Ausführungen zum Philemonbrief
Paulus
an Philemon
(Philemon
1-25)
Der Brief an Philemon ist der kürzeste und persönlichste des Apostels Paulus. Er ist von herzlichster Liebe und allem geistlichen Feingefühl geprägt. Die Liebe des Christus strahlt in ihm auf. Tychikus brachte ihn im Jahre 60 zusammen mit dem entlaufenen Sklaven Onesimus sowie dem »Epheserbrief« genannten Rundbrief und dem Kolosserbrief (Eph.6:22; Kol.4:8) von Rom nach Kolossä.
Philemon war ein reicher Bürger dieser Stadt in der Provinz Asien. Sein
Sklave Onesimus war ihm entwichen, auf der Flucht nach Rom gelangt und dort mit
Paulus in Kontakt gekommen. Paulus durfte ihm das Evangelium Gottes über Jesus
Christus verkündigen, und Gott gewährte ihm in Gnaden den Glauben. Onesimus
wurde Paulus, der in seiner Mietwohnung gefangengehalten wurde, nützlich. Jetzt
trug Onesimus seinen Namen zu Recht, der nämlich »vorteilhaft« bedeutet. Doch
Paulus wollte den Sklaven seinem rechtmäßigen Eigentümer nicht vorenthalten
und sandte ihn deshalb zurück. Und nun bittet Paulus Philemon, Onesimus nicht
zu bestrafen, sondern ihn als geliebten Bruder in Christus Jesus zu behandeln.
Wir beginnen den Brief zu lesen: »Paulus, Gebundener Christi Jesu, und Timotheus, der Bruder, an den geliebten Philemon, unseren Mitarbeiter, sowie an Schwester Apphia und unseren Mitstreiter Archippus samt der herausgerufenen Gemeinde in deinem Haus. Gnade sei euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!« (Verse 1-3). Paulus ist zwar ein Gebundener des Kaisers, dem geistlichen Hintergrund nach aber um Christi willen gebunden. Er ist überhaupt immer an Christus gebunden, in seinem gesamten Denken und Handeln. Timotheus, der Bruder, trägt das Anliegen des Paulus mit. Adressat ist der mit der im Herzen des Paulus ausgegossenen Liebe Gottes (Röm.5:5) geliebte Philemon. Sein Name ließe sich mit »Freundschaftlicher« übertragen. Er ist ein Mitarbeiter des Apostels Paulus, das heißt er verbreitet an seinem Ort das Paulus enthüllte Evangelium. Ob Schwester Apphia Philemons Ehefrau ist oder eine herausragende Dienerin der Gemeinde, so wie Phöbe, die bewährte Dienerin der herausgerufenen Gemeinde in Kenchreä (Röm.16:1), wissen wir nicht. Dann erwähnt Paulus den Mitstreiter Archippus besonders, einen Mann, der den Wettkampf der Bekanntmachung und Verteidigung des Evangeliums führt und dabei als ein trefflicher Krieger Christi Jesu auch Übles zu leiden bereit ist. In Kolosser 4:17 sagt Paulus ihm: »Gib Obacht auf den Dienst, den du im Herrn erhalten hast, dass du ihn völlig ausrichtest.« Und schließlich ist der Brief an die gesamte aus der Welt herausgerufene Schar von Menschen gerichtet, die sich im Hause Philemons regelmäßig zum Lesen und Hören des Wortes, zum gegenseitigen Zuspruch und zum Gebet versammelt.
Gnade, überfließende Gnade in ihrer Freude und Dankbarkeit
hervorrufenden Kraft, sowie der aus all den Gnadenerweisungen Gottes und Christi
folgende Friede sei mit allen!
Zunächst drückt Paulus Philemon gegenüber seine Ehrerbietung aus, indem er ihm mitteilt, für was er Gott dankt: »Ich danke meinem Gott allezeit, wenn ich dich in meinen Gebeten erwähne, weil ich von deiner Liebe und dem Glauben höre, den du an den Herrn Jesus und zu allen Heiligen hast, damit die Gemeinschaft deines Glaubens zur Erkenntnis alles Guten wirksam werde, das in uns ist für Christus Jesus« (Verse 4-6).
Paulus dankt seinem Gott, seinem persönlichen Verfüger, und drückt
damit seine Vertrautheit mit Ihm aus sowie das Wissen, dass alles aus Ihm ist,
gerade auch die geistliche Reife Philemons.
Paulus hat von der Liebe und dem Glauben Philemons gehört; er kennt ihn
mithin nicht persönlich. Die Gemeinden in Kolossä waren wahrscheinlich von
Epaphras, dem Lehrer der Kolosser, gegründet worden (Kol.1:7), und Paulus war
wohl nie dort gewesen, sodass man sich großenteils nicht von Angesicht kannte
(Kol.2:1). Die von Gott gewirkte Liebe und der Glaube oder die Treue Philemons
sind auf den Herrn Jesus Christus sowie alle Heiligen gerichtet, sodass er dem
Herrn in Liebe und im Glaubensgehorsam dient und damit allen Heiligen, ob Jude
oder Grieche, ob Sklave oder Freier.
Die »Gemeinschaft seines Glaubens«, das heißt die Gemeinschaft mit
Philemon, diesem gläubigen und treuen Mann, wird »zur Erkenntnis alles Guten
wirksam«, führt also zu einer vertieften Erkenntnis all dessen, was in Gottes
Augen gut ist, was der Lehre des Apostels Paulus gemäß einen gottwohlgefälligen
Wandel hervorruft. Das Gute »ist in uns«, schreibt Paulus sodann; ja, das Wort
der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Liebe ist durch den Geist Gottes in
unseren Herzen verankert, und zwar, wie wir weiter lesen, »für Christus Jesus.«
Unser Glaube ist durch die Liebe wirksam, und all das daraus erwachsene Gute ist
zu Christi Ehre, zu Seiner Verherrlichung; Sein Name soll gerühmt werden. Als
in Christus der neuen Schöpfung und damit der neuen Menschheit Angehörende
tragen wir die Charakterzüge Christi an uns, sodass wir ein Brief Christi an
die anderen Menschen sind, damit auch sie zur Erkenntnis des Sohnes Gottes
kommen mögen.
Sein Danken weiter begründend, schreibt Paulus in Vers 7: »Denn viel
Freude und Zuspruch habe ich durch deine Liebe gehabt, da das Innerste der
Heiligen durch dich beruhigt wurde, Bruder«. Mit der nachgestellten Anrede »Bruder«
würdigt Paulus Philemon in besonderer Weise. Die Liebe Philemons zu dem Herrn
Jesus und zu allen Heiligen hat Paulus viel Freude verursacht und war ihm ein
kraftvoller Zuspruch, zumal auch das Innerste vieler anderen Heiligen dadurch
zur Ruhe kam. Das griechische Wort für »Innerstes« bedeutet buchstäblich »Eingeweide«,
was uns sagen will, dass nicht nur die Gedanken und Herzen, sondern selbst die
innersten seelischen Regungen, Gefühle und Emotionen Frieden fanden. Mögen
auch wir angesichts der finsteren Welt und unserer Leiden und Drangsale Frieden
über Gottes Wegen haben, selbstverständlich nur aufgrund der Herrlichkeit des
Evangeliums des glückseligen Gottes (1.Tim.1:11), nur aufgrund der Erkenntnis
unseres Gottes und Vaters im Angesicht Jesu Christi, der alles in Christus in
Herrlichkeit vollenden wird.
Im Abschnitt der Verse 8 bis 20 drückt Paulus sein Anliegen aus: »Darum, wenn ich auch in Christus viel Freimut habe, dir das sich Gebührende anzuordnen, so spreche ich vielmehr zu um der Liebe willen, als ein bejahrter Paulus, denn ein solcher bin ich, nun aber auch ein Gebundener Christi Jesu. Ich spreche dir zu betreffs meines Kindes, das ich in meinen Fesseln zeugte, Onesimus, dir einstmals unbrauchbar, nun aber dir wie auch mir wohl brauchbar; den sende ich dir jetzt wieder zu. Ihn, dies ist mein Innerstes, nimm auf« (Verse 8-12). Darum geht es Paulus, dass Philemon Onesimus aufnehmen möchte; dies ist seine Bitte. Paulus hätte zwar den Freimut in Christus, dies als Apostel einfach anzuordnen; er tut es aber nicht, sondern schreibt als alter Mann, dem man eine Bitte nicht abschlagen sollte, und darüber hinaus als ein Gebundener Christi Jesu, was uns daran erinnert, dass er sich in anderen Briefen als Sklaven Christi Jesu bezeichnet, und was seine Niedrigkeit zum Ausdruck bringt. Um der Liebe willen trifft Paulus keine Verfügung, sondern spricht zu, legt nahe, wirbt. Die Liebe im Herzen Philemons möge sich entfalten und seine freiwillige und freudige Entscheidung hervorrufen.
Paulus hat Onesimus in seinen Fesseln gezeugt; während seiner römischen
Gefangenschaft, in der ihm der entlaufene Sklave begegnete, hat er ihn durch das
lebendige Wort zu einem neuen Menschen gemacht, erschaffen in Christus Jesus.
Nun ist aus dem unbrauchbaren Sklaven ein brauchbarer geworden, sowohl für
Philemon wie auch für Paulus, vor allem aber für Gott, dem schließlich unsere
ganze hingebungsvolle Mühe gebührt.
Diesen Mann sendet Paulus jetzt durch Tychikus mit diesem Brief zurück
(Kol.4:9). Philemon möge Onesimus wieder aufnehmen - dies ist des Paulus
tiefster Herzenswunsch.
Nun führt Paulus im einzelnen aus: »Ich hatte zwar beschlossen, ihn bei mir zu behalten, damit er mir für dich in den Banden des Evangeliums diene; doch ohne deine Meinung will ich nichts tun, damit deine gute Tat nicht wie genötigt erscheine, sondern freiwillig« (Verse 13+14). Paulus hat zwar das Recht, am Eigentum Philemons teilzuhaben, eben auch dessen Sklaven für sich in Anspruch zu nehmen, doch er schöpft seine Vollmacht nicht aus, wie er auch in 1.Korinther 9:11,12 geschrieben hat: »Wenn wir nun auf Erwartung hin in euch das Geistliche säen, ist es da etwas Großes, falls wir von euren fleischlichen Gütern ernten? Wenn schon andere an der Vollmacht über eure Güter teilhaben, hätten wir nicht eher das Recht dazu? Wir machen jedoch von dieser Vollmacht keinen Gebrauch, sondern wir geben alles auf, damit wir dem Evangelium des Christus kein Hindernis gäben.«
Dienen auch wir in den Banden des Evangeliums? Wissen wir uns an das Wort
gebunden? Wessen Sklaven sind wir? Als Geheiligte in Christus Jesus immer noch
Sklaven der Sünde mit verderblichen Folgen
oder Sklaven des Gehorsams mit der Folge des gerechten Handelns? (vgl. Röm.6:16).
Was steht in 1.Korinther 7:22,23 geschrieben? - »Der im Herrn berufene Sklave
ist ein Freigelassener des Herrn. Gleicherweise ist der als freier Mensch
Berufene ein Sklave Christi. Mit einem hohen Preis seid ihr erkauft worden;
werdet daher nicht Sklaven der Menschen!« Machen wir es wahr, dass wir Sklaven
Christi sind!
Mit allem Feingefühl nimmt Paulus auf Philemons Persönlichkeit Rücksicht; er will ihn keinesfalls nötigen, ihm Onesimus zu überlassen, und zwar darum, damit Philemon selbst die Frucht der richtigen Entscheidung hervorbringen kann. Somit ist es denkbar, dass Philemon Onesimus nach Rom zurückschickte, damit jener dort Paulus wieder diene.
Paulus fügt eine weitere Überlegung an: »Denn vielleicht wurde er nur deshalb für eine Stunde von dir getrennt, damit du ihn als äonischen Gewinn völlig hast, jedoch nicht länger als Sklaven, sondern weit mehr als einen Sklaven, nämlich als geliebten Bruder, vor allem mir, wie viel mehr aber dir, sowohl im Fleisch als auch im Herrn« (Verse 15+16). Mit dem »vielleicht« drückt Paulus sich sehr zurückhaltend aus, Verständnis für den geschädigten Philemon zeigend. Denn es steht ja fest, dass Onesimus für vergleichsweise eine Stunde von Philemon getrennt wurde, damit Letzterer ihn als äonischen Gewinn völlig habe. Paulus vermeidet Philemon gegenüber auch die Erwähnung der aktiven Zuwiderhandlung des Entlaufens, indem er in passiver Form von einem Getrenntwerden schreibt. Vordergründig entwich Onesimus aufgrund der Macht der Sünde im Fleisch und der Wirksamkeit des Satans in den Söhnen der Widerspenstigkeit (Eph.2:2), der wahren Ursache nach jedoch aufgrund des weisen Ratschlusses unseres alles bewirkenden Gottes und Vaters, dessen Gedanken erhabener und dessen Wege allesamt höher sind als unsere (Jes.55:9). Nun dürfen der Sklave und sein Herr in den beiden kommenden Äonen in herrlicher Gemeinschaft bei dem Herrn Jesus Christus leben.
Für die Zeit auf Erden darf Philemon Onesimus nunmehr sowohl als Sklaven
als auch als geliebten Bruder haben, und zwar - man merke auf! - auch als Bruder
des Paulus. Demnach soll Onesimus Philemon so viel bedeuten wie Paulus. In welch
eine Würde erhebt Paulus den Sklaven! Und wenn Paulus schreibt, dass Onesimus
Philemon nun ein geliebter Bruder sowohl im Fleisch als auch im Herrn sein darf,
dann spricht er nicht nur die Gleichwertigkeit der Gläubigen an, sondern auch
die im Fleisch, die der Menschen überhaupt, womit eine Freilassung des Sklaven
nahegelegt sein dürfte.
Sicherlich ist dies nun der Höhepunkt des Briefes: »Wenn du nun mich als Teilnehmer des Glaubens hast, so nimm ihn wie mich selbst auf« (Vers 17). Paulus identifiziert sich völlig mit Onesimus. Somit muss sich die Gemeinschaft Philemons im Glauben mit Paulus in einer solchen Aufnahme des Onesimus ausdrücken, wie Philemon sie dem Apostel zukommen lassen würde. Philemon wird wohl getan haben, was in Römer 15:7 geschrieben steht: »Nehmt euch einander an, so wie auch der Christus euch zu Sich annahm zur Verherrlichung Gottes.« Dies ist nur in der Gesinnung Christi Jesu möglich. Dies ist nur in der Liebe möglich. Dies können nur diejenigen, in denen das Wort der Versöhnung niedergelegt ist (2.Kor.5:19). Und so mag Philemon zur Vollendung gelangt sein, und so dürfen auch wir in den Situationen, in die Gott uns hineinführt, das Maß der Vollendung erreichen, wie denn die Liebe die Vollendung der Anweisung für unser Handeln ist (1.Tim.1:5).
Einen wichtigen Punkt muss Paulus noch ansprechen: »Wenn er aber dich irgendwie geschädigt hat oder dir etwas schuldet, dann rechne dies mir zu. Ich, Paulus, schreibe es mit meiner Hand: ich werde es vergüten« (Verse 18+19a). Die rechtlichen Dinge müssen beordnet werden, auch und gerade unter Gläubigen, denn die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit (1.Kor.13:6). »Es stehe ab von der Ungerechtigkeit jeder, der den Namen des Herrn nennt« (2.Tim.2:19). Wer aber an der Ungerechtigkeit festhält und weiterhin unordentlich wandelt - von einem solchen sollen wir uns abseits stellen (2.Thess.3:6).
Philemon hat durch den Ausfall der Arbeitskraft seines Sklaven
finanziellen Schaden erlitten; vielleicht hat Onesimus ihn bei seiner Flucht
auch bestohlen. Was immer auch sei - Paulus verbürgt sich mit eigener Hand: er
wird es ausgleichen. Damit handelt er in einer Vollkommenheit, wie sie unserem
Gott und Vater und Seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn, zu eigen ist, denn
so wie Christus für uns eintrat, der Gerechte für die Ungerechten, so tritt
Paulus für Onesimus ein. Ob Paulus gerade etwas Geld hat oder nicht, ist hier
nicht die Frage; entscheidend ist, dass er bereit ist, alles zu geben, so wie
die Liebe alles aufgibt (1.Kor.13:7) und so, wie er in 2.Korinther 12:15
schreibt: »Ich aber will sehr gern alles für eure Seelen verbrauchen und mich
dabei aufbrauchen lassen, auch wenn ich, der ich euch besonders liebe, minder
geliebt werde.«
Hören wir weiter; für Geistliche gibt es einen weiteren Gesichtspunkt: »Ich meine, dass ich dir nicht sagen muss, dass auch du selbst dich mir schuldest!« (Vers 19b). Philemon schuldet sich dem Apostel. Er steht in der Schuld des Paulus, denn er verdankt ihm alles; alles: seine Freilösung, seine Rechtfertigung, die Versöhnung, allen Gnadenreichtum, jeden geistlichen Segen in Christus Jesus, seine Rettung zum äonischen Leben, denn Paulus ist das auserwählte Gerät des Herrn, Seinen Namen vor die Augen der Nationen und Israels zu tragen (Ap.9:15). So können weder Philemon noch wir nicht mehr uns selbst leben, sondern nur noch dem, der für uns starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15). Ebenso wie Philemon schulden auch wir es Paulus, ihn in allem nachzuahmen (1.Kor.4:16; 11:1; Phil.4:17), damit wir Nachahmer Gottes und Christi würden (Eph.5:1). Als solchen wird uns gesagt: »Seid niemandem irgend etwas schuldig, außer einander zu lieben!« (Röm.13:8), das heißt betrachtet euch stets als Schuldner darin, die von Gott erfahrene Liebe anderen zu erweisen. Diese Verpflichtung können wir niemals abtragen; so werden wir immer wieder suchen, Liebe zu üben.
So schließt der Gebundene Christi Jesu in Rom den Briefabschnitt der Fürbitte für Onesimus, und zwar indem er für sich selbst bittet, mit den Worten: »Ja, Bruder, möge ich von dir »Vorteil« haben im Herrn! Beruhige mein Innerstes in Christus!« (Vers 20). Nur »im Herrn«, nur im Gehorsam Ihm gegenüber, nur »in Christus«, nur in Seinem Segen, kann es geschehen. Paulus ist sich gewiss, dass Philemon aus Dankbarkeit dafür, dass er Mitteilnehmer an der Paulus gewährten Gnade sein darf (Phil.1:7), seine Bitte von Herzen gern erfüllen wird. Die Formulierung »möge ich von dir »Vorteil« haben« ist wohlüberlegt, denn der Name Onesimus bedeutet »vorteilhaft«. »Möge ich »Vorteil« haben» besagt also: Lass mir Onesimus zuteil werden, so wie ich es erbeten habe; dies wäre für mich ein großer Gewinn, eine Beruhigung meines Innersten.
Paulus ist voller Zuversicht: »Weil ich von deinem Gehorsam überzeugt bin, schreibe ich dir, da ich weiß, dass du noch mehr tun wirst, als ich sage« (Vers 21). Heilige gehorchen - sofern sie geistlich und nicht fleischlich denken - ihrem Herrn Jesus Christus, ja sehnen sich danach, schriftgetreu Seinen Willen zu tun. Damals, als der Apostel noch wirkte, war auch dem Beauftragen Christi Jesu, der ihnen das Wort brachte, zu gehorchen. Philemon nun, der geliebte Bruder, wird sogar über das hinaus, was Paulus schrieb, handeln.
In Vers 22 teilt Paulus mit: »Zugleich aber bereite mir auch eine Unterkunft; denn ich erwarte, dass ich euch durch eure Gebete in Gnaden gewährt werde.« Paulus rechnet mit seiner Freilassung aus der Gefangenschaft in Rom und denkt daran, dann auch Philemon in Kolossä zu besuchen. Die Gläubigen dort dürfen durch ihre Gebete hilfreich daran mitwirken (2.Kor.1:11). Das von Gott in den Seinen hervorgerufene Beten und Flehen für die Geschwister wird gern von Ihm gehört und zusammen mit der Darreichung des Geistes Christi Jesu dem Apostel zum Heil ausschlagen (Phil.1:19).
Eine Anzahl von Brüdern nimmt die Gelegenheit wahr, Philemon zu grüßen: »Es grüßt dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus, Markus, Aristarchus, Demas und Lukas, meine Mitarbeiter« (Verse 23+24). Epaphras ist, wie eingangs bereits erwähnt, wahrscheinlich der Gründer und Lehrer der Gemeinde in Kolossä (Kol.1:7), auf jeden Fall aber der in Christus Jesus Gesegnete, der allezeit in seinen Gebeten für die Heiligen ringt, damit sie gereift dastünden und in allem Willen Gottes vollgewiss seien. Er hat große Last auf sich genommen und leidet viel Pein um die in Kolossä, Laodicea und Hierapolis (Kol.4:12,13).
Markus, möglicherweise der Verfasser des gleichnamigen Berichts und
Vetter des Barnabas, hatte sich auf der ersten Missionsreise von Paulus getrennt
(Ap.13:134); später aber wurde er Paulus wohlbrauchbar zum Dienst (2.Tim.4:11).
Aristarchus, ein Reisegefährte von Paulus aus Thessalonich (Ap.19:29;
20:4; 27:2), grüßt auch im Kolosserbrief, wo Paulus ihn als Mitgefangenen
bezeichnet (Kol.4:10).
Demas, ein Mitarbeiter des Paulus, grüßt im Kolosserbrief ebenfalls
(Kol.4:14). Er verließ Paulus später bei dessen zweiter, schweren Haft in Rom
aus Liebe zum jetzigen Äon (2.Tim.4:10). Diese Handlung hebt seine Versiegelung
und Rettung nicht auf, denn diese gründen sich allein auf die auserwählende
Gnade Gottes (siehe auch Römer 8:30 und Eph.1:13), wird ihm aber vor der
Preisrichterbühne des Christus erheblichen Verlust einbringen (2.Kor.5:10).
Und Lukas, der geliebte Arzt, Verfasser des nach ihm benannten Berichts
über das Wirken Jesu auf Erden wie auch der Apostelgeschichte, lässt ebenfalls
grüßen.
Der Brief endet mit dem für den Apostel Paulus charakteristischen Schluss: »Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geist! Amen!« Alles ist Gnade. Unser gesegneter Stand in Christus Jesus, und alles Auswirken der Gnade, indem wir zum Beispiel anderen Gnade gewähren, wie Philemon es sicher getan hat und wir in der Erkenntnis unseres Begnadetseins ebenfalls tun können. Amen.
Dieter
Landersheim
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