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Das Wort der Wahrheit des Evangeliums (Kol.1:1-8)

Wachset in der Erkenntnis Gottes (Kol.1:9-14)

Christi Größe und Herrlichkeit (Kol.1:15-20)

Unsere Darstellung vor Christi Angesicht (Kol.1:21-23)

Christus unter den Nationen (Kol.1:24-29)

Alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis (Kol.2:1-7)

Ihr seid in Christus vervollständigt (Kol.2:8-15)

Auf das droben sinnet! (Kol.2:16-3:4)

Legt den alten Menschen ab und zieht den jungen an (Kol.3:5-11)

Ziehet die Liebe an (Kol.3:12-17)

Was sich im Herrn gebührt (Kol.3:18-4:1)

Eine Tür für das Wort (Kol.4:2-9)

In allem Willen Gottes vollgewiss (Kol.4:10-18)

 

Das Wort der Wahrheit des Evangeliums

(Kol.1:1-8)

 

Thema des Kolosserbriefes ist die Größe und Herrlichkeit Christi. Der Kolosserbrief führt uns das Geheimnis Christi vor Augen, nämlich Seine hohe Stellung als Erstgeborener vor einer jeden Schöpfung, Seine Mittlerschaft, Seine Erhöhung, Verherrlichung und Hauptschaft über alle (Kol.1:15-20-27). Das Geheimnis des Christus wird auch im Epheserbrief beschrieben (Eph.1:10,20-23). Es gipfelt dort in der Aussage, dass das All in Christus aufgehauptet werden wird.

Beide Briefe sprechen von geistlichen und überhimmlischen Herrlichkeiten. Die während seiner Gefangenschaft in Rom von dem Apostel Paulus geschriebenen Briefe zählen zusammen mit dem Philipperbrief zu den Vollkommenheitsbriefen, da Paulus in ihnen das ihm eigens enthüllte Evangelium (Gal.1:12) zur Vervollständigung bringt. Der Blickwinkel des Epheserbriefs sind die Gläubigen und ihre geistlichen und überhimmlischen Segnungen in Christus Jesus. Der Kolosserbrief dagegen beschreibt Christus Selbst und Seine Erhabenheit und Herrlichkeit, uns zum kraftvollen Zuspruch. Im Epheserbrief liegt der Schwerpunkt auf den Gliedern der Körperschaft Christi, im Kolosserbrief auf Christus und Seiner Hauptschaft.

Durch den Willen Gottes

 

Die Eingangsworte lauten: »Paulus, Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, und Timotheus, der Bruder, an die Heiligen in Kolossä, die Brüder, die Gläubige in Christus Jesus sind« (Verse 1 und 2a). Der Absender ist Paulus, das Muster für die Gnade, die in der gegenwärtigen Verwaltung Gottes herrscht. Er war nicht im Begriff umzusinnen, sondern bekämpfte die Heiligen, doch unser Gott berief dieses — übrigens vor dem Niederwurf der Welt auserwählte — Gerät in die Gemeinschaft mit Seinem Sohn, unserem Herrn Jesus Christus. Paulus wurde auch später nicht gefragt, als der Geist Gottes ihn absonderte vom Dienst der zwölf Apostel Israels (Ap.13:2; Röm.1:1), damit er den Sohn verkündige, Jesus Christus, unseren Herrn, durch den er Gnade erhielt und sein Aposteltum, um Glaubensgehorsam unter allen Nationen aufzurichten (Röm.1:5). Dies alles geschah nach dem Willen Gottes. Alles, was Ihm wohlgefällt, das tut Er in den Himmeln und auf der Erde (Ps.135:6). Er hat Paulus wie auch uns gerettet und berufen nach Seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor äonischen Zeiten gegeben ist (2.Tim.1:9).

Paulus ist nicht ein Apostel Jesu Christi, des auf der Erde unter Israel in Niedrigkeit wandelnden Herrn, sondern der Apostel Christi Jesu, des jetzt zur Rechten Gottes inmitten der Überhimmlischen sitzenden Herrn.

»Timotheus, der Bruder«, trägt den Brief mit. Er ist nicht nur ein Bruder, sondern dem Paulus der wahre Bruder und uns das Muster eines Bruders im Herrn. Timotheus ist ein bewährter junger Mann. Paulus schreibt den Philippern über ihn: »Alle anderen suchen das Ihre und nicht das, was Christi Jesu ist. Seine Bewährtheit aber kennt ihr, dass er, wie ein Kind seinem Vater, zusammen mit mir am Evangelium sklavt« (Phil.2:21‚22).

An die Gläubigen in Christus Jesus

 

Der Brief ist an die Heiligen in Kolossä in der Landschaft Phrygien in der römischen Provinz Asien gerichtet. Heilige sind solche, die Gott angehören, also die Auserwählten und Berufenen, die Geliebten Gottes, die Gläubigen.

Paulus präzisiert die Beschreibung der Adressaten und schreibt: »... die Brüder, die Gläubige in Christus Jesus sind«, denn es gab damals Gläubige, die sich zum Bund der Beschneidung hielten und sich zum Empfang der Verheißungen für Israel bestimmt wussten. Diese Gläubigen werden niemals als in Christus Jesus bezeichnet. Das Evangelium der zwölf Apostel Israels fordert Glaube, Umsinnung und Taufe. Dann erst erhielten sie das Geschenk des heiligen Geistes (Ap.2:38). Sie mussten auch anderen vorher vergeben haben, um selbst Vergebung erlangen zu können (Mat.5:12). Sie konnten auch ihren zukünftigen Platz im tausendjährigen Königreich Israels wieder verlieren, wenn sie sich nicht durch Abstehen von der Sünde und edle Werke bewährten, denn sie waren nicht mit heiligem Geist versiegelt. Wir dagegen sind allein durch Glauben gerechtfertigt von allen Sünden und mit Gott ausgesöhnt und erwarten unsere Entrückung in das überhimmlische Königreich des geliebten Sohnes Gottes.

Gnade und Friede

 

Nun folgt der kostbare Segensgruß des Apostels Paulus: »Gnade sei euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!« Die Gnade ist der Urgrund unserer Rettung und aller unserer Segnungen in Christus Jesus. Friede ist das feste Stehen in der Gnade als Geliebte und Gesegnete Gottes in Christus Jesus. Mögen wir uns über die Gnade und den Frieden von Gott, dem Geber aller Gaben, und dem Herrn Jesus Christus, dem Mittler von allem, immer wieder freuen und allezeit danken. Zuerst erhielten wir mit unserer Rechtfertigung Gnade; als Gerechtfertigte sodann wurde uns die Aussöhnung zuteil, deren Kennzeichen der Friede mit Gott ist (Röm.5:1,2).

Dank und Fürbitte

 

 

Wir lesen Vers 3: »Wir danken dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus und beten allezeit für euch.« Paulus und Timotheus danken. Mit der Danksagung huldigt man Gott und verherrlicht Ihn. Dank zu sagen ist überaus Gott wohlgefällig. In Dank überfließen sollen wir nach Kapitel 2:7 angesichts all unserer herrlichen Segnungen in Christus Jesus, wie der Freilösung, Rechtfertigung, Versöhnung und Versiegelung, des Gnadenstandes, des Sohnesstandes und anderer mehr. Unser Danken bringt die Freude darüber zum Ausdruck und schenkt uns weitere Freude.

Wir danken dem Gott unseres Herrn Jesus Christus und Seinem Vater. Christus hat einen Gott, das heißt einen Verfügenden, über Sich. Er rief Ihn an: »Mein Gott, Mein Gott, wozu Du Mich verlassen hast!« (Mat.27:46; Mk.15:34). Sein Gott ist auch unser Gott, der allgewaltige, der allein weise, der Liebe ist, den wir mit »Vater« anreden dürfen, weil Sein Sohn uns den Sohnesstand vermittelt hat.

Paulus und Timotheus beten allezeit für die Kolosser. Hier ist nicht nur die Fürbitte für die Heiligen gemeint, sondern es handelt sich nach Vers 5 um ein Gebet der Anbetung Gottes um des Erwartungsgutes willen, das den Kolossern in den Himmeln aufbewahrt wird. Weil die Gläubigen zu Kolossä mit einem überaus herrlichen Erwartungsgut gesegnet sind, deshalb beten Paulus und Timotheus ihrethalben, dass sie es erkennen und wertschätzen mögen.

Glaube und Liebe

 

Es folgt Vers 4: »... da wir von eurem Glauben an Christus Jesus hören durften und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt ...« Der Glaube an Christus Jesus ist der an den erhöhten und verherrlichten Herrn, dem Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit, der in allem der Erste ist, in welchem das All besteht und durch den das All mit Gott ausgesöhnt wird (Kap.1:17,18,20; 2:10). Dieser Glaube der Kolosser ist in Christus Jesus und somit niemals losgelöst von dem Mittler, der mit Seinem Blut und Leben für uns eintrat. Der Glaube ist in Christus Jesus verankert; die Gläubigen sind durch Gottes Geist in Christus Jesus eingeschlossen.

Durch Epaphras, den Lehrer der Kolosser, haben Paulus und Timotheus auch von der Liebe der dortigen Berufenen gehört, die sie zu allen Heiligen haben. Alle Heiligen zu lieben, ist nicht so einfach. Es gibt ja nicht nur goldene und silberne Gefäße im Hause Gottes, in der herausgerufenen Gemeinde, sondern auch hölzerne und irdene, die einen zur Ehre, die anderen zur Unehre. Bis die Letzteren erkannt sind und man sich von ihnen gereinigt hat, vergeht einige Zeit mit manchen Nöten (2.Tim.2:20,21). Doch die Liebe zu allen Heiligen besteht, zwar in unterschiedlicher Ausprägung, aber fest gegründet in der Tatsache, dass unser großer und treuer Gott und Vater Seine eigene Liebe in unseren Herzen ausgegossen hat, als Er uns zum Glauben berief und Seinen Geist gab (Röm.5:5). Sein Geist ist ein Geist der Liebe (2.Tim.1:7). Die Liebe Gottes zu allen Heiligen war in den Herzen der Kolosser gewachsen und hatte sichtbaren Ausdruck gefunden. Schließlich ist der Glaube in Christus Jesus, da er ein lebendiges Geschenk des Geistes Gottes ist, schlechthin wirksam, und zwar eben gerade durch die Liebe (Gal.5:6). Gott liebt alle; Seine Nachahmer sollen wir auch hierin werden und in Liebe wandeln, so wie auch Christus uns liebt und Sich Selbst für uns als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hat, zu einem duftenden Wohlgeruch (Eph.5:1,2).

Unser Erwartungsgut

 

Wir kommen zu Vers 5; zusammen mit Vers 3 gelesen: »Wir danken dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus und beten allezeit für euch ... um des Erwartungsgutes willen, das euch in den Himmeln aufbewahrt wird, von dem ihr zuvor durch das Wort der Wahrheit des Evangeliums gehört habt ...« Unser Erwartungsgut befindet sich im überhimmlischen Bereich; wenn wir an unsere Zukunft bei unserem Herrn Christus Jesus denken, denken wir nicht an irgendetwas Irdisches. Die Erwartung Israels ist auf das Königreich Gottes auf Erden ausgerichtet. Wir dagegen, die Glieder des Körpers Christi, kommen in den Himmel.

Was ist unser Erwartungsgut? — Wir erwarten das Erscheinen unseres geliebten Herrn und Retters. Unser Körper der Erniedrigung wird verwandelt und dem Körper der Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus gleichgestaltet, und wir werden zugleich und zusammen mit den auferweckten in Christus Entschlafenen in das überhimmlische Königreich des Sohnes Gottes entrückt (Phil.3:21; 1.Thess.4:13-18; 2.Tim.4:18). Die Gnadengabe Gottes an uns, die Er berief, ist das äonische Leben in Christus Jesus, unserem Herrn, das Leben in den beiden zukünftigen Äonen, während die Nichtberufenen noch tot sind (Röm.6:23). Gott setzt uns inmitten der überhimmlischen Geschöpfe nieder in Christus Jesus, »um in den kommenden Äonen den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau zu stellen« (Eph.2:5,7). Darsteller Seiner Gnade werden wir sein, bis alle überhimmlischen Wesen von der Gnade überwältigt sind und sich dem Herrn willig und freudig untergeordnet haben (1.Kor.15:27; Phi1.2:10,11).

 

 

Glaube, Erwartung, Liebe

 

Es sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass in diesen ersten Eingangsversen des Kolosserbriefs die drei Gnadengaben, die alle Heiligen haben, angesprochen sind: Glaube, Erwartung, Liebe. Glaube, Erwartung und Liebe — diese drei Gnadengaben bezeichnet der Apostel Paulus in 1.Korinther 13:13 als bleibend; die anderen Gnadengaben, zum Beispiel Machttaten, Krankenheilungen, Zungenreden, Prophetie, wurden nach 1.Korinther 13:8 abgetan, als die Reife kam, als nämlich das Evangelium des Apostels Paulus mit der Abfassung des Epheser-, des Philipper- und des Kolosserbriefes seine vollständige Ausgestaltung fand. Der Glaube der Kolosser an Christus Jesus, ihre Erwartung und die Liebe, die sie zu allen Heiligen haben — diese drei Gnadengaben der Reife, die unter ihnen schon zum Ausdruck kamen, werden nun auch alle Gläubigen in Kolossä persönlich zur Reife bringen, zum Maß des Vollwuchses in Christus Jesus (Eph.4:13), wenn sie die Wahrheiten des Briefes, den sie gerade erhalten haben, beherzigen. Paulus betet dementsprechend für sie, dass sie mit der Erkenntnis des Willens Gottes in aller geistlichen Weisheit und allem geistlichen Verständnis erfüllt werden, damit sie des Herrn würdig wandeln und Ihm in jeder Weise gefallen und in allem guten Werk Frucht bringen mögen. Ja, die Kolosser sollen in der Erkenntnis Gottes wachsen und mit aller Kraft nach der Gewalt Seiner Herrlichkeit gekräftigt werden zu aller Ausdauer und Geduld mit Freuden (Kap.1:9-11). Das ist des Paulus Gebet; deshalb schreibt er.

Das Wort der Wahrheit des Evangeliums

 

Von dem Erwartungsgut haben die Kolosser schon zuvor durch das Wort der Wahrheit des Evangeliums, gehört (Vers 5 b). Die früheren Briefe des Apostels Paulus sprechen schon viele Verheißungen aus, doch Christus, das Erwartungsgut der Herrlichkeit (Kap.1:27), ist noch weit erhabener, wie der Kolosserbrief zeigt, der unser Erwartungsgut in seiner ganzen Größe und Herrlichkeit darstellt. Unter der Genitivkonstruktion »das Wort der Wahrheit des Evangeliums« dürfen wir das Wahrheitswort des Evangeliums verstehen. Die Kolosser haben erkannt, dass das Wort des Evangeliums wahr ist, sodass es seine Kraft, seine ihm innewohnende Gotteskraft, in ihnen entfalten konnte. Von dem Wort der Wahrheit des Evangeliums ist in Vers 6 weiterhin die Rede: »... das in euch vorhanden ist, so wie es auch in der gesamten Welt Frucht bringt und wächst, so wie auch unter euch von dem Tage an, als ihr es hörtet und die Gnade Gottes in Wahrheit erkanntet ...« Die Gnade Gottes erkannten sie nicht von sich aus, denn so sprach unser Herr: »Alles ist Mir von Meinem Vater übergeben worden; und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater als nur der Sohn und wem der Sohn es zu enthüllen beschließt« (Mat.11:27). Und Lukas schrieb von den Menschen aus den Nationen im pisidischen Antiochien: »Alle, die zu äonischem Leben verordnet waren, kamen zum Glauben« (Ap.13:48). Gott hatte den Kolossern in Gnaden für Christus gewährt, an Ihn zu glauben (Phil.1:29). So kam es, dass sie das Wort der Kunde Gottes nicht als Menschenwort aufnahmen, sondern als das Wort Gottes, das sich auch in ihnen als wirksam erwies (1.Thess.2:13). Mögen auch wir das Wort des lebendigen Gottes, das in Christus Jesus seinen besonderen Ausdruck findet, ehrfurchtsvoll lesen und hören, in der Bereitschaft, mit Furcht und Zittern zu gehorchen (Phil.2:12; Röm.1:5; 16:26). Wir zittern nicht vor dem uns über alle Maßen liebenden Vater, sondern nur davor, dass wir in der freudigen Erwiderung und Auswirkung Seiner Liebe etwas versäumen könnten.

Ob Epaphras den Kolossern das Wort der Wahrheit eingepflanzt hat, wissen wir nicht, auf jeden Fall hat er es — um im Bilde zu bleiben -— getränkt, entscheidend ist aber, dass Gott es wachsen ließ (vgl. 1.Kor.3:6).

Auf diese Weise also ist das Wort der Wahrheit des Evangeliums in ihnen vorhanden und bringt Frucht.

Die Frucht des Wortes

 

Wie sieht die Frucht des heiligen und kraftvollen Wortes unseres Gottes und Vaters in den Gläubigen und durch die Gläubigen aus?

Beispiel 1: Unsere Bereitstellung für Gott ist eine Frucht. Hierzu erinnern wir an Römer 6:13: »Stellt ... eure Glieder nicht als Werkzeuge der Ungerechtigkeit für die Sünde bereit, sondern stellt euch selbst für Gott bereit, als Lebende aus den Toten, und eure Glieder für Gott als Werkzeuge der Gerechtigkeit.« Ähnliches besagt auch Römer 12:1, womit Paulus uns zuspricht, unsere Körper zum Zweck eines folgerichtigen Gottesdienstes als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen.

Beispiel 2: Unsere Umsinnung ist eine Frucht. Dazu lesen wir Römer 12:2: Ich spreche euch zu, Brüder und Schwestern, »euch nicht auf diesen Äon einzustellen, sondern euch umgestalten zu lassen durch die Erneuerung eures Denksinns, damit ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei — der gute, wohlgefällige und vollkommene.« Zur Umsinnung gehören, wie Kolosser Drei zeigt, das Ablegen allen üblen Tuns und das Anziehen allen vollkommenen Verhaltens. »Wenn ihr nun zusammen mit Christus auferweckt wurdet, suchet das droben, wo Christus ist, zur Rechten Gottes sitzend! Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden!« (Kol.3:1,2). Die Gesinnung Christi Jesu sei in uns, schreibt Paulus in Philipper 2:5, nicht mehr die Adams, sodass einer den anderen in Demut sich selbst für überlegen erachtet (Phil .2:3).

Beispiel 3: Unsere Heiligung ist eine Frucht. In 2.Korinther 7:1 steht geschrieben: »Da wir nun diese (herrlichen) Verheißungen haben, Geliebte, wollen wir uns von jeder Besudelung des Fleisches und auch des Geistes reinigen und unsere Heiligkeit in der Furcht Gottes vollenden.« Ein geheiligter Mensch zeichnet sich aus durch Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Gutheit, Treue, Sanftmut und Selbstzucht. Das ist die Frucht des Geistes Gottes in ihm (Gal.5:22).

Beispiel 4: Das Leben für Gott ist eine Frucht des Wortes der Wahrheit des Evangeliums. So lautet Römer 6:10,11: »Was Er starb, das starb Er der Sünde ein für allemal, was Er aber lebt, das lebt Er für Gott. Also auch ihr! Rechnet damit, dass ihr selbst der Sünde gegenüber tot seid, aber lebend für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn!« Dazu noch 2.Korinther 5:15: »Christus starb für alle, damit die Lebenden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie starb und auferweckt wurde.« Prüfen wir uns, worauf wir sinnen, auf wen wir ausgerichtet sind, wen wir wirklich meinen, uns oder Christus.

Beispiel 5: Unser Wettkampf in der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus ist eine Frucht des Wortes der Wahrheit. Hier denken wir an Philipper 1:27,28: »Nur wandelt als Bürger, würdig des Evangeliums des Christus, damit ich, was euch betrifft, höre ..., dass ihr in einem Geist feststeht, wie aus einer Seele gemeinsam im Glauben des Evangeliums wettkämpft und euch in nichts durch die Widerstrebenden hemmen lasst.« Wer Mitteilnehmer an der dem Paulus zum ersten Mal erwiesenen bedingungslosen, reinen Gnade ist, sollte auch an der Verteidigung und Bestätigung dieses Evangeliums teilnehmen (Phil.1:7). Zu unserem Wettkämpfen am Evangelium gehört unbedingt auch das Beten. »Haltet an im Gebet und wachet darin mit Danksagung und betet zugleich auch für uns«, schreibt Paulus in Kolosser 4:2-6, »damit Gott uns eine Tür für das Wort auftue, um über das Geheimnis Christi zu sprechen, um dessentwillen ich auch gebunden bin, damit ich es so offenbare, wie ich sprechen muss. Wandelt in Weisheit vor denen, die draußen sind, die Gelegenheit auskaufend. Euer Wort sei allezeit in Gnade und mit Salz gewürzt, wissend, wie ihr einem jeden antworten sollt.«

Beispiel 6: Lobpreis und Danksagung sind eine Frucht des Wortes Gottes. »Durch Christus nun sollten wir Gott allezeit Lobopfer darbringen, das heißt: die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen« (Heb.13:15). »Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt in Ihm, gewurzelt und auferbaut in Ihm, stetig im Glauben, so wie ihr belehrt wurdet, darin überfließend in Dank« (Kol.2:6,7).

Diese Beispiele sollen genügen. Das Wort der Wahrheit des Evangeliums bringt unter den Kolossern Frucht von dem Tage an, als sie es hörten und die Gnade Gottes in Wahrheit erkannten (Vers 6b).

 

Erkenntnis der Gnade

 

Geistliche Erkenntnis ist immer eine Gnadengabe Gottes durch Christus Jesus, unseren Herrn. Wir sollen darum beten (Eph.1:15-21). Wie erkennt man die Gnade in Wahrheit? — Nach dem Zusammenhang bezieht sich »in Wahrheit« nicht auf das Hören und Erkennen, sondern auf die Gnade. Die Gnade Gottes, von der die Kolosser hörten, ist in der Wahrheit gegründet — dies erkannten sie — und nicht in den Irrungen und Wirrungen der Welt, vor denen Paulus im Verlauf des Briefes warnt (2:8-23).

Mögen wir aber auch die Gnade als solche erkennen in ihrer Größe und Herrlichkeit. Alles, was wir sind und haben, ist Gnade. Nichts ist aus uns: Gott hat uns auserwählt und berufen, gerechtfertigt und mit Sich ausgesöhnt. Und wie herrlich ist unsere Erwartung! Es ist ein unbeschreiblich reiches Gnadengeschenk, dass wir dem Bilde des Sohnes Gottes gleichgestaltet werden, sodass Er der Erstgeborene unter vielen Brüdern sein wird (Röm.8:27). Einige andere Herrlichkeiten unseres Erwartungsgutes wurden oben bereits kurz erwähnt. Wir, die herausgerufene Gemeinde, die Christi Körperschaft ist, sind die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:23). Welch eine Gnadenherrlichkeit!

»Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! In Liebe hat Er uns für Sich auch zum Sohnesstand durch Christus Jesus vorherbestimmt, nach dem Wohlgefallen Seines Willens, zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade, die uns in dem Geliebten begnadet« (Eph.1:3,5,6). Ja, zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade sind wir bestimmt!

Epaphras, der Lehrer der Kolosser

 

Wir lesen Verse 7 und 8: »... so wie ihr es von Epaphras, unserem geliebten Mitsklaven, lerntet, der ein treuer Diener Christi für uns ist und uns auch eure Liebe im Geist offenkundig darlegte.« Der Wandel und Dienst des Epaphras, des Lehrers der Kolosser, ist eine Verherrlichung Gottes. Epaphras ist ein Mitsklave des Paulus am Evangelium. Die auf Timotheus bezogenen Worte in Philipper 2:22 lassen sich sicherlich auf ihn übertragen: »Seine Bewährtheit aber kennt ihr, dass er, wie ein Kind seinem Vater, zusammen mit mir am Evangelium sklavt.« Er dient hingebungsvoll in der Verbreitung des Wortes Christi, das dieser dem Apostel Paulus enthüllt hatte. Ein treuer Diener Christi, des erhöhten und verherrlichten Herrn, ist er somit. Wie sein Dienst insbesondere aussieht, erkennen wir an den Versen 12 und 13 des 4. Kapitels: »Es grüßt euch Epaphras, der einer der euren ist, ein Sklave Christi Jesu, der allezeit in seinen Gebeten für euch ringt, damit ihr gereift dasteht und in allem Willen Gottes vollgewiss seid. Denn ich bezeuge ihm, dass er viel Pein um euch, die in Laodicea und die in Hierapolis hat.» Der Schwerpunkt seines Wirkens dürfte also sein, jeden Heiligen in Christus Jesus gereift darzustellen.

Epaphras hat dem Apostel Paulus in Rom Bericht erstattet und ihm die Liebe der Kolosser im Geist dargelegt. Diese Informationen bilden die Grundlage für den Brief an diese Gemeinde.

Geistgeleitete Liebe

 

Die Liebe im Geist hat nur den Geist Gottes zur Quelle. Die Liebe im Geist hat nur geistliche Interessen; sie lässt sich vom Geist Gottes leiten und will nichts anderes tun, als was der Herr getan haben will. Auf wen bezieht sich die Liebe im Geist? — Von der Liebe zu allen Heiligen war schon in Vers 4 die Rede. Auch diese Liebe muss ein Objekt haben. Dieses dürfte Paulus sein. Ihre Liebe im Geist ist auf Paulus gerichtet, denn Paulus, der Apostel der Nationen, ist ihr Apostel; er hat ihnen das herrliche Evangelium der überfließenden Gnade Gottes, der Rechtfertigung allein durch Glauben und der Versöhnung Gottes mit der Welt durch seinen treuen Diener Epaphras vermittelt. Und was Paulus lehrt, das lebt er auch und scheut keine Mühe und Drangsal, das kostbare Wort Christi in Wort und Tat zu verherrlichen.

Lasst uns ihn zum Vorbild nehmen, wie uns geheißen ist (1.Kor.11:1; Phil.3:17). Wer sich Paulus zum Vorbild nimmt, ist ein wahrer Nachahmer unseres Herrn Christus Jesus.

 

 

Wachset in der Erkenntnis Gottes

(Kol.1:9-14)

 

Der Abschnitt des Kolosserbriefs, den wir jetzt betrachten, ist ein Gebet. Der Apostel Paulus trägt unserem Gott und Vater eine wichtige und auf das Höchste zielende Bitte vor und dankt für Gottes auf das Ziel gerichtete Wirken an uns. Dieses Gebet darf uns als ein Muster für unsere eigenen Gebete dienen. Machen wir es uns darum zu eigen.

Vers 9a lautet: »Deshalb hören wir auch nicht auf, von dem Tage an, als wir das hörten, für euch zu beten und zu bitten ...« Weshalb betet Paulus, und was hat er über die Kolosser gehört? — Er hat von ihrem Glauben an Christus Jesus und von der Liebe, die sie zu allen Heiligen haben, gehört (Kap.1:4). Epaphras, der Lehrer der Kolosser (Kap.1:7), hat ihn in seiner Gefangenschaft in Rom aufgesucht und ihm erzählt, dass das Wort der Wahrheit des Evangeliums in ihnen vorhanden ist, Frucht bringt und wächst und dass sie die Gnade Gottes in Wahrheit erkannt haben (Kap.1:6). Die Kolosser sind schon im Glauben gewachsen, sie bringen schon Frucht und haben bereits erkannt, dass alles Gnade ist. Daher kann Paulus jetzt für sie beten, dass sie zur Vollkommenheit gelangen mögen, zur Reife in Christus Jesus. Nicht umsonst wird der Kolosserbrief »Vollkommenheitsbrief« genannt (neben dem Epheser- und dem Philipperbrief), denn er führt den Kolossern die Größe und Herrlichkeit Christi vor Augen, in welchem alle vervollständigt werden, in welchem das All aufgehauptet und durch den das All mit Gott ausgesöhnt wird (Kol.1:19,20). Nur die Gläubigen, die das Ziel Gottes kennen, bekommen auch Licht für ihren persönlichen Wandel und Dienst im Herrn und gelangen zur Reife.

Erfüllt mit der Erkenntnis des Willens Gottes

 

So betet Paulus für die Kolosser (Vers 9b): » ... dass ihr mit der Erkenntnis Seines Willens in aller geistlichen Weisheit und allem geistlichen Verständnis erfüllt werdet ...« Mit der Erkenntnis des Willens Gottes sollen auch wir erfüllt werden. Wie geschieht das? — Indem wir uns täglich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren (1.Tim.4:6), sodass wir mit Geist erfüllt werden. Nach Epheser 5:18-21 kann man das Erfülltsein mit Gottes Geist daran erkennen, dass man mit geistlichen Worten zueinander spricht, dem Herrn im Herzen und auch zur Musik lobsingt, im Namen unseres Herrn Jesus Christus allezeit und für alles unserem Gott und Vater dankt und daran, dass sich einer dem anderen unterordnet in der Furcht Christi.

Eine weitere Antwort auf die Frage, wie man mit der Erkenntnis des Willens Gottes erfüllt wird, gibt Paulus mit seinem Gebet in Epheser 3:14-19: Er beugt seine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus — er bittet also darum —‚ »dass Er es euch gebe — dem Reichtum Seiner Herrlichkeit entsprechend (das ist Gottes Maßstab!) — durch Seinen Geist in Kraft standhaft zu werden am inneren Menschen, damit Christus durch den Glauben völlig in euren Herzen wohne.« Es ist also möglich, dass Christus uns völlig erfüllt. In dem Maß, wie Christus uns erfüllt, wie Sein Geist uns erfüllt, gelangen wir auch zu der Erkenntnis Gottes, die Christus hat. Es ist ja auch das Dienstziel der Evangelisten, Hirten und Lehrer, alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes zu führen, zum gereiften Mann (Eph.4: 11-13).

Was ist Sein Wille, den wir erkennen sollen? Sein Wille ist aufs Engste mit dem Geheimnis des Christus verbunden. Das Geheimnis des Christus, wie es uns im Epheser- und im Kolosserbrief enthüllt wird, ist Seine hohe Stellung als Erstgeborener, Seine Mittlerschaft, Seine Erhöhung und Seine Hauptschaft über alle und alles. Diese Größe und Herrlichkeit des Christus sollen wir erkennen — das ist unseres Gottes Wille. In den Versen 15 bis 20 unseres Kapitels ist Christi Herrlichkeit prägnant beschrieben: »Er ist das Abbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung. Denn in Ihm ist das All erschaffen: das in den Himmeln und das auf der Erde, das Sichtbare und das Unsichtbare, seien es Throne oder Herrschaften, Fürstlichkeiten oder Obrigkeiten. Das All ist durch Ihn und zu Ihm hin erschaffen, und Er ist vor allem, und das All besteht zusammen in Ihm. Er ist das Haupt der Körperschaft, der herausgerufenen Gemeinde, deren Anfang Er ist als Erstgeborener aus den Toten, sodass Er in allem der Erste werde, da die gesamte Vervollständigung (Gottes) ihr Wohlgefallen daran hat, in Ihm zu wohnen und durch Ihn das All mit Sich auszusöhnen (indem Er durch das Blut Seines Kreuzes Frieden macht), durch Ihn, sei es das auf der Erde oder das in den Himmeln.« Angesichts dieser Herrlichkeiten sei unserem Herrn Jesus Christus unsere ganze Huldigung zur Verherrlichung Gottes, des Vaters!

Der Wille Gottes für unser sittliches Verhalten, unseren Wandel im Herrn und unseren Dienst am Evangelium ist hier in Kolosser 1:9 nicht angesprochen, sondern Sein Wille für das All: die Vervollständigung (Eph.1:23), Aussöhnung (Kol.1:20) und Unterordnung (1.Kor.15:28) des Alls durch Christus und die Aufhauptung des Alls in Christus (Eph.1:10) unter Mitwirkung der herausgerufenen Gemeinde, die Christi Körperschaft ist, Sein Organ für diese Dienste. Wenn man allerdings mit der Erkenntnis dieses Seines Willens erfüllt ist, dann werden Wandel und Dienst davon wesentlich beeinflusst; ein des Herrn würdiger Wandel ist die Folge. Unser Dienst und unsere Gebete sind dann getragen von dem Wissen um Christi Sieg. Wenn man weiß, dass Gott planmäßig Schritt für Schritt auf die Vollendung hinwirkt, dann wird man angesichts der Widerstände in diesem Äon nicht ermatten, sondern erfüllt sein von Zuversicht und Freude.

In geistlicher Weisheit und geistlichem Verständnis

 

Mit der Erkenntnis des Willens Gottes erfüllt werden sollen wir in aller geistlichen Weisheit und allem geistlichen Verständnis. Erkenntnis gewinnt man nur in Verbindung mit Weisheit und Verständnis. Wie unterscheiden sich geistliche Weisheit und geistliches Verständnis? Die geistliche Weisheit erfasst die Gnade Gottes, die in Christus Jesus, dem Gekreuzigten, begründet ist; sie weiß um die Wege Gottes mit dem Bösen und Üblen, und sie orientiert sich an dem allein, der wahrhaft Gott ist, dem Vater der Herrlichkeit; kurz: Weisheit erfasst die Breite und Länge und Tiefe und Höhe des Heilsratschlusses und erkennt Gott Selbst. Das geistliche Verständnis erweist sich durch ein gesundes Unterscheidungs- und Urteilsvermögen und führt zur einsichtigen Anwendung des Erkannten im Leben.

Auswirkungen der Erkenntnis

 

Die in aller geistlichen Weisheit und in allem geistlichen Verständnis erworbene Erkenntnis des Willens Gottes will in unserem Alltag zur Auswirkung kommen. Vers 10 zeigt uns, wie: »... um des Herrn würdig zu wandeln und Ihm in jeder Weise zu gefallen — als solche, die in allem guten Werk Frucht bringen und in der Erkenntnis Gottes wachsen...« Welche herrlichen Folgen hat doch die Erkenntnis des göttlichen Willens: einen würdigen Wandel, Sein Wohlgefallen, Frucht und Wachstum in der Erkenntnis Gottes Selbst!

Wandelt des Herrn würdig! Andere Schriftstellen sprechen

vom Wandel würdig der Berufung, würdig des Evangeliums des

Christus und Gottes würdig (Eph.4:1; Phil.1:27; 1.Thess.2:12).

Was heißt, würdig des Herrn wandeln? — Seiner Größe und

Herrlichkeit entsprechend, in Seiner Gesinnung, zu Seiner

Verherrlichung.

Wie gefallen wir Ihm in jeder Weise? — Indem wir nicht mehr uns selbst zu Gefallen leben, sondern Ihm leben, Ihm, der für uns starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15). Wenn wir Ihm gehorchen und nach dem streben, was Christi Jesu Anliegen ist, dann gefallen wir Ihm.

Wenn wir mit der Erkenntnis des Willens Gottes erfüllt sind, dann sind wir solche, die in allem guten Werk Frucht bringen. Nur das sind gute Werke, die Gott für uns vorbereitet hat, wie Epheser 2:10 sagt: »Wir sind Sein Tatwerk, erschaffen in Christus Jesus für gute Werke, die Gott vorherbereitet, damit wir in ihnen wandeln.« Werke, die Gott nicht für uns vorherbereitet hat, sondern die wir uns eigensinnig ausgesucht haben, sind nicht die richtigen. Jedoch, erfüllt mit der Erkenntnis des Willens Gottes, können wir erkennen, was gut ist und Er von uns getan haben will.

Und wie wachsen wir in der Erkenntnis Gottes? — Solchen, die in treuer Auswirkung der Erkenntnis des Willens Gottes des Herrn würdig wandeln und Frucht bringen, wird weitere Erkenntnis geschenkt, sogar die Erkenntnis Gottes Selbst. Es sollte uns auch ein Anliegen sein, wie der Apostel Paulus zu beten, » ... dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch geistliche Weisheit und geistliche Enthüllung zur Erkenntnis Seiner Selbst gebe (nachdem die Augen eures Herzens erleuchtet wurden)« (Eph.1:17,18a).) Möge Gott uns immer größer werden, immer mehr bedeuten. Bei der Vollendung nach den Äonen wird Er allen Seinen Geschöpfen alles sein; wir Heilige dürfen in diesen Tagen schon bewusst auf dieses Ziel hin wachsen, indem wir uns das Wort Gottes fleißig und reichlich zuführen.

Leider haben viele Heilige Gott in Seiner Größe und Seine Wege mit der Menschheit nicht erkannt; dementsprechend unsicher und schwankend, ja unreif ist ihr Wandel. Darum: Wachset in der Erkenntnis Gottes!

Unsere Kräftigung

 

Vers 10 beschreibt nur die Hälfte der Folgen der Erkenntnis des Willens Gottes; wir müssen Vers 11 dazunehmen: »... und mit aller Kraft nach der Gewalt Seiner Herrlichkeit gekräftigt werden zu aller Ausdauer und Geduld mit Freuden.« Vier weitere Auswirkungen des Erfülltseins mit Erkenntnis werden uns genannt: Kräftigung, Ausdauer, Geduld, Freude.

Unser Gott und Vater erfüllt uns mit der Erkenntnis Seines Willens, damit wir gekräftigt werden, und zwar mit aller Kraft nach der Gewalt Seiner Herrlichkeit. Die Kraft Gottes entspricht der Wirksamkeit der Gewalt Seiner Stärke, die in Christus gewirkt hat, als Er Ihn aus den Toten auferweckte und Ihn zu Seiner Rechten setzte, hocherhaben über alle Mächte. Diese Kraft ist für uns, die wir glauben (Eph.1:19-21). Den Glaubenden also und denen, die in der Gnade leben (2.Tim.2:1), gibt Er Seine Kraft.

Unsere Kraft äußert sich nicht in machtvollen Taten auf Erden, in unserer Gesundheit oder in Wundern, kurz: in den Zeichen für den zukünftigen Äon (Heb.6:5), sondern in Ausdauer, Geduld und Freude. Gerade in unserer Schwachheit wird die Kraft Gottes offenbar. So soll es nach Gottes Plan in dieser heilsgeschichtlichen Verwaltung sein (2.Kor.4:7-12; 12:7-10).

Ausdauer brauchen wir im Werk des Herrn; deshalb ist es gut, dass Paulus uns mit 1.Korinther 15:58 zu wissen gibt, dass unsere Mühe im Herrn nicht vergeblich ist. Auf Drangsale bezogen ist das griechische Wort für Ausdauer mit Ausharren zu übersetzen. Gottes Kraft lässt uns in Drangsalen ausharren. Das Ausharren aber bewirkt Bewährung, die Bewährung aber Erwartung, und diese lässt uns nicht zuschanden werden (Röm.5:3-5)

Geduld benötigen wir, um einander in Liebe zu ertragen (Eph.4:2). Geduld ist nötig, bis alle zu Christus hin gewachsen sind (Eph.4:15).

Und Freude darf in uns überströmen, wenn wir mit der Erkenntnis des Willens Gottes erfüllt sind, weil wir dann wissen, dass der Vater der Herrlichkeit alles in Herrlichkeit zur Vollendung in Christus führt. Alle Wege mit Seinen Geschöpfen sind Wege der Weisheit und der Liebe. Ihm, dem Retter aller Menschen (1.Tim.4:10) und dem Aussöhner aller Geschöpfe im All (Kol.1:20), sei Lobpreis, Dank und Verherrlichung im Namen unseres Herrn Jesus Christus! Voller Freude dürfen wir Ihn verherrlichen!

Zusammenfassend lesen wir nochmals die betrachteten Verse 9 bis 11: »Deshalb hören wir auch nicht auf, von dem Tage an, als wir das hörten, für euch zu beten und zu bitten, dass ihr mit der Erkenntnis Seines Willens in aller geistlichen Weisheit und allem geistlichen Verständnis erfüllt werdet, um des Herrn würdig zu wandeln und Ihm in jeder Weise zu gefallen — als solche, die in allem guten Werk Frucht bringen, in der Erkenntnis Gottes wachsen und mit aller Kraft nach der Gewalt Seiner Herrlichkeit gekräftigt werden zu aller Ausdauer und Geduld mit Freuden.«

Unser Losanteil im Licht

 

Auf die Bitte des Apostels Paulus folgt sogleich der Dank. Er schreibt in Vers 12: »Zugleich danken wir dem Vater, der euch zum Losanteil der Heiligen im Licht tauglich macht.« Paulus kann zugleich danken, denn er weiß, dass Gott seine Bitte erhört, weil er Gottes Zielen gemäß gebetet hat. Er dankt dem Vater; der große und allgewaltige Gott ist ihm und uns zum Vater geworden — so vertraut geworden — durch das Eintreten des Sohnes Seiner Liebe für uns, der uns den Sohnesstand vermittelte. So haben wir durch Ihn im Geist allezeit Zutritt zum Vater (Eph.2:18).

Unser Vater macht uns tauglich zum Losanteil der Heiligen im

Licht. Wir sind nicht aus uns selbst tauglich; unsere Tauglichkeit ist nur von Gott (2.Kor.3:5). Er erfüllt uns mit der Erkenntnis Seines Willens wie auch mit der Erkenntnis Seiner Selbst und hat längst einen jeden unserer Tage gebildet (Ps.139:16), sodass wir tauglich werden. Besonders die Erkenntnis des Reichtums Seiner Gnade macht uns tauglich zum Dienst.

Was ist das Losanteil der Heiligen im Licht? — Das ist der Anteil eines jeden Einzelnen an dem gesamten Losteil, das Gott den Seinen zugelost hat, was Er in der Gnade für uns vorgesehen hat. Im alten Israel wurde das Ackerland eines jeden Dorfes jährlich neu verlost. Jeder Dorfbewohner bekam seinen Anteil an dem gesamten Losland des Dorfes. Israels zukünftiges Losteil ist das verheißene Land und die königliche und priesterliche Herrschaft über die ganze Erde. Unser Losteil liegt außerhalb der Erde im überhimmlischen Bereich; uns ist das überhimmlische Königreich unseres Herrn Christus Jesus zugelost, das gesamte Weltall mit Ausnahme der Erde (2.Tim.4:18). Unser Losteil ist in Epheser 2:6,7 beschrieben: »Er setzt uns ... nieder inmitten der Überhimmlischen in Christus Jesus, um in den kommenden Äonen den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau zu stellen.« Wir werden mithin Darsteller Seiner Gnade sein; das ist unsere zukünftige Aufgabe. Als die Vervollständigung Christi, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:23), dürfen wir in der Gnade an Seinem Werk mitwirken.

An unserem Losteil hat jeder Einzelne seinen Anteil. Und dazu macht unser Vater uns hier auf Erden in der Schule des Lebens tauglich durch Sein lebendiges Wort, das sich in all den hiesigen Widerwärtigkeiten bewährt. Mögen wir in jeder besonderen Lebenssituation das zutreffende Wort Christi — Paulus verkündigte es uns — finden.

Im Licht

 

Unser Losanteil ist nicht nur überhimmlisch, sondern auch im Licht. Warum schreibt Paulus nicht: » ... der euch zum Losanteil der Heiligen in der Herrlichkeit tauglich macht«, was ja ebenso zutreffend wäre? — Es dürfte ihm um den Gegensatz zur Finsternis gehen, die er im nächsten Vers anspricht. Wir wissen: Gott ist Licht, und keinerlei Finsternis ist in Ihm (1.Joh.1:5). In der Herrlichkeit, die voll Licht ist, werden wir zukünftig sein. Mögen wir in Dank überfließen für das uns zuteil werdende Losteil, das im Geist bereits unser ist.

Im Übrigen ist in unseren Herzen und Gedanken jetzt schon alles Licht geworden: Durch den Glauben sehen wir klar; wir wissen, woher wir kommen und wohin wir gehen; wir wissen, dass Gott unseren Lebensweg in Weisheit, Liebe und Herrlichkeit geplant hat, durchführt und vollendet in Christus Jesus, unserem Herrn und Retter, zu Seiner Verherrlichung. Wir sind Söhne des Lichts und Söhne des Tages (1.Thess.5:5). Einst waren wir Finsternis, nun aber sind wir Licht in dem Herrn. Dementsprechend sollen wir auch wie Kinder des Lichts wandeln und dabei prüfen, was dem Herrn wohlgefällig ist. Die Frucht des Lichts besteht in aller Gutheit, Gerechtigkeit und Wahrheit (Eph.5:8,9).

Geborgen aus der Obrigkeit der Finsternis

 

Wenden wir uns nun Vers 13 zu. Dieser Satzteil schließt sich an die Eingangsworte des Verses 12 an: »Zugleich danken wir dem Vater, ... der uns aus der Obrigkeit der Finsternis birgt und in das Königreich des Sohnes Seiner Liebe versetzt ...« Unser Vater hat uns aus der Obrigkeit der Finsternis geborgen. Wir wissen: »Finsternis bedeckt die Erde und Wetterdunkel die Völkerstämme« (Jes.60:2). Ebenso wissen wir: Unser Herr Jesus Christus hat Sich Selbst für unsere Sünden dahingegeben, »damit Er uns aus dem gegenwärtigen bösen Äon herausnehme, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters« (Gal.1:4). Wir gehören nicht mehr dem bösen Äon an, wir gehören nicht mehr dieser Welt an, auch wenn wir noch in ihr sind. Das ist eine geistliche Tatsache. Einst wandelten wir gemäß dem Äon dieser Welt, gemäß dem Fürsten des Vollmachtsgebietes der Luft, gemäß dem Geistesfürsten, der nun in den Söhnen der Widerspenstigkeit wirkt (Eph.2:2). Von unserer Berufung an aber sind wir aus der Gewalt der Obrigkeit der Finsternis geborgen. — Allerdings sind wir noch ihren Angriffen ausgesetzt. Deshalb hat Gott uns Seine Waffenrüstung bereitgelegt. Wenn wir sie anziehen — den Gürtel der Wahrheit, den Panzer der Gerechtigkeit, die Sandalen der Bereitschaft für das Evangelium des Friedens, den Langschild des Glaubens, mit dem wir alle glühenden Pfeile des Bösen löschen können -— und sodann von Gott den Helm des Heils und das Schwert des Geistes empfangen, dann widerstehen wir den Weltbeherrschern dieser Finsternis, den geistlichen Mächten der Bosheit inmitten der Überhimmlischen, halten stand und stehen (Eph.6:10-17)! Auf diese Weise werden wir ständig vor unseren Feinden geborgen und gerettet. Unsere zukünftige Bergung geschieht mit unserer Verwandlung und Entrückung zu unserem geliebten Herrn hin in Sein überhimmlisches Königreich.

Versetzt in das Königreich des Sohnes

 

»Zugleich danken wir dem Vater, der uns aus der Obrigkeit der Finsternis birgt und in das Königreich des Sohnes Seiner Liebe versetzt ...« Auf den Sohn bezieht sich die Liebe des Vaters. Der Vater liebt den Sohn. Uns gilt Seine Liebe in Ihm. In Johannes 17:26 spricht unser Herr von der Liebe, mit der Sein Vater Ihn liebt. Der Vater hat Ihm folglich alle Vollmacht im Himmel und auf Erden gegeben (Mat.28:18) und Ihn zu Seiner Rechten gesetzt, »hocherhaben über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in diesem Äon, sondern auch in dem zukünftigen genannt wird. Alles ordnet Er Ihm unter, Ihm zu Füßen; und Ihn gibt Er als Haupt über alles der herausgerufenen Gemeinde, die Seine Körperschaft« und Seine Vervollständigung ist (Eph.1:20-23).

Unser Vater hat uns in das Königreich des Sohnes Seiner Liebe versetzt. In den beiden kommenden Äonen wird Er als König herrschen. An den zukünftigen Segnungen Israels, dem das Königreich des Messias auf Erden verheißen ist, wird uns in bildlicher Weise verständlich gemacht, was wir als eine geistliche Gnadengabe haben, nämlich in den Herrschaftsbereich des Sohnes versetzt zu sein als Glieder einer neuen Schöpfung.

Der Begriff »Sohn« weist auf eine innige Beziehung zum Vater hin. Er ist mit dem Vater vertraut (Joh.7:29). Diese Vertrautheit hört auch nach den Äonen nicht auf, nachdem Er Seine Königsherrschaft Seinem Gott und Vater übergeben und jede Herrschaft aufgehoben hat (1.Kor.15:24). Wir sind mit dem Sohn nicht dem Fleisch nach vertraut (2.Kor.5:16), sondern dem Geist nach, mithin in einer Weise, die über die Äonen hinaus andauert.

 

Die Vergebung der Sünden

 

Wir kommen zum letzten Vers unserer Betrachtung, dem Vers 14: »... in welchem wir die Freilösung haben, die Vergebung der Sünden.« Im Sohn Seiner Liebe haben wir die Freilösung, die Vergebung der Sünden.

Freilösung ist das Loskommen aus Unfreiheit. In mehrfacher Hinsicht haben wir die Freilösung durch Christi Blut. Im Blick auf die Gerechtigkeit rechtfertigte Gott uns, die wir glauben, umsonst von allen Sünden in Seiner Gnade durch die Freilösung, die in Christus Jesus ist (Röm.3:24). Unsere Sünden verletzten Gott aber auch persönlich; sie kränkten Sein Vaterherz. Im Hinblick auf diese persönliche Beziehung zu unserem Gott und Vater haben wir in Christus auch die Freilösung durch Sein Blut, die in der Vergebung der Kränkungen besteht, und zwar nach dem Reichtum Seiner Gnade, die Er in uns überfließen lässt (Eph.1:7,8). Und nun sagt uns unser Vers 14, dass wir auch eine Freilösung, bestehend in der Vergebung der Sünden, hinsichtlich der Verfehlungen gegen Christi Herrschaft haben.

Die Freilösung im Sohn der Liebe im Zusammenhang mit unserer Versetzung in Seinen geistlichen Herrschaftsbereich besteht in der Vergebung, weil Er als Herrscher nicht Recht spricht, sondern die Vergehen gegen Ihn erlässt. Es handelt sich hierbei also nicht um eine Frage der Gerechtigkeit, sondern um das Vorrecht des Sohnes Gottes, solchen, die gegen Ihn als den Herrscher und das Haupt über alles gehandelt haben, die Gunst der Erlassung dieser Verfehlungen zu gewähren.

Die Wahrheit von unserer Rechtfertigung von den Sünden bleibt unberührt, denn Gott rechnete uns den Glauben zur Gerechtigkeit an (Röm.3:28; 4:3). Darüber hinaus aber dürfen wir wissen, dass unser Gott und Vater uns die Sünden weder persönlich noch unter dem Gesichtspunkt der Herrschaft Seines Sohnes nachträgt. Wie umfassend ist doch die Freilösung, die wir in Christus Jesus haben! Mögen wir in dem Lobpreis der Herrlichkeit der Gnade Gottes, die uns in solcher Weise in dem geliebten Sohn begnadet, niemals nachlassen!

 

Christi Größe und Herrlichkeit

(Kol.1:15-20)

 

Nachdem der Apostel Paulus in Vers 13 das kostbare Wort von unserer Versetzung in das Königreich des Sohnes der Liebe Gottes niedergeschrieben hat, schildert er in den folgenden Versen die einzigartige Größe und Herrlichkeit des Sohnes Gottes, dem die Liebe des Vaters gilt und durch den Er Seine Liebe zu allen zum Ausdruck bringt.

Die Verse 15 bis 20 beschreiben zugleich einen wesentlichen Teil des dem Apostel Paulus geoffenbarten Geheimnisses des Christus. Das Geheimnis des Christus umfasst Seine hohe Stellung als Erstgeborener vor einer jeden Schöpfung, Seine Erhöhung und Verherrlichung (Eph.1:20,21; Phil.2:9)), Seine Erstlingsschaft und Hauptschaft (Eph.1:10,22), überhaupt Seine Erhabenheit und Herrlichkeit in der Schöpfung, in der Freilösung und in der Vollendung. Christus wird das All in allem vervollständigen (Eph.1:23). Das Geheimnis des Christus ist Paulus eine zentrale Offenbarungswahrheit und ein wesentliches Verkündigungsanliegen, sodass er die ganze Gemeinde in Kolossä auffordert: »Haltet an im Gebet und wachet darin mit Danksagung und betet zugleich auch für uns, damit Gott uns eine Tür für das Wort auftue, um über das Geheimnis Christi zu sprechen, um dessentwillen ich auch gebunden bin, damit ich es so offenbare, wie ich sprechen muss. Wandelt in Weisheit vor denen, die draußen sind, die Gelegenheit auskaufend« (Kol .4:2-5).

Damit auch wir über das Geheimnis Christi sprechen können, wollen wir es jetzt betrachten.

Wir beginnen mit Vers 15 a: »Er ist das Abbild des unsichtbaren Gottes ...« Gott ist unsichtbar. Auch in 1.Timotheus 1:17 wird uns das bezeugt: »Dem König aber der Äonen, dem unvergänglichen, unsichtbaren, alleinigen, weisen Gott sei Ehre und Verherrlichung für die Äonen der Äonen!« 2.Korinther 4:4 bekräftigt dies nochmals; dort ist die Rede vom Erstrahlen des Lichtglanzes des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus, »der das Abbild des unsichtbaren Gottes ist.« Niemand hat Gott bisher gesehen (Joh.1:18), wie auch unser Herr Jesus Christus sagt: »Weder habt ihr jemals Seine Stimme gehört noch Sein Aussehen wahrgenommen« (Joh.5:37). Es wird auch nirgendwo in der Heiligen Schrift gesagt, dass wir Ihn jemals sehen könnten. Denn Gott ist Geist (Joh.4:24). Geist ist unsichtbar. Nun will Gott aber erkannt werden, damit Seine Geschöpfe die volle Genüge in Ihm finden und Er ihnen alles wird. Dazu bedarf es eines Mittlers, der sichtbar darstellt, was Gott unsichtbarerweise ist. Es bedarf eines Abbildes, einer genauen Darstellung des Urbildes.

»Wer Mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen«, sagte unser Herr zu Seinem Jünger Thomas (Joh.14:9). Gott kann man überhaupt nur im Ansehen Jesu Christi in geistlicher Weise erkennen, wie aus

2.Korinther 4:6 hervorgeht: Im Angesicht Jesu Christi lässt Gott es in unseren Herzen aufleuchten zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes. Christus ist nämlich die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes und das Gepräge Seines Wesens (Heb.1:3), der genaue Abdruck des Wesens Gottes.

Und wenn wir nun den Herrn Jesus Christus anschauen — in der Betrachtung Seines Wortes —‚ so erkennen wir nicht nur Gott Selbst, sondern es geschieht, dass unser Angesicht ganz fein die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus widerspiegelt, da wir am inneren Menschen in Sein Bild umgestaltet werden von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, zur Reife gelangend, in das Haupt hinein wachsend, Christus. In gleicher Weise handelt des Herrn lebendig machender Geist an uns (2.Kor.3: 18).

Er, der Sohn der Liebe Gottes, ist »der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung« (Vers 15b). In Vers 17 lautet es ähnlich: »Er ist vor allem.« Erstgeborener — das ist der älteste Titel, den unser Herr führt. Er ist der Erstgeborene — zeitlich gesehen und dem Range nach. Das Abbild des unsichtbaren Gottes ist Sein Schöpfungsoriginal, »der Ursprung der Schöpfung Gottes« (Off.3:14). Er ist der einzige vom Vater unmittelbar Gezeugte (Joh.1:18). Alles andere sodann, das gesamte All, ist in dem Sohn Seiner Liebe und durch Ihn und für Ihn erschaffen.

So ist es keine Frage, dass auch wir Menschen nicht eigentlich im Bilde Gottes erschaffen und Gott gleichgestaltet sind, sondern im Bilde Seines Sohnes. Dem Sohn sind wir gleichgestaltet. In 1.Mose 1:27 ist zu lesen: »So erschuf Elohim den Menschen in Seinem Bild, im Bild Elohims erschuf Er ihn.« Elohim ist der Sohn, der zu El, dem Vater, hin Führende.

In Vers 16 wird begründet, warum Er der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung ist: »Denn in Ihm ist das All erschaffen: das in den Himmeln und das auf der Erde, das Sichtbare und das Unsichtbare, seien es Throne oder Herrschaften, Fürstlichkeiten oder Obrigkeiten.« In Ihm, dem Sohn Seiner Liebe, ist das All erschaffen. Die Schöpfung ist mithin Ausdruck der Liebe Gottes; Gott erschuf aus Liebe. Möge diese Tatsache freudigen Widerhall in den Herzen Seiner Geschöpfe finden. Alles bewirkt Gott aus Liebe: die Erschaffung, die Freilösung und die Aussöhnung sind Taten Seiner Liebe.

Der Apostel Paulus definiert das All mit den Worten: »das in den Himmeln und das auf der Erde.« Er spricht nicht von vielen Sternen und Planeten, sondern hebt die Erde hervor, denn auf ihr ging der Sohn Gottes einher, hier vergoss Er Sein Blut zur Rechtfertigung des Lebens aller (Röm.5:18). Das übrige Weltall fasst er mit dem Begriff »die Himmel« zusammen. Die Himmel sind alles, was man sieht, wenn man nach oben blickt einschließlich des Überhimmels, des Himmels über den Lufthimmeln der Erde. Doch das All besteht nicht nur aus den Himmeln und der Erde als solchen, sondern wird von Geschöpfen bewohnt, weshalb Paulus schreibt: »das in den Himmeln und das auf der Erde, das Sichtbare und das Unsichtbare.« Unter den Myriaden von Geschöpfen in den Himmeln, anders gesagt: inmitten der Überhimmlischen, gibt es auch geistliche Mächte der Bosheit (Eph.6:12). Die himmlischen Heerscharen haben eine hierarchische Ordnung; es gibt Throne und Herrschaften, Fürstlichkeiten und Obrigkeiten. Diese Tatsache zeigt im Übrigen an, dass auch dort die Sünde vorhanden ist. Ordnungsmächte zur Eindämmung der Sünde sind bei der Vollendung beim Abschluss der Äonen nicht mehr nötig. Gottlob, dass wir den Aussöhner des Alls kennen, der Frieden macht durch das Blut des Kreuzes Seines Sohnes (Vers 20). Da das All in Ihm, dem Sohn der Liebe Gottes, war, als es erschaffen wurde, und Er somit in innigster Verbindung zum All steht, das nach Gottes Weisheit die Sünde und den Tod erfahren sollte, ist es auch der Sohn, der für das All eintritt bis zu Seinem eigenen Tod, dem schmachvollen Kreuzestod.

Das Ende von Vers 16 lautet: »Das All ist durch Ihn und zu Ihm hin erschaffen.« Das wird übrigens auch von Gott Selbst gesagt (Röm.11:36), denn Gott handelt durch Seinen Sohn, und Sein Sohn, zu dem hin das All ist, bringt es zu Gott hin. Da das Thema des Kolosserbriefs jedoch Christi Größe und Herrlichkeit ist, wird hier vom Sohn gesagt, dass alles durch Ihn und zu Ihm hin ist. Durch Ihn hat Gott auch die Äonen gemacht (Heb.1:2).

Eine andere Frage ist, aus wem oder woher das All sei. Dazu steht in 1.Korinther 8:6: »Nur Einer ist Gott, der Vater, aus dem das All ist (und wir sind zu Ihm hingewandt), und nur Einer ist Herr, Jesus Christus, durch den das All geworden ist (und wir sind es durch Ihn)« Jetzt wissen wir, dass das All nicht aus dem Nichts kommt. Das All ist aus Gott (Röm.11:36). Auch der Sohn Selbst ist ja aus Gott.

»Jewe schuf alles zu Seinem Zweck« (Spr.16:4). Alles hat einen Sinn und ein Ziel. Das Ziel ist Christus. Die gesamte Vervollständigung Gottes hat ihr Wohlgefallen daran, in Christus zu wohnen (V.19). Wohnt sie aber in Ihm, so ist sie Gottes Herzen nahegebracht, denn der Sohn ist eins mit dem Vater.

Die Schöpfung besteht nicht um ihrer selbst willen, sondern zum Ruhm des Herrn Jesus Christus, der sie zu Sich hin und somit zum Leben und zum Frieden führt, damit Seinem Gott und Vater alle Verherrlichung zuteil wird.

»... und Er ist vor allem, und das All besteht zusammen in Ihm«, heißt es in Vers 17. Gewiss ist Er vor allem, denn alles ist durch Ihn, das Wort, geworden (Joh.1:3). »Er spricht, und es geschieht; Er gebietet, und es steht da«, bezeugt König David in Psalm 33:9.

Und worin hat das All seinen gemeinsamen Bestand, seinen Zusammenhalt? — Nichts besteht ohne Ihn, den Sohn, sondern in Ihm besteht das All; »Er trägt das All durch Sein machtvolles Wort« (Heb.1:3).

Unserem Herrn Jesus Christus haben wir nächst Seinem Gott und Vater mithin alles zu verdanken, Er ist der rechtmäßige Eigentümer des Alls, ohne Sein tragendes Wort würde alles zerstieben, Er wird das All Seinem Vater vervollständigt und vollendet darstellen; und deshalb schulden wir Ihm Unterordnung und Gehorsam zum Lobpreis Seines Gottes und Vaters, der Ihm alle Vollmacht und alle Aufgaben übertragen hat.

Der folgende Vers 18 spricht mit der Hauptschaft und der Erstlingsschaft Christi weitere wesentliche Elemente des Geheimnisses des Christus an, das in früheren Zeiten verborgen war: »Er ist das Haupt der Körperschaft, der herausgerufenen Gemeinde, deren Anfang Er ist als Erstgeborener aus den Toten, sodass Er in allem der Erste werde.« Wer hätte das erdenken können, dass Christus neben dem Volk Seiner Auswahl, mit dem Er Seine Königsherrschaft über die Erde ausüben wird, eine aus allen Nationen herausgerufene Gemeinde von allein durch Glauben Gerechtfertigten Sein eigen nennen würde? Diese Körperschaft hat eine überhimmlische Bestimmung. Sie ist jetzt schon im Geist inmitten der Überhimmlischen niedergesetzt in Christus Jesus (Eph.2:6) und wird Gott in den beiden zukünftigen Äonen dazu dienen, das All Seinem Sohn und damit auch Sich unterzuordnen (1.Kor.15:27,28), indem Er den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau stellt (Eph.2:7).

Christus, das Haupt über alles, ist unser Haupt; in Epheser 1:22,23 heißt es dazu: »Alles ordnet Er (Gott) Ihm (Christus) unter, Ihm zu Füßen; und Ihn gibt Er als Haupt über alles der herausgerufenen Gemeinde, die Seine Körperschaft ist, die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt.« Ihn zum Haupt zu haben und Seine Vervollständigung zu sein, Glieder Seines Körpers zu sein und als solche an der Vervollständigung des Alls mitzuwirken, ist eine außerordentlich hohe Stellung und Würde, die Gott uns in Gnaden gewährt. Leider gibt es Gläubige, die ihr Haupt nicht beachten und nicht würdigen, sondern sich nach ihrem eigenen Kopf richten. — Paulus kannte welche, die sich in scheinbarer Demut und dem Ritual der Boten mit dem wichtigtaten, was sie gesehen hatten, nichtig aufgeblasen vom Denksinn ihres Fleisches und sich somit nicht an das Haupt haltend (Kol.2:18,19). Wir wandeln hier jedoch durch Glauben und nicht durch Sehen und andere Wahrnehmung (2.Kor.5:7).

Christus ist selbstverständlich auch das Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit (Kol.2:10); von Ihm geht alle Herrschaft aus.

In der Verwaltung der Vervollständigung der Fristen, im letzten Äon, wird das gesamte All in Christus aufgehauptet werden, das heißt alle werden Ihn als ihr Haupt annehmen (Eph.1:10). Soviel zur Hauptschaft Christi.

Nun zu Seiner Erstlingsschaft. Dass Er der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung ist, hörten wir schon. In Vers 18 b steht Weiteres: Der Sohn der Liebe Gottes ist der Anfang Seiner herausgerufenen Gemeinde der Zeit und dem Rang nach, und zwar als Erstgeborener aus den Toten. Unsere Verbundenheit mit Ihm gründet sich nicht nur wie allgemein auf das in Ihm Erschaffensein, sondern auf Seinen Sieg über den Tod. Er ist das Haupt einer neuen Schöpfung, der neuen Menschheit, der wir als Erstlinge angehören und der Er, der das Leben ist, Leben und Unvergänglichkeit und Unsterblichkeit gibt. Zur Zeit ist Christus der Einzige, der Unsterblichkeit hat (1.Tim.6:16). Beim nächsten heilsgeschichtlichen Ereignis aber werden wir, die Christus Angehörenden, lebendig gemacht, und zwar bei Seiner Anwesenheit im Luftraum, um uns zu Sich in Sein überhimmlisches Königreich zu nehmen (1.Kor.15:23; 2.Tim.4:18). Bei der Vollendung zum Abschluss der Äonen wird Er den Tod schließlich völlig aufheben und dafür Leben und Unvergänglichkeit für alle ans Licht bringen (2.Tim.1:10).

Am Schluss von Vers 18 wird uns gesagt, wozu das alles so ist:

»... sodass Er in allem der Erste werde.« Er wird in allem der Erste werden. Ist Er bei uns persönlich schon der Erste geworden? — Vergessen wir nicht, wie sehr Sich der Erstgeborene zu uns, Seinen Brüdern und Schwestern, herabneigt oder: wie hoch wir erhoben werden, denn die Gott zuvor erkannte (zuvor ins Auge fasste), die hat Er auch vorherbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichgestaltet zu werden, damit Er der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei. Die Er aber vorherbestimmt, diese verherrlicht Er auch in Christus Jesus, dem Ersten in allem (Röm.8:29,30).

Der Sohn der Liebe Gottes wird in allem der Erste werden, »da« — wie die Verse 19 und 20 a sagen — »die gesamte Vervollständigung ihr Wohlgefallen daran hat, in Ihm zu wohnen und durch Ihn das All mit Sich auszusöhnen...«

Was ist die gesamte Vervollständigung? — Sie ist das vollendete, vollkommene und ausgesöhnte All; nichts und niemand ist unvollendet, unbefriedigt, unvollkommen oder noch feindlich gesinnt. Durch das Blut des Kreuzes Seines Sohnes wird Gott alle mit Sich aussöhnen und zum Frieden und zur Liebe führen und so vervollständigen. Niemand wird der Herrlichkeit Gottes ermangeln.

Die Vervollständigung wohnt in Christus, ja, wird ihr Wohlgefallen daran haben, in Ihm zuhause zu sein.

Die gesamte Vervollständigung ist zugleich die Vervollständigung Gottes Selbst. Gott ist vervollständigt durch Seinen Sohn. Und in dem wohnt das All, das in den Himmeln und das auf der Erde. In dem Sohn wohnend werden alle Geschöpfe durch Ihn, den Mittler, Gemeinschaft mit dem Vater haben. Welch eine Herrlichkeit unser Herr Christus Jesus als Vervollständigung Gottes und Aussöhner des Alls doch hat!

Alle Geschöpfe werden ihr Wohlgefallen in dem Sohn der Liebe Gottes haben, auf dem das Wohlgefallen des Vaters ruht. »Dies ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe« (Mat.3:17; 17:5). Schon Jesaia durfte diesen Ausspruch berichten (Kap.42:1). Niemals wird dieses Wort vergehen (Mk.13:31). In dem Urheber ihrer Rettung, der durch Leiden vollkommen gemacht wurde, werden alle ihr Wohlgefallen haben und unserem Gott und Vater geheiligt sein (Heb.2:10). Wir fahren mit Vers 20 fort: »... und durch Ihn das All mit Sich auszusöhnen (indem Er durch das Blut Seines Kreuzes Frieden macht), durch Ihn, sei es das auf der Erde oder das in den Himmeln.« Die Vervollständigung des Alls ist ohne seine Aussöhnung nicht möglich. Durch Christus, den Ersten in allem, wird Gott das All mit Sich aussöhnen. Am Ende des Verses hebt der Apostel Paulus den Sohn und Sein umfassendes Werk nochmals heraus, indem er schreibt: »durch Ihn, sei es das auf der Erde oder das in den Himmeln«, damit unsere Herzen sich zum Lobpreis des Sohnes erheben.

Die Aussöhnung des Alls durch den Sohn der Liebe Gottes! Welch ein herrliches Wort! Welch ein gewaltiges Werk vollbringt doch der Sohn, bis Er alle trägen Herzen so völlig verändert hat!

Und welch eine Feindschaft geht der Aussöhnung voraus und liefert heute noch Nachhutgefechte! Der Sieg ist längst errungen — am Kreuz auf Golgatha. Keine Feindschaft kann angesichts der dort erwiesenen Liebe Gottes bestehen bleiben. Gott, unser Vater, hat nach Kolosser 2:15 im Geschehen am Kreuz die geistlichen Oberherrschaften der Finsternis und die Obrigkeiten der Bosheit abgestreift und entmachtet. Zugleich hat Er sie im Kreuz öffentlich zur Schau gestellt, das heißt aufgezeigt, zu welch Bösem sie fähig sind und sie also bloßgestellt. Und Gott führt sie seitdem im Kreuz im Triumph einher als besiegte, gefangene Gegner in Seinem Triumphzug. Auch der Widerwirker ist entmachtet, selbst wenn er sich noch wie wild gebärdet. Denn es heißt in Hebräer 2:14, dass der Herr Jesus Christus an Blut und Fleisch teilgenommen hat, damit Er durch den Tod den abtue, der die Gewalt des Todes hat; dies ist der Widerwirker, die uralte Schlange. Er hat zwar die Gewalt des Todes, aber kein Recht mehr, jemanden im Tode zu halten. Nachdem Christus als Haupt der Schöpfung für alle eingetreten und als der Gerechte für die Ungerechten gestorben war, konnte der Widerwirker Ihn nicht im Tode halten. Von da an hat unser Herr die Schlüssel des Todes und des Ungewahrten (Off.1:18). In Christi Vollmacht liegt es nun, aus dem Tode heraufzuführen.

Der Sieg ist errungen, Satan ist entmachtet; das Blut des Kreuzestodes Jesu Christi ist ausgegossen, die Aussöhnung des Alls ist gewährleistet. Die meisten Menschen müssen noch zur Erkenntnis dieser Wahrheit geführt werden — durch das Gericht und den zweiten Tod und ihre Lebendigmachung —‚ bis ihnen der Tod Christi zum Gewinn werden wird. Wer das gerechte Gericht vor dem großen weißen Thron, vor dem Angesicht des Herrn Jesus Christus, der aus Liebe zu Seinen Geschöpfen starb, erfahren hat, kann Gott nicht mehr feindlich gesinnt sein. Als mit der Liebe Gottes Bekanntgewordene und als nach dem Abschluss der Äonen Lebendiggemachte werden sie ausgesöhnt sein. Gott wird Frieden mit ihnen machen, und sie werden sich Seines Friedens erfreuen.

Frieden ist das Wesen der Aussöhnung. Heute schon hält Gott Frieden mit den Menschen; Er ist mit ihnen versöhnt. »Denn Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend: Er rechnet ihnen ihre Kränkungen nicht an und hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt. Daher sind wir Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns zuspräche. Wir flehen für Christus: Lasst euch mit Gott versöhnen!« (2.Kor.5:19,20). — Welch eine herrliche Botschaft haben wir doch zu verkündigen!

Es sei an dieser Stelle eingeflochten, dass der Begriff »Versöhnung« nach biblischem Sprachgebrauch die Tat und Haltung nur einer der beiden verfeindeten Seiten bezeichnet. »Aussöhnung« dagegen bezeichnet stets ein Friedensverhältnis zwischen allen Beteiligten. Gott ist mit der Welt versöhnt, hörten wir, aber die meisten Menschen glauben es nicht oder wissen es noch nicht einmal. Nur die Gläubigen sind mit Gott ausgesöhnt. So finden wir das Wort »aussöhnen« in Kolosser 1:21,22 vor: »Auch euch, die ihr in Denkart und bösen Werken einst Fremde und Feinde gewesen seid, hat Er nun im Körper Seines Fleisches durch Seinen Tod ausgesöhnt, um euch heilig, makellos und unbeschuldbar vor Seinem Angesicht darzustellen.« Der Ausdruck »aussöhnen« kommt noch ein drittes Mal vor, und zwar in Epheser 2:16, wo von der Aussöhnung der beiden Gruppen von Heiligen, der Juden und Griechen, in dem einen Körper die Rede ist, in Christus Jesus.

Gegenwärtig können nur die Heiligen den Frieden mit Gott genießen, wie Römer 5:1,2 sagt: »Gerechtfertigt nun aus Glauben, dürfen wir mit Gott Frieden haben durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir auch im Glauben Zugang in diese Gnade erhalten haben, in der wir stehen.« »Frieden haben« steht in der Möglichkeitsform (wir »dürfen« oder »mögen« Frieden haben), denn leider wissen sich nicht alle Heiligen aus Glauben gerechtfertigt, weil sie eigene Werke ins Spiel bringen, daher niemals wissen können, ob ihre Leistungen richtig und ausreichend waren, und folglich keinen Frieden mit Gott haben.

Wir sind ausgesöhnt! Mögen wir im Glauben daran festhalten und uns des herrlichen Friedens mit unserem Gott und Vater erfreuen!

Allaussöhnung! Das bedeutet nicht nur die Rettung aller Menschen, sondern auch der Geister.

Zunächst einige Worte zur Rettung aller Menschen. Hören wir 1.Timotheus 4:9-11: »Glaubwürdig ist das Wort und jeden Willkommens wert (denn dazu mühen wir uns und werden geschmäht), dass wir uns auf den lebendigen Gott verlassen, welcher der Retter aller Menschen ist, vor allem der Gläubigen. Dieses weise an und lehre.« Die Nichtberufenen werden vor dem großen weißen Thron zum zweiten Tod verurteilt werden nach ihren Werken. Dann, wenn Christus Seine Königsherrschaft, die Er in den beiden zukünftigen Äonen ausübt, Seinem Gott und Vater übergeben wird, bei der Vollendung beim Abschluss der Äonen, werden wir lebendig gemacht werden, das heißt unvergängliches Leben erhalten. Der letzte Feind, der abgetan wird, ist der zweite Tod (1.Kor.15:22-26). Als Lebendiggemachte werden sie die Liebe Gottes erkennen, die ihnen durch den Rechtsspruch am Kreuz die Rechtfertigung ihres unvergänglichen Lebens vermittelte und sie durch den Gehorsam Jesu Christi als Gerechte einsetzte (Röm.5:18,19), sodass sie ihre Knie beugen und von ganzem Herzen huldigen werden: Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters (Phil.2:10,11). Dann wird Gott alles in ihnen sein (1.Kor.15:28).

Die Allaussöhnung umfasst aber auch die Weltbeherrscher dieser Finsternis, die geistlichen Mächte der Bosheit inmitten der Überhimmlischen (Eph.6:12). Christus wird uns zu Sich in Sein überhimmlisches Königreich entrücken (2.Tim.4:18), und Gott wird uns inmitten der überhimmlischen Geschöpfe in Christus Jesus niedersetzen, »um in den kommenden Äonen den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau zu stellen« (Eph.2:7). Diese Gnade, die an uns Unwürdigen so deutlich wird, wird jene Geschöpfe für Gott gewinnen.

Die Aussöhnung des Alls erfolgt, indem Gott Frieden macht durch das Blut des Kreuzes des Sohnes Seiner Liebe. Das Kreuz ist der größte Schmerz und die tiefste Erniedrigung und Schmach Jesu Christi und der tiefste Schmerz für den Vater. Der Vater und der Sohn mussten diesen Weg aber gehen; sie mussten die gesamte Schöpfung durch die Sünde und den Tod hindurchführen, damit sie sich selbst kennenlernt wie auch den Vater und all die Herrlichkeiten, die Gott ihr bereitet hat, zu würdigen weiß.

Das Blut Jesu Christi hat allaussöhnende Wirkung, da das All in Ihm war und durch Ihn erschaffen wurde. Jesu Christi vergossenes Blut ist das einzige und vor Gott allgenugsame Mittel zur Aussöhnung aller — Sein Opfer, Seine Darbringung, Seine Dahingabe. Unser Vater gebraucht nicht mehr und nicht weniger als den Gehorsam Seines Sohnes bis zum Kreuzestod, um das gewaltige

Werk der Aussöhnung zu tun. Seine im Kreuz erwiesene Liebe wird alle an Sein liebendes Vaterherz ziehen.

Der Lobpreis, der Dank und die Verherrlichung sei unserem

herrlichen Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus!

 

 

Unsere Darstellung vor Christi Angesicht (Kol.1:21-23)

 

Der Apostel Paulus hat in den Versen 15 bis 20 die Größe und Herrlichkeit Christi geschildert. Wahrhaftig, der Sohn der Liebe Gottes ist das Abbild des unsichtbaren Gottes, Er ist der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung. Denn in Ihm ist das All erschaffen, es ist durch Ihn und zu Ihm hin erschaffen, und das All besteht in Ihm. Huldigend dürfen wir Ihn verherrlichen, denn Er ist unser Haupt, das Haupt der Körperschaft, der herausgerufenen Gemeinde. Er wird auch in allem der Erste werden, da die gesamte Vervollständigung Gottes ihr Wohlgefallen daran hat, in Ihm zu wohnen.

Unser Gott und Vater wird das All mit Sich aussöhnen, indem Er Frieden macht durch das Blut des Kreuzes Seines Sohnes. Welch eine herrliche Botschaft! Welch eine Freude macht uns dieses Erwartungsgut des Evangeliums, das Paulus verkündigte.

Für uns, die wir glauben, ist die Aussöhnung bereits Wirklichkeit. Wir sind Vorgezogene. Er, der Sohn der Liebe Gottes, hat uns im Körper Seines Fleisches durch Seinen Tod mit dem Vater ausgesöhnt. Unsere heutige Betrachtung wird uns zeigen, zu welchem Zweck dies geschah, nämlich um uns heilig, makellos und unbeschuldbar vor Christi Angesicht darzustellen (Vers 22), und wir werden sehen, wie diese unsere Darstellung vor der Preisrichterbühne des Christus als Heilige, Makellose und Unbeschuldbare in die Wege geleitet wird, nämlich indem wir gegründet und beständig in dem Glaubensgut des Apostels Paulus beharren und uns nicht fortbewegen lassen von dem Erwartungsgut des Evangeliums, der Aussöhnung des Alls (Vers 23).

Fremde und Feinde

 

Beginnen wir mit Vers 21: »Auch euch, die ihr in Denkart und bösen Werken einst Fremde und Feinde gewesen seid ...« War das die Wirklichkeit, in der wir jahrelang lebten? Wir lebten doch gut bürgerlich! Und doch: Unsere Denkart und unsere Werke wiesen aus, dass wir Fremde und Feinde Gottes waren. Wir waren Gott entfremdet — was ahnten wir schon von Seiner Allgewalt, von Seiner Barmherzigkeit, von dem Reichtum Seiner Gnade und vor allem von Seiner in der Dahingabe Seines Sohnes erwiesenen Liebe? Die Entfremdung hatte Unkenntnis und Verstockung zur Grundlage und Abstumpfung und Sünden zur Folge, wie Paulus in Epheser 4:17-19 sagt: »... Die Nationen wandeln in der Eitelkeit ihres Denksinns, sie sind in ihrer Denkart verfinstert und dem Leben Gottes gegenüber Fremde infolge der Unkenntnis, die wegen der Verstockung ihres Herzens in ihnen ist. So abgestumpft, haben sie sich selbst der Ausschweifung hingegeben und betreiben alle Art von Unreinheit in Habgier.«

Und wir waren Feinde Gottes. Ein Feind Gottes ist jeder, der sich selbst leben will, der sich selbst meint, auch wenn er zum Beispiel anderen hilft, der sich selbst erhöht und nicht den, dem alle Ehre gebührt, seinem Schöpfer und Vollender. »Deswegen ist die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott, weil sie sich dem Gesetz Gottes nicht unterordnet; denn sie kann es auch nicht« (Röm.8:7). Ein Feind Gottes ist jeder, der sich Ihm nicht unterordnet. Auch wer der Welt Freund sein will, zeigt deutlich, dass er ein Feind Gottes ist (Jak.4:4).

Fremde und Feinde waren die Kolosser in ihrer Denkart und ihren bösen Werken. In der Art ihres Denkens und ihren Werken wurde die Entfremdung und Feindschaft offensichtlich. Ihr Vermögen, einen Sachverhalt zu durchdenken, war gemindert, weil im alten Menschentum steckenbleibend, ja verbogen, weil nicht auf Gott ausgerichtet. Daraus folgen selbstverständlich viele nicht treffliche Handlungen, also Sünden.

»Auch euch« — so fängt Vers 21 an —‚ auch euch in Kolossä betraf dies, doch auch euch gilt dies, was in Römer 5:10 geschrieben steht: »Wenn wir, als wir Feinde waren, mit Gott durch den Tod Seines Sohnes versöhnt wurden, wieviel mehr werden wir, nun versöhnt, in Seinem Leben gerettet werden!« Wir werden gerettet werden — das ist gar keine Frage — vor dem Zorn Gottes (Röm.5:9) und für des Herrn überhimmlisches Königreich (2.Tim.4:18); ja wir sind bereits Gerettete in der Gnade und für die Gnade (Eph.2:8), eben damit Gott Seine Gnade in den kommenden Äonen an uns zur Schau stellen kann (Eph.2:7).

Unsere Rechtfertigung geschah in Jesu Christi Blut (Röm.5:9), unsere Versöhnung durch Seinen Tod (Röm.5:10). Sünder erleiden Drangsal und Druck (Röm.2:9) vor dem großen weißen Thron für das, was sie taten. Doch Christus litt für uns. Da wir dies glauben, kommen wir nicht in das Gericht. Feinde gehen in den zweiten Tod, denn die Feindschaft ist ein Zustand, der durch den Zustand des Todes beendet wird. Wir aber sind bereits zusammen mit Christus zu Tode gebracht (Röm.6:1-11).

Gott Seinerseits ist mit uns versöhnt, und wir haben die Versöhnung (Röm.5:11); doch nur, wenn wir dies wirklich glauben und darin leben, kann man von Aussöhnung sprechen, einem beiderseitigen Frieden.

Ausgesöhnt

 

Verlassen wir nun den Vers 21: »Auch euch, die ihr in Denkart und bösen Werken einst Fremde und Feinde gewesen seid ...« und fahren mit Vers 22 fort: »... hat Er nun im Körper Seines Fleisches durch Seinen Tod ausgesöhnt, um euch heilig, makellos und unbeschuldbar vor Seinem Angesicht darzustellen ...«

Wir, die wir Gott glauben, sind jetzt durch den Tod unseres Herrn Jesus Christus mit Ihm ausgesöhnt. In Seinem Körper geschah dies, und nicht etwa geistig. Mögen wir dieser Tatsache ständig eingedenk sein. Unser Herr richte unsere Herzen auf Sein Erdulden hin (2.Thess.3:5)! Er wurde den Menschen gleichgestaltet und erniedrigte Sich Selbst und wurde gehorsam bis zum Tode, ja bis zum schmachvollen Kreuzestod (Phil.2:7,8). Im Hebräerbrief 5:8,9 wird bezeugt: »Obgleich Er der Sohn ist, lernte Er den Gehorsam durch das, was Er litt. Und so vollkommen gemacht, ist Er allen, die Ihm gehorchen, die Ursache äonischer Rettung.«

Ausgesöhnt sind wir; Frieden herrscht nun, völlige Harmonie und große Freude in herzlicher Gemeinschaft. Eine völlige Veränderung des gesamten Verhältnisses zwischen unserem Gott und Vater und uns ist eingetreten. Wir waren Feinde — jetzt sind wir Ausgesöhnte!

Diese Tatsache wirkt sich auch auf das Verhältnis zu unseren Mitmenschen aus, denen wir nun in Frieden begegnen und Versöhnung gewähren, wenn sie uns verletzt haben.

Heilig, makellos und unbeschuldbar

 

Doch unsere Aussöhnung mit unserem Gott und Vater hat noch einen weit darüber hinausgehenden Zweck, ein herrliches Ziel, das uns unser Vers 22 angibt: »... um euch heilig, makellos und unbeschuldbar vor Seinem Angesicht darzustellen...« Sind wir denn aber nicht schon heute heilig, makellos und unbeschuldbar? — Ja, wir sind es in Christus Jesus; ja, so sieht uns Gott in Christus Jesus. Der Apostel Paulus schreibt hier aber von etwas anderem, und zwar von unserer Darstellung vor unseres Herrn Angesicht. Das Wort »darstellen« steht in der Form eines Aorists der Zukunft. Dargestellt werden wir vor der Preisrichterbühne des Christus, nachdem Er uns in Sein überhimmlisches Königreich entrückt hat (2.Tim.4:18). Und dann geht es um die Frage: Haben wir bis dahin unsere Heiligkeit vollendet (2.Kor.7:1)? Sind wir bis dahin zur vollen Reife gelangt (Eph.4:13)? Insofern dies auf Erden nicht geschehen ist, wird unser Herr es sodann vor der Preisrichterbühne vollenden, um uns daraufhin nicht nur unserem Gnadenstand nach, sondern auch der inneren Reife nach als heilig, makellos und unbeschuldbar vor Seinem und vor Seines Vaters Angesicht wie auch vor den himmlischen Heerscharen darzustellen.

Der Unterschied zwischen heute und der Zukunft ist der: Jetzt sind wir unserem Gnadenstand nach in Christus Jesus heilig, makellos und unbeschuldbar und sollen in der Praxis auf dieses Ziel hin wachsen, dann aber — vor Seinem Angesicht vollendet — werden wir als solche dargestellt, gewissermaßen ins Bild gerückt, wir, die herausgerufene Gemeinde, die Seine Körperschaft ist, die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:22,23).

Dem Gnadenstand nach

 

Betrachten wir zunächst unseren derzeitigen Gnadenstand in Christus Jesus.

Wir sind heilig. Heilig heißt: für Gott abgesondert, Gott geweiht. Heiligkeit verträgt sich nicht mit der Sünde. In Römer 1:7 werden wir als berufene Heilige bezeichnet, in 1.Korinther 1:2 als Geheiligte in Christus Jesus. In Hebräer 10:10 steht geschrieben, dass wir in dem Willen Gottes durch die Darbringung des Körpers Jesu Christi ein für allemal geheiligt sind. Mit 1.Korinther 6:11 dürfen wir feststellen: »Ihr habt euch abwaschen lassen, ihr seid geheiligt ... im Namen unseres Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.« Selbstverständlich sollen sich die Heiligen dementsprechend verhalten und gemäß 2.Korinther 7:1 sich von jeder Besudelung des Fleisches und auch des Geistes reinigen und ihre Heiligkeit in der Furcht Gottes vollenden.

Wir sind makellos. Zur Begründung dieser Behauptung hören wir Epheser 1:3,4: »Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns mit jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in Christus segnet, sowie Er uns in Ihm vor dem Niederwurf der Welt auserwählt hat, damit wir Heilige und Makellose vor Seinem Angesicht seien.« Das Wort »seien« steht in der Gegenwartsform; man kann also auch sagen: Er hat uns gesegnet ..., sodass wir Heilige und Makellose vor Seinem Angesicht sind. Mit welchen Makeln behaftet wir uns auch einschätzen mögen, unser Vater sieht uns als Makellose; Er sieht uns in Christus, in welchem kein Makel ist.

Wir sind unbeschuldbar. Schließlich ist Gott gerecht. Da Sein Sohn der Sünde ein für allemal starb und wir mit Christus starben, das Urteil über unsere alte Menschheit also bereits vollzogen ist, ist es nur gerecht, dass Er eine Beschuldigung und Verurteilung kein zweites Mal vollzieht (vgl. Röm.6:1-11). Wir sind unbeschuldbar: Der Apostel Paulus schreibt in Römer 8:33,34: »Wer wird die Auserwählten Gottes bezichtigen? Etwa Gott, der Rechtfertiger? Wer sollte sie verurteilen? Etwa Christus Jesus, der gestorben, ja vielmehr auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist, der Sich auch für uns verwendet?« Der Gnade zufolge ist nichts denen zur Verurteilung, die in Christus Jesus sind (Röm.8:1).

Vergessen wir aber nicht, alles daranzusetzen, dass wir auch von denen draußen, von der Welt, nicht beschuldigt werden können. Zu Dienern der herausgerufenen Gemeinde dürfen ja nur solche berufen werden, die bewährt und unbeschuldbar sind (1.Tim.3:10). In Bezug auf jemanden, der nach einem Aufseheramt strebt, ordnete Paulus an: »Er muss aber auch ein ausgezeichnetes Zeugnis von denen draußen haben, damit er nicht in einen Vorwurf oder eine Falle des Widerwirkers hineinfalle« (1.Tim.3:7).

Im Wandel

Es gehört mithin zu unseren gegenwärtigen Segnungen im Geist, dass wir heilig, makellos und unbeschuldbar sind. Das gehört zu unserem Gnadenstand in Christus Jesus. Doch wie sieht unser Wandel aus? Entsprechend unserer Stellung im Geist will unser Herr Jesus Christus uns auch vor Seiner Preisrichterbühne darstellen, als solche, in denen Gestalt angenommen hat, was sie sind. »Meine Kindlein«, schreibt Paulus flehentlich, »um die ich nochmals Wehen leide, bis Christus in euch Gestalt gewinne!« (Gal.4:19). Es ist des Paulus Gebet: »Euch aber lasse der Herr zunehmen und überfließen in der Liebe zueinander und zu allen, gleichwie auch wir sie euch gegenüber erweisen, um eure Herzen zu festigen, damit sie vor unserem Gott und Vater untadelig in Heiligkeit seien in der Anwesenheit unseres Herrn Jesus, mit all Seinen Heiligen« (1.Thess.3:12,13). Bis zum Tag der Anwesenheit unseres Herrn sollen wir untadelig sein. In was für einer Weise müssen wir uns da auf ein heiliges und Gott wohlgefälliges Verhalten ausrichten! Wieviel Fleiß und Selbstzucht sind da erforderlich! Selbstzucht gehört zur Frucht des Geistes Gottes (Gal.5:22), und Fleiß ist eine Folge der erfahrenen Gnade (1.Kor.15:10). Paulus jagte nach solch einem Leben in der Kraft der Auferstehung und schrieb: »Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, es ergriffen zu haben. Eins aber tue ich: ich vergesse, was hinter mir liegt und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. So jage ich dem Ziele zu, nach dem Kampfpreis der Berufung Gottes droben in Christus Jesus« (Phil.3:13,14).

Hören wir sogleich auch die Verheißung für die, die glauben, in denen sich dieses Wort also als wirksam erweist: »Allezeit danke ich meinem Gott eurethalben ...‚ die ihr auf die Enthüllung unseres Herrn Jesus Christus wartet, der euch auch Stetigkeit verleihen wird bis zur Vollendung, damit ihr am Tage unseres Herrn Jesus Christus unbeschuldbar seid« (1.Kor.1:4a,7b,8). Unsere Aussöhnung mit Gott ist die Basis, um ein geheiligtes und untadeliges Leben führen zu können. Diese Segnung ist so kraftvoll, dass sie uns in das Bild Christi umgestaltet. Er Selbst, unser Herr Jesus Christus, wird uns Stetigkeit dazu verleihen bis zur Vollendung. Mögen wir in dieser Verheißung leben!

Der Weg

 

Vernehmen wir nun, welchen Weg der Apostel Paulus insonderheit angibt, damit wir heilig, makellos und unbeschuldbar vor unseres Herrn Angesicht offenbar gemacht und dargestellt werden. Er schreibt in Vers 23: »... wenn ihr nämlich gegründet und beständig im Glauben beharrt und euch nicht fortbewegen lasst von dem Erwartungsgut des Evangeliums, welches ihr gehört habt, das in der gesamten Schöpfung unter dem Himmel geheroldet wird, dessen Diener ich, Paulus, wurde.« »Wenn ihr nämlich gegründet und beständig im Glauben beharrt und euch nicht fortbewegen lasst von dem Erwartungsgut des Evangeliums« — das ist der Weg! Die Wendung »wenn nämlich« stellt das Vorangehende nicht in Frage, ist auch keine Bedingung, sondern zeigt auf, wie etwas geschieht, wie es sich vollzieht. Frei formuliert, kann man sagen: »indem ihr«... beharrt und euch nicht fortbewegen lasst.

Auf welche Art und Weise erreichen wir das Ziel? — Durch Beharren im Glauben und Nichtfortbewegenlassen von der Erwartung.

Beharrt im Glauben

 

Um im Glauben beharren zu können, ist eine feste Gründung nötig sowie Beständigkeit, wie Paulus in unserem Vers 23 sagt. In Epheser 3:17 steht, dass wir erstarken können, weil wir in der Liebe gewurzelt und gegründet sind. Das ist gleichbedeutend mit unserer Verankerung in Christus Jesus, wie Kolosser 2:6,7 zum Ausdruck bringt: »Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt in Ihm, stetig im Glauben, so wie ihr belehrt wurdet, darin überfließend in Dank.« Mögen wir uns darum gründlich belehren lassen über unser Glaubensgut, das dem Apostel Paulus für uns, die Glieder des Körpers Christi, enthüllt wurde (Gal.1:12), das das Wort vom Kreuz zur Grundlage hat und nicht den Sühnetod Jesu Christi in Erfüllung des mosaischen Opferrituals. Unsere Segnungen gründen sich auf das Mitgekreuzigtsein und Mitgestorbensein der alten Menschheit. Da unsere alte Menschheit mit dem Wort vom Kreuz, das Paulus verkündigte, vollständig abgetan ist, sind unsere Segnungen auch vollständiger Natur, wie die Freilösung, der Gnadenstand, der Sohnesstand, unsere Versiegelung, die Versöhnung; wir haben nicht Sündenvergebung, sondern sind selbst völlig gerechtfertigt von allen Sünden. Dieser Lehre, an die wir übergeben wurden, sollen wir gehorchen (Röm.6:17). Zu diesem Zweck müssen wir sie natürlich erlernen (Röm.16:17). Das Leben in diesem Glaubensgut schließt selbstverständlich ein, dass wir unserem Gott und Vater allezeit alles glauben.

Paulus legt (nach dem Zusammenhang mit Vers 22) zudem Wert darauf, dass wir im Glauben an unsere persönliche Aussöhnung mit dem Vater beharren, denn wer den Frieden der Aussöhnung nicht hat, wird allerlei Mängel in seinem Wandel und Dienst erfahren, zumal er das Evangelium in seiner Herrlichkeit nicht kennt. Wie soll ein solcher Gläubiger den Dienst der Versöhnung tun und somit seine Hauptaufgabe erfüllen, wenn das Wort der Versöhnung nicht in ihm verankert ist? Wie es in 2.Korinther 5:18,19 beschrieben ist: »Das alles aber ist aus Gott, der uns durch Christus mit Sich Selbst versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat. Denn Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend: Er rechnet ihnen ihre Kränkungen nicht an und hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt.« Selbst wenn ein Heiliger die Versöhnung nicht erfasst haben sollte, ist er dennoch versöhnt, er erfreut sich aber nicht des Friedens, der aus dieser Tatsache folgen soll. Da Aussöhnung ein beiderseitiges Verhältnis ist, ist ein Mitwirken unsererseits erforderlich: unser Glaube. Und erst ein gegründetes und beständiges Beharren in diesem Glauben bereitet den Weg, dass wir vor der Preisrichterbühne des Christus heilig, makellos und unbeschuldbar stehen.

An dieser Stelle ist nochmals zu sagen, dass unser Herr Christus Jesus uns allesamt heilig, makellos und unbeschuldbar vor Seinem Angesicht darstellen wird, nachdem Er uns dort vollkommen zurechtgebracht hat, doch unsere Zurechtbringung fängt hier auf Erden schon an und soll möglichst weit fortgeschritten sein am Tage des Erscheinens unseres Herrn. Darum geht es.

Beharrt auf dem Erwartungsgut des Apostels Paulus

 

Lasst euch deshalb auch nicht fortbewegen von dem Erwartungsgut des Evangeliums, das der Apostel Paulus verkündigt!

Wir haben ein Erwartungsgut, wie es herrlicher nicht sein kann. Es sei aufs Kürzeste skizziert:

- wir bekommen einen geistlichen Körper (1.Kor.15:44), einen Körper der Herrlichkeit, dem Körper unseres Herrn gleichgestaltet (Röm.8:29; Phil.3:21);

- wir werden inmitten der überhimmlischen Geschöpfe in Christus Jesus niedergesetzt (Eph.2:6);

- Gott stellt an uns in den kommenden Äonen den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau (Eph.2:7);

- auf diese Weise wirken wir mit an der Aufhauptung des Alls

in Christus (Eph.1:10), an der Vervollständigung des Alls

(Eph.1:23), an der Unterordnung des Alls unter Christus

(1.Kor.15:27) und an der Aussöhnung des Alls mit dem

Vater (Kol.1:20). Die Aussöhnung des Alls mit dem Vater — das

ist der Kern des Erwartungsgutes des Evangeliums des Apostels

Paulus!

Von diesem Erwartungsgut sollen wir uns nicht abspenstig machen lassen. Wenn wir uns von der Erkenntnis der Allaussöhnung abdrängen lassen, dann haben wir wohl unsere persönliche Aussöhnung nicht erfasst. Je mehr wir aber die Allaussöhnung glaubensvoll bejahen, desto mehr wird uns zugleich unsere persönliche Aussöhnung zum freudigen und unerschütterlichen Besitz. Auf dieser Grundlage sodann können wir unsere Heiligkeit in der Furcht Gottes vollenden (2.Kor.7:1), sodass uns vor dem Angesicht unseres Herrn Lob zuteil wird, wie zum Beispiel dem Timotheus. Paulus bezeugt ihm in apostolischer Vollmacht: »Du aber bist meiner Lehre vollends gefolgt, auch meinem Beweggrund, Vorsatz und Glauben, meiner Geduld und Liebe, meinem Ausharren, meinen Verfolgungen und Leiden« (2.Tim.3:10). In Philipper 2:20-22 urteilt Paulus über ihn: »Ich habe niemand, der ebenso empfindet, der in so rechter Art um euer Ergehen besorgt sein wird; denn alle anderen suchen das Ihre und nicht das, was Christi Jesu ist. Seine Bewährtheit aber kennt ihr, dass er, wie ein Kind seinem Vater, zusammen mit mir am Evangelium sklavt.«

Auch wir sollten alles daransetzen, dass wir in Liebe alles zum Wachsen bringen hinein in Ihn, der das Haupt ist, Christus (Eph.4:15), wissend, dass alles von Gott gegeben wird. Das Wollen und das Wirken bewirkt Er! Ihm sei die Verherrlichung dafür! Zur Reife in Christus Jesus sollen wir gelangen (Kol.1:28).

Mit diesem Ziel wirkt unser Herr ständig an uns, wie auch aus Epheser 5:25-27 hervorgeht: »Ihr Männer, liebet eure Frauen, so wie auch Christus die herausgerufene Gemeinde liebt und Sich Selbst für sie dahingegeben hat, um sie zu heiligen: sie reinigend durch das Wasserbad in einem Ausspruch Seines Mundes, damit Er für Sich Selbst die herausgerufene Gemeinde herrlich darstelle, sodass sie keinerlei Flecken, Runzel oder irgend etwas solcher Art habe, sondern heilig und makellos sei.« Ebenso wie aus unserem Kolosserbriefabschnitt ersehen wir hieraus, dass wir geheiligt sind, und zwar durch das Wasserbad, das in einem Ausspruch Seines Mundes besteht, und dass wir dauernd weiter geheiligt werden durch die fortwährende Reinigung in Seinem Wort. Es klingt sicher ungewöhnlich, wenn ich sage: Badet täglich in Seinem Wort, doch ohne das fortlaufende Waschen im Wort Christi gibt es keinen Fortschritt in der Heiligung. Wo aber das Wort vernachlässigt wird, greift allerlei ungesundes Wesen und Verhalten um sich.

Darum legt Paulus uns die ständige Ernährung mit dem Wort ans Herz; er schreibt an Timotheus: Du wirst ein trefflicher Diener Christi Jesu sein, der sich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre ernährt; diesen Worten bist du vollends gefolgt (1.Tim.4:6). Mit großer Freude darf dieser junge Mann seiner Beurteilung vor der Preisrichterbühne des Christus entgegensehen.

 

Paulus ist der Diener dieses Evangeliums

Wenden wir uns nun dem Abschluss des Verses 23 zu; des Zusammenhangs wegen sei der ganze Vers wiedergegeben: »... wenn ihr nämlich gegründet und beständig im Glauben beharrt und euch nicht fortbewegen lasst von dem Erwartungsgut des Evangeliums, welches ihr gehört habt, das in der gesamten Schöpfung unter dem Himmel geheroldet wird, dessen Diener ich, Paulus, wurde.« Paulus darf das Wörtlein »ich« hier stark betonen, ja er muss es sogar tun, denn er muss den Kolossern deutlich sagen, dass er der Herold und Apostel und Lehrer der Nationen ist (1.Tim.2:7), dass ihm das in der gegenwärtigen Verwaltung zu verkündigende Evangelium enthüllt wurde (Gal.1:12) und dass ihm allein die derzeitige Heilsverwaltung (oder Haushaltung oder Verfahrensordnung) Gottes für die Zeit der Beiseitesetzung Israels gegeben ist, die heilsgeschichtliche Verwaltung der Gnade Gottes für uns, die aus den Nationen (Eph.3:2; Kol.1:25).

Die Aussöhnung des Alls, derer auf der Erde und derer in den Himmeln, das Erwartungsgut des Evangeliums, wird in der gesamten Schöpfung unter dem Himmel geheroldet, das heißt in erster Linie: unter allen Menschen. Aber dieser Segen ist nicht auf uns beschränkt. In zweiter Linie ist an die gesamte übrige Schöpfung zu denken. Man lese dazu auch Römer 8:19-23. Dort steht, dass die Vorahnung der Schöpfung auf die Enthüllung der Söhne Gottes wartet und dass sie befreit werden wird von der Sklaverei der Vergänglichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.

Das Heil Gottes in Christus geht weit über unsere persönliche Rettung hinaus; es umfasst das All. So sei dem König der Äonen, dem unvergänglichen, unsichtbaren, alleinigen und weisen Gott im Namen und im Auftrag unseres Herrn Jesus Christus Ehre und Verherrlichung für die Äonen der Äonen von Herzen dargebracht (1.Tim.1:17).

 

 

Christus unter den Nationen

(Kol.1:24-29)

 

Der Kolosserbrief hat die Größe und Herrlichkeit Christi zum Thema. Zusammen mit dem Epheserbrief beschreibt er damit das Geheimnis des Christus, nämlich Seine hohe Stellung als Erstgeborener vor einer jeden Schöpfung, Seine Erstlingsschaft in allem, Seine Mittlerschaft, Seine Erhöhung, Verherrlichung und Hauptschaft über alle (Kol.1:15-20; 2:2,3). Welche größeren Herrlichkeiten könnte Christus noch haben als die, die der Apostel Paulus in den unserem Schriftabschnitt vorausgehenden Versen 19 und 20 bekanntgemacht hat, nämlich dass die gesamte Vervollständigung Gottes in Christus wohnen und durch Ihn das All mit dem Vater ausgesöhnt wird, indem Er durch das Blut des Kreuzes Frieden mit allen macht? Paulus hat auch dargestellt, wie sich diese Herrlichkeit Christi auf uns, die wir in Christus Jesus sind, auswirkt: Wir sind mit Gott ausgesöhnt! Das geschah nach Vers 22 zu dem Zweck, dass Christus uns durch und durch heilig, makellos und unbeschuldbar — was wir unserem Gnadenstand nach ja sind — vor der Preisrichterbühne vor Seinem Angesicht darstelle. Und den Weg zu diesem Ziel hat Paulus auch aufgezeigt: indem wir gegründet und beständig im Glaubensgut des Apostels Paulus beharren und uns nicht fortbewegen lassen von dem Erwartungsgut des Evangeliums, dessen Diener Paulus wurde (Vers 23). Zum Erwartungsgut dieses Evangeliums gehört insbesondere die Aussöhnung des Alls (Vers 20).

Welches Leid müsste Paulus doch um uns tragen, wenn wir uns beraubt wegführen ließen durch die Weisheit der Menschen, weg von seinem Evangelium, das ihm enthüllt wurde (Gal.1:12) und das über alle Maßen herrlicher ist als das, welches die zwölf Apostel Israels verkündigten! Mit ganzem, das Leid nicht scheuendem Einsatz heroldet Paulus sein Evangelium und erduldet alles, und zwar für die Auserwählten, aber noch nicht Gläubigen, damit auch sie die Rettung erlangen (2.Tim.2:10), und für die Berufenen, um sie zur Reife zu führen in Christus Jesus, zur Einheit des Glaubens und zur Einheit der Erkenntnis des Sohnes Gottes (Eph.4:13).

Die Verse, die wir nun betrachten, Kolosser 1:24 bis 29, beschreiben bedeutende Aspekte des Dienstes des Apostels Paulus: Er vervollständigt das Wort Gottes und verkündigt das Geheimnis, dass Christus unter den Nationen ist, nicht mehr unter Israel. Die Menschen haben ohne die Vermittlung Israels Zugang zu Christus, und der gesamte geistliche Segen, der in Christus Jesus ist, der unausspürbare Reichtum des Christus, wird ihnen aus Gnaden zuteil und mithin allein durch Glauben. Dieses Geheimnis ist eine weitere Facette des Christusgeheimnisses: Christus unter den Nationen! In diesem herrlichen Verkündigungsdienst freut Paulus sich. Keinen Anstoß gibt er dabei, in keiner Weise, damit kein Makel an seinem Dienst erfunden werden, sondern in allem empfiehlt er sich als Diener Gottes: in vielem Erdulden, in Drangsal, in Nöten, unter Druck, unter Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhr, in Mühsal und im Wachen, bei übler Nachrede und Anerkennung, als Irreführer und doch wahr, als betrübt, aber stets freudevoll, als arm und doch viele reich machend (2.Kor.6:3-5,8,10).

Leiden an Christi Statt

 

Wir lesen Vers 24: »Nun freue ich mich in meinen Leiden für euch, und was noch an Drangsalen des Christus mangelt, ergänze ich an Seiner Statt in meinem Fleisch für Seine Körperschaft, welche die herausgerufene Gemeinde ist.« — »Nun freue ich mich in meinen Leiden für euch.« Wenn es schon Freude ist, überhaupt für andere da zu sein, um wie viel größer ist die Freude, für die Körperschaft Christi, die herausgerufene Gemeinde, für die Auserwählten Gottes, Seine Heiligen und Geliebten dazusein, sich aufzuopfern, das Beste geben zu dürfen. »Für euch«, das heißt: euch zugut. Denn die Liebe sucht nicht das Ihre, sondern sie gibt alles auf und erduldet alles (1.Kor.13:5,7). Paulus freut sich, denn er weiß, dass seine Leiden segensreich für seine Brüder und Schwestern in Christus Jesus sind. An die Epheser schreibt er: »Ich bitte darum, nicht entmutigt zu werden in meinen Drangsalen um euretwillen, was euch zur Herrlichkeit gereicht« (Eph.3:13). Seine herrliche Botschaft ist stärksten Anfeindungen ausgesetzt — man stelle sich vor: es gibt jetzt eine heilsgeschichtliche Verwaltung Gottes, in der nur die Gnade herrscht, gerechtfertigt wird man allein durch Glauben, und das soll auch für Nichtjuden gelten, und Gott ist mit der Welt versöhnt und rechnet keinem Menschen eine Kränkung an (2.Kor.5:19); nein, so etwas muss bekämpft werden! Doch Paulus erträgt dies, damit wir uns von diesen herrlichen Segnungen nicht wegdrängen lassen.

Wie wir wissen, sollen wir den Apostel Paulus nachahmen (1.Kor.11:1; Phil.3:17), uns ebenso wie er einsetzen und bereit sein, für die Gläubigen zu leiden, jedoch kann unser Leiden nicht dasselbe wie das des Paulus sein; denn er hat als Apostel eine überragende Sonderstellung nicht nur in unserer Mitte, sondern auch uns gegenüber. Er schreibt nämlich: »... und was noch an Drangsalen des Christus mangelt« — in dieser Aussage ist keine Einschränkung —‚ »ergänze ich« — hier bezeichnet er sich als den einzigen — »an Seiner Statt in meinem Fleisch« — in des Paulus Körper allein — »für Seine Körperschaft, welche die herausgerufene Gemeinde ist, deren Diener ich wurde« (Vers 24b, 25a). Er und niemand anders ist der Diener der aus der Welt herausgerufenen Gemeinde in der gegenwärtigen Verwaltung Gottes.

Christus hat als Diener der Beschneidung gelitten (Röm.15:8); Paulus leidet als Herold, Apostel und Lehrer der Nationen (2.Tim.1:11,12). Insofern sind seine Leiden die Ergänzung der Drangsale des Christus. Jesu Christi vollkommenes Sühneleiden für die Sünden Israels und die der ganzen Welt (1.Joh.2:2), Sein Sterben — Er starb für alle (2.Kor.5:14), und Er starb der Sünde ein für allemal (Röm.6:10) — und unser mit Ihm Gestorbensein (Röm.6:6) sowie Sein Tod zu unserer Versöhnung mit Gott (Röm.5:10) bedürfen keiner Ergänzung. Es geht um mangelnde Drangsale für Seine Körperschaft, die noch lange nach Seiner Himmelfahrt ein Geheimnis war. Weder ein Prophet noch unser Herr während Seines Erdenwandels noch die zwölf Apostel Israels hatten davon etwas gesagt. Allein Paulus wurde es gegeben bekannt zu machen, dass Christus eine Körperschaft, bildlich gesprochen: einen Körper hat mit Gliedern aus allen Nationen und für andere Aufgaben als Israel bestimmt, nämlich für überhimmlische. Unser Herr Christus Jesus, zur Rechten Gottes sitzend, leidet auch heute mit uns — in Seinem Geist, doch Sein Einsatz im Fleisch für Seine Körperschaft, nämlich um sie zu gründen und zu festigen und zur Reife zu bringen und die damit verbundenen Leiden — diesen Dienst zu tun, ist Paulus gegeben an Christi Statt. Welch eine Bedeutung hat der Apostel Paulus! Er dient an Christi Stelle! Wer ihn sieht, sieht Christus; wer ihm gehorcht, gehorcht Christus; wer ihm nicht folgt, verachtet Christus!

Wir Gläubige erleiden gewiss Ähnliches. Unser Eintreten für das Wort der Wahrheit des Evangeliums bringt Leiden mit sich; das ist für uns die Gemeinschaft der Leiden Christi, der der Apostel Paulus nachjagte und worin wir ihn nachahmen sollen (Phil.3:10-17). Wurde unser Herr verhöhnt, so werden auch wir verhöhnt. Wenn unser herrlicher Gott und Vater es uns in Gnaden gewähren will, für Christus zu leiden (Phil.1:29), so kann es zwar sein, dass die Leiden des Christus, die Leiden, die wir um Seinetwillen ertragen, in uns ebenso wie in Paulus überfließen, den Brüdern und Schwestern zum Zuspruch (2.Kor.1:5), aber nicht nur das uns bestimmte Maß ist geringer als das des Paulus, sondern unser Leiden ist auch prinzipiell anders, denn wir leiden nicht an Christi Statt und nicht für die gesamte Gemeinde.

Diener der gesamten Körperschaft Christi

 

Paulus ist der Diener der Körperschaft Christi. In Epheser 3:6,7 und Kolosser 1:23 spricht er von dem bestimmten Evangelium, dessen Diener er geworden ist; ja das Evangelium, das in der derzeitigen Verwaltung Gottes zu verkündigen ist, hat die Tatsache, dass Paulus sein Diener ist, ausdrücklich zum Kennzeichen. In Galater 1:11,12 schreibt er: »Ich mache euch bekannt, Brüder: Das von mir verkündigte Evangelium ist nicht menschengemäß. Denn ich erhielt es weder von einem Menschen noch wurde ich es gelehrt; vielmehr wurde es mir durch eine Enthüllung Jesu Christi zuteil.« Nicht das Königreich Israels ist Inhalt seiner Botschaft, sondern es erschien unserem Gott und Vater wohl, Seinen Sohn in Paulus zu enthüllen, damit dieser Mann Christus als Evangelium unter den Nationen verkündige (Gal.1:16), Christus und Seine Herrlichkeit und unsere Anteile daran in Ihm.

 

Die Paulus gegebene Verwaltung Gottes

 

Fahren wir mit den Versen 25 und 26 fort: »... deren Diener ich wurde gemäß der Verwaltung Gottes, die mir für euch gegeben ist, um das Wort Gottes zu vervollständigen — das Geheimnis, das von den Äonen und von den Generationen her verborgen gewesen ist, nun aber Seinen Heiligen geoffenbart wurde.» Die gegenwärtige Verwaltung Gottes ist das Geheimnis. Verwaltung, wörtlich Hausgesetz, meint eine Haushaltung oder Verfahrensordnung Gottes in einer bestimmten Frist. Die Verwaltung, in der wir jetzt leben, war verborgen; nun aber oder: von nun an aber, von der Abfassung der Vollkommenheitsbriefe, des Epheser-, des Philipper- und des Kolosserbriefs, an ist sie den Heiligen offenbart. In Epheser 3:9 wird unsere Verwaltung die Verwaltung des Geheimnisses genannt, da sie von den Äonen an in Gott verborgen gewesen war. Doch die Herrlichkeit, die wir in dieser Verwaltung in Christus Jesus haben und zukünftig haben werden, hatte Gott schon vor den Äonen für uns vorherbestimmt nach Seiner verborgen gewesenen Weisheit; Seine Weisheit hat Jesus Christus zum Kern, und diesen als gekreuzigt (1.Kor.2:2,7). Vor den Äonen schon wurden wir zur Verherrlichung in dem Gekreuzigten und Auferstandenen ausersehen.

Mögen wir erkennen, dass Paulus der Gebundene Christi Jesu für uns, die aus den Nationen, ist (Eph.3:1). Diese Erkenntnis wird uns ermöglicht, wenn wir von der Verwaltung der Gnade Gottes gehört haben, die diesem Apostel für uns gegeben ist (Eph.3:2). Haben wir von dieser Heilsverwaltung gehört? Kennzeichen dieser Verwaltung ist die Gnade Gottes, die überfließende Gnade. Ihm, dem Apostel Paulus, wurde diese Gnade gegeben, den Nationen den unausspürbaren Reichtum des Christus als Evangelium zu verkündigen, den er in dieser ehemals geheimen Verwaltung bekannt machen darf (Eph.3:8). Der Gnade entspricht der Glaube — beides ist ohn‘ unser Zutun und Verdienst —, sodass Paulus in 1.Timotheus 1:4 auch schreiben kann, dass diese Verwaltung Gottes im Glauben besteht. In dieser Frist gibt Paulus Zeugnis über Christus Jesus; nunmehr erleuchtet Paulus alle (Eph.3:9); er ist als Herold und Apostel eingesetzt, zum Lehrer der Nationen in Erkenntnis und Wahrheit (1.Tim.2:7). Des Paulus Lehre, Wandel und Dienst sind die rechte Belehrung und das rechte Vorbild für uns heute. Was wir von Paulus gehört haben, dies sollen wir treuen Menschen anvertrauen, die tauglich sein werden, auch andere zu lehren (2.Tim.2:2). Und an die Philipper schreibt er: »Was ihr auch von mir gelernt und erhalten, gehört und an mir gewahrt habt, das setzt in die Tat um; dann wird der Gott des Friedens mit euch sein« (Phil.4:9).

Die Vervollständigung des Wortes Gottes

 

Die Verwaltung Gottes, die Paulus für uns gegeben ist, dient nach unserem Vers 25 dazu, dass der Apostel das Wort Gottes vervollständige. Vervollständigen, das heißt zur Fülle bringen, auf das Vollmaß. Das hat Paulus getan; so liegt uns heute das gesamte Wort Gottes vor — alles, was wir in dieser Verwaltung wissen sollen. In früheren Verwaltungen war das Wort Gottes nicht vollständig geoffenbart. Es liegt auf der Hand, dass in der Verwaltung der Verheißung zur Zeit Abrahams, der des Gesetzes von Mose an bis auf Johannes den Täufer (Mat.11:13), der der Fleischwerdung zur Zeit des Erdenwandels Jesu und in der Verwaltung des Pfingsten noch nicht alles gesagt war. In der zukünftigen Verwaltung des Königreichs Israels wird Gott gewiss weitere Königreichswahrheiten offenbaren. Doch diese reichen nicht an die dem Apostel Paulus geoffenbarten herrlichen, rein geistlichen und überhimmlischen Wahrheiten heran, die in der gegenwärtigen Verwaltung der überströmenden Gnade zu verkündigen sind. Alle Wahrheiten, die die Gemeinde Christi, die Körperschaft Christi, bestehend aus allein durch Glauben Gerechtfertigten aus allen Nationen einschließlich Israel, betreffen, sind uns durch Paulus und vollständig bekannt gemacht worden. Außerhalb der Paulusbriefe findet man keine Offenbarung, die unsere Verwaltung und die Gemeinde Christi unmittelbar betrifft. Diese Verwaltung dient nach Gottes Vorsatz übrigens nur der Schaffung der Gemeinde Christi und nicht der Rettung aller Menschen; es geht nur um die Herausrufung der Auserwählten und ihre Zubereitung für ihre überhimmlischen Aufgaben.

Keine Neuoffenbarungen mehr

 

Da der Apostel Paulus das Wort Gottes für die derzeitige Heilsverwaltung vervollständigt hat, kann heute niemand mehr als Prophet oder Zungenredner auftreten und etwas Zusätzliches verkündigen. Neue Offenbarungen gibt es nicht, es sei denn angebliche; solche stammen von den Geistern der Bosheit und den Dämonen. Das Wort Gottes ist durch Paulus zur Reife gebracht worden; wer etwas hinzufügt, ist ein Lügner. Denn Paulus schreibt in 1.Korinther 13: »Die Liebe wird niemals hinfällig. Seien es Prophetenworte, sie werden abgetan, oder Zungenreden, sie werden aufhören, oder Erkenntnisworte, sie werden abgetan. Denn bis jetzt erkennen wir nur aus einem Bruchteil und prophezeien aus einem Bruchteil. Wenn aber die Reife kommt, wird das aus dem Bruchteil abgetan werden. ... Von nun an aber bleiben Glaube, Erwartung, Liebe, diese drei« (1.Kor.13:8-10,13). Nachdem die Briefe vorliegen, mit denen das Evangelium des Apostels Paulus zur Reife gebracht ist — höhere Offenbarungen als in den Reifebriefen, dem Epheser-, dem Philipper- und dem Kolosserbrief, gibt es nicht —‚ sind die bruchteilhaften Erkenntnisse und Gnadengaben abgetan, die damals allerdings zur Förderung der Gemeinden nötig waren, die ja neben ihrer Erinnerung an das gesprochene Wort nur gerade die ersten Briefe von Paulus zum Nachlesen hatten. Drei Gnadengaben nur werden als bleibend bezeichnet; auch heute hat jeder Heilige diese drei: Glaube, Erwartung und Liebe (1.Kor.13:13).

Christus unter den Nationen

 

Vers 26 schließt mit der Aussage, dass das Geheimnis — die gegenwärtige Verwaltung Gottes, in der das Wort Gottes vervollständigt ist — nun Seinen Heiligen geoffenbart wurde, »denen« — wie Vers 27 sagt — »Gott bekannt machen will, was der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses unter den Nationen sei, welches ist: Christus unter euch, als das Erwartungsgut der Herrlichkeit.« Uns, Seinen Heiligen, will Gott im Rahmen der geheim gewesenen Verwaltung bekannt machen, das heißt es war Sein heiliger, herrlicher, zielgerichteter Wille, uns bekannt zu geben, was das folgende Geheimnis sei. Das Geheimnis ist: Christus unter den Nationen, das Erwartungsgut der Herrlichkeit! Mögen wir den Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses erkennen! Es geht hier nicht um den einzelnen Gläubigen, in welchem Christus wohnt, sondern um die Nationen, inmitten derer Christus während der Verstockung Israels ist.

Christus unter den Nationen! — Unvorstellbar für einen Juden! Sie sind das auserwählte Volk. Der Messias ist doch die Herrlichkeit Israels und keiner anderen Nation. Die Nationen werden zwar durch Israel gesegnet werden, aber eben nur deshalb, weil der Messias in Israels Mitte ist.

Petrus hätte es niemals gewagt, in das Haus selbst eines Proselyten des Tores, wie Kornelius, zu gehen, wenn Gott ihm nicht gezeigt hätte, keinen Menschen als unrein zu bezeichnen (Ap.10:28). Die Rede des Paulus von den Stufen der Burg Antonia aus, nachdem man ihn zu töten versucht hatte und römische Soldaten ihn gerettet hatten, hörte sich das Volk geduldig an, bis er äußerte: »Doch Er (Jesus) sagte zu mir: Geh, denn Ich werde dich in die Ferne zu den Nationen hinausschicken!« Da brach ein Sturm der Entrüstung los.

Auf der Erde wird Christus herrschen durch das Volk, mit dem Er dem Fleisch nach verbunden ist. Er wird unter Israel sein. Die anderen Völker und auch wir werden keinen Anteil an dem königlichen und priesterlichen Dienst Israels haben, das alle Völker auf Erden zu Jüngern machen wird, und insofern auch keinen Anteil an dem Messias. Doch so hoch wie der Himmel über der Erde ist, um so viel herrlicher ist das Erwartungsgut der Herrlichkeit, das uns, der Körperschaft des Christus, zugeeignet ist. Wir sind mit Christus dem Geiste nach verbunden und zum Dienst in den überhimmlischen Gebieten bestellt. Wir sind die Vervollständigung Christi, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:23). Er tut Sein Werk nicht ohne uns. Wir sind in den beiden zukünftigen Äonen inmitten der überhimmlischen Geschöpfe Darsteller des alles übersteigenden Reichtums der Gnade Gottes, die Er uns in Christus Jesus gewährt hat (Eph.2:6,7), und wirken so an der Aussöhnung und Unterordnung des Alls mit (Kol.1:20). Wir werden nicht mehr diesen seelischen Körper haben, sondern einen geistlichen (1.Kor.15:44). Unser gegenwärtiger Körper der Erniedrigung wird verwandelt und dem Herrlichkeitskörper Christi gleichgestaltet werden (Phil.3:21). Denn wir sind vorherbestimmt, dass Christus nicht nur innerlich Gestalt in uns gewinne, sondern wir dem Bilde des Sohnes Gottes auch äußerlich gleichgestaltet werden, damit Er der Erstgeborene unter vielen Geschwistern sei (Röm.8:29). Den Sohnesstand werden wir einnehmen (Eph.1:5)! Diese Beispiele mögen genügen, um das Erwartungsgut der Herrlichkeit, das wir in Christus Jesus haben, ja das Er Selbst ist, denn Er ist unsere Erwartung (1.Tim.1:1), aufleuchten zu lassen.

Dieses herrliche Erwartungsgut haben wir in der gegenwärtigen Verwaltung, in der Christus inmitten der Nationen ist. Christus, das Erwartungsgut der Herrlichkeit, der ersehnte Retter, Christus, inmitten der Nationen! Wer vermag diesen Segen zu erfassen? Dieses Geheimnis, das mit den Reifebriefen, den Vollkommenheitsbriefen, offenbart wurde, ist ein Bestandteil des Christus-Geheimnisses, denn es zeigt einen weiteren Gesichtspunkt der Herrlichkeit des Christus auf, die über das dem Volk Israel Geoffenbarte weit hinausgeht. Wir, Unwürdige aus den Nationen, ehemalige Sünder und Feinde Gottes nämlich, haben an dem unausspürbaren Reichtum des Christus Anteil (Eph.3:8)! Wir sind mit jedem geistlichen Segen, den es überhaupt gibt, mit der Freilösung, der Rechtfertigung, der Versöhnung, dem Sohnesstand, der Versiegelung, dem Gnadenstand und vielem mehr in Christus inmitten der Überhimmlischen gesegnet (Eph.1:3). Der Lobpreis und die Verherrlichung sei unserem Gott und Vater dafür! Und mögen wir uns allezeit in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen (Röm.5:2) und die hinter allen Segnungen stehende, alle Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus erkennen, damit wir zur gesamten Vervollständigung Gottes vervollständigt werden (Eph.3:19)! Vervollständigt ist der Mensch, der zur Erkenntnis der Breite und Länge und Tiefe und Höhe des Heilsratschlusses Gottes, ja Gottes Selbst (Eph.1:17), gekommen ist und dessen Herz von der Liebe des Christus völlig erfüllt ist.

Unsere herrlichen geistlichen Segnungen als in dem geliebten Sohn Begnadete und unser überragendes Erwartungsgut seien uns ein Ansporn zu einem des Herrn und unserer überhimmlischen Berufung würdigen Wandel und einem hingebungsvollen Dienst im Herrn.

 

Zur Reife in Christus Jesus

 

Der Apostel Paulus fährt in den Versen 23 und 29 fort: »... und den verkündigen wir« (nämlich Christus unter den Nationen, das Erwartungsgut der Herrlichkeit), »indem wir jeden Menschen ermahnen und jeden Menschen in aller Weisheit lehren, um jeden Menschen in Christus Jesus gereift darzustellen, wozu ich mich mühe und ringe, Seinem Einwirken entsprechend, das sich in mir als wirksam erweist in Kraft.« »Den verkündigen wir!« Verkündigen wir wirklich den von Paulus geheroldeten Christus unter den Nationen? Oder verkündigen wir, was Christus auf der Erde Seinem Volk Israel sagte, in der irrigen Meinung, das beträfe auch uns, die Glieder Seines Körpers, unmittelbar? — Prüfen wir uns! Möge unser Gott und Vater es uns schenken, beständig im Glaubensgut des Apostels Paulus zu beharren und uns nicht fortbewegen zu lassen von dem Erwartungsgut seines Evangeliums (Vers 23), das alle Herrlichkeit Christi umfasst und bis zur gesegneten Unterordnung aller unter den Vater reicht, der dann alles in allein sein wird (1.Kor.15:28).

Der Verkündigungsdienst des Apostels Paulus ist auf jeden Menschen gerichtet, keiner ist ausgenommen, gleich welcher Nation. Er ermahnt und lehrt. »Ermahnen« darf als »ernstlich ansprechen«, als »den Denksinn zurechtsetzen« verstanden werden. Und ein Lehrer fügt Kenntnis auf Kenntnis, damit es zur Erkenntnis komme. Diese Dienste haben wir auch einander zu tun, wie es in Kolosser 3:16 heißt: »Lasst das Wort Christi euch reichlich innewohnen, belehrt und ermahnt euch gegenseitig in aller Weisheit.« Weisheit ist bei allem vonnöten. Uns ist Christus von Gott her zur Weisheit gemacht worden (1.Kor.1:30). Paulus hatte sich dafür entschieden, unter den Korinthern nichts außer Jesus Christus zu wissen, und diesen als gekreuzigt (1.Kor.2:2). Das war seine Weisheit. Der Gekreuzigte ist auch der Auferstandene, der zur Rechten Gottes sitzt und in welchem das All aufgehauptet wird (Eph.1:10). Alle Geschöpfe, die in den Himmeln und die auf der Erde, werden in Ihm ihr Haupt finden. Diese Herrlichkeit des Christus lehrt Paulus, denn es ist sein Ziel, jeden Menschen in Christus Jesus als gereift darzustellen. Das bedeutet, dass ein Mensch ohne die Erkenntnis des Christusgeheimnisses nicht zur Reife gelangen kann. Wer das herrliche Vollendungsziel Gottes in Christus nicht kennt, dessen Glaube wird unreif bleiben und dessen Reden und Tun werden von manchem Unverständnis für das Wort Gottes zeugen. Gewiss lässt die Erkenntnis uns nur dann wachsen, wenn sie gepaart ist mit der Bereitstellung unseres Körpers als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer (Röm.12:1), mit dem Glaubensgehorsam (Röm.1:5; 16:26), mit der Liebe zur Wahrheit des Wortes Gottes und mit der Liebe zu unserem Gott und Vater und Seinem Sohn, unserem Herrn und Retter Jesus Christus.

Der Ringkampf des Glaubens

 

Es ist nicht nur das Ziel der Evangelisten, Hirten und Lehrer, alle Gläubigen zur Reife zu führen, zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum Maß des Vollwuchses der Vervollständigung des Christus, damit wir nicht länger Unmündige seien (Eph.4:11-14), sondern es dürfte das Bemühen eines jeden gereiften Heiligen sein, zur Reifung aller Geschwister in Christus Jesus beizutragen. »... wozu ich mich mühe und ringe ...«‚ schreibt Paulus in Vers 29. Gläubige zur Reife zu bringen, ist harte Arbeit, denn das Fleisch ist zäh und die Gegnerschaft ist groß. So ringt Paulus mit ganzem Einsatz und vielem Zuspruch im Gebet darum, und Epaphras, ein Sklave Christi Jesu in Kolossä, steht ihm darin nicht nach, denn auch er ringt allezeit in seinen Gebeten für die Kolosser, damit sie gereift dastehen und in allem Willen Gottes vollgewiss sein mögen (Kol.4:12). Der Wille Gottes ist die Vervollständigung, Aussöhnung, Unterordnung und Aufhauptung des Alls in Christus. Von einem großen Ringkampf für die Kolosser und die in Laodicea spricht Paulus in Kolosser 2:1. O dass sie doch den Reichtum der Herrlichkeit des Geheimnisses, dass Christus unter den Nationen ist, erfassen mögen, dass nämlich den Gläubigen aus den Nationen ohne die Mitwirkung Israels und ohne eigens Zutun der gesamte unausspürbare Reichtum des Christus zuteil geworden ist. O dass sie doch die Gnade erkennen und glauben mögen, dass sie in Christus mit jedem geistlichen Segen gesegnet sind, unverbrüchlich und auf das Reichste, und folglich von eigenen, fleischlichen Bemühungen, die Gnade zu erlangen oder die Rettung zu befestigen, ablassen. Das Fleisch, die alte Menschheit, das adamitische Wesen, ist doch zusammen mit Christus gekreuzigt und auf diese Weise schmählich abgetan worden. Damit kann man Gott nicht kommen. Gott kann man nur mit dem Glauben kommen, dass Christus alles für uns vollbracht hat; und dann werden wir, die wir Heilige, Makellose und Unbeschuldbare in Christus Jesus sind, unsere Rettung auswirken, von Seiner Gnade bewegt und somit zu Seiner Verherrlichung.

In der Gnade gekräftigt, müht Paulus sich nicht aus eigener Kraft, sondern Gottes Einwirken entsprechend, das sich in ihm als wirksam erweist in Kraft. Gott wirkt durch Seinen Geist in uns; Sein Geist, den wir innewohnend haben, ist Seine Kraft, die sich dem Glaubenden erschließt und ihn zum Wirken befähigt.

Mögen die Gereiften unter uns, in der Erkenntnis der Herrlichkeit Christi gekräftigt, sich mithin mühen und darum ringen, jeden Menschen und insbesondere die Brüder und Schwestern durch das Evangelium des Apostels Paulus zur Reife in Christus Jesus zu führen — der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung gemäß —; und mögen die Geschwister in Christus Jesus, die wachsen wollen, das Wort des Reichtums der Herrlichkeit Christi fleißig und reichlich aufnehmen, sodass wir alle zusammen aus übervollem Herzen unserem herrlichen Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus Lobpreis und Dank darbringen und zu Seiner Verherrlichung wandeln und dienen.

 

Alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis

(Kol.2:1-7)

 

Der Apostel Paulus hat den Gläubigen in Kolosser 1:24-29 dargelegt, dass ihm die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung Gottes für uns, die aus den Nationen, gegeben wurde und dass er für diese Zeit das Wort Gottes vervollständigt, wozu ein besonders herrliches Geheimnis gehört, nämlich »Christus unter den Nationen.« Christus unter den Nationen, nicht mehr unter Israel, ist ein Gesichtspunkt des Christusgeheimnisses, das Paulus uns bekannt machen durfte und das uns Christus in Seiner Herrlichkeit als Erstling vor allen, als Mittler der Rettung aller und als Haupt über alle schildert.

Heute hören wir von einem weiteren Aspekt des Christusgeheimnisses, und zwar von dem Geheimnis des Gottes und Vaters Christi, das besagt, dass Er alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis in Christus hineingelegt hat, damit wir — in Erkenntnis dieser Herrlichkeit Christi — in Christus allein in jeder Weise unsere Vervollständigung und unsere volle Genüge haben (Kol.2:10). Keine Philosophie oder Religion sind erforderlich, um zum Kern der Weisheit und zur Erkenntnis des Fundaments aller Zusammenhänge zu kommen, denn wir haben bereits alles in Christus Jesus, unserem Herrn. Es ist sogar so: Wer menschliche Weisheit und religiöse Handlungen hinzufügt, wird des Christus beraubt und weggeführt zu Eitlem und Flüchtigem (Kol.2:8). Torheit ist die Weisheit dieser Welt bei Gott (1.Kor.3:19).

Der Ringkampf des Paulus

 

Paulus schreibt in Kolosser 2:1: »Denn ich will euch wissen lassen, welch großen Ringkampf ich für euch und die in Laodicea habe sowie für alle, die mein Angesicht im Fleisch nicht gesehen haben ...«. Paulus müht sich und ringt darum — der in ihm wirkenden Kraft Gottes entsprechend —‚ jeden Menschen in Christus Jesus als gereift darzustellen; dies hat er in den zwei vorangegangenen Versen mitgeteilt, »denn« — so die Begründung — die in Kolossä und Laodicea sollen wissen, wie sehr er sich für sie einsetzt und für alle anderen, die ihn nicht persönlich kennen, und wie er in rechter Liebe aus ganzer Seele auf ihre Festigung und Reifung hinarbeitet, damit sie sich ihn zum Vorbild nehmen. Er ringt um sie, obwohl er nicht in Kolossä und dem in der Nähe davon gelegenen Laodicea war und die meisten von ihnen sein Angesicht im Fleisch nicht gesehen haben. Die Kolosser würden in seinem Angesicht lesen, dass die Gesinnung Christi Jesu in ihm ist, dass Christus Gestalt in ihm angenommen hat und er sich mit innerster Regung Christi Jesu nach ihnen sehnt, um ihnen zurechtzuhelfen.

Der Apostel führt einen großen Ringkampf um sie, denn es droht die Gefahr, dass sie mit ungeistlichen Worten überredet und mit menschlichen Vorschriften und Lehren hintergangen werden (Vers 4). Es gibt nämlich betrügerische Arbeiter, Diener des Satans, die sich zu Boten des Lichts verstellen (2.Kor.11:13-15). Da rühmen sich welche besonderer Erkenntnisse, nichtig aufgeblasen vom Denksinn ihres Fleisches (Kap.2:18), da lehren welche Rituale und andere wieder das Nichtverschonen des Körpers (Kap.2:23), Dinge, die von keinerlei Wert sind, außer zur Befriedigung des Fleisches, der alten Menschheit in uns.

Wegen solcher Gefahren ringt Paulus um die Gläubigen. Er ringt um sie im Gebet wie auch Epaphras, der Kolosser, ein Sklave Christi Jesu, der allezeit in seinen Gebeten für seine Geschwister darum ringt, dass sie gereift dastehen und in allem Willen Gottes — in all Seinen Heilswegen und -zielen — vollgewiss sein mögen. Epaphras hat viel Pein um die Heiligen (Kol.4:12,13). Paulus ringt sicherlich in der Beklemmung seines Herzens wie seinerzeit um die Korinther (2.Kor.2:4), und er ringt mittels dieses Briefes, den er gerade schreibt. Als Gefangener in Rom kann er natürlich nicht zu ihnen reisen und sie tags und nachts mündlich unter Tränen ermahnen, wie er es in Ephesus getan hatte (Ap.20:31).

Paulus führt einen großen Ringkampf für die Gläubigen; sein Ziel dabei ist, »dass ihren Herzen zugesprochen werde« (Vers 2a). Wie wichtig dies doch ist! Sind die Herzen vieler nicht manchmal wie leer oder bedrückt oder hin- und hergerissen? Immer wieder benötigen wir den Zuspruch durch Gottes Wort angesichts des Bösen in der Welt, angesichts der Sünde, die noch in unserem Körper wohnt (Röm.7:17,20; 8:10), angesichts unseres sterbenden Körpers, angesichts der Widerspenstigkeit von Gläubigen gegen das Evangelium des Apostels Paulus. Auf alle Fragen aber hat unser herrlicher Gott und Vater die heilsame, kraftgebende, Zuversicht spendende Antwort. Festigkeit und Frieden, ja Freude umgeben unsere Herzen, wenn wir in Seinem Wort lesen, dass alles nach Seinem weisen Vorsatz in Christus geschieht (Eph.1:11; 3:11), dass Er es ist, der alle in die Widerspenstigkeit einschließt, aber doch darum, dass Er Sich aller erbarme (Röm.11:32), und dass unser treuer Gott und Vater alle Heiligen tauglich machen wird zu ihrem zukünftigen Losanteil im Licht (Kol.1:12). Alle Menschen überhaupt wird Er mit Sich aussöhnen, indem Er Frieden macht durch das Blut des Kreuzes Seines Sohnes (Kol.1:20), und alles wird Er in Herrlichkeit in Christus vollenden (Eph.1:10,23). So wird unseren Herzen wirklich zugesprochen. Folglich preist Paulus den, der uns zuspricht, mit den Worten: »Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs, der uns in all unserer Drangsal zuspricht, damit wir auch anderen in all ihrer Drangsal zusprechen können durch den Zuspruch, mit dem uns selbst von Gott zugesprochen wird « (2.Kor.1:3,4).

Nicht die Warnung, sondern unsere Festigkeit im Glauben aufgrund des uns zugesprochenen Wortes ist der beste Schutz vor allen Gefahren und allem, was uns entmutigen will.

Eins in der Liebe und im Verständnis

 

Wenn wir nun in Vers 2 weiterlesen, dann sehen wir, dass Paulus das Einssein in der Erkenntnis als ein wichtiges Element des Zuspruchs ansieht: »... und sie in Liebe und zu allem Reichtum der Vollgewissheit des Verständnisses vereinigt seien, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes und des Vaters Christi, in welchem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind.« Vereinigt zu sein mit allen Gläubigen in Liebe und zu allem Reichtum der Vollgewissheit des Verständnisses — diese Tatsache ist, sofern sie uns hier oder dort geschenkt wird, ein besonderer Zuspruch, der uns aufatmen lässt. Vereinigt zu sein mit allen Heiligen — nicht zerstritten — in der Erkenntnis des Geheimnisses des Gottes und Vaters Christi — eine solche Freude ist uns ein großer Zuspruch.

In Liebe sollen wir vereinigt sein. Liebe ist die Vorbedingung zum rechten geistlichen Verständnis. Ohne Liebe kein Wachstum, keine Erkenntnis, keine Reife. Ohne Liebe findet nur fruchtloses Wortgezänk statt, und eine geistliche Gemeinschaft ist schwerlich zu erkennen.

Zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes und des Vaters Christi ist auch die Vollgewissheit des Verständnisses nötig. Das Verständnis geistlicher Dinge ist stets ein Geschenk Gottes, der uns sowohl Weisheit zumisst wie auch völlige Gewissheit über eine erkannte Wahrheit. In vieler Vollgewissheit war das Evangelium Gottes über Seinen Sohn zu den Thessalonichern gekommen (1.Thess.1:5). Mögen auch wir ganze Klarheit über das Evangelium, das der Apostel Paulus verkündigte, haben und es mit Gewissheit vom Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7) unterscheiden. In der Vollgewissheit des Glaubens sollen wir leben (Heb.10:22). Durch den Glauben darf jedes Wort Gottes uns mithin völlig gewiss machen. In unserem Vers 2 geht es darum, dass die Erkenntnis des Geheimnisses auf der Vollgewissheit des Verständnisses beruht — auf diesem Reichtum.

Das Geheimnis Gottes und des Vaters Christi

 

Warum wird das Geheimnis, das eine Facette des Christusgeheimnisses ist, als das »Geheimnis Gottes und des Vaters Christi« bezeichnet? — Weil hier das Verhältnis zwischen dem Vater und dem Sohn angesprochen werden soll. Es war das Wohlgefallen des Vaters, alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis in Seinem Sohn zu verbergen. Und Er ist es auch, der uns diese Schätze enthüllt, damit wir zur Weisheit und Erkenntnis gelangen und die Größe und Herrlichkeit Christi erkennen und so zur Verherrlichung Seines Sohnes und durch Ihn auch Seiner Selbst bewegt werden.

Alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis, die in Christus sind, sind uns in der Heiligen Schrift geoffenbart. Mögen sie uns nicht verborgen bleiben, sondern lasst uns das Wort Gottes lesen und hören und darum beten, dass Gott uns die Herrlichkeit Christi aufleuchten lasse. Groß und herrlich ist unser Herr: Christus ist das A und O der Weltgeschichte, in Ihm ist das All erschaffen, in Ihm hat das All seinen Bestand (Kol.1:16,17), durch Ihn hat Gott die Äonen gemacht (Heb.1:2), durch Sein Blut wird der Vater das All mit Sich aussöhnen (Kol.1:20), in Christus Jesus hat Gott Seinen Vorsatz, den Er im Verlauf der Äonen verwirklicht, gefasst (Eph.3:11), in Christus wird das All aufgehauptet und vervollständigt (Eph.1:10,23), Seinem Sohn wird Gott alles unterordnen (1.Kor.15:27), in Christus wird die gesamte Vervollständigung Gottes wohnen (Kol.1:19). Welche herrlichen Schätze der Weisheit und Erkenntnis sind dies doch!

Der Apostel Paulus hatte sich dafür entschieden, unter den Korinthern nichts außer Jesus Christus zu wissen, und diesen als gekreuzigt (1.Kor.2:2). Der Gekreuzigte ist Gottes Kraft und Weisheit (1.Kor.1:24). Gott hat uns ausdrücklich Christus Jesus zur Weisheit gemacht (1.Kor.1:30). Sein Glaubensgehorsam, Seine Selbstentäußerung und Seine Selbsterniedrigung bis zum Kreuzestod sowie unser Mitgekreuzigtsein und Mitgestorbensein — das ist die Grundlage des Schatzes der Weisheit und Erkenntnis, das sei auch der Kern unserer Weisheit! Nichts ist aus uns, nichts kann unsere gekreuzigte und zu Tode gebrachte alte Menschheit zur Rettung und zum Dienst beitragen — wer das weiß, ist weise und lebt völlig aus der Gnade. Und daraus erwächst eine kraftvolle Freude.

Paulus beugte seine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, dass Er es uns geben möge, auch die alle Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus zu erkennen, damit wir zur gesamten Vervollständigung Gottes vervollständigt werden (Eph.3:19).

Christi Größe und Herrlichkeit — das ist des Vaters Freude. Ebenso ist es des Vaters Freude, uns alle Schätze Christi zu erkennen zu geben, damit wir im Angesicht Jesu Christi sodann zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes Selbst kommen (2.Kor.4:6).

Damit uns niemand hintergehe

 

Paulus fährt mit Vers 4 fort: »Dies aber sage ich, damit euch niemand mit überredenden Worten hintergehe.« In der Erkenntnis Christi gefestigt, dürfte es schwierig sein, uns mit Worten menschlicher Weisheit zu täuschen.

Er schreibt weiter: »Denn wenn ich auch dem Fleisch nach abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch und beobachte mit Freuden eure Ordnung und die Festigkeit eures Glaubens an Christus« (Vers 5). Dem Fleisch nach ist Paulus in Rom, mit seinen Gedanken aber ist er bei ihnen. Sind nicht auch wir oftmals im Geist bei so manchen Geschwistern und Versammlungen mit dem Sehnen unseres Herzens, dass sie zur Verherrlichung Gottes und zur weiteren Kräftigung in der Gnade zusammen sein mögen? Epaphras hatte Paulus von der Ordnung der Kolosser in ihren Versammlungen und von der Festigkeit ihres Glaubens erzählt (Kol.1:8). Mit großer Freude ist Paulus darüber erfüllt.

So wandelt in Ihm!

Eine solche Gemeinde kann er weiterführen, zur Reife in Christus Jesus bringen; deshalb schreibt er in den Versen 6 und 7: »Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt in Ihm, gewurzelt und auferbaut in Ihm, stetig im Glauben, so wie ihr belehrt wurdet, darin überfließend in Dank.«

Haben wir Christus Jesus, den Herrn, angenommen, der unter der Bezeichnung »Jesus Christus« auf Erden wandelte? Der vorangestellte Titel »Christus« weist auf Seine rein geistliche und überhimmlische Erhabenheit hin, an der wir Anteil haben, die wir in Christus Jesus sind. Haben wir den erhöhten, zur Rechten Gottes sitzenden Herrn Christus Jesus angenommen? Ist unsere Beziehung zu Ihm die eines Jüngers aus Israel oder die eines Gliedes Seiner derzeitigen Gemeinde, der Körperschaft Christi? Sehen wir uns in der Zukunft als Untertanen des Königs der Erde oder als Mitarbeiter des Hauptes des Alls inmitten der überhimmlischen Geschöpfe (Eph.2:6,7)?

Wie haben wir den verherrlichten Herrn angenommen? — Durch Hören und Glauben (Eph.1:13). Als Gott die Kraft Seines Evangeliums zu unserer Rettung erwies (Röm.1:16), das »Hören und Glauben« bewirkend (Phil.1:29), da berief Er Seine Auserwählten zur Gemeinschaft mit Seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn (1.Kor.1:9). Da haben wir Ihn angenommen, als das Geschenk der Gnade Gottes, von der Liebe Gottes zutiefst bewegt und voll Dankbarkeit.

»Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt in Ihm.« So wandelt in Ihm — das ist die Hauptaussage der Verse 6 und 7.

Wie sollen wir in Ihm wandeln? — So wie wir Ihn angenommen haben; und das war das Wirken des Geistes Gottes allein. Somit soll auch unser Wandel nur vom Geist Gottes geprägt sein. In Christus Jesus, dem Herrn, wandeln, heißt im Geist wandeln. »Wandelt im Geist, und ihr werdet die Begierde des Fleisches keinesfalls vollbringen« (Gal.5:16). Als wir Ihn annahmen, da starben wir der Sünde (Röm.6:2). Folglich mögen wir jetzt als solche wandeln, die sich der Sünde gegenüber für tot halten und zugleich damit rechnen, lebend zu sein für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn (Röm.6:11). In der Gnade sind wir berufen; so mögen wir auch in der Gnade wandeln, von ihr gekräftigt und allen Gnade erweisend.

In Ihm gewurzelt

 

Welche Voraussetzungen müssen bei uns erfüllt sein, damit wir in Christus Jesus, dem Herrn, wandeln? Vers 7 gibt die Antwort:

»... gewurzelt und auferbaut in Ihm, stetig im Glauben, sowie ihr belehrt wurdet, darin überfließend in Dank«.

Ohne kräftige Wurzeln weder Standfestigkeit noch rechtes Wachstum! Gewurzelt in Christus Jesus nur sollen wir sein und nicht in der Weisheit und den Leistungen der alten Menschheit, die doch am Kreuz zu Tode gebracht wurde und mithin vor Gottes Augen abgetan ist. In Christus Jesus gewurzelt sein, heißt zugleich, in der Liebe gewurzelt zu sein (Eph.3:17), denn Gott hat uns gegenüber Seine Liebe hervorgehoben, und zwar dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren (Röm.5:8). Nur wer in der Liebe gewurzelt ist, kann in der Liebe wandeln. »Wandelt in Liebe«, fordert der Apostel Paulus uns auf, »so wie auch Christus euch liebt und Sich Selbst für uns als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hat, zu einem duftenden Wohlgeruch« (Eph.5:1,2).

Wurzeln vollziehen die Ernährung; mögen wir uns darum reichlich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren (1.Tim.4:6). Christus Jesus — Er Selbst ist das Wort, das Wort des Lebens, ja unser Leben, in welchem wir wurzeln.

Auferbaut in Ihm

 

»Wandelt in Ihm, gewurzelt und auferbaut in Ihm.« Wurzeln reichen in die Tiefe, der Bau strebt in die Höhe. Mögen wir allezeit solche sein, die sich in Ihm auferbauen. Stillstand wäre Rückschritt.

Wie werden wir auferbaut in Ihm? — Durch Sein Wort! Durch jede Einverleibung des dargereichten Wortes vollzieht der Körper Christi das Wachstum zur Auferbauung in Liebe (Eph.4:16). Zu diesem Zweck müssen wir natürlich das Wort hören und lesen, das Wort vom Kreuz, das Wort der Versöhnung, das Wort Christi, des verherrlichten Herrn, das Paulus uns bekannt macht, Gottes Wort über den Ursprung des Bösen und Sein Ziel damit, Gottes Wort über Seinen Weg mit Israel, Seinen Weg mit uns, der Körperschaft Christi, und Seinen Weg mit den Nichtauserwählten; wir müssen mit dem Anfang, der Mitte und der Vollendung Seiner Heilsgeschichte vertraut sein. Auferbaut in Christus Jesus, unserem Herrn, wird, wer in all diesem die Größe und Herrlichkeit Gottes und Christi erkennt. Auferbaut wird, wer den

unvergänglichen, unsichtbaren, alleinigen und weisen Gott, den König der Äonen (1.Tim.1:17), erkennt, der den Sohn Seiner Liebe für alle dahingegeben hat, um durch diese Liebestat alle an Sein Herz zu ziehen. Auferbaut wird, wer darin lebt, wer dies zum Gegenstand des Forschens und des Lobpreises macht. Auferbaut wird, wessen Herz vom Geist des Herrn auf die Liebe Gottes und auf das Erdulden des Christus ausgerichtet wird (2.Thess.3:5).

Zu unserer Auferbauung tragen insbesondere die Evangelisten, Hirten und Lehrer, diese Gnadengaben Christi für Seine Körperschaft, bei, sodass wir zur Reife und Mündigkeit gelangen, zur Einheit des Glaubens und zur Einheit der Erkenntnis des Sohnes Gottes (Eph.4:11-13) und in der Freude der Vollgewissheit des Verständnisses vereinigt sind.

Zugleich ist aber auch jeder Gläubige aufgerufen, zur geistlichen Auferbauung des Bruders und der Schwester in Christus Jesus beizutragen durch mancherlei Belehrung, Zuspruch und Ermahnung (Kol.3:16). »Ein jeder von uns suche, dem Nächsten zu gefallen, ihm zum Guten, zu seiner Auferbauung« (Röm.15:2).

Vollmacht zur Auferbauung hat allerdings nur der, der selbst fest in dem Evangelium steht, das dem Apostel Paulus für die gegenwärtige Verwaltung der Gnade Gottes anvertraut wurde. Paulus wurde die Vollmacht zur Auferbauung der Körperschaft Christi gegeben (2.Kor.10:8; 13:10). Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, den Paulus als weiser Werkmeister gelegt hat, und der ist Jesus Christus. Ein jeder aber gebe Obacht, wie er darauf baue (1.Kor.3:10,11)!

Und Gott wird Sein Ziel mit uns erreichen, wie geschrieben steht: »In Christus werdet auch ihr mitaufgebaut zu einer Wohnstätte Gottes im Geist« (Eph.2:22).

Wie wir belehrt wurden

 

»Wandelt in Ihm, gewurzelt und auferbaut in Ihm, stetig im Glauben, sowie ihr belehrt wurdet.« Wir wurden belehrt, im Glauben zu wandeln und darin stetig zu sein. Die gegenwärtige Verwaltung Gottes besteht im Glauben (1.Tim.1:4). Wir wandeln hier durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung (2.Kor.5:7). Wer wirklich durch Glauben wandelt und nicht durch Wahrnehmung, kann durch keine Wahrnehmung — was auch immer in der Welt geschehen mag — in seinem Glauben erschüttert werden, sondern wird beständig sein, unverrückbar und im Werk des Herrn allezeit überfließend (1.Kor.15:58).

»Steht fest im Glauben!» (1.Kor.16:13). Denn Gott ist glaubwürdig, und Sein Wort ist Wahrheit, es ist verlässlich, es verleiht uns Stetigkeit im Glauben, Beständigkeit, Festigkeit. Ohne diesen festen Grund könnten wir nicht im Glauben wandeln.

So wurden wir belehrt. Wer lehren will, muss mit dem Evangelium des Apostels Paulus vertraut sein. Paulus hat Timotheus angewiesen zu lehren, was jener von ihm gehört hat (2.Tim.2:2). Der Lehre des Apostels Paulus wurden wir übergeben, um ihr zu gehorchen und keiner anderen (Röm.6:17; Gal.1:6-9). Seine Lehre sollen wir lernen. Er wurde als Herold und Apostel für uns eingesetzt, zum Lehrer der Nationen in Erkenntnis und Wahrheit (1.Tim.2:7).

Überfließend in Dank!

 

»... stetig im Glauben, sowie ihr belehrt wurdet, darin überfließend in Dank.« So schließen die Verse 6 und 7 unserer Betrachtung. Im Glauben überfließend in Dank — so sollen wir in Christus Jesus, unserem Herrn, wandeln!

In Christus Jesus gehören die Dankbarkeit neben dem Lobpreis und der Verherrlichung unseres Gottes und Vaters zu unseren Lebenselementen. Er, der doch Seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte Er uns mit Ihm aber nicht auch alles in Gnaden gewährt haben (Röm.8:32)? Für diese Gabe des Vaters und für alle uns in Seinem Sohn erschlossenen Gaben können wir immer wieder nur danken. Glauben führt zum Danken.

Darüber hinaus sollen wir in allem, in jeder Lebenslage, in die Gott uns hineingeführt hat, danken (1.Thess.5:18) sowie für alles und allezeit, denn Er ist Liebe und allgewaltig und führt alles wohl hinaus. Er wirkt uns alles zum Guten zusammen (Röm.8:28). Gottes Wege sind vollkommen; somit geht Er stets den besten Weg mit uns, niemals den zweitbesten; sonst wäre unser Gott und Vater nicht vollkommen. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus sollen wir danken, denn es ist der Wille des Sohnes, dass Seinem Vater alle Ehre gegeben wird (Eph.5:20).

Danken — das ist Lebensqualität. Danken macht uns frei von uns selbst und bewahrt uns vor Überheblichkeit. Danken richtet unseren Denksinn auf den Geber aller Gaben, in welchem wir sodann unsere volle Genüge finden werden. Mögen wir in Dank überfließen, und dies auch in Erwartung der zukünftigen Teilhabe an Gottes Herrlichkeit in Christus Jesus.

In Hebräer 13:15 ist zu lesen: »Durch Ihn (Christus) nun sollten wir Gott allezeit Lobopfer darbringen, das heißt: die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen«. Wer im Herrn wandelt, öffnet auch den Mund und wandelt in Dank. Wandeln bedeutet, stetig Schritte zu tun, nicht nur gelegentlich. Danken — ist das nicht auch ein gutes Werk, das Gott vorherbereitet hat, eben damit wir darin wandeln, darin anhalten (Eph.2:10)?

Alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis hat unser Gott und Vater in Christus hineingelegt. Möge Er es uns schenken, die Herrlichkeit Christi zu erkennen und dadurch zur Reife zu gelangen. Christus allein sollen wir in unserer Erkenntnis haben und nicht eine Religion, einen Kultus, eine Philosophie, eine Sondererkenntnis oder sonst eine Weisheit der Menschen. In Christus Jesus allein werden wir auferbaut; und in Ihm, dem Herrn, allein können wir auch dem Wort Gottes entsprechend wandeln, zur Verherrlichung Seines Gottes und Vaters.

 

 

 

Ihr seid in Christus vervollständigt

(Kol.2:8-15)

Der Apostel Paulus hat den Kolossern in Kapitel Eins die Größe und Herrlichkeit Christi geschildert, in welchem das All erschaffen ist und Bestand hat und durch welchen es mit dem Vater ausgesöhnt wird. Zu Christi Herrlichkeit gehört, dass Er der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung und der Erstgeborene aus den Toten ist und in allem der Erste werden wird. Er ist das Haupt der herausgerufenen Gemeinde, Seiner Körperschaft, und das Haupt über alles. Zudem wird jedes Geschöpf im All Christus als sein Haupt annehmen (Eph.1:10). Im Zusammenhang mit diesem soeben kurz angeschnittenen »Christus-Geheimnis« spricht Paulus von dem Geheimnis der gegenwärtigen Verwaltung Gottes, die ihm für uns (nicht für Israel) gegeben ist, um das Wort Gottes zu vervollständigen (Kol.1:25) und um im Zuge dessen eben auch das Christus-Geheimnis bekannt zu machen, das unserer Verwaltung der Gnade Gottes ihre besondere Herrlichkeit gibt. Des Weiteren spricht Paulus von einem mit dem Christus-Geheimnis verbundenen überaus herrlichen Geheimnis, welches ist: Christus unter den Nationen (nicht unter Israel), das Erwartungsgut der Herrlichkeit (Kol.1:27).

In Kolosser 2:3 betont er, dass in Christus alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind. Den Glaubenden sind sie enthüllt, so dass sie nicht durch überredende Worte menschlicher Weisheit zu vorgetäuschten Schätzen hinweggezogen werden dürften. In Christus allein sollen wir auch wandeln, gewurzelt und auferbaut nur in Ihm, stetig im Glauben (Kol.2:5,7), denn es drohen Gefahren.

Hütet euch!

 

Darum schreibt Paulus in Vers 8: »Hütet euch, dass euch niemand beraubt wegführe durch Philosophie und leere Verführung gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundregeln der Welt und nicht gemäß Christus.« Wer in Christus Jesus gefestigt ist, im Sohnesstand und im Gnadenstand, und wer im Herrn wandelt und Ihm dient, sollte eigentlich erfahren haben, dass alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis in Christus liegen. Wer Christus Jesus, den Herrn und Retter, den Mittler zwischen Gott und Menschen, das Erwartungsgut der Herrlichkeit, kennt, sollte eigentlich nicht beraubt weggeführt werden durch irgendeine ganz neue oder uralte Erkenntnis aus dem menschlich-seelischen und dämonischen Bereich. Doch es geschieht immer wieder. Darum die scharfe Warnung: Hütet euch!

Gewiss hat die Philosophie manche Erkenntnis erarbeitet über den Grund und Ursprung mancher Dinge und zu den Fragen, was der Mensch ist und was er wissen kann und tun soll, doch trotz aller geistigen Höhenflüge und des Eindrucks höchster Weisheit, den sie bei Nichtberufenen macht, bleibt die Philosophie dürftig, widersprüchlich und kraftlos.

Und wenn da in Kolossä jüdische Irrlehrer gewesen sein sollten, die die Beschneidung als das entscheidende Mittel der rechten Heiligung oder sogar den Verkehr mit den Geistern, insbesondere den Fürstlichkeiten und Obrigkeiten unter den überhimmlischen Geschöpfen, als die höchste Stufe der Weisheit lehrten (Vers 18), so fallen auch diese Thesen unter das Urteil: sie sind gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß der Grundregeln der Welt, sie sind allesamt leere Verführung, Betrug und nichts anderes.

Diese Gefahren müssen nicht unbedingt von außen an die herausgerufene Gemeinde herangetragen werden, sondern können auch von Brüdern und Schwestern in Christus Jesus selbst ausgehen, die aus irgendeinem Wort der Heiligen Schrift eine besondere Lehre ableiten. Vergessen wir nicht, was Paulus den Ältesten von Ephesus gesagt hatte: »Ich weiß..., dass, wenn ich unerreichbar bin, schwere Wölfe unter euch eindringen werden, die das Herdlein nicht verschonen. Auch werden aus eurer Mitte Männer aufstehen und verdrehte Dinge sprechen, um die Jünger an sich zu reißen« (Ap.20:29,30). Zu den Juden sagte unser Herr Jesus Christus: »Ihr macht das Wort Gottes um eurer Überlieferung willen ungültig!« (Mat.15:5); das geschieht ja auch heutzutage. Paulus schrieb an Titus: »Überführe sie streng, damit sie gesund im Glauben seien und nicht auf jüdische Sagen und Gebote von Menschen acht geben, die sich von der Wahrheit abwenden« (Tit.1:14). Im Hebräerbrief steht: »Lasst euch nicht von mancherlei und fremden Lehren wegtragen; denn es ist trefflich, das Herz in der Gnade stetig zu machen, nicht durch Speisen, mit denen den darin Wandelnden nicht genützt werden kann« (Heb.13:9). Und in 1.Timotheus 5:20,21 ist uns gesagt: »O Timotheus, bewahre das Anvertraute, kehre dich ab von unheiligen, leeren Geschwätzen und Gegenaufstellungen der fälschlich so benannten »Erkenntnis« (wohl der Gnosis, einer Lehre, die höhere Erkenntnisse als das Wort Gottes zu haben vorgibt), die einige als ihr besonderes Fach angeben, doch betreffs des Glaubens schweifen sie ab.«

So waren auch wir, liebe Brüder und Schwestern in Christus Jesus, als wir Unmündige waren, unter die Grundregeln der Welt versklavt (Gal.4:3), die bei uns vielleicht in den Gepflogenheiten der christlichen Religion bestanden. Doch kein Ritual der Menschen und keine religiöse Weisheit reicht an Christus heran. Die Rettung aus all diesem vergeblichen Bemühen ist Christus; Er hat alles vollbracht! Religion bedarf der Unvollständigkeit; sie lebt davon, dass ein Mangel behoben werden müsse durch das Halten von Geboten, das Zelebrieren von Ritualen oder die Anwendung von Sakramenten. Diese Dinge sind nicht gemäß Christus!

Christus ist Gottes Vervollständigung

 

Hütet euch, dass euch niemand beraubt wegführe durch all den Plunder — Paulus sagt in Philipper 3:8 Abraum, Kehricht

—, »denn« — und damit kommen wir zu den Versen 9 und 10 — »in Ihm (in Christus) wohnt die gesamte Vervollständigung der Gottheit körperlich; und ihr seid in Ihm vervollständigt, der das Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit ist.« Überlegen wir zunächst, was die Vervollständigung der Gottheit ist. Gott an Sich ist in Sich Selbst vollständig, doch Er hat Sein Wort, das Fleisch wurde, und Sein Abbild — wer es sieht, sieht den Vater —, Er hat Seinen Sohn zu Seiner Vervollständigung gesetzt: Gott will nicht ohne Christus sein. Jetzt hat Gott Seine Erfüllung gefunden. Keine Herrlichkeit fehlt Ihm mehr, da Er Christus hat. In Kolosser 1:19 steht, dass die gesamte Vervollständigung (Gottes) ihr Wohlgefallen daran hat, in Ihm (Christus) zu wohnen und durch Ihn das All mit Sich auszusöhnen. Christus ist alles, was Gott braucht. In Christus aber bleibt nichts unvollkommen; das ausgesöhnte All gar wird Er Seinem Vater zu Füßen legen.

Körperlich wohnt die gesamte Vervollständigung der Gottheit in Christus, denn Christus hat einen Körper, und an Seinem Körper wurde alles in Vollkommenheit und Herrlichkeit vollzogen. Gott bedarf folglich nicht unserer Rituale, unserer Weisheit oder anderen Bemühungen, um Ihn zufrieden zu stellen. An Seinem Sohn hat Er Sein Wohlgefallen und damit auch an denen, die in Seinem Sohn sind.

Wir sind in Christus vervollständigt

 

Was uns Gläubige anbelangt, so sind wir in Christus vervollständigt (Vers l0a). Was brauchen wir mehr? Durch Ihn, den Mittler, haben wir allezeit im Geist Zutritt zum Vater (Eph.2:18). Gott sieht uns als Vervollständigte in Christus Jesus; kein Makel und kein Mangel ist an uns in unserem Gnadenstand in Christus Jesus. Wir sind am Vaterherzen! Sollten wir dennoch meinen, Ihm eine eigene Opfergabe entgegenbringen zu müssen, wie das Halten von Geboten oder Festtagen, Askese, Rituale oder Sakramente, dann ist uns Christus nicht viel wert, dann verachten wir Christus und Sein Opfer und Seine Gnade. »Ihr seid des Segens enthoben und von Christus abgetrennt, die ihr durch das Gesetz gerechtfertigt werden wollt; ihr seid aus der Gnade gefallen« (Gal.5:4).

Wir sind in Christus Jesus; keinen höheren Stand gibt es. Er allein ist uns zur Weisheit gemacht (1.Kor.1:30). Welchen Schatz an Weisheit oder Erkenntnis gibt es auf Erden, der uns nun noch faszinieren könnte? Welche Fürstlichkeit unter den Überhimmlischen könnte uns jetzt noch etwas bieten? Christus ist das Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit. Und wir sind mit dem Haupt verbunden, mit Ihm und nicht mit den Geistern, Seinen Geschöpfen.

Gott hat Seinen Sohn zu Seiner Rechten inmitten der Überhimmlischen gesetzt, hocherhaben über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in diesem Äon, sondern auch in dem zukünftigen genannt wird. Alles ordnet Er Ihm unter, Ihm zu Füßen; und Ihn, der das Haupt über alles ist, gibt Er uns zum Haupt, uns, der herausgerufenen Gemeinde, die Seine Körperschaft ist. Diese ist übrigens die Vervollständigung Christi, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:20-23; Kol.1:18;

1.Pet.3:22).

Unsere Beschneidung

Nachdem nun dargelegt ist, dass wir in höchster Herrlichkeit, und zwar im Haupt über alle und alles, vervollständigt sind — nichts fehlt uns mehr —, erfahren wir in den Versen 11 bis 15 weitere Einzelheiten unserer Vervollständigung, die nämlich durch das völlige Abtun des Fleisches einerseits sowie die Auferweckung und Lebendigmachung zusammen mit Christus andererseits zustande gekommen ist.

Bezüglich des Abtuns des Fleisches lesen wir zunächst die Verse 11 und 12a: »In Ihm wurdet ihr auch beschnitten, nicht mit einer mit Händen gemachten Beschneidung, sondern durch das Abstreifen des Körpers des Fleisches in der Beschneidung des Christus, da ihr mit Ihm in der Taufe begraben seid.« Wo das Fleisch noch Raum hat, ist keine Vervollständigung. Doch unser Fleisch ist abgetan, nicht nur ein Stückchen wie bei der mit Händen gemachten Beschneidung, sondern völlig, und zwar in der Beschneidung des Christus, die mit Seiner Taufe aufs Engste zusammenhängt. Die Beschneidung an sich ist ein Symbol für die Tötung, die Taufe eines für den Tod und das Begrabensein. An Christus aber fand die Erfüllung der Symbole buchstäblich statt. Die Beschneidung des Christus bestand im Abstreifen des Körpers des Fleisches, also in Seiner Tötung. Von Seiner Taufe sprich Er in Lukas 12:50 so: »Doch mit einer Taufe habe Ich Mich taufen zu lassen, und wie drängt es Mich, bis sie vollendet ist!«

Da wir mit Christus verbunden sind, ist das, was an Ihm buchstäblich geschah, auch an uns vollzogen und eine unumstößliche geistliche Tatsache. Unsere alte Menschheit wurde zusammen mit

Ihm gekreuzigt. Wie froh dürfen wir darüber sein! Zu unserer Taufe führt Paulus in Römer 6:3,4 aus: »... erkennt ihr nicht, dass wir alle, die wir in Christus Jesus — also nicht in Wasser — getauft sind, in Seinen Tod getauft wurden? Mit Ihm zusammen wurden wir nun durch die Taufe (in Christi Tod hinein) in den Tod (in unseren eigenen Tod) begraben, damit, ebenso wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt wurde, also auch wir in Neuheit des Lebens wandeln mögen.«

Die an uns vollzogene Taufe in den Tod Christi Jesu ist in der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade Gottes die einzige; diese Taufe im Geist ist derzeit die eine, von der Epheser 4:5 spricht. Die zweite Taufe, die in Wasser, gibt es heute nicht mehr. Unser Körper des Fleisches ist durch die eine Taufe abgestreift und in den Tod begraben.

Das Fleisch ist wertlos für unsere Vervollständigung. Wer dem Fleisch dennoch Raum gibt, ist ein Feind des Kreuzes (Phil.3:18), denn er lehnt das am Kreuz für uns Geschehene ab und will mit seiner alten Menschheit, dem »alten Adam«, dem Fleisch, in welchem doch die Sünde wohnt (Röm.7:17,20) und das schmachvoll am Kreuz abgeurteilt wurde, vor Gott in Werken oder Ritualen etwas gelten. Das zeigt, dass solchen Brüdern und Schwestern Christus nicht alles bedeutet. Dies äußert sich dann auch in ihrem Wandel. Das Wort in Kolosser 3:9,10: »... ihr habt doch den alten Menschen samt seinen Handlungen abgestreift und den jungen angezogen« wird nur in geringem Maße an ihnen erfüllt sein.

Mögen wir unserem Gott und Vater glauben, dass wir zusammen mit Christus beschnitten wurden, das heißt, dass unsere alte Menschheit mitgekreuzigt und abgetan wurde. Und mögen wir im Übrigen konsequenterweise damit rechnen, tot zu sein, und zwar der Sünde gegenüber, denn dann wird die Sünde nicht mehr über uns herrschen (Röm.6:12,12).

Unser einziges Gott wohlgefälliges Tun in diesem Zusammenhang ist, Ihm zu glauben, was über Christus und uns geschrieben steht.

In Ihm aber auch auferweckt

 

Unsere Vervollständigung in Christus kam nicht nur durch das Mitgekreuzigtsein zustande, sondern auch durch unsere Auferweckung und Lebendigmachung zusammen mit Christus, wovon die Verse 12b und 13 sprechen; zuerst 12b: »In Ihm wurdet ihr auch mit auferweckt durch den Glauben an die Wirksamkeit Gottes, der Ihn aus den Toten auferweckt hat.« Durch den Glauben, dass Gott wirksam war und Seinen Sohn auferweckte, sind wir zusammen mit Christus auferweckt worden — damals, als Gott uns den Glauben in Gnaden gewährte (Phil.1:29). (»Auferweckt werden« bezieht sich auf unsere Seele; sie ist das Bewusstsein; wir sind jetzt wach für Gott. »Auferstehen« steht im Bezug zum Körper und »lebendig machen« in Bezug zum Geist Gottes.) In Ihm, in Christus auferweckt, sind wir vollständig, sodass Gott uns für Sich gebrauchen kann, zumal das Fleisch nicht mehr zwischen Gott und uns steht. Sollte aber jemand nicht an die Wirksamkeit Gottes, und zwar, dass Er uns zusammen mit Christus auferweckte, glauben, so muss er meinen, irgendeinen Ritus vollziehen zu müssen und bekennt damit irrenderweise, dass er an Christi Auferweckung keinen Anteil hat. Er ist durch eine leere Verführung gemäß den Grundregeln der Welt beraubt weggeführt worden, weg vom Glauben, der uns in der gegenwärtigen Verwaltung Gottes alle Schätze in Christus Jesus erschließt.

Umfassende Gnade

 

In Vers 13 nun lesen wir: »Auch euch, die ihr den Kränkungen und der Unbeschnittenheit eures Fleisches gegenüber tot seid, hat Er mit Ihm zusammen lebendig gemacht, uns so für alle Kränkungen Gnade erweisend.« Gott hat uns zusammen mit Christus lebendig gemacht; in Ihm haben wir das Leben bei Gott; Höheres und Vollständigeres gibt es nicht. Tot dagegen sind wir seit unserem mit Christus Gestorbensein unserer alten Menschheit gegenüber und damit auch im Verhältnis zu ihren Merkmalen, wie den Kränkungen und der Unbeschnittenheit des Fleisches sowie — wie es an anderen Stellen heißt -— den Begierden und den Sünden (Röm.6:11; Eph.2:1,5). Praktisch bedeutet dieses Totsein, dass wir — ebenso wie wirkliche Tote — auf die stolzen, eitlen und selbstsüchtigen Wünsche des Fleisches nicht hören und ihnen nicht gehorchen ebenso wenig wie den übrigen Begierden und Sünden. Kränkungen sind Sünden, durch die das Vaterherz unseres Gottes verletzt wird; Tote lassen Kränkungen Gottes nicht in sich erstehen.

Das Fleisch, unsere alte Menschheit, ist unverbesserlich; es ist und bleibt unbeschnitten, wie unser Vers 13 sagt. Jedoch haben wir — und das ist die frohe Botschaft — die am Kreuz vollzogene Verurteilung des Fleisches im Geist. Das Mitgekreuzigt- und Mitgestorbensein unserer alten Menschheit wirkt sich somit geistlicherweise bei denen aus, die das glauben. Rechnet damit, dass ihr selbst der Sünde gegenüber tot seid, und stellt euch Gott zum Dienst bereit als Lebende aus den Toten, dann wird die Sünde nicht über euch herrschen (vgl. Röm.6:11-14). Wenn jemand aber nicht damit rechnet, wenn jemand Gott das nicht glaubt, werden ihm das Fleisch und die Sünde, die darin wohnt (Röm.7:7-10), weiterhin zu schaffen machen.

Nun zu Vers 13b: »... (euch)... hat Er mit Ihm zusammen lebendig gemacht, uns so für alle Kränkungen Gnade erweisend.« Lebendig machen und Gnade erweisen sind hier aufs Engste verbunden. Wenn Er uns nicht für die Kränkungen Gnade erwiesen hätte, wären wir nicht lebendig für Ihn. So wir aber glauben, was in Epheser 1:7,8a geschrieben steht, nämlich: »In Ihm haben wir die Freilösung durch Sein Blut, die Vergebung der Kränkungen nach dem Reichtum Seiner Gnade, die Er in uns überfließen lässt«, so dürfen wir wissen, dass wir lebendig sind für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn.

Noch ist unser Leben nicht für jedermann sichtbar, denn unser Leben, das unvergängliche Leben, ist nach Kolosser 3:3 zusammen mit Christus in Gott verborgen. Wenn aber Christus, unser Leben, geoffenbart wird — das geschieht, wenn Er Seine Herrschaft über diese Erde antritt —‚ dann werden auch wir zusammen mit Ihm in Herrlichkeit geoffenbart werden (Kol.3:4). Dann wird jedermann sehen, dass wir Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte sind (Kol.3:12).

Wenn auch unser Leben noch verborgen ist, so darf doch in diesem Erdenalltag schon deutlich werden, dass unsere sterbenden Körper durch Gottes uns innewohnenden Geist lebendig und damit brauchbar gemacht sind für einen Wandel und Dienst zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters (Röm.8:11).

Wir sind in Christus vervollständigt. Sollte uns noch irgendeine Würde fehlen, sodass wir uns Gott etwa nicht nahen dürften? Ermangeln wir noch der Herrlichkeit Gottes (Röm.3:23)? Nein, wir haben durch Christus im Geist allezeit Zutritt zum Vater. Wir sind dem Vater nahegebracht durch den, der dem Vater am nächsten ist.

Die Erlasse des Jakobus

 

Dass wir in Christus vervollständigt sind, sieht man des Weiteren an der Aussage des Verses 14: »Er (Gott) hat die wider uns lautende Handschrift der Erlasse, die unser Gegner war, ausgelöscht und sie aus der Mitte genommen, indem Er sie an das Kreuz nagelte.« Welche wider uns lautende Handschrift der Erlasse wurde ans Kreuz genagelt und ausgelöscht? Welche Erlasse waren das, die uns zu Gläubigen zweiter Klasse machten, zu Unvollständigen? — Es waren die Erlasse des Jakobus. Etwa im Jahre 49 oder 50 zogen Paulus und Barnabas samt einigen anderen nach Jerusalem hinauf, um mit den Aposteln und Ältesten über die Frage zu beraten, ob die Gläubigen aus den nichtjüdischen Nationen das Gesetz des Mose zu halten hätten. Jakobus, der Halbbruder unseres Herrn, entschied, denen aus den Nationen einen Brief zu schreiben; der entscheidende Satz lautete: »... es erscheint dem Geist, dem heiligen, und uns gut, euch keine weitere Bürde aufzuerlegen außer diesem, was unerlässlich ist: nämlich euch fernzuhalten von Götzenopfern, von Blut und Ersticktem und von Hurerei« (Ap.15:28,29). Diese Erlasse brachten die nichtjüdischen Gläubigen unter die Macht Israels und damit in eine Unterordnung, wie sie die Nationen im tausendjährigen Königreich Israels auf Erden erfahren werden. Das steht im Gegensatz zu unserer später von Paulus bekannt gemachten überhimmlischen Berufung. Für uns mit jedem geistlichen und überhimmlischen Segen in Christus Gesegnete gibt es keine Rangunterschiede aufgrund der Abstammung und überhaupt des Fleisches mehr. »Im Geist sind die aus den Nationen gemeinsame Losteilinhaber und eine gemeinsame Körperschaft und gemeinsame Teilhaber der Verheißung in Christus Jesus« heißt es in Epheser 3:6. Paulus erklärt in Epheser 2:14,15, dass die Feindschaft zwischen den beiden Gruppen von an das Evangelium des Apostels Paulus Glaubenden nicht mehr besteht und das Gesetz der Gebote in Erlassen aufgehoben ist. Damals bedurften wir noch der Beachtung der Erlasse, um vor Gott bestehen zu können; seit der Abfassung der Vollkommenheitsbriefe, des Epheser-, des Philipper- und des Kolosserbriefs, aber sind wir allein in Christus vervollständigt.

Im Triumph

 

Der letzte Vers, den wir betrachten, ist Vers 15: »Oberherrschaften und Obrigkeiten abstreifend, hat Er (Gott) sie öffentlich zur Schau gestellt und in demselben (im Kreuz) im Triumph einhergeführt.« Unser Gott und Vater triumphiert in erhabenster und herrlichster Weise in Christus, dem Sohn Seines Wohlgefallens. Er führt auch uns, die Glieder der Körperschaft Christi aus allen Nationen, allezeit im Triumph in Christus einher (2.Kor.2:14).

Gott triumphiert in dem Sieg, den Sein Sohn am Kreuz errungen hat. Im Kreuz, im Kreuzesgeschehen, hat Er alle Mächte und Herrschaften, die uns neben Christus etwa noch in Anspruch nehmen könnten, abgestreift, öffentlich zur Schau gestellt — das war eine Bloßstellung, eine Beschämung — und im Triumphzug als Gefangene mit Sich geführt.

Welche Oberherrschaften und Obrigkeiten sind das, die uns, obwohl sie abgetan sind, immer noch beraubt wegführen wollen, weg von Christus, in welchem die gesamte Vervollständigung der Gottheit wohnt und in welchem wir vervollständigt sind? — Da sind die Fürstlichkeiten, die Obrigkeiten, die Weltbeherrscher dieser Finsternis, die geistlichen Mächte der Bosheit inmitten der Überhimmlischen (Eph.6:12), die auch durch Menschen und ihre Institutionen sowie die herrschende öffentliche Meinung politischer, philosophischer oder religiöser Akzentuierung auf uns einwirken wollen. Da sind Irrlehrer, die sich mit den Boten Gottes befassen und — wie es in Vers 18 heißt — sich in Demut und dem Ritual der Boten mit dem wichtigtun, was sie gesehen haben, nichtig aufgeblasen vom Denksinn ihres Fleisches und sich nicht an das Haupt haltend. Da gibt es kirchliche Oberherrschaften, die ihren Mitgliedern Gebote, Ordnungen und Regeln auferlegen, die sich zwischen die Gläubigen und Christus schieben, sodass man Macht über sie ausüben kann.

Alle Erlasse und Anweisungen sind gegen uns, denn sie bestreiten, dass unser Herr Jesus Christus am Kreuz alles vollbracht hat und wir in Christus vervollständigt sind. Sie halten uns fern von Christus und in Unmündigkeit. In Christus aber, in diesem hohen Stand, brauchen wir wirklich keine Vorschriften der Menschen.

Wer sagt »Christus und dieses oder jenes«, drückt damit aus, dass Christus allein nicht genügt, und ist so ein Betrüger und Irreführer. Über solche Leute schreibt Paulus in 2.Korinther 11:13-15: »... solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die sich zu Aposteln Christi verstellen. Und dies ist nichts Erstaunliches; denn Satan selbst verstellt sich zu einem Boten des Lichts. Daher ist es nichts Großes, wenn sich auch seine Diener als Diener der Gerechtigkeit verstellen ...« Und in Römer 16:17,18 warnt er: »Ich spreche euch aber zu, Brüder, auf solche zu achten, die neben der Lehre, welche ihr lerntet, Zwistigkeiten und Fallstricke verursachen: meidet sie! Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern sind ihrem eigenen Leib versklavt; und durch gütige Worte und Segenswünsche täuschen sie völlig die Herzen der Arglosen.

Sollte sich jemand unter uns nach all dem Dargelegten dennoch nicht an das Haupt halten, sondern an irgendwelche Oberherrschaften, so ist und bleibt es zwar in der gegenwärtigen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes Wahrheit, dass weder Boten noch Fürstlichkeiten, weder Mächte noch irgendeine andere Schöpfung uns werden scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn (Röm.8:38,39), aber welch einen Verlust erleidet derjenige doch Tag für Tag; er ist zwar in Christus Jesus, wandelt aber nicht im Herrn, sondern an menschlichen oder dämonischen Gängelbändern.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus Jesus, hütet euch, dass euch niemand beraubt wegführe durch Philosophie und leere Verführung gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundregeln der Welt und nicht gemäß Christus. Denn in Ihm wohnt die gesamte Vervollständigung der Gottheit körperlich; und ihr seid in Ihm vervollständigt, der das Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit ist.

Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei unserem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus dafür!

 

 

Auf das droben sinnet!

(Kol.2:16-3:4)

 

Der Apostel Paulus hat die Heiligen in Kolossä eindringlich ermahnt, sich zu hüten, damit niemand beraubt weggeführt werde durch Philosophie und leere Verführung gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundregeln der Welt (Kol.2:8). Er hat auch den überzeugenden Grund dafür genannt, dass sie sich nicht verführen lassen sollten, nämlich die überaus herrliche Tatsache, dass in keinem anderen als in Christus die gesamte Vervollständigung der Gottheit körperlich wohnt und sie alle in Christus vervollständigt sind (Kol.2:9,10).

In Christus ist alles geschehen, was zu unserem vollkommenen und herrlichen Gnadenstand vor dem Angesicht Gottes nötig ist. Was in und an Christus geschehen ist, ist gleicherweise auch mit uns erfolgt: Wir sind mit Ihm gekreuzigt und begraben worden und sind zusammen mit Ihm lebendig gemacht worden (Kol.2:11-13); ein vollkommeneres Abtun der alten Menschheit und eine vollkommenere Neuschöpfung kann es nicht geben. Sollte eine Philosophie uns jetzt noch etwas bedeuten? Sollte eine menschliche Überlieferung uns vor Gott noch vollkommener machen können? Sollte die Beachtung des Gesetzes des Mose uns vor Gott noch angenehmer machen können? — Nein, denn wir sind in Christus vervollständigt. Wir genießen höchstes Ansehen bei unserem Gott und Vater, denn Er hat uns in Christus Jesus zu Seiner Rechten inmitten der überhimmlischen Geschöpfe niedergesetzt (Eph.1:20;2:6). Eine höhere Würde gibt es nicht. Mehr als diesen überschwänglichen Reichtum Seiner Gnade kann es nicht geben. Er hat uns mit jedem, aber auch wirklich jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in Christus gesegnet (Eph.1:3). Alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis hat Er uns in Christus erschlossen (Kol.2:3).

Wer will uns kritisieren?

»Daher ...« — und nun kommen wir zu dem Schriftabschnitt, den wir jetzt betrachten wollen —‚ daher, weil ihr in Christus aufs Herrlichste vervollständigt seid, »richte euch niemand in Speise oder Trank oder in Einzelheiten eines Festes, Neumonds oder Sabbats, die ein Schattenbild zukünftiger Dinge sind; der Körper aber ist Christi« (Kol.2:16,17).

Da will jemand die Kolosser richten, weil sie Vorschriften des Gesetzes des Mose nicht befolgen? Das Gesetz ist heilig, gerecht und gut (Röm.7:12), doch wir sind nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade (Röm.6:14), und wir leben in der heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes, die dem Apostel Paulus gegeben ist (Eph.3:2,8,9). Wer heute die Gläubigen zum Gesetz hinführen will, führt sie weg von Christus und beraubt sie, sodass sie sich ihrer überragenden geistlichen Segnungen in Christus nicht mehr bewusst sind. Sogar in der Verwaltung des Gesetzes wurde niemand durch das Gesetz gerechtfertigt; aus Glauben lebte der Gerechte (Gal.3:11). An die Galater schreibt Paulus: »Ihr seid des Segens enthoben und von Christus abgetrennt, die ihr durch das Gesetz gerechtfertigt werden wollt: ihr seid aus der Gnade gefallen. Wir warten doch im Geist aus Glauben auf das Erwartungsgut der Gerechtigkeit« (Gal.5:4,5). Das Gesetz kann niemanden vollkommen machen, erst recht nicht die, die in Christus Jesus sind und damit vollkommen vor den Augen Gottes.

Unter dem Gesetz hatten heilige Tage und Feste ihren Platz und ihre Bedeutung. »Nun aber«, so schreibt Paulus in Galater 4:9-11, »da ihr Gott kennt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wieso wendet ihr euch wieder zu den schwachen und armseligen Grundregeln um, denen ihr nochmals von neuem versklavt sein wollt? Ihr haltet auf Tage und Monate, Fristen und Jahre. Ich fürchte um euch, ob ich mich für euch nicht etwa zum Schein gemüht habe.« Für uns ist jeder Tag heilig, das heißt Gott geweiht. Für uns ist jeder Tag ein Feiertag, denn wir sind in Christus Jesus; größere Freude gibt es nicht.

Und wer heute auf Speisegebote achtet, die unter dem Gesetz ihre Berechtigung hatten, muss sich vom Apostel Paulus sagen lassen, dass er auf irreführende Geister und Lehren der Dämonen achtet und vom Wandel im Glauben abgefallen ist (1.Tim.4:1-6).

Speisegebote, Feste, Neumonde und Sabbate sind ein Schattenbild zukünftiger Dinge; sie haben vorgeschattet, vorweg abgebildet, was Israel im Königreich der Himmel und auf der Erde an zukünftigen irdischen Segnungen genießen wird, wenn das Volk Gottes in die verheißene Sabbatruhe, in das Feiern, eingegangen ist (Heb.4:9,10); dann wird das Gesetz im vollen Sinne erfüllt werden, und dann wird unser Herr Jesus Christus die wahre Speise und der wahre Trank des auserwählten Volkes sein (Joh.6:55). Aber für uns gilt: Wer nach dem Schatten greift, missachtet Christus Jesus, unseren Herrn und Retter, in welchem wir doch vervollständigt sind. »Das Königreich Gottes ist nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude in heiligem Geist; denn wer in diesem dem Christus als Sklave dient, ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen bewährt« (Röm. 14:17,18).

Möge es niemanden unter uns geben, der auf religiöse Überlieferungen achtet, Rituale oder Sakramente in Anspruch nimmt oder auf den Sabbat oder den Sonntag hält. Wir halten den Sonntag, weil wir der Obrigkeit gehorchen (Röm.13:1-7), halten aber im Verhältnis zu Gott nichts auf ihn (Gal.4:10). Wie leicht verfällt ein solcher, der auf religiöse Bräuche achtet, dem Richten oder Schmähen des Bruders oder der Schwester (Röm.14:10), weil er meint, frömmer und besser als die anderen und daher zum Richten berechtigt zu sein. Möge auch niemand sich in Wasser taufen lassen, wissen wir doch, dass wir bereits getauft sind, und zwar hinein in Christus Jesus, in Seinen Tod (Röm.6:3,4; Kol.2:11,12). Das ist die eine Taufe (Eph.4:5), die im Geist. Sogenannte Sakramente — das Evangelium weiß nichts von ihnen — leugnen das in Christus Jesus an uns geistlicherweise Geschehene.

»... der Körper aber ist Christi«, so schließt Vers 17. Ja, wir, der Körper Christi, wir, die herausgerufene Gemeinde, sind des Christus. Ihm gehören wir an! Jedes Ritual, das wir jetzt noch vollzögen, würde Ihm die Ehre rauben und uns die Freude im Glauben über unsere Segnungen in Ihm!

Wir halten uns an das Haupt

 

Der Apostel Paulus schreibt in den Versen 18 und 19 weiter: »Niemand entscheide als Schiedsrichter gegen euch, der sich in Demut und dem Ritual der Boten mit dem wichtigtun will, was er gesehen hat, nichtig aufgeblasen von dem Denksinn seines Fleisches und sich nicht an das Haupt haltend, aus dem der gesamte Körper, mit Einverleibung versehen und durch Bänder vereinigt, nach Gottes Wachstum wächst.« Wer sich mit dem Ritual der Boten, das er in einer Vision gesehen zu haben vorgibt, wichtigtun will, wandelt nach dem Schema der alten Menschheit, nichtig aufgeblasen vom Denksinn seines Fleisches. Er ist ein Irregeführter und ein Irreführer. Wir wandeln hier durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung (2.Kor.5:7). Boten haben uns nichts mitzuteilen, anders als in früheren Verwaltungen, denn wir sind mit Christus verbunden, dem Haupt, dem Haupt auch jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit der Boten, in welchem uns alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis offenliegen (Kol.2:3,10). Heute erblicken die Boten Gottes an uns den unausspürbaren Reichtum des Christus; heute wird ihnen durch die herausgerufene Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes bekannt gemacht (Eph.3:10).

Und wer sich in Demut wichtigtun will, missbraucht diese Tugend zu Zwecken seines Hochmuts. Leider kann ein solcher durch seine vorgeführte Demut ungefestigte Geschwister, die die Geister nicht unterscheiden können, an sich ziehen.

Die sich durch was auch immer wichtigtun wollen, halten sich nicht an das Haupt, sondern stützen sich auf die Weisheit der Menschen. Da ist kein Wachstum möglich. Auch Rituale bringen kein Wachstum im Glauben hervor, denn man zelebriert immer wieder dasselbe. Allein das Wort ist lebendig. Von Ihm, dem Wort Gottes, unserem Herrn Jesus Christus, von unserem Haupt, geht das Wachstum aus. Von Ihm aus, mit dem wir durch Seinen Geist verbunden sind, wächst der gesamte Körper Christi, und zwar — wie es in Vers 19 heißt — »mit Einverleibung versehen und durch Bänder vereinigt.« Einverleiben sollen wir uns das dargereichte Wort, dann wird die Gemeinde Christi in Liebe auferbaut (Eph.4:16). Die Bänder, die uns vereinigen, sind der Geist Gottes und Seine Liebe sowie nicht zu vergessen die Versammlungen mit ihrer Belehrung und Ermahnung, ihrem gegenseitigen Zuspruch und gemeinsamen Lobgesang (Kol.3:16). So wächst die Körperschaft Christi, Seine Gemeinde, hinein in Christus, der das Haupt ist (Eph.4:15). Von Christus geht unser Wachstum aus, zu Ihm führt es hin; der aber alles lenkt und schenkt, ist unser Gott und Vater, dem der Lobpreis und die Verherrlichung sei! Nach Gottes Wachstum, das heißt nach dem von Gott verliehenen Wachstum, wächst der Körper Christi.

Reife ist nur in Christus Jesus möglich. Wer das weiß, hält sich an das Haupt und wird nicht beraubt weggeführt werden durch leere Verführungen gemäß der Überlieferung der Menschen.

Den Grundregeln der Welt enthoben

Des Weiteren argumentiert der Apostel Paulus in den Versen 20 bis 22: »Wenn ihr nun zusammen mit Christus den Grundregeln der Welt gegenüber gestorben seid, was stellt ihr euch wie in der Welt Lebende unter Erlasse: Rühre das nicht an! Koste das nicht! Taste das nicht an! (das alles ist durch Verbrauch zum Verderben bestimmt) — gemäß menschlichen Vorschriften und Lehren ...« Niemals sollten wir vergessen, dass wir zusammen mit Christus gestorben sind (Röm.6:2-11: Kol.2:11,12). Unser Tod ist allumfassend: Wir sind der Sünde gestorben und somit ihr gegenüber tot (Röm.6:2,11); die israelischen Gläubigen am Körper Christi sind dem Gesetz gestorben und somit ihm gegenüber tot (Röm.7:4,6; Gal.2:19); und wir sind der Welt gestorben und somit ihr gegenüber tot (Gal.6:14). Wir waren den Grundregeln der Welt versklavt (Gal.4:3), doch jetzt sind wir ihnen gegenüber tot. Tote hören nicht mehr auf die Welt, auf den Zeitgeist, auf die Grundregeln der Welt, die da besagen: einerseits: was alle tun, kann nicht falsch sein, andererseits: nur was wir tun, ist richtig, und überhaupt tut man das, was man tut, aus selbstgewählter Weisheit und stets zur Selbsterhöhung. Wir aber sind nicht von dieser Welt, sondern unser Bürgertum ist in den Himmeln (Phil.3:20). Wir gebrauchen zwar die Dinge der Welt, sind aber frei von ihrer Denkart (1.Kor.7:31), der Denkart des Fleisches, sofern wir wirklich alle Gedanken unter den Gehorsam des Christus gefangen nehmen (2.Kor.10:5).

Völlig wertlos für in Christus Vervollständigte

 

Der Apostel Paulus beschreibt die menschlichen Vorschriften und Lehren in Vers 23 so: »... die zwar einen Ausdruck von Weisheit in willkürlichem Ritual, in Demut und Nichtverschonen des Körpers haben, die aber von keinerlei Wert sind, außer zur Befriedigung des Fleisches.« Zwar haben die Grundregeln und Lehren der Welt den Schein höherer Weisheit und sind daher für manche Glaubensgeschwister verfänglich, aber sie sind schwach und armselig (Gal.4:9). Da wird gesagt: Iss das nicht, wogegen Gott uns sagt, alle Speisen aus Seiner Hand mit Dank entgegenzunehmen und sie so zu heiligen (1.Tim.4:3-5). Da wird das Heiraten verboten, um religiöse Ideale zu erreichen. Da gefällt man sich in willkürlichem Ritual, in selbstgemachten, eigenwilliger Gottesverehrung. Da heißt es: Lebe asketisch, entsage allem, damit du sittliche Höhe erlangst. Das alles ist von keinerlei Wert, außer zur Befriedigung des Fleisches, denn die alte Menschheit ist stolz auf all diese Dinge, und solche Weisheiten sind fleischlich und nicht geistlich. Von dem Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes (1.Tim.1:11) ist da nichts zu spüren, Christus ist kaum noch erkennbar, sichtbar ist fast nur noch der selbstgefällige Mensch.

Suchet, was des Christus ist!

 

Wir sind nicht nur zusammen mit Christus gekreuzigt und begraben worden, sondern ebenso wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt wurde, sind auch wir auferweckt worden, damit auch wir in Neuheit des Lebens wandeln mögen (Röm.6:4). Auf dieser grundlegenden Wahrheit fußt der Apostel Paulus, wenn er uns in Kolosser 3:1 schreibt: »Wenn ihr nun zusammen mit Christus auferweckt wurdet, suchet das droben, wo Christus ist, zur Rechten Gottes sitzend!«

Unser Herr Christus Jesus sitzt zur Rechten Gottes inmitten der Überhimmlischen (Eph.1:20). Das Sitzen drückt Seine Erhabenheit und Würde wie auch Seine Macht und Herrschaft aus. Wir, die wir in unserem Gnadenstand in Christus Jesus sind, sitzen damit im Geist ebenfalls zur Rechten Gottes inmitten der Überhimmlischen (Eph.2:6), ruhen dort in den uns im Vollmaß zuteil gewordenen geistlichen Segnungen (Eph.1:3) und schöpfen daraus unsere Kraft für einen Wandel in wahrer Frömmigkeit, in wahrer Wohlverehrung Gottes, für einen Wandel im Geist.

Suchet, was droben ist; suchet, was unserem Gott und Vater wohlgefällt; suchet in der Heiligen Schrift, durchforscht sie; suchet, im Geist zu wandeln! Wandelt in den geistlichen Segnungen, die ihr erhalten habt, wandelt gerecht als Gerechtfertigte, wandelt versöhnlich als Ausgesöhnte, wandelt Gnade gewährend als Begnadete, wandelt liebevoll als Geliebte!

Unser Wandel im Geist, der sich in einem geistlichen Verhalten und Wirken vollzieht, erwächst aus dem Gottesdienst in Gottes Geist. In Philipper 3:3 steht geschrieben: »... wir sind die wahre Beschneidung, die wir in Gottes Geist Gottesdienst darbringen und uns in Christus Jesus rühmen ...» Das heißt, auch wenn wir zum Beispiel in der Küche arbeiten oder den Garten umgraben oder ruhen und nichts tun, verherrlicht Gottes Geist in uns den Vater und rühmen wir uns im Grunde unseres Herzens in Christus Jesus (vgl. Röm.8:26,27). Möge unser Gottesdienst in Gottes Geist alle Stunden unserer Tage prägen!

Auferweckte sind lebendig für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn (Röm.6:11; 8:11) und stellen sich Ihm zum Dienst bereit (Röm.6:13; 12:1).

Richtet euren Sinn auf die Herrlichkeit, die droben ist!

 

Wir betrachten nun Vers 2: »Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden!« Sinnen ist mehr als suchen. Wer aber das droben sucht und gefunden hat, wer sich seines Niedergesetztseins inmitten der Überhimmlischen und seiner geistlichen und überhimmlischen Segnungen in Christus Jesus bewusst ist, der wird beständig darauf sinnen. Die Grundhaltung unseres Herzens wird dann auf Christus, das Haupt, ausgerichtet sein, auf Seine Herrlichkeit und Gnade; in der Gesinnung Christi Jesu werden wir dann den Menschen zu begegnen und Gott zu verherrlichen trachten; über allen Wegen Gottes mit uns werden wir Gott loben und Ihm danken, wissend um das herrliche Ziel Gottes: die Rettung und Unterordnung aller; allezeit werden wir uns in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen (Röm.5:2). Der Apostel Paulus bezeugt in diesem Zusammenhang: »... ich strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. So jage ich dem Ziele zu, nach dem Kampfpreis der Berufung Gottes droben in Christus Jesus. Alle von uns nun, die gereift sind, mögen darauf bedacht sein; und wenn ihr in etwas anders gesinnt seid, so wird euch Gott auch dieses enthüllen. Indessen, worin wir andere überholen, sollte man gleichgesinnt sein, um nach derselben Richtschnur die Grundregeln zu befolgen« (Phil.3:13b-16).

Mögen wir entsprechend unserer überhimmlischen Berufung auf das droben sinnen, nicht auf das auf Erden. Unser Herr ist doch droben, nicht auf Erden. Auf Erden haben wir gewiss vielfältige Aufgaben zu erfüllen, aber darauf soll unser Sinn im tiefsten Grunde nicht gerichtet sein und daran soll unser Herz nicht bis aufs Letzte hängen. Und was wir auch an Irdischem zu bedenken haben — alles soll zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters dienen. Israel muss auf das auf Erden sinnen. Das auserwählte Volk hat eine irdische Berufung, auf Erden ist sein Platz. Während der Anwesenheit Jesu Christi soll es alle Nationen zu Jüngern machen (Mat.28:19,20). Für einen Juden war es zum Beispiel ganz natürlich, darauf zu sinnen, wer den Ersten Weltkrieg gewinnen und das Land Palästina besitzen würde. So werden die Juden nach unserer Entrückung in den Himmel auf das prophetische Wort zu achten haben, das ihnen alle Ereignisse bis zur Anwesenheit des Messias zeigt. Wir dagegen achten auf das prophetische Wort des Apostels Paulus und erwarten demzufolge jederzeit den Sohnesstand, die Freilösung unseres Körpers (Röm.8:23,29), und unsere Versetzung in das Überhimmlische, um in den beiden zukünftigen Äonen allezeit beim Herrn zu sein. Über die Zeiten und Fristen brauchte Paulus uns nicht zu schreiben, weil uns keine angezeigt sind (1.Thess.5:1).

Mögen wir somit auf das droben sinnen, indem wir insbesondere die Schriften erforschen, die vom droben reden und nicht von dem auf Erden.

Unser verborgenes Leben

 

In Vers 3 folgt die Begründung für die Aufforderung, auf das droben zu sinnen: »Denn ihr starbet, und euer Leben ist zusammen mit Christus in Gott verborgen.« Unsere alte Menschheit ist zusammen mit Christus gestorben. Wir starben dem selbstbezogenen irdischen Sinnen und Trachten weg. Nun haben wir das Leben. Welches Leben ist das genau? — Man darf das äonische Leben, das Leben in den zwei kommenden Äonen, in Erwägung ziehen, diese Gnadengabe Gottes für uns (Röm.6:23), die wir bereits im Geist haben, doch heißt es in Titus 1:2, dass wir in der Erwartung des äonischen Lebens stehen, dieses also Zukunft ist. Da unser äonisches Leben dann aber nicht mehr verborgen ist, sei es hier nicht weiter in Betracht gezogen. Es ist unser derzeitiges Leben, das zusammen mit Christus in Gott verhüllt ist.

Gegenwärtig leben wir in Christus Jesus. Und wenn jemand in Christus ist, so ist da eine neue Schöpfung (2.Kor.5:17). Ein solches Leben ist für menschliche Augen nicht sichtbar. Zugleich ist Christus in uns, sodass unser Geist voll Leben ist (Röm.8:10). Das Leben, das wir haben, ist das Leben in der Gemeinschaft mit Gottes Sohn Jesus Christus, unserem Herrn, zu der wir berufen wurden (1.Kor.1:9).

Da unser sterbender Körper durch Gottes uns innewohnenden Geist zum Dienst für Ihn lebendig gemacht ist (Röm.8:11) — es ist ja das Normale, dass unser Glaube wirksam ist, und zwar durch die Liebe Gottes (Gal.5:6) —‚ sind die Auswirkungen unseres Lebens in Christus Jesus sehr wohl sichtbar, doch unser Leben als solches ist, da es nur geistlich erforscht werden kann, für keinen seelischen Menschen erkennbar (1.Kor.2:14).

Christus ist unser Leben

 

»Wenn aber Christus, unser Leben, geoffenbart wird«, so lautet Vers 4, »dann werdet auch ihr zusammen mit Ihm in Herrlichkeit geoffenbart werden.« Christus ist unser Leben. Er ist unser Leben als solches. Er ist für uns das Leben selbst in all seiner Vervollständigung, Unvergänglichkeit, Kraft und Herrlichkeit und Liebe. »Ich bin die Auferstehung und das Leben«, sagte Er (Joh. 11:25).

Wann wird Christus geoffenbart? — Wenn der siebzigste der dem Volk Israel verordneten Jahrsiebener vollendet ist (Dan.9:24), wenn alle Stämme des Landes wehklagend den Sohn des Menschen auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit kommen sehen (Mat.24:30), wenn Seine Füße auf dem Ölberg stehen (Sach.14:4), dann, wenn Er Seine Herrschaft über die Erde antritt, wird Er geoffenbart werden.

Und dann werden auch wir, und zwar zusammen mit Ihm und in Herrlichkeit, geoffenbart werden. Unsere Herrlichkeit in Christus werden wir zwar bereits von unserer Verwandlung und Entrückung an besitzen, dem Bild des Sohnes Gottes werden wir bereits von da an körperlich gleichgestaltet sein (Röm.8:29), doch in dieser Herrlichkeit offenbart werden wir erst zu dem beschriebenen Zeitpunkt, nachdem die Verwaltung des Zorns, vor dem wir gerettet werden (Röm.5:9; 1.Thes.1:10; 5:9), vergangen ist. Dann werden alle erkennen, dass wir Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte Gottes sind (Kol.3:12). Dann werden alle unsere Herrlichkeit sehen und — man merke auf — Christus wird in uns allen verherrlicht und angestaunt werden (2.Thes.1:10), ja Er, nicht wir, schließlich ist nichts aus uns, sondern alles durch Ihn. Er hat Gestalt in uns gewonnen, sodass Er angestaunt wird und Ihm die Verherrlichung gegeben wird, denn Ihm gebührt sie auch.

Mögen wir uns heute schon angesichts dieser herrlichen Erwartung nicht in uns, sondern in Ihm rühmen, in unserem herrlichen Herrn Christus Jesus! »Die Vorahnung der Schöpfung wartet [schon] auf die Enthüllung der Söhne Gottes. Denn die Schöpfung wurde der Eitelkeit untergeordnet (nicht freiwillig, sondern um des Unterordners willen) in der Erwartung, dass auch die Schöpfung selbst befreit werden wird von der Sklaverei der Vergänglichkeit der Kinder Gottes« (Röm.8:19-21). Mögen wir mit unserem ganzen Bewusstsein in der Erwartung unserer Enthüllung als Söhne Gottes leben und auch auf diese Weise auf das droben sinnen, damit wir nicht beraubt weggeführt werden durch Philosophie und leere Verführung gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundregeln der Welt.

In Liebe hat Gott uns für Sich zu Seinen Söhnen neben Seinem Sohn, dem Einen, vorherbestimmt, nach dem Wohlgefallen Seines Willens, zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade, die uns in dem Geliebten begnadet (Eph.1:5,6; Gal.3:26; 4:6). Mögen wir es folglich geradezu als unsere Bestimmung erkennen, zum Lobpreis der Herrlichkeit der Gnade Gottes und zum Lobpreis Seiner Herrlichkeit überhaupt da zu sein, die wir eine solche herrliche Erwartung in Christus haben. Ja, der Lobpreis sei unserem Gott und Vater, der uns in Seinem geliebten Sohn mit dem überströmenden Reichtum Seiner Gnade beschenkt hat.

 

 

Legt den alten Menschen ab und zieht den jungen an (Kol.3:5-11)

Der Apostel Paulus hat den Kolossern das Geheimnis Christi, nämlich Seine Größe und Herrlichkeit, vor Augen geführt. Dieses Geheimnis schließt unter anderem folgende herrlichen Aussagen ein:

Christus, der Sohn der Liebe Gottes, ist das Abbild des unsichtbaren Gottes und der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung (Kol.1:13,15). Das All ist in Christus, durch Ihn und zu Ihm hin erschaffen, und Er ist vor allem, und das All besteht in Ihm (Kol.1:16,17). Er ist das Haupt der Körperschaft, der herausgerufenen Gemeinde, deren Anfang Er ist als Erstgeborener aus den Toten, sodass Er in allem der Erste werde, da die gesamte Vervollständigung ihr Wohlgefallen daran hat, in Ihm zu wohnen und durch Ihn das All mit Gott auszusöhnen, indem Er durch das Blut Seines Kreuzes Frieden macht (Kol.1:18-20). Christus ist das Erwartungsgut der Herrlichkeit (Kol.1:27); in Ihm soll jeder Mensch zur Reife gelangen (Kol.1:18); in Christus sind uns alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis erschlossen (Kol.2:3). In Ihm wohnt die gesamte Vervollständigung der Gottheit körperlich (Kol.2:9). In Ihm sind auch wir selbst vervollständigt (Kol.2:10). Christus ist das Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit (Kol.2:10). Das All wird in Ihm aufgehauptet werden (Eph.1:10). Des Weiteren schreibt Paulus, und zwar in den Versen 11-13 des vorangehenden Kapitels, dass wir zusammen mit Christus gekreuzigt, begraben und auferweckt worden sind.

Wenn es nun aber so ist, dass wir das Geheimnis des Christus offenbart bekamen und wir zusammen mit Ihm auferweckt wurden, so hat das Konsequenzen für unser gesamtes Denken und Beten, Wandeln und Dienen. Dann sinnen wir nämlich nach droben, wo unser Herr Christus Jesus ist, zur Rechten Gottes sitzend; wir sinnen auf das, was Er will. Dann sind wir stets mit Lobpreis und Dank erfüllt. Dann wandeln wir als Auferweckte nicht mehr nach der Weise der alten Menschheit, die doch gestorben ist, sondern in Neuheit des Lebens, dem Geist Gottes gemäß, der neuen Schöpfung gemäß, die da in Christus ist. Dann dienen wir Gott als Lebende in Christus Jesus. Der Apostel Paulus beschreibt die Konsequenzen in Kolosser 3:1,2 mit den Worten: »Wenn ihr nun zusammen mit Christus auferweckt wurdet, suchet das droben, wo Christus ist, zur Rechten Gottes sitzend! Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden!« Und dann gibt er uns die praktischen Anweisungen, mit denen wir uns sogleich befassen wollen: Ertötet in euren Gliedern, was an die Erde bindet (Vers 5)! Legt alles üble Wesen ab (Vers 8)! Ziehet innigstes Mitleid, Güte, Demut, Sanftmut und Geduld an (Vers 12)!

Paulus nimmt aber, bevor er uns zu einem neuen Verhalten auffordert, noch auf eine Verheißung Bezug, und zwar in den Versen 3 und 4: »Denn ihr starbet, und euer Leben ist zusammen mit Christus in Gott verborgen. Wenn aber Christus, unser Leben, geoffenbart wird, dann werdet auch ihr zusammen mit Ihm in Herrlichkeit offenbart werden.« Eine solche Verheißung muss uns ändern! Wie es auch 2.Korinther 7:1 sagt: »Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, wollen wir uns von jeder Besudelung des Fleisches und auch des Geistes reinigen und unsere Heiligkeit in der Furcht Gottes vollenden.« Die Verheißung, zusammen mit Christus beim Antritt Seiner Herrschaft über die Erde in Herrlichkeit offenbart zu werden, sodass alle erkennen, dass wir Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte sind, sollte uns wirklich bewegen, uns zu reinigen und abzulegen, was an die Erde bindet. Die Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes, der die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes ist, müsste eigentlich dazu führen, dass wir uns des Herrn würdig verhalten und uns in der Furcht Gottes heiligen. »Dies ist der Wille Gottes, eure Heiligung« (1.Thess.4:3). Und zu diesem Zweck und damit der Wille Gottes erfüllt werde, hat Er uns Christus Jesus zur Heiligung gemacht (1.Kor.1:30).

Seien wir somit stets unseres Herrn Christus Jesus eingedenk, Seiner Größe und Herrlichkeit und unserer herrlichen Zukunft bei Ihm inmitten der Überhimmlischen; dann werden die folgenden Ermahnungen des Apostels Paulus bei uns auf fruchtbaren Boden fallen. Mögen wir nie vergessen, dass unser Bürgertum in den Himmeln ist (Phil.3:20), denn dann werden wir uns bemühen, unseren Wandel auf Erden im Einklang mit dieser Tatsache zu führen.

 

 

 

Ertötet!

Der Apostel Paulus schreibt in Vers 5: »Ertötet daher in euren Gliedern, was an die Erde bindet: Hurerei, Unreinheit, Leidenschaft, üble Begierde und Habgier, welche Götzendienst ist ...« Das Wort »ertöten« fordert von uns das entschlossene und entschiedene Handeln, das, was sich in unseren Gliedern regen mag, wie im Tode zu halten und all diesem kein Lebensrecht einzuräumen. Es darf nicht zum Zuge kommen. Diese Begierden des Fleisches würden unsere Sinne in das Irdische verstricken, sodass wir kaum noch zu unserem Gott und Vater aufsehen könnten. Wir würden immer abgestumpfter, würden Unbewährte im Glauben, bis wir uns fragten, ob wir überhaupt noch mit Christus verbunden seien.

Als erstes nennt Paulus die Hurerei. Hurerei ist Geschlechtsverkehr ohne verheiratet zu sein. Diese Sünde greift tief in die Psyche ein und entwertet eine eventuell folgende Ehe grundlegend. Deshalb sagt Paulus in 1.Thessalonicher 4:3-5,8: »... dies ist der Wille Gottes, eure Heiligung, euch fernzuhalten von aller Hurerei, dass ein jeder von euch wisse, sein eigenes Gefäß zu erwerben in Heiligung und Ehrbarkeit, nicht in leidenschaftlicher Begierde ... Wer dies ablehnt, lehnt nicht einen Menschen ab, sondern Gott, der Seinen Geist, den heiligen, in euch gibt.«

Als zweites wird die Unreinheit genannt. Dazu gehören die Homosexualität und andere Perversitäten.

Dann folgt die Leidenschaft. Sie ist ein heftiges, von innerer

Spannung geprägtes Verlangen, eine suchtartige Bindung an Dinge, die an sich nicht verwerflich sein müssen. Wenn die Leidenschaft sich aus unreiner Quelle speist, kann sie zur üblen Begierde werden, dem vierten Punkt in der Aufzählung. Dann folgt die Habgier, welche Götzendienst ist, »weswegen der Zorn Gottes auf die Söhne der Widerspenstigkeit kommt« (Vers 6). Manch einer tarnt seine Habgier und nennt sie Sparsamkeit. Für manch anderen ist die Begierde, um jeden Preis schnell reich zu werden, sogar eine Tugend. Wir jedoch sollten unterscheiden können, welcher Geist uns leitet, und erkennen, dass Habgier Götzendienst ist. Götzendienst ist alles, was sich gegen Gott erhebt, alles, was uns wichtiger als Gottes Sache ist. Ein Habgieriger vertraut auf die Dinge der Welt und nicht auf Gott. Das kann Gott nicht gefallen. Über die Ungläubigen kommt deshalb der Zorn Gottes.

Über uns, die wir von Gott berufen sind, kommt er nicht, denn wir sind nicht zum Zorn gesetzt und werden aus des Zornes Kommen geborgen (1.Thess.1:10; 5:9). Doch würde uns die Habgier tief in Sünde verflechten, wie in 1.T.imotheus 6:9,10 zu lesen: »Die aber beabsichtigen, reich zu werden, fallen in Versuchung und eine Falle und in viele unvernünftige und schädliche Begierden, welche die Menschen in Ruin und Untergang versumpfen. Denn eine Wurzel aller Übel ist die Geldgier; nach der etliche streben, dadurch vom Glauben abgeirrt sind und sich unter vielen Schmerzen von allen Seiten versuchen lassen.« Außerdem werden die Habgierigen unter uns nicht mit Christus regieren; sie werden zwar in das überhimmlische Königreich Christi versetzt (2.Tim.4:18), werden aber nicht an Seiner Königsherrschaft teilnehmen. Hören wir dazu Epheser 5:3-5: »Hurerei aber und Unreinheit jeder Art oder Habgier werde nicht einmal genannt unter euch, so wie es Heiligen geziemt, ebensowenig Schandbarkeit und törichtes Geschwätz oder Witzelei, die sich nicht gebühren, sondern vielmehr Danksagung. Denn dies wisst und erkennt ihr, dass kein Hurer, Unreiner oder Habgieriger (er ist ja ein Götzendiener) ein Losteil in der Königsherrschaft Christi und Gottes hat.« So steht es auch in 1.Korinther 6:9,10. Zudem sind wir gehalten, mit Geschwistern in Christus Jesus, die Hurer, Habgierige, Götzendiener, Schimpfer, Trinker oder Räuber sind, keinen Umgang zu haben, ja mit solchen nicht einmal zu essen (1.Kor.5:11).

Paulus schreibt zu den genannten Sünden in Vers 7: »In diesen Sünden seid auch ihr einst gewandelt, als ihr noch in ihnen lebtet.« Ja, als wir noch in der Welt und ihren Begierden lebten, als wir noch nicht berufen, begnadet und gesegnet waren, da herrschte die Sünde in uns und zeichnete unseren Wandel. Die Sünde herrscht allerdings auch noch weiter in den Heiligen, die nicht um ihr Mitgekreuzigtsein wissen und nicht damit rechnen, der Sünde gegenüber tot zu sein, und sich nicht Gott zum Dienst bereitstellen (Röm.6:6,11,13; 12:1). Wer Gott nicht dient, sklavt der Sünde.

Nun haben wir gerade aus Vers 7 erfahren, dass die Kolosser nicht mehr in diesen Sünden wandeln. Gleichwohl ist die Ermahnung des Apostels »Ertötet in euren Gliedern, was an die Erde bindet« erforderlich, denn das Fleisch ist unverbesserlich (Röm.7:18) und muss deshalb allezeit und fortwährend wie im Tode gehalten werden.

Legt ab!

 

Wir verlassen nun die Sünden des Begehrens und betrachten die Sünden der heftigen Erregung. Vers 8 lautet: »Nun aber legt auch ihr das alles ab: Zorn, Grimm, übles Wesen, Lästerung, Schimpfworte aus eurem Mund.« Legt ab, hört auf damit: mit dem Zorn, diesem leidenschaftlichen Unwillen, mit dem Grimm, diesem verhaltenen Zorn, mit dem üblen Wesen, dem Übelwollen, denn »wes das Herz voll ist, des geht der Mund über« (Mat.12:34), und zwar in Lästerung, der Beschimpfung hochgestellter Personen oder als unantastbar geltender Dinge, und in Schimpfworten oder Schandworten, dem schamlosen Reden, dem Schmähen und Beleidigen mit heftigen Worten. Legt das alles nun aber ab, zeigt, dass ein Unterschied ist zwischen dem Einst und dem Jetzt. — Wie schon erwähnt, werden Schimpfer kein Losanteil an der Königsherrschaft Gottes erhalten (1.Kor.6:10).

Der alte und der junge Mensch

 

Und nun merke man auf, was Paulus in den Versen 9 und 10 schreibt: »Belügt einander nicht, habt ihr doch den alten Menschen samt seinen Handlungen abgestreift und den jungen angezogen, der zur Erkenntnis nach dem Bilde dessen erneuert wird, der ihn erschaffen hat...«

Was ist der alte Mensch? Was der junge? — Zunächst sei angemerkt, dass man auch »alte Menschheit« und »junge Menschheit« sagen kann. Es ist der Typus des Menschen gemeint. Die Heilige Schrift kennt nur diese zwei Typen des Menschen: den alten Menschen, Adam steht für ihn, und den jungen oder neuen Menschen, Christus steht für ihn. Um die Grundlinien der Heilsgeschichte zu erschließen, genügt es, Adam und Christus gegenüberzustellen. Paulus tut dies in Römer Fünf und 1.Korinther 15. So sagt er in Römer 5:15-19, dass aufgrund der einen Kränkung Gottes durch Adam die vielen starben, aber das Gnadengeschenk Jesu Christi in die vielen Versöhnten überfließt. Das Urteil führte von dem einen, Adam, aus in die Verurteilung der vielen, die Gnadengabe aber von vielen Kränkungen aus in den Rechtsspruch. »Demnach nun, wie es durch die eine Kränkung für alle Menschen zur Verurteilung kam, so kommt es auch durch den einen Rechtspruch (über die Sünde am Kreuz) für alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens. Denn ebenso wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen als Sünder eingesetzt wurden, so werden auch durch den Gehorsam des Einen dieselben vielen als Gerechte eingesetzt werden.« Und in 1.Korinther 15:45-48 schreibt Paulus: »So steht auch geschrieben: Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele, der letzte Adam (Christus) zu einem lebendig machenden Geist. Jedoch kam nicht zuerst das Geistliche, sondern das Seelische, und darauf das Geistliche. Der erste Mensch ist aus Erde, von Erdreich; der zweite Mensch ist der Herr aus dem Himmel. Derart wie der von Erdreich ist, solcher Art sind auch die von Erdreich; und derart wie der Überhimmlische ist, solcher Art sind auch die Überhimmlischen.«

Die alte Menschheit ist zusammen mit Christus gekreuzigt worden; sie hat ihr Urteil erhalten (Röm.6:6a). Paulus wird von der Liebe des Christus gedrängt, festzustellen, »dass, wenn der Eine für alle starb, sie demnach alle starben« (2.Kor.5:14). Allerdings können nur die Gläubigen den Gewinn aus dieser Tatsache ziehen, nämlich dass der Körper der Sünde unwirksam gemacht werde und wir nicht mehr der Sünde versklavt seien (Röm.6:6b). Außerdem wissen wir, dass wir in den Tod Christi Jesu begraben wurden, damit, ebenso wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt wurde, also auch wir in Neuheit des Lebens wandeln mögen (Röm.6:4). Wir, die wir in Christus sind, sind eine neue Schöpfung (2.Kor.5:17). Wir gehören nicht mehr der alten Menschheit an, sondern der neuen. Das ist unser Stand vor dem Angesicht Gottes in Christus Jesus in der Gnade.

 

 

 

 

Daraus folgt ein entsprechender Wandel

 

Unser Gnadenstand als neue oder junge Menschen soll nun auch unser Verhalten bestimmen. Wir sollen unserer geistlichen Stellung

als junge Menschen gemäß wandeln und nicht mehr länger dem alten Menschen gemäß. Dazu fordert uns der Apostel Paulus im Epheserbrief auf. Diese wichtige Parallelstelle in Epheser 4:20-25 lautet: »Ihr jedoch habt Christus nicht so kennengelernt, wenn ihr Ihn nämlich gehört habt und in Ihm gelehrt wurdet (so wie in Jesus Wahrheit ist), dass ihr das frühere Verhalten ablegt, die alte Menschheit (die sich durch verführerische Begierden selbst ins Verderben bringt), und im Geist eures Denksinns verjüngt werdet und die neue Menschheit anzieht, die Gott gemäß erschaffen wird in Gerechtigkeit und huldvoller Heiligkeit der Wahrheit. Darum legt die Lüge ab und redet Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten; denn wir sind untereinander Glieder.« — Gott wird die neue Menschheit erschaffen; sie wird beim Abschluss der Äonen alle Menschen umfassen; wir, die wir zur Rettung vorgezogen sind (2.Thess.2:13), sind Erstlinge der neuen Menschheit. Uns darauf berufend, dass wir zur neuen Menschheit gehören, sind wir in der Lage, der Aufforderung, die alte Menschheit abzulegen und die neue anzuziehen, im Alltag zu folgen. Das Ablegen muss immer wieder geschehen, sobald wir an uns Charakterzüge Adams erkennen; dann gilt es, sofort die Gesinnung Christi Jesu anzulegen, der Sich erniedrigte bis zum Kreuzestod.

Den Kolossern unterstellt Paulus, dass sie dies im Grundsatz bereits vollzogen haben, und er erinnert sie daran, in allem dementsprechend zu wandeln: »Belügt einander nicht«, schreibt er ja, »habt ihr doch den alten Menschen samt seinen Handlungen abgestreift und den jungen angezogen ...« Genau daran ist immer zu denken, und darauf ist Acht zu geben, damit keine Rückfälle passieren.

Zur Erkenntnis erneuert

 

Wenden wir uns nun Vers 10 zu; da ist von dem jungen Menschen die Rede, den wir angezogen haben und »der zur Erkenntnis nach dem Bilde dessen erneuert wird, der ihn erschaffen hat ...« Der junge Mensch ist bereits erschaffen; er ist da, auch wenn er im Alltag noch zu verwirklichen und insgesamt gesehen noch in der Erschaffung begriffen ist. Den jungen Menschen haben wir auch bereits angezogen — mit den Worten von Galater 3:27 gesprochen: Wir haben Christus angezogen! Demnach wird der junge Mensch zur Erkenntnis nach dem Bild Christi erneuert. Die neue Menschheit ist schließlich das Abbild Christi. In Sein Bild hinein werden wir umgestaltet.

Wie ist die Aussage zu verstehen, dass der junge Mensch »zur Erkenntnis« erneuert wird? — Die Umgestaltung gemäß dem Bild Christi erfolgt nicht ohne Erkenntnis. Wir werden zur rechten Erkenntnis darüber, wie wir wandeln sollen, erneuert, um mit dem Bild Christi übereinzustimmen. Wer dagegen zornig oder grimmig ist, lästert oder schimpft, bildet seinen Herrn in der Praxis nicht ab, denn ihm mangelt es an der Erkenntnis Christi; er hat das Evangelium Gottes über Seinen Sohn in seinem Wesen der Gerechtigkeit und Versöhnung noch nicht verstanden. Er bedarf der Erneuerung seiner Erkenntnis; er bedarf der folgenden Ermahnung: »Ich spreche euch nun zu, Brüder (im Hinblick auf die Mitleidserweisungen Gottes), eure Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen (als euren folgerichtigen Gottesdienst) und euch nicht auf diesen Äon einzustellen, sondern euch umgestalten zu lassen durch die Erneuerung eures Denksinns, damit ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei — der gute, wohlgefällige und vollkommene« (Röm.12:1,2). Wenn ein Gläubiger aber diese Ermahnung beherzigt hat und in all den Problemen und Nöten dieser Erde seinen Blick des Glaubens auf die Liebe und Gnade unseres Gottes und Vaters und auf die Herrlichkeit des Herrn gerichtet hat und sein Denksinn auf diese Weise erneuert wurde, dann darf er die Erfahrung machen, dass er die Herrlichkeit des Herrn widerspiegelt und in dessen Bild umgestaltet wird von Herrlichkeit zu Herrlichkeit gleichwie von des Herrn lebendig machendem Geist (2.Kor.3:18).

In Christus keine Unterschiede

 

In Vers 11 heißt es weiter: »... wo es keinen Griechen und Juden gibt, weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit, weder Barbaren noch Skythen noch Sklaven noch Freie, sondern alles und in allen Christus.« Wo gibt es weder Griechen noch Juden, weder diese noch jene? — In der neuen Menschheit gibt es nichts Trennendes mehr. Die alte Menschheit ist ja von Gegensätzen durch und durch zerrissen; da gibt es Gegensätze der Rasse — Paulus nennt Griechen und Juden; da gibt es religiöse Gegensätze — Paulus nennt Beschneidung und Unbeschnittenheit; da gibt es kulturelle Unterschiede — hier werden Barbaren und Skythen erwähnt; und es gibt Unterschiede im sozialen Stand — Paulus führt Sklaven und Freie an. In der neuen Menschheit aber besteht zwischen den Gruppen keine Feindschaft mehr; die Glieder der herausgerufenen Gemeinde sind eben wirklich aus der Welt herausgerufen und erkennen und achten einander als solche, die allesamt einen Herrn und Retter und einen gemeinsamen Gott und Vater haben; sie sehen sich als solche, denen Gott in Christus ohne Unterschied Gnade erwiesen hat und werden daher gegeneinander gütig und im Innersten wohlwollend und erweisen einander Gnade (Eph.4:32).

Es sei kurz erklärt, wer die Skythen waren: Die Skythen waren indogermanische Nomadenstämme in den Steppen der Ukraine und Südrusslands; ihre Sprache war dem Persischen verwandt; sie galten im Altertum als die unzivilisiertesten Menschen. Dieses Reitervolk berannte im 8. und 7. Jahrhundert v.Chr. den Vorderen Orient. Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit in Jeremia 6:22-24 als das Volk aus dem Norden, als die große Nation vom äußersten Ende der Erde erwähnt.

Nur Christus!

Vers 11 endet mit den Worten: »... sondern alles und in allen Christus.« Betrachten wir zunächst die erste Aussage: Alles ist Christus! Alles ist Christus, das heißt: Es gibt keinen Juden und keinen Griechen mehr, sondern nur noch Christus, dessen Glieder allesamt sind. Aus Epheser 2:11-18 geht hervor, dass Christus die Feindschaft aufgehoben hat, die zwischen den beiden Gruppen der Gläubigen des Evangeliums des Apostels Paulus, den Juden und den Nichtjuden, in den paulinischen Gemeinden bestand. Christus hat die zwei in Sich Selbst zu einer neuen Menschheit erschaffen, indem Er die beiden in einem Körper durch das Kreuz mit Gott aussöhnte. Aus dem Galaterbrief erfahren wir dazu: »Ihr alle, die ihr in Christus hineingetauft worden seid, habt Christus angezogen. Da gibt es weder Juden noch Griechen, weder Sklaven noch Freie, weder männlich noch weiblich; denn ihr seid allesamt Einer in Christus Jesus« (Gal.3:27,28). Und in Galater 6:15 ist zu lesen: »In Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit etwas, sondern nur eine neue Schöpfung«.

Die zweite Aussage am Ende von Vers 11 ist: Christus ist in allen. Christus wohnt in den Seinen. Da ist keiner ausgeschlossen. Eine Diskriminierung eines anderen Heiligen wäre eine Herabsetzung Christi, der doch alles in allen Gliedern Seines Körpers ist, und so Er es noch nicht ist, werden wird. Gott wird alles in allen sein, sagt Paulus uns in 1.Korinther 15:28. Hier im Kolosserbrief, der die Größe und Herrlichkeit Christi zum Thema hat, wird hervorgehoben, dass Christus uns alles sei. Christus wiederum ist die gesamte Vervollständigung Gottes (Kol.1:19; 2:9).

Nach alledem, was wir gehört haben, sei unserem Gott und Vater in Christus Jesus unser Lobpreis und Dank und unsere Verherrlichung dargebracht; Er erneuert uns zur Erkenntnis nach dem Bild Christi, damit dieser uns alles werde!

 

 

Ziehet die Liebe an

(Kol.3:12-17)

 

Der Apostel Paulus schreibt in Kolosser 3:12: »Daher ziehet an als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte: innigstes Mitleid, Güte, Demut, Sanftmut, Geduld.« Er beginnt mit dem Wort »daher«; man kann auch »folglich« sagen. Seine Aufforderung, bestimmte Verhaltensweisen anzuziehen, ist also in vorangehenden Aussagen begründet.

In Kolosser 3:1,2 hat er geschrieben, dass wir zusammen mit Christus auferweckt wurden und somit auf das droben sinnen sollen. Weil wir mit Christus auferweckt wurden, deshalb sollen wir die genannten Tugenden anziehen. Wer auf das droben sinnt, der zieht diese an. Auch Vers 4 begründet die Aufforderung; hiernach werden wir zusammen mit Christus in Herrlichkeit offenbart werden, wenn Er die Herrschaft über die Erde antritt; deshalb ziehet an: innigstes Mitleid, Güte, Demut, Sanftmut und Geduld. Die dritte das »Daher« begründende Aussage steht am Ende von Vers 11, also unmittelbar vor dem Schriftabschnitt, den wir betrachten. Da heißt es: »... alles und in allen Christus.« Christus hat den jungen Menschen (oder: die neue Menschheit) erschaffen (Vers 10). In ihr gibt es keine Unterschiede mehr zwischen Griechen und Juden, denn alles ist Christus, dem sie alle angehören. Daher legt ab, was trennen kann, und zieht die Eigenschaften Christi Jesu an. »Alles ist Christus« war die eine Aussage, »in allen ist Christus« ist die andere. Da in allen Christus ist, bringt Ihn zum Ausdruck, und ziehet zu diesem Zweck Seine Gesinnung an.

Ein weiterer Grund, warum wir so und nicht anders wandeln sollen, steht in unserem Vers 12 selbst, denn es heißt: Ziehet an als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte. Mit welch einer Würde und Liebe wir doch angesprochen werden! Als Auserwählte, Heilige und Geliebte Gottes können wir eigentlich nur die genannten Charakterzüge angezogen haben.

 

 

 

Als Auserwählte Gottes

 

Wir sind Auserwählte Gottes. Gott hat uns aus der Mitte der übrigen Menschen erwählt. Wann war das? — Hierzu gibt Epheser 1:4 Auskunft: Er hat uns in Christus vor dem Niederwurf der Welt auserwählt, vor der Verwüstung der Erde, als sie ein Chaos und inhaltslos wurde, wie in 1.Mose 1:2 berichtet. In Christus geschah unsere Auserwählung, den der Vater schon ebenfalls vor dem Niederwurf der Welt als gekreuzigt vorhererkannt hatte (1.Pet.1:20; vgl. Offb.13:8). Aus welchem Grund erwählte Er gerade dich und mich? – Allein aus der Gnade und zur Darstellung Seiner Gnade. Nach welchem Kriterium erwählte Er uns? – Nur nach Seinem eigenen Vorsatz, wie wir aus 2.Timotheus 1:9 wissen: »Gott hat uns gerettet und berufen mit heiliger Berufung, nicht nach unseren Werken, sondern nach Seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor äonischen Zeiten gegeben ist.« Bereits vor den Äonen hatte Gott Seine Weisheit – Gottes Weisheit ist Christus, und dieser als gekreuzigt – zu unserer Herrlichkeit vorherbestimmt (1.Kor.2:7). Wie sehr sind wir doch als Auserwählte in Christus gesegnet!

Als Heilige

 

Wir sind Heilige. Heilige sind solche, die Gott angehören; sie sind Sein Eigentum und somit für andere unantastbar. Heilige sind Gott geweihte Menschen. Er Selbst hat uns geheiligt. In Christus Jesus sind wir Geheiligte (1.Kor.1:2). Alle Gläubigen sind Heilige. Das Anliegen der Heiligen ist es normalerweise, sich entsprechend ihrer Heiligkeit auch in der Lebensführung zu heiligen, das heißt, Unreines abzulegen und die göttlichen Wesenszüge anzuziehen, sich Gott zum Dienst bereitzustellen und alles zu tun, was ihren Schöpfer und Retter verherrlicht. Paulus ermahnt uns, die Heiligen, die so sehr Geliebten, in 2.Korinther 7:1, uns von jeder, ja jeder Besudelung des Fleisches und auch des Geistes (etwa durch schlechten Umgang, schlechte Bücher und Filme) zu reinigen und so unsere Heiligkeit in der Furcht Gottes zu vollenden. Wie sehr sind wir doch als Heilige von der Welt abgesondert für Gott, und wie sehr erachtet Er uns Seiner wert!

Als Geliebte Gottes

 

Wir sind Geliebte Gottes. Diese Liebe ist kaum zu beschreiben. Gott ist Liebe. Er kann gar nicht anders handeln als nur liebevoll. »In Liebe hat Er uns für Sich zum Sohnesstand durch Christus Jesus vorherbestimmt, nach dem Wohlgefallen Seines Willens, zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade, die uns in dem Geliebten begnadet« (Eph.1:5,6). Überströmend reich begnadet sind wir in dem geliebten Sohn, in dem, den der Vater über alle Maßen liebt. Die Schöpfung geschah aus Liebe, denn das All ist in dem Sohn Seiner Liebe erschaffen (Kol.1:13,16). Aus Liebe gab Er Seinen Sohn dahin und gab Sich auch Christus Selbst dahin, wie in Epheser 5:1,2 beschrieben: »Als geliebte Kinder werdet nun Nachahmer Gottes und wandelt in Liebe, so wie auch Christus euch liebt und Sich Selbst für uns als Darbringung und Opfer für Gott daingegeben hat, zu einem duftenden Wohlgeruch.« Aus Liebe erfolgt auch die Rettung aller Menschen, vor allem der Gläubigen (1.Tim.4:10), und die Aussöhnung des Alls (Kol.1:20). Anbetung und Verherrlichung sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns offenbart, dass wir Seine Geliebten sind. – Auch wenn wir mit Schmerzen auf dem Krankenbett liegen? – Ja, auch dann, »denn ich bin überzeugt«, so sagt der Apostel Paulus in Römer 8:35,38 und 39, dass weder »Drangsal noch Druck und Verfolgung, Hunger oder Blöße, Gefahr oder Schwert« und »weder Tod noch Leben, weder Boten noch Fürstlichkeiten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Mächte, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendeine andere Schöpfung uns werden scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.«

Nun ziehet an

 

Ihr Auserwählten Gottes, ihr Heiligen, ihr Geliebten Gottes, ziehet nun an: innigstes Mitleid, Güte, Demut, Sanftmut und Geduld. Dieser fünf Tugenden unsererseits bedürfen unsere Brüder und Schwestern in Christus, dazu auch unsere nichtberufenen Kollegen, Nachbarn, Verwandten und Bekannten. Alle Menschen sehnen sich danach, dass wir ihnen mit diesen charakterlichen Eigenschaften begegnen.

Wer innigstes Mitleid übt, bezeugt damit seinen Gott und Vater, der voll Mitleid ist. Prüfen wir uns, ob wir voll innerer Anteilnahme am Leid anderer sind, so wie es unseren Herrn Jesus der Scharen jammerte, die umhergestoßen waren wie Schafe, die keinen Hirten haben (Mat.9:36).

Güte ist die Gesinnung der Milde und des Wohlwollens.

Üben wir Demut? Achtet jeder von uns den anderen sich selbst für überlegen (Phil.2:3)? Sinnen wir wirklich nicht auf in der Welt als Hohes Geltendes, sondern gesellen wir uns zu den Niedrigen (Röm.12:16)?

Prägt uns die Sanftmut und Lindigkeit des Christus, sodass wir in dieser Gesinnung zusprechen können (2.Kor.10:1)?

Helfen wir den von einer Kränkung übereilten Geschwistern als geistlich Gesinnte im Geist der Sanftmut wieder zurecht (Gal.6:1)? Erziehen wir die Widerstrebenden in Sanftmut, ob ihnen Gott nicht Umsinnung gebe, um zur Erkenntnis der Wahrheit zu kommen, damit sie wieder ernüchtert werden und aus der Falle des Widerwirkers gelangen, zu desselben Willen sie von ihm lebendig gefangen sind (2.Tim.2:25,26)? Erzeigen wir allen Menschen jede Sanftmut (Tit.3:2)?

Haben wir Geduld oder Langmut? Können wir Unangenehmes oder sehr lange Dauerndes ruhig ertragen? Mit Epheser 4:1,2 spricht Paulus uns zu, würdig der Berufung zu wandeln, mit aller Demut und Sanftmut, mit Geduld einander in Liebe ertragend.

Mögen wir als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte innigstes Mitleid, Güte, Demut, Sanftmut und Geduld anziehen und von nun an in diesen Merkmalen der Gesinnung Christi Jesu wandeln. Dank und Verherrlichung sei Ihm, der dies in uns bewirkt, unserem treuen Gott und Vater.

Gnade erweise wie auch der Herr

Den Satz von Vers 12 fortsetzend, schreibt Paulus in Vers 13: »... einander ertragend, und euch gegenseitig Gnade erweisend, wenn jemand gegen jemand anders einen Tadel hat. Wie der Herr euch Gnade erweist, so tut auch ihr es.« Ertragt einander. Ertragen ist mehr als tragen. Einen Schwachen trägt man, aber zu ertragen ist ein Belastender. Einander ertragen können wir uns nur in der Liebe; Geduld ist ebenfalls vonnöten (Eph.4:2).

Des Weiteren sollen wir uns gegenseitig Gnade erweisen, und zwar so, wie unser Herr und Retter uns allezeit Gnade erweist. Nach diesem Maßstab sollen wir es tun, wie wir auch aus Epheser 4:32 wissen: »Werdet aber gegeneinander gütig und im Innersten wohlwollend, erweist euch gegenseitig Gnade, wie auch Gott euch in Christus Gnade erweist!«

Das vollkommene Band

 

»Über dies alles aber ziehet die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist.« So lautet unser Vers 14. Die Liebe ist das Höchste. Sie ist die größte der drei bis zu unserer Entrückung bleibenden Gnadengaben Glaube, Erwartung und Liebe, ja sie wird niemals hinfällig (1.Kor.13:8,13). Sie ist der alles überragende Weg im Umgang mit den Menschen (1.Kor.12:31). »Die Liebe ist geduldig, sie ist gütig; die Liebe ist nicht eifersüchtig; die Liebe ist nicht ruhmredig und nicht aufgeblasen. Sie ist nicht unschicklich und sucht nicht das Ihre; sie lässt sich nicht aufstacheln und rechnet das Üble nicht an. Sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber mit der Wahrheit. Alles gibt sie auf, alles glaubt sie, alles erwartet sie, alles erduldet sie« (1.Kor.13:4-7). Gott ist Liebe; wer dem anderen in dieser Liebe begegnet, bringt ihm Gott Selbst nahe. Die Liebe ist das Band der Vollkommenheit; nur sie verbindet die Menschen in vollkommener Weise. In der Liebe Gottes verbunden zu sein, heißt die Gemeinschaft der Heiligen mit Freuden erfahren.

Im Frieden Christi

 

Vernehmen wir nun in Vers 15, was bei der Abwägung mehrerer Handlungsmöglichkeiten in unseren Herzen entscheiden soll: »Und der Friede Christi sei der Schiedsrichter in euren Herzen, wozu ihr ja in einem Körper berufen wurdet, und seid dankbar dafür!« Der Friede Christi soll in uns entscheiden. Der Friede Christi ist der Schiedsrichter. Ein Schiedsrichter ist kein Preisrichter, der am Ende Preise vergibt, sondern ein Wettkampfleiter, der während des Spiels entscheidet, ob die Regeln eingehalten und gute oder weniger gute Leistungen erbracht werden. Das bedeutet für uns, im Umgang mit den Menschen im Allgemeinen und den Brüdern und Schwestern in Christus Jesus im Besonderen den Frieden Christi entscheiden zu lassen zwischen angebrachtem und nicht angebrachtem Verhalten, und unter dem, was angebracht ist, zwischen der guten Lösung und der vollkommenen Lösung. Ein Schiedsrichter greift ein und stellt zurecht. Dementsprechend ist der Friede Christi in unseren Herzen der vollkommene Maßstab für unsere Abwägungen.

In der alten Menschheit herrscht kein Friede; sie kann gar keinen Frieden halten (Röm.8:6,7). Doch die Glieder der neuen Menschheit in Christus Jesus sind miteinander ausgesöhnt. Sogar die problematischste Feindschaft innerhalb der neuen Menschheit, nämlich zwischen den jüdischen Gläubigen und denen aus den Nationen innerhalb der paulinischen Gemeinden, hat Christus aufgehoben, indem Er die beiden Gruppen in einem Körper mit Gott durch das Kreuz aussöhnte und Frieden machte (Eph.2:13-18).

Christus verbindet alle die Seinen in Seinem Frieden. Nun sei aber auch der Friede, mit dem Gott uns in Christus so reich beschenkt hat, der Schiedsrichter in unseren Herzen, damit nicht nur Streit und Entzweiung, Druck und Misstrauen keine Chance mehr haben und wir auch nicht nur gerade ausreichend handeln, sondern damit »einer den anderen in Demut sich selbst für überlegen erachtet und jeder nicht auf das Seine, sondern jeder auch auf das Wohl der anderen achtet« (Phil.2:3,4) und damit wir in der geschwisterlichen Freundschaft einander herzlich zugetan sind und in der Ehrerbietung jeder den anderen höher achtet (Röm.12:10).

Der Friede Christi ist die Kraft dafür. Ständig bezeugt uns der Geist Gottes diesen Frieden, denn er gehört zur Frucht des Geistes in uns (Gal.5:22). Mögen wir den Geist nicht dämpfen, sondern seine Frucht reifen lassen. So werden wir Frieden mit Gott haben, sofern wir erkennen, dass wir allein aus Glauben gerechtfertigt wurden ohne eigenes Zutun (Röm.5:1). So werden wir den Frieden Gottes erfahren, der allem Denksinn überlegen ist und unsere Herzen und Gedanken wie in einer Feste in Christus bewahrt, sofern wir unserem Gott und Vater alle unsere Anliegen mit Danksagung vortragen (Phil.4:6,7). So werden wir erleben, dass der Gott des Friedens mit uns ist, sofern wir alles in die Tat umsetzen, was wir von dem Apostel Paulus gelernt und erhalten, gehört und an ihm gewahrt haben (Phil.4:9).

Möge der Friede Christi uns völlig erfüllen. Dann werden wir mit allen Menschen Frieden halten (Röm.12:18) wie auch untereinander. Die Ermahnung »Haltet Frieden untereinander« (1.Thess.5:13) ist wohl nötiger, denn im Umgang mit den Geschwistern sind wir viel empfindlicher. Wer aber Frieden hält, darf sich freuen, denn der Gott der Liebe und des Friedens wird mit ihm sein (2.Kor.13:11).

»... wozu ihr ja in einem Körper berufen wurdet«, schreibt Paulus in unserem Vers 15. Nach Epheser 4:1-3 sind wir aufgefordert, würdig unserer Berufung zu wandeln, indem wir die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens halten. Unsere Berufung in den einen Körper Christi ist eine Berufung zum Frieden untereinander. Kein Körper könnte existieren, wenn seine Glieder uneins wären. Das Band, das uns vor der Entzweiung schützt, ist das des Friedens.

Der Apostel Paulus schließt den Satz in Vers 15 mit den Worten: »... und seid dankbar dafür!« Der Friede Christi ist in unseren Herzen; mögen wir in Dank dafür überfließen. Er sei der Schiedsrichter bei all unseren Überlegungen, sodass der Friede Christi sich unter uns ausbreitet. Für den Frieden in unseren Herzen und für den Frieden im Miteinander sei unserem Gott und Vater Dank über Dank gesagt durch Christus Jesus, unseren Herrn.

Der Friede Christi ist derselbe wie der Gottes, den Er uns durch Christus schenkt; weil aber der Kolosserbrief Christi Größe und Herrlichkeit darstellt, wird Er als der Stifter des Friedens in Seinem Körper hervorgehoben.

Das Wort Christi

 

Befassen wir uns nun mit dem nächsten Zuspruch für unseren Wandel in Vers 16: »Lasst das Wort Christi euch reichlich innewohnen, belehrt und ermahnt euch gegenseitig in aller Weisheit; singt Gott in Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern voll Dankbarkeit in euren Herzen.«

Reichlich sollen wir uns das Wort Christi innewohnen lassen. Was ist das Wort Christi? – Das Wort Christi ist das Wort Gottes, das der Apostel Paulus bekannt machen durfte. Paulus, der Apostel Christi Jesu, verkündigte ein anderes Wort als Petrus, der Apostel Jesu Christi. Das Wort Christi ist das Wort des erhöhten, zur Rechten Gottes sitzenden Herrn, das Er Paulus eigens enthüllt hat (Gal.1:12). Das Wort Christi ist nicht das Wort Jesu, das Er als Diener der Beschneidung (Röm.15:8) nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel sprach (Mat.15:24), sondern das Wort unseres Herrn, das Er jetzt zu den Gliedern Seines Körpers spricht, einer Körperschaft, von der bis zur Absonderung des Paulus von den Zwölf (Ap.13:2) niemals die Rede war und die erst durch Paulus nach und nach bekannt gemacht wurde. Paulus stellt in Titus 1:3 fest: Gott hat Sein Wort zu den eigenen Fristen offenbart durch die Heroldsbotschaft, mit der ich betraut wurde. (Gottes Wort ist hier zugleich Christi Wort, denn Er spricht durch Ihn.) Der Apostel Paulus ist mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit betraut, so wie Petrus mit dem der Beschneidung (Gal.2:7). Dieses Evangelium der Unbeschnittenheit ist sein, des Paulus, Evangelium. Mehrmals schreibt er »mein Evangelium« (Röm.2:16; 16:25; 2.Tim.2:8). Nur das Wort Christi – Paulus verkündigt es – zeigt uns den unausspürbaren Reichtum des Christus auf, bekundet uns unsere hohe Stellung in Christus Jesus und in Seiner Gnade und legt uns alle unsere geistlichen Segnungen inmitten der Überhimmlischen dar.

Wie erreichen wir, dass uns das Wort Christi reichlich innewohnt, nicht dürftig, nicht nur ein bisschen? – Indem wir prüfen, was wesentlich ist (Phil.1:10), und zu dem Ergebnis kommen, dass das fleißige Lesen und Hören des Wortes Christi das Wesentliche in unserem Leben ist, denn das Wort ist die Grundlage unseres gesamten Lebens, all unseres Denkens und Tuns, für unseren Wandel im Herrn und den Dienst für Ihn. Durch das fleißige Hören gesunder Wortverkündigung – viele unter uns fahren dafür Hunderte von Kilometern – und die gegenseitige Belehrung und Ermahnung, den Zuspruch und den Austausch untereinander wird uns das Wort Christi reichlich innewohnen.

Das Wort Christi möge in unserem Innersten wohnen, das heißt Besitz ergriffen haben von unserem Herzen, dem Sitz unserer Beweggründe (Mat.5:8), des Verständnisses (Mat.13:15) und der Vernunft (Mark.2:6), dem Zentrum unseres Wesens, sodass es uns völlig bestimme. Was »innewohnen« bedeutet, hat Mose schon geschildert: »Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen, und du sollst davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt und wenn du auf dem Wege gehst, wenn du dich hinlegst und wenn du aufstehst« (5.Mose 6:6,7). Nur wer vom Wort erfüllt ist, ist mit Geist erfüllt

Ein gegenseitiger Dienst

Paulus fährt in Vers 16 fort: »... belehrt und ermahnt euch gegenseitig in aller Weisheit ...« Weise ist, wer sich vor Philosophie und leerer Verführung der Menschen hütet (Kol.2:8) und Christus als Gottes Weisheit erkannt hat (1.Kor.1:24). Weise ist, wer Christus, und diesen als gekreuzigt, und unser Mitgekreuzigtsein erfasst hat (1.Kor.2:2; Röm.6:6; Gal.2:20). Weise ist, wer sich nur im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus rühmt, durch das uns die Welt gekreuzigt ist und wir der Welt gekreuzigt sind (Gal.6:14). Weise ist, wer um geistliche Weisheit gebetet hat (Eph.1:17; Kol.1:9).

Nur dann können wir belehren und ermahnen. Eine Ermahnung ist ein ernster, nachdrücklicher Zuspruch. »Ermahnt die Unordentlichen!« steht in 1.Thessalonicher 5:14. Das wird keinem leicht fallen. Deshalb baut Paulus vor und schreibt: Achtet die, die euch vorstehen im Herrn und euch ermahnen, über alle Maßen in Liebe (1.Thess.5:12,13).

Belehren kann nur, wer sich die Lehre des Apostels Paulus angeeignet hat (2.Tim.2:2). Auch die anderen Teile der Heiligen Schrift sind nur im Lichte der Paulusbriefe richtig zu erfassen. Paulus ist in der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2) der Lehrer der Nationen (1.Tim.2:7). Seiner Lehre haben wir vollends zu folgen (2.Tim.3:10). Meidet die, die anders lehren (Röm.16:17). Wenn jemand etwas Andersartiges als Evangelium verkündigt, neben dem, was Paulus lehrte, der sei in den Bann getan, auf den höre man nicht (Gal.1:6-9). Möge alle gegenseitige Belehrung in froher Gemeinschaft dazu beitragen, dass die Heiligen nicht mehr von jedem Wind der Lehre wie von brandenden Wogen hin und her geworfen werden, sondern im Glauben wachsen und gefestigt werden zu einem Wandel und Dienst zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters.

Voll Dankbarkeit

 

Nun zu Vers 16b: »... singt Gott in Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern voll Dankbarkeit in euren Herzen.« Wer sich als Auserwählter, Heiliger und Geliebter Gottes weiß, wer Gnade erweist wie der Herr uns, wer die Liebe, das Band der Vollkommenheit, angezogen hat, wer den Frieden Christi den Schiedsrichter in seinem Herzen sein lässt und das Wort Christi sich reichlich innewohnen lässt, der wird voll Dankbarkeit in seinem Herzen, dem Hort des Wortes Christi, sein und Gott singen in Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern. Die Psalmen, die wir singen, sind nicht die 150 des Alten Testaments, die gar nicht in die derzeitige heilsgeschichtliche Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes passen, sondern Lieder der Anbetung und Huldigung, die der uns geoffenbarten Größe und Herrlichkeit Christi und unseren geistlichen Segnungen in Ihm entsprechen. Unsere Erfahrungen sind anders als die Davids; er wurde aus sichtbaren Gefahren gerettet, wir erfahren die Rettung im Geist. Geistliche Lieder sind solche geistlichen Inhalts; achten wir darauf, dass wir solche singen und nicht seelische, nach Menschenmeinung gedichtet und von der Schrift abweichend. In unseren Herzen mögen diese Lobgesänge klingen.

Tut alles im Namen des Herrn Jesus Christus!

 

Der Schriftabschnitt unserer Betrachtung schließt mit Vers 17: »Und alles, was ihr auch immer tut im Wort oder im Werk – alles geschehe im Namen des Herrn Jesus Christus, und dankt Gott, dem Vater, durch Ihn.« Alles, was wir auch immer in den 24 Stunden des Tages tun, stelle sich nicht in irgendwelchen Worten und Werken dar, sondern sei Ausdruck des Wortes Christi und diene letztlich dem Werk des Herrn – ist dem so, dann geschieht es im Namen des Herrn Jesus Christus. Welch eine Würde ist uns doch gegeben, im Auftrag unseres Herrn handeln zu dürfen. Jedes noch so belanglose Gespräch kann in der Gesinnung Christi geführt werden, und mit der geringfügigsten Tat können wir Gott verherrlichen. Mögen wir unseren Wandel ständig mit dem Wort Christi vergleichen und in Übereinstimmung bringen.

Dankt!

 

»... und dankt Gott, dem Vater, durch Ihn.« Zum dritten Mal in unserem Schriftabschnitt werden wir aufgefordert zu danken. Wir können wahrhaftig unserem Gott und Vater nicht genug Dank sagen für all Seine Liebes- und Gnadenerweisungen in Christus Jesus und dafür, dass wir an Seinem Werk mitwirken dürfen und Er uns umgestalten wird von Herrlichkeit zu Herrlichkeit in das Bild Seines geliebten Sohnes. Da Christus der Mittler ist – Er ist der Mittler von allem: der Schöpfung, der Rettung, der Aussöhnung – sollen unsere Gebete stets durch Christus oder in Seinem Namen erfolgen (siehe auch Eph.5:20). Nur durch unseren Herrn können wir uns dem Vater nahen. Durch Ihn aber haben wir allezeit im Geist völlig freien Zutritt zu unserem uns von Herzen liebenden Gott und Vater (Eph.2:18).

So sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, Ihm, dem einzig und allein alle Ehre gebührt, Lobpreis, Dank und Verherrlichung in allem und für alles durch Christus Jesus, unseren Herrn!

 

 

Was sich im Herrn gebührt

(Kol.3:18-4:1)

Der Schriftabschnitt unserer Betrachtung ist von dem Begriff »im Herrn« durchzogen. Die Frauen, die Männer, die Kinder, die Sklaven und die Herren sollen »den Herrn« in ihrem gesamten Wandel im Sinn haben. »Dem Herrn« soll all ihr Tun und Lassen gelten.

Ein Herr und erst recht unser Herr, der Herr Christus Jesus, trifft Anordnungen, denen wir uns unterzuordnen haben. Unterordnung ist die einzige angemessene Haltung gegenüber unserem Herrn. Ihm gebühren Ehrfurcht und Gehorsam. Auf Ihn soll unser Denken und Handeln ausgerichtet sein, zu Seiner Verherrlichung soll jeder Tag in unserem Leben dienen.

Die Schrift unterscheidet zwischen »in Christus Jesus« und »im Herrn«. »In Christus Jesus« sind wir Geliebte, Begnadete und Gesegnete Gottes, »im Herrn« gilt es, dies auszuwirken. »In Christus Jesus« bezeichnet unsere Stellung vor dem Angesicht Gottes, unseren Stand in der Gnade – nichts konnten wir dazu tun. »Im Herrn« dagegen sind wir zum Tun aufgefordert, zum ganzen Einsatz mit voller Hingabe.

Ihr Frauen

 

Der Apostel Paulus schreibt in Kolosser 3:18: »Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter, so wie es sich im Herrn gebührt.«

Es fällt auf, dass die Anweisungen im Kolosserbrief im Gegensatz zu denen im Epheserbrief sehr knapp gefasst sind. Im Epheserbrief werden sie mit der Schöpfungsordnung und mit dem Verhalten der herausgerufenen Gemeinde ausführlich begründet. Es heißt dort: »Die Frauen sollen sich ihren eigenen Männern unterordnen, als gälte es dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der herausgerufenen Gemeinde ist. Überdies ist Er auch Retter Seiner Körperschaft. Doch wie die herausgerufene Gemeinde sich Christus unterordnet, so seien auch die Frauen in allem ihren Männern untertan« (Eph.5:22-24). Auch bei der Aufforderung an die Männer, ihre Frauen zu lieben, wird im Epheserbrief der Blick auf die Gemeinde gelenkt: »Ihr Männer, liebt eure Frauen, so wie auch Christus die herausgerufene Gemeinde liebt und Sich Selbst für sie dahingegeben hat« (Eph.5:25). Im Kolosserbrief ist aber die Sichtweise eine andere: Christi Größe und Herrlichkeit ist das Thema des Kolosserbriefs. Christi Größe und Herrlichkeit erfordern keine weitere Begründung für die Anweisungen, denn angesichts des Herrn der Herrlichkeit tut man eilends und mit freudigem Herzen, was Er sagt – um auf unseren Vers 18 zurückzukommen – »wie es sich im Herrn gebührt.«

Was gebührt, was geziemt sich im Herrn, in engster geistlicher Gemeinschaft mit dem Herrn Christus Jesus, der Seinem Vater immer in Ehrerbietung untergeordnet ist? – Für euch Frauen, dass ihr euch euren Männern unterordnet! Die Unterordnung der Frau bewahrt die Einheit der Eheleute; Widerspenstigkeit führt zu Störungen der Einheit. Unterordnung unter Gott und die Wege, die Er uns führt, sowie willige Unterordnung unter Sein Wort vermittelte schon immer tiefen Herzensfrieden. Unterordnung war aber auch schon immer ein Problem für das Fleisch. Wer nicht geistlich gesinnt ist, sondern fleischlich, kann sich Gott gar nicht unterordnen (Röm.8:7).

Unterordnung ist aber das Ziel Gottes, das Er die Äonen hindurch verfolgt. In der Vollendung nach dem Abschluss der Äonen werden die Geschöpfe nicht unumschränkte Selbstbestimmung und Unabhängigkeit haben, sondern dem Vater untergeordnet sein in Christus und darin ihre Erfüllung finden; Gott wird dann alles in allen sein (1.Kor.15:27,28). Warum aber müssen Sünde und Widerspenstigkeit sein? – Damit wir erkennen, dass jede Abwendung von Gott und jedes Unabhängigkeitsstreben nur zu Leid und Tod führen.

Die Unterordnung der Heiligen schon in diesem bösen Äon beruht auf der Erkenntnis der Schöpfungsordnung; sie ist in 1.Korinther 11:3 zusammengefasst: »Ich will euch aber noch zu wissen geben, dass eines jeden Mannes Haupt der Christus ist, das Haupt der Frau aber ist der Mann, und das Haupt des Christus ist Gott.«

Jede Frau, die sich ihrem Mann unterordnet, wandelt wie Christus, der stets Seinem Gott und Vater untergeordnet ist. Ihr Zeugnis ist geeignet, ihren Mann in der Unterordnung unter Christus zu bestärken oder auch dahin zu führen. Petrus bekundet in diesem Zusammenhang: »... ihr habt euch zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen umgewandt. Gleicherweise auch die Frauen, sie ordnen sich ihren eigenen Männern unter, damit, wenn auch einige gegen das Wort widerspenstig sind, sie durch das Verhalten der Frauen ohne Worte gewonnen werden, wenn sie euer lauteres Verhalten in der Furcht sehen. ... Euer Schmuck sei ... der verborgene Mensch des Herzens mit seinem unvergänglichen Wesen eines sanftmütigen und stillen Geistes, der vor den Augen Gottes teuer ist. Denn so haben sich auch einst die heiligen Frauen geschmückt, die sich auf Gott verließen und sich den eigenen Männern unterordneten, so wie Sara dem Abraham gehorchte, indem sie ihn ‚Herr‘ nannte« (1.Pet.2:25-3:6).

Ihr Männer

 

Wir wenden uns Vers 19 zu: »Ihr Männer, liebet eure Frauen und seid nicht bitter gegen sie.« Ihr Männer, liebet – nur das entspricht der Größe Christi. Wie sieht die Liebe aus? – »Die Liebe ist geduldig, sie ist gütig; die Liebe ist nicht eifersüchtig; die Liebe ist nicht ruhmredig und nicht aufgeblasen. Sie ist nicht unschicklich und sucht nicht das Ihre; sie lässt sich nicht aufstacheln und rechnet das Üble nicht an. Sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber mit der Wahrheit. Alles gibt sie auf, alles glaubt sie, alles erwartet sie, alles erduldet sie« (1.Kor.13:4-7). Ein solches Verhalten gebührt sich im Herrn für die Männer. Und wenn Bitterkeit aufkommt, weil die Frau eine gemeinsame Angelegenheit ohne Abstimmung mit ihrem Mann entschieden hat oder wiederholt andere Schwerpunkte setzt als der Mann wünscht, möge die Liebe alsbald wieder die Oberhand gewinnen.

Ihr Kinder

 

Paulus fährt fort: »Ihr Kinder, gehorcht den Eltern in allem; denn dies ist wohlgefällig im Herrn« (V.20). Auf dem Gehorsam ruht das Wohlgefallen des Herrn, mehr noch – wir haben hier eine feine Steigerung —, Gehorsam ist das Wohlgefällige im Herrn.

Die Parallelstelle in Epheser 6:1-3 lautet: »Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern im Herrn; denn dies ist nur gerecht. Ehre deinen Vater und deine Mutter (welches das erste Gebot mit einer Verheißung ist), damit es dir wohl ergehe und du lange lebest auf Erden«. Gehorsam

hat also nicht nur die Verheißung des zukünftigen Lebens, sondern auch des hiesigen (1.Tim.4:8).

Ihr Väter

 

Paulus schreibt weiter: »Ihr Väter, erzürnet nicht eure Kinder, sodass sie nicht verdrossen werden« (V.21). Ihr Väter, überfordert eure Kinder nicht, geht mit ihnen auch nicht unweise um, und mögen eure Entscheidungen stets sachlich begründet sein und nicht in der eigenen Ehre, andernfalls erzürnt und reizt ihr sie zum Widerspruch, und sie werden verdrossen, mutlos, stur und unempfindlich.

Ihr Sklaven

 

Im Folgenden spricht der Apostel Paulus die Sklaven an. Seine Anweisungen für sie sind ohne Weiteres auf jeden Arbeitnehmer zu übertragen.

»Ihr Sklaven, gehorcht den Herren dem Fleisch nach in allem, nicht mit Augendienerei, als den Menschen gefällig, sondern in Schlichtheit des Herzens, den Herrn fürchtend« (Vers 22). Vorgesetzte sind Teil der gottgegebenen Ordnung. Paulus spricht Timotheus vor allem andern zu, »dass Flehen, Gebete, Fürbitten und Danksagung getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in übergeordneter Stellung sind, damit wir eine ruhige und stille Lebensweise vollführen mögen in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit« (1.Tim.2:1,2). Mögen wir also keinesfalls die Ordnungsmächte, Übergeordnete und Obrigkeiten, in Frage stellen; Chaos wäre die Folge; beten und flehen sollen wir für sie. Schließlich haben Vorgesetzte Mängel und treffen fehlerhafte Entscheidungen wie jeder Mensch. Insofern wir darunter zu leiden haben, mögen wir den Zuspruch des Apostels Petrus vernehmen: »Ihr Haussklaven, ordnet euch euren Eignern in aller Furcht unter, nicht allein den guten und gelinden, sondern auch den verkehrten. Denn dies ist Gnade, wenn jemand um des Gewissens willen vor Gott Trübsale erträgt und ungerecht leidet« (1.Pet.2:18,19).

Die Grundentscheidung, die ein Arbeitnehmer zu treffen hat, ist: Diene ich den Herren dem Fleisch nach oder diene ich dem Herrn Christus Jesus? Wen fürchte ich: die Menschen oder Gott? Ist mein Herz auf das Ansehen bei den Menschen oder in Schlichtheit auf Gott ausgerichtet?

Auch ein Sklave konnte an seinem Platz Gott verherrlichen. Jeder gläubige Arbeitnehmer kann an seinem Arbeitsplatz in der Furcht Gottes handeln und damit Gottesdienst tun.

Aus der Seele

 

Vers 23 lautet: »Alles, was ihr tut, wirket aus der Seele, als gälte es dem Herrn und nicht den Menschen ...« Alles, was wir tun, gilt ohnehin unserem Herrn, wenn wir gesund im Glauben sind; dann ist unser ganzes Denken und Sinnen und Handeln auf Ihn ausgerichtet, darauf, dass Ihm alles diene und alles zu Seiner Verherrlichung geschehe. Möge es vor der Preisrichterbühne von uns heißen: Du hast nicht das Deine gesucht, sondern das, was Christi Jesu ist (Phil.2:21). Nehmen wir uns die Ermahnung zu Herzen: »Ein jeder von uns suche, dem Nächsten zu gefallen, ihm zum Guten, zu seiner Auferbauung. Denn auch der Christus hat nicht Sich Selbst zu Gefallen gelebt« (Röm.15:2,3).

Die Aufforderung »Wirket aus der Seele« wundert uns sicherlich. Ähnliche Worte findet Paulus in Epheser 6:6, wonach wir als Sklaven Christi den Willen Gottes aus der Seele tun sollen, und in Philipper 1:27, wo er uns ermahnt, wie aus einer Seele gemeinsam im Glauben des Evangeliums zu wettkämpfen. Wir sind aber doch keine seelischen Menschen mehr, wir gehören doch der alten Menschheit nicht mehr an, sondern der neuen Menschheit in Christus und sind geistliche Menschen. Gewiss können geistliche Menschen sich fleischlich verhalten, also dem seelischen Menschen gemäß (1.Kor.3:1-4); aber das kann Paulus nicht gemeint haben.

Der Aufruf »Wirket aus der Seele« widerspricht nicht der Anweisung »Wandelt im Geist« (Gal.5:16), denn unser geistlicher Wandel findet seinen Ausdruck durch die Seele. Was ist die Seele? – Die Seele ist das Bewusstsein. Aufgrund der Vereinigung unseres Körpers aus Erdreich mit dem Lebensodem Gottes haben wir Bewusstsein.

Unser Körper, unser Geist und unsere Seele haben allesamt unbestritten elementare Bedeutung für den Menschen. Nun gilt es aber, dass unser Geist zunehmend vom Geist Gottes geprägt wird, vom Geist der Gnade, vom Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft (2.Tim.1:7). Und mögen wir dann durch unsere Seele und unseren Körper ausführen, wozu unser Geist uns anleitet. Ohne die Seele geht es dabei nicht. Denn die Seele vermittelt uns unsere Umwelt und alle Erfahrungen unseres Lebens, insbesondere durch Hören und Sehen wie auch durch die Empfindungen. Die Gesinnung Christi Jesu geisterfüllt im Alltag zum Ausdruck zu bringen, ist nicht in erster Linie eine Funktion des Geistes, sondern unserer Seele, die aufgrund ihrer Sinneswahrnehmungen den Mitmenschen anzusprechen vermag. Doch nicht die Seele soll uns leiten, sondern Gottes Geist. Nicht das Seelische, nicht der Eindruck, den uns die Augen vermitteln, nicht die Empfindung, die das garstige Verhalten eines Dritten uns gegenüber in uns auslöst, soll unsere Reaktion gestalten, sondern der Friede Christi.

So sind wir nun also aufgefordert, aus der Seele zu wirken, uns mit ganzem Bewusstsein einzusetzen, mit allen Sinnen, in ungeteilter Hingabe, damit unseren Nächsten, darunter auch den Vorgesetzten, die Lindigkeit Christi bekannt und unser Gott und Vater verherrlicht werde. So handeln die der neuen Menschheit Angehörenden, die geistlichen Menschen, erschaffen in Christus Jesus, unserem Herrn. So gebührt es sich im Herrn.

Der Herr wird uns alles vergelten

 

Lesen wir nun den angefangenen Satz in Vers 23 im Zusammenhang mit seiner Fortsetzung in Vers 24: »Alles, was ihr tut, wirket aus der Seele, als gälte es dem Herrn und nicht den Menschen, weil ihr wisst, dass ihr vom Herrn die Vergeltung des Losteils erhalten werdet: Dem Herrn Christus sklavet ihr!« Aufs kürzeste gesagt: ... weil ihr wisst, dass der Herr es euch vergelten wird. Wir sklaven dem Herrn Christus; selbstverständlich wird Er es uns aus Seinem Reichtum vergelten. Lassen wir es uns ruhig noch einmal in Erinnerung rufen: Alles sollen wir tun als gälte es dem Herrn, in jeder Stunde unseres Lebens; spätestens dann, wenn Er es uns reichlich vergilt, werden wir wirklich wissen, dass wir unserem Herrn Christus Jesus gedient haben.

»... weil ihr wisst ...«, so beginnt Vers 24. Wir sollen demnach wissen, dass unser Herr uns nicht unbelohnt lassen wird. Es gilt zwar unter den Menschen als edel, etwas selbstlos zu tun und jeden Gedanken an einen göttlichen Lohn zurückzuweisen, aber der Apostel Paulus denkt da anders. Er sieht einen Ansporn für einen des Herrn würdigen Wandel darin, dass wir uns bewusst sind, dass all unser Tun und Lassen am Tage Christi vergolten wird. Wir sollen wissen, dass unser Herr alle unsere Handlungen beurteilen und bewerten wird und wir wiederbekommen werden, was wir an Gutem und an Schlechtem getan haben. »Irret euch nicht«, schreibt Paulus, Gottes Gerechtigkeit ansprechend, in Galater 6:7,8, »Gott lässt Sich nicht spotten; denn was auch ein Mensch sät, das wird er auch ernten; wer aber in sein Fleisch sät, wird aus dem Fleisch Verderben ernten; wer aber in den Geist sät, wird aus dem Geist äonisches Leben ernten.« Schon hier auf Erden erntet fleischliche Saat von Gläubigen Verderben und geistliche Saat die Freude des äonischen Lebens, vollends aber vor dem Angesicht unseres Herrn Christus Jesus.

Wann und wo wird uns vergolten werden? – In 2.Korinther 5:10 steht: »Wir alle müssen vor der Preisrichterbühne des Christus offenbar gemacht werden, damit ein jeder das wiederbekomme, was er durch den Körper verübte, es sei gut oder schlecht« (vgl. auch Römer 14:10). Am Tage Christi, wenn unsere Körper verwandelt und dem Körper Seiner Herrlichkeit gleichgestaltet werden und wir zum Herrn hin entrückt und in Sein überhimmlisches Königreich versetzt werden (1.Kor.15:51-53; Phil.3:20,21: 1.Thess.4:13-18; 2.Tim.4:18), dann wird Er uns vor Seiner Preisrichterbühne offenbar machen und unsere Werke auszeichnen. Der Tag Christi soll unsere Sehnsucht sein. Weitaus mehr als wir sehnt Sich unser Herrn danach, uns, die Seinen, bei Sich zu haben. Auf den herrlichen Tag Christi sind die gereiften Gläubigen ausgerichtet, so wie Paulus in 2.Timotheus 4:7,8 sagt: »Den edlen Ringkampf habe ich gerungen, den Lauf habe ich vollendet, den Glauben (das ihm anvertraute Glaubensgut) habe ich bewahrt. Hinfort ist mir der Siegeskranz der Gerechtigkeit aufbewahrt, mit dem der Herr, der gerechte Richter, es mir an jenem Tag vergelten wird; nicht allein aber mir, sondern auch allen, die Sein Erscheinen geliebt haben.« Mögen auch wir Sein Erscheinen lieben; Er Selbst sei unsere Erwartung (1.Tim.1:1); das ist eine große Kraft für einen des Herrn würdigen Wandel und Dienst.

In Vers 24 steht, dass wir die Vergeltung des Losteils erhalten werden; das heißt, die Vergeltung, unser Lohn, besteht in dem jeweiligen Losteil, das ein jeder von uns erhalten wird. Im alten Israel war jedem Stamm durch das Los ein bestimmtes Gebiet zugewiesen worden, und auch jeder Dorfbewohner bekam jährlich einen Teil des gesamten Ackerlandes zugelost. Losteilinhaber des gesamten Alls ist der Sohn Gottes (Heb.1:2); in Ihm werden auch wir unseren Anteil bekommen. Da gibt es Siegeskränze der Gerechtigkeit, wenn wir gerecht und aus der Glaubensgerechtigkeit gehandelt haben. Da werden diejenigen, die um Christi willen litten, die Auszeichnung erhalten, mit Ihm in den beiden zukünftigen Äonen herrschen zu dürfen. Wer aber ein Hurer, Unreiner oder Habgieriger war (ein Habgieriger ist ein Götzendiener) oder ein Ehebrecher, Trinker oder Schimpfer, wird kein Losteil in der Königsherrschaft Christi und Gottes bekommen (1.Kor.6:9,10; Eph.5:5). Auch 2.Timotheus 2:11,12 sagt eindeutig: »Glaubwürdig ist das Wort: Denn wenn wir mitstarben, werden wir auch mitleben. Wenn wir erdulden, werden wir auch mitherrschen; wenn wir verleugnen, wird derselbe auch uns verleugnen.« Alle Gläubigen starben zusammen mit Christus, somit werden auch alle zusammen mit Ihm in den kommenden Äonen leben. Doch nur die, die um des Glaubens willen Nachteile erduldeten, werden mit Ihm herrschen; wer aber den Herrn durch übles Verhalten oder um irdischer Vorteile willen verleugnet hat, den wird Er in Bezug auf das Mitherrschen auch verleugnen.

Das Wiederbekommen des Ungerechten

 

Vers 25 in unserem Kolosserbriefabschnitt sei sogleich angeschlossen: »Denn wer Unrecht tut, wird wiederbekommen, was er an Unrecht getan hat; da gibt es kein Ansehen der Person.« Ergänzend sei die positive Parallele in Epheser 6:8 angeführt: »Ihr wisst, dass jeder, was er auch an Gutem tut, dies vom Herrn wiederbekommen wird, sei er nun Sklave oder Freier.« Wie schnell stehen wir in Gefahr, Unrecht zu tun, wenn wir auf unserem Recht bestehen. 1.Korinther 6:7-9 warnt uns: »Nun ist es überhaupt schon ein allgemeiner Niedergang bei euch, dass ihr miteinander Rechtshändel habt. Weshalb lasst ihr euch nicht eher Unrecht tun? Weshalb lasst ihr euch nicht eher benachteiligen? Doch ihr tut Unrecht und benachteiligt andere, und das zwischen Brüdern! Oder wisst ihr nicht, dass die Ungerechten kein Losanteil an der Königsherrschaft Gottes erhalten werden? Irret euch nicht!«

Es ist klar, dass das in Vers 25 gebrauchte Wort »wiederbekommen« auf derselben Ebene liegt wie »vergelten«, dennoch sei es näher erläutert. Das zugrunde liegende griechische Wort wird auch mit »holen« und »davontragen« übersetzt (siehe Stichwortkonkordanz zum KNT, S. 490, unter »holen«). Wer Gutes tut, wird also Lohn davontragen; der Lohn ist das Gute, das er wiederbekommt. Jeder von uns wird seinen Lohn gemäß seiner eigenen Mühe davontragen (1.Kor.3:8). Wie kann man das Schlechte, das Unrecht, wiederbekommen? – Das Wiederbekommen des Schlechten besteht darin, dass man Verlust an Lohn davontragen wird. Unrecht bringt uns keinen Lohn ein. So sieht die Vergeltung aus – wahrhaftig eine Vergeltung in der Gnade.

Bei alledem steht unsere Rettung selbstverständlich nicht in Frage, denn wir sind ja mit dem Geist Gottes versiegelt (2.Kor.1:22; Eph.1:13) und wissen aus Römer 8;30: »Die Er aber vorherbestimmt, diese beruft Er auch; und die Er beruft, diese rechtfertigt Er auch, die Er aber rechtfertigt, diese verherrlicht Er auch.« Außerdem stehen wir ja in einem Körper der Herrlichkeit und Unvergänglichkeit im Himmel vor unserem Herrn Christus Jesus, unserem Retter. Unsere Rettung ist dann erfolgt; um den Lohn nur geht es noch.

Lohn für unseren Dienst

 

Zum Lohn für unseren Dienst im Herrn schreibt der Apostel Paulus in 1.Korinther 3:10-15: »Gemäß der mir von Gott gegebenen Gnade lege ich als weiser Werkmeister den Grund, ein anderer aber baut darauf weiter. Ein jeder aber gebe Obacht, wie er darauf baue! Denn einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, und der ist Jesus Christus. Ob nun jemand auf diesem Grund Gold, Silber und kostbare Steine aufbaut oder aber Holz, Gras und Stroh: eines jeden Werk wird offenbar werden; denn der Tag wird es offenkundig darlegen, weil es in Feuer enthüllt wird. Und welcher Art eines jeden Werk ist, das wird das Feuer prüfen. Wenn jemandes Werk bleiben wird, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn erhalten. Wenn jemandes Werk verbrennen sollte, so wird er ihn (den Lohn) verwirken; er selbst aber wird gerettet werden, jedoch nur so wie durch Feuer hindurch.« Diese Worte beziehen sich auf unseren Dienst für den Herrn. Der Beurteilungsmaßstab für unser Werk im Herrn ist demnach, ob wir auf dem Grund, den der Apostel Paulus gelegt hat, gebaut haben, ob wir gemäß dem Evangelium, das Paulus eigens enthüllt wurde (Gal.1:12), dem Herrn gesklavt haben. Dienten wir, wie es sich im Herrn, den Paulus uns in Seiner Größe und Herrlichkeit geschildert hat, gebührte?

Nun wieder zurück zu den Sklaven oder Arbeitnehmern. Auch Ungehorsam gegen den Vorgesetzten wäre Unrecht, wäre Auflehnung gegen Gottes Rechtsordnung, mit der das Verhältnis zwischen Herren und Sklaven doch festgelegt ist. Da gibt es kein Ansehen der Person. Sie alle, ob Herren oder Sklaven, werden absolut gerecht beurteilt nach ihrem Gehorsam gegenüber dem Herrn Christus.

Ihr Herren

 

Unser letzter Vers, Kolosser 4:1, wendet sich an die Herren: »Ihr Herren, bietet den Sklaven Recht und Billigkeit dar, weil ihr wisst, dass auch ihr einen Herrn im Himmel habt.« Recht und Billigkeit oder Gerechtigkeit und ein Ausgleich für das Erarbeitete waren auch die Maßstäbe des Gesetzes. Mose sagte den Herren über israelitische Sklaven: »Du sollst nicht mit Gewalt über ihn herrschen und sollst dich fürchten vor deinem Gott« (3.Mose 25:43) und dass sie sie im siebenten Jahr als Freie entlassen sollen, »denn das Doppelte des Lohnes eines Tagelöhners hat er dir sechs Jahre lang erarbeitet« (5.Mose 15:18).

In Epheser 6:9 sagt Paulus, dass die Herren den Sklaven Gutwilligkeit (Eph.6:7) erweisen und das Drohen unterlassen sollen. Entscheidend für das Verhalten der Herren ist für Paulus wiederum das Wissen um den Herrn im Himmel, um den Tag Christi und um die objektive Beurteilung aller Taten vor den Augen dessen, der gerecht vergelten wird.

Fürbitte für alle

 

Vergessen wir nicht, für die in übergeordneter Stellung und überhaupt für alle Menschen zu beten, wie eingangs bereits gesagt (1.Tim.2:1,2): Und mögen sich alle Heiligen, ob sie nun Vorgesetzte oder Untergebene sind und ob sie Ehefrauen oder Ehemänner, Kinder, Väter oder Mütter sind, so verhalten, wie es sich im Herrn gebührt, im Herrn der Herrlichkeit, zum Lobpreis und zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters.

 

 

Eine Tür für das Wort

(Kol.4:2-9)

 

Der Apostel Paulus schreibt an die Kolosser: »Haltet an im Gebet und wachet darin mit Danksagung und betet zugleich auch für uns, damit Gott uns eine Tür für das Wort auftue. um über das Geheimnis Christi zu sprechen, um dessentwillen ich auch gebunden hin, damit ich es so offenbare, wie ich sprechen muss« (Kol.4:2-4).

Mit Gebet hat Paulus den Kolosserbrief angefangen. Er hat für die Kolosser gedankt. für ihren Glauben an Christus Jesus, für ihre Liebe zu allen Heiligen und für ihr herrliches Erwartungsgut in den Himmeln, und er hat für sie gebetet (Kap.1:3-5). Ja, er hat ihnen in Kolosser 1:9 geschrieben, dass er nicht aufhört, für sie zu beten und zu bitten, dass sie mit der Erkenntnis des Willens Gottes in aller geistlichen Weisheit und allem geistlichen Verständnis erfüllt würden, um des Herrn würdig wandeln zu können. Die Erkenntnis des Willens Gottes bezieht sich an dieser Stelle nicht auf unsere persönlichen Angelegenheiten, sondern auf Seinen Willen in Bezug auf Seinen Sohn, in welchem und zu dem hin das All erschaffen ist. Sie sollen erkennen, dass Gott will, dass Christus in allem der Erste werde, da die gesamte Vervollständigung Gottes ihr Wohlgefallen daran hat, in dem Sohn Seiner Liebe zu wohnen und durch Ihn das All mit Sich auszusöhnen, indem Er Frieden macht durch das Blut Seines Kreuzes (Kol.1:18-20). Nachdem der Apostel im Verlauf seines Briefes den Heiligen in Kolossä die überwältigende Größe und Herrlichkeit Christi, in welchem sie überaus gesegnet sind — sie sind sogar in Christus vervollständigt (Kap.2:10) — dargestellt hat, fordert er sie auf nun ihrerseits nicht aufzuhören mit dem Beten und der Danksagung: »Haltet an im Gebet und wachet darin mit Danksagung« (Vers 2).

An die Gläubigen in Rom hatte Paulus schon geschrieben, im Gebet anzuhalten (Röm.12:12), und in 1.Thessalonicher 5:17,18 ist zu lesen: »Betet unablässig! Danket in allem! Denn dies ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.« Allezeit und in allem und für alles (Eph.5:20) zu beten und unserem liebenden Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus zu danken, das ist die Grundhaltung eines jeden im Alltag, der sich in dem geliebten Sohn mit dem überfließenden Reichtum aller geistlichen und überhimmlischen Segnungen begnadet weiß. Selbstverständlich kann man nicht fortwährend beten, denn wir haben ja unsere täglichen Aufgaben mit Konzentration zu tun, aber in der Haltung der Unterordnung, des Vertrauens, der Dankbarkeit und des Lobpreises können wir uns dauernd befinden, und dann können wir auch jede Gelegenheit wahrnehmen zu beten. Mit dem Munde dürfte das meistens nicht möglich sein, aber im Herzen können wir immer wieder beten. Auch alle unsere Gedanken sollen wir vor dem Angesicht Gottes abwägen, sodass sie von Seinem Wort bewertet werden und der Friede Christi der Schiedsrichter in unseren Herzen werde (Kol.3:15), damit wir zu Entschlüssen kommen, die der Wahrheit und der Liebe und dem Frieden der Versöhnung Gottes mit den Menschen entsprechen. Paulus schreibt in Epheser 6:18: »Betet zu jeder Gelegenheit im Geist.« Im Geist — das heißt geistgeleitet, dem geistgehauchten Wort Gottes gemäß. »Haltet an im Gebet.« Wie hält man darin an? — Indem man nicht nachlässt und das Gebet als einen wesentlichen Teil seines Glaubenslebens würdigt. »Wachet darin.« Wie wacht man im Gebet? — Es geht hierbei darum, dass man wachsam ist und aufpasst, damit man den Kriegslisten des Widerwirkers nicht erliegt (Eph.6:11), damit uns niemand beraubt wegführe durch Philosophie und leere Verführung gemäß der Überlieferung der Menschen (Kol.2:8) und damit wir nicht vom Evangelium des Apostels Paulus, von dem Wort Gottes für die gegenwärtige Frist (Tit.1:3), abweichen. Mit Danksagung sollen wir wachen. Danksagen ist das Wesentliche. Danken hält uns wach, weil es uns mit Zuversicht und Freude erfüllt und unsere Entmutigung verhindert. Der Widerwirker will uns einreden, dass unsere Mühe im Herrn vergeblich sei und uns auf dies Weise kraftlos machen. Danken aber kräftigt uns. Viele Male fordert uns der Apostel Paulus zum Danken auf, denn die Wege Gottes sind höher als unsere und Seine Gedanken allesamt erhabener (Jes.55:9), und unser herrlicher Gott und Vater erweist uns Seine Treue und erfüllt alle Seine Verheißungen in Christus, Er bringt alle zum Ziel und vollendet alles in Herrlichkeit in Christus. Danksagung lässt uns im Gebet anhalten und darin wachen. Wo der Dank fehlt, erlahmt alles.

Paulus schreibt weiter: »... und betet zugleich auch für uns, damit Gott uns eine Tür für das Wort auftue ...« (Vers 3a). Die Fürbitte für den Apostel und seine Mitarbeiter oder auf die Gegenwart bezogen: für seine Nachahmer — alle Gläubigen sollen ihn ja nachahmen (l.Kor.11:1; Phil.3:17) — soll einen bedeutenden Teil der Gebete der Heiligen einnehmen.

Mehrfach bittet Paulus um Fürbitte, so in 2.Thessalonicher 3:1,2: »Im übrigen, Brüder, betet für uns, damit das Wort des Herrn so renne und verherrlicht werde wie auch bei euch, und dass wir vor ungehörigen und bösen Menschen geborgen werden; denn der Glaube ist nicht allen eigen«, in 1.Thessalonicher 5:25: »Brüder, betet auch für uns«, in 2.Korinther 1:10,11: »Auf den (auf Gott) verlassen wir uns, dass Er uns auch noch weiterhin bergen wird, indem auch ihr durch euer Flehen für uns hilfreich mitwirkt, damit Ihm für uns in vielen Gebeten von vielen Angesichtern wegen der uns erwiesenen Gnadengabe gedankt werde« und in Epheser 6:18-20: »In allem seid dazu (zum Beten) anhaltend wachsam, auch im Flehen für alle die Heiligen und für mich, sodass mir beim Auftun meines Mundes der rechte Ausdruck gegeben werde, um das Geheimnis des Evangeliums (das ist die Versöhnung Gottes mit der Welt) in Freimut bekannt zumachen, für das ich ein Gesandter in der Kette bin, damit ich in der Verkündigung desselben so freimütig reden möge, wie ich sprechen muss«. Somit kann man gewissermaßen sagen: Die Verkündigung des Evangeliums des Apostels Paulus wird vom Gebet getragen. Vergessen wir also nicht, für die dienenden Brüder und Schwestern zu bitten, damit das Wort des Herrn, das dem Paulus offenbart wurde (Gal.1:12), verbreitet und verherrlicht werde.

Um was sollen wir beten? — »... damit Gott uns eine Tür für das Wort auftue ...« Als Paulus für das Evangelium des Christus nach Troas gekommen war, hatte sich ihm dort eine Tür im Herrn aufgetan (2.Kor.2:12); in Ephesus war es sogar eine große und wirksame Tür (1.Kor.16:9). Genau das ist auch unser Herzenswunsch, nämlich, dass sich uns eine Tür für das Wort auftue, dass uns also die Möglichkeit eröffnet werde, das Wort Gottes mündlich oder schriftlich zu verbreiten, dass es uns geschenkt werde, das Wort Christi einem Fragenden zu erklären oder in einem Kreis von Zuhörern darzulegen, einem Belasteten zuzusprechen oder sonstwie in Wort und Tat zu bezeugen. Doch es gilt, unser Herzensanliegen unserem Gott und Vater vorzutragen, Ihn, den alles Bewirkenden, den alles Schenkenden, den alle Ereignisse Herbeiführenden, zu bitten — anhaltend mit Danksagung zu bitten.

Beachten wir nun aber, was das besondere Ziel des Fürbitteanliegens des Paulus ist, denn er schreibt: »... um über das Geheimnis Christi zu sprechen, um dessentwillen ich auch gebunden bin ...« Er ist nicht gebunden wegen des Evangeliums, an das Zehntausende unter den Juden glauben (Ap.21 :20) — es ist das Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7) —‚ sondern um seines Evangeliums willen, das Evangelium der Unbeschnittenheit, das Christi überaus hohe Größe und Herrlichkeit bekannt macht. Paulus will nicht nur ganz allgemein Christus verkündigen, sondern Christus in Seiner überhimmlischen Erhabenheit, er will über das Geheimnis Christi sprechen. Alle Mächte dieser Welt und die geistlichen Mächte der Bosheit, die Weltbeherrscher dieser Finsternis (Eph.6:12), versuchen, das zu verhindern. Umso mehr sollten wir es uns angelegen sein lassen, unseren Gott und Vater zu bitten, dass Er den Nachahmern des Apostels Paulus Tür und Tor für die Verkündigung des Geheimnisses des Christus öffne.

Was ist das Geheimnis des Christus?

Es umfasst Seine überaus hohe Erhöhung zur Rechten des Vaters inmitten der Überhimmlischen, hocherhaben über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in diesem Äon, sondern auch in dem zukünftigen genannt wird (Eph.1:20,21). Er wurde mit einem Namen begnadet, der über jedem Namen ist; jede Zunge wird Ihm huldigen: Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters (Phil.2:9-11).

Es umfasst Seine Mittlerschaft, und zwar bei der Schöpfung, denn das All ist durch Ihn erschaffen (Kol.1:16b), und Gott hat die Äonen durch Ihn gemacht (Heb.1:2); bei der Erlösung der vielen während der Äonen (Mat.20:28), in der Rettung aller zum Abschluss der Äonen (1.Tim.4:10); in der Aussöhnung aller Geschöpfe im All mit Gott (Kol.1:20) und Seine Mittlerschaft zwischen Gott und den Menschen überhaupt in allem (1.Tim.2:5). Gott spricht durch Sein Wort, Christus, zu uns, und wir beten durch Ihn zum Vater (Kol.3:17; Heb.13:15). Jede Frucht, die wir bringen, ist uns durch Jesus Christus geschenkt (Phil.1:11). Er ist die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes und das Gepräge Seines Wesens (Heb.1:3).

Das Geheimnis des Christus umfasst des Weiteren Seine Hauptschaft über alle Fürstlichkeiten und Obrigkeiten (Kol.2:10) und über Seine Körperschaft, die herausgerufene Gemeinde (Kol.1:18), sowie die zukünftige Aufhauptung des Alls in Christus (Eph.1:10) — jedes Geschöpf wird in Christus sein Haupt finden. Das Geheimnis umfasst Christi Erstlingsschaft in allem (Kol.1:18); Er ist der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung (Kol. 1:15); Er ist der Erste in der herausgerufenen Gemeinde (Kol.1:18), der Erstgeborene unter vielen Brüdern (Röm. 8:29); Er ist der Erstgeborene aus den Toten (Kol.1:18). Das Geheimnis des Christus schließt weiterhin ein, dass Er die Vervollständigung aller ist, denn in Ihm wohnt die Vervollständigung der Gottheit körperlich (Kol.2:9),und wir sind in Ihm vervollständigt (Kol.2:10). Er vervollständigt das All in allem (Eph.1:23), und die gesamte Vervollständigung Gottes hat ihr Wohlgefallen daran, in Ihm zu wohnen (Kol.1:19).

Angesichts der Herrlichkeit dieses Geheimnisses ist es nur zu verständlich, dass Paulus zur Verherrlichung Christi und Gottes um eine offene Tür dafür bittet und dass er sich auch innerlich gebunden weiß, es so zu offenbaren, wie er sprechen muss. Er schreibt in Vers 4, und zwar als Teil seines Fürbitteanliegens: »... damit ich es so offenbare, wie ich sprechen muss.« Wie muss er sprechen? — In Treue zu Gott und Seinem Wort und in der Liebe zu den Menschen. Offenbar machen will der Apostel das Geheimnis Christi, nicht nur einfach bekannt machen, sondern zeugnishaft zum Aufleuchten bringen; er will es scheinen lassen, damit man zur geistlichen Erkenntnis darüber komme. Er will es auch nicht nur einfach enthüllen. Die Heilige Schrift unterscheidet zwischen offenbaren und enthüllen. Enthüllen bedeutet, die Verhüllung oder die Decke wegnehmen, damit etwas sichtbar werde. Offenbar machen aber besagt, dass es in die Herzen scheine.

Hören wir nun die Verse 2 bis 4 nochmals im Zusammenhang: »Haltet an im Gebet und wachet darin mit Danksagung und betet zugleich auch für uns, damit Gott uns eine Tür für das Wort auftue, um über das Geheimnis Christi zu sprechen, um dessentwillen ich auch gebunden bin, damit ich es so offenbare, wie ich sprechen muss.« Unserem Gott und Vater sei Dank, dass das Geheimnis Christi immer noch und immer wieder verkündigt wird.

Wir wenden uns jetzt Vers 5 zu: »Wandelt in Weisheit vor denen, die draußen sind, die Gelegenheit auskaufend.« Nun geht es darum, die Weisheit, die angesichts des Geheimnisses des Christus und damit des herrlichen Vollendungszieles Gottes in uns Raum gewinnt, zum Ausdruck zu bringen, die Weisheit, die uns in der Erkenntnis des Evangeliums der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, mit dem Paulus betraut wurde (1.Tim.1:11), zuteil wurde, in die Tat umzusetzen. Weise sollen wir unseren Lebensweg gehen, wie Paulus auch in Epheser 5:15-17 schreibt: »Gebt daher Obacht, Brüder, wie ihr genau wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, indem ihr jede Gelegenheit auskauft, denn die Tage sind böse. Deshalb werdet nicht unbesonnen, sondern sucht zu verstehen, was der Wille des Herrn ist.« Jakobus fragt: »Wer unter euch ist weise und ein den Glauben Meisternder? Der zeige durch sein edles Verhalten seine Werke in der Sanftmut der Weisheit« (Jak.3:13). Unsere Weisheit soll durch unser edles, sanftmütiges Verhalten zum Gewinn für andere werden. Den Kolossern hat Paulus dargelegt, dass in Christus alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen und den Glaubenden erschlossen sind (Kap.2:3). Außerdem hat er ihnen gesagt, dass sie sich das Wort Christi reichlich und nicht spärlich innewohnen lassen und sich auch gegenseitig in aller Weisheit belehren und ermahnen sollen (Kap.3:16). Als solchermaßen in der Weisheit Gegründete kann er sie nun auffordern: Wandelt in Weisheit, bewährt euch in Übereinstimmung mit dem Wort Christi, wirkt aufgrund der euch geoffenbarten Weisheit!

»Wandelt in Weisheit vor denen, die draußen sind ...« Draußen sind die außerhalb der herausgerufenen Gemeinde, die Nichtberufenen, die Ungläubigen. Wie wandeln wir in Weisheit vor ihnen, in einer Weisheit, die sich für sie entfaltet, um sie zu gewinnen? — Die Weisheit streitet nicht, sie setzt nicht Menschenweisheit gegen Menschenweisheit, sondern sie bezeugt Christus Jesus, unseren Herrn, in Seiner Herrlichkeit, die Weisheit empfiehlt sich jedem Gewissen der Menschen durch die friedevolle Offenbarung der Wahrheit vor den Augen Gottes (2.Kor.4:2). Die Weisheit gegenüber den Nichtherausgerufenen rechnet damit, dass unter ihnen Auserwählte sind, die Gott durch unseren Dienst berufen wird. Paulus erduldete alles um der Auserwählten willen, damit auch sie die Rettung erlangten, die in Christus Jesus ist, samt äonischer Herrlichkeit (2.Tim.2:10). Und schließlich wird die Weisheit in ihrer Liebe zu den Nichtauserwählten nicht zuschanden werden, denn Gott ist der Retter aller Menschen, nicht nur der Gläubigen (1.Tim.4:10).

»Wandelt in Weisheit..., die Gelegenheit auskaufend.« Möge unser Gott und Vater es uns schenken, die Gelegenheiten zur Offenbarung des Geheimnisses Christi in der jeweiligen Situation unserer personellen Beziehungen, des gesellschaftlichen Umfeldes und der Prägung der Epoche zu erkennen und auszuschöpfen. Haltet auch zu diesem Zweck an im Gebet und wachet darin mit Danksagung, damit ihr die Gelegenheit seht und sie nutzt.

Es schließt sich Vers 6 an: »Euer Wort sei allezeit in Gnade und mit Salz gewürzt, wissend, wie ihr einem jeden antworten sollt.« Wenn unser Wort das Wort Christi ist (Kol.3:16), das der Apostel Paulus uns offenbaren durfte, dann ist es in der Gnade. Als in der Gnade Gerettete, Gerechtfertigte, Versöhnte und Geliebte dürften wir gar nicht anders handeln können, als den Menschen in der Gesinnung der Gerechtigkeit, der Versöhnung und der Liebe gegenüberzutreten. Wir werden üble Worte nicht mit üblen vergelten, sondern sanftmütig und gelinde sein, geduldig und bereit, für den anderen da zu sein und unsere Zeit und Kraft und unser Geld einzusetzen. Schätzen wir bei all unserem Tun das Wort nicht gering ein, denn die anderen orientieren sich auch an dem, was wir sagen; und möge unsere Rede — so vielgestaltig sie auch sei — das Wort Gottes wiedergeben, denn allein das Wort Gottes ist lebendig und wirksam (Heb.4:12) und gibt dem Zeugnis unseres Verhaltens erst die Wirkung.

Unser Gnadenwort soll mit Salz gewürzt sein. Statt »gewürzt« kann man auch »zubereitet« sagen. Salz ist das Symbol für die Reinigung und Läuterung, für das Verhindern von Fäulnis und Verderbnis. Salz ist auch ein Symbol für die Wirkung der Wahrheit, denn nur die Wahrheit des Wortes Gottes kann unsere Gedanken läutern und unseren Wandel reinigen. Die Wahrheit des Wortes Gottes hindert das seelische, fäulniserregende Element. Salz ist des weiteren ein Symbol für geistliche Zucht, denn das Salz, das unser Gott und Vater auf unserem Lebensweg in unser Fleisch streut, hemmt unsere fleischlichen Bestrebungen, so wie der Apostel Paulus durch sein Leiden, das der Herr ihm nicht wegnahm, daran gehindert wurde, sich zu überheben (2.Kor.12:7); so erzogen, werden unser Wort und Zeugnis nicht fade sein, sondern geläutert, rein, gesund und kraftvoll.

»Euer Wort sei allezeit in Gnade und mit Salz gewürzt«, also kein seelisches Gerede, die Wahrheit des Wortes Gottes und der Gesinnung Christi Jesu entbehrend. »Kein faules Wort gehe aus eurem Mund hervor, sondern nur ein gutes, wenn es der Auferbauung bedarf, damit es den Hörenden Gnade gebe«, schreibt Paulus in Epheser 4:29. Was wir auch sagen, sollen wir nicht mit Worten aussprechen, wie menschliche Weisheit sie lehrt, sondern mit solchen, wie der Geist sie uns lehrt, indem wir geistliche Dinge mit angemessenen geistlichen Worten erklären (1.Kor.2:13). Dies sind gnadenreiche Worte, wohl zubereitet mit Salz.

Paulus schreibt in Vers 6 weiter: »... wissend, wie ihr einem jeden antworten sollt.« Die Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt reden und antworten können, ist das Wissen, was wir in der Gnade sind und haben. Paulus schreibt diesbezüglich in 1.Korinther 2:12: »Wir aber erhielten nicht den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott aus Gnaden gewährt ist«. Der Geist Gottes vermittelt uns das feste Wissen, die Sicherheit des Wissens, das wir uns allerdings aneignen müssen. Paulus spricht gegenüber den Römern von der Lehre, welche sie lernten (Röm.16:17). Auch Timotheus hat die Lehre des Apostels Paulus erlernt (2.Tim.3:14). Die Philipper haben von Paulus gelernt (Phil.4:9). Die Kolosser lernten von Epaphras das Wort der Wahrheit des Evangeliums (Kol.1:5,7). Wer die Lehre des Apostels Paulus nicht kennt, hat auch nichts zu sagen; und wenn ein solcher etwas sagt, dann ist es bestimmt salzlos und nicht in der Gnade.

Wir sollen Antwort geben können. Eine Frage an uns ist ja auch schon eine Tür für das Wort. Da gibt es wahrheitssuchende Frager; mit Freuden werden wir ihnen das Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes (1.Tim.1:11) erklären. Da gibt es aber auch Fallensteller; auch ihnen werden wir redlich und aufrichtig antworten; sie vermögen nichts gegen die Wahrheit.

In den Versen 7 bis 9 nun kommt Paulus auf den Überbringer seines Briefes an die Kolosser zu sprechen: »Alle meine Angelegenheiten wird euch Tychikus bekannt machen, der geliebte Bruder und treue Diener und Mitsklave im Herrn, den ich ebendeshalb zu euch sende, damit ihr erfahrt, was euch betrifft und er euren Herzen zuspreche, gemeinsam mit Onesimus, dem treuen und geliebten Bruder, der einer der euren ist. Sie werden euch mit allem bekannt machen, was hier vorliegt.« Tychikus trägt seinen Namen nicht von ungefähr: Er ist der »Beglückte«, der den Kolosserbrief und den Epheserbrief (Eph.6:21,22) von Rom nach Kleinasien bringen darf Auch jeder von uns darf sich glücklich schätzen, wenn er den geistlichen Reichtum dieser Briefe seinen Mitmenschen überbringen darf. Tychikus ist ein Mitarbeiter des Apostels Paulus aus der Provinz Asien (Ap.20:4). Er ist ein geliebter Bruder, ein treuer Diener und ein Mitsklave des Paulus — im Herrn; weil Christus Jesus sein Herr ist, deshalb reiften in ihm diese Eigenschaften und wuchs seine Eignung für den Dienst.

Diesen sendet Paulus zum einen, damit die Geschwister in Kolossä den Stand seiner Angelegenheiten hören. Des Tychikus Bericht könnte etwa so gelautet haben, wie Paulus an die Philipper geschrieben hat: »Ich beabsichtige aber, Brüder, euch erkennen zu lassen, dass meine Angelegenheiten eher zur Förderung des Evangeliums geführt haben, sodass bei dem ganzen Prätorium und allen übrigen meine Fesseln als um Christi willen offenbar geworden sind. Durch meine Fesseln ermutigt, wagt es nun die Mehrzahl der Brüder um so mehr, im Vertrauen zum Herrn gestärkt, furchtlos das Wort Gottes zu sprechen« (Phil.1:12-14). Zum anderen sendet Paulus den Tychikus, »damit ihr erfahrt, was euch betrifft und er euren Herzen zuspreche.« Euch betreffen die herrlichen geistlichen und überhimmlischen Segnungen in Christus Jesus, die euch im Kolosserbrief offenbart wurden, euch betrifft das Christusgeheimnis! Tychikus wird euren Herzen damit zusprechen!

Tychikus reist nicht allein. Mit ihm ist Onesimus, der treue und geliebte Bruder, der entlaufene Sklave des Philemon, den Paulus in seinen Fesseln für Christus gewann und jetzt an seinen Herrn zurückschickt. Einst war Onesimus unbrauchbar, jetzt ist er sowohl dem Paulus wie auch dem Philemon wohl brauchbar (Phlm. 10,11) und für alle ein Vorteil (Phlm.20). Onesimus bedeutet »Vorteilhaft«.

Tychikus und Onesimus werden gemeinsam alles erzählen, was in Rom vorliegt. Das gemeinsame Zeugnis wird ein eindringliches Bild zeichnen. Der Brief des Paulus und ihr Bericht werden zur Förderung der Heiligen in Kolossä und zum Lobpreis und zur Verherrlichung des Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus sein!

 

 

 

 

 

 

In allem Willen Gottes vollgewiss

(Kol.4:10-18)

 

 

Im letzten Abschnitt seines Briefes an die Heiligen in Kolossä, die Geschwister, die Gläubige in Christus Jesus sind, richtet der Apostel Paulus die ihm aufgetragenen und seine eigenen Grüße aus. Die Grüße zeugen von einer herzlichen Verbundenheit untereinander. Die meisten der Grüßenden und zu Grüßenden werden mit einem kurzen Zusatz charakterisiert. Diese Zusätze zeichnen ein lebendiges Bild des damaligen Wandels und Dienstes der Gläubigen. Paulus schreibt: »Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Vetter des Barnabas (in Betreff dessen ihr Anweisungen erhalten habt – wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn freundlich auf), ferner Jesus, der Justus genannt wird« (Kol.4:10,11a).

Aristarchus

 

Aristarchus, ein Mazedonier aus Thessalonich, war ein Reisegefährte des Paulus. Beim Aufruhr der Silberschmiede in Ephesus wurden er und Gajus von der Volksmenge ins Theater geschleppt (Ap.19:29). Aristarchus begleitete Paulus auf dem Rückweg seiner dritten Missionsreise (Ap.20:4). Nachdem Paulus Berufung an den Kaiser eingelegt hatte, ging Aristarchus mit auf das Schiff, das Paulus nach Rom bringen sollte (Ap.27:2). Im Brief an Philemon wird Aristarchus als Mitarbeiter des Paulus unter den Grüßenden genannt (Vers 24). Dieser Mann, der die herausgerufene Gemeinde zu Kolossä grüßen lässt, war ein Mitgefangener des Paulus und teilte seine Leiden. Mitteilnehmer an der Gnade, die dem Paulus zuteil wurde, sind normalerweise auch Mitteilnehmer an der Verkündigung seines Evangeliums und Mitteilnehmer an seinen Leiden (Phil.1:7,27; 4:3,14).

Markus

 

Markus, der Vetter des Leviten Barnabas, hieß Johannes und trug den Beinamen Markus. Er lässt die Kolosser ebenfalls grüßen. Er war der Gehilfe der beiden durch den Geist Gottes zu einem besonderen Dienst abgesonderten Männer Barnabas und Saulus, der sie auf der ersten Missionsreise von Antiochien in Syrien nach Cypern begleitete, sich aber in Perge in Pamphylien von ihnen trennte und nach Jerusalem zurückkehrte (Ap.12:12; 13:5,13). Barnabas beabsichtigte, Johannes Markus auch auf die zweite Missionsreise mitzunehmen. Paulus jedoch erachtete ihn nicht für würdig, mitgenommen zu werden, weil er nicht mit ihnen in die weitere Arbeit gekommen war (Apg.15:37,38). Die Entscheidung des Johannes Markus, sich von Barnabas und Paulus zu trennen, ist allerdings durchaus zu verstehen, denn die Berufung eines Vollheiden, nämlich des römischen Prokonsuls Sergius Paulus von Cypern, war zuviel für einen Angehörigen des auserwählten Volkes. Petrus hatte schon Probleme gehabt, zu Kornelius, wiewohl einem Proselyten, zu gehen (Ap.10:1 bis 11:18). Doch einen an die fleischliche Vorrangstellung Israels gebundenen Mann konnte Paulus nicht brauchen. Wahrscheinlich hatten die Kolosser von diesem Versagen des Markus gehört, denn Paulus schreibt ihnen: »... wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn freundlich auf«. Dass er die Kolosser besuchen wollte, zeigt deutlich, dass er seine Haltung gegenüber den Unbeschnittenen inzwischen geändert hatte. In 2.Timotheus 4:11 stellt Paulus ihm ein gutes Zeugnis aus: »Markus nimm auf und lass ihn mit dir gehen; denn er ist mir wohl brauchbar zum Dienst.«

Markus ist der Mensch, der den hebräischen Teil der unvereinigten Körperschaft Christi darstellt, der Typus der Juden, die ihre irdische Königreichserwartung hinter sich lassen. Durch den Hebräerbrief werden die Juden, die dem Evangelium des Paulus glauben und ebenso wie wir eine überhimmlische Berufung haben (Heb.3:1; 11:16), an die Wahrheiten der Vollkommenheitsbriefe, des Epheser-, des Philipper- und des Kolosserbriefs, herangeführt. Im Epheserbrief wird geoffenbart, dass Christus die Feindschaft zwischen den beiden bis dahin getrennten Gruppen von Gläubigen, die in Seinem Fleisch bestand, also in der Zugehörigkeit zum Volk Israel, aufgehoben hat (Eph.2:11-18). Im Geist – und dies gilt jetzt; im Fleisch wäre es unmöglich – sind die aus den Nationen von nun an zusammen mit den Juden gemeinsame Losteilinhaber aller geistlichen und überhimmlischen Segnungen und eine vereinigte und gemeinsame Körperschaft und gemeinsame Teilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium, das Paulus verkündigte (Eph.3:6). Das war das Geheimnis, das Paulus in der ihm anvertrauten gegenwärtigen Verwaltung der Gnade Gottes bekannt machen durfte (Eph.3:2,3a,9).

Markus hat sich durch das Evangelium des Paulus an die neuen Tatsachen heranführen lassen und ist ihm jetzt eine Erquickung (Vers 11). Nicht zur Erquickung sind dagegen heute die Gläubigen, die am Evangelium des Petrus – in Galater 2:7 Evangelium der Beschneidung genannt – festhalten, das Umsinnung, Werke und Wassertaufe fordert, nur Vergebung der Sünden, nicht aber Rechtfertigung von den Sünden allein durch Glauben und auch keine Versöhnung gewährt und nichts von unserer Versiegelung mit heiligem Geist und unseren Aufgaben inmitten der Überhimmlischen in den beiden zukünftigen Äonen weiß. Doch allen Gliedern des Körpers Christi, allen unseren Brüdern und Schwestern in Christus Jesus, gilt unsere Mühe, Liebe und Geduld. Allen wollen wir zusprechen und sie in dem heute zu verkündigenden Glaubensgut des Apostels Paulus festigen. Zur Abrundung sei gesagt, dass Timotheus der Typus der vereinigten Körperschaft Christi ist, denn sein Vater war Grieche und seine Mutter Jüdin; diese beiden Elemente sind in seiner Person vereinigt, so wie die Gemeinde Christi auch heute aus Juden und Nichtjuden besteht, eben aus Gläubigen aus allen Nationen, ohne dass Juden einen Vorrang haben.

Jesus Justus

 

Noch ein Dritter lässt die Kolosser grüßen: Jesus, der Justus genannt wird. Wir wissen nichts Näheres über ihn. Sein Beiname, Justus, der Gerechte, dürfte darauf hindeuten, dass er die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens, angenommen hat (Phil.3:9).

Zur Erquickung

 

Aus Vers 11b erfahren wir nun: »Diese drei aus der Beschneidung sind die alleinigen Mitarbeiter für das Königreich Gottes, die mir zur Erquickung geworden sind.« Nur wenige Mitarbeiter aus der Beschneidung hat Paulus, nur diese drei. Doch sie sind ihm eine besondere Erquickung, nicht nur, weil sie ihm in der Haft in Rom Beistand leisten, sondern überhaupt, denn er liebt sein Volk in unablässigem Schmerz über dessen Verstockung (Röm.9:2; 11:25). Aristarchus, Markus und Jesus Justus sind des Paulus jüdische Mitarbeiter für das Königreich Gottes. Der Ausdruck »Königreich Gottes« ist ein Oberbegriff und umfasst jede Herrschaft Gottes, insbesondere das Königreich der Himmel – das ist das tausendjährige Königreich Israels auf Erden – wie auch das überhimmlische Königreich, das unsere Erwartung ist, die wir nicht zum Volk Gottes gehören, sondern Glieder der Körperschaft Christi oder bildlich gesprochen: des Körpers Christi sind (2.Tim.4:18). Dem Fleisch und Blut kann das überhimmlische Königreich natürlich nicht zugelost werden; deshalb bekommen wir einen geistlichen Körper, um inmitten der überhimmlischen Geschöpfe unseren Dienst tun zu können (1.Kor.15:44,50; Eph.2:6,7).

Epaphras

 

Es folgen die Verse 12 und 13: »Es grüßt euch Epaphras, der einer der euren ist, ein Sklave Christi Jesu, der allezeit in seinen Gebeten für euch ringt, damit ihr gereift dasteht und in allem Willen Gottes vollgewiss seid. Denn ich bezeuge ihm, dass er viel Pein um euch, die in Laodicea und die in Hierapolis hat.« Epaphras lässt auch Philemon grüßen: »Es grüßt dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus« (Philem.23). Epaphras ist »einer der euren«, also ein Kolosser. In Kolosser 1:7 steht geschrieben, dass die Gläubigen in Kolossä das Evangelium des Apostels Paulus von ihm, dem geliebten Mitsklaven des Paulus, lernten. Epaphras war mithin ihr Lehrer und sicherlich auch der Gründer der herausgerufenen Gemeinde zu Kolossä. Jetzt ist er in Rom zusammen mit Paulus und Aristarchus in Gefangenschaft. Er ist ein bewährter Mann, denn Paulus bezeichnet ihn in Kolosser 1:7 als treuen Diener Christi und in unserem Vers 12 als Sklaven Christi Jesu.

Worin aber zeigt sich seine Bewährtheit in besonderem Maße? – Er ringt allezeit in seinen Gebeten, damit die Heiligen gereift dastehen und in allem Willen Gottes vollgewiss sein mögen!

Er ist darin ein Nachahmer des Apostels Paulus, der seinerseits nicht aufhört, für die Kolosser zu beten und zu bitten, dass sie mit der Erkenntnis des Willens Gottes in aller geistlichen Weisheit und allem geistlichen Verständnis erfüllt werden, »um des Herrn würdig zu wandeln und Ihm in jeder Weise zu gefallen – als solche, die in allem guten Werk Frucht bringen, in der Erkenntnis Gottes wachsen und mit aller Kraft nach der Gewalt Seiner Herrlichkeit gekräftigt werden zu aller Ausdauer und Geduld mit Freuden« (Kol.1:9-11). Den Apostel Paulus sollen wir nach der Anweisung unseres Herrn Christus Jesus in allem nachahmen (1.Kor.4:16; 11:1; Phil.3:17; 4:9), somit auch im Beten und Danken. Seine Fürbitte ist inständig, ein Flehen, ein Ringen. So schreibt er in Kolosser 2:1-3: »Denn ich will euch wissen lassen, welch großen Ringkampf ich für euch und die in Laodicea habe, sowie für alle, die mein Angesicht im Fleisch nicht gesehen haben, dass ihren Herzen zugesprochen werde und sie in Liebe und zu allem Reichtum der Vollgewissheit des Verständnisses vereinigt seien, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes und des Vaters Christi, in welchem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind.« Epaphras folgt seinem Beispiel und ringt in seinen Gebeten. Allezeit, immer wieder tut er es, unablässig, und so sieht er sich auch dann, wenn er sich auf etwas anderes konzentrieren muss, mit dieser Sehnsucht im Herzen vor Gottes Angesicht.

So dürfte es auch unser Anliegen, Mühen und Ringen sein, jeden Menschen zu ermahnen, Gott zu glauben, und jedem Menschen das Evangelium, das Paulus enthüllt wurde, zu lehren und jeden Menschen in Christus Jesus gereift darzustellen, dem Einwirken unseres herrlichen Gottes und Vaters entsprechend, das sich in uns als wirksam erweist in Kraft (Kol.1:28,29). Mögen wir nicht nachlassen im Flehen für alle Gläubigen, dass sie in Liebe alles zum Wachsen bringen mögen, hinein in Ihn, der das Haupt ist, Christus (Eph.4:15). Das vorbildliche Gebetsleben des Epaphras sollte uns ein Ansporn sein.

Mögen wir zur Reife gelangen

 

Epaphras ringt für seine Brüder und Schwestern in Christus Jesus, dass sie gereift dastehen mögen. Zur Reife sollen wir allesamt gelangen. Gereift ist, wer die Größe und Herrlichkeit Gottes und Christi erkannt hat, so wie Paulus sie im Epheser- und Kolosserbrief schildert. Gereift ist, wer die Lehre des Apostels Paulus erlernt und verstanden hat, wer aus der Gnade lebt, wer durch Glauben wandelt, wer einen Wandel in der Gesinnung Christi Jesu führt und im Werk des Herrn allezeit überfließt, mithin in Beständigkeit und Hingabe mit Liebe und Freude im Dienst des Herrn steht.

Insbesondere die Evangelisten, Hirten und Lehrer – diese Gnadengaben Christi an die Gemeinde – bemühen sich, die Heiligen an das Werk des Dienstes anzupassen, das in der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2) zu tun ist, besonders die Verkündigung der Versöhnung Gottes mit der Welt, und die Körperschaft Christi aufzuerbauen, »bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zum gereiften Mann, zum Maß des Vollwuchses der Vervollständigung des Christus, damit wir nicht mehr Unmündige seien, von jedem Wind der Lehre wie von brandenden Wogen hin und her geworfen und umhergetragen durch die Unberechenbarkeit der Menschen, durch die List, die darauf ausgeht, den Irrtum planmäßig zu verbreiten« (Eph.4:11-14).

Zur Reife gelangt man nicht ohne das richtige Schneiden des Wortes der Wahrheit (2.Tim.2:15), das heißt das Unterscheiden innerhalb des Wortes Gottes nach dem Zusammenhang, nach der Zeit und nach der angesprochenen Personengruppe, ob es Israel oder uns betrifft. Zur Reife gelangt man nicht ohne ein Muster gesunder Worte, so wie wir sie von Paulus gehört haben (2.Tim.1:13). Gereift dazustehen wird nicht gelingen, ohne die Reifebriefe, den Epheser-, den Philipper- und den Kolosserbrief (auch Vollkommenheitsbriefe genannt), in geistlicher Weisheit und geistlichem Verständnis erfasst zu haben.

Der Wille Gottes

 

Um zur Reife zu gelangen, ist es schließlich unabdingbar, den Willen Gottes zu kennen. Deshalb ringt Epaphras in seinen Gebeten für die Kolosser, dass sie in allem Willen Gottes vollgewiss sein mögen.

Was ist der Wille Gottes? – Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1.Tim.2:4). Und Er erreicht Sein Ziel, denn Christus starb für alle (2.Kor.5:14), und in Ihm werden alle lebendig gemacht werden (1.Kor.15:22), sodass Gott der Retter aller Menschen ist, vor allem der Gläubigen (1.Tim.4:10). Es ist der Wille Gottes, in der Verwaltung der Vervollständigung der Fristen das All in Christus aufzuhaupten – jeder wird Ihn als sein Haupt annehmen – und das All durch Seinen Sohn in allem zu vervollständigen (Eph.1:10,23). Gott hat Sein Wohlgefallen daran, dass Seine gesamte Vervollständigung in Seinem Sohn wohnt und dass das All durch Seinen Sohn mit Ihm ausgesöhnt wird, indem Er durch das Blut Seines Kreuzes Frieden macht (Kol.1:19,20).

Wer in diesem Willen Gottes nicht vollgewiss ist, dessen Wandel und Dienst werden inkonsequent sein und nur wenig zu unseres Gottes und Vaters Verherrlichung dienen, denn wer das Ziel Gottes nicht kennt, kann Seine Wege, die ja doch Sünde und Tod, Israels Verstockung, Unglauben unter den Nationen und anderes Üble mehr einschließen, nicht verstehen. Manche Gläubige werden von dem vermeintlichen Sieg des Bösen regelrecht niedergedrückt und zum Zweifeln gebracht. Nur die feste Grundlage der Vollgewissheit, dass Gott der allein Weise ist (Röm.16:27) und in Liebe alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph.1:11), führt zu einer freudevollen Arbeit im Glauben, zu einem zuversichtlichen Mühen in der Liebe und zu einer glückseligen Beharrlichkeit in der Erwartung alles dessen, was uns verheißen ist, insbesondere unseres Herrn Christus Jesus Selbst, sodann der Aufhebung des Todes, der Lebendigmachung aller, der Unterordnung aller und des Allesseins Gottes in allen (1.Thess.1:3,5; 1.Kor.15:22-28).

Ebenso wie in Kolosser 1:9 ist auch hier in erster Linie nicht gemeint, den Willen Gottes für unser persönliches Tun und Lassen zu erkennen, sondern Seinen Vorsatz, den Er in Christus Jesus gefasst hat und in den Äonen ausführt. Erkennen wir diesen aber, so bekommen wir auch zunehmend Licht über das, was Gott für uns persönlich will. Die völlige Gewissheit über den Willen Gottes, den Er in Christus im Verlauf der Äonen durchführt, vermittelt uns Sein Geist zusammen mit unserem Geist allein durch Glauben beim Lesen oder Hören Seines glaubwürdigen Wortes. Mögen wir niemals das schlichte Glauben Seines Wortes verlassen und uns von irgendwelchen Thesen oder Lehren beraubt wegführen lassen.

In Vers 13 bezeugt Paulus Epaphras, dass er viel Pein um die in Kolossä, in Laodicea und in Hierapolis hat. Diese drei Städte lagen nicht weit voneinander entfernt in der Landschaft Phrygien in der römischen Provinz Asien. Schon damals haben die Gläubigen ihren Lehrern manche Beschwer verursacht durch das Beachten von Irrlehren, einen unheiligen Wandel und einen nachlässigen Dienst. Epaphras, der Sklave Christi Jesu, scheute keine Pein, keine mit Schmerzen und Mühsal verbundene aufopfernde Arbeit des Belehrens, Ermahnens, Zusprechens und Betens, um der ihm anvertrauten Heiligen willen.

Lukas und Demas

 

Wir kommen zu Vers 14: »Es grüßt euch Lukas, der geliebte Arzt, und Demas.« Lukas und Demas werden in Philemon 24 als Mitarbeiter des Paulus bezeichnet. Demas verließ ihn später aus Liebe zum jetzigen Äon (2.Tim.4:10). Lukas ist der Verfasser des dritten Berichts über den Dienst unseres Herrn Jesus Christus auf Erden und der Apostelgeschichte. Er begleitete Paulus mit großer Wahrscheinlichkeit auf der zweiten Missionsreise von Troas bis Philippi und auf der Seefahrt nach Rom. Während der zweiten Gefangenschaft des Apostels in Rom ist Lukas zeitweise als einziger bei ihm (2.Tim.4:10). Er ist Arzt. Seine medizinischen Kenntnisse dürften Paulus sehr zustatten kommen, denn die besonderen Gnadengaben, Wunder und Heilungen vollbringen zu können, sind nun abgetan, seitdem die Reifebriefe geschrieben sind, die Reife da ist und die Verwaltung der Gnade Gottes angebrochen ist (1.Kor.13:8-12; Eph.3:2). Ein wenig Wein empfiehlt Paulus Timotheus wegen seines Magens und seiner häufigen Schwächeanfälle, denn es gibt die Gnadengaben des Heilens nicht mehr (1.Tim.5:23; vgl. auch Phil.2:27 und 2.Tim.4:20).

Die Laodicäer

 

Vers 15 lautet: »Grüßt die Brüder in Laodicea, auch Nympha und die herausgerufene Gemeinde in ihrem Haus.« So klein die Schar der sich in einem Haus um das Wort Gottes Versammelnden auch sein mag, sie sind eine Ekklesia, eine aus der Welt herausgerufene und in die Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes, unserem Herrn Christus Jesus, berufene Auswahl.

Es folgt Vers 16: »Wenn der Brief von euch gelesen worden ist, sorgt dafür, dass er auch in der herausgerufenen Gemeinde der Laodicäer gelesen wird und dass auch ihr den aus Laodicea lest.« Lesen ist eminent wichtig! »Gib acht auf das Lesen«, schreibt Paulus in 1.Timotheus 4:13. Damit ist das wiederholte Lesen gemeint. Veranlasst, dass der Brief auch in der Nachbargemeinde gelesen wird; dies legt Paulus den Kolossern ans Herz. Sie sollen auch den in Laodicea vorliegenden Brief lesen.

Es gibt gute Gründe dafür, dass Paulus dabei an den Brief denkt, der Epheserbrief genannt wird. Er trägt keine Ortsbezeichnung und nimmt auch auf keine örtlichen Verhältnisse Bezug. Die in manchen Übersetzungen zu lesenden Wörter »in Ephesus« finden sich nicht in den ältesten Handschriften. Der so genannte Epheserbrief ist ein Rundbrief, gerichtet »an alle Heiligen, die auch Gläubige in Christus Jesus sind«. Das sind wir, die Glieder der Körperschaft Christi, wir, die wir nicht auf das Königreich Israels warten, sondern auf den Tag Christi, der uns in Sein überhimmlisches Königreich versetzt. Da Paulus seine Anweisung, auch den Brief aus Laodicea zu lesen, im Zusammenhang mit der Vollgewissheit in allem Willen Gottes gibt und beide Briefe, der Kolosser- und der so genannte Epheserbrief, genau dafür unerlässlich sind, darf als wahrscheinlich angenommen werden, dass die Laodicäer den Rundbrief im Original oder in Abschrift besaßen.

Richte deinen Dienst völlig aus

 

Paulus schreibt in Vers 17: »Und sagt dem Archippus: Gib Obacht auf den Dienst, den du im Herrn erhalten hast, dass du ihn völlig ausrichtest.« Warum sendet sich Paulus nicht direkt an Archippus, seinen Mitstreiter (Philem.2)? – Bestimmt soll sein Dienst von allen mitgetragen werden im Herzen und im Gebet. Archippus hatte wohl einen besonderen Dienst übernommen und ist darin aber jetzt etwas unbeständig geworden. Deshalb diese milde Ermahnung, die – recht aufgenommen – zu einem stärkenden Zuspruch wird. Im Herrn hat er den Dienst erhalten; er hat ihn nicht eigenwillig an sich gezogen. Nun aber soll er darin nicht nachlässig werden und nicht ermüden und soll sich auch durch die im Grunde mit jedem Dienst des Herrn verbundenen Schwierigkeiten und Bedrängnisse nicht entmutigen lassen. Entmutigung – das ist die Taktik des Widerwirkers. Da wir ebenfalls in dieser Gefahr stehen oder ihr schon erlegen sind, mögen uns des Apostels Worte in 1.Korinther 15:57,58 zum Zuspruch werden: »Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt, durch unseren Herrn Jesus Christus! Daher, meine geliebten Brüder, werdet beständig, unverrückbar, im Werk des Herrn allezeit überfließend; wisst ihr doch, dass eure Mühe im Herrn nicht vergeblich ist.« Möge Gott einem jeden unter uns die Gnade schenken, den uns übertragenen Dienst mit allem Fleiß völlig auszurichten, sodass er zu Seiner Verherrlichung gereicht.

Der Gruß des Paulus

 

Der Apostel Paulus schließt seinen Brief mit den Worten: »Das ist der Gruß von meiner, des Paulus, Hand. Gedenket meiner Fesseln. Die Gnade sei mit euch! Amen!« Zuletzt grüßt Paulus die Heiligen in Kolossä. Seine Handschrift bestätigt zugleich die Echtheit des Briefes. »Gedenket meiner Fesseln.« Hiermit ruft er nicht nur zur Anteilnahme an seinen Leiden und zur Fürbitte für ihn persönlich auf. Die Gläubigen sollen insbesondere daran denken, dass seine Fesseln der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade Gottes entsprechen, und zwar zum einen im Hinblick auf das Verhältnis Gottes zur Welt: Er ist mit allen Menschen versöhnt und rechnet die Seinem Apostel zugefügten Leiden nicht an, ja überhaupt keine Kränkung eines Menschen (2.Kor.5:19); und zum andern im Hinblick auf die Stellung des Fleisches: Es ist gebunden; wir herrschen jetzt somit nicht, sondern sind der Obrigkeit untergeordnet, und nicht unser Wohlergehen im Fleisch ist unser Teil, sondern jeder geistliche Segen inmitten der Überhimmlischen.

»Die Gnade sei mit euch«, schreibt Paulus sodann. Mit dem Kolosserbrief und dem Epheserbrief hat der Apostel Paulus den gesamten Reichtum der Gnade Gottes, in der wir stehen, ausgebreitet. Er hat uns die Größe und Herrlichkeit Christi geschildert, in welchem wir begnadet sind. Diese Gnade sei auch mit uns allen. Möge unser ganzer Wandel und Dienst zum Lobpreis der Herrlichkeit der Gnade Gottes geschehen. Amen.