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Unser folgerichtiger Gottesdienst (Römer 12:1,2)

Wirket eure Gaben aus (Römer 12:3-13)

Vergeltet niemandem Übles mit Üblem (Römer 12:14-21)

Gottes Dienerin ist die Obrigkeit (Römer 13:1-7)

Was wir allen schulden (Römer 13:8-14)

Richtet und verschmähet einander nicht (Römer 14)

Habt Zuversicht! (Römer 15:1-13)

Paulus, der Amtsträger Christi Jesu für die Nationen (Römer 15:14-33)

Zu unserer Festigung (Römer 16)

 

Unser folgerichtiger Gottesdienst

(Römer 12:1,2)

 

  Mit Kapitel Zwölf beginnt der zweite Hauptteil des Römerbriefs. Er befasst sich mit dem folgerichtigen Auswirken des in den ersten elf Kapiteln geoffenbarten Evangeliums Gottes über Seinen Sohn, durch dessen Glauben uns die Gerechtigkeit Gottes enthüllt wurde, auf dessen Glauben sich unsere Rechtfertigung gründet, durch dessen Tod wir mit Gott versöhnt sind und dessen Rettungswerk auch die Rettung Israels in seiner Gesamtheit - wie in den Kapiteln 9 bis 11 ausgeführt - umfasst.

  Aus alledem erkennen wir, dass Gott für uns ist! Er, der Seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte Er uns nicht auch zusammen mit Ihm dies alles in Gnaden gewähren (Röm.8:31,32)? Aus alledem erkennen wir auch, dass Gott  immer zuerst gibt! Unser Tun ist nur ein Auswirken, ein Weitergeben Seiner Geschenke. Mögen unsere Handlungen nun aber folgerichtig sein, indem sie Seinem Handeln in der Dahingabe Seines Sohnes entsprechen.

 

Der folgerichtige Zuspruch

 

  »Ich spreche euch nun zu, Brüder, im Hinblick auf die Mitleidserweisungen Gottes«, so beginnt der Apostel Paulus seine Ausführungen über unseren Wandel. Das Wörtlein »nun« ist nicht ohne Bedeutung, denn es verknüpft das Folgende mit dem Vorangegangenen. Nun - nach alledem. Gerade vorher hatte er geschrieben: Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn (Röm.8:35-39); »Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme« (11:32) und: »Aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin ist das All! Ihm sei die Verherrlichung für die Äonen!« (11:36). Nun - was folgt daraus? Ich spreche euch zu! Er erhebt nicht den Zeigefinger und sagt: Du sollst, du musst; nein, sondern er legt uns aus der Tiefe seines Herzens etwas nahe, etwas Wichtiges, denn ein Zuspruch ist immer bedeutungsvoll. Nach einem Zuspruch ist nichts mehr so wie vorher. Das Wort »zusprechen« hat im Griechischen die Grundbedeutung von »neben-rufen« oder »abseits-rufen« im Sinne von einem Beiseitenehmen zu einer vertraulichen Zwiesprache. Ein Zuspruch ist ein väterliches Wort, das uns zum Nachdenken und Umdenken veranlasst. Ein Zuspruch kann ermutigenden, tröstenden oder ermahnenden Charakter haben - Zwang ist jedoch nicht dabei.

  Für eine Ermahnung besteht in Römer 12 kein Anlass, doch es bedarf des deutlichen Zuspruchs, nun die Konsequenzen aus den zuvor beschriebenen Gnadenerweisungen Gottes in Christus Jesus für unseren Alltag zu ziehen. Wenn den Apostel hier etwas drängt, dann ist es die Liebe des Christus, der für alle starb, damit die Lebenden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15)!

  Paulus spricht uns in brüderlicher Weise zu. Indem er uns mit »Brüder« anredet - die Schwestern sind damit nicht ausgeschlossen -, bezeichnet er sich selbst als Bruder, verzichtet also auf die Erwähnung seiner Vollmacht als Apostel und stellt sich uns gleich.

 

Aufgrund der Mitleidserweisungen Gottes

 

  Er begründet seinen Zuspruch allein mit den Mitleidserweisungen Gottes. Welche sind diese? Die Mitleidserweisungen Gottes sind alle Erbarmungen, die im Römerbrief enthüllt worden sind, zum Beispiel unsere Auserwählung und Berufung sowie unsere Rettung vor der Strafe für die Sünden, von der Herrschaft der Sünde, aus dem Tod und vor dem Zorn Gottes und zum äonischen Leben, das heißt zum Leben in den künftigen Äonen, die uns gewährte Freilösung vom Dasein in Adam, die Rechtfertigung weit weg von allen Verfehlungen, die Versöhnung - vorher bestand Feindschaft -, der Friede mit Gott sowie Sein Erbarmen über Israel und die Nationen. Zu den Mitleidserweisungen gehören des weiteren unser Sohnesstand und unser Gnadenstand, sodass wir uns in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen mögen (Röm.5:2), und Seine unverbrüchliche Liebe, die Er uns gegenüber dadurch hervorhebt, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder und Feinde Gottes waren (Röm.5:8,10). Diese Liebe, die in Christus Jesus ist, hat Gott in unseren Herzen ausgegossen durch den uns gegebenen heiligen Geist (Röm.5:5). Wann erhielten wir den Geist Gottes? Als Gott uns berief, uns den Glauben in Gnaden gewährend (Phil.1:29).

  Für diese Seine Herabneigungen zu uns sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus gesegnet, der Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs (2.Kor.1:3)!

  Seine Mitleidserweisungen allein und Seine Gnade nur sollen uns bewegen, unser Leben zur Verherrlichung Gottes zu führen; und zu diesem Zweck spricht Paulus zu, »eure Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen (als euren folgerichtigen Gottesdienst).«

 

Die Bereitstellung unseres Körpers

 

  Vielleicht ist der eine oder andere unter uns erschrocken: Unsere Körper bereitstellen? Genügt nicht das richtige Denken? Das ist gewiss wichtig, denn wie wir denken, so handeln wir allgemein auch. Genügt nicht die richtige Weltanschauung und Glaubensüberzeugung? Nein und abermals nein, denn unser Wandel vollzieht sich durch den Körper.

  Unser Körper ist brauchbar für Gott. Unser Körper kann zum Dienst für Gott eingesetzt werden, obwohl er ein Körper der Erniedrigung und der Schwachheit ist und die Sünde noch in ihm wohnt. Manchmal wird die Meinung geäußert, die der gnostischen Irrlehre entspringt, alle Materie und auch der Körper seien böse und müssten daher ignoriert werden. Es gibt auch die spiritistische Auffassung, der Mensch könne ohne Körper existieren. Doch jede Lehre, die den Körper herabwürdigt oder verächtlich macht, hält sich nicht an die Wahrheit.

  Unser Körper wird von Gott überaus wert geachtet. Lesen wir dazu 1.Korinther 6:13,19,20: »Der Körper ist ... für den Herrn bestimmt und der Herr für den Körper. ... Wisst ihr nicht, dass euer Körper ein Tempel des heiligen Geistes in euch ist, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid mit einem hohen Preis erkauft worden; verherrlicht daher Gott auf jeden Fall in eurem Körper!« Schon von Natur aus wissen wir: »Niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst, sondern jeder ernährt es und hegt es« (Eph.5:29).

 

Unser Opfer

 

  Diesen unseren wertvollen Körper sollen wir als ein Opfer für Gott bereitstellen. Als ein Opfer? Sollen wir unseren Körper etwa aufgeben? Nein, denn der Apostel Paulus denkt hier nicht an einen Opfertod, zumal er von einem lebendigen Opfer spricht. Nicht die Aufgabe, sondern die Hingabe unseres Körpers ist gemeint, die Bereitstellung und der Einsatz. Dies sei unser lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer.

  Unser Körper ist ein lebendiges Opfer. Weil der Geist dessen in uns wohnt, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, ist unser sterbender Körper durch Seinen uns innewohnenden Geist lebendig gemacht (Röm.8:11)! So sind wir nun lebend und brauchbar für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn, wie der Apostel Paulus in Römer 6:11 feststellt.

  Unser Körper ist ein heiliges Opfer. Heilig bedeutet: abgesondert für Gott. Ein heiliges Opfer ist eine Darbringung in Ehrfurcht und Unterordnung für Ihn allein, den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, dem einzig alle Hingabe und Verherrlichung zusteht.

  Unser Körper ist ein Gott wohlgefälliges Opfer, wenn wir ihn aus aufrichtigem und willigen Herzen unserem Eigner zur Verfügung stellen. »Mit Willigkeit will ich Dir opfern«, sagte David in Psalm 54:8, »will huldigen Deinem Namen, Jewe, denn er ist gut.« Als unser Herr Jesus Christus in die Welt kam, sagte Er: »Siehe, Ich treffe ein, um Deinen Willen, o Gott, zu tun!« (Heb.10:5,9). Wir sind Gott wohlgefällig, wenn wir Seinen Willen tun wollen und zum Gehorsam bereit sind. Das können sogar schon Kinder. Paulus spricht ihnen zu: »Ihr Kinder, gehorcht den Eltern in allem; denn dies ist wohlgefällig im Herrn« (Kol.3:20). Den Erwachsenen macht Paulus deutlich: »Das Königreich Gottes ist nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude in heiligem Geist; denn wer in diesem dem Christus als Sklave dient [also gehorcht], ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen bewährt« (Röm.14:17,18)!

  Von unserer Bereitstellung schrieb der Apostel Paulus bereits in Römer Sechs: »Stellt ... eure Glieder nicht als Werkzeuge der Ungerechtigkeit für die Sünde bereit, sondern stellt euch selbst für Gott bereit, als Lebende aus den Toten, und eure Glieder für Gott als Werkzeuge der Gerechtigkeit. ... Ebenso wie ihr als Versklavte der Unreinheit und der Gesetzlosigkeit eure Glieder zur Gesetzlosigkeit bereitstelltet, so stellt nun als Versklavte der Gerechtigkeit eure Glieder zur Heiligung bereit« (Röm.6:13,19).

  Unsere Bereitstellung für Gott ist zugleich die Abwendung von der Sünde. Denn wenn wir uns Gott zuwenden, drehen wir automatisch der Sünde den Rücken zu.

  Wie nun geschieht die Bereitstellung unseres Körpers? Der Geist Gottes, der unsere Herzen auf die Liebe Gottes und auf das Erdulden des Christus ausrichtet, lässt in uns den Entschluss reifen. Im Gebet sodann werden wir unseren Entschluss in Dankbarkeit und mit der Bitte um die Führung durch den Geist Gottes bekräftigen. Danach gilt es, aufmerksam zu sein auf die guten Werke, die Gott vorherbereitet hat, damit wir sie erkennen und darin wandeln (Eph.2:10). Manch einer wird sich auch selbst, so wie Stephanas und Fortunatus in Achaja, zum Dienst an den Heiligen verordnen (1.Kor.16:15).

  Wir sind Heilige, für Gott Abgesonderte. Unsere Heiligkeit sollen wir nun aber auch in der Furcht Gottes vollenden (2.Kor.7:1). Dies geschieht durch die entschiedene, persönliche Bereitstellung für Gott. Das ist Heiligung. Wer sich dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus vollständig zur Verfügung stellt, heiligt sich. Der heiligt sich, der sich abwendet von der Gesinnung der alten Menschheit und der neuen Schöpfung gemäß wandelt; der heiligt sich, der in die Gesinnung Christi Jesu hineinzuwachsen strebt. Der vollendet seine Heiligkeit, der nicht dem Fleisch gemäß wandelt.

 

Unser folgerichtiger Gottesdienst

 

  Das ist unser folgerichtiger Gottesdienst. Dies folgt aus der Erkenntnis der Mitleidserweisungen Gottes. Unsere Bereitstellung schon ist folgerichtiger Gottesdienst. Denn so schreibt der Apostel Paulus: »Ich spreche euch nun zu, Brüder (im Hinblick auf die Mitleidserweisungen Gottes), eure Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen (als euren folgerichtigen Gottesdienst).« Folgerichtig ist unser Gottesdienst dann, wenn er aus der Liebe Gottes folgt, wenn er aus der Gnade Gottes erwächst, wenn er die logische Auswirkung unserer Rettung ist, wenn er dem Evangelium Gottes über Seinen Sohn entspricht. Wer anderen Gnade erweist, so wie Gott ihm in Christus Gnade erweist, der handelt folgerichtig.

  Unser Gottesdienst dauert den ganzen Tag. Er ist die Lebensweise der Hingabe an den Herrn Jesus Christus zum Dienst in Seiner Gesinnung und in der Kraft des heiligen Geistes zur Verherrlichung Gottes.

  Unser Gottesdienst geschieht im Gebet, in Dank, Bitte und Fürbitte und Lobpreis und in einem hingebungsvollen Dienst für den Herrn Jesus Christus. Da sind Alte und Kranke zu besuchen, da ist Bedrängten und Bedrückten zuzusprechen, da ist das Wort Gottes zu verkündigen und sind Gläubige in Geduld zu belehren. Die Einsatzmöglichkeiten sind mannigfaltig. Zum Einsatz des Körpers gehören auch die Begleitumstände, wie Zeit, Geld und Kraft. Der Apostel Paulus schrieb von sich: »Ich erdulde alles um der Auserwählten willen, damit auch sie die Rettung erlangen, die in Christus Jesus ist, samt äonischer Herrlichkeit« (2.Tim.2:10). Das ist ein lebendiges Opfer; das ist folgerichtiger Gottesdienst!

 

Nicht auf diesen Äon

 

  »Ich spreche euch nun zu, Brüder« - wenden wir uns nun dem Vers 2 zu -, »euch nicht auf diesen Äon einzustellen, sondern euch umgestalten zu lassen durch die Erneuerung eures Denksinns, damit ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei - der gute, wohlgefällige und vollkommene.«

  Dieser Äon, der gegenwärtige, ist böse (Gal.1:4). Äon heißt - schlicht gesagt - begrenzte Zeit; Äon bedeutet in der Bibel einen langen Heilszeitabschnitt. Dieser Äon ist widergöttlich, dämonisch, hat völlig andere Maßstäbe, wie Eigennutz und Selbsterhöhung, und bringt Habgier, liebloses Reden und rücksichtslose Vorteilsnahme nebst anderem hervor. »Hütet euch«, warnt Paulus in Kolosser 2:8, »dass euch niemand beraubt wegführe durch Philosophie und leere Verführung gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundregeln der Welt und nicht gemäß Christus.« Prüfen wir uns, inwieweit wir vom Zeitgeist beeinflusst sind! Auf diesen Äon sollen wir uns nicht einstellen.

 

Die Erneuerung unseres Denksinns

 

  »... sondern euch umgestalten zu lassen durch die Erneuerung eures Denksinns ...« Ja, mögen wir uns umgestalten lassen durch das Evangelium der überströmenden Gnade Gottes in Christus Jesus! Der Apostel Paulus schrieb an die Galater: »Meine Kindlein, um die ich nochmals Wehen leide, bis Christus in euch Gestalt gewinne!« (Gal.4:19). Möge Christus in uns Raum gewinnen, damit wir anders werden, und zwar Ihm gleich in der Gesinnung. Mögen wir im Geist wandeln, sodass wir die Begierden des Fleisches nicht mehr vollbringen (Gal.5:16).

  Umgestaltet werden wir durch die Erneuerung unseres Denksinns. Dieses Wort bedeutet nicht nur die Denkfähigkeit, das Denken als solches, sondern schließt die Ausrichtung des Denkens und die Prägung der Gedanken ein. Was habe ich im Sinn, wenn ich denke? - Den Willen Gottes, Seine Verherrlichung oder meinen Eigennutz?

  Bekanntlich wird unser Handeln von der Ausrichtung des Denkens geprägt. Das Denken geht dem Handeln voraus und ist damit weichenstellend. Doch selbst ein gutwilliges Denken ermöglicht noch lange nicht ein Gott wohlgefälliges Handeln, denn nur der Glaubende hat die Kraft zur Durchführung des Guten. Auf mich selbst gestellt, schrieb Paulus in Römer 7:25, sklave ich zwar mit dem Denksinn dem Gesetz Gottes, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde. Die im Fleisch sind, können Gott demnach nicht gefallen (Röm.8.8). Die Gläubigen jedoch haben den Geist Gottes, diese Kraft Gottes, und können sich von Seinem Geist führen lassen, sodass die guten Gedanken auch zur Ausführung kommen.

  Wie wird unser Denksinn erneuert? Durch die richtige Ernährung unseres Geistes, und zwar sollen wir uns mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus Tag für Tag ernähren (1.Tim.4:6), wie Timotheus dies vollends tat. Wir sollen uns das Wort Christi, das der Apostel Paulus verkündigte, reichlich innewohnen lassen (Kol.3:16), natürlich glaubenden Herzens. Unser Denksinn wird erneuert, indem wir unsere Gedanken auf den Herrn Jesus Christus ausrichten, der für alle starb, damit wir Lebenden nicht mehr uns selbst leben, sondern dem, der für uns starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15). Unser Denksinn wird erneuert, wenn wir ständig der Liebe Gottes, Seiner Weisheit, Allmacht und Herrlichkeit eingedenk sind und uns vor dem Angesicht Jesu Christi wissen.

  Die Erneuerung unseres Denksinns führt dazu, dass wir den Sinn des Christus bekommen (1.Kor.2:16) und in der Gesinnung Christi Jesu wandeln (Phil.2:5).

 

Nun erst vermögen wir zu prüfen

 

  Weiter heißt es in Vers 2 im Anschluss an unsere Umgestaltung und die Erneuerung unseres Denksinns: »... damit ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei - der gute, wohlgefällige und vollkommene.«

  Erst der erneuerte Denksinn vermag zu prüfen, was der Wille Gottes in der jeweiligen Situation ist.

  Wie prüft man den Willen Gottes? Wie stellt man ihn für den konkreten Fall fest? Durch eifriges Forschen in der Heiligen Schrift und durch Gebet.

  Für die unzähligen Fälle des Lebens können natürlich keine detaillierten Anweisungen in der Schrift stehen, doch finden wir in ihr für jede Angelegenheit die geistliche Richtschnur für unser Handeln. Wegweisung geben uns insbesondere die Briefe des Apostels Paulus, dem die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung (oder: Verfahrensordnung) Gottes anvertraut ist (Eph.3:2,9; Kol.1:25). Paulus hat das, was er gelehrt hat, auch gelebt. Und das können wir nachlesen und nachahmen. Zur rechten Frömmigkeit, das heißt Wohlverehrung Gottes, in der derzeitigen Verwaltung führen seine Lehre (Tit.1:1) und sein Vorbild.

  Zur Prüfung, was der Wille Gottes sei, ist das Gebet unverzichtbar, wie der Apostel Paulus und Epaphras es uns vormachten. Paulus schrieb an die Kolosser: »Wir hören ... nicht auf, ... für euch zu beten und zu bitten, dass ihr mit der Erkenntnis Seines Willens in aller geistlichen Weisheit und allem geistlichen Verständnis erfüllt werdet, um des Herrn würdig zu wandeln und Ihm in jeder Weise zu gefallen - als solche, die in allem guten Werk Frucht bringen, in der Erkenntnis Gottes wachsen und mit aller Kraft nach der Gewalt Seiner Herrlichkeit gekräftigt werden zu aller Ausdauer und Geduld mit Freuden« (Kol.1:9-11). Von Epaphras berichtet Paulus: »Es grüßt euch Epaphras, der einer der euren ist, ein Sklave Christi Jesu, der allezeit in seinen Gebeten für euch ringt, damit ihr gereift dasteht und in allem Willen Gottes vollgewiss seid« (Kol.4:12). Und wenn es auch so ist, dass mit dem Willen Gottes in diesen Versen der das All umfassende Heilswille Gottes gemeint ist, so liegt der Wille Gottes für unseren Alltagswandel ja doch auf derselben Linie.

 

Der Wille Gottes

 

  Der Wille Gottes ist gut, wohlgefällig und vollkommen. Er ist nicht nur an sich gut, weil Gott alles zum Guten hinführt, an sich wohlgefällig, weil er uns und dermaleinst allen wohlgefällig sein darf, und an sich vollkommen, weil Gott Liebe ist und voll unübertrefflicher Weisheit, sondern wir sollen prüfen, ob unsere Handlungen in den Einzelfällen des Alltags den Willen Gottes treffen. So lasst uns das Gute tun, wie die Schrift es aufzeigt. Lasst uns wollen und wirken, was Gott und den Menschen wohlgefällig ist. Und lasst uns tun, was der Liebe entspricht und mithin vollkommen ist.

  Abschließend sei der kostbare Zuspruch des Apostels Paulus von Römer 12:1,2 wiederholt, damit nicht meine Worte, sondern dieses herrliche Wort des Apostels Christi Jesu in uns nachklinge und Frucht bringe in unserem Alltag: »Ich spreche euch nun zu, Brüder (im Hinblick auf die Mitleidserweisungen Gottes), eure Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen (als euren folgerichtigen Gottesdienst) und euch nicht auf diesen Äon einzustellen, sondern euch umgestalten zu lassen durch die Erneuerung eures Denksinns, damit ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei - der gute, wohlgefällige und vollkommene.«

 

Wirket eure Gaben aus

(Römer 12:3-13)

 

  Mit Kapitel Zwölf beginnt der Apostel Paulus den zweiten Hauptteil des Römerbriefs. Im ersten Hauptteil hat er die Grundlagen seines ihm eigens enthüllten Evangeliums (Gal.1:12) beschrieben, nämlich seine Lehre über unsere persönliche Rechtfertigung und Versöhnung, und zwar in den Kapiteln Drei bis Acht, über die nationale Rechtfertigung und Versöhnung, und zwar in den Kapiteln Neun bis Elf, und über die Souveränität Gottes im persönlichen und nationalen Geschehen, letztere von Kapitel 8:31 bis 9:29. Der zweite Hauptteil nun gibt uns Anweisungen für unseren Wandel. Wie sollen sich die Menschen, denen Gott mit ihrer Rechtfertigung und Versöhnung überströmende Gnade erwiesen hat, im Alltag verhalten? Das ist nun das Thema. - In der Gnade sind wir Gerettete (Eph.2:8) - das ist nicht aus uns. Gnade ist es auch, den Glauben segensreich auszuwirken. Auch das ist nicht aus uns, denn Er bereitet unsere Werke vor (Eph.2:10), und Er ist es, der unser Wollen und Vollbringen hervorruft (Phil.2:13).

  Paulus beginnt seine Anweisungen der Gnade entsprechend nicht mit einem »Du musst«, sondern mit einem Zuspruch, der im Hinblick auf das uns erwiesene Erbarmen folgerichtig ist und der darauf abzielt, dass wir uns Gott zum Dienst bereitstellen und uns in unserem Denken ändern lassen mögen, damit wir in der Lage seien zu prüfen, was der Wille Gottes für die jeweilige Situation ist. So schreibt der Apostel in Römer 12:1,2: »Ich spreche euch nun zu, Brüder, im Hinblick auf die Mitleidserweisungen Gottes, eure Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen (als euren folgerichtigen Gottesdienst) und euch nicht auf diesen Äon einzustellen, sondern euch umgestalten zu lassen durch die Erneuerung eures Denksinns, damit ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei - der gute, wohlgefällige und vollkommene.« Die Mitleidserweisungen Gottes, auf die Paulus Bezug nimmt, sind unsere geistlichen Segnungen, von denen er gerade zuvor geschrieben hat, nämlich unsere Freilösung, Rechtfertigung und Versöhnung sowie unsere Erwartung der Herrlichkeit Gottes. So gesegnet, ist es nur konsequent, uns von der egoistischen Lebensweise dieses Äons abzuwenden, unsere Körper zum uneingeschränkten Gottesdienst bereitzustellen und beim Denken auf das zu sinnen, worauf unser Herr und Retter Christus Jesus sinnt, damit wir den Willen Gottes tun mögen.

 

Zusprüche

 

  Ab Vers 3 folgen die einzelnen Zusprüche des Apostels Paulus für unseren Wandel und Dienst. Vers 3 - er beginnt mit »denn« - ist zugleich die Begründung dafür, warum Paulus uns in der in den Versen 1 und 2 beschriebenen Weise zuspricht, nämlich damit wir richtig gesinnt seien. und zwar im Hinblick darauf - jetzt greife ich auf die Verse 4 und 5 vor -, dass wir Glieder der einen Gemeinde sind, die Christi Körper ist (Eph. 1:22,23).

 

Aufgrund der Gnade

 

  Hören wir, was er in Vers 3 schreibt: »Denn aufgrund der mir gegebenen Gnade sage ich einem jeden unter euch, nicht über das hinaus zu sinnen, was man im Sinn haben soll, sondern darauf bedacht zu sein, gesunde Vernunft zu zeigen, so wie Gott einem jeden das Maß des Glaubens zuteilt.« Paulus sagt dies aufgrund der ihm gegebenen Gnade, denn in der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2) entfaltet nur die Gnade Gottes die Kraft in uns, Gott wohlgefällig zu denken und zu handeln. Ein Gesetz oder ein Gebot dagegen kann die Gesinnung Christi Jesu nicht in uns hervorrufen. Das Evangelium der Gnade Gottes aber, das Paulus verkündigt, ist die Kraft Gottes für uns, die wir glauben (Röm.1:16). Des Paulus Evangelium ist das Wort vom Kreuz. Dieses besagt, dass die gesamte alte Menschheit zu Tode gebracht wurde und nichts zu ihrer Rettung beitragen kann. Somit ist alles Gnade. Wer dies erkannt hat, ist kraftvoll. Die Gnade gestaltet uns um, sodass Christus immer mehr Gestalt in uns gewinnt (Gal.4:19) und wir ein Brief Christi werden, der von den Menschen deutlich gelesen werden kann (2.Kor.3:2). Die Gnade erzieht uns auch, die Unfrömmigkeit und die weltlichen Begierden abzulegen, sodass wir vernünftig, gerecht und fromm in dem gegenwärtigen bösen Äon leben und uns für edle Werke einsetzen können (Tit.2:12). In der Gnade hat Gott uns auserwählt und berufen (2.Tim.1:9), gerechtfertigt und ausgesöhnt (Röm.3:24; 5:1,2). Nichts haben wir zu unserem Vorgezogensein in der Rettung beigetragen (2.Thess.2:13). Wer in diesem Wissen gefestigt ist - wer in der Gnade gefestigt ist, hat im Sinn, was man im Sinn haben soll.

 

Die rechte Gesinnung

 

  Einem jeden unter denen in Rom sagt Paulus aufgrund der Gnade - und ein jeder unter uns darf sich ebenso persönlich angesprochen wissen -, »nicht über das hinaus zu sinnen, was man im Sinn haben soll.« Was sollen wir alle im Sinn haben? Ganz allgemein geantwortet: Das Wort Gottes, damit wir zu einem folgerichtigen, nämlich wortgemäßen Gottesdienst gelangen (griech. logikon;

logos = Wort; dem Wort Gottes gemäß handeln, das ist logisch). Und damit das Zusammenwirken in der herausgerufenen Gemeinde nicht gestört wird, sollen wir insbesondere danach streben, gleichgesinnt zu sein, untereinander gleichgesinnt zu sein, so wie Christus Jesus gesinnt ist. Das heißt nach Philipper 2:2-4, dass wir alle ein und dieselbe Liebe haben sollen, jeder den anderen in Demut sich selbst für überlegen erachten und nicht auf das Eigene, sondern auch auf das Wohl der anderen achten soll. Dann sind wir Christus gleichgesinnt. In 1.Korinther 2:16 schreibt Paulus: Wir haben den Sinn des Christus. Mögen wir uns daraufhin prüfen und wirklich darauf sinnen, worauf Christus sinnt, nämlich auf das Beste für uns Menschen und auf die Verherrlichung Seines Gottes und Vaters. Nur so ist ein ungestörter gemeinsamer Wettkampf im Dienst der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus möglich. Wir sollen denken, wie unser Herr denkt, ausgerichtet auf das, was Er erreichen will, und zwar: die Herausrufung der Auserwählten (2.Tim.2:10), die Auferbauung der Heiligen und die Verherrlichung Seines Gottes und Vaters.

 

Über was sollen wir nicht hinaussinnen?

 

  Nicht darüber hinaus sinnen sollen wir. Wer das schlichte Glauben des Wortes Gottes verlässt und darüber hinaus sinnt, indem er etwa auf besondere außerbiblische Erkenntnisse pocht oder auf willkürliche theologische Thesen oder stolz ist auf angebliche Offenbarungen des Geistes Gottes oder Erscheinungen von Boten Gottes, der ist ein Irregeführter und Irreführer. Denn der Apostel Paulus stellt ausdrücklich fest, dass wir durch Glauben wandeln und nicht durch Wahrnehmung (2.Kor.5:7). In Kolosser 2:18 warnt Paulus vor denen, die sich wichtigtun mit dem, was sie gesehen haben, und beschreibt sie als nichtig aufgeblasen vom Denksinn des Fleisches, des alten egoistischen Menschentums, und als solche, die sich nicht an Christus, das Haupt, halten. Ein erneuerter Denksinn aber sinnt nicht über das Wort Gottes hinaus und lässt sich auch nicht vom vom Zeitgeist lenken. Wer sich mit dem Zeitgeist vermählt, wird bald verwitwet sein.

  Wer über das hinaus sinnt, was geschrieben steht, glaubt nicht, dass das Wort Gottes für die gegenwärtige Verwaltung der Gnade Gottes durch den Apostel Paulus vervollständigt worden ist (Kol.1:25). Weitere Worte Gottes gibt es aber heute nicht. Paulus flehte die Korinther an, »nicht auf Dinge zu sinnen, die über das hinausgehen, was geschrieben steht, damit ihr nicht aufgeblasen werdet« (1.Kor.4:6). Und hier kann ich unmittelbar mit dem zweiten Teil unseres Verses 3 fortfahren:

»... sondern darauf bedacht zu sein, gesunde Vernunft zu zeigen, so wie Gott einem jeden das Maß des Glaubens zuteilt.«

 

Der souveräne Geber aller Gaben

 

  Gott teilt zu! Dieses Wissen ist das Ende jeder Aufgeblasenheit, Überheblichkeit und Wichtigtuerei gegenüber den Brüdern und Schwestern in der herausgerufenen Gemeinde. Wenn man die Größe und Herrlichkeit Gottes kennt und weiß, dass Gott Gott ist, das heißt der alles Verfügende, der alles Bewirkende, der alle an ihren Platz Setzende, der alle Sich Unterordnende, dann erfüllt tiefer Friede unsere Herzen, und jedes Konkurrenzdenken ist verflogen. Wenn man weiß, dass Gott einem jeden Gläubigen das Maß des Glaubens zuteilt, erkennbar an seinem Wandel und Dienst, ist man zur gesunden Vernunft gelangt und wird den Geschwistern, die größere oder kleinere Aufgaben in der Gemeinde verrichten, nicht mit Unvernunft begegnen. Man wird auch frei von Neid und Eifersucht im Selbstvergleich mit anderen Heiligen, denen Gott größere Reife oder einen größeren Wirkungskreis zugeteilt hat.

 

Wir sind eine Einheit

 

  Gesunde Vernunft hat, wer die Gläubigen als eine Einheit erkennt, wie Paulus mit dem guten Vergleich in den Versen 4 und 5 deutlich macht: »Denn wie wir an einem Körper viele Glieder haben, die Glieder aber nicht alle dieselbe Verrichtung haben, so sind auch wir, die Vielen, eine Körperschaft in Christus, im Einzelnen aber Glieder untereinander.« Wir haben zwar verschiedene Gaben von Gott bekommen und folglich unterschiedliche Aufgaben, aber deswegen soll keine Spaltung in der Gemeinde entstehen, wie es der Apostel Paulus in 1.Korinther 12:20-26 so schön schildert: »Es sind nun zwar viele Glieder, aber nur der eine Körper. Das Auge kann doch nicht zur Hand sagen: Ich bedarf deiner nicht! Oder wiederum der Kopf zu den Füßen: Ich bedarf eurer nicht! Sondern vielmehr sind die Glieder des Körpers, welche zu den schwächeren zu gehören scheinen, ebenso notwendig. ... Gott aber hat den Körper so zusammengefügt, dass Er dem Glied, das im Nachteil ist, weit mehr Ehre gibt, damit keine Spaltung im Körper entstehe, sondern die Glieder dieselbe Sorge füreinander haben. Und sei es, dass ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, oder dass ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit.«

  Möge mithin jeder unter uns seinen eigenen Platz in der Gemeinschaft der Gläubigen erkennen und würdigen ebenso wie den der Brüder und Schwestern, denn das Maß des Glaubens, das bei jedem zum Ausdruck kommt, auch in den unterschiedlichen Verrichtungen, hat unser großer Gott und Vater in Seiner Souveränität, Liebe und Weisheit zugeteilt.

 

Das Maß des Glaubens

 

  Was ist das Maß des Glaubens? Zunächst sei gesagt, dass Gott der Geber aller Gaben und Aufgaben ist; Er hat uns auch den Glauben in Gnaden gewährt (Phil.1:29). Die Er vorherbestimmt hat, dem Bilde Seines Sohnes gleichgestaltet zu werden, diese beruft Er auch; und die Er beruft, diese rechtfertigt Er auch; die Er aber rechtfertigt, diese verherrlicht Er auch (Röm.8:30); diese gestaltet Er auch jetzt schon um in das Bild Seines Sohnes von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie Er es ihnen zumisst (2.Kor.3:18).

  Das Maß des Glaubens ist der Stand unserer geistlichen Reife, den wir einnehmen nach der Zahl der Worte Gottes, die Er uns im Glauben mit geistlichem Verständnis erfassen ließ. Das Maß des Glaubens ist die Höhe, das Niveau, der Umfang und die Intensität unseres Vertrautseins mit dem Wort Gottes.

 

Das Wachstum des Maßes des Glaubens

 

  Das Maß unseres Glaubens ist veränderlich; unser Glaube wächst normalerweise. Unser Glaube wächst durch jedes gläubige Aufnehmen des uns dargereichten Wortes Gottes (Eph.4:16). Deshalb sollen wir uns daranhalten, täglich in der Bibel zu lesen und uns insbesondere mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre zu ernähren, denen Timotheus vollends gefolgt ist; das sind die Worte und die Lehre Christi Jesu, die der Apostel Paulus verkündigen durfte (1.Tim.4:6). Unser Glaube wächst auch nach dem Maß des Wirkens aller anderen Gemeindeglieder an uns, insbesondere der Evangelisten, Hirten und Lehrer (Eph.4:11,16).

  Unser treuer Gott und Vater will, dass das Wort der Wahrheit des Evangeliums in uns wächst und Frucht bringt (Kol.1:6). Unser herrlicher Gott und Vater will, dass wir in der Erkenntnis Seiner Selbst wachsen und gekräftigt werden zu aller Ausdauer und Freude im Dienst der Verkündigung des Evangeliums (Kol.1:10,11). Er will insbesondere den darum Bittenden geben (Kol.1:9).

  Aus der zunehmenden Kenntnis des Wortes Gottes und der daraus erwachsenden Erkenntnis Seiner Selbst sowie Seines souveränen, liebevollen, gerechten, weisen und zielgerichteten herrlichen Willens und Wirkens folgt für uns ein in der Liebe und in der Wahrheit gegründetes, gefestigtes und gereiftes Sinnen und Denken, Handeln und Dienen, kurz: ein gewachsener Glaube. Und infolge des steigenden Maßes unseres Glaubens dürfte auch unser Wirkungskreis wachsen. Das Maß unseres Wirkungskreises teilt Gott uns ebenfalls zu (2.Kor.10:13).

  Das Maß unseres Glaubens kann auch den Reifestand erreichen. Die von Christus der Gemeinde gegebenen Evangelisten, Hirten und Lehrer bemühen sich nämlich, die Heiligen aufzuerbauen, bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zum gereiften Mann, zum Maß des Vollwuchses der Vervollständigung des Christus, damit wir nicht mehr Unmündige seien, von jedem Wind der Lehre wie von brandenden Wogen hin und her geworfen und umhergetragen durch die Unberechenbarkeit der Menschen, durch die List des Widerwirkers, die darauf ausgeht, den Irrtum planmäßig zu verbreiten (Eph.:4:11-14). Möge unser Gott es uns in Gnaden gewähren, zur Reife, zum Maß des Vollwuchses, zu gelangen. Möge unser Glaube den Vollwuchs erreichen, also voll erwachsen werden. Wir sind im Begriff, voll erwachsen zu werden, wenn wir alles in Wahrheit und Liebe zum Wachsen bringen, hinein in Ihn, der unser Haupt ist, Christus (Eph.4:15). Wir sind dann voll erwachsen, wenn wir zu dem Glauben des Sohnes Gottes und zu der Erkenntnis des Sohnes Gottes gekommen sind, zu Seinem Maß. Wir sind zur Reife gebracht worden, wenn die Gesinnung in uns ist, die auch in Christus Jesus ist (Phil.2:5).

  Dann werden wir kraftvoll sein in der Gnade, dankbar sein für unsere geistlichen Segnungen in Christus Jesus, im Werk des Herrn allezeit überfließen und in freudevoller Erwartung der Herrlichkeit Gottes stehen.

 

Die Gnadengaben

 

  Die folgenden Verse 6 bis 8 handeln von den uns gegebenen Gnadengaben, in deren Ausübung wir unseren folgerichtigen Gottesdienst tun, und von der Art und Weise, wie wir sie ausüben sollen, damit sie unserem erneuerten Denksinn entsprechen. Wer auf den rechten Gebrauch der Gnadengaben bedacht ist, hat im Sinn, was man im Sinn haben soll und zeigt gesunde Vernunft. Selbstverständlich soll der Gottesdienst jedes Einzelnen mit den eigenen Gaben geschehen; es wäre unvernünftig, auf die Gabe eines anderen zu schielen.

  Gnadengaben sind Gaben, die Gott uns in Gnaden gewährt hat. Man nennt sie auch geistliche Gaben, weil sie geistlicher Natur sind (1.Kor.14:1), und Geistesgaben, weil sie Zuteilungen des Geistes Gottes sind (1.Kor.12:4).

  Betrachten wir jetzt die Gnadengaben. Vers 6 lautet: »Gemäß der uns gegebenen Gnade haben wir nun vorzügliche Gnadengaben: sei es Prophetenwort, so werde es gebraucht nach Maßgabe des Glaubens ...« Über die Prophetenworte schreibt Paulus in 1.Korinther 13:8-10+13: »Die Liebe wird niemals hinfällig. Seien es Prophetenworte, sie werden abgetan, oder Zungenreden, sie werden aufhören, oder Erkenntnisworte, sie werden abgetan. Denn bis jetzt erkennen wir nur aus einem Bruchteil und prophezeien aus einem Bruchteil. Wenn aber die Reife kommt, wird das aus dem Bruchteil abgetan werden. ... Von nun an aber bleiben Glaube, Erwartung, Liebe, diese drei.« Bleibend sind die drei Gnadengaben Glaube, Erwartung und Liebe, jeder Gläubige besitzt sie in unserer Verwaltung; doch bestimmte Gnadengaben, die in die Verwaltung des Übergangs von der pfingstlichen zur gegenwärtigen gehören, sind abgetan, seitdem die Reife da ist. Die Reife ist da, seitdem der Apostel Paulus mit den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser sein Evangelium zur Reife, auf das Vollmaß, brachte und das Wort Christi schließlich vervollständigte (Kol.1:25). Jetzt kann jeder Heilige zur Reife in Christus Jesus gelangen, und zwar allein durch das auf das Vollmaß gebrachte Evangelium des Apostels Paulus (Eph.4:13; Kol.1:28; 4:12). Nunmehr könnte kein Prophet mehr dem Wort Gottes etwas hinzufügen oder, wie es ehemals noch nötig war, zur Förderung der Gläubigen einen Mangel ausfüllen. Es gibt keine Propheten mehr; es braucht ja auch keine mehr. Das volle Licht bekommen wir heute durch das vervollständigte prophetische Wort, das uns allen vorliegt. Übrigens: Apostel und Propheten bilden die Grundlage des geistlichen Gebäudes (Eph.2:20). Gäbe es sie heute noch, würde ja heute noch Grund gelegt.

  Das Prophetenwort - inzwischen abgetan - sollte nach Maßgabe des Glaubens gebraucht werden, das heißt gemäß dem Glaubensgut, das Paulus verkündigte. Dementsprechend waren die Prophetenworte von den anderen anwesenden Propheten und den Gemeindegliedern zu prüfen und zu beurteilen (1.Kor.14:29; 1.Thess.5:21).

  Paulus schreibt weiter (Vers 7): »... sei es die Gabe des Dienstes, so betätige man sie im Dienst ...« In jeder Gemeinschaft von Gläubigen sind Dienste zu tun. Ob es nun darum geht, dass die Tische und Stühle im Versammlungsraum zurechtgestellt werden sollen oder Kranke zu besuchen sind oder sogar der Dienst eines Evangelisten zu tun ist - was der Dienst auch sei, man diene von ganzem Herzen, aus ganzer Seele, mit voller Hingabe, mit ganzem Einsatz.

  In Vers 7 b fährt Paulus fort: »... sei es, dass der Lehrende die Gabe hat, so wirke er in der Belehrung ...« Der Lehrer fügt unter Darlegung der Zusammenhänge Kenntnis auf Kenntnis, sodass die Geschwister in Christus Jesus zur Erkenntnis kommen. Er definiert, beschreibt und begründet unsere Freilösung, Rechtfertigung und Versöhnung, unseren Gnadenstand und Sohnesstand und vieles andere mehr. Er erklärt das Woher und Wohin, das Warum und Wozu und lenkt unsere Sinne auf die Weisheit und Herrlichkeit Gottes, sodass wir alle zur Anbetung bewegt werden.

  Vers 8a: »... sei es, dass der Zusprechende sie hat, so übe er sie aus im Zuspruch ...« Der Zusprechende versehe seine Gnadengabe im Ermutigen, Anregen, Trösten, Aufrichten, Ermahnen und - sofern er ein Ältester ist - auch im Ausüben der Gemeindezucht. Außerdem ist in Epheser 4:11 die Rede von Evangelisten, Hirten und Lehrern als Gnadengaben Christi. Beim Hirten dürfen wir an einen Zusprechenden denken. Der Hirte richtet die Herzen auf die Liebe Gottes und das Erdulden des Christus aus (2.Thess.3:5).

  Vers 8b: »... ebenso tue es der mit anderen Teilende in Herzenseinfalt ...« Wenn du gibst, dann sei nicht berechnend. Unser Herr Jesus sagte: »Du aber, wenn du Almosen gibst, lass deine Linke nicht erfahren, was deine Rechte tut, damit dein Almosen im Verborgenen sei; dein Vater, der im Verborgenen beobachtet, wird es dir vergelten« (Mat.6:3,4). Mögen wir übrigens nicht zu danken vergessen für unser Vermögen, aus welchem wir geben, da Gott es uns gegeben hat.

  »... der Vorstehende mit Fleiß ...« Vorsteher werden mit Ältesten gleichgesetzt und leiten die Gemeinde. Da ist an manches zu denken und allerlei zu tun. Aber auch derjenige, der einer kleineren Teilaufgabe vorsteht, soll seine Aufgabe mit Fleiß und in Treue erfüllen.

  »... der sich Erbarmende mit Freudigkeit.« Der sich Erbarmende nimmt sich der Not des Unglücklichen und Verzweifelten von ganzem Herzen an.

 

Die Liebe, die größte Gnadengabe

 

  Wenden wir uns nun den Versen 9 bis 13 zu. Sie sprechen allesamt von der Liebe, davon, wie wir die Liebe in mancherlei Beziehungen zum Ausdruck bringen sollen.

  Die Liebe ist die größte Gnadengabe (1.Kor.13:13). Gott hat Seine Liebe in unseren Herzen ausgegossen, als Er uns berief und Seinen Geist gab (Röm.5:5). Alle Gnadengaben und jeder Dienst sind nur dann wertvoll, wenn sie in der Liebe ausgeübt werden. Wenn wir alle Erkenntnis hätten und größten Glauben und sogar unseren Körper zum Opfer dahingeben würden, aber keine Liebe hätten, so wären wir nichts (1.Kor.13:1-3).

  Vers 9a: »Die Liebe sei ungeheuchelt!« Vorgetäuschte Liebe ist widerlich und bringt keine Frucht. Christi Liebe, der Sich Selbst ganz für uns dahingab, sei unser Vorbild.

  Vers 9b: »Seid solche, die das Böse verabscheuen und am Guten haften!« Die Liebe zieht klare Linien. »Hasst das Böse und liebt das Gute«, sagte der Prophet Amos (5:15). Und Paulus schreibt: »Haltet euch fern von allem, was böse aussieht« (1.Thess.5:22).

  Vers 10a: »In der geschwisterlichen Freundschaft seid einander herzlich zugetan ...« Das war in Thessalonich so selbstverständlich, dass Paulus ihnen darüber nichts zu schreiben brauchte, »denn ihr selbst seid von Gott gelehrt worden, einander zu lieben« (1.Thess.4:9).

  Vers 10b: »... in der Ehrerbietung einander höher achtend ...« Eine solche Demut ist nur möglich in der Gesinnung Christi Jesu, der Sich Selbst erniedrigte bis zum Kreuzestod. Die einem solchen Tun zugrunde liegende Liebe wird in 1.Korinther 13:4,5 als nicht ruhmredig, nicht aufgeblasen und nicht unschicklich beschrieben.

  Vers 11a: »... im Fleiß nicht zögernd ...« Mögen wir Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten nichts lässig tun. An unserem Fleiß lässt sich übrigens die rechte Art der Liebe prüfen (2.Kor.8:8).

  Vers 11b: »... im Geist inbrünstig ...« Es ist die Liebe unseres Herrn Christus Jesus, die uns in unserem Wandel und Dienst drängt (2.Kor.5:14). Die Glut Seiner Liebe führt uns zur ganzen Hingabe, zum ganzen Einsatz, zu einem hingebungsvollen Dienst.

  Vers 11c: »... dem Herrn als Sklaven dienend ...« Ja, auch darum geht es: Ihm zu dienen, Ihm zu gehorchen, damit das Wort renne und laufe und unser Gott und Vater in allem verherrlicht werde.

  Vers 12a: »... in der Erwartung freudevoll ...« Wir haben ein Ziel: Wir erwarten die Herrlichkeit Gottes für uns und für alle (Röm.5:2; 1.Kor.15:28). So dürfen wir in der Vorfreude und der Dankbarkeit überfließen.

  Vers 12b: »... in der Drangsal ausharrend ...« Wer sich einsetzt, setzt sich aus: der Kritik, dem Widerstand und der Feindschaft. Doch wir können in der Drangsal mit Frieden im Herzen ausharren, weil wir eine herrliche Erwartung haben und weil wir wissen, dass die Liebe Gottes nicht eher ruht, bis Er alle und alles in Herrlichkeit in Christus zur Vollendung gebracht hat.

  Vers 12c: »... im Gebet anhaltend ...« Welch ein Vorrecht, unsere Liebe zu Gott und den Menschen ständig in unseren Gedanken und Worten vor Gottes Angesicht bringen zu dürfen, fürbittend im Mitleid, danksagend für das Allesbewirken Gottes, und dies stets durch unseren Herrn Jesus Christus und zu unseres Vaters Verherrlichung!

  Vers 13a: »... zu den Bedürfnissen der Heiligen beisteuernd ...« Wahre Gemeinschaft steht füreinander ein. Wer die Bürden des Bruders oder der Schwester tragen hilft, erfüllt die Norm des Christus (Gal.6:2). Der Überfluss des einen gleiche den Mangel des anderen aus (2.Kor.8:14).

  Vers 13b: »... der Gastfreundschaft nachjagend!« Reisende haben manche Beschwernis. Darum tut ihnen Gutes. Übrigens wird Gastfreundschaft heutzutage vielfach auch dadurch geübt, dass man andere in seinem Auto ein Stück des Weges mitnimmt, ja sogar einen Umweg fährt.

  Alle diese Anweisungen sollen wir beherzigen und als Ausdruck unserer Liebe tun. Wenn wir diese Liebe üben, dann haben wir uns umgestalten lassen durch die Erneuerung unseres Denksinns, dann sinnen wir auf das, was man im Sinn haben soll und bringen den folgerichtigen Gottesdienst dar, und zwar ein jeder nach dem Maß des Glaubens, das Gott ihm zugeteilt hat.

 

Vergeltet niemandem Übles mit Üblem

(Römer 12:14-21)

 

In den Versen 14 bis 21 des zwölften Römerbriefkapitels fährt der Apostel Paulus fort, uns zu sagen, wie unser Wandel nach Gottes gutem, wohlgefälligem und vollkommenem Willen aussehen soll. Wie verhalten sich solche, die ihre Körper Gott als ein lebendiges, heiliges und Ihm wohlgefälliges Opfer bereitgestellt haben?

Segnet, die euch verfolgen!

 

Paulus schreibt in Vers 14: »Segnet, die euch verfolgen, segnet und verfluchet nicht!« Unser Herr Jesus Christus ging uns darin mit gutem Beispiel voran, der, als Er beleidigt wurde, nicht wieder beleidigte und, als Er litt, nicht gedroht hat, sondern es dem übergab, der gerecht richtet (1.Pet.2:23). Ebenso tat auch Paulus, der von sich sagen darf: »Beschimpft man uns, so segnen wir; verfolgt man uns, so ertragen wir es; lästert man uns, so sprechen wir zu« (1.Kor.4:12,13).

Diese Worte hören wir gern, doch wie sieht unsere Praxis aus? Woher bekommen wir die Kraft dazu? - Als unser Herr die Bedingungen für den Eintritt in das zukünftige Königreich Israels bekannt gab, sagte Er: »Liebet eure Feinde, handelt edel an denen, die euch hassen! Segnet, die euch verfluchen, betet für die, die euch verunglimpfen! Wer dich auf die eine Wange schlägt, dem biete auch die andere dar« (Luk.6:27-29). Wenn das Verlangen nach den Königreichssegnungen und die Furcht vor ihrem Verlust schon eine Kraft war, so zu handeln, wieviel mehr ist die uns erwiesene Gnade die Kraft für solche Reaktionen! Eingedenk der Tatsache, dass Gott mit der Welt versöhnt ist und keinem Menschen eine Kränkung anrechnet, werden auch wir unseren Feinden Versöhnung gewähren und Frieden mit ihnen halten. Nur weil wir geliebte Kinder Gottes sind, können wir in der Liebe wandeln. Nur das Evangelium der Gnade, des Friedens und der Liebe ist die Gotteskraft, die uns vor der Macht der Sünde rettet und uns die Kraft gibt, Gott wohlgefällig zu handeln.

Segnet, die euch verfolgen! Um dies tun zu können, bedarf es der Umgestaltung unseres Denksinns durch das lebendige Wort Gottes, und dann können wir unsere Bedrücker segnen, indem wir für sie beten und ihnen im Geist der Versöhnung begegnen.

Werden wir denn überhaupt verfolgt? Eine Verfolgung muss nicht körperliche Tätlichkeiten bedeuten, sondern kann in Benachteiligungen oder gesellschaftlichem Druck bestehen. Zur Zeit ist unsere Gesellschaft so tolerant, dass wir nicht verfolgt werden. Es mag einen Nachbarn geben, der uns wegen irgend einer misslichen Begebenheit feindlich gesonnen ist und Anlässe sucht, uns schlecht hinzustellen. Es könnten uns Geschwister in Christus Jesus wegen einer vermeintlichen Irrlehre bekämpfen oder verunglimpfen. Wer die Lehre des Apostels Paulus vertritt und seinen Wandel und Dienst vollends danach ausrichtet, wird erfahren, was in 2.Timotheus 3:12 geschrieben steht: »Aber auch alle, die fromm leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden.«

Segnet und verfluchet nicht! Wie kann man einen Menschen, der doch in der Gleichgestalt Gottes geschaffen ist, verfluchen (Jak.3:9)? - Dies aber werde Wirklichkeit bei uns: »Alles an Bitterkeit, Grimm und Zorn, alles Geschrei und alle Lästerung sei von euch genommen, überhaupt jedes üble Wesen. Werdet aber gegeneinander gütig und im Innersten wohlwollend, erweist euch gegenseitig Gnade, wie auch Gott euch in Christus Gnade erweist!« (Eph.4:31,32).

Freut euch mit den Freudevollen!

 

Vers 15 lautet: »Es gilt, sich zu freuen mit den Freudevollen, zu schluchzen mit den Schluchzenden.« Wenn ein Glied der Gemeinde verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit (1.Kor.12:26). Wenn unser Gott und Vater einem Familienmitglied eine Barmherzigkeit erwiesen hat, freuen wir uns von Herzen mit. Und sei es, dass ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, insbesondere die, die selber überwältigt sind von dem Mitleiden des Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus, dem Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs, der uns in all unserer Drangsal zuspricht, damit wir auch anderen in all ihrer Drangsal zusprechen können (2.Kor.1:3,4).

 

 

Seid gleichgesinnt!

 

Es gilt nach Vers 16 des Weiteren, untereinander gleichgesinnt zu sein. Und zwar sollen wir alle gleicher Gesinnung wie Christus Jesus sein, der Sich Selbst aller Herrlichkeit entäußerte und erniedrigte bis zum Kreuzestod. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir einander annehmen, so wie auch Christus uns angenommen hat zur Verherrlichung Gottes (Röm.15:5,7), dass wir ein und dieselbe Liebe haben, einer den anderen in Demut sich selbst für überlegen erachte und jeder nicht auf das Seine, sondern auch auf das Wohl der anderen achte (Phil.2:2-4).

Wir sollen nicht auf Hohes sinnen, sondern, davon weggeführt, uns zu den Niedrigen gesellen (Vers 16b). Wollten wir nicht alle einmal hoch hinaus? Die Gemeinschaft mit schwachen Menschen konnte dabei natürlich nichts nützen. Beherrschte uns nicht alle die Gesinnung des Fleisches, einflussreich werden zu wollen? Bis wir die Mitkreuzigung des Fleisches, unserer alten Menschheit, zusammen mit Christus erkennen durften. Jetzt wissen wir, dass Gottes Kraft sich in denen als mächtig erweist, die um ihre Gnadenbedürftigkeit wissen und sich vor Ihm demütigen. Gott widersetzt Sich den Hoffärtigen, den Demütigen aber schenkt Er Seine Huld. Gott wird alles abtun, was bei der Welt etwas gilt, damit sich überhaupt kein Fleisch von Seinen Augen rühmen kann (1.Kor.1:28,29). Mögen wir uns darum der nach weltlichen Maßstäben Niedrigen in der Gemeinde annehmen, der Armen und Kranken, der Belasteten und Bedrückten. »Helft einander die Bürden tragen, und erfüllt so das Gesetz des Christus« (Gal.6:2).

»Werdet nicht solche, die sich selbst für besonnen halten!« (Vers 16c). Zu diesem Thema sagte schon Salomo: »Siehst du einen Mann, der in seinen Augen weise ist - für einen Toren gibt es mehr Hoffnung als für ihn« (Spr.26:12). Jesaia warnte in Kapitel 5:21: »Wehe denen, die in ihren eigenen Augen weise sind und sich selbst für verständig halten.« Die gute und wohlgefällige Besonnenheit zeigt uns dagegen Sprüche 3:7 auf: »Sei nicht weise in deinen Augen, sondern fürchte Jewe und weiche vom Bösen.« Zu dieser gesunden Besonnenheit, zu dieser von der Gottesfurcht geprägten Vernunft gelangt, wer den Geist Gottes hat, den Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft (2.Tim.1:7). Dieser Geist begehrt, in uns die Frucht hervorzubringen, die uns unserer überhimmlischen Berufung würdig wandeln lässt, und zwar in aller Demut und Sanftmut, in Geduld und Liebe und im Erdulden (vgl. Eph.4:1,2).

Die Liebe rechnet das Üble nicht an

 

Der Apostel Paulus schreibt in Vers 17: »Vergeltet niemandem Übles mit Üblem.« In 1.Thessalonicher 5:15 fordert er alle Gläubigen auf: »Seht darauf, dass niemand einem anderen Übles mit Üblem vergelte, sondern jaget immer dem Guten nach, sowohl füreinander wie für alle!« Nicht auf eine Vergeltung mit Üblem sollen wir also sinnen, sondern - wie es für Heilige selbstverständlich sein sollte - auf das Gute. Die Anweisung des Gesetzes »Auge um Auge, Zahn um Zahn« (2.Mose 21:24) ist zwar sehr gerecht, und auch der Obrigkeit bleibt nichts anderes übrig, als wenigstens im Prinzip danach zu verfahren, um geschehenes Übel zu ahnden und zukünftiges Übel einzudämmen, wir aber haben eine andere Botschaft in Wort und Tat zu verkündigen, das Evangelium der Gnade, der Versöhnung und der Liebe. Ist nicht die Liebe Gottes in unseren Herzen ausgegossen (Röm.5:5)? Die Liebe rechnet das Üble nicht an (1.Kor.13:5), ebenso wenig wie unser Gott und Vater jemandem eine Kränkung anrechnet (2.Kor.5:19).

Und insofern unser Gerechtigkeitssinn nun doch eine Vergeltung fordert, so mögen wir besonnen werden und erkennen, dass das einzig gerechte Gericht bei Gott allein steht, der einem jeden nach seinen Werken vergelten wird (Röm.2:6). Das steht fest. Möge der Geist der gesunden Vernunft uns deutlich machen, dass wir gar nicht gerecht richten können, sondern dabei nur Gefahr laufen würden, Unrecht zu tun. Davor warnt uns dieses Wort.

Hinsichtlich des Üblen von Seiten der Gläubigen mögen wir 1.Korinther 6:7-9 aufs Ernsteste beachten, denn die Unrechttuenden unter uns werden in den zukünftigen Äonen an der Königsherrschaft Christi nicht teilnehmen. Es heißt da: »Nun ist es überhaupt schon ein allgemeiner Niedergang bei euch, dass ihr miteinander Rechtshändel habt. Weshalb lasst ihr euch nicht eher benachteiligen? Doch ihr tut Unrecht und benachteiligt andere, und das zwischen Brüdern! Oder wisst ihr nicht, dass die Ungerechten kein Losanteil an der Königsherrschaft Gottes erhalten werden? Irret euch nicht!«

Sinnet auf das Edle!

 

Seine Anweisung, niemandem Übles mit Üblem zu vergelten, stellt Paulus nun mit den folgenden Worten weit in den Schatten: »Seid angesichts aller Menschen auf Edles vorbedacht, wenn möglich durch das, was von euch kommt.« Als geliebte Kinder Gottes können wir Nachahmer Gottes werden und in Liebe wandeln, in einer Liebe, die vorausdenkt und überlegt, was dem anderen gut täte. Und mögen wir dann hingebungsvoll dienen in edler, außerordentlich guter, vorzüglicher Weise - so wie Gott an uns handelt -, und zwar möglichst aus dem eigenen Vermögen, tunlichst ohne andere zu belasten.

Gott wird gerecht vergelten

 

Die Verse 18 und 19 lauten: »Die mit allen Menschen Frieden halten, rächen sich selbst nicht, Geliebte; sondern gebt dem Zorn Gottes Raum, denn es steht geschrieben: Mein ist die Rache, Ich werde vergelten, so spricht der Herr.« Paulus spricht uns als Geliebte an, als Geliebte Gottes, und diese halten mit allen Menschen Frieden; nur das entspricht der Liebe. Ob der Gegner uns weiterhin bekämpft oder nicht - wir halten Frieden. Alles erduldet die Liebe (1.Kor.13:7). Ein Sklave des Herrn soll nicht zanken, sondern gegen alle sanft sein und Übles nachsichtig ertragen (2.Tim.2:24). Gott hält Frieden mit allen Menschen, Er straft in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade nicht. Mögen wir ebenso wie Er handeln, ja uns um den Frieden mit allen sogar bemühen. »Jaget dem Frieden mit allen nach« (Heb.12:14).

Die Geliebten Gottes rächen sich auch selbst nicht, ebenso wie Gott es heute tut. Wenn Gott Sich an Seinen Feinden rächen würde - wo wären wir dann? Wir waren Seine Feinde - als solche wurden wir durch den Tod Seines Sohnes mit Ihm versöhnt. Er gab Seinen Sohn für Seine Feinde dahin. Wie sollten wir uns angesichts dessen an unseren Feinden rächen wollen? Wir sollen dem Zorn Gottes Raum geben, der am Tag des Zorns und vor dem großen, weißen Thron über die Menschen kommen wird. Dabei übt Gott keine blinde Rache, sondern gerechtes Gericht. Seit Christi Tod für Seine Feinde hat das Wort »Rache« ohnehin keinen hoffnungslosen Klang mehr. Und erst recht ist Rache kein Bestandteil des Evangeliums des Christus, das Paulus verkündigte und heute bekannt zu machen ist; daher kommt Rache auch in unserem persönlichen Leben nicht in Frage, wie Paulus auch in Kolosser 3:8 schreibt: »Nun aber legt auch ihr das alles ab: Zorn, Grimm, übles Wesen, Lästerung, Schimpfworte aus eurem Mund.« Wir sind aufgefordert, das gesamte frühere Verhalten abzulegen, die alte Menschheit (die sich durch verführerische Begierden selbst ins Verderben bringt), und uns im Geist unseres Denksinns verjüngen zu lassen und die neue Menschheit anzuziehen, die Gottes Einwirken gemäß erschaffen wird in Gerechtigkeit und huldvoller Heiligkeit der Wahrheit (Eph.4:22-24).

Der Bissen

 

Mit Vers 20 gibt uns der Apostel Paulus nun ein konkretes Beispiel für den Umgang mit unseren Feinden: »Jedoch: Wenn deinen Feind hungert, gib ihm den Bissen! Wenn ihn dürstet, gib ihm zu trinken! Denn wenn du dies tust, wirst du feurig glühende Kohlen auf sein Haupt häufen.« Dies lesen wir bereits in den Sprüchen 25:21,22: »Wenn deinen Hasser hungert, gib ihm Brot zu essen, und wenn er durstig ist, gib ihm Wasser zu trinken; denn glühende Kohlen häufst du auf sein Haupt, und Jewe Selbst wird es dir vergelten.« Ein Feind ist eine besondere Gelegenheit, das Evangelium Gottes über Seinen Sohn praktisch zu bezeugen. Anstatt deinen konkurrierenden Kollegen hängen zu lassen, erweise ihm eine Freundlichkeit oder Erleichterung. Damit bringst du Christus zu ihm. - Der Bissen war im Orient nicht einfach irgendein Teil der Speise, sondern das beste Stück der Mahlzeit, mit dem der Gastgeber seinen Gast ehrte. Der Bissen war ein Zeichen der Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Erbarmen versorgt einen Feind mit Nahrung, Gnade aber serviert die Gabe mit Liebe und Ehrerbietung. Da dies der Weg war, mit dem Gott unsere Feindschaft gegen Ihn überwand, gab Er doch Sein Liebstes für uns ehemalige Sünder und Feinde, sollen auch wir diesen Weg einschlagen.

»... und Jewe Selbst wird es dir vergelten.« Frieden wird sich verbreiten, wo einst Hass war - so sieht die Vergeltung aus -, zumindest in deinem eigenen Herzen, und wenn Gott es bewirken will, auch in dem Herzen des anderen. Mögen wir uns nicht entmutigen lassen, wenn wir gegenteilige Erfahrungen machen. Das gehört zu unserer Glaubensschulung. »Irret euch nicht«, schreibt Paulus in Galater 6:7-10, »Gott lässt Sich nicht spotten; denn was auch ein Mensch sät, das wird er auch ernten; denn wer in sein Fleisch sät, wird aus dem Fleisch Verderben ernten; wer aber in den Geist sät, wird aus dem Geist äonisches Leben ernten. Wenn wir nun das Edle tun, so lasst uns nicht entmutigt werden; denn zu seiner gebührenden Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht ermatten. Demnach wirken wir nun, wie wir Gelegenheit haben, für das Gute an allen, am meisten aber an den Gliedern der Familie des Glaubens.«

Das Bild von den glühenden Kohlen besagt, dass das Gewissen angerührt wird. Unser Nächster - ja wirklich, dieser Ausdruck ist angebracht, wenn wir ihn tatsächlich als unseren Nächsten angenommen haben - wird wahrscheinlich nicht feuerrot vor Scham werden, wenn wir ihm so begegnen, wie Gott uns begegnet, aber es wird in ihm arbeiten und ihm zu denken geben.

Überwinde das Üble mit Gutem!

 

Paulus schließt diesen Briefabschnitt mit der folgenden Zusammenfassung: »Werde nicht vom Üblen überwunden, sondern überwinde das Üble mit Gutem!« Es gibt da wohl nur ein Entweder-Oder. Wer das Üble nicht mit Gutem überwindet, wird sicherlich vom Üblen überwunden werden.

Überwinde das Üble mit Gutem! Das ist ein Teil unseres folgerichtigen Gottesdienstes. Man kann es nur tun, wenn man seinen Körper Gott zu einem lebendigen und heiligen Opfer bereitgestellt hat (Röm.12:1). Man kann es nur, wenn man sich als ein am Kreuz Christi Mitgekreuzigter erkannt hat und wenn es uns ein Anliegen ist, dass uns nur das nicht geschehe, nämlich uns zu rühmen, außer im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus, durch das uns die Welt mit ihrer Jagd nach Macht und Ansehen gekreuzigt ist und wir der Welt. Die allerdings nach dieser Richtschnur die Grundregeln befolgen, auf die wird der Friede Gottes und Sein Erbarmen kommen (Gal.6:14,16).

Eine ähnliche Verheißung haben wir in Philipper 4:8,9: »Im übrigen, Brüder, alles was wahr ist, alles was ehrbar, alles was gerecht, alles was lauter, alles was freundlich, alles was wohllautend ist, wenn es irgendeine Tugend oder wenn es irgendeinen Lobpreis gibt, so ziehet diese in Betracht. Was ihr auch von mir gelernt und erhalten«, so schreibt Paulus, den wir nachahmen sollen, »gehört und an mir gewahrt habt, das setzt in die Tat um; dann wird der Gott des Friedens mit euch sein.« Wenn Gott mit uns ist und für uns, wer kann dann wider uns sein?

Wir sollen nicht nur Gutes tun, sondern Vollkommenes, denn Gott ist vollkommen und Sein Wille ebenso. Vom Vollkommenwerden sprach unser Herr Jesus Christus in Matthäus 5:43-48 zu Israel: »Ihr habt gehört, dass geboten worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters in den Himmeln werdet, weil Er ja Seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und es auf Gerechte und Ungerechte regnen lässt. Denn wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, was für einen Lohn habt ihr zu erwarten? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? Wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr Außergewöhnliches? Tun nicht dasselbe auch die aus den Nationen? So werdet ihr nun vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.« Ist dies einem Menschen aber nicht unmöglich? Und meint der eine oder andere unter uns nicht auch, dass wir das uns in Römer Zwölf Gebotene gar nicht tun können? Liebe Brüder und Schwestern in Christus Jesus, seien wir stets eingedenk, dass das, was geboten ist, auch verheißen ist. Aus uns heraus können wir es wirklich nicht, doch im Glauben, dass Gott Seine Verheißung an uns verwirklichen wird, dürfen wir erfahren, dass es geschieht - in Seiner Kraft. Sowohl Israel als auch wir werden dahin gebracht werden, vollkommen, heilig im Wandel und mitleidsvoll zu werden, so wie unser Vater vollkommen, heilig und mitleidsvoll ist.

 

 

 

Überlegene Sieger

 

»Werde nicht vom Üblen überwunden«, oder: Werde nicht vom Üblem besiegt. Sieger sollen wir sein, überlegene Sieger sogar aufgrund der unverbrüchlichen Liebe Gottes. So schreibt Paulus in Römer 8:35-37: »Was wird uns von der Liebe Gottes scheiden, die in Christus Jesus ist? Drangsal oder Druck und Verfolgung, Hunger oder Blöße, Gefahr oder Schwert? So wie geschrieben steht: Deinetwegen werden wir den ganzen Tag zu Tode gebracht, wie zu den Schlachtschafen werden wir gerechnet. Jedoch in all diesem sind wir überlegene Sieger durch den, der uns liebt.« Wer glaubt, dass Gott denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind und Ihn lieben, alles einschließlich der Drangsale zum Guten zusammenwirkt, ist ein überlegener Sieger. Ebenso ist ein überlegener Sieger, wer glaubt, dass Gott die gesamte Weltgeschichte durch Christus in Herrlichkeit zur Vollendung bringen wird. Wer Drangsale ohne Murren erträgt, ist ein Sieger, wer aber dafür danken kann, ein überlegener.

»... sondern überwinde das Üble mit Gutem.« Wer Übles nicht mit Üblem vergilt, ist ein Sieger, wer aber das Üble mit Gutem überwindet, ist ein überlegener Sieger.

Was ist das Gute, das wir unserem Gegner tun können? Da wären das Segnen zu nennen, das ist der Wunsch, dass Gott ihm Gutes erweise, und die Fürbitte; wir werden nicht schlecht über ihn reden, sondern gegebenenfalls Gutes über ihn sagen und ihm des Weiteren nötigenfalls praktische Hilfe angedeihen lassen. - Alles vermögen wir durch den, der uns kräftigt, Christus!

Mögen wir am Tag Christi mit vollen Händen vor unserem Herrn stehen, erfüllt mit der Frucht, die Seine Gerechtigkeit in uns gewirkt hat. Paulus betete darum, dass unsere Liebe noch mehr und mehr in Erkenntnis und allem Feingefühl dazu überfließe, dass wir prüfen, was wesentlich ist, damit wir auf den Tag Christi aufrichtig und unanstößig sind, erfüllt mit der Frucht der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus ist, zur Verherrlichung und zum Lobpreis Gottes (Phil.1:9-11).

Gott in Seiner Liebe bewegt uns, uns nach dem Ziel auszustrecken, das der Apostel Paulus uns in Epheser 5:1,2 vorgegeben und Christus, mit dem wir im Geist Gemeinschaft haben, erreicht hat: »Als geliebte Kinder werdet nun Nachahmer Gottes und wandelt in Liebe, so wie auch Christus euch liebt und Sich Selbst für uns als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hat, zu einem duftenden Wohlgeruch.« Wenn Christus in Liebe wandelt, dann auch wir. Möge unser gesamtes Verhalten zum Lobpreis unseres Herrn Jesus Christus dienen. Getreu ist, der uns berief: Er wird es auch in uns bewirken, und zwar das Wollen wie auch das Wirken nach Seinem Wohlgefallen.

Gottes Dienerin ist die Obrigkeit

(Römer 13:1-7)

 

Mit Kapitel Zwölf des Römerbriefs hat der Apostel Paulus seine Ausführungen über den Wandel der Gläubigen begonnen. Da die Obrigkeiten alle unsere Rechtsverhältnisse und den gesamten öffentlichen Lebensraum entscheidend prägen und wir somit ständig mit den Auswirkungen ihrer Beschlüsse in Berührung kommen, ist es erforderlich, uns auch zu schreiben, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten sollen. Paulus setzt den Abschnitt über die Obrigkeit wegen der Bedeutung für ein Gott wohlgefälliges Leben mitten in die Anweisungen der Kapitel 12 und 13 hinein, Liebe zu üben gegenüber den Geschwistern in Christus Jesus und den Außenstehenden, auf Edles vorbedacht zu sein und wohlanständig zu wandeln, denn genau so sollen wir uns gegenüber der Obrigkeit verhalten.

Was Paulus uns sagt, ist zu tun, denn er sagt es im Auftrag unseres Herrn Jesus Christus; jedoch will er uns keine Anweisung überstülpen, sondern er erwartet unser geistliches Verständnis für seine Anordnungen und spricht uns deshalb zu, wie man dem besten Freund etwas ans Herz legt. So beginnt er die Kapitel über den Wandel und Dienst der Heiligen mit dem Zuspruch, unsere Körper im Hinblick auf die Mitleidserweisungen Gottes als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen (als unseren folgerichtigen Gottesdienst) und uns nicht auf die Art und Weise dieses Äons einzustellen, sondern unsere Gesinnung umgestalten zu lassen durch die Erneuerung unseres Denksinns, damit wir zu prüfen vermögen, was der Wille Gottes ist - der gute, wohlgefällige und vollkommene (Röm.12:1,2). Die Bereitstellung für Gott und damit unsere Bereitschaft, Ihm zu gehorchen, bezieht sich auch auf unser Verhältnis zur Obrigkeit. Sich der Obrigkeit unterzuordnen, ist somit Teil unseres folgerichtigen Gottesdienstes. Gerade die Menschen mit dem vom Geist Gottes erneuerten Denksinn dürften die Einsicht dafür haben. Und was den Willen Gottes anbelangt, den wir zu tun anstreben - dies ist der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes:

 

Jeder ordne sich unter!

»Jede Seele ordne sich den über ihr stehenden Obrigkeiten unter; denn es gibt keine Obrigkeit außer von Gott. Die vorhandenen sind also von Gott verordnet« (Röm.13:1). Jede Seele ordne sich unter, hörten wir. Hier wird der Mensch vom Standpunkt seiner Seele, also seines Bewusstseins, angesprochen. Und nicht ein anderer soll den Menschen unterordnen, sondern jeder Mensch soll sich selbst mit seinem ganzen Bewusstsein unterordnen; die Unterordnung soll mithin aus innerer Überzeugung geschehen, »denn es gibt keine Obrigkeit außer von Gott. Die vorhandenen sind also von Gott verordnet.«

Daran gibt es keinen Zweifel, denn Gott ist Gott, das heißt Er ist der alles Verfügende, der alle an ihren Platz Setzende, der Sich alle Unterordnende, der Allgewaltige, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph.1:11). Wie auch immer Gott die Obrigkeiten ins Amt bringt, sei es durch Erbfolge oder Wahlen, durch verfassungsmäßige Stellenbesetzung oder gesetzwidrige Begünstigung, durch Revolution oder durch Krieg - sie sind von Ihm verordnet. Er hat auch für jede Nation Fristen und Wohngrenzen festgesetzt (Ap.17:26). Der Prophet Daniel betete: »Weisheit und Allmacht, sie sind Sein. Er ändert Zeiten und Fristen, lässt Könige vergehen und lässt Könige aufstehen« (Dan.2:21). Zu König Nebukadnezar sagte eine Stimme aus den Himmeln: »Sieben Jahre sollen an dir vorübergehen, bis du erkennst, dass der Höchste die Gewalt über das Königtum des Menschen hat und es gibt, wem Er will« (Dan.4:29).

Wie verhält es sich nun aber mit der gegensätzlichen Aussage des Widerwirkers, der unser Herr Jesus Christus nicht widersprach: »Die Vollmacht über alle Königreiche und ihre Herrlichkeit werde ich Dir geben; denn mir ist sie übergeben, und ich gebe sie, wem ich will« (Luk.4:6)? So verhält es sich: Gott hat dem Satan die Vollmacht über die Königreiche übergeben. Denn es muss in dem gegenwärtigen bösen Äon (Gal.1:4) offenbar werden, dass der Widerwirker die Nationen nicht zu Glanz und Herrlichkeit führen kann. Ohne Christus ist das trotz aller Anstrengungen Satans nicht möglich, denn ohne Christus, den Gekreuzigten, findet keine innere Erneuerung der Menschheit statt, was das Fundament eines bleibenden Wohlstands ist.

Von Gott, dem glückseligen und alleinigen Machthaber (1.Tim.6:15), geht alle Vollmachterteilung aus. Vollmacht bedeutet verliehene oder übertragene Gewalt. Er gab Seinem Sohn nach der Auferstehung »alle Vollmacht im Himmel und auf Erden« (Mat.28:18). Christus wird sie für die Äonen der Äonen ausüben (Off.11:15; 12:10). Doch jetzt schon sitzt Er zur Rechten Gottes inmitten der Überhimmlischen und ist hocherhaben über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und Herrschaft (Eph.1:20,21). Christus ist das Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit (Kol.2:10); sie alle sind Ihm untergeordnet (1.Pet.3:22).

Die Position des Widerwirkers ist weit unter dem Herrn Christus Jesus; seine Vollmacht kann er weder zeitlich noch inhaltlich überschreiten (Hiob 1:12; 2:6). Kein Geschöpf kann mehr tun, als Gott ihm ermöglicht. Der Widerwirker gibt seine Vollmacht über die Staaten denen, welchen er will. Dank sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus für Sein Wort, durch das wir erkennen dürfen, dass alles Handeln des Satans Gottes Vorsatz und hocherhabenen Gedanken entspricht (Jes.55:9) und dessen alles obwaltender Hand untergeordnet ist. Somit ist letztlich alles, was geschieht, Gottes Wirken. Gott ist der alleinige Unterordner im absoluten Sinne. »Denn Ich bin El! Und da ist sonst kein Elohim! Und da ist niemand gleich wie Ich« (Jes.46:9). Mögen die Nationen auch noch so sehr schnauben (Ps.2:1), für Ihn sind sie wie ein Tropfen am Eimer, wie Ätherstaub auf Waagschalen (Jes.40:15). Das All und das gesamte Geschehen darin sind aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin (Röm.11:36).

Unsere Herzen werden völlig ruhig und fest, ja von Freude still getragen sein, wenn wir uns Gott uneingeschränkt unterordnen. Unsere Unterordnung ist dann vollständig, wenn wir alle Seine Wege und Anordnungen einbeziehen, sei es den gegenwärtigen bösen Äon, die Einflussmöglichkeiten Satans oder die Einsetzung sterblicher und somit fehlbarer Menschen in übergeordnete Stellungen. Möge das in Apostelgeschichte 4:27,28 verzeichnete Gebet des Petrus und Johannes uns zur verständigen Unterordnung dienen: »Sie haben sich in dieser Stadt ... gegen Deinen heiligen Knecht Jesus versammelt ...: Herodes wie auch Pontius Pilatus mit den Nationen und den Völkern Israels, um alles auszuführen, was Deine Hand und Dein Ratschluss vorherbestimmt hatten, dass es geschehe.«

Widersetzt euch nicht!

 

Da die vorhandenen Obrigkeiten also von Gott verordnet sind, ist es nur konsequent, was der Apostel Paulus in Vers 2 schreibt: »Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, hat damit Gottes Anordnung widerstanden; die aber widerstanden haben, werden über sich ein Urteil erhalten.«

In unserem bösen Äon, in dem der Fürst des Vollmachtsgebiets der Luft in den Söhnen der Widerspenstigkeit wirkt und man in den Begierden des Fleisches einhergeht (Eph.2:2,3), kann auch die Herrschaft des Menschen über den Menschen nicht vollkommen sein. Politisches Handeln unterliegt immer der Gefahr des Irrtums. Menschliche Unzulänglichkeit, mangelhafter Überblick über die Entwicklung bei der Vorbereitung von Beschlüssen, Nachlässigkeiten bei ihrer Ausführung, Fehler unterschiedlichster Art oder einfach fehlendes Geld haben immer wieder Nachteile für einzelne Bevölkerungsgruppen zur Folge. Manche Entscheidung der Obrigkeit wird auch uns nicht angenehm sein. Natürlich können wir von den Rechtsmitteln Gebrauch machen; dürfen wir uns aber widersetzen, etwa unter Hinweis auf das Wort des Apostels Petrus vor dem Synedrium: »Man muss sich Gott eher fügen als den Menschen!« (Ap.5:29)? Wer das sagt, hat den Zusammenhang nicht nachgeschlagen. Petrus antwortete einer religiösen Obrigkeit, die ihm untersagte, Jesus Christus zu verkündigen (Ap.4:18; 5:40). Der Gehorsam gegenüber der weltlichen Ordnung ist damit nicht in den leisesten Zweifel gezogen. Wer dieses Bibelwort heranzieht, bleibt - das hat die Erfahrung gezeigt - immer schuldig zu sagen (außer ganz allgemeinen Argumenten, etwa dass die Schöpfung doch bewahrt werden müsse), wo in der Bibel Gott denn geboten oder verboten hat, gerade dies oder jenes zu tun oder zu unterlassen.

Wer das eine Petruswort kennt, möge das andere dieses Apostels nicht vergessen: »Ordnet euch jeder menschlichen Ordnung unter um des Herrn willen, sei es dem König als dem über allen Stehenden oder den Regierenden als den von ihm Gesandten: Übeltätern zur Rache, zum Lobpreis aber den Gutes Tuenden; denn so ist es der Wille Gottes, dass ihr durch Gutestun die Unkenntnis der unbesonnenen Menschen zum Verstummen bringt; als Freie und nicht als solche, die die Freiheit zur Bedeckung des Üblen haben, sondern als Sklaven Gottes. Ehret alle Menschen, liebt die Bruderschaft, fürchtet Gott und ehret den König« (1.Pet.2:13-17). Als Petrus dies schrieb, war übrigens Nero, gewiss kein Menschenfreund, Kaiser in Rom; aber ein bedeutender Ordnungsfaktor war sein Staat gleichwohl, und Recht und Gesetz galten. Das Wort Gottes ist von großer Klarheit: Wir dürfen uns der Obrigkeit nicht widersetzen. In den Sprüchen Salomos ist zu lesen: »Fürchte ... den König! Mit Aufrührern lass dich nicht ein!« (Spr.24:21).

Ein kurzes Wort zu unserer aktuellen Situation: Uns Deutschen, die wir überaus begünstigt sind, in einem Rechtsstaat zu leben, in der der Meinungsbildungsprozess gewährleistet ist und die Entscheidungsfindung den Gesetzen gemäß und gerichtlich nachprüfbar erfolgt, sollte klar sein, dass es auf keinem Gebiet ein Widerstandsrecht gegen die Staatsgewalt geben kann. Widerstand wäre »Handgemenge mit Fleisch und Blut« (Eph.6:12). Wir sind doch aber Botschafter des Friedens Gottes mit der Welt (2.Kor.5:18-20)! Unsere wahren Feinde sind die geistlichen Mächte der Bosheit inmitten der Überhimmlischen. Diese versuchen, uns vom Dienst der Versöhnung abzudrängen und uns in politisches Handgemenge zu verstricken. Auf deren Kriegslisten sollen wir nicht hereinfallen.

Tue das Gute!

 

Paulus begründet nun die Aussage von Vers 2, dass die, die widerstanden haben, ein staatliches Urteil erhalten werden, mit Vers 3: »Denn die Oberen sind nicht für das gute Werk ein Anlass zur Furcht, sondern für das Üble. Willst du aber die Obrigkeit nicht fürchten müssen, so tue das Gute, und du wirst von ihr Beifall haben.« Für das Gute an allen, nicht nur am meisten an den Gliedern der Familie des Glaubens, sollen wir ohnehin wirken (Gal.6:10); möge unser Gott uns Gelegenheiten dazu geben. Das Gute ist das, was nach Gottes Worten gut ist. Zu dem Guten gehört in grundlegender Weise die Unterordnung.

Ähnliches schreibt Paulus an Titus: »Erinnere sie daran, sich den Fürstlichkeiten und Obrigkeiten unterzuordnen, sich zu fügen und zu jedem guten Werk bereit zu sein, niemand zu lästern, nicht zänkisch, sondern gelinde zu sein, allen Menschen jede Sanftmut erzeigend« (Tit.3:1,2).

Gottes Dienerin ist sie

 

Warum wir Gutes angesichts der Obrigkeit tun sollen, legt Paulus jetzt in Vers 4 dar: »Denn Gottes Dienerin ist sie, dir zum Guten.« Welch eine positive Würdigung! Ohne die staatliche Ordnungsmacht würde alles »drunter und drüber« gehen. Doch wir haben tiefere Beweggründe, die Obrigkeit anzuerkennen, denn wir erkennen sie als Gottes Dienerin. Wir wissen, dass Gott denen, die Ihn lieben, alles zum Guten zusammenwirkt - denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind (Röm.8:28). Zu unserem Guten gebraucht Er auch als Seine Dienerin die Obrigkeit, die Teil der göttlichen Ordnung für diesen Äon ist.

Gottes Diener waren auch Nebukadnezar und Cyros. Jewe Elohim bezeichnete ausdrücklich Nebukadnezar als Seinen Knecht (Jer.25:9; 27:6; 43:10) und Cyros als Seinen Gesalbten (Jes.45:1). Und von den Schiedsrichtern im alten Israel wird gesagt, dass sie nicht im Namen von Menschen richten, sondern im Auftrag Jewes (2.Chron.19:6).

Sie trägt das Schwert nicht umsonst

 

Der Apostel Paulus fährt in Vers 4 fort: »Wenn du aber das Üble tust, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht nur zum Schein; ist sie doch Gottes Dienerin, eine Rächerin zum Zorngericht dem, der das Üble verübt.« Auch im Strafvollzug bis hin zur Todesstrafe ist sie Gottes Dienerin, damit das Üble nicht überhand nimmt.

Um des Gewissens willen

 

Es schließt sich Vers 5a an: »Darum die Notwendigkeit, sich unterzuordnen, nicht allein um des Zorngerichts willen, sondern auch um des Gewissens willen.« Nicht nur wegen der Gerichtsbarkeit ordne sich jede Seele unter, sondern auch um des Gewissens willen, eben weil man in der Unterordnung »gewissenhafter« als sonst prüft, was das Gute und was das Üble ist. (Das Gewissen ist das Bewusstsein von gut und böse.)

 

 

Steuern

 

Paulus schreibt weiter: »Denn deshalb entrichtet ihr auch Steuern; denn Gottes Amtsträger sind sie, zu diesem Zweck anhaltend tätig« (Vers 6). Um des Gewissens willen entrichtet ihr Steuern, denn es überzeugt euch von dem Erfordernis, dass die Ausgaben des Staates, der Dienerin Gottes euch zugut, finanziert werden müssen. Die Steuereinnehmer sind somit Amtsträger Gottes; darum erfüllt eure Steuerpflicht. Nicht nur die mit der Steuer befassten, sondern alle Bediensteten sind Gottes Amtsträger. Beachten wir diese hohe Würdigung, die Gottes Wort ihnen zumisst.

Wir kommen zum letzten Vers: »Bezahlt allen die Schuldigkeiten: Steuer, wem die Steuer, Zoll, wem der Zoll gebührt; Furcht, wem die Furcht, und Ehre, wem die Ehre gebührt.« So sprach bereits unser Herr Jesus Christus: »Bezahlt dem Kaiser, was des Kaisers ist (Mat.22:21); Mark.12:17; Luk.20:25). Unter der Furcht darf wohl der Respekt vor Autoritäten verstanden werden. Dem König und seinen Beauftragten gebühren Furcht und Ehre (Spr.24:21; 1.Pet.2:17). Der Apostel Paulus erwies den Statthaltern Felix und Festus sowie dem König Agrippa die gebotene Ehre. Auf keinen Fall sollen wir die übergeordneten Menschen schmähen oder verhöhnen, denn es steht geschriebenb: »Gegen einen Oberen deines Volkes sollst du nicht übel reden« (Ap.23:5; 2.Mose 22:28). Denn das ist gegen die Liebe und frisst um sich wie kalter Brand.

 

Im Falle eines Unrechtsstaates

 

Nun ist die Frage zu erörtern, wie wir uns gegenüber einem Unrechtsstaat, einer totalitären Obrigkeit gegenüber verhalten sollen. Die Antwort ist: Da ist kein Unterschied: »Jede Seele ordne sich den über ihr stehenden Obrigkeiten unter; denn es gibt keine Obrigkeit außer von Gott. Die vorhandenen sind also von Gott verordnet.«

Wenn die Obrigkeit, die die weltlichen Dinge zu ordnen hat, jedoch ihre Grenze überschreitet, sich in Glaubensdinge einmischt und Ungehorsam gegen Gott verlangt, können wir ihr nicht gehorchen. Die Bejahung des Widerstands in diesem Falle bedeutet aber nicht, dass dem Unrechtsakt des Staates ein Unrechtsakt des Gläubigen entgegengesetzt werden darf, sondern bedeutet die Bereitschaft, zu erdulden und zu leiden. Wenn der Staat zum Beispiel verbietet, das Wort Gottes in der Öffentlichkeit zu verkündigen, Traktate auf der Straße zu verteilen oder sich zu mehr als zum Beispiel acht Personen in einer Privatwohnung zu versammeln, dann haben wir zu gehorchen und zu erdulden. Wenn man uns sagt: »Du musst deinem Glauben abschwören, wenn du den Studien- oder Arbeitsplatz erhalten willst!«, dann bleibt uns nur zu leiden übrig. Auf keinen Fall dürfen wir Unrecht tun, wir führen doch nicht Krieg dem Fleische nach (2.Kor.10:3), sondern stehen im Dienst der Versöhnung (2.Kor.5:18).

Und wenn wir leiden müssen, so dürfen wir wissen, dass unser Gott und Vater es uns in Gnaden für Christus gewährt hat, für Ihn zu leiden (Phil.1:29). Es ist Gnade, um des Gewissens willen vor Gott Trübsale zu ertragen und ungerecht zu leiden, schrieb Petrus (1.Pet.2:19). Wichtig beim Leiden ist, das gute Gewissen nicht zu verlieren; das wird uns nur gelingen, wenn wir sanftmütig bleiben (1.Pet.3:16). Paulus schreibt an Timotheus: »Jage ... der Sanftmut im Leiden nach« (1.Tim.6:11). Mögen wir auch nicht die Geduld verlieren, denn es gilt, in der Drangsal auszuharren (Röm.12:12).

In allem aber sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus gesegnet, der Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs, der uns in all unserer Drangsal zuspricht (2.Kor.1:3). Er spricht uns zum Beispiel mit diesen Worten zu: »Nicht ein Spätzlein wird auf die Erde fallen, ohne dass euer Vater es will. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Haupt alle gezählt! Daher fürchtet euch nicht!« (Mat.10:29-31). »Wenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein?« (Röm.8:31). »Was wird uns von der Liebe Gottes scheiden, die in Christus Jesus ist? Drangsal oder Druck und Verfolgung, Hunger oder Blöße, Gefahr oder Schwert? So wie geschrieben steht: Deinetwegen werden wir den ganzen Tag zu Tode gebracht, wie zu den Schlachtschafen werden wir gerechnet. Jedoch in all diesem sind wir überlegene Sieger durch den, der uns liebt« (Röm.8:35-37).

Zudem wissen wir, dass alles Gottes Ratschluss dient, dass alles aus Ihm ist und durch Ihn und zu Ihm hin (Röm.11:36) und dass Er uns alles zum Guten zusammenwirkt (Röm.8:28). Dazu gebraucht Er auch Seine Dienerin, die Obrigkeit. Alles steht unserem Gott und Vater zur Verfügung, um uns in das Bild Seines Sohnes umzugestalten von Herrlichkeit zu Herrlichkeit (2.Kor.3:18).

Drei alle berührenden Fragen

 

Am Rande seien noch folgende Fragen kurz angesprochen:

Sollen wir wählen gehen? Durchaus, denn Paulus schreibt: »Im Übrigen, Brüder, alles was wahr ist, alles was ehrbar, alles was gerecht, alles was lauter, alles was freundlich, alles was wohllautend ist, wenn es irgendeine Tugend oder wenn es irgendeinen Lobpreis gibt, so zieht diese in Betracht« (Phil.4:8). In einer Demokratie ist Wählen ehrbar, gerecht und tugendhaft; folglich zieht dies in Betracht.

Sollte man in einen Verband oder Verein eintreten oder in einem Elternbeirat mitwirken? Das steht uns frei, doch haben wir zu »prüfen, was wesentlich ist« (Phil.1:10) und mithin zurückhaltend zu sein.

Sollte man in eine Partei eintreten? Ich gebe zu bedenken, dass unsere Interessen ganz anderer Art sind. Wir sind Botschafter des Friedens Gottes mit allen Menschen (2.Kor.5:19) und nicht des Kampfes gegen Menschen, die der gegnerischen Partei anhängen. Wer aber sagt: »Nur in einer Partei und durch eine Partei kann ich in der Welt etwas verändern«, der muss wissen, dass er dies nur bei vollem Einsatz aller Kräfte anstreben kann. Wir aber haben Wichtigeres zu tun als auf Erden herrschen zu wollen, nämlich uns das Wort Gottes umfassend anzueignen (Kol.3:16) und uns im Dienst des Herrn einzusetzen.

Fürbitte und Danksagung

 

Das Wichtigste zuletzt: Unsere edelste Betätigung für die Obrigkeit und unsere größte Einflussmöglichkeit auf sie ist unser Gebet. Deshalb spricht der Apostel Paulus dem Timotheus »vor allem anderen zu, dass Flehen, Gebete, Fürbitten und Danksagung getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in übergeordneter Stellung sind, damit wir eine ruhige und stille Lebensweise vollführen mögen, in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit; denn dies ist schön und willkommen vor den Augen Gottes, unseres Retters, welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen« (1.Tim.2:1-4).

Dies ist keine Zusage, dass es keine schlechten Zeiten geben würde, sondern eine Verheißung, dass wir in jeder Weltlage eine ruhige und stille Lebensweise vollführen werden, wenn wir unserem Gott und Vater, dem Allgewaltigen, alles im Gebet mit Danksagung vortragen im Vertrauen, dass Er der allein Weise ist, der auch durch unser Verhalten die Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit führen will und der zudem alles in Herrlichkeit in Christus zum Ziele bringen und vollenden wird.

Ihm sei der Lobpreis und der Dank im Namen unseres Herrn Jesus Christus!

 

Was wir allen schulden

(Römer 13:8-14)

 

Die Vollendung der Anweisung

 

Wie sieht unser Wandel in dieser Welt aus? Sind wir auf den Tag Christi ausgerichtet und verhalten wir uns somit aufrichtig und unanstößig, Gott wohlgefällig in freudiger Erwartung des Erscheinens unseres Herrn Jesus Christus? Ist uns immer bewusst, dass wir in Christi Blut von allen Sünden gerechtfertigte, durch Seinen Tod mit Gott ausgesöhnte, in Seinem geliebten Sohn überströmend begnadete und über alle Maßen geliebte Kinder Gottes sind? Handeln wir mithin stets gerecht, im Geist der Versöhnung mit allen Frieden haltend, gnadenreich und liebevoll? Überwältigt von der Gnade Gottes, können wir eigentlich gar nicht anders. Die Liebe Gottes, in der Dahingabe Seines Sohnes für uns leuchtend dargestellt und in unseren Herzen ausgegossen durch den uns gegebenen heiligen Geist, gestaltet doch unseren Denksinn, unseren Willen und unser Tun völlig um.

Vom zwölften Römerbriefkapitel an befasst sich der Apostel Paulus mit der Bereitstellung unserer Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer und bezeichnet diese Hingabe als unseren folgerichtigen Gottesdienst. Angesichts der Mitleidserweisungen Gottes uns gegenüber ist das nur logisch und konsequent. Damit ist auch klar, dass wir uns nicht auf den gegenwärtigen bösen Äon einstellen, sondern prüfen sollen, was der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist (Röm.12:1,2).

Hierzu hat der Apostel in den Kapiteln Zwölf und Dreizehn viele Anweisungen gegeben. Die Vollendung aber der Anweisung ist Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben (1.Tim.1:5). Darauf kommt Paulus nun zu sprechen.

Liebet einander!

 

Er schreibt in Römer 13:8: »Seid niemanden irgend etwas schuldig, außer einander zu lieben; denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt.« Viele Schuldigkeiten lassen sich durch einmalige Leistungen ablösen. Die Verpflichtung, den anderen zu lieben, besteht aber immer und ist niemals mit der Tat der vergangenen Stunde abgegolten. Insofern bleiben wir immer Schuldner der Liebe. Das hat nichts mit Schuld zu tun; ein Versäumnis in der Vergangenheit liegt nicht im Blickfeld unseres Schriftabschnitts. Es geht um die jeweils neu eintretende Gegenwart, in der es den anderen weiterhin zu lieben gilt, und durchaus auch um die Zukunft, da manche edle Tat vorbedacht sein will. Paulus sagte von sich, dass er den Griechen und den Nichtgriechen, den Weisen wie auch den Unvernünftigen gegenüber ein Schuldner sei. Daher habe er das Verlangen, auch denen in Rom Evangelium zu verkündigen (Röm.1:14,15). In diesem Sinne sind wir Schuldner, indem wir das noch nicht erfüllte Verlangen haben, auch morgen und übermorgen Liebe zu üben.

Derjenige liebt seinen Nächsten, der ihm das Evangelium Gottes über Seinen Sohn nahebringen will, das Kostbarste, was es für einen Menschen gibt. Das ist der besondere Liebesdienst. Daneben gibt es eine unüberschaubare Vielzahl von Betätigungen unserer Liebe in Ehe und Familie, Beruf und Gesellschaft, an Armen und Kranken, an Schwachen im Glauben und an unseren Brüdern und Schwestern in Christus Jesus überhaupt in all ihren Aufgaben und auch Nöten. So wirken wir nun, wie wir Gelegenheit haben, für das Gute an allen, am meisten aber an den Gliedern der Familie des Glaubens (Gal.6:10). Keine Grenzen sind unserer Liebe gesetzt. Möge die uns innewohnende Liebe Gottes uns zu einem hingebungsvollen Leben in der Liebe drängen.

In Erfüllung des Gesetzes

 

Es mag uns verwundern, dass Paulus schreibt: »... denn wer den andern liebt, hat das Gesetz erfüllt.« Was haben wir denn mit dem Gesetz zu tun? Gewiss ist das Gesetz des Mose nur dem Volk Israel gegeben, und zweifellos sind wir nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade (Röm.2:14; 6:14), doch ist das Gesetz heilig, gerecht und gut und tut uns den erklärten Willen Gottes kund, wenn auch bezogen auf das auserwählte Volk und auf andere heilsgeschichtliche Verwaltungen als in der wir leben. Und deshalb dürfen wir wissen - sollte man uns an diesem Gesetz messen -, dass wir es erfüllt haben, wenn wir den anderen lieben. Da die Summe des Gesetzes die Liebe ist, zeigt uns Paulus am Gesetz, wie wichtig die Liebe ist.

Der Gedanke, durch das Halten des Gesetzes vor Gott etwas erreichen zu wollen, ist völlig abwegig - nicht nur in diesem Zusammenhang -, wird doch vor Gott niemand durch das Gesetz gerechtfertigt. Weil wir wissen, dass der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben Christi Jesu, so glauben wir an Christus Jesus, damit wir aus Seinem Glauben und nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt werden (Gal.2:16). Und nicht nur unsere Rechtfertigung, sondern auch unser Wandel als Gerechtfertigte geschieht nur aus Glauben. Unser Glaube aber ist durch die Liebe wirksam, er wirkt sich in der Liebe aus (Gal.5:6). Denn was wir im Fleisch leben, leben wir im Glauben, dem des Sohnes Gottes, der uns liebt und Sich Selbst für uns dahingegeben hat (Gal.2:20).

Wir lieben nicht zur Erlangung der Rettung, sondern in Auswirkung unserer Rettung. Wir handeln nach einem höheren Gesetz, nämlich dem Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus (Röm.8:2). Damit erfüllen wir gewissermaßen zugleich auch das Gesetz des Buchstabens, das in seinem Wesen geistlich ist (Röm.7:14) und deshalb nur im Geist Christi, mithin im Glauben und in der Liebe, im rechten Sinn erfüllt werden kann.

Der Apostel Paulus hebt besonders hervor, den anderen, buchstäblich: den andersartigen, zu lieben. Das können Nichtberufene sein, Menschen aus anderen Kulturkreisen oder mit anderer Lebensweise, uns unsympathische oder welche auch immer, bei denen es uns schwerfällt, sie zu lieben. Damit ist offenbar, dass uns nur die von Gott empfangene Liebe befähigt, sie zu lieben, indem wir völlig selbstlos werden, alles aufgeben und alles erdulden. Denn die herausgerufene Gemeinde Christi hat eine Liebesmission Gottes an der Welt zu erfüllen.

Das höchste Gebot

 

Paulus schreibt in Vers 9: »Denn das Gebot: du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht morden, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch zeugen, du sollst nicht begehren, oder irgendein anderes Gebot, es gipfelt in diesem Wort, in dem ›Lieben sollst du deinen Nächsten wie dich selbst!‹ « So hatte es auch unser Herr Israel ins Gedächtnis gerufen: »Lieben sollst du den Herrn, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Denkart. Dieses ist das große und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Lieben sollst du deinen Nächsten wie dich selbst! An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten« (Mat.22:37-40). An der Liebe hängt somit jedes Gebot, in der Liebe gipfelt alles. Wenn aber alles auf sie ankommt, ist die Gesinnung der Liebe unabdingbar und die Verpflichtung zur Liebe nicht abtragbar.

Paulus hat Unterlassungsgebote aufgezählt, denn auch das Unterlassen des Negativen gehört zur Liebe. - Wie uns selbst sollen wir unseren Nächsten lieben. Machen wir uns ruhig bewusst, wie sehr wir unseren Körper hegen und pflegen und für das Wohlbefinden unserer Seele - sie ist das Bewusstsein und Empfinden - sorgen und sicherlich auch unseren Geist reichlich mit dem Wort der Gnade und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren. Mögen wir dementsprechend an unseren Nächsten handeln, getreu dem Wort unseres Herrn: »Und so wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, gleicherweise tut auch ihr ihnen!« (Luk.6:31). Und möge nicht nur von Timotheus, sondern auch von uns gesagt werden, dass wir ebenso wie Paulus empfinden, in rechter Art um des Ergehen der Heiligen besorgt sind und nicht das Unsere, sondern das suchen, was Christi Jesu ist (Phil.2:20,21).

 

Die Vervollständigung des Gesetzes

 

Paulus fährt in Vers 10 fort: »Die Liebe bewirkt dem Nächsten nichts Übles; folglich ist die Liebe nun die Vervollständigung des Gesetzes.« Das Gesetz wird vervollständigt oder vollkommen gemacht durch unseren Wandel in der Liebe; ein solcher Wandel ist nur in Christus Jesus, unserem Herrn, möglich. Das ist die Überbietung aller Gebote. Das ist der überragende Weg.

Der Apostel Paulus beschreibt den alles überragenden Weg in 1.Korinther 13:1-7 wie folgt: »Wenn ich in den Zungen der Menschen und der himmlischen Boten spräche, aber keine Liebe hätte, so wäre ich wie ein klingender Kupfergong oder wie eine schmetternde Cymbel. Und wenn ich Prophetenworte hätte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis, ja wenn ich all den Glauben hätte, sodass ich Berge versetzen könnte, aber keine Liebe hätte, so wäre ich nichts. Und wenn ich all meinen Besitz austeilen und wenn ich meinen Körper dahingeben würde, um mich dessen zu rühmen, aber keine Liebe hätte, so würde es mir nichts nützen.« Die größte aller Gnadengaben Gottes ist die Liebe; ihr sollen wir darum nachjagen, sie sollen wir hingebungsvoll entfalten, auswirken, weitergeben. Niemals hört sie auf, denn Gott Selbst ist Liebe, die Liebe, die uns drängt, nicht mehr länger uns selbst zu leben, sondern dem, der alle liebt und deshalb für alle starb und auferweckt wurde.

Als geliebte Kinder Gottes kann es nicht ausbleiben, dass wir Nachahmer Gottes werden und in Liebe wandeln, so wie auch Christus uns liebt und Sich Selbst für uns als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hat, zu einem duftenden Wohlgeruch (Eph.5:1,2). Und wenn wir in der Liebe wandeln, werden wir gegeneinander gütig und im Innersten wohlwollend sein und uns gegenseitig Gnade erweisen, wie auch Gott uns in Christus Gnade erweist (Eph.4:32).

Wache auf!

 

Nochmals fordert uns der Apostel Paulus auf zu lieben, diesmal unter Hinweis auf die Frist, in der wir leben. Er schreibt in den Versen 11 und 12a: »Und dies tut, wissend um die Frist, da die Stunde für uns schon da ist, aus dem Schlaf erweckt zu werden; denn nun ist unsere Rettung näher als damals, als wir gläubig wurden; die Nacht ist schon vorgeschritten, und der Tag ist nahegekommen.« In welcher Frist leben wir? Wir leben in den Fristen der Nationen, in denen nicht Israel, sondern die Nationen das Sagen auf Erden haben (Luk.21:24). Wenn Israel als Volk wiederangenommen und gerettet wird, werden diese Fristen zu Ende sein. Wir leben in der heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes, die Paulus für uns, die aus den Nationen, gegeben wurde (Eph.3:2). Wir befinden uns des Weiteren in den nachmaligen Fristen, in welchen etliche vom Glauben abfallen, indem sie auf irreführende Geister und Lehren von Dämonen achtgeben (1.Tim.4:1). Sie wandeln nicht mehr durch Glauben, sondern durch das, was sie von Dämonen und Menschen hören. Wir stehen in der gefährlichen Frist der letzten Tage unserer Heilsverwaltung, in der viele Gläubige selbstsüchtig und hoffärtig, zügellos und genusssüchtig sind, eine Form der Frömmigkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen, einen verkommenen Denksinn haben und unbewährt im Glaubensleben sind (2.Tim.3:1-9).

Alle diese Fristen seien aber nur als Hintergrund erwähnt, denn es geht in erster Linie darum, dass jeder für sich persönlich erkennt, in welch einer wohlannehmbaren Gnadenfrist er lebt, und es jetzt gilt, die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen zu haben und nicht länger zu schlummern, sondern wach zu werden und sich in der Liebe zu allen Menschen in den Dienst des Herrn Jesus Christus zu stellen. Jetzt ist die Frist da, um aktiv zu werden!

Die Stunde ist schon da, um aus dem Schlaf erweckt zu werden. Ähnlich schreibt Paulus in 1.Thessalonicher 5:5,6: »Ihr seid alle Söhne des Lichts und Söhne des Tages. Wir gehören weder der Nacht noch der Finsternis an. Demnach sollten wir nun nicht schlummern wie die Übrigen, sondern wachen und nüchtern sein!« Und so ruft Paulus den Kindern des Lichts zu: »Erwache, der du schlummerst, stehe auf aus den Toten, und aufleuchten wir dir der Christus!« (Eph.5:14). Mögen wir mithin keinen Müßiggang pflegen, eingeschläfert von der Denkart der Welt, passiv wie Tote, sondern im Werk des Herrn allezeit überfließend tätig sein (1.Kor.15:58).

Die Zeit ist vorgeschritten

 

Jetzt ist deine Rettung näher als damals, als du gläubig wurdest; es dauert nicht mehr lange. Für jeden nächsten Augenblick sogar darfst du mit der Anwesenheit deines Herrn Jesus Christus im Luftraum rechnen, um uns alle zusammen zu Sich zu entrücken und in Sein überhimmlisches Königreich zu versetzen. Der Tag Christi steht bevor! Wenn du in dieser herrlichen Erwartung lebst, wird sie dir Kraft geben zu einem geisterfüllten Wandel und Dienst.

Die Nacht ist schon vorgeschritten, der Tag Christi ist nahe. Auch denen, die zum Beispiel vor 500 Jahren entschliefen, war er nahe, nicht nur in ihren Gedanken, sondern auch in der Tatsache, dass sie ihn ihrem Bewusstsein nach nur einen Augenblick später als ihren Tod erleben. Mögen die Mächte der Finsternis diese Welt noch so sehr beherrschen, wir haben das Erscheinen unseres Herrn Christus Jesus lieb und strecken uns folglich aus Liebe zu Ihm danach aus, alle die Werke zu tun, die Gott für uns vorherbereitet hat (Eph.2:10), um so zur Verherrlichung Gottes beizutragen.

Was wir ablegen und was wir anziehen sollen

 

Paulus schreibt in Vers 12b weiter: »Folglich lasst uns die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anziehen!« Der Apostel verknüpft also den Schlaf und die Nacht mit Werken der Finsternis. Bei den Gläubigen, die schlafen und mithin nicht für den Herrn wirken, liegen Werke der Finsternis nahe. Diese sind abzulegen. Verabscheut das Böse (Röm.12:9). Haltet euch fern von allem, was böse aussieht, steht in 1.Thessalonicher 5:22 geschrieben. Werdet rechtschaffen ernüchtert und sündigt nicht, sagt Paulus in 1.Korinther 15:34. Es gilt somit, sich gründlich von den Werken der Finsternis abzukehren und die Waffen des Lichts anzuziehen.

Mit den lichten Dingen sollen wir uns rüsten, mit Glauben, Erwartung und Liebe, um nur diese drei Gnadengaben zu nennen, die Paulus auch in 1.Thessalonicher 5:8 in diesem Zusammenhang erwähnt: »Da wir aber Söhne des Tages sind, lasst uns nüchtern sein und den Panzer des Glaubens und der Liebe anziehen samt dem Helm, welcher die Erwartung der Rettung ist.« In dieser lichtvollen Rüstung werden wir die Frucht des Lichts hervorbringen; diese besteht in aller Gutheit, Gerechtigkeit und Wahrheit (Eph.5:9). Das sind Dinge, die von denen draußen sehr deutlich wahrgenommen werden.

Vom Ablegen und Anziehen schreibt Paulus auch in anderen Briefen. So lesen wir in Epheser 4:22-24 und Kolosser 3:8-10+12-14: »... dass ihr das frühere Verhalten ablegt, die alte Menschheit (die sich durch verführerische Begierden selbst ins Verderben bringt), und im Geist eures Denksinns verjüngt werdet und die neue Menschheit anzieht, die Gott gemäß erschaffen wird in Gerechtigkeit und huldvoller Heiligkeit der Wahrheit.« - »Nun aber legt auch ihr das alles ab: Zorn, Grimm, übles Wesen, Lästerung, Schimpfworte aus eurem Mund. Belügt einander nicht, habt ihr doch den alten Menschen samt seinen Handlungen abgestreift und den jungen angezogen, der zur Erkenntnis nach dem Bilde dessen erneuert wird, der ihn erschaffen hat. ... Daher ziehet an als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte: innigstes Mitleid, Güte, Demut, Sanftmut, Geduld; einander ertragend, und euch gegenseitig Gnade erweisend, wenn jemand gegen jemand anders einen Tadel hat. Wie der Herr euch Gnade erweist, so tut auch ihr es. Über dies alles aber ziehet die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist.«

Wir sind Söhne des Tages

 

Das strahlende Licht unseres Glaubens, unserer Erwartung und unserer Liebe wird uns nicht nur vor Gott wohlgefällig, sondern auch vor den Menschen ehrbar wandeln lassen, wozu Paulus mit Vers 13 auffordert: »Wie am Tage lasst uns wohlanständig wandeln, nicht in Ausgelassenheit und Rausch, nicht in Unzucht und Ausschweifung, nicht in Hader und Eifersucht ...« Wohlanständig, dass es sich sehen lassen kann, so sollen wir vor allen Menschen wandeln, vor denen in der herausgerufenen Gemeinde wie vor denen draußen. Wie am Tage, wie am hellichten Tag sollen wir uns verhalten; da sei nichts, was die Dunkelheit verbergen müssen sollte.

Ziehet den Herrn Jesus Christus an!

 

Wir kommen zum abschließenden Vers 14: »... sondern ziehet den Herrn Jesus Christus an und trefft keine Vorkehrung für Begierden des Fleisches!« Die Begierden der alten Menschheit treten an uns heran, weil wir noch in diesem Körper sind, in dem die Sünde wohnt. Und so kommt es, dass das Fleisch gegen den Geist gelüstet, den Geist aber gegen das Fleisch. Diese beiden widerstreben einander, sodass wir nicht das tun, was wir wollen (Gal.5:17). Die Lösung des Problems liegt in einem Wandel als Mitgekreuzigte, indem wir uns nach der geistlichen Tatsache richten, dass unsere alte Menschheit zusammen mit Christus gekreuzigt wurde und keine Ansprüche mehr zu stellen hat, und damit in einem Wandel im Geist, denn wer im Geist wandelt, wer als eine neue Schöpfung in Christus Jesus nur für Gott lebt, der wird die Begierden des Fleisches keinesfalls vollbringen. Zu einem Wandel im Geist gehört auch, dass wir uns vorrangig mit geistlichen Dingen befassen, indem wir im Lesen des Wortes Gottes nicht nachlassen, die Gemeinschaft mit den Heiligen pflegen, Gott in Lobpreis, Bitte und Dank verherrlichen und in jeder Weise den Willen unseres Herrn zu tun suchen. In Kolosser 3:1,2 schreibt Paulus dazu: »Wenn ihr nun zusammen mit Christus auferweckt wurdet, suchet das droben, wo Christus ist, zur Rechten Gottes sitzend! Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden!« Das sind Vorkehrungen für unser geistliches Wachstum und keinesfalls für die Begierden des Fleisches. Mögen wir nicht auf Dinge vorbedacht sein, die Begierden verursachen können. Die zum Beispiel beabsichtigen, reich zu werden, fallen in Versuchungen und Fallen und in viele unvernünftige Begierden, welche die Menschen in Ruin und Untergang versumpfen. »Du aber, o Mensch«, wird uns in 1.Timotheus 6:11,12 gesagt, »entfliehe diesem allem, jage vielmehr der Gerechtigkeit nach, der Frömmigkeit, dem Glauben, der Liebe, der Beharrlichkeit, der Sanftmut im Leiden. Ringe den edlen Ringkampf des Glaubens; ergreife das äonische Leben, zu dem du berufen wurdest und für das du das treffliche Bekenntnis vor den Augen vieler Zeugen bekannt hast.« Mögen wir also in den Dingen leben, zu denen wir berufen wurden!

Ziehet den Herrn Jesus Christus an! Das ist die Zusammenfassung des betrachteten Schriftabschnitts, ja der Kapitel Zwölf und Dreizehn. Alle, die in Christus Jesus hineingetauft worden sind - das war ein geistliches Geschehen am Tag unserer Berufung - haben Christus bereits angezogen - dem Gnadenstand nach (Gal.3:27). Dies darf sich nun im Alltag auswirken. Gründet sich unsere Gerechtigkeit allein auf Sein Kreuz? Ist Christus, und dieser als gekreuzigt, unsere Weisheit? Ist Er die Kraft zu unserer Heiligung? Rühmen wir uns nicht in eigenen Leistungen, sondern allein in Ihm? Dann haben wir Ihn auch in unserem Wandel angezogen, dann leben wir auch in der Praxis in Ihm.

Den Herrn Jesus Christus hat angezogen, wer den Apostel Paulus in der Lehre, dem Wandel und dem Dienst nachahmt, denn er ist in der gegenwärtigen Heilsverwaltung der Gnade Gottes das Vorbild für die rechte Nachfolge Christi. Den Herrn Jesus Christus haben wir angezogen, wenn wir uns ständig im Glauben bewusst sind, dass wir in Ihm sind, in geistlicher Gemeinschaft mit Ihm stehen; wenn wir Seiner Gesinnung Raum geben, insbesondere der hingebungsvollen Liebe; wenn wir in Seinem Wort leben, wenn wir uns aller geistlichen Segnungen erfreuen und in allem zur Verherrlichung Seines Gottes und Vaters leben. Was Er lebt, das lebt Er für Gott. Also auch wir!

 

Richtet und verschmähet einander nicht

(Römer 14)

 

Im Rahmen der Anweisungen des Apostels Paulus für unseren Wandel ab Kapitel Zwölf des Römerbriefs werden wir mit Kapitel Vierzehn angehalten, uns der Schwachen im Glauben anzunehmen. Mithin spricht Paulus die Kraftvollen im Glauben an; wie wir im Verlauf seiner Ausführungen sehen werden, wendet er sich aber auch an die Schwachen.

Wer ist kraftvoll? Im Glauben kraftvoll ist, wer aufgrund des Wortes Gottes völlige Gewissheit hat, die Herrlichkeit der Gnade Gottes erfasst hat und entsprechend wandelt.

Welche sind die Schwachen? Im Glauben schwach sind naturgemäß die gerade zum Glauben Gekommenen, die über den Reichtum der Gnade, die in Christus Jesus ist, noch nicht unterrichtet sind. Schwach sind diejenigen, die meinen, in ihrem Wandel zu Gottes Verherrlichung auch biblische Anweisungen früherer heilsgeschichtlicher Verwaltungen beachten zu sollen, mithin Geschwister in Christus Jesus, die das Wort der Wahrheit nicht richtig schneiden, also zwischen dem Evangelium der Unbeschnittenheit, mit dem Paulus betraut wurde, und dem der Beschneidung, mit dem Petrus beauftragt wurde, nicht unterscheiden und somit das uns angehende Glaubensgut in seiner Größe und Herrlichkeit nur mangelhaft kennen.

Die Situation

 

Betrachten wir zunächst die Situation in der herausgerufenen Gemeinde zu Rom. Römer, Griechen, Juden und andere gehörten ihr an. Unter den Juden, die der Verkündigung des Apostels Paulus glaubten und wussten, dass sie allein aus Glauben gerechtfertigt wurden, gab es Schwache im Glauben, denn es musste ihnen schwerfallen zu erkennen, dass man auch ohne die Beachtung der mosaischen Speisegebote Gott im Alltag verherrlichen kann. Unter den Römern und Griechen dürften manche gefolgert haben, es müsse Gott kränken, wenn sie Fleisch äßen, da es vielfach aus Opferschlachtungen stammte, die Götzen geweiht waren. Sie handelten damit zwar gewissenhaft, hatten aber die Wahrheit nicht erkannt, dass ein Götzenbild nichts ist und, wenn es auch auf Erden viele Götter gibt, so doch für uns nur einer Gott ist, der Vater, aus dem das All ist und auch alles, was die Erde füllt. Daher kann man alles, was auf dem Fleischmarkt verkauft wird, essen (1.Kor.8:4-6; 10:25,26).

Es sei darauf hingewiesen, dass der Apostel Paulus sich nicht mit etwaigen Sünden der Geschwister in Rom befasst, sondern mit Handlungen, mit denen sie Gott gerade auch in alltäglichen Dingen verherrlichen wollen. Paulus muss auch nicht die Rechtfertigung aus Glauben verteidigen, weil die Römer etwa etwas hinzufügen und durch Gesetzeswerke vollends gerechtfertigt werden wollten wie die Galater, die Paulus schärfstens warnen musste. Paulus entscheidet noch nicht einmal die Sachfragen, sondern ermahnt in diesem Kapitel nur, einander nicht zu richten und zu verschmähen wegen unterschiedlicher Handlungen aufgrund von Folgerungen.

Zu beachten ist, dass der Römerbrief ein Vorbereitungsbrief des Apostels Paulus ist, geschrieben in der Heilsverwaltung des Übergangs von der pfingstlichen zur gegenwärtigen. Die Vollkommenheitsbriefe, der Epheser-, der Philipper- und der Kolosserbrief, waren noch nicht geschrieben. Die Körperschaft Christi war noch nicht vereinigt; die Juden hatten aufgrund ihrer Verwandtschaft mit dem Herrn noch den Vorrang. Die Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes und die Tatsache der gemeinsamen Körperschaft ohne Unterschieden zwischen den Gruppen der Heiligen wurden erst mit der Abfassung des Epheser- und des Kolosserbriefs bekannt gemacht (Eph.3:2,6; Kol.1:25). Das Evangelium des Apostels Paulus war davor noch nicht vervollständigt, aber doch so weit ausgeführt, dass der weite Raum der Freiheit vom Gesetz und von religiösen Sitten deutlich war und die Gläubigen in die Lage versetzt waren, allein die Gnade und die Liebe als die Faktoren für ihre Entscheidungen zu gebrauchen und auf keinen Fall andere zu richten und zu verschmähen.

Leider lassen aber auch heute manche Heiligen die Gnade und die Liebe nicht walten, wenn sie zum Beispiel sagen, man müsse den Feiertag heiligen; auch wenn wir keine solche Anordnung vom Herrn haben, so gehöre das doch zum Glaubensleben dazu, folgern sie und richten und verschmähen Geschwister, die alle Tage gleich achten. Wenn sie wirklich ganz durch Glauben leben würden, wären sie nicht schwach und bedürften der Stütze der Erhebung durch eine feierliche Begehung eines Tages nicht.

Nehmt euch einander an!

 

Der Apostel Paulus schreibt in Vers 1: »Nehmt euch aber des Schwachen im Glauben an, doch nicht zur Beurteilung von Folgerungen.« Zu welchen Folgerungen und entsprechenden Handlungen der Schwache im Glauben auch kommen mag, wir sollen sie nicht richtend beurteilen. Im Gegenteil, wir sollen uns des Schwachen annehmen, die Schwächen der Kraftlosen sogar tragen und nicht uns selbst gefallen in der Teffsicherheit unseres Urteils (Röm.15:1). »Nehmt euch einander an, so wie auch der Christus euch zu Sich annahm zur Verherrlichung Gottes«, heißt es in Römer 15:7. Demut und Sanftmut, Geduld und Liebe mögen unseren Umgang mit den Schwachen prägen, die wir in den Reichtum der Gnade Gottes einführen und dahin bringen wollen, dass sie nicht aufgrund von Folgerungen handeln, sondern sich völlig auf das Wort Gottes verlassen.

Vers 2 lautet: »Der eine glaubt, alles essen zu dürfen, der Schwache aber isst nur Gemüse.« Mögen wir Verständnis haben für die, die nur Gemüse essen, weil der Erlass des Jakobus den Genuss von Götzenopferfleisch verbot (Ap.15:29), und sie darauf hinweisen, dass dieser Erlass mit den Vollkommenheitsbriefen aufgehoben wurde (Eph.2:15; Kol.2:14). Schon Jahre zuvor aber wussten die paulinischen Gemeinden: »Speisengenuss wird keinen Einfluss auf unsere Stellung vor Gott haben. Weder werden wir im Nachteil sein, wenn wir nicht essen, noch werden wir im Vorteil sein, wenn wir essen« (1.Kor.8:8).

In Vers 3 ermahnt Paulus: »Wer alles isst, verschmähe nicht den, der nicht alles isst; und wer etwas nicht isst, richte nicht den, der es isst. Denn Gott nahm Sich seiner an.« Wer alles isst, der Kraftvolle nämlich, steht in der Gefahr, den zu verschmähen, gering zu schätzen, zu verachten, der nicht alles isst. Der Schwache steht aber auch in einer Gefahr, nämlich den zu richten, der alles isst, ist dies doch in seinen Augen sehr bedenkenlos oder leichtfertig gehandelt und sicher gegen Gottes Willen. Doch weder der eine noch der andere soll richten oder verschmähen, sondern beide sollen einander annehmen. Denn Gott nahm Sich aller an. Das ist das Evangelium in Kurzform: Gott nahm Sich unser aller an. Nicht wir haben Ihn erwählt, sondern Er hat uns auserwählt, Er rettete uns durch Seinen Sohn, Er gewährte uns grenzenlose Gnade. Der Bruder und die Schwester sind von Gott, unserem Vater, aufs Innigste angenommen worden. Wie sollten wir die Auserwählten Gottes, die Heiligen und Geliebten richten oder verschmähen?

»Wer bist du«, fragt Paulus in Vers 4, »der du einen fremden Haussklaven richtest? Seinem eigenen Herrn steht er oder fällt er; er wird aber stehend erhalten werden, denn sein Herr ist mächtig, ihn stehend zu erhalten.« Kein Herr in Rom wird sich eine Einmischung in die Angelegenheiten seines Sklaven, den er über seinen Haushalt eingesetzt hat, gefallen lassen. Vergreifen wir uns mithin nicht an der Zuständigkeit Gottes. Vor Gott wird der Bruder Rechenschaft abzulegen haben; keinesfalls aber vor uns! Wer sind wir denn? Was bilden wir uns denn ein?

Habt Verständnis füreinander!

 

Nun spricht Paulus einen anderen Streitpunkt an (Vers 5): »Der eine achtet einen Tag höher als den anderen Tag, der andere aber achtet jeden Tag gleich; jeder soll in seinem eigenen Denksinn vollgewiss sein.« Sicherlich waren vielen jüdischen Gemeindegliedern die Sabbate und Festtage wichtig. Wenn sie auch wussten, dass sie getrennt vom Gesetz gerechtfertigt worden und zusammen mit Christus des Gesetzes enthoben waren (Röm.7:6), sie es also nicht zur Vervollkommnung ihrer Rettung taten, was völlig gegen die Gnade gerichtet wäre, so meinten sie doch Gott damit zu ehren. Dem Apostel geht es nun aber nicht um die Frage des Essens oder Nichtessens, sondern um den liebevollen Umgang der Geschwister untereinander.

Zunächst sagt er, dass jeder in dem, was er denkt, vollgewiss sein soll. Jeder soll nach Prüfung des Willens Gottes, des guten, wohlgefälligen und vollkommenen, in seiner eigenen Erkenntnis feststehen, denn Unsicherheit und Zweifel machen unglücklich und führen zu Fehlreaktionen, etwa dass man umso verbissener einander begegnet, um seine als schwach erkannte Position nur nicht antasten zu lassen. Wenn aber ein im Glauben Schwacher davon überzeugt ist, dass er recht handele, so mögen die Gereiften Nachsicht üben. Überheblichkeit entspräche nicht der Liebe.

Neben der Gewissheit gibt es noch zwei weitere Dinge zu beachten, wie in Vers 6 ausgeführt: »Wer etwas auf den Tag hält, der hält für den Herrn darauf; und wer alles isst, der isst für den Herrn, denn er dankt Gott dabei. Wer etwas nicht isst, der isst es für den Herrn nicht, denn er dankt Gott dabei.« Wer in seinem Denksinn vollgewiss ist - auch wenn er sich dabei irrt -, wird das, was er tut, für den Herrn tun und Gott dafür danken. Lieber Bruder und liebe Schwester, was richtest du jemanden, der sich entsprechend dem aus dem Wort Gottes empfangenen Licht verhält, für den Herrn zu handeln meint und Gott dankt?

Wir sind des Herrn

 

Die in den Versen 7 und 8 folgende Begründung ist eine elementare Aussage: »Denn keiner von uns lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst. Denn wenn wir auch leben, so leben wir dem Herrn; wenn wir auch sterben, so sterben wir dem Herrn. Folglich, ob wir auch leben oder ob wir auch sterben, sind wir des Herrn.« Wir gehören nicht uns selbst, sondern dem, der uns mit einem hohen Preis erkauft hat. Und selbst wenn wir uns selbst leben wollten und nicht dem, der für uns starb und auferweckt wurde, so leben wir Ihm dennoch, denn alles dient Ihm. Gott gebraucht alles in unserem Leben, um Sich als herrlich zu erweisen, wie zum Beispiel unsere Kränkungen, um Seine überfließende Gnade zu erzeigen. Schon in Psalm 76:11 lesen wir: »Selbst der Grimm des Menschen wird Dir huldigen, und der Rest dieses Grimms wird Dich feiern.« Und ob wir auch sterben - es dient dem Herrn.

Vers 9 fügt sich an: »Denn dazu starb Christus und lebt, damit Er der Toten wie auch der Lebenden Herr sei.« Christus ist ohnehin der Herr über alle. Seine Herrschaft umfasst selbstverständlich auch die Toten, denn Er hat die Schlüsselgewalt, sie aufzuerwecken (vgl. Heb.2:14). Da Er Sich den Toten aus Liebe in Seinem Tode gleichstellte, gehören Ihm auch alle Toten.

 

 

Denke an die Preisrichterbühne!

 

Wir lesen die Verse 10 und 11: »Du aber, was richtest du deinen Bruder? Werden wir doch alle vor der Preisrichterbühne Gottes dargestellt werden; denn es steht geschrieben: So wahr Ich lebe, spricht der Herr: Vor Mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird Gott huldigen.« Nachdem wir dem Bilde des Sohnes Gottes gleichgestaltet und zu unserem geliebten Herrn Christus Jesus hin entrückt worden sind, werden wir vor der Preisrichterbühne Christi und Gottes dargestellt werden. Diese Bühne ist kein Gericht, haben wir unser Urteil doch längst erhalten, als wir zusammen mit Christus starben, und ist denen, die in Christus Jesus sind, absolut nichts zur Verurteilung. Diese Bühne ist eine Stätte unserer Auszeichnung mit Preisen. Jeder von uns wird dort vom Herrn das wiederbekommen, was er durch den Körper verübte, es sei gut oder schlecht, mithin Lob und Lohn für unsere Mühe und das rechte Handeln sowie andererseits Verlust an Lohn und Lob für das, was schlecht war (2.Kor.5:10). Dort vor der Preisrichterbühne wird alles klargestellt werden; sie ist die einzige kompetente Instanz. Im Licht Seiner Heiligkeit wird alles zurechtgerückt und jeder in Herrlichkeit dargestellt werden. »Richtet daher nichts vor der gebührenden Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Ratschläge der Herzen offenbaren wird. Dann wird jedem der Lobpreis von Gott zuteil werden« (1.Kor.4:5). Mögen wir Gott keinesfalls vorgreifen. Wir können sowieso nicht recht urteilen, weil wir den Reifegrad des Bruders, seine Motive und Ziele, seine Einengungen und Nöte und die besonderen Umstände des Einzelfalls gar nicht oder nicht ausreichend kennen. Nur einer ist Richter und richtet gerecht, und vor Ihm werden sich alle beugen, Ihn werden alle verherrlichen! Jedes abfällige Reden über andere unterbleibe daher!

»Demnach nun«, so fährt Paulus fort, »wird jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben« (Vers 12). Ja, jeder für sich selbst und jeder unserem Gott und Vater und keinem anderen. Rechenschaft geben bedeutet, sein Handeln zu begründen. Welchen Grund sollten wir angeben, wenn uns der Herr wegen des Richtens eines Bruders fragt? -

Gebt keinen Anstoß!

 

»Folglich lasst uns nicht länger einander richten«, so schließt der Apostel den ersten Teil seiner Thematik ab und eröffnet mit den folgenden Worten sogleich den zweiten Teil: »... sondern achtet vielmehr darauf, dem Bruder keinen Anstoß oder Fallstrick zu geben« (Vers 13). Dies richtet sich an die Kraftvollen; sie sollen sorgsam Handlungen vermeiden, woran ein Schwacher Anstoß nehmen kann oder die ihm, weil er sich geärgert hat, zum Fallstrick werden können, sodass er sich zu unbedachten Reaktionen hinreißen lässt.

In Vers 14 trifft Paulus zunächst eine allgemeine Feststellung: »Ich weiß und bin im Herrn Jesus überzeugt, dass nichts an sich gemein ist, wenn nicht dem, der etwas als gemein einschätzt; für jenen ist es gemein.« Auch in 1.Timotheus 4:4 ist zu lesen: »... dass jedes Geschöpf Gottes ausgezeichnet ist, und nichts ist verwerflich, wenn es mit Dank genommen wird.« Nichts ist gemein, auch nicht ein Fernsehgerät oder ein Internet-Anschluss. Wer solches jedoch als verwerflich einschätzt, dem ist es gemein.

Die Liebe ist der Maßstab

 

Nun folgt die ernste Ermahnung (Vers 15): »Denn wenn um einer Speise willen dein Bruder betrübt wird, wandelst du nicht mehr der Liebe gemäß. Mach durch deine Speise nicht denjenigen zunichte, für den Christus starb.« Nicht die Überzeugung des Kraftvollen, dass nichts an sich gemein ist, hat den Vorrang, sondern die Liebe zu den schwachen Geschwistern in Christus Jesus. Wir werden also bei einem gemeinsamen Mahl um ihretwillen auf Speisen verzichten, an denen sie sich stoßen würden, und ihnen gegenüber nichts vom Internet-Anschluss erzählen. Unsere Freiheit, alles zu gebrauchen, darf nicht dazu führen, dass der Schwache sich brüskiert fühlt. Möge unsere Liebe zu ihnen in allem Feingefühl dazu überfließen, dass wir sie tragen, auch ertragen, und ihnen aufbauend dienen, das heißt so wie Gott uns Gelegenheit schenkt, sie behutsam und geduldig in den herrlichen Wahrheiten des uns angehenden Evangeliums unterweisen.

Der Charakter des Königreichs Gottes

 

Paulus schreibt in den Versen 16 bis 18 weiter: »Das Gut, das euer ist, soll nun nicht gelästert werden, weil das Königreich Gottes nämlich nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude in heiligem Geist ist; denn wer in diesem dem Christus als Sklave dient, ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen bewährt.« Das herrliche Glaubens- und Segensgut, das dem Apostel Paulus für uns enthüllt wurde, das in Gerechtigkeit, Friede und Freude besteht, in der Rechtfertigung durch Glauben, in der Versöhnung mit Gott und in allen anderen frohmachenden Schätzen der Weisheit und Erkenntnis in Christus, dieses Gut soll von denen draußen nicht gelästert werden, wenn sie nämlich von dem innergemeindlichen Gezänk über Speise und Trank hören sollten.

Das hier angesprochene Königreich Gottes ist nicht äußerlich sichtbar, sondern bedeutet die Herrschaft Gottes in unserem Inneren (Luk.17:21). Zugleich sind wir ja auch in das Königreich des Sohnes der Liebe Gottes hineinversetzt (Kol.1:13). Dies ist unser Lebensraum, dieser geistliche Herrschaftsbereich Christi. Und der ist geprägt von geistlichen Gütern. In diesen gibt es zu dienen. In Gottes Geist bringen wir den rechten Gottesdienst dar (Phil.3:3). Somit sind wir auf das Edle vorbedacht, nicht nur vor den Augen des Herrn, sondern auch vor den Augen der Menschen (2.Kor.8:21). Dies ist Gott wohlgefällig und wird von den Menschen, insbesondere von den Glaubensgeschwistern, als wohlgetan angesehen. Wer im Geist wandelt, wandelt in der Liebe, so wie auch Christus uns alle liebt und Sich Selbst für uns als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hat, zu einem duftenden Wohlgeruch (Eph.5:2). Steht es um unsere Hingabe an die Schwachen ebenso? Sind wir ihnen ein Wohlgeruch?

Vernehmen wir im Zusammenhang der Verse 16 bis 18 den Gebetswunsch des Apostels Paulus in Römer 15:13 sicherlich nicht nur für die Schwachen im Glauben: »Der Gott der Zuversicht aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit ihr überfließt in der Zuversicht, in der Kraft heiligen Geistes.«

Frieden und Auferbauung

 

Weil das Königreich Gottes Gerechtigkeit, Friede und Freude in heiligem Geist ist, folgt daraus, was in Vers 19 niedergeschrieben ist: »Demnach jagen wir nun den Dingen des Friedens und denen der Auferbauung untereinander nach.« Wir halten Frieden miteinander und suchen, dem Nächsten zu gefallen, ihm zum Guten, zu seiner Auferbauung (Röm.15:2). Bedenken wir dabei, was uns in 1.Korinther 10:23,24 gesagt ist: »Alles ist mir erlaubt, jedoch nicht alles ist förderlich. Alles ist mir erlaubt, jedoch nicht alles baut auf. Niemand suche das Seine, sondern das des anderen.« Nachjagen sollen wir diesen Dingen. Da sind Anstrengungen zu unternehmen. Da ist nachzudenken, was der andere wirklich braucht: das Wissen, angenommen zu sein, Zuspruch und aufbauende Belehrung in aller Geduld und Zuversicht.

In den Versen 20 und 21 warnt Paulus nochmals die Starken im Glauben: »Zerstöre nicht einer Speise wegen das Werk Gottes! Zwar ist alles rein, jedoch übel für den Menschen, der mit Anstoß isst. Edel ist es, kein Fleisch zu essen, noch Wein zu trinken, noch sonst etwas zu tun, an dem dein Bruder sich stößt, worin er strauchelt oder schwach ist.« An die Korinther hatte Paulus in diesem Zusammenhang geschrieben: »Doch hütet euch, dass diese eure Vollmacht den Schwachen nicht etwa zum Anstoß werde! ... So wird denn das Gewissen des Schwachen durch deine Erkenntnis zunichte gemacht, des Bruders, um dessentwillen Christus starb. Wenn ihr so an den Brüdern sündigt und ihr Gewissen, das an sich schwach ist, erschlagt, sündigt ihr an Christus! Deswegen mag ich, wenn eine Speise meinem Bruder zum Fallstrick wird, lieber für den Äon überhaupt kein Fleisch mehr essen, damit ich meinem Bruder keinen Anstoß gebe« (1.Kor.8:9-13).

 

Handle aus Glauben!

Durch die letzten beiden Verse des Kapitels werden nun die Schwachen im Glauben ermahnt, sich Gewissheit zu verschaffen über ihre Glaubenshandlungen, damit sie darin feststehen und nicht zu einem unglücklichen schwankenden Rohr werden: »Habe du den Glauben, den du hast, für dich selbst angesichts Gottes! Glückselig, wer nicht sich selbst zu richten braucht in dem, was er für bewährt hält. Wer aber Bedenken hat, wenn er isst, der ist verurteilt, weil er nicht aus Glauben handelt; alles aber, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde.«

Jedermann soll also in Übereinstimmung mit seiner Erkenntnis handeln. Selbstverständlich ist zuerst zu prüfen, was dem Herrn wohlgefällig ist. Wer aber gegen seine Überzeugung handelt, etwa um nicht aufzufallen, der hat sich selbst verurteilt.

»Alles aber, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde.« Das ist keine Definition der Sünde. Man kann aber durchaus generell sagen, dass alles, was die Menschen nicht aus Glauben tun, Sünde ist, denn wo immer ein Mensch Gott nicht glaubt, verfehlt er das Ziel, das er hätte erreichen sollen. Doch belassen wir es hier im Zusammenhang und stellen fest, dass ein Schwacher sündigt, wenn er nicht die Gewissheit hat, dass er seinem Erkenntnisstand entsprechend handelt.

Mögen die Kraftvollen unter uns mithin die Schwachen im Glauben nicht überfordern, sondern den Grad ihrer Reife wohlwollend berücksichtigen.

Wir schließen mit den Versen 1 bis 3 des 15. Kapitels: »Wir aber, die Kraftvollen, sind verpflichtet, die Schwächen der Kraftlosen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen. Ein jeder von uns suche, dem Nächsten zu gefallen, ihm zum Guten, zu seiner Auferbauung. Denn auch der Christus hat nicht Sich Selbst zu Gefallen gelebt.«

Habt Zuversicht!

(Römer 15:1-13)

 

Wem wollen wir gefallen? Uns selbst oder dem Nächsten, und dies zum Wohlgefallen Gottes? Wer voll Zuversicht ist, der hat die Kraft dazu!

Der Apostel Paulus schreibt: »Wir aber, die Kraftvollen, sind verpflichtet, die Schwächen der Kraftlosen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen.« Dieser erste Vers des 15. Römerbriefkapitels ist zugleich das Nachwort zum Kapitel 14. Da ging es darum, sich der im Glauben Schwachen anzunehmen, die Gott zu gefallen meinen, indem sie bestimmte Speisen nicht essen oder manche Tage höher achten als die anderen. Die Kraftvollen im Glauben kennen das Evangelium des Apostels Paulus und wissen, dass das Königreich Gottes nicht in Speise und Trank besteht, sondern in Gerechtigkeit, Friede und Freude in heiligem Geist. Wer in diesem dem Christus als Sklave dient, ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen bewährt. Mögen die Kraftvollen sich nun aber hüten, die Schwachen zu verurteilen; mögen sie sich vielmehr ihrer annehmen und sie im Glauben fördern.

Jetzt spricht Paulus uns zu, die Schwächen der Kraftlosen zu tragen. Das ist uns nur möglich in der in uns gewachsenen Geistesfrucht der Geduld und der Sanftmut, nur in aller Demut, eingedenk der Tatsache, dass wir nichts aus uns selbst haben, sondern Gott uns alles in Gnaden gewährte, und nur in der Liebe und dem Verlangen, sie in der Gnade zu kräftigen und sie zu Gereiften zu machen, zu Kraftvollen. Nicht möglich wäre es uns, wenn wir entmutigt wären; doch wir sind durch Ausharren und den Zuspruch der Schriften zuversichtlich und somit kraftvoll. Die Kraftvollen sind verpflichtet, so schreibt Paulus, nicht sich selbst zu gefallen. Er selbst ist uns darin ein Vorbild. Er trachtete danach, allen in allem zu gefallen, indem er suchte, nicht was ihm selbst, sondern den vielen förderlich ist (1.Kor.10:33). So konnte er ermahnen: »Niemand suche das Seine, sondern das des anderen« (1.Kor.10:24). Unsere Verpflichtung, nicht uns selbst zu gefallen, ist im Grunde eine Selbstverständlichkeit; sie entspricht der Herzenseinstellung aller, die sich der Mitleidserweisungen Gottes ihnen gegenüber bewusst sind.

Allen sollen wir gefallen

 

In Vers 2 nun erweitert Paulus den Kreis derer, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten sollen, nicht nur auf die im Glauben Schwachen nämlich, sondern auf jeden, den Gott auf unserem Lebensweg mit uns zusammenführt. Er schreibt: »Ein jeder von uns suche, dem Nächsten zu gefallen, ihm zum Guten, zu seiner Auferbauung.« Jetzt wissen wir auch, was es bedeutet, einem anderen zu gefallen. Dies heißt nicht, ihm nach dem Mund zu reden, sondern ihn so anzusprechen, auch auf Mängel oder Makel, oder ihm so zu widersprechen, sodass es ihm zu denken gibt und ihm zum Guten dient, zu seiner Auferbauung. Das Gute ist das, was nach Gottes Willen gut ist. Und Auferbauung geschieht durch das Wort Gottes, insbesondere durch das Wort Christi, das Er durch Paulus an uns, die Glieder Seines Körpers, richtet und in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes auch das rechte Wort für unsere ungläubigen Mitmenschen ist.

Zur Auferbauung Seiner Körperschaft hat Christus ihr nicht nur Evangelisten, Hirten und Lehrer gegeben (Eph.4:11,12), sondern wir allesamt sind aufgerufen, uns einander in aller Weisheit zu belehren und zu ermahnen (Kol.3:16). Aus niemandes Mund gehe ein faules Wort hervor, sondern nur ein gutes, dem Bedarf an Auferbauung angemessen, damit es dem Hörenden Gnade gebe (Eph.4:29). Auferbauung kann nur in Liebe erfolgen. So lasst uns, wenn wir wahr sind, alles in Liebe zum Wachsen bringen, hinein in Ihn, der unser Haupt ist, Christus, von dem aus die gesamte Körperschaft durch die Einverleibung des dargereichten Wortes nach der Wirksamkeit eines jeden Einzelnen seine Auferbauung vollzieht (Eph.4:15,16).

Christi Gesinnung

 

Jetzt begründet und verankert Paulus seine Aufforderung in dem Verhalten unseres Herrn und Retters: »Denn auch der Christus hat nicht Sich Selbst zu Gefallen gelebt, sondern so wie geschrieben steht: Die Schmähungen derer, die Dich schmähen, fallen auf Mich« (Vers 3). Christus gefiel Seinem Vater; ebenso gefällt Sein Glaubensgehorsam bis zum Kreuzestod auch uns, und in der Vollendung wird allen wohlgefällig sein, dass Er Sich erniedrigt hatte. Wenn die Gesinnung Christi herrscht, ist es mit den Spannungen zwischen den Starken und den Schwachen vorbei. Unser Herr suchte nicht Seinen Willen, sondern dessen, der Ihn gesandt hatte (Joh.5:30). Er kam nicht, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und Seine Seele als Lösegeld für viele zu geben (Mark.10:45). Er war bereit, den Hass der Gott Schmähenden auf Sich zu nehmen (Ps.69:10), so die Schrift erfüllend. Mögen auch wir tun, was geschrieben steht, für uns geschrieben steht; wir gehorchen und verherrlichen damit Gott nicht nur, sondern werden selbst kraftvolle Zuversicht erlangen.

Das vorher Geschriebene

 

»Denn all das, was vorher geschrieben wurde, ist gerade uns zur Belehrung geschrieben worden, damit wir durch Ausharren und durch den Zuspruch der Schriften Zuversicht haben mögen« (Vers 4). Alles, was vorher geschrieben wurde, dient gerade auch dazu, dass wir daraus lernen, nicht das Unsere zu suchen, sondern das Wohl des anderen, des Schwachen, wie auch Schmähungen und Nachteile um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen auf uns zu nehmen. Haben nicht alle Gottesmänner ausharren müssen - Abraham in Erwartung der Verheißungen, Josef im Gefängnis in Ägypten, Mose im vierzigjährigen Dienst, David in der Verfolgung durch Saul, Daniel in der babylonischen Verbannung? Darin sind sie nicht nur Israel, sondern auch uns Vorbilder. Möge der Geist unseres Herrn unsere Herzen aber vor allem auf das Erdulden und Ausharren des Christus am Kreuz richten.

Ist der Zuspruch der heiligen Schriften nicht kraftvoll? Diese Worte sind Geist und sind Leben! Voll Zuversicht sind wir, wenn wir uns das Wort Gottes reichlich innewohnen lassen, insbesondere die Offenbarungen des Apostels Paulus über die herrlichen Vollendungsziele Gottes, der das All durch Christus in allem vervollständigen wird, der alle Menschen retten, ja das All mit Sich aussöhnen wird. Auch angesichts des kläglichen Verhaltens mancher Gläubigen sind wir voll Zuversicht, denn die Schrift sagt, dass Gott sie alle tauglich machen wird zu ihrem Losanteil im Licht. Und überhaupt rühmen wir uns doch wohl alle in Erwartung der Herrlichkeit Gottes, der uns aus der Vergänglichkeit lösen und dem Bilde Seines Sohnes gleichgestalten wird, sodass wir für jeden erkennbar Brüder des Erstgeborenen sein werden.

Das ist unsere Erwartung, das ist unsere Zuversicht! Das Grundtextwort, das wir meist mit »Erwartung« übersetzen, haben wir hier dem Sinn der Aussage gemäß mit der Variante »Zuversicht« wiedergegeben, denn es geht um die Folge der Erwartung, eben die Zuversicht.

Durch den Zuspruch der Schriften haben wir Zuversicht. In diesen bösen Tagen mit ihrer Mühsal und Plage, vielen Enttäuschungen und Entmutigungen ist die Zuversicht eine besonders wertvolle Gabe unseres treuen Gottes und Vaters. Glaube, Erwartung und Liebe - unter diesen drei Gnadengaben, die für die Zeit der gegenwärtigen Verwaltung bleiben, ist auch die Erwartung, die freudevolle Erwartung, die Zuversicht, die uns immer wieder aufrichtet. Mögen wir die auch den im Glauben Schwachen gegebene Gnadengabe wieder anfachen können, sodass sie zu viel Zuversicht und damit Kraft gelangen!

Gleicher Gesinnung sollen wir sein

 

Der Apostel Paulus schreibt weiter: »Der Gott des Ausharrens und des Zuspruchs gebe euch, untereinander gleichgesinnt zu sein, gemäß der Gesinnung Christi Jesu ...« (Vers 5). Gott ist der Gott des Ausharrens, denn Er Selbst harrt aus, bis die Äonen um sind und die Vollendung da ist, und Er richtet den Blick der Seinen auf Sein Ziel und gibt ihnen damit die Kraft zum Ausharren. Unser Gott und Vater ist zugleich der Gott des Zuspruchs, denn Sein Wort spricht uns immer wieder und in allen Lebenslagen zu. Es ist das Anliegen Seines liebenden Herzens, uns allezeit zuzusprechen, um uns in all unseren Aufgaben zu ermutigen.

Er spricht uns aber auch zu, untereinander gleichgesinnt zu sein, und zwar gemäß der Gesinnung Christi Jesu. Darin sollen wir uns gleichen, in der Gesinnung Christi Jesu. Haben wir diese, dann sind wir Auferbaute. Und wenn wir mithin nicht auf Hohes sinnen, sondern uns zu den Niedrigen gesellen, können manche Konflikte zwischen den Kraftvollen und den Schwachen schon gar nicht auftreten. Die Gesinnung Christi ist uns nicht unbekannt, der Sich erniedrigte und gehorsam wurde bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod. Wenn Seine Gesinnung in uns ist, dann achtet einer den anderen in Demut sich selbst für überlegen, und es achtet jeder nicht auf das Seine, sondern auch auf das Wohl der anderen; dann gelten gegenseitiger Zuspruch und Trost, Liebe, geistliche Gemeinschaft, innigste Anteilnahme und Mitleid viel unter den Gläubigen.

Paulus fährt in Vers 6 fort: »... damit ihr einmütig mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht.« Nur in der Gesinnung Christi erfolgt eine einmütige Verherrlichung unseres Gottes und Vaters. Einmütig - da ist keine Uneinigkeit und Zerrissenheit unter den Heiligen mehr, kein Hochmut, kein Misstrauen und auch kein anderer Missklang, sondern Einklang.

»Darum«, so lesen wir in Vers 7 - darum, damit dies Wirklichkeit unter euch werde -, »nehmt euch einander an, so wie auch der Christus euch zu Sich annahm zur Verherrlichung Gottes.« Christus nahm uns zur Verherrlichung Seines Vaters an. Wenn wir einander annehmen, dann handeln wir ebenfalls zur Verherrlichung Gottes und damit ebenso wie unser Herr.

Nehmt euch einander an, so wie Timotheus in rechter Art um das Ergehen der Geschwister besorgt war. Nehmt euch der Schwachen im Glauben an, hatte Paulus schon in Kapitel 14:1 geschrieben. Nun aber werden beide Seiten angesprochen: Mögen auch die Schwachen nichts gegen die Kraftvollen haben. Nehmt euch alle einander an.

Christus nimmt Israel sowie die Nationen an

 

Die individuelle Betrachtungsweise verlassend und sich dem nationalen Gesichtspunkt zuwendend, begründet der Apostel Paulus in den folgenden Versen 8 bis 12 seine Aufforderung, einander anzunehmen, mit der Tat Christi, der nicht nur Israel annahm, sondern auch die Nationen annehmen wird. Für Israel und für die Nationen gab Sich Christus dahin. Christus wurde am Holze hängend zum Fluch, damit der Segen Abrahams auch unter die Nationen gebracht werde (Gal.3:14). Dies ist zugleich eine Begründung für den Dienst des Paulus an den Nationen, war er doch zu jener Zeit - vor der gegenwärtigen Heilsverwaltung - der Amtsträger Christi Jesu für die Nationen, der als Priester des Evangeliums Gottes wirkte, damit die Darbringung der Nationen wohlannehmbar werde, geheiligt in heiligem Geist (Röm.15:16).

Paulus schreibt: »Denn ich sage, Christus ist der Diener der Beschneidung geworden für die Wahrhaftigkeit Gottes, um die Verheißungen der Väter zu bestätigen« (Vers 8). Unser Herr Jesus Christus war in Seinem irdischen Dienst nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt gewesen (Mat.15:24). Er war in Sein Eigentum gekommen (Joh.1:11), zu Seinem Eigentumsvolk (2.Mose 19:5), um die Wahrheit aller Prophetenworte und die Wahrhaftigkeit Gottes zu bestätigen und die den Vätern gegebenen Verheißungen zu erfüllen. Paulus bezeichnete in der Synagoge zu Antiochien in Pisidien die den Vätern zuteil gewordene Verheißung als Evangelium und als voll erfüllt, da Gott Jesus auferstehen ließ (Ap.13:32,33).

Ist Christus aber auch der Diener der Unbeschnittenheit? Nicht ausdrücklich, jedoch in der Weise, dass mit der Erfüllung der Verheißung für Israel auch die Nationen gesegnet werden sollen. Die Nationen werden im tausendjährigen Königreich Israels von dem wiedergezeugten Volk zu Jüngern gemacht, getauft und belehrt werden, alles zu halten, was der Herr Israel geboten hat (Mat.28:19,20). Jewe hatte zu Abraham, der bereit gewesen war, seinen Sohn Isaak zu opfern, gesagt: »Alle Nationen der Erde werden sich in deinem Samen segnen insofern, weil du auf Meine Stimme gehört hast« (1.Mose 22:18). Dieser Same ist Christus, wie Paulus in Galater 3:16 feststellt.

So hat Sich Christus auch der Nationen angenommen, nicht nur Israels, und Paulus kann in Vers 9 schreiben: »Die Nationen aber werden Gott für Sein Erbarmen verherrlichen, so wie geschrieben steht: Deshalb werde ich Dir huldigen unter den Nationen und Deinem Namen zum Saitenspiel lobsingen.« Nach Psalm 18:50 wird David im messianischen Königreich inmitten der ihm untergeordneten Nationen Jewe huldigen. Paulus sieht die Nationen in die Huldigung mit einbezogen, denn er schreibt, dass die Nationen Gott verherrlichen werden und spielt damit auf Vers 7 an, wonach Christus alle zur Verherrlichung Gottes annahm. Ist Gott etwa der Gott der Juden allein und nicht auch der der Nationen? - Diese rhetorische Frage hatte Paulus bereits in Römer 3:29 gestellt.

Die Nationen verherrlichen Gott für Sein Erbarmen. Keine Ansprüche haben sie Gott gegenüber anzumelden, die Brosamen, die von Israels Tisch fallen, genießen zu dürfen (Mat.15:27); doch Gottes Barmherzigkeit schließt auch die Nationen ein.

Vers 10 lautet: »Anderswo wieder heißt es: Seid fröhlich, ihr Nationen, mit Seinem Volk!« Das ist ein Zitat aus dem Lied des Mose in 5.Mose 32:43. Wir Gläubigen heute, ohnehin nur einzelne aus den Nationen und nicht ganze Völker, jubeln heute nicht zusammen mit Gottes Volk, da Israel derzeit kein Segen zuteil wird, sind wir doch aufgrund der Verstockung und Verwerfung Israels gesegnet. Im tausendjährigen Königreich aber werden die Nationen mit Israel singen und jauchzen und fröhlich sein.

In Vers 11 lesen wir: »Und wieder heißt es: Lobet den Herrn, alle Nationen! Lobpreisen sollen ihn alle Völker!« In Psalm 117 heißt es: »Lobet Jewe, alle Nationen! Preist Ihn, alle Völkerschaften!« Und in Psalm 45:18: »Die Völker werden Dir huldigen für den Äon und weiterhin.« Weiterhin - das prophetische Wort reicht hier bis zur neuen Erde. Welch eine Zuversicht vermitteln uns doch die heiligen Schriften im Hinblick auf die heute glaubenslosen, finsternisumwölkten Nationen!

Mit Vers 12 schließt Paulus die Reihe der Schriftbeweise ab: »Jesaia wiederum sagt: Es wird sein an jenem Tage: Die Wurzel Isais, der da aufsteht als Fürst der Nationen, auf Ihn werden sich die Nationen verlassen.« Der Schössling aus der von Isai, dem Vater Davids, übriggebliebenen Wurzel, Jesus Christus, wird das Panier (das Feldzeichen) der Völker sein (Jes.11:10). Diesem Fürsten werden die Völker folgen. Der Völker Erwartung gilt Ihm, steht in 1.Mose 49:10. Mit den Worten, dass die Nationen sich auf Ihn verlassen werden, drückt Paulus zugleich aus, dass sie ihre Erwartung auf Christus setzen werden und Er ihre Zuversicht sein wird. Im Griechischen haben die Wörter »sich verlassen«, »Erwartung« und »Zuversicht« denselben Stamm. Alle Gläubigen verlassen sich auf ihren Herrn Jesus Christus, Er ist die Erwartung und die Zuversicht aller, der sie alle zu Sich annahm zur Verherrlichung Gottes.

 

 

Der Gott der Zuversicht

 

Da dem so ist - was sollte uns hindern, in der Zuversicht überzufließen? Wer an Christus Jesus, unsere Erwartung, das Ja und Amen aller Verheißungen Gottes glaubt, ist voll Zuversicht. Wer Christus sieht, sieht den Vater, den Gott der Zuversicht, Ihn, von dem unsere Zuversicht kommt.

So kann der Apostel Paulus seinen Gebetswunsch in Vers 13 in dem Wissen aussprechen, dass er erfüllt werden wird: »Der Gott der Zuversicht aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit ihr überfließt in der Zuversicht, in der Kraft heiligen Geistes.«

Unser Gott und Vater trägt viele Bezeichnungen, zum Beispiel »Gott des Friedens« und »Gott allen Zuspruchs«; mit allen guten Eigenschaften darf Er Sich schmücken. Hier hebt der Apostel Paulus die Zuversicht hervor, denn Gott ist die Quelle aller Zuversicht, im Zusammenhang mit unserem Schriftabschnitt insbesondere darauf, dass die Gemeinde auferbaut wird, dass alle gleichgesinnt sein werden, gemäß der Gesinnung Christi Jesu, dass alle einander annehmen zur Verherrlichung Gottes, kurz gesagt: dass alle zur Reife gelangen und alles in Herrlichkeit in Christus vollendet werden wird.

Damit wir nun aber auch in der Zuversicht überfließen, möge unser Gott und Vater uns mit Freude und Frieden erfüllen.

Freude vermittelt uns das Evangelium Gottes über Seinen Sohn, in welchem wir über alle Maßen begnadet und gesegnet sind; Freude erwächst uns durch das Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, mit dem Paulus betraut wurde (1.Tim.1:11). Der überfließende Reichtum der Gnade, in die wir durch Christus Zugang erhalten haben und in der wir stehen, erzeugt in uns überfließende Freude.

Mit Frieden erfüllt sind wir, wenn wir aufgrund unserer Rechtfertigung von allen Sünden Frieden mit Gott haben durch unseren Herrn Jesus Christus, wenn aufgrund dessen, dass wir alle unsere Anliegen dem Vater mit Danksagung vortragen und Ihm völlig vertrauen, der Friede Gottes unsere Herzen und Gedanken wie in einer Feste in Christus Jesus bewahrt und wenn aufgrund dessen, dass wir alles in die Tat umsetzen, was wir von Paulus gelernt und erhalten, gehört und an ihm gewahrt haben, der Gott des Friedens mit uns ist (Phil.4:9).

Beides, Freude und Frieden, ist die Frucht der uns erwiesenen überfließenden Gnade und die Frucht des Geistes Gottes in uns.

Im Glauben

 

Die Erfüllung mit Freude und Frieden geschieht nur im Glauben, nur indem man glaubt. Nur die immerzu Glaubenden erfahren durch Ausharren und den Zuspruch der Schriften Zuversicht. Mögen wir niemals vom schlichten Glauben Abstand nehmen und uns etwa allerlei intelligenten Schlussfolgerungen hingeben, sondern immerdar alle Gedanken unter den Gehorsam des Christus gefangennehmen.

In der Zuversicht überfließen dürfen wir

 

Das Ergebnis ist, dass wir überfließen in der Zuversicht, in der Kraft heiligen Geistes. Wir werden nicht mehr niedergedrückt sein, sondern kraftvoll, denn wir blicken auf das Ziel, das unser Gott und Vater mit Gewissheit erreichen wird: Alle Auserwählten wird Er herausrufen, alle Heiligen zu ihrem Losanteil im Licht tauglich machen für ihre Aufgaben in den zukünftigen Äonen, alle Menschen wird Er retten und alle Geschöpfe im gesamten All mit Sich aussöhnen, indem Er Frieden macht durch das Blut des Kreuzes Seines Sohnes. In diesem Glauben, dies glaubend, sind wir kraftvoll, unter anderem auch dazu, die im Glauben Schwachen anzunehmen. Was sich im messianischen Königreich buchstäblich erfüllt, ist bei uns im Geist Wirklichkeit: »Die sich ausstrecken zu Jewe, verjüngen ihre Kraft«, lesen wir in Jesaia 40:31, »und sie sollen aufsteigen mit Schwingen wie Geier. Laufen sollen sie, doch nicht müde werden; wandeln sollen sie, doch nicht ermatten!«

Wer nach dem Erscheinen der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Retters, Jesus Christus, ausschaut, wer diese glückselige Erwartung hat, ja Christi Jesu Erscheinen liebt, der wird nicht ermatten, sondern beständig und unverrückbar sein und im Werk des Herrn allezeit überfließen. Unsere Zuversicht im Wirken wird unsere Brüder und Schwestern in Christus Jesus anstecken, sodass auch sie zuversichtlich und kraftvoll werden und sich im Dienst des Herrn mit ganzer Hingabe einsetzen. Dabei werden wir aber nicht vergessen, dass wir nur in der Gnade sind, was wir sind, und dass die Gnade es ist, die in uns bewirkt, dass wir uns mehr als andere mühen. Der Lobpreis, der Dank und die Verherrlichung seien darum allein dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus!

 

Paulus, der Amtsträger Christi Jesu für die Nationen

(Römer 15:14-33)

 

Paulus, der Apostel der Nationen, hat mit dem Römerbrief die grundlegenden Segensgüter des ihm geoffenbarten Evangeliums bekannt gemacht, nämlich die Freilösung aus Sünde und Tod allein in der Gnade, die Rechtfertigung von den Sünden allein durch Glauben und unsere Versöhnung mit Gott durch den Tod Seines Sohnes - und dies für jeden Glaubenden, gleich ob Jude oder Nichtjude. Eine revolutionäre Botschaft - wer hat so etwas schon einmal gehört? Die zwölf Apostel verkündigten das nicht.

Nach seinen Anweisungen, Zusprüchen und Ermahnungen für den Wandel der Gläubigen und insbesondere den Umgang miteinander ab Kapitel Zwölf drückt Paulus nun seine Gewissheit aus, dass dieses sein Evangelium den Heiligen aber auch die Kraft dazu gibt, zu Gottes Wohlgefallen zu wandeln.

Um der Gnade willen

 

So schreibt er in Römer 15:14: »Auch ich selbst bin überzeugt, was euch, meine Brüder, betrifft, dass auch ihr selbst von Gutheit geweitet seid, erfüllt mit aller Erkenntnis, befähigt, auch einander zu ermahnen.« Wenn ein Israelit überzeugt ist, dass in Ausländern etwas Gutes wohne, in ehemaligen Sündern und Feinden Gottes, die dem Gericht entgegengingen, dann muss das einen besonderen Grund haben: Es ist die Gnade Gottes, die die Liebe Gottes und Christi zur Quelle hat, der für alle starb und alle, sogar Nichtjuden, zu Sich annahm zur Verherrlichung Gottes (Röm.15:7). Da die Liebe Gottes in den Herzen der Heiligen in der Kraft heiligen Geistes wirksam ist, sind sie befähigt, der von Gott empfangenen Gesinnung der Gutheit in Weitherzigkeit Ausdruck zu geben. Nach der Lektüre des Römerbriefs mit aller bis dahin geoffenbarten Erkenntnis erfüllt, sind die Heiligen auch in der Lage, einander in aller Weisheit zu ermahnen. Die Weisheit hat Christus, und diesen als gekreuzigt, zur Grundlage.

In Vers 15 lesen wir: »Dennoch habe ich euch (zum Teil in verwegener Weise) geschrieben, um euch wieder daran zu erinnern - um der Gnade willen, die mir von Gott gegeben ist ...« Um der Gnade willen hat Paulus ihnen geschrieben; um der Gnade willen, die sie zu Gerechtfertigten und Ausgesöhnten machte und sie zu einem Gott verherrlichenden Wandel und Dienst kräftigt; um des Lobpreises der Herrlichkeit der Gnade willen, die Paulus widerfuhr, die diesen Lästerer und Verfolger aus der tiefsten Todeswürdigkeit zu einem Apostel Christi Jesu gemacht hat und die er nun als den Kern seines Evangeliums unter den Nationen herolden darf.

Amtsträger und Priester

 

Paulus setzt den angefangenen Satz in Vers 16 fort: »... damit ich der Amtsträger Christi Jesu für die Nationen sei, der als Priester des Evangeliums Gottes wirkt, damit die Darbringung der Nationen wohlannehmbar werde, geheiligt in heiligem Geist.« Die Gnade Gottes wirkte sich bei Paulus dahingehend aus, dass Er ihn zum Amtsträger Christi Jesu für die Nationen machte. Zu diesem Zweck war ihm die Gnade gegeben. Ein Amtsträger ist ein mit einem Amt Betrauter, zum Beispiel ein Priester. Paulus erhielt Gnade und Aposteltum, um den Glaubensgehorsam unter allen Nationen aufzurichten (Röm.1:5). Er ist der dazu berufene Apostel. Er wurde mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit betraut, Petrus dagegen mit dem Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7). Dem Paulus wurde die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung der überfließenden Gnade Gottes gegeben (Eph.3:2). Er ist der Herold, Apostel und Lehrer der Nationen; er und kein anderer (1.Tim.2:7). Zur gegenwärtigen Frist offenbart Gott Sein Wort durch die Heroldsbotschaft, mit der Paulus betraut wurde (Tit.1:3).

Damals - die Verwaltung der Gnade Gottes war noch nicht angebrochen; das geschah erst mit der Abfassung des Epheserbriefs - wirkte Paulus wie ein Priester an den Nationen, in ähnlicher Weise, wie es das zukünftig wiedergeborene und gläubige Volk Israel an den Nationen tun wird. Mit der Überbringung der Erlasse des Jakobus an die von Paulus gegründeten Gemeinden wurden diese in gewisser Weise Israel untergeordnet. Durch den Epheser- und den Kolosserbrief wurden diese Erlasse aufgehoben; in der heutigen Heilsverwaltung gelten sie nicht mehr. Ja, seitdem Paulus mit dem Römer- und dem zweiten Korintherbrief die Versöhnung Gottes mit der Welt bekannt gemacht hatte, sind die Gläubigen so nahe an das Herz Gottes gebracht, dass selbst Paulus als priesterlicher Mittler keinen Raum mehr hat. Es steht ja nichts mehr zwischen Gott und den Menschen, sodass kein Priester mehr etwas zu tun hat.

Damals - in der Verwaltung des Übergangs von der pfingstlichen zur gegenwärtigen - wirkte Paulus noch wie beschrieben, damit die Darbringung der Nationen wohlannehmbar werde, geheiligt in heiligem Geist. Nicht durch priesterliche Rituale und spezielle Opfergaben sind wir Gläubige aus den Nationen geheiligt, sondern durch den Geist Gottes. In Bezug auf Diebe und Habgierige, Trinker, Schimpfer und Räuber schreibt Paulus in 1.Korinther 6:11: »Und das sind einige von euch gewesen; doch ihr habt euch abwaschen lassen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerechtfertigt im Namen unseres Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.« Nun können wir uns Gott darbringen, Ihm hingeben in Gehorsam und Dienstbereitschaft, Ihm wohlannehmbar, Ihm zu einem duftenden Wohlgeruch. Wie in Römer 12:1,2 beschrieben, so sah und sieht das aus, was die Gläubigen aus den Nationen Gott darbringen: Stellt eure Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereit (als euren folgerichtigen Gottesdienst), und stellt euch nicht auf diesen Äon ein, sondern lasst euch umgestalten durch die Erneuerung eures Denksinns, damit ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei - der gute, wohlgefällige und vollkommene.

Paulus kann sich nur in Christus Jesus rühmen

 

Der Apostel schreibt weiter: »In meinem Dienst für die Sache Gottes habe ich folglich das Rühmen nur in Christus Jesus.« Was ist die Sache Gottes? Wir dürfen darunter alles verstehen, was Gottes Plänen dient. Sind wir auf die Sache Gottes bedacht? Weist die Grundrichtung all unseres Sinnens und Trachtens, Tuns und Lassens auf Gott hin? Zu des Paulus Zeiten gab es nur wenige solcher Gläubigen, schreibt er doch in Philipper 2:21 in Bezug auf Timotheus: »Alle anderen suchen das Ihre und nicht das, was Christi Jesu ist.«

Wie steht es nun mit dem Rühmen derer, die sich so einsetzen? Der Gnade zufolge kann Paulus sich nur in Christus Jesus rühmen. Infolge der ihm, ehemals einem der größten Feinde Christi, gegebenen Gnade, Amtsträger Christi Jesu für die Nationen zu sein, kann er sich in seinem Dienst nicht in sich selbst rühmen. Nicht das geringste Recht hätte er dazu. Worin er sich aber rühmt, ist in Christus Jesus.

Vom Rühmen ist im Römerbrief mehrfach die Rede, zum Beispiel in Kapitel 3:24,27: »Umsonst gerechtfertigt in Seiner Gnade durch die Freilösung, die in Christus Jesus ist ... - wo bleibt nun das Rühmen? Es ist ausgeschlossen!« Jeder Selbstruhm wäre wirklich abwegig. Wir sollen uns jedoch der Gaben und der Segnungen rühmen, die wir empfangen haben. Ich meine, wir rühmen uns viel zu wenig. Mögen wir doch tun, was in Römer 5:11 geschrieben steht: »... wir rühmen uns in Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir nun die Versöhnung erhielten.« Und vergessen wir nicht, uns in der Erwartung der Herrlichkeit Gottes zu rühmen; »nicht allein aber das, sondern wir mögen uns auch in den Drangsalen rühmen, wissend, dass die Drangsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Erwartung« (Röm.5:2-4).

Im Zusammenhang von Philipper Drei schreibt Paulus: »... wir sind die wahre Beschneidung, die wir in Gottes Geist Gottesdienst darbringen und uns in Christus Jesus rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen« (Vers 3). In 2.Korinther 1:12 rühmt sich Paulus des Zeugnisses seines Gewissens, dass er sich in der Heiligkeit und Aufrichtigkeit Gottes (nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes) der Welt und ganz besonders den Korinthern gegenüber verhalten habe. Mithin sollen auch wir uns in der von Gott in der Gnade gewirkten Heiligkeit und Aufrichtigkeit rühmen können.

Es schließt sich Vers 18 an: »Denn ich möchte nicht wagen, von etwas zu reden, was nicht Christus durch mich ausgeführt hat, um die Nationen zum Glaubensgehorsam zu führen ...« Wenn es für Paulus schon völlig unangebracht ist, wie viel weniger geziemt es uns zu sagen, dieser oder jener Erfolg habe an unserer guten Idee oder Fähigkeit gelegen. Haben wir denn etwas aufzuweisen, was wir etwa nicht erhalten hätten (1.Kor.4:7)? Wir sind doch nicht aus uns selbst tauglich, als ob etwas von uns selbst stamme, sondern unsere Tauglichkeit ist von Gott (2.Kor.3:5). Wenn wir allerdings eine Botschaft in überredenden Worten menschlicher Weisheit verkünden, den Grundüberzeugungen der Menschen also nicht zuwiderlaufend, dann wird der Glaube der Hörer in der Weisheit der Menschen gegründet sein, aber nicht in der Kraft Gottes (1.Kor.2:4,5). Und dann wäre zu fragen (und oftmals fragt man sich auch): Ist dies überhaupt ein geistgewirkter Glaube, oder ist dies nur eine menschliche religiöse Überzeugung?

Was Paulus tat - Christus führte es durch ihn aus! Denn Paulus ist zusammen mit Christus gekreuzigt. Der alte Mensch ist abgetan. Als zusammen mit Christus nun aber auch Auferweckter lebt nicht mehr Paulus, sondern in ihm lebt Christus. Und was er lebt, das lebt er im Glauben, dem des Sohnes Gottes, der ihn liebt und Sich Selbst für ihn dahingegeben hat (Gal.2:20). So kann Paulus nur noch Ihm leben, Christus Jesus, dem Herrn.

Glaubensgehorsam

 

»... um die Nationen zum Glaubensgehorsam zu führen.« Die Gläubigen aus den Nationen sind nicht dazu gesetzt, aufgrund des Gesetzes zu gehorchen, sondern aufgrund des ihnen gewährten Glaubens. Die Gnade und das Aposteltum zur Aufrichtung des Glaubensgehorsams unter allen Nationen wurden Paulus gegeben (Röm.1:5). Er wurde damit betraut, das Geheimnis des Evangelium - die Versöhnung Gottes mit der Welt - für alle Nationen bekannt zu machen, um Glaubensgehorsam zu wirken (Röm.16:26). Die Lehre des Paulus sollen wir erlernen (Röm.16:17) und ihr gehorchen (Röm.6:17). In Römer 10:16 setzt Paulus den Glauben dem Gehorsam gleich. Verankert ist unser Glaubensgehorsam in dem des Einen, Jesus Christus (Röm.5:19).

Die Verwaltung des Übergangs neigt sich ihrem Ende zu

 

Wie führte Paulus die Nationen zum Glaubensgehorsam - damals, als er noch priesterlich diente und die Verwaltung der rein geistlichen und überhimmlischen Segnungen, in der wir heute leben, noch geheim war? Er schreibt: »... durch Wort und Werk, in Kraft der Zeichen und Wunder, in Kraft des Geistes Gottes, sodass ich von Jerusalem aus ringsumher bis nach Illyrien das Evangelium des Christus völlig ausgerichtet habe« (Verse 18 und 19):

»::: durch Wort und Werk,« mithin in der Verkündigung und vielen belehrenden, zusprechenden und ermahnenden Gesprächen sowie durch sein gesamtes vorbildliches Wirken vom Erwerb seines Lebensunterhalts mit seinen eigenen Händen bis hin zu den strapaziösen und gefahrvollen Missionsreisen, die nun zu Ende gehen.

»... in Kraft der Zeichen und Wunder.« Solange das Königreich Israels und die darin wirkenden Kräfte des zukünftigen Äons verkündigt wurden, gehörten die darauf hinweisenden Zeichen und Wunder zur Verkündigung dazu. Die Korinther, die des Paulus Apostelamt anzweifeln, erinnert er: »Mir mangelt doch nichts an dem, was die »hervorragenden Apostel« haben, wenn ich auch »nichts« bin. Immerhin wurden die Zeichen meines Aposteltums doch in aller Beharrlichkeit unter euch ausgeführt, durch Zeichen wie auch Wunder und Machttaten« (2.Kor.12:11,12). Nachdem aber nun mit den Vollkommenheitsbriefen die ehemals geheime Verwaltung in Kraft ist und wir mit jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen gesegnet sind (Eph.1:3), sind die auf Erden greifbaren Gnadengaben, wie Krankenheilungen und wunderbare Befreiungen aus Gefängnissen, nicht mehr am Platz. Da die Reife da ist, von der 1.Korinther 13:10 spricht, da Paulus das Wort Gottes vervollständigt hat (Kol.1:25), sind auch Prophetenworte und Zungenreden abgetan.

»... in Kraft des Geistes Gottes« wirkte Paulus unter den Nationen. Nachdem der Herr Jesus Sein Zeugnis unter Israel abgelegt hatte, folgte das Zeugnis des heiligen Geistes mit all den Kraftwirkungen, wie in der Apostelgeschichte berichtet. Heute wirkt der Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft nur mehr in den Herzen der Heiligen.

Bis nach Illyrien (nordwestlich von Mazedonien) hat Paulus das Evangelium des Christus völlig ausgerichtet. Die Parallelstelle in Apostelgeschichte 19:21 lautet: »Als dies (nämlich das Wort über den Herrn) völlig ausgerichtet war, nahm sich Paulus im Geist vor, durch Mazedonien und Achaja zu ziehen und nach Jerusalem zu gehen.« Das Evangelium des Christus hatte die Aussage zum Kern, dass Jesus der Christus ist, und stimmte weitgehend mit dem Dienst der zwölf Beschneidungsapostel überein. Diese Dienstphase war nun zu Ende, zumal Paulus mit dem Römerbrief die Verwerfung Israels bekannt gemacht hatte, womit auch sein priesterlicher Dienst abgeschlossen war. Der Messias für Israel war somit nicht länger der Schwerpunkt seiner Botschaft, sondern die mit dem 2.Korintherbrief und dem Römerbrief verkündigte Versöhnung Gottes mit der ganzen Welt zum besonderen Segen der Gläubigen.

In den Versen 20 und 21 fügt Paulus hinzu: »So habe ich nun meine Ehre darein gesetzt, nicht Evangelium zu verkündigen, wo Christus schon genannt wird, damit ich nicht auf fremdem Grund baue, sondern so wie geschrieben steht: Denen nichts über Ihn verkündigt wurde, die werden sehen; und die noch nichts gehört haben, werden verstehen.« Wohl wurde Christus an vielen Orten schon genannt, bevor Paulus dort hinkam, aber sein Bestreben und seine Ehre waren es, denen das Evangelium zu verkündigen, die noch nichts über Christus gehört hatten, vergleichbar dem Wort aus Jesaia 52:15, das sich im Königreich Israels erfüllen wird. Paulus will sich nicht im Wirkungskreis eines anderen dessen rühmen, was schon bereitlag (2.Kor.10:16).

Reisepläne

 

Wir lesen die Verse 22 bis 24: »Darum auch wurde ich vielfach verhindert, zu euch zu kommen. Nun aber, da ich in diesen Landschaften nicht mehr Raum habe, jedoch seit vielen Jahren Sehnsucht habe, zu euch zu kommen, sowie ich nach Spanien gehen sollte, erwarte ich denn, auf der Durchreise euch zu schauen und von euch ausgerüstet und dorthin weitergesandt zu werden, wenn ich mich zuerst etwas an euch erquickt habe.« Warum war es Paulus vielfach verwehrt worden, die römischen Geschwister zu besuchen? Weil der derzeitige Dienstabschnitt noch nicht abgeschlossen war; weil die Zeit dafür nach Gottes Vorsatz noch nicht reif war. Aber die Wende bahnt sich an, denn Paulus wird in Kürze in Jerusalem in römische Schutzhaft genommen werden und drei Jahre später in Rom sein. Dort wird er mit dem Epheser-, dem Philipper- und dem Kolosserbrief die gegenwärtige Verwaltung bekannt machen ebenso wie das Geheimnis des Christus und die überhimmlische Zukunft der Gläubigen in Christus Jesus und das Wort Gottes vervollständigen.

Über Rom nach Spanien - diese Vorstellung des Paulus zeigt, dass ihm nicht alles offenbart war, sondern dass er als ein Mensch wie wir, soweit er seine Angelegenheiten abzusehen vermochte, seine Pläne machte, die aber durch mancherlei Umstände verhindert werden konnten. Alles aber ist von Gott. So dürfen wir völligen Frieden über Seinen Führungen haben.

Erquicken möchte Paulus sich an den Römern. In Kapitel 1:12 hatte er bereits geschrieben, dass er sich danach sehne, sie zu Gesicht zu bekommen, damit ihnen und ihm zugesprochen werde durch den beiderseitigen Glauben, den ihren wie auch den seinen.

Die Verse 26 und 27 lauten: »Denn Mazedonien und Achaja haben es gutgeheißen, eine Beisteuer für die Armen unter den Heiligen in Jerusalem zu geben. Sie heißen dies gut, weil sie ja deren Schuldner sind; denn wenn die Nationen an deren geistlichen Gütern teilnehmen, so sind sie auch verpflichtet, eine Beisteuer zu den fleischlichen zu leisten.« Es ist keine Frage, dass die Nationen Israel Dank schulden, denn sie wurden als wilde Zweige in den edlen Ölbaum eingepfropft. Von der Sammlung der Mazedonier und Achajer wissen wir auch aus 2.Korinther Acht und Neun. Die empfangene reiche Gnade bewegte sie, den Mangel derer in Jerusalem ausgleichen zu wollen. Die Tatsache, dass die Gläubigen in Jerusalem Not litten, mag uns eingedenk der Königreichsverheißungen verwundern, doch es war so, dass der Niedergang Israels (Röm.11:12) auch sie in Mitleidenschaft zog.

Paulus fährt fort: »Folglich werde ich (sobald ich diesen Dienst vollbracht und ihnen diese Frucht versiegelt habe) bei euch durchreisen und dann nach Spanien hin gehen. Ich weiß aber, dass ich (wenn ich zu euch komme) in der Vervollständigung des Segens Christi kommen werde« (Verse 28 und 29). Paulus musste nach Jerusalem, denn er musste der Sammlung, die er angeregt hatte und die sein besonderes Anliegen war (Gal.2:10), mit der persönlichen Übergabe das Siegel aufsetzen. Außerdem musste den Juden die Frucht der alles übersteigenden Gnade Gottes unter den Nationen, der Ertrag der jenen allein aufgrund ihres Glaubens gewährten Gerechtigkeit deutlich vor Augen geführt werden.

Sicher floss der Dank vieler an Gott über. Doch des Paulus Aufenthalt in Jerusalem offenbarte, dass die Juden den Nationen den Segen ihres Messias nicht gönnten. Ihr Zorn richtete sich gegen Paulus, den Träger dieser Arbeit. Man suchte ihn zu töten (Ap.21:31; 22:22). Das hatte ihm der Geist, der heilige, auf dem Weg dorthin immer wieder bezeugt (Ap.20:33; 21:31).

Dies aber war Paulus auch offenbart worden, dies wusste er genau, dass er nämlich in der Vervollständigung des Segens Christi nach Rom kommen werde. Nachdem Paulus das Verstockungsurteil Jesaias über die Juden ausgesprochen hatte (Ap.28:25-27), war der Weg frei für die Bekanntmachung der Paulus geoffenbarten Größe und Herrlichkeit Christi und der überwältigenden geistlichen Segnungen der Gläubigen inmitten der Überhimmlischen, wie es durch die drei in Rom geschriebenen Vollkommenheitsbriefe geschah. Seit jener Zeit sind wir im höchsten Maße in Christus Jesus begnadet und gesegnet. Seitdem kennen wir das Geheimnis des Willens Gottes (Eph.1:10) und das Geheimnis des Christus, das Geheimnis der gegenwärtigen Verwaltung (Eph.3:2,9) und dessen Herrlichkeit, nämlich Christus unter den Nationen (Kol.1:25-27), des Weiteren das so genannte Ephesergeheimnis (Eph.3:6), das Geheimnis der Ehe und seine Deutung (Eph.5:32) sowie viele andere Herrlichkeiten.

Paulus bittet um Fürbitte

 

Paulus schließt den Briefabschnitt mit den Versen 30 bis 33 ab: »Ich spreche euch aber zu, meine Brüder, durch den Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, mit mir in den Gebeten für mich zu Gott zu ringen, dass ich vor den Widerspenstigen in Judäa geborgen werde und mein Dienst für Jerusalem den Heiligen dort wohlannehmbar werde, damit ich durch Gottes Willen mit Freuden zu euch kommen und mit euch Ruhe finden möge. Der Gott des Friedens aber sei mit euch allen! Amen!«

Der Apostel wendet sich mit seinem Ersuchen, für ihn zu beten, ja zu ringen, mit besonderem Nachdruck an die Briefempfänger, denn er spricht sie betont mit »meine Brüder« an. Den herzlichen und vertrauensvollen Zugang zu ihnen hat er nur durch den Herrn Jesus Christus, der sie miteinander verbindet ebenso wie die Liebe, die nur eine Wirksamkeit des Geistes Gottes sein kann. Angesichts der Feindschaft der Juden war es für Paulus ein schwerer Gang, nach Jerusalem hinaufzuziehen. Doch er war bereit, sich dort nicht nur binden zu lassen, sondern auch für den Herrn Jesus zu sterben (Ap.21:13). Wie wir wissen, wurden des Paulus und der römischen Geschwister Gebete erhört und er durch das Eingreifen der römischen Krieger vor den Widerspenstigen in Jerusalem geborgen (Ap.21:32).

Und das Weitere gewährte unser treuer und herrlicher Gott und Vater ihm auch: Durch den Willen Gottes gelangte er nach Rom, und zwar mit Freuden, denn die römischen Brüder kamen ihm bis Forum Appii und Tres Tabernä entgegen, sodass er Gott dankte und neuen Mut bekam; außerdem durfte er zwei Jahre lang in einer eigenen Mietwohnung bleiben, alle willkommen heißen, die zu ihm kamen, das Königreich Gottes herolden und mit allem Freimut und ungehindert alles lehren, was den Herrn Jesus Christus betrifft (Ap.28:15,30,31). So kam er auch zu einer gewissen Ruhe.

Der Segenswunsch

 

»Der Gott des Friedens sei mit euch allen!« Der Gott des Friedens, Er Selbst, der Frieden gibt, wird mit uns allen sein, wenn wir uns zurechtbringen und zusprechen lassen, gleichgesinnt sind - der Gesinnung Christi Jesu gemäß - und untereinander Frieden halten (2.Kor.13:11). Und in Philipper 4:9 steht geschrieben, in einem der Vollkommenheitsbriefe also: »Was ihr auch von mir gelernt und erhalten, gehört und an mir gewahrt habt, das setzt in die Tat um; dann wird der Gott des Friedens mit euch sein.« Mögen wir dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus völlig vertrauen, dass Seine Wege mit uns vollkommen sind, Er uns alles zum Guten zusammenwirkt und Er alles in Christus in Herrlichkeit vollenden wird. Getreu ist Er, Er wird es auch tun.

 

Zu unserer Festigung

(Römer 16)

 

Eine Empfehlung, viele Grüße, eine Ermahnung und der Lobpreis auf den, der uns gemäß dem Evangelium des Apostels Paulus festigen kann, beschließen den Römerbrief.

Phöbe

Paulus schreibt in Römer 16:1,2: »Ich empfehle euch Phöbe, unsere Schwester, die auch Dienerin der herausgerufenen Gemeinde in Kenchreä ist, dass ihr sie aufnehmt im Herrn, würdig der Heiligen, und ihr beisteht, in welcher Sache sie euer bedürfen sollte; denn sie hat gleichfalls vielen Beistand geleistet, auch mir selbst.« Phöbe diente der herausgerufenen Gemeinde in Kenchreä, dem östlichen Hafen von Korinth, mit Rat und Tat. Das kann auch Krankenbesuche eingeschlossen haben; der Apostel hebt hier aber den Beistand hervor, den sie vielen geleistet hat, die Rechtshilfe; Probleme am Arbeitsplatz, mit der Wohnung, in der Ehe und mit den Behörden mögen ihren rechtlichen Beistand erfordert haben. Vielleicht hat sie auch durchreisende Geschwister beherbergt und für die Weiterreise ausgerüstet. Nun reist sie von Korinth nach Rom und überbringt den Römerbrief. Die Römer sollen sie im Herrn aufnehmen, also in einer Liebe und Hingabe, die aus ihrer Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus Christus erwächst, und wie man es von Heiligen erwarten dat die das Evangelium der Gnade Gottes erkannt haben und aus dessen Kraft in Christus Jesus für Gott leben. Sie werden sich mithin von ganzem Herzen für Phöbe, ihren Gast, einsetzen.

Zu Grüßende

Die Liste der zu grüßenden Geschwister in Rom beginnt mit den Versen 3 bis 5: »Grüßt Priska und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus (die für meine Seele ihren eigenen Hals aufs Spiel gesetzt haben, denen nicht allein ich danke, sondern auch die

gesamten herausgerufenen Gemeinden der Nationen), und grüßt die herausgerufene Gemeinde in ihrem Haus.« Mit Priska und Aquila, die nach der Ausweisung aller Juden aus Rom unter Kaiser Klaudius nach Korinth gekommen waren, hatte Paulus dort im gleichen Handwerk als Zeltmacher zusammengearbeitet (Ap.18:1-3).

Die Zusammenarbeit am Evangelium des Christus aber war das Entscheidende, das sie verband; darin hatten sie sich als Mitarbeiter des Paulus in Christus Jesus bewährt. Wo sie ihr Leben für Paulus riskiert hatten, wissen wir nicht; es darf aber ein Zusammenhang mit dem Aufstand der Silberschmiede in Ephesus angenommen werden. Nun waren sie wieder in Rom, und Paulus spricht den Geschwistern dort zu, ihnen in Dankbarkeit zu begegnen. Neben Priska und Aquila ist die herausgerufene Gemeinde in ihrem Haus zu grüßen. Sie stellten also ihre Wohnung für die Versammlungen einer Ekklesia, einer von Gott aus der Welt herausgerufenen und in die Gemeinschaft mit Seinem Sohn hinein berufenen Schar von Menschen zur Verfügung. Sie war gewiss nicht die einzige Gemeinde in Rom.

Von herzlicher Verbundenheit zeugen die Grüße in den Versen 5 bis 15: »Grüßt meinen geliebten Epänetus, der der Erstling in der Provinz Asien für Christus ist. Grüßt Maria, die sich viel für euch abgemüht hat. Grüßt Andronikus und Junias, meine Verwandten und einst meine Mitgefangenen, die bedeutend sind unter den Aposteln und schon vor mir in Christus waren. Grüßt meinen im Herrn geliebten Ampliatus. Grüßt Urbanus, unseren Mitarbeiter in Christus, und meinen geliebten Stachys. Grüßt den in Christus bewährten Apelles. Grüßt die Geschwister unter den Hausgenossen des Aristobulus. Grüßt meinen Verwandten Herodion. Grüßt die Geschwister im Herrn unter den Hausgenossen des Narzissus. Grüßt Tryphäna und Tryphosa, die sich abmühen im Herrn. Grüßt die geliebte Persis, die sich viel im Herrn gemüht hat. Grüßt den im Herrn auserwählten Rufus sowie seine und meine Mutter. Grüßt Asynkritus, Phlegon, Hermes, Patrobas, Hermas und die Geschwister bei ihnen. Grüßt Philologus und Julia, Nereus und seine Schwester, Olympas und alle Heiligen bei ihnen.«

 

 

 

Die zuletzt zitierten Grüße richten sich an weitere herausgerufenen Gemeinden in Rom, deren Älteste wohl besonders genannt werden.

Mehrfach bezeichnet Paulus Geschwister als Geliebte. Zwar liebt er alle mit der ihm von Gott ins Herz gegebenen Liebe, doch manche schätzt er besonders, wie zum Beispiel Epänetus, der als Erster in der Provinz Asien berufen wurde.

Und nicht nur Rufus ist auserwählt, sondern alle, wenn auch Paulus dessen Auserwählung in anerkennender Weise erwähnt. Das Wissen um die Auserwählung lässt alle die Größe der Gnade erkennen, in der sie stehen; diese Gnade erweist sich als Kraft, sich im Herrn zu mühen.

Von vielen schreibt Paulus, dass sie sich abmühen. Dies ist eine Folge ihrer Reifung, eine Folge des von Paulus verkündigten Evangeliums, das heute die Gotteskraft ist, nicht nur zur Reifung, sondern auch zu einem Gott wohlgefälligen Wandel. Ein Abmühen zur Erlangung der Reifung wäre allerdings gegen die Gnade gerichtet und würde ein frohes und entspanntes Zusammensein der Geschwister verhindern.

Bei dem in Christus bewährten Apelles dürfen wir an Drangsale denken, denn sie bewirken Ausharren und Bewährung. Nicht nur Urbanus ist Mitarbeiter - sollte einer der Genannten ein Schlummernder sein -, sondern alle arbeiten mit, bewegt von dem, was Gott ihnen in Gnaden gewährt hat.

Andronikus und Junias sind Apostel, das heißt mit einem besonderen Auftrag Betraute, nicht zu vergleichen mit den zwölf Aposteln und Paulus, sondern mit Barnabas, Silas, Epaphroditus und anderen, die auch als Apostel bezeichnet werden (Ap.14:14; 1.Thess.2:7; Phil.2:25; 2.Kor.8:23). Womöglich wirken sie schon viele Jahre als Evangelisten in Rom.

Der Gruß an die Geschwister unter den Hausgenossen des Aristobulus wie auch des Narzissus lässt erkennen, dass die Zeit der Reifung jeweils eines ganzen Hauses, wie das des Kornelius und das des Gefängnisaufsehers von Philippi (Ap.10:44; 16:31-33), vorbei ist.

Vers 16 lautet: »Grüßt einander mit heiligem Kuss. Es grüßen euch alle herausgerufenen Gemeinden des Christus.« Der Kuss auf

 

die Wangen war im Orient die übliche Form der besonders ehrerbietigen Begrüßung. Dieser Brauch wird auch heute noch unter uns gelegentlich mehr oder weniger spontan im Falle vorbehaltloser gegenseitiger Annahme und besonderer Verbundenheit in herzlicher Liebe geübt.

Alle herausgerufenen Gemeinden grüßen die römischen Geschwister. Viele Gemeinden werden Paulus diesen Gruß an die in der Hauptstadt aufgetragen haben, aber es wird durchaus der Wille aller gewesen sein, sodass Paulus von allen grüßen kann.

Meidet sie!

Die geliebten, sich mühenden und bewährten Geschwister in Rom sind gleichwohl nicht ungefährdet. Deshalb ermahnt Paulus sie in Vers 17: »Ich spreche euch aber zu, Brüder, auf solche zu achten, die neben der Lehre, welche ihr lerntet, Zwistigkeiten und Fallstricke verursachen: meidet sie!« Eindringlich spricht er ihnen zu; mit der persönlichen Anrede »Brüder« legt er Nachdruck hinein: Gebt Acht, passt auf solche auf, die durch andere Lehren oder Gegenargumente Entzweiungen und Verstrickungen herbeiführen.

In Römer 6:17 hatte Paulus geschrieben, dass die römischen Gläubigen von Herzen dem Vorbild der Lehre gehorchen, an die sie übergeben wurden. Der Lehre des Apostels wurden die aus den Nationen übergeben. Er ist der Apostel der Nationen. Ihm wurde das Evangelium der Unbeschnittenheit enthüllt. Das ist ein anderes Evangelium als das der Zwölf, die das Evangelium der Beschneidung verkündigen. Die Heiligen in Rom hatten das Evangelium des Paulus erlernt. Nun sollen sie auch weiterhin daran festhalten, um vor Irrtümern, Ungewissheiten, Ärger und anderem Schaden gerettet zu werden (vgl. 1.Kor.15:2).

Meidet die, die da anderes hineintragen, ordnet der Apostel

Paulus an, geht ihnen aus dem Weg. Sicherlich wird eine Aussprache der Ältesten mit einem solchen Störer vorangehen. Eindringlich warnt Paulus in 2.Timotheus 2:16-18: »Von den unheiligen, leeren Geschwätzen aber stehe abseits; denn sie werden zu weiterer Unfrömmigkeit fortschreiten, und ihr Wort wird wie

kalter Brand um sich fressen, zu welchen Hymenäus und Philetus gehören, die von der Wahrheit abgeschweift sind und behaupten, die Auferstehung sei schon geschehen, und so den Glauben etlicher zerrütten.« Lesen wir dazu noch 2.Timotheus 2:21: »Wenn sich nun jemand gründlich reinigt, hinweg von diesen (Gefäßen zur Unehre), wird er ein Gerät zur Ehre sein, geheiligt und dem Eigner wohl brauchbar, für jedes gute Werk zubereitet.« Meidet sie, steht abseits von ihnen, reinigt euch hinweg von diesen, hörten wir. Manche Gläubige sind mehr Freunde des Genusses als Freunde Gottes, andere haben eine Form der Frömmigkeit, verleugnen aber ihre Kraft. »Von diesen kehre dich ab«, weist Paulus Timotheus an (2.Tim.3:5). In Galater 1:9 steht eine noch schärfere Ermahnung:

»Wenn jemand euch etwas Andersartiges als Evangelium verkündigt, neben dem, was ihr von uns erhalten habt: er sei in den Bann getan!« Hören wir nicht auf solche, lassen wir sie links liegen! Mögen wir uns von solchen nicht von der rechten Lehre und vom entsprechenden genauen Wandel abbringen lassen, sodass wir vor der Preisrichterbühne das Lob unseres Herrn Christus Jesus erfahren, das Paulus bereits Timotheus ausgesprochen hat: Du aber bist der Lehre des Apostels Paulus vollends gefolgt, auch seinem Beweggrund, Vorsatz und Glauben, seiner Geduld und Liebe, seinem Ausharren, seinen Verfolgungen und Leiden!

Der Apostel schreibt in Vers 18 von denen, die Zwistigkeiten und Fallstricke verursachen, weiter: »Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern sind ihrem eigenen Leib versklavt; und durch gütige Worte und Segenswünsche täuschen sie völlig die Herzen der Arglosen.« Seid also nicht arglos, sondern prüft alles an der Schrift! Dann können euch die Schönredner nicht einfangen. Mit ihrer angeblich höheren Erkenntnis dienen sie nicht unserem Herrn, sondern ihrem Wohlergehen und Stolz. Selbstsüchtig sind sie und halten sich mithin nicht an unser Haupt.

Seid weise zum Guten!

Es folgt Vers 19: »Die Kunde von eurem Glaubensgehorsam hat denn ja alle erreicht; folglich freue ich mich über euch. Ich will aber, dass ihr weise zum Guten, jedoch ohne arglistige Neigung

zum Üblen seid.« In Römer 1:8 hatte Paulus Gott dafür gedankt, dass der Glaube der Römer weltbekannt ist; hier betont er nun ihren Gehorsam aufgrund des Glaubens und freut sich darüber. Sie werden auch den Anweisungen dieses Briefes gehorchen. Paulus will damit erreichen, dass sie zur Reife gelangen und auch als Gereifte weiterhin dem Ziel zujagen, indem sie weise zum Guten sind. Der Anfang der Weisheit ist die Furcht Gottes, ihr Zentrum das Wort vom Kreuz und ihr Ziel das Gute, das, was nach dem Willen Gottes gut, wohlgefällig und vollkommen ist.

Als Weise dürfen sie eine Vorwegnahme des Verses 20a erfahren:

»Der Gott des Friedens aber wird in Schnelligkeit den Satan unter euren Füßen zertreten.« Die Geschwister dürfen getrost und zuversichtlich sein, denn dem Widerwirker wird am Ende unseres bösen Äons - und dann geht alles sehr schnell - jede Wirkungsmöglichkeit genommen. Und wenn Gott ihnen der Gott des Friedens geworden ist, sie mithin bereit sind, das Friedensevangelium der Versöhnung Gottes in Wort und Tat bezeugen, ja die gesamte Waffenrüstung Gottes angelegt haben und sie überhaupt dem Wort Gottes und dem Vorbild des Paulus gemäß wandeln, so erleben sie schon heute, dass der Widerwirker unter ihren Füßen ist. Wenn wir Gott gehorchen, ist der Satan machtlos.

Paulus schließt den Vers 20 mit den Worten: »Die Gnade unseres Herrn Jesus sei mit euch.« Möge die erfahrene Gnade uns bewegen, Gott in allem wohlzugefallen!

Abschließende Grüße

Nun grüßen die, die mit Paulus in Korinth zusammen sind. »Es

grüßt euch mein Mitarbeiter Timotheus, auch meine Verwandten Lucius, Jason und Sosipater.« Timotheus, der engste Mitarbeiter,

wird zuerst genannt. Unter den Verwandten haben wir Stammverwandte zu verstehen. Lucius war wahrscheinlich der

unter den Propheten und Lehrern der Gemeinde im syrischen Antiochien aufgeführte Kyrenäer (Ap.13:1). Jason hatte Paulus in Thessalonich beherbergt (Ap.17:5). Sosipater dürfte mit Sopater

identisch sein, der ihn nach der Abfassung des Römerbriefs nach Mazedonien begleitete (Ap.20:4).

»Ich, Tertius, der ich diesen Brief schreibe, grüße euch im Herrn« (Vers 22). Er schrieb den Römerbrief nach Diktat nieder. »Es grüßt euch Gajus, mein Gastgeber und der der ganzen herausgerufenen Gemeinde. Es grüßen euch der Stadtverwalter Erastus und Bruder Quartus« (Vers 23). Gajus war ein Gefährte des Paulus in der Zeit des Aufstandes der Silberschmiede und wird in Kürze nach Mazedonien mitgehen (Ap.19:29; 20:4). Im Römerbrief wird er uns in einem schönen Dienst als Vorbild vor Augen geführt: Er stellte sein Haus für die Versammlungen der Brüder und Schwestern bereit.

Gewiss sind wir beeindruckt von der liebevollen Verbundenheit der Heiligen, wie sie durch all diese Grüße zum Ausdruck kam. Vergessen wir darüber nicht, dafür zu danken, dass es sich in unserem Freundeskreis konkordanter Wortverkündigung ebenso verhält. Das Evangelium des Apostels Paulus hat uns dahingehend verändert, einander so herzlich zu begegnen und zu gedenken.

Was uns festigt

So führt nun alles zum abschließenden Lobpreis unseres Gottes in den Versen 25 bis 27: »Ihm aber, der euch festigen kann gemäß meinem Evangelium und der Heroldsbotschaft von Christus Jesus, gemäß der Enthüllung eines Geheimnisses, das in äonischen Zeiten verschwiegen war, nun aber offenbar wurde und auch durch prophetische Schriften gemäß der Anordnung des äonischen Gottes für alle Nationen bekannt gemacht worden ist, um Glaubensgehorsam zu wirken - Ihm, dem allein weisen Gott sei durch Christus Jesus Verherrlichung für die Äonen der Äonen! Amen!«

Dieser Schlussakkord, in welchem wesentliche im Brief

verkündigte herrliche Wahrheiten mitschwingen, ist ein einziger Lobpreis unseres Gottes und Vaters zu Seiner Verherrlichung. Auf Ihn ist hier alles ausgerichtet, auf Ihn, von dessen Evangelium wir gelesen haben, dessen Gerechtigkeit, Erbarmen, Liebe und

Weisheit uns vor Augen geführt wurden. Ihn zu erkennen - der

Römerbrief leistete einen gewaltigen Beitrag dazu. Sein Herz zu erkennen - das ist der Sinn des Lebens aller Geschöpfe, die sodann allesamt zum Lobpreis Seiner Herrlichkeit gelangen.

»Ihm aber, der euch festigen kann ....«, so beginnt Paulus den Vers 25. Richten wir zuerst unsere Aufmerksamtkeit auf das Wörtchen »kann«. »Können« hat im Griechischen denselben Stamm wie »Kraft«. Mithin wird uns gesagt, dass Gott kraftvoll ist, fähig und imstande, uns zu festigen in der Erkenntnis, im Glauben, in der Gewissheit, im Gehorsam, in der Zuversicht; denn das Evangelium ist eine Gotteskraft zur Rettung, auch von Unkenntnis, Ungewissheiten, Ungehorsam und Verzagtheit.

Unsere Festigung erfolgt gemäß zwei Dingen, und zwar erstens dem Evangelium des Apostels Paulus und der Heroldsbotschaft von Christus Jesus und zweitens der Enthüllung eines Geheimnisses. Das Evangelium des Paulus und die Heroldsbotschaft von Christus Jesus sind unzertrennbar eins, und das Geheimnis ist ein wesentlicher Bestandteil davon. Betrachten wir gleichwohl eine Aussage nach der anderen.

Gott kann uns festigen gemäß meinem Evangelium, schreibt Paulus. Überein mit seinem Evangelium ist unsere Festigung möglich, und unser Gott und Vater wirkt daraufhin. Ganz gewiss festigt Er jeden Heiligen, den Er veranlasst, den Römerbrief glaubend und gehorchend zu lesen. Wie wir wissen, wurde dem Apostel Paulus ein Evangelium enthüllt (Gal.1:12), verschieden von dem, das Mose und die Propheten, unser Herr und Seine zwölf Apostel dem Volk Israel verkündigten. Nicht das Evangelium der Beschneidung, sondern das Paulus gegebene Evangelium der Unbeschnittenheit (Gal.2:7) ist in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade zu verkündigen. Wenngleich auch jedes Wort Gottes kraftvoll ist, so ist doch dieses Evangelium die besondere Nahrung zur Kräftigung der Glieder des Körpers Christi in rechter Erkenntnis.

Auf sein Evangelium weist Paulus ausdrücklich auch in Römer 2:16, 2.Korinther 4:3, Galater 2:2, Epheser 3:6, 2.Thessalonicher

2:14 und 2.Timotheus 2:8 hin. Dafür wurde er von den Zwölf abgesondert (Ap. 13:2). Ihm wurde die derzeitige Verwaltung gegeben (Eph.3:2). Er ist der berufene Herold, Apostel und Lehrer

der Nationen (1.Tim.2:7). Gott hat Sein Wort für die von Ihm bestimmte Frist, in der wir gegenwärtig leben, durch die Heroldsbotschaft offenbart, mit der Paulus betraut wurde (Tit.1:3). Dies ist die Heroldsbotschaft von Christus Jesus. Die Wortstellung »Christus Jesus«, zuerst der Titel, dann der Name, ist kennzeichnend für Paulus. Nur er nennt sich Apostel Christi Jesu. Die Botschaft, die von Christus Jesus und damit von dem zur Rechten Gottes inmitten der Überhimmlischen Sitzenden ausgeht und für Christi zum Dienst inmitten der Überhimmlischen auserwählte und berufene Körperschaft bestimmt ist, ist eine andere als die von dem Herrn Jesus Christus an Sein Volk gerichtete. Paulus verkündigt uns nicht das Evangelium des Königreichs Israels auf Erden, in das hineinzukommen Glaube, Umsinnung, Wassertaufe, gute Werke und Bewährung erforderlich sind, sondern ein anderes, dessen geistliche und überhimmlische Segnungen wir durch Glauben allein erlangen, das uns mit heiligem Geist unverlierbar versiegelt und uns viele Geheimnisse bekannt macht, die nirgendwo anders in der Schrift zu finden sind.

Das Geheimnis des Evangeliums: Die Versöhnung

Nun zum zweiten Punkt. Gott kann uns festigen überein mit der Enthüllung eines Geheimnisses, das in äonischen Zeiten verschwiegen war, nun aber offenbar wurde. Bei dem Geheimnis handelt es sich um die Versöhnung Gottes mit der Welt. Diese Tatsache, dass Gott die Welt mit Sich Selbst versöhnte und mithin keinem Menschen eine Kränkung Seines Herzens mehr anrechnet (2.Kor.5:19), war in allen Äonen bis zu ihrer Offenbarmachung absolut geheim, verborgen und verschwiegen. Erst mit dem zweiten Korintherbrief und dem Römerbrief wurde sie bekannt gegeben. Der andere wesentliche Inhalt des im Römerbrief verkündigten Evangeliums, nämlich die Rechtfertigung aus Glauben, war nicht verschwiegen, sondern mit dem Beispiel Abraham sogar verheißen (Röm.1:2). Die Versöhnung aber ist das Geheimnis dieses Evangeliums (Eph.6:19).

Die Versöhnung ist kein Bestandteil des Evangeliums der Zwölf.

Durch den Tod Seines Sohnes wurden wir mit Gott versöhnt; nun haben wir Frieden mit Gott und rühmen uns in Ihm und in der Erwartung Seiner Herrlichkeit (Röm.5:1-11). Nichts ist uns mehr zur Verurteilung, alles wirkt unser Vater uns zum Guten zusammen, und nichts kann uns mehr scheiden von Seiner Liebe, die in Christus Jesus ist (Röm.8).

Das Geheimnis wurde nicht nur mündlich, sondern auch durch prophetische Schriften gemäß der Anordnung des äonischen Gottes für alle Nationen bekannt gemacht. Die prophetischen Schriften liegen uns vor; es sind die bereits genannten Briefe des Apostels Paulus, deren frohe Botschaft wenige Jahre danach durch die Vollkommenheitsbriefe, den Epheser-, den Philipper- und den Kolosserbrief, vervollständigt werden wird. Der äonische Gott, das heißt der Verfüger der Äonen, hatte angeordnet - als die Zeit nach Seinem Vorsatz dafür erfüllt war - dass die Versöhnung allen Nationen bekannt zu machen ist, und Paulus befleißigte sich, dies zu tun.

Auch wir sind Gesandte für Christus; Gott spricht durch uns zu. Wir flehen für Christus: Lasst euch mit Gott versöhnen! (2.Kor.5:20).

Glaubensgehorsam

Die Bekanntmachung soll erfolgen, »um Glaubensgehorsam zu wirken.« Das Evangelium des Apostels Paulus hat die Kraft, Menschen aus allen Nationen in der gegenwärtigen Heilsverwaltung zu bewegen, Gott zu gehorchen, und zwar aus Glauben, nicht etwa aufgrund irgendeines Druckes. Wie ein roter Faden zieht sich der Glaubensgehorsam durch den Römerbrief, sei es die Beauftragung des Paulus, ihn unter den Nationen aufzurichten, und die Durchführung oder die Feststellung und Belobigung des Glaubensgehorsams bei den Römern (1:5; 6:17; 10:16; 15:18; 16:19).

Unser Gehorsam erwächst aus dem Glauben an den Inhalt des Evangeliums des Apostels Paulus; so bezieht unser Gehorsam sich auch auf dieses Evangelium. Der Gehorsam der Gläubigen Israels entsprach dem Glauben an das Königreichsevangelium Israels. Da

 

dieses andere Inhalte und Verheißungen hat, war auch ihr

Gehorsam in Wandel und Dienst anders. Unseren Gott und Vater verherrlicht im Namen Jesu Christi nur derjenige, der es der Lehre gemäß tut, an die er übergeben wurde. Zum Beispiel ist die Grundlage unseres Wandels unsere Mitkreuzigung zusammen mit

Christus; das Beschneidungsevangelium kennt dies nicht.

Ihm sei die Verherrlichung!

Paulus schließt den inhaltsreichen Lobpreis mit den Worten:

»... Ihm, dem allein weisen Gott sei durch Christus Jesus Verherrlichung für die Äonen der Äonen! Amen!« Er ist der Einzige, der weise ist. Wenn andere weise sind, dann durch Ihn. Alles, was wir erörtert haben, hat Er uns in Seiner Weisheit bereitet. Mögen wir Ihn um geistliche Weisheit bitten, damit wir wissen, was Er uns in Gnaden gewährt hat, und Ihn Selbst darüber erkennen.

Durch Christus Jesus, den Mittler, beten wir Ihn an und verherrlichen wir Ihn angesichts Seiner Liebe, Gnade und Weisheit, die unsere geistlichen und überhimmlischen Segnungen auszeichnen. Die Verherrlichung unseres Gottes und Vaters nimmt in diesen bösen Erdentagen bereits viel Raum ein; überströmen wird sie in den Äonen der Äonen, den beiden abschließenden, krönenden Äonen.

Überfließender Dank und Lobpreis sei unserem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus! Ihm sei die Verherrlichung für die Äonen der Äonen! Amen!

 

Dieter Landersheim

Höhenstraße 11

65824 Schwalbach a. Ts.

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