis
hinein in die abschließenden und krönenden Äonen in der Reihe aller Äonen.
»Amen!«
Nochmals wendet sich der Verfasser den Heiligen ganz persönlich zu: »Ich spreche euch aber zu, Brüder, ertraget das Wort des Zuspruchs; denn ich habe euch auch diesen Brief stückweise geschrieben« (Vers 22). Der Hebräerbrief ist wahrhaftig ein Zuspruch. Ertragt dieses Wort, sperrt euch nicht dagegen, merkt auf! Ein Zuspruch ist von der Wortbedeutung her ein Beiseiterufen zu einem ganz persönlichen Gespräch: Du bist gemeint, dir gilt die Ermahnung, der Trost oder eben der Zuspruch. - Der Brief wurde Stück für Stück geschrieben.
Vers 23 enthält die Mitteilung: »Erfahret, dass unser Bruder Timotheus freigelassen ist, mit dem zusammen ich euch sehen werde, wenn er bald kommt.« Wisset und freut euch mit mir, dass Timotheus aus dem Gefängnis freigekommen ist. Da der Verfasser erwartet, selbst bald freigelassen zu werden, werden die beiden gemeinsam mit den Gläubigen zusammentreffen. Wir schreiben das Jahr 61 n. Chr.
Dieser Vers wie auch Hebräer 2:3; 10:34; 13:19,24 und 25 sind Hinweise
auf die Verfasserschaft des Paulus. Der Hebräerbrief steht im Übrigen in allen
Kodizes zwischen dem 2.Thessalonicher- und dem 1.Timotheusbrief.
»Grüßt alle, die euch führen, und alle Heiligen. Es grüßen euch gleichfalls die aus Italien« (Vers 24). Die Grüße des Verfassers gelten den Leitenden, die eine besondere Verantwortung haben, wie auch allen Heiligen. Nach einer Notiz im Kodex Alexandrinus wurde der Brief von Rom aus geschrieben. Von dorther kommen also die Grüße. Grüße sprechen von herzlicher Verbundenheit.
Dieter Landersheim, Höhenstraße 11, 65824 Schwalbach a.
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