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Euch zum Zuspruch (2.Kor.1:1-11)

In Heiligkeit und Aufrichtigkeit (2.Korinther 1:12-24)

Nicht wieder in Betrübnis (2.Korinther 2)

Gott macht uns tauglich für den Dienst des lebendig machenden Geistes (2.Kor.3:1-4:2)

Das Außerordentliche der Kraft (2.Korinther 4:3-18)

Beim Herrn daheim (2.Korinther 5:1-13)

Der Dienst der Versöhnung (2.Kor.5:14-21)

Als Gottes Mitarbeiter (2.Korinther 6:1-7:1)

Die Betrübnis nach dem Willen Gottes (2.Korinther 7:2-16)

Die Gnade des Gebens (2. Korinther 8)

Wer im Segen sät (2.Korinther 9)

Wir führen nicht Krieg dem Fleisch nach (2. Korinther 10)

Falsche Apostel (2.Korinther 11:1-15)

Paulus rühmt sich seiner Schwachheit (2.Korinther 11:16-33)

»Dir genügt Meine Gnade!« (2.Korinther 12:1-10)

Vor Gott in Christus sprechen wir (2.Korinther 12:11-21)

Christus spricht in Paulus (2.Korinther 13)

 

Euch zum Zuspruch

(2.Kor.1:1-11)

 

Einführung in den 2. Korintherbrief

 

Am Ende der dritten Missionsreise schrieb der Apostel Paulus im Herbst des Jahres 55 in Mazedonien den zweiten Korintherbrief. Es ist ein sehr persönlich gehaltener Brief. Paulus offenbart darin sein Herz. Aller Feindschaft, Aufgeblasenheit und Zwietracht begegnet er mit herzlichem Zuspruch im Geist der Versöhnung. Dabei darf er die Versöhnung Gottes mit der Welt erstmals bekannt machen. So ist der zweite Korintherbrief der Brief der Versöhnung, nicht nur des Paulus mit den Korinthern, sondern der aller Gläubigen mit Gott und miteinander, ja mit allen Menschen.

Unser Herr Jesus Christus rettete und rechtfertigte uns nicht nur, sondern nahm auch alles mit in den Tod, was die überfließende Liebe Gottes zu den Menschen zurückgehalten hatte. Nun bittet gar Gott Selbst Seine Feinde, Seine Versöhnung anzunehmen. Welch eine Herabneigung, welch eine Liebe, welch ein Reichtum an Gnade!

Die Versöhnung versetzte Paulus im Übrigen in die Lage, anderen ohne Anrechnung dessen, was sie ihm an Kränkungen zufügten, in auferbauender Weise zuzusprechen, wie ihm selbst von Gott zugesprochen worden war.

An alle Heiligen in ganz Achaja

 

Der Brief beginnt mit den Worten: »Paulus, Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, und Timotheus, der Bruder, an die herausgerufene Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, samt allen Heiligen, die in ganz Achaja sind.« Paulus schreibt als Apostel Christi Jesu, mithin als Beauftragter des erhöhten, zur Rechten Gottes sitzenden Herrn, der ihn berufen hatte. Der Apostel der Nationen ist er, und dies allein durch den souveränen Willen Gottes. Nicht in Knechtsgestalt war der Herr ihm erschienen, sondern in überhimmlischer Herrlichkeit. Wir dürfen somit erwarten, dass die Botschaft des Paulus dieser Herrlichkeit entspricht.

Timotheus trägt den Brief mit. Diesen treuen Mitarbeiter bezeichnet Paulus hier als Bruder. Wahre Bruderschaft folgt der Lehre des Apostels Paulus wie auch seinem Beweggrund, Vorsatz und Glauben, seiner Geduld und Liebe, seinem Ausharren sowie seinen Verfolgungen und Leiden (2.Tim.3:10). Brüder haben stets ein Ziel: sie suchen nicht das Ihre, sondern das, was Christi ist (Phil.2:21).

Der Brief ist an die herausgerufene Gemeinde in Korinth gerichtet. Sie besteht aus den Menschen dort, die Gott vor dem Niederwurf der Welt auserwählt hatte, damit sie nun Heilige und Makellose vor Seinem Angesicht seien (Eph.1:4). Er hat sie aus der Welt herausgerufen und in die Gemeinschaft mit Seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn, hineinberufen (1.Kor.1:9). Es waren aber auch alle übrigen Heiligen in der gesamten Provinz Achaja - Korinth war die Hauptstadt - angeschrieben. Dazu gehörten auch die dem Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7) Glaubenden, deren Erwartung das Königreich Israels auf der Erde war. Wie Petrus in seinem zweiten Brief 3:15,16 erwähnt, hat Paulus auch jenen geschrieben.

Der Eingangsgruß

 

Paulus grüßt die Gemeinde wie auch jeden Heiligen: »Gnade sei euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!« (Vers 2). Gnade und Friede sind die elementaren Segnungen des Evangeliums des Apostels Paulus, die uns zuteil wurden. Alles ist Gnade, unsere Auserwählung, Berufung und Rechtfertigung, die Versiegelung, der Sohnesstand und die herrliche Erwartung. Zudem rühmen wir uns der Versöhnung mit Gott, die uns den Frieden mit Ihm gebracht hat. Gnade und Friede mögen nun aber auch unseren Wandel prägen und uns zum Dienst beflügeln.

Im zweiten Korintherbrief werden übrigens bestimmte Aspekte der Gnade in den Kapiteln 3:1 bis 5:17 inhaltlich und in den Kapiteln 6:1 bis 8:15 in ihrer praktischen Anwendung beschrieben. Zentrum des Briefes ist aber die Versöhnung, die in Kapitel 5:18-21 bekannt gemacht wird.

Gesegnet sei Gott!

 

Glückselig ist, wer in den folgenden Lobpreis Gottes einstimmen kann: »Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs ...« (Vers 3). Hier klingt der Leitgedanke des Briefes an: Gott spricht uns zu! Seine Gnade ist uns ein großer Zuspruch. Und dass Er Seinen Sohn in den Tod gegeben hat, um uns mit Sich zu versöhnen - diese Liebe ist es, die uns über alle Maßen zuspricht und gewiss macht, dass Er der Vater allen Mitgefühls und der Gott allen Zuspruchs ist. In der Wahrheit der Versöhnung gewurzelt und ihren Frieden genießend, erkennen wir uns als Geliebte Gottes und werden wir Ihn von Herzen segnen.

Gott ist nicht nur unser allgewaltiger Verfüger, sondern der uns liebende Vater, gütiger und fürsorglicher als jeder irdische Vater; Seine weisen Wege, die Er uns führt, bringen uns zum Ziel, zur Reife, zur Vollkommenheit in Christus Jesus.

In allen Drangsalen

 

Einen solchen Vater zu haben, ist das feste Fundament, der tragende Zuspruch in allen Tagen unseres Lebens. Besonders aber bedürfen und erfahren wir Seinen Zuspruch in mancherlei Einengungen, Krankheiten und Gebrechen, in Mühen und Gefahren, in der Sorge für die Glaubensgeschwister und in Drangsalen bis hin zu Verfolgungen. Auf diese Leiden kommt Paulus in Vers 4 zu sprechen, in welchem er von unserem Gott und Vater schreibt: »... der uns in all unserer Drangsal zuspricht ...« Kein Problem ist ausgenommen, in allem nimmt Er uns an Seine Seite.

Wie spricht Er uns zu? Durch alles, was geschrieben steht. Auch all das, was im Alten Testament geschrieben wurde, ist gerade uns zur Belehrung geschrieben worden, damit wir durch Ausharren und den Zuspruch der Schriften Zuversicht haben mögen (Röm.15:4). So haben wir zum Beispiel vom Ausharren Hiobs gehört und kennen den guten Abschluss, der ihm bereitet wurde, da der Herr voll innerstem Erbarmen und Mitleid ist (Jak.5:11). Insbesondere aber darf das Wort Christi unser Zuspruch sein (Kol.3:16), mit dem wir uns auch gegenseitig zusprechen; dies ist das dem Apostel Paulus enthüllte Wort an uns, die Glieder des Körpers Christi; es ist das uns betreffende Evangelium, das Glaubensgut der herausgerufenen Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:23). Und schließlich wird uns das Wort durch Gottes Geist lebendig nahe gebracht, sodass wir uns völlig gewiss sind, dass unser Gott und Vater der Vater der Herrlichkeit ist, der in allem, was geschieht, die herrlichsten Ziele verfolgt. Durch Seinen Geist wissen wir, was Er uns alles in Gnaden gewährt hat (1.Kor.2:12), und dass Er es uns in Gnaden gewähren kann, für Christus zu leiden (Phil.1:29), und dies, indem wir durchaus denselben Ringkampf wie Paulus zu führen haben, nämlich sein Evangelium trotz vieler Gegner zu bewahren, die Geschwister trotz vieler Widerstände darin zu festigen und uns trotz vieler Enttäuschungen nicht entmutigen zu lassen, es zu verkündigen.

Damit wir zusprechen können

 

Zur Verherrlichung Gottes sei es nochmals ausgesprochen: »Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs, der uns in all unserer Drangsal zuspricht«, und nun gibt Paulus einen besonderen Zweck an: »... damit wir auch anderen in all ihrer Drangsal zusprechen können durch den Zuspruch, mit dem uns selbst von Gott zugesprochen wird.« Gott spricht uns zu, und zwar nicht nur um unsertwillen, sondern auch um uns zu befähigen, anderen zuzusprechen. Dabei schöpfen wir gewiss aus vielen vergangenen Mitleidserweisungen, doch Sein stets gegenwärtiger Zuspruch ist es, der uns besonders kräftigt. Durch Gebet und Flehen und die Besinnung auf Seine Verheißungen wird er uns immer wieder zuteil. Den Demütigen spricht unser getreuer Gott zu (2.Kor.7:6).

Überfließender Zuspruch

 

Zwischen dem Leiden und dem Zuspruch besteht ein enger Zusammenhang, wie der Apostel in Vers 5 aufzeigt: »Denn so wie die Leiden des Christus in uns überfließen, so fließt auch durch Christus unser Zuspruch über.« Die Leiden des Christus sind in diesem Zusammenhang unsere Leiden um der Treue zu Christus willen wie auch um der überströmenden Gnade willen, die wir verkündigen. Je mehr wir nun um des herrlichen Evangeliums des Christus willen leiden, desto mehr spricht Er uns zu und sprechen wir anderen zu. Er lässt uns in unseren Leiden nicht im Stich. Um Jesu willen treffen uns die Anfeindungen der Weltbeherrscher dieser Finsternis, doch gerade dann zeigt sich besonders deutlich, dass Er in uns lebt, wie auch aus Kapitel 4:11 hervorgeht: »Wir, die wir leben, werden stets um Jesu willen in den Tod dahingegeben, damit auch das Leben Jesu in unserem sterbenden Fleisch offenbar werde.« Je mehr Einengungen wir erfahren, desto mehr macht sich die Kraft des Christus in uns bemerkbar (2.Kor.12:9). Unser überfließender Zuspruch ist mithin die Folge Seines in uns als wirksam erwiesenen Wortes.

Paulus geht es um die Korinther

 

Mit Vers 6 stellt Paulus den Sachverhalt in seinem persönlichen Verhältnis zu den Korinthern klar: »Sei es nun, dass wir bedrängt werden, so dient es euch zum Zuspruch und zum Heil, oder dass uns zugesprochen wird, so ist es euch zum Zuspruch und bewirkt Ausharren in denselben Leiden, die auch wir leiden.« Alles, was Paulus erlebt, dient den Gläubigen, und zwar zum einen zum Zuspruch, zur Ermutigung, wie auch zum Trost, zur Wiederaufrichtung der Seele, zum andern zum Heil, zum Heilwerden des ganzen Wesens durch die Ausrichtung auf Gott, und schließlich zum Ausharren, zum geduldigen Darunterbleiben in der Erwartung des Ausgangs, den Gott längst vorherbereitet hat. Durch die eigenen Drangsale dafür zubereitet, darf Paulus in dieser Weise zum Segen für andere werden. Leiden lassen uns die Beziehung zu Gott intensiver empfinden und knüpfen die Verbindung zu den Glaubensgeschwistern enger. In Drangsalen lernen wir besonders, auf Gott zu vertrauen, und erfahren wir Seine Treue. Leiden um Christi willen sind im Übrigen eine besondere Gnadengabe Gottes (Phil.1:29), eine hohe Ehre.

So ist Paulus voller Zuversicht und schreibt in Vers 7: »So wird unsere Zuversicht im Blick auf euch bestätigt, weil wir wissen, dass ihr wie an den Leiden, so auch am Zuspruch Teilnehmer seid.« Die Korinther werden also nicht nur selbst leiden und darüber hinaus an den Leiden des Paulus Anteil nehmen (wenn ein Glied leidet, dann leiden alle mit), sondern sie werden auch an dem Zuspruch teilhaben, und zwar an dem Zuspruch durch Gottes lebendiges Wort und an dem, den Gott ihnen durch die Anschauung des Glaubensweges des Paulus zufließen lässt. Paulus konnte auch in den Drangsalen voller Freude sein, weil er Gottes weisem, zielgerichtetem Wirken völlig vertraute.

Die Drangsal in der Provinz Asien

Nun führt Paulus ein Beispiel an, oder besser: er offenbart den Korinthern, wie er in größter Drangsal Zuspruch erfuhr. Er schreibt in Vers 8: »Denn wir wollen euch nicht in Unkenntnis lassen über unsere Drangsal, Brüder, die uns in der Provinz Asien widerfahren ist, weil wir außerordentlich, über unsere Kraft, beschwert wurden, sodass wir am Leben verzweifelten.« Paulus verzweifelte nicht an Gott, sondern sah für sein Weiterleben keine Chance mehr. Vermutlich war seine Lage beim Aufruhr der Silberschmiede in Ephesus so aussichtslos (Ap.19:23-41).

Wenn wir in Kapitel 4:8 lesen, dass Paulus in allem bedrängt, aber nicht eingeengt, und ratlos, aber nicht verzweifelt war, so erfahren wir etwas über seine alltäglichen Bedrängnisse, in denen er immer wieder die Kraft Gottes erfuhr, sodass er fest und zuversichtlich blieb. Auch in der unserem Schriftabschnitt zugrunde liegenden außergewöhnlichen Situation, den sicheren Tod vor Augen, erfuhr Paulus einen Zuspruch, nämlich den, dass er auferweckt werde. Er teilt in den Versen 9 und 10 mit: »Hatten wir doch den Bescheid des Todes in uns, damit wir nicht auf uns selbst vertrauen sollten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt, der uns aus einem Tode solchen Ausmaßes geborgen hat und bergen wird.« Zu dem Ausdruck »ein Tod solchen Ausmaßes« dürfte Paulus im Hinblick auf die Brutalität des ephesischen Pöbelauflaufs gegriffen haben. Er hatte den Bescheid des Todes in sich, wusste mithin, dass sein Leben nun zu Ende geht. Es blieb ihm nur das Vertrauen auf Gott, der die Toten lebendig macht. So wurde Paulus, indem er Gott glaubte, gekräftigt. Er lernte Gott vertieft kennen.

Einen ähnlichen Zuspruch erfuhr Paulus auch auf eine andere, in Kapitel 12:7-10 beschriebene Weise. Auf sein Flehen, von einem Leiden befreit zu werden, hatte der Herr ihm geantwortet: »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht.« Paulus schreibt dazu: »Sehr gern werde ich daher eher die Schwachheiten an mir rühmen, damit die Kraft des Christus über mir zelte.« Da sich Paulus an der Gnade genügen ließ und nichts darüber hinaus mehr verlangte sowie seine Schwachheiten, Nöte und Bedrängnisse als aus Gottes liebender, weiser Hand kommend willkommen hieß, erfuhr er die Kraft Christi und damit Christus Selbst in dessen Liebe zu ihm.

Auch wir machen Erfahrungen dieser Qualität; dabei dürfen wir wissen, dass sie auf dem Weg liegen, dass wir von unserer Selbstbezogenheit loskommen und Gott uns alles werde.

Nach Gottes weisem Plan für den Lebenslauf und das geistliche Wachstum des Paulus sollte er damals trotz der eindeutigen Vorzeichen aber nicht sterben; Gott barg ihn, Er rettete ihn. Gottes Rettungswerk schließt auch dies ein.

Das gesamte Erleben des Paulus darf den Korinthern zum Zuspruch in ihren Leiden dienen. Wie schon Jeremia sagte: »Gesegnet ist der Mann, der auf Jewe vertraut« (17:7), so dürfen auch die Korinther wissen, dass ihr Gott und Vater stets höhere Gedanken hat. Leiden haben einen Sinn, zumal Gott alles für Seine hohen Ziele gebraucht.

Im Vertrauen auf Gott gestärkt

 

Der Apostel schreibt in Vers 10 weiter: »Auf den verlassen wir uns, dass Er uns auch noch weiterhin bergen wird ...« Sein Vertrauen auf Gott ist so groß - er verlässt sich völlig auf Ihn -, sodass er diese Zuversicht hat, dass Gott ihn auch fernerhin in Gefahren bergen wird. Dies ist durchaus absolut zu verstehen, und zwar im Blick auf Gottes heilsgeschichtlichen Vorsatz, in den auch das Leben und der Dienst des Paulus eingeflochten sind. Gott wird Paulus erhalten, solange Er an ihm und durch ihm wirken will, wie Paulus dies in Philipper 1:24,25 bekundet: »Aber das Verbleiben im Fleisch ist notwendiger um euretwillen. Und in diesem Vertrauen weiß ich, dass ich bleiben und euch allen zu eurer Förderung und Freude im Glauben erhalten bleiben werde.« Und wenn dann seine Zeit abgelaufen ist, darf sogar sein Sterben, sofern darin Christus hoch erhoben wird, ihm zum Gewinn und Lob vor der Preisrichterbühne des Christus dienen (Phil.1:21). So wird unser treuer Gott und Vater auch uns erhalten, um uns nach Seinem weisen Ratschluss zur Herausrufung der Auserwählten und Auferbauung der Körpergemeinde Christi zu gebrauchen. Ob wir leben oder sterben - wir sind des Herrn. Wir leben und sterben dem Herrn - alles dient Ihm (Röm.14:8).

Die Mitwirkung der Beter

 

Paulus verknüpft seine Zuversicht, »dass Er uns auch noch weiterhin bergen wird«, mit der Fürbitte der Heiligen, denn er fährt in Vers 11 fort: »... indem auch ihr durch euer Flehen für uns hilfreich mitwirkt, damit Ihm für uns in vielen Gebeten von vielen Angesichtern wegen der uns erwiesenen Gnadengabe gedankt werde.« Unsere Gebete wirken hilfreich mit! Lassen wir darum im Gebet nicht nach! Mehrfach bezeugt Paulus die Wirksamkeit unseres Flehens; so in Römer 15:30,31: »Ich spreche euch aber zu, meine Brüder, durch unseren Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, mit mir in den Gebeten für mich zu Gott zu ringen, dass ich vor den Widerspenstigen in Judäa geborgen werde und mein Dienst für Jerusalem den Heiligen dort wohl annehmbar werde.« Des Weiteren in Philipper 1:18,19: »Indessen, da doch auf jede Weise, ob als Vorwand oder in Wahrheit, Christus verkündigt wird, freue ich mich auch darüber. Aber ich werde mich auch weiterhin freuen; denn ich weiß, dass mir dies durch euer Flehen und die Darreichung des Geistes Jesu Christi zum Heil ausschlagen wird.« Und in Philemon 22 ist zu lesen: »Zugleich aber bereite mir auch eine Unterkunft; denn ich erwarte, dass ich euch durch eure Gebete in Gnaden gewährt werde.«

Mögen wir uns nun aber auch von Gottes Geist leiten lassen, damit wir Gottes Zielen gemäß beten, denn eigensinnige und eigensüchtige Gebete werden nicht erhört. Den Sinn des Christus sollen wir haben (1.Kor.2:16) und suchen, was Christi Jesu ist (Phil.2:21). Auf das droben sollen wir sinnen, nicht auf das auf Erden (Kol.3:2). Beachten wir darüber hinaus, dass wir nicht wissen, was wir in Übereinstimmung mit dem, was in unseren Erdentagen sein muss, beten sollten (Röm.8:26). Deshalb verwendet sich Christus Jesus, der zur Rechten Gottes ist, gottgemäß (Röm.8:27) für uns; und der Vater erhört das Gebet Seines Sohnes (Röm.8:34). Mithin beten wir auch stets in der Erwartung, dass Gottes Wille geschehe - bereit, uns diesem unterzuordnen -, denn allein Seine Entscheidungen sind weise und Seine Wege recht. In der geistlichen Erkenntnis, dass Gott alles der herrlichen Vollendung in Christus zuführt, können wir gar nichts anderes wollen, als dass Sein Ratschluss geschehe, und werden wir Ihm bereits im Voraus danken - Ihn verherrlichend.

Danket Ihm!

 

Wer für die Brüder und Schwestern in Christus Jesus betet, der dankt auch für sie. In vielen Gebeten wird unserem Gott und Vater von vielen Angesichtern der Dank entgegengebracht werden - »wegen der uns erwiesenen Gnadengabe«, wie der Apostel in Vers 11 sagt. Eine Gebetserhörung ist eine Gnadengabe; eine Gnade ist es - keinen Anspruch haben wir darauf. Somit gehört auch die Rettung vor und aus Gefahren zu dem Reichtum der Gnade, die Gott in uns überfließen lässt, nicht nur die Rettung vor dem Zorn Gottes, aus dem Tod und zum äonischen Leben sowie von der Herrschaft der Sünde.

Mögen wir diese Gnadengabe aber auch durchaus im weiteren Zusammenhang unseres Schriftabschnitts sehen, der mit den Worten begann: »Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs, der uns in all unserer Drangsal zuspricht.« Die der Erweisung der Gnadengabe vorangehende Drangsal und der Zuspruch Gottes sowie die daraus erwachsenen Befähigung, anderen zusprechen zu können, da unser Vertrauen auf Gott größer geworden ist, sodass wir überfließen im Segnen unseres Gottes und Vaters - dies alles sind Gnadenerweisungen.

Es ist Gnade, die Wirksamkeit des lebendigen Gottes in einem gläubigen Herzen zu erfahren wie dann auch Gottes Bergungstat.

Eine besondere Gnade ist es, um Christi willen zu erdulden, denn dann werden wir in den kommenden Äonen auch mit Ihm in der besonderen Weise verherrlicht werden, dass wir mit Ihm herrschen. Mit Ihm leben werden alle Auserwählten und Berufenen, an Seiner Königsherrschaft teilnehmen werden aber nur die, die um Seiner Sache willen am Leiden teilnahmen.

Angesichts der hinter alldem stehenden Liebe Gottes werden wir in allen Situationen gekräftigt sein und Ihm allezeit in allem und für alles danken - im Namen unseres Herrn Jesus Christus.

 

In Heiligkeit und Aufrichtigkeit

(2.Korinther 1:12-24)

 

Paulus hatte vorgehabt, schon früher und gleich zweimal kurz nacheinander nach Korinth zu kommen. Doch er hatte seine Reisepläne geändert. Die Korinther verdächtigten ihn deshalb der Unzuverlässigkeit. Zudem ließ sich daraus folgern, dass auch die Lehre, die er brachte, nicht ganz stimmen könnte. Auch in anderen Punkten erschien Paulus den Korinthern fragwürdig: Er entsprach nicht den Vorstellungen, die sie sich nach ihren fleischlichen Maßstäben von einem großen Apostel machten, denn er rühmte sich nicht seiner selbst - vielleicht war er sich seines Aposteltums nicht sicher -, sondern war in körperlicher Schwachheit und demütiger Gesinnung unter ihnen gewesen und brauchte sich für sie auf.

Doch die Liebe des Paulus zu den Gläubigen in Korinth ist ungebrochen; er begegnet ihnen im Geist der Versöhnung. Und wenn es auch wiederholt so scheint, als wolle er sich verteidigen, so geht es ihm doch nicht um sich selbst, sondern er schreibt zu ihrer Auferbauung.

Des Paulus Ruhm

 

So lesen wir nun im zweiten Korintherbrief, dem Brief der Versöhnung, in Kapitel eins, Vers 12: »Denn dies ist unser Rühmen: das Zeugnis unseres Gewissens, dass wir uns in der Heiligkeit und Aufrichtigkeit Gottes (nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes) der Welt und ganz besonders euch gegenüber verhalten haben.« Die Korinther werden - und dies ist der Zusammenhang mit den vorangehenden Versen - Gott von Herzen für die weitere Bergung des Paulus aus Gefahren danken, denn er kann sich dessen rühmen, dass kein Makel an ihm ist. Sein Gewissen bezeugt ihm, dass er sich geistlich verhalten hat. Unser Gewissen ist von großer Bedeutung; möge es rein sein und nicht korrumpiert. Möge unser Bewusstsein von Gut und Böse vom Wort Gottes geprägt sein.

In Heiligkeit ist Paulus gewandelt, abgesondert für Gott, alle Gedanken gefangen nehmend unter den Gehorsam des Christus (2.Kor.10:5). Da der Herr aufrichtig ist und Paulus in Ihm lebt, konnte auch er aufrichtig sein. Übrigens ruht der Aufrichtigen Herzen in der Freude (Ps.97:11).

Nicht in fleischlicher Weisheit wie seine Gegner wandelte Paulus. Fleischlich, frei umschrieben: von sich selbst überzeugt, wandelt, wer sein Fleisch nicht kreuzigt, es nicht als am Kreuz abgetan und unnützlich für Gottes Anliegen ansieht. Dabei muss man natürlich wissen, dass unsere alte Menschheit zusammen mit Christus gekreuzigt wurde, damit der Körper der Sünde unwirksam gemacht werde (Röm.6:6).

Die Gnade Gottes bestimmte das Verhalten des Apostels gegenüber den Heiligen zu Korinth. Was Paulus war, das war er nur durch die Gnade und in der Gnade, und seine Entschlüsse wie auch, wenn die Umstände es erforderten, ihre Änderung stimmten mit der Gnade überein, die ihm zur Auferbauung gegeben war. Mithin rühmt sich Paulus nicht etwa seines allgemein üblichen Verhaltens, sondern der Wirksamkeit der Gnade in ihm.

Nun Vers 13: »Schreiben wir euch doch nichts anderes, als was ihr entweder lesen oder auch erkennen könnt.« Paulus hat nie etwas anderes geschrieben, als was allen öffentlich zugänglich war, und was er schrieb, stimmte mit dem überein, was man an des Paulus Verhalten auch erkennen konnte.

»Ich erwarte aber«, so fährt Paulus fort, »dass ihr endgültig erkennen werdet, so wie ihr uns bereits zum Teil erkannt habt, dass wir am Tage unseres Herrn Jesus euer Ruhm sind gleichwie auch ihr der unsrige« (Verse 13,14). Paulus ist sich sicher, dass alle Korinther ihn in seiner lauteren Gesinnung und seiner von der Gnade bestimmten Haltung erkennen werden. Ein Teil der Gläubigen hat Paulus bereits erkannt. Die Folge der Erkenntnis des Herzens des Paulus ist eine geistliche Umgestaltung der Korinther, die dazu führt, dass sie sich am Tage unseres Herrn Jesus, von dem herrlichen Tag unserer Entrückung zu Ihm hin an, des Mannes rühmen werden, durch den sie so viel Segen erhalten haben. Zugleich werden die Korinther der Ruhm des Paulus vor der Preisrichterbühne des Christus sein, denn der Herr wird dem, der sie für die Versöhnung gewonnen und zur Reife gebracht hat, viel Lob zuteil werden lassen.

Fasst Paulus seine Entschlüsse leichtfertig?

 

Aus den Versen 15 und 16 erfahren wir: »Im Vertrauen darauf beabsichtige ich, schon früher zu euch zu kommen (damit ihr einen zweiten Gunsterweis hättet) und von euch aus nach Mazedonien weiterzureisen, danach von Mazedonien wieder zu euch zu kommen und dann von euch das Geleit nach Judäa zu erhalten.« Im Vertrauen darauf, dass alles dem Ziele Christi gemäß geschehe und den Korinthern zum Besten diene, hatte Paulus zwei Besuche vorgehabt.

An dieser Stelle ist zu sagen, dass es schwierig ist, den rechten Überblick über die zeitliche Abfolge der Besuche des Paulus in Korinth und seiner Briefe an die dortige Gemeinde zu gewinnen. Folgende Chronologie dürfte aber weitgehend zutreffen:

1. Paulus hält sich in den Jahren 50 und 51 für 1 ½ Jahre in Korinth auf (Ap.18);

2. Er schreibt einen ersten Brief; dieser ging verloren (1.Kor.5:9);

3. Er verfasst im Jahre 53 oder 54 von Ephesus aus einen zweiten Brief, der uns als der erste Korintherbrief bekannt ist;

4. Paulus sucht Korinth ein zweites Mal auf, und zwar in großer Betrübnis über die Zustände dort (2.Kor.2:1; 13:2);

5. Paulus schreibt einen dritten Brief, und diesen unter vielen Tränen (2.Kor.2:4). Dieser »Tränenbrief« ist verlorengegangen;

6. Paulus plant, nach Korinth und Mazedonien zu reisen und dann wieder nach Korinth zu kommen, wie wir gerade in den Versen 15 und 16 gehört haben. Dies wäre der zweite und sogar ein dritter Gunsterweis gewesen. Da die Frucht des »Tränenbriefs« aber noch nicht ausgereift ist, ändert Paulus seinen Reiseplan;

7. Paulus schreibt im Jahr 55 von Mazedonien aus - über Troas war er dorthin gelangt, nicht über Korinth (2.Kor.2:12) - den uns vorliegenden zweiten Korintherbrief (Ap.20:1);

8. Im Jahr 56 kommt Paulus zum dritten Mal nach Korinth und erweist ihnen damit zum zweiten Mal seine Gunst (Ap.20:2; 2.Kor.12:14; 13:1).

Wenden wir uns nun Vers 17 zu: »Als ich nun diese Absicht hatte, habe ich doch wohl nicht aus Leichtfertigkeit gehandelt? Oder beschließe ich das, was ich beabsichtigt habe, etwa dem Fleisch gemäß, sodass das Ja-ja bei mir auch Nein-nein wäre?« Gott muss Seine Pläne niemals ändern, ein Mensch aber muss dies oftmals tun, doch Paulus handelt nicht leichtfertig, sondern ordnet seine Entscheidungen der Führung Gottes unter. Er handelt nicht fleischgemäß, der alten, selbstbezogenen Menschheit entsprechend, sondern hat stets das Heil der Korinther im Sinn, ihre Zurechtbringung.

Gott ist getreu

 

Im Folgenden verknüpft Paulus seine Zuverlässigkeit mit der Treue Gottes: »So wahr Gott getreu ist: Unser Wort, das an euch ergeht, ist nicht einmal Ja und einmal Nein; denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der bei euch durch uns geheroldet wird, nämlich durch mich, Silvanus und Timotheus, war nicht Ja und Nein, sondern in Ihm ist das Ja geschehen; denn all die Verheißungen Gottes sind Ja in Ihm« (Verse 18 bis 20). Ebenso wie Gott ist auch Paulus getreu, denn Gottes Geist wohnt in ihm; auf das Wort des Apostels kann man bauen. Sein Wort ist das Evangelium Gottes über Seinen Sohn, das Wort vom Kreuz, das Wort der Versöhnung, und nicht nur dieses elementare, sondern auch jede mit dem alltäglichen Wandel und Dienst verbundene Aussage, wie denn Paulus in Philipper 4:9 schreiben kann: »Was ihr auch von mir gelernt und erhalten, gehört und an mir gewahrt habta, das setzt in die Tat um; dann wird der Gott des Friedens mit euch sein.« Paulus lebt, was er lehrt. Er ist nicht nur der Lehrer in der heutigen Heilsverwaltung, sondern auch das Vorbild für unser Verhalten und unseren Wettkampf in der Verbreitung des Evangeliums (1.Kor.4:16; 11:1; Phil.3:17; 2.Thess.3:7; 2.Tim.3:10).

 

Das Amen durch Ihn und durch uns

 

»Darum«, weil alle Verheißungen Gottes Ja in Ihm sind, »ist auch das Amen durch Ihn, zur Verherrlichung Gottes, durch unseren Dienst« (Vers 20). Christus ist auch die Erfüllung und der Vollender aller Worte Gottes, denn Gott hat Seinen Vorsatz für den Verlauf der Äonen in Christus gefasst und verwirklicht ihn mithin durch Ihn, den Mittler. In Offenbarung 3:14 wird Christus sogar ausdrücklich als »der Amen« bezeichnet. Befähigt durch den Mittler, ist aber auch der Dienst des Apostels Paulus die Bestätigung und der Vollzug der Worte Gottes. So darf unser Wandel und Dienst ebenso das Amen auf das Ja Gottes sein, zu Seiner Verherrlichung, sind wir doch in Christus Jesus und daher auf das ausgerichtet, was Er will. Wir haben den Sinn des Christus (1.Kor.2:16)! Sollten wir, Seine Glieder, etwas anderes im Sinn haben als Er, unser Haupt und Retter?

Unsere Stetigkeit ist von Gott

 

In den Versen 21 und 22 kommt Paulus nun auf wichtige generelle Tatsachen zu sprechen: »Der uns aber samt euch in Christus Stetigkeit verleiht und uns gesalbt hat, ist Gott, der uns auch versiegelt und das Angeld des Geistes in unsere Herzen gegeben hat.« Die Quelle unserer Zuverlässigkeit und unseres Gottes verherrlichenden, geradlinigen Mühens ist Gott. Er verleiht uns Stetigkeit, was mit Beständigkeit zusammenhängt und vom Griechischen her mit Bestätigung, denn Gott bestätigt unsere entschiedene Bereitstellung für Ihn insofern, als Er uns auf Seinen vollkommenen Wegen leitet. Und wenn wir die Umstände unseres Lebensweges auch nur in geringem Maß absehen können, so lassen sich doch die notwendigen Änderungen unserer Entschlüsse, die Gott ebenfalls obwaltet, auf die Grundlinie unseres hingebungsvollen Dienstes für andere und zur Verherrlichung Gottes zurückführen, sodass die Brüder und Schwestern in Christus Jesus stets wissen, woran sie bei uns sind.

Diese Stetigkeit verleiht Gott uns durch Seinen Geist, mit dem wir gesalbt und versiegelt sind.

Er hat uns gesalbt, das heißt wir erhielten den Geist Gottes beim Glaubensanfang und besitzen ihn seitdem fortdauernd. Im alten Israel wurden Propheten, Priester und Könige bei ihrer Amtseinsetzung mit Öl gesalbt und damit für ihren Dienst bevollmächtigt. Öl ist das Symbol für den Geist Gottes, der dabei auf den Amtsträger kam. Unser Herr, der den Titel »Messias« trägt, was ebenso wie »Christus« »Gesalbter« bedeutet, ist der Gesalbte im ausgesprochenen Sinn, denn Er erhielt den Geist ohne Maß (Joh.3:34). Das Wort »salben« und auch das, was wir als nächstes betrachten wollen, nämlich »versiegeln«, stehen in der grammatischen Form des ersten Aorists, die besagt, dass es sich um bestandhabende Tatsachen handelt.

Als unser Gott und Vater uns, die Er vor dem Niederwurf der Welt auserwählt hatte, berief, uns den Glauben in Gnaden gewährend (Phil.1:29), bekamen wir nicht nur den heiligen Geist, sondern wurden sogar mit ihm versiegelt, wie auch Epheser 1:13 sagt: »In Ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit, das Evangelium eurer Rettung, hört - in Ihm seid auch ihr, die ihr glaubt, versiegelt mit dem Geist der Verheißung, dem heiligen, ... zum Lobpreis Seiner Herrlichkeit.« Die Versiegelung verbürgt uns, dass wir unwiderruflich in der Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes, unserem Herrn Jesus Christus, stehen. Die Tatsache unserer Gotteskindschaft ist unverbrüchlich; wir können unsere Rettung nicht mehr verlieren. Wer versiegelt ist, ist Gottes unantastbares Eigentum, von Ihm auserwählt und berufen, in Christus Jesus begnadet und gesegnet und vorherbestimmt, in den kommenden Äonen inmitten der Überhimmlischen die Vervollständigung dessen zu sein, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:23). - Mögen wir den Geist Gottes, mit dem wir für den Tag der Freilösung aus unserem irdischen Dasein, für den Tag Christi, versiegelt sind, nun doch nicht betrüben (Eph.4:30), sondern alles daransetzen, zur Verherrlichung dessen zu wirken, der uns über alle Maßen liebt, wie auch an dem Gnadengeschenk der Versiegelung erkennbar.

Das Angeld des Geistes

 

Gott hat das Angeld des Geistes in unsere Herzen gegeben. Diese Anzahlung ist das Unterpfand dafür, dass wir das volle Maß des Geistes erhalten werden. Das Angeld ist die Zusicherung der Fülle. In Epheser 1:14 heißt es vom Geist der Verheißung, dem heiligen, dass er ein Angeld unseres Losteils ist bis zur Freilösung des uns zugeeigneten. Das uns zugeeignete Losteil - es sind die überhimmlischen Regionen - wird von der Macht der Finsternismächte befreit werden, bevor wir es einnehmen. Als Angeld darauf sind wir schon heute mit jedem geistlichen Segen inmitten der überhimmlischen Geschöpfe in Christus gesegnet (Eph.1:3). Im Geist sind wir bereits inmitten der Überhimmlischen niedergesetzt (Eph.2:6), doch körperlich befinden wir uns noch nicht dort. Die Erstlingsgabe des Geistes haben wir (Röm.8:23), aber erst am Tag Christi werden unsere Körper verwandelt und wir dem Bild des Sohnes Gottes gleichgestaltet werden (Röm.8:29). Dann ist uns der volle Segen des Sohnesstandes zuteil geworden. Dann haben wir einen geistlichen Körper der Unvergänglichkeit und Herrlichkeit, durch und durch vom Geist Gottes gewirkt und geführt, und überhaupt alles, was uns mit dem Angeld verheißen wurde.

Die Wirksamkeit des geistlichen Angelds

 

In unsere Herzen hat Gott das Angeld des Geistes gegeben, genau dorthin, wo wir es brauchen, denn - wie sagte Martin Luther? - »das Herz ist ein trotzig und verzagt Ding.« Gott aber hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit, sondern der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft gegeben (2.Tim.1:7). Sein Geist ist Seine unsichtbare Kraft. Sein Geist ist der Träger Seine Liebe, denn die Liebe Gottes ist durch den uns gegebenen heiligen Geist in unseren Herzen ausgegossen (Röm.5:5). Sein Geist ist es auch, der uns durch die Erneuerung unseres Denksinns umgestaltet, damit wir vernünftig, gerecht und fromm in dem gegenwärtigen bösen Äon zu wandeln vermögen.

Der Geist wirkt nicht unabhängig vom Wort, ja die Worte Gottes selbst sind Geist und sind Leben (vgl.Joh.6:63). Mögen wir uns darum täglich reichlich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren (1.Tim.4:6). Sagte nicht unser Herr: »Der Geist ist es, der lebendig macht« (Joh.6:63)? Dementsprechend schreibt Paulus in Römer 8:11: »Wenn aber der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, dann wird Er, der Christus Jesus aus den Toten auferweckte, auch eure sterbenden Körper durch Seinen euch innewohnenden Geist lebendig machen.«

Wiewohl wir noch in einem sterbenden Körper sind, befähigt uns also das Angeld des Geistes bereits zu einem Gott wohlgefälligen Wandel und Dienst. Wir können für Gott leben und wirken - in Christus Jesus, unserem Herrn! »Denn das Gesetz des Geistes (und zwar) des Lebens in Christus Jesus befreit dich vom Gesetz der Sünde und des Todes« (Röm.8:2). Durch Seinen Geist erfüllt uns der Gott der Zuversicht zudem mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit wir überfließen in der Zuversicht, eben in der Kraft des heiligen Geistes (Röm.15:13). Vielfältige Frucht bringt das Angeld des Geistes in unserem Leben: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Gutheit, Treue, Sanftmut, Selbstzucht (Gal.5:22). Des Weiteren ist das gesamte Wort Gottes durch den Geist lebendig in uns, sodass wir darin leben können. Insbesondere darf aber das Wort der Versöhnung wirksam in uns sein, so wie es in Paulus war, sodass wir allezeit Gnade gewähren, wie Gott uns in Christus Gnade erweist (Eph.4:32), ebenso wie Paulus dadurch den Dienst der Versöhnung tun konnte, im besonderen Maße an den Korinthern. Der Geist Gottes hatte es Paulus auch geschenkt, sich in Heiligkeit und Aufrichtigkeit den Korinthern gegenüber zu verhalten. Sie werden es wohl noch alle erkennen.

»Nur um euch zu schonen«

 

Sie werden auch erkennen, warum Paulus nicht zu ihnen gekommen, sondern von Ephesus aus über Troas nach Mazedonien gegangen ist, wo er jetzt den zweiten Korintherbrief schreibt. Deutlich nennt er den Grund in Vers 23: »Ich aber rufe Gott zum Zeugen über meine Seele an: Nur um euch zu schonen, kam ich nicht mehr nach Korinth.« Unter Anrufung Gottes und dem Einsatz seiner Seele - möge Gott ihn zur Rechenschaft ziehen, wenn er nicht die Wahrheit sagte - bringt Paulus zum Ausdruck, dass er ihnen Zeit zur Umsinnung lassen wollte, damit er nicht Strenge üben müsste. Sein vorangegangener Brief, der »Tränenbrief«, sollte zunächst seine Wirkung entfalten und heilsame Frucht unter den Gläubigen bringen.

Schon in 1.Korinther 4:21 hatte Paulus sie gefragt: »Was wollt ihr nun? Dass ich mit der Rute zu euch komme oder mit Liebe und dem Geist der Sanftmut?« Nun aber hatte er sich entschieden, nicht wieder in Betrübnis zu ihnen zu kommen (2.Kor.2:1), in einer Betrübnis über ungeistliche Verhaltensweisen, seien es Unreinheit, Hurerei und Ausschweifung, Hader, Eifersucht, Grimm, Ränke, Verleumdungen, Ohrenbläserei, Aufgeblasenheit und Aufruhr (2.Kor.12:20,21) oder die Weisheit der Griechen, der das Geheimnis der Weisheit Gottes, nämlich Jesus Christus, und dieser als gekreuzigt, eine Torheit ist (1.Kor.1:23; 2:2,7), sei es das Rühmen vieler dem Fleisch nach (2.Kor.11:18) oder seien es die falschen Apostel, die betrügerischen Arbeiter, die sich zu Aposteln Christi verstellen (2.Kor.11:13), darunter wohl insbesondere Hebräer (2.Kor.11:22).

Die bohrende Frage, wie die Korinther seinen Brief aufgenommen haben und wie sie sich entscheiden würden, anders ausgedrückt: die Liebe zu den Korinthern, die ihn drängte, hatte zur Folge, dass Paulus auch in Troas keine Entspannung in seinem Geist fand. Da er Titus dort nicht traf, der ihm über Korinth berichten sollte, brach er eine wirksame evangelistische Arbeit ab - es hatte sich ihm dort eine Tür im Herrn aufgetan - und reiste Titus nach Mazedonien entgegen (2.Kor.2:12,13).

Aber nun dürfen wir durch 2.Korinther 7:6,7 wissen: »Doch Gott, der den Demütigen zuspricht, hat auch uns durch die Anwesenheit des Titus zugesprochen, nicht allein aber durch seine Anwesenheit, sondern auch durch den Zuspruch, mit dem ihm bei euch zugesprochen wurde. Er tat uns eure Sehnsucht nach mir kund, euer Wehklagen, euren Eifer für mich, sodass ich mich umso mehr freute.« Titus hatte Paulus Gutes berichtet; Paulus konnte aufatmen. Sein Tränenbrief hatte die Korinther sehr betrübt, aber zur Umsinnung, betrübt ja, aber nach dem Willen Gottes. Die Betrübnis nach dem Willen Gottes aber bewirkt Umsinnung zu einem unbereubaren Heil (2.Kor.7:9,10). Ihre Betrübnis hatte sie mit viel Eifer um die Bereinigung ihrer Situation kämpfen lassen (2.Kor.7:11). Jetzt war der Weg frei, dass Paulus sie zum dritten Mal besuchen und dabei gewiss sein kann, dass er nicht radikale Zucht üben muss.

Mitarbeiter an der Freude

 

»Nur um euch zu schonen, kam ich nicht mehr nach Korinth.« Daran schließt sich Vers 24 an: »Nicht dass wir die Herrschaft über euren Glauben hätten, sondern wir sind Mitarbeiter an eurer Freude; denn ihr habt fest im Glauben gestanden.« Paulus kommt deshalb auf die Herrschaft über den Glauben zu sprechen, weil die Korinther immer noch auf den Gedanken kommen könnten: Schonen will er uns? Was maßt er sich an? Er ist doch nicht unser Herr, den wir fürchten müssten! Andererseits gab es in Korinth welche, die sich als Herren aufspielten und die Gläubigen versklavten (2.Kor.11:20). Doch Paulus kann als Apostel Christi mit Fug und Recht mit Gewichtigkeit auftreten (1.Thess.2:7), keinesfalls aber will er den Eindruck entstehen lassen, er übe sein Aposteltum in herrischer Weise aus. Herr über den Glauben der Korinther ist nur einer: der Herr Jesus Christus Selbst! Man gehorche aber auch Seinem Beauftragten; Paulus verkündigt ja nicht sich selbst, sondern Christus Jesus als den Herrn. Des Paulus Art und Weise ist es, sich selbst völlig zurückzunehmen, ja in Schwachheit unter den Heiligen zu sein, damit nicht ein Machtwort zur Umsinnung und zum Gehorsam führe, sondern die Liebe des Christus in seinem demütigen Dienen. Die Ermahnung im Geist der Versöhnung und der umwandelnden Gnade hat Gehorsam und einen Gott verherrlichenden Wandel zur Folge.

Daraus wiederum erwächst Freude. Die Frucht eines geistlichen Wandels ist Freude. Wer das Evangelium der überströmenden Gnade erkennen durfte, das Paulus offenbart wurde, der freut sich - das ist unausbleiblich - über den herrlichen geistlichen und überhimmlischen Segen in Christus; wer erkannt hat, dass Gott in Seiner Weisheit, Liebe und Allgewalt alles zur herrlichen Vollendung in Christus führt, der wird von der Freude getragen; wer in der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus wettkämpft und das Wort der Versöhnung verkündigt, erfährt in diesem Dienst kostbare Freude. Die auf dieses Ziel hin an den Korinthern Wirkenden, sei es Paulus oder Apollos, Timotheus oder Titus, sind Mitarbeiter an ihrer Freude. Und wenn der Apostel die Heiligen in Korinth zunächst betrüben musste, so hatte er ihnen doch deshalb geschrieben, dass sie umsinnen und die Freude des reinen Glaubens wieder erleben mögen.

Die Bemühungen des Paulus müssen eigentlich auf fruchtbaren Boden fallen, denn - wenn es in Korinth auch falsche Brüder gibt, also Ungläubige, die viele Probleme machen - er hat es mit Gläubigen zu tun. Die Korinther haben fest im Glauben gestanden oder Stand genommen; kurz: sie stehen im Glauben. Und in diesen wird sich das Wort Christi als wirksam erweisen, ebenso wie die Tränen ihres Apostels.

 

Nicht wieder in Betrübnis

(2.Korinther 2)

 

Die Gläubigen in Korinth hatten dem Apostel Paulus Unzuverlässigkeit vorgeworfen, da er seine Reisepläne geändert hatte und nicht wieder zu ihnen gekommen war. Und nun befindet sich Paulus gegen Ende der dritten Missionsreise im Jahre 55 in Mazedonien und schreibt ihnen den zweiten Korintherbrief. Mit Vers 23 des ersten Kapitels hat er seine Entscheidung bereits begründet: »Nur um euch zu schonen, kam ich nicht mehr nach Korinth.« Das erinnert uns an 1.Korinther 4:21: »Was wollt ihr nun? Dass ich mit der Rute zu euch komme oder mit Liebe und dem Geist der Sanftmut?« Weiteren Aufschluss erhalten wir durch Vers 1 des 2. Kapitels unseres Schriftabschnitts: »Ich habe mich nun dafür entschieden, nicht wieder in Betrübnis zu euch zu kommen.«

Die Betrübnis des Paulus

 

»Nicht wieder in Betrübnis!« - Was war vorgefallen? Paulus hatte die von ihm gegründete Gemeinde nach der Abfassung des ersten Korintherbriefs bereits einmal besucht. Was er dabei erleben musste, betrübte den Apostel zutiefst. In der Gemeinde gab es Hader, Eifersucht, Grimm, Ränke, Verleumdungen, Ohrenbläserei und Aufruhr, des Weiteren Unreinheit, Hurerei und Ausschweifung (2.Kor.12:20,21). Zugleich zweifelte man an dem Aposteltum des Paulus (12:11). In der Gemeinde wirkten falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, Diener Satans, die sich zu Dienern der Gerechtigkeit verstellten (11:13-15). Da waren welche, die heroldeten einen anderen Jesus und ein andersartiges Evangelium als Paulus (11:4). Da rühmten sie sich ihrer Weisheit, nicht der Weisheit Gottes, die in Christus und diesem als gekreuzigt besteht (1.Kor.2:2), und sie bliesen sich auf, für den einen Lehrer und gegen den anderen Lehrer auftretend (1.Kor.4:6). Paulus war erschüttert. Die Sünden und Verirrungen der Korinther erfüllten ihn mit Traurigkeit (2.Kor.12:21). Die Angriffe gegen seine Person und sein Evangelium drohten seine ganze Arbeit zunichte zu machen - zum Schaden der Gläubigen in Korinth, wohlgemerkt. Paulus ging es um die Heiligen dort, nicht um sich selbst.

Nach diesem Besuch hatte Paulus ihnen, wie aus Vers 4 ersichtlich, aus viel Drangsal und Beklemmung des Herzens und unter vielen Tränen geschrieben und sich entschieden - entgegen seiner früheren Reiseplanung -, zunächst nicht wieder nach Korinth zu kommen, sondern ihnen ausreichende Gelegenheit zur Umsinnung und zum Abbau der Missstände zu geben, denn sollte er wieder solche katastrophalen Zustände antreffen, würde er nicht mehr schonend vorgehen können. Dies bringt er auch in Kapitel 13, Vers 10 zum Ausdruck: »Deshalb schreibe ich euch dies, während ich noch abwesend bin, um bei meiner Anwesenheit nicht Strenge gebrauchen zu müssen gemäß der Vollmacht, die der Herr mir zur Auferbauung und nicht zum Einreißen gegeben hat.« Nicht wieder in Betrübnis will er sie besuchen. Sein Tränenbrief wird die Korinther doch wohl im Innersten verändert haben und vollends nun auch der 2.Korintherbrief, und zwar aufgrund all der Liebe und Hingabe des Paulus, der Gnade Gottes und der Botschaft der Versöhnung wie auch der entsprechenden Haltung des Apostels, der den Korinthern ihre Kränkungen, die sie seinem Herzen zugefügt haben, nicht anrechnet.

Freude, die Frucht des Tränenbriefs

 

Mit Vers 2 fragt Paulus: »Denn wenn ich euch betrübe, wer kann mich dann noch fröhlich machen, wenn nicht der durch mich Betrübte?« Wenn Paulus wieder in Betrübnis käme, dann müsste er die Korinther betrüben. Und wenn er sie betrüben würde - wer könnte ihn wieder fröhlich machen? Nur der durch ihn Betrübte, falls dieser erkennt, dass es Gottes Ermahnung war, die Paulus ausgesprochen hat, und daraufhin seinen Sinn ändert. Es handelt sich aber um einen größeren Kreis von Gläubigen, wie aus Vers 3 hervorgeht: »Und eben dies habe ich euch geschrieben, damit ich nicht, wenn ich komme, durch diejenigen Betrübnis habe, die mich erfreuen müssten.« Doch Paulus ist zuversichtlich, dass er sie in Freude besuchen werde, wie er weiterschreibt: »Doch ich habe zu euch allen das Vertrauen, dass meine Freude euer aller Freude ist.«

Und nun öffnet Paulus mit Vers 4 sein Herz: »Denn aus viel Drangsal und Beklemmung des Herzens habe ich euch unter vielen Tränen geschrieben, nicht damit ihr betrübt werdet, sondern damit ihr die Liebe erkennen mögt, die ich besonders zu euch habe.« Er schrieb den Tränenbrief wahrhaftig nicht zu ihrer Betrübnis, sondern dass die durch ihn zum Ausdruck kommende Liebe Gottes ihre Herzen umpflügen möge und sie umsinnen mögen zu ihrem Heil und zu ihrer Freude. Seine Herzensbeklemmung muss ihnen die Sündhaftigkeit ihrer Verfehlungen eindrücklich gemacht haben, sodass sie zur Umsinnung betrübt wurden, eben nach dem Willen Gottes, sodass ihnen in keiner Weise etwas durch Paulus verwirkt wurde (2.Kor.7:9).

Wir lernen mithin daraus für den Fall, dass wir einmal Widerstrebende zurechtbringen oder Gemeindezucht zu üben haben, dass wir niemals allein unter dem Gesichtspunkt zu handeln haben, dass es nötig und recht ist, sondern aus dem Betrübtsein über die Sünde nur darf es geschehen und in aller Liebe wie auch in Sanftmut, worin die klare, biblische Begründung für unser Handeln eingebunden sein muss. Dabei wird es unser flehentliches Gebet sein, ob unser Gott und Vater ihnen nicht Umsinnung gebe, um zur Erkenntnis der Wahrheit zu kommen, damit sie wieder ernüchtert werden und aus der Falle Satans gelangen, zu dessen Willen sie von ihm lebendig gefangen sind (2.Tim.2:25,26).

Erweist ihm nun Gnade!

 

Paulus fährt fort: »Wenn aber jemand Betrübtheit verursacht hat, so hat er nicht nur mich betrübt, sondern zum Teil (damit ich ihn nicht beschwere) euch alle« (Vers 5). Der Betreffende muss sich wohl gegen Paulus selbst gewandt haben; damit hat er aber alle betrübt, doch Paulus hält sich zurück und schreibt daher: »zum Teil euch alle«, um ihm nicht zuviel anzulasten. Der Apostel der Nationen macht den Korinthern hiermit klar, dass die Gegnerschaft gegen ihn nicht eine Sache ist, mit der er allein fertig werden müsste, sondern zum geistlichen Schaden aller führt.

Wir lesen weiter: »Für einen solchen ist dieser Verweis genug, den ihm die Mehrzahl von euch erteilt hat, sodass ihr im Gegenteil ihm nun vielmehr Gnade erweisen und zusprechen könnt, damit ein solcher nicht etwa von übermäßiger Betrübnis verschlungen werde« (Verse 6 und 7). Es sei hier eingeflochten, dass dieser Schuldige nicht der in 1.Konrinther 5 erwähnte Mann ist, der ein Verhältnis mit seiner Stiefmutter hatte, sondern der Anführer einer gegen den Apostel Christi Jesu gerichteten Bewegung gewesen sein dürfte, denn ein Verweis ist etwas anderes als eine Übergabe an den Satan zum Ruin des Fleisches. Außerdem bezieht sich Paulus auf den Tränenbrief und nicht auf den ersten Korintherbrief. Die Mehrzahl der Korinther hatte den Verweis ausgesprochen, wohl gegenüber der mit dem Schuldigen verbundenen Minderheit.

Nun aber sollen sie ihm Gnade erweisen, denn er hat seine Untat eingesehen. Sie sollen jetzt nicht in den anderen Fehler verfallen und zu grimmigen Verfolgern des Bruders werden und ihn damit zur Verzweiflung bringen. Wieder annehmen sollen sie ihn von ganzem Herzen, denn das Ziel der Gemeindezucht ist erreicht.

»Darum spreche ich euch zu«, so schließt Paulus in Vers 8 den Gedanken ab, »Liebe gegen ihn walten zu lassen.« Jener Mensch soll nun Objekt ihrer Liebe sein! - Wie sich die Sache doch gewandelt hat!

Alles geschieht um euretwillen

 

In Vers 9 kommt Paulus auf einen weiteren Aspekt zu sprechen: »Denn auch dazu habe ich euch geschrieben, damit ich eure Bewährtheit erkenne, ob ihr in allem gehorsam seid.« Sie waren gehorsam, wie Titus dem Paulus berichten konnte; sie hatten diesen von Paulus zwischenzeitlich gesandten Mitarbeiter überdies mit Furcht und Zittern aufgenommen (7:15). Jetzt sind die Heiligen in Korinth sogar zu Bewährten geworden. Welch eine herrliche Frucht doch aus einer im Geist der Versöhnung gemeisterten Krise erwachsen ist!

Paulus schreibt weiter: »Wem ihr aber irgendwie Gnade erweist, dem gewähre ich sie auch« (Vers 10a). Wenn sie dem Apostel gehorchen, sind sie eines Sinnes mit ihm, sodass auch ihre Handlungen übereinstimmen. Gnade gewähren - das ist dem Evangelium des glückseligen Gottes gemäß, der uns in Christus überströmende Gnade erzeigt. Diese Gnade ändert und erzieht uns, einander Gnade zu erweisen (Eph.4:32; Tit.2:12). Paulus hat also sein Ziel erreicht, nämlich die Änderung der Gesinnung seiner Gegner hervorzurufen, sodass er nicht zum Äußersten, also zum Gemeindeausschluss, greifen musste, sondern die Kraft der Gnade in ihrer herrlichen Auswirkung der Änderung der Herzen zum Aufleuchten bringen durfte.

Es folgen die Verse 10b und 11: »Denn worin ich Gnade erwiesen habe (wenn ich überhaupt irgendwie Gnade zu erweisen hatte), war es um euretwillen vor dem Angesicht Christi, damit wir nicht vom Satan übervorteilt würden; denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt.« Vor dem Angesicht Christi vergehen alle fleischlichen Gedanken, nur die der Liebe und Gnade, der Versöhnung und Auferbauung bleiben bestehen. Die Liebe des Christus drängte Paulus, »um euretwillen«, also um der gesamten Gemeinde willen, zu ihrer Festigung in der Gnade, Gnade zu gewähren. Vor den Augen Christi besteht man nicht auf der vermeintlichen Berechtigung, gekränkt bleiben zu dürfen. So etwas entspringt den Gedanken des Satans.

Auf vielerlei Weise sucht der Satan die Heiligen zu überlisten, zum Beispiel indem er das Wort der Wahrheit verdreht, den Gläubigen die Ehre ihres Mitwirkens an der Rettung geben oder ihnen die Anerkennung der Welt für die Mitarbeit an deren Zielen vermitteln will, sie damit von der Herzenseinfalt und der Lauterkeit, die auf Christus gerichtet ist, wegziehend (2.Kor.11:3). - Doch befassen wir uns mit den Gedanken Satans, mit denen er die Korinther zu übervorteilen versucht: Die Korinther wollten Besonnene sein (1.Kor.4:10), Große, Starke und Weise, die über dem Wort Gottes stehen und selbst entscheiden, ob sie die Person und das Evangelium des Paulus akzeptieren oder nicht. Und nun, nachdem der Tränenbrief des Apostels Frucht getragen hat, drängte sich ihnen der Gedanke Satans auf, den Gemaßregelten auch nach seiner Umsinnung spüren zu lassen, was recht ist. Die Bedrückung, Verstörung und Entzweiung der Gläubigen ist der Wille des Satans. Satan gewährt keine Gnade. Und genau dies ist es, worauf es in Korinth jetzt ankommt. Ihr Korinther, gewährt Gnade; dann verliert Satan alle Macht! Der Satan will zerstören, die Gnade aber baut auf. Mögen wir uns darum immer wieder gegenseitig Gnade gewähren, wenn jemand gegen jemand anders einen Tadel hat (Kol.3:13).

In Troas

 

Paulus war von Ephesus aus über Troas - eben nicht wie ursprünglich geplant über Korinth (2.Kor.1:15,16) - nach Mazedonien gereist. Über seine Erlebnisse in Troas schreibt er in den Versen 12 und 13: »Als ich für das Evangelium des Christus nach Troas kam und sich mir dort eine Tür im Herrn auftat, hatte ich doch keine Entspannung in meinem Geist, weil ich Titus, meinen Bruder, nicht fand. Darum verabschiedete ich mich von ihnen und zog nach Mazedonien weiter.« Paulus hatte Titus nach Korinth gesandt, um zu erfahren, was sein in der Drangsal und Beklemmung des Herzens geschriebener Brief bewirkt hat. Titus sollte ihm in Troas berichten, doch der war noch nicht bis dorthing gelangt. So zog Paulus ihm nach Mazedonien entgegen, und dies, obwohl sich ihm in Troas eine Tür für eine viel versprechende Evangeliumsverkündigung aufgetan hatte, für das Kostbarste, was er den Menschen geben konnte, das Evangelium des Christus, das sie der herausgerufenen Gemeinde einverleibt, die Christi Körper ist. Herrlicher kann es nicht sein. Doch des Paulus innere Anspannung, seine ernste Besorgnis um die Geschwister in Korinth ließen ihm keine Ruhe. Wie hatten sie seinen Brief aufgenommen?

In Mazedonien traf er dann Titus, der ihm zu seiner Entspannung und Freude mitteilen konnte, dass die geliebte Gemeinde sich durch die ihr von Paulus bereitete Betrübnis zur Umsinnung und zum Gehorsam hat bringen lassen. Des Titus Schilderung gereichte ihm zu großem Zuspruch (2.Kor.7:6-16).

Im Triumph in Christus

 

Bei dieser Gelegenheit kommt Paulus auf eine grundlegende geistliche Tatsache zu sprechen. Er schreibt in Vers 14a: »Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumph in Christus einherführt.« Wie auch immer unser Gott und Vater uns führt, Er führt uns im Triumph in Christus einher!

Dies ist zuerst eine Sache unseres Gnadenstandes. Allein die Wahrheiten, dass wir Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte sind, dass wir aus der Obrigkeit der Finsternis Geborgene und Gerettete in Christus Jesus sind, verkündigen den Sieg Gottes durch Seinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus. Zu Gottes Verherrlichung ist es, dass wir in Christus der Erweis der Gerechtigkeit Gottes wurden (2.Kor.5:21). In dem geliebten Sohn sind wir zum Lobpreis Gottes über alle Maßen begnadet und mit jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen gesegnet (Eph.1:3). - In der Praxis ist davon oftmals leider nicht viel zu sehen. In mancherlei Schwachheit und Einengungen wandeln und dienen die Gläubigen; dazu zeichnen Sünden, Irrtümer, Streitigkeiten und anderes fleischliches Verhalten ihren Weg - denken wir nur an die Korinther -; doch Gott, der Liebe ist, allein weise und allgewaltig, wird Sich über allem verherrlichen, denn selbst dort, wo die Sünde zunimmt, strömt die Gnade über, und das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus befreit uns vom Gesetz der Sünde und des Todes (Röm.8:2). Bei den Korinthern hat Paulus dies in wichtigen Bereichen bereits erreicht. Ist dies nicht ein Triumph Gottes? Zu einem Brief Christi sind die Korinther nun geworden, von allen Menschen erkannt und gelesen (2.Kor.3:2,3). Christus hat Gestalt in ihnen gewonnen (vgl.Gal.4:19). Und sollten etwa wir uns nicht ermahnen lassen, oder sollte das Wort Gottes etwa an uns nicht wirksam sein? Sollte unser Glaube nicht nach außen wirken, und zwar durch die Liebe (Gal.5:6)? Spätestens vor der Preisrichterbühne des Christus werden wir vollendet sein - zum Triumph und Lobpreis unseres Herrn Jesus Christus und Seines Gottes und Vaters.

Der Duft der Erkenntnis Gottes

 

Der vollständige Vers 14 lautet: »Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumph in Christus einherführt und durch uns den Duft Seiner Erkenntnis an jedem Ort offenbar macht.« Nicht alle sind dazu tauglich, wie aus den Versen 16 und 17 ersehen ist, den Duft, das heißt die Information und die Gewissheit, die Liebe, den Frieden und die Freude, »rüberzubringen« (wie man heute sagt), sodass die anderen Menschen zur Erkenntnis Gottes gelangen. Doch auch die jetzt untauglichen Gläubigen wird unser Gott tauglich machen, in den kommenden Äonen ihre Aufgaben in den überhimmlischen Regionen zu erfüllen (Kol.1:12), zumal Sein Wirken an ihnen in unserer Zeit noch nicht zum Abschluss gekommen ist. Zu Erkenntnis Gottes führt Sein Wort, das Geist und Leben ist, und, soweit es durch uns geschehen darf, auch unsere Glaubenstreue und unser Gehorsam dem Wort gegenüber sowie unsere Ehrfurcht vor Gott und ein Wandel und Dienst zu Seinem Wohlgefallen.

Ein Wohlgeruch für Gott

 

Wenn wir diese geistliche Haltung aufweisen, dann sind wir ein Wohlgeruch Christi für Gott, wie Vers 15 sagt. Man beachte: Ein Wohlgeruch Christi sind wir sodann, und dies ist klar, denn jede Frucht ist durch Christus (Phil.1:11), rühmen können wir uns nur in Ihm; da ist nichts aus uns, sondern alles ist Gnade! Wir sind stets ein duftender Wohlgeruch für Gott, wenn wir die Gesinnung Christi haben.

Und wie wirken wir auf unsere Mitmenschen? Die Verse 15 und 16 geben die Antwort: »... denn ein Wohlgeruch Christi sind wir für Gott bei denen, die gerettet werden und bei denen, die umkommen: den einen ein Geruch aus dem Tod zum Tod, den andern jedoch ein Geruch aus dem Leben zum Leben.« Ja, so ist es: Die einen sehen an uns den Verachteten und Gekreuzigten, den Gestorbenen und vermeintlich im Tode Gebliebenen - und mit dem Tod wollen sie nichts zu tun haben. Sie sehen an uns, dass wir nicht nach den ehrgeizigen Dingen der Welt streben, sondern uns die Welt gekreuzigt ist. Von solchen halten sie sich fern; auf diese Weise sind wir übrigens somit der Welt gekreuzigt (Gal.6:14). Die, denen das Wort vom Kreuz eine Torheit ist, kommen um (1.Kor.1:18); es ist ihnen wahrhaftig zum Tode. Die anderen sehen in dem Gekreuzigten auch den Auferstandenen, den Lebenden, den Leben Gebenden, der den Sieg über die Sünde und den Tod errungen hat, dessen Dahingabe uns alle Gnade Gottes erschließt, sodass wir leben dürfen. Die Gnadengabe Gottes ist das äonische Leben in Christus Jesus, unserem Herrn (Röm.6:23). - Die Gläubigen werden in den Triumphzug Gottes in Christus eingereiht.

Und wer ist dafür tauglich?

 

Am Ende von Vers 16 fragt Paulus: »Und wer ist dafür tauglich?« und

zeigt in Vers 17 das fleischliche und das geistliche Verhalten auf: »Wir sind doch nicht wie die Vielen, die das Wort Gottes verschachern, sondern wir reden in Aufrichtigkeit, wie aus Gott, vor dem Angesicht Gottes in Christus.« Da gibt es also wirklich welche, die das Wort Gottes verschachern, »viele«, sagt Paulus sogar; sie machen aus der Wortverkündigung ein Geschäft. Die Wurzel aller Übel aber ist die Geldgier (1.Tim.6:9). Da liegt es nahe, das Wort Gottes betrügerisch zu handhaben (2.Kor.4:2), mithin den Wünschen der Hörer angepasst und somit verfälschend, um viele Anhänger zu gewinnen, das Wort der Wahrheit nicht richtig schneidend (2.Tim.2:15). Andere schachern, indem sie mit Redekunst und Philosophie daherkommen oder, wie Paulus es ausdrückt: »in überredenden Worten menschlicher Weisheit« (1.Kor.2:4), und nicht mit einem Muster gesunder, gottgehauchter Worte (2.Tim.1:13). Solche sind kein Wohlgeruch Christi für Gott, solche sind nicht tauglich, die Erkenntnis Gottes zu fördern. Ja, die Gnade selbst, falls sie überhaupt verkündigt werden sollte, verliert ihre Glaubwürdigkeit, wenn die ihr so gegensätzliche Habgier im Spiel ist.

Wir aber reden in Aufrichtigkeit. Es ist dies nicht eine Aufrichtigkeit aus sittlicher Überzeugung in fleischlicher Weisheit, sondern aus der Gnade Gottes, die uns geändert hat und auch die Kraft gibt, entgegen den Tendenzen unserer Umgebung dazu zu stehen (2.Kor.1:12). Wir sind gradlinig und lauter; wir schmieden keine Ränke, tun nichts aus Anmaßung und wandeln nicht mit List, sondern empfehlen uns jedem Gewissen der Menschen durch die selbstlose Offenbarung der Wahrheit des Wortes vor den Augen Gottes (2.Kor.4:2).

Wir reden wie aus Gott. Dies ist uns nur möglich, wenn wir im Wort Gottes zu Hause sind, wenn Sein Geist uns durch Sein Wort leitet. Deshalb müssen wir uns reichlich - und nicht spärlich - mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren (1.Tim.4:6). Nur dann ist es so, dass wir zwar reden, doch wir die Worte Gottes reden. Und nur diese sind Geist und Leben, lebendig und wirksam.

Wir reden vor dem Angesicht Gottes in Christus. Ohne Christus können wir überhaupt nichts tun. Nur weil wir in Christus sind, weil wir in die Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes, Jesus Christus, unserem Herrn, berufen wurden, sind wir überhaupt etwas und können wir überhaupt etwas tun. Und nur dann, wenn wir uns allezeit vor dem Angesicht Gottes wissen, werden wir aufrichtig bleiben. Sollte es uns nicht bewusst sein, dass wir im Geist bereits in die überhimmlischen Regionen hineinversetzt sind (Eph.2:6) und im Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes stehen, kann es zu Nachlässigkeiten kommen. In der Furcht Gottes aber wird es uns gelingen, unsere Heiligkeit zu vollenden (2.Kor.7:1). In der Ehrfurcht vor Gott werden wir - auch im Hinblick auf unsere Beurteilung vor der Preisrichterbühne des Christus und die Mehrung Seiner Ehre - immer wieder prüfen, was gut, wohlgefällig und vollkommen ist.

»Und wer ist dafür tauglich?«, war die Frage, tauglich, den Duft der Erkenntnis Gottes an jedem Ort offenbar zu machen? Nicht wir aus uns selbst, sondern unsere Tauglichkeit ist von Gott (2.Kor.4:5), der einem jeden das Maß des Glaubens zuteilt (Röm.12:3) und der gesamten Körpergemeinde Christi das Wachstum nach Seinem Maß gibt (Kol.2:19). Er bringt uns alle zum Ziel! Ihm sei der Dank und die Verherrlichung für die Äonen im Namen unseres Herrn Jesus Christus!

 

Gott macht uns tauglich für den Dienst des

lebendig machenden Geistes

(2.Kor.3:1-4:2)

 

Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass wir für Gott ein Wohlgeruch Christi sind und als solcher Menschen an die Erkenntnis Gottes heranführen können, stellte Paulus die Frage, wer für diesen Dienst tauglich sei (2.Kor.2:16). Darauf antwortend, weist Paulus auf sich selbst hin als einen, der das Wort Gottes nicht verschachert, sondern in Aufrichtigkeit redet, wie aus Gott. Wer sich vor dem Angesicht Gottes in Christus weiß, wird aufrichtig dienen und ist mithin tauglich.

In den Augen seiner korinthischen Kritiker konnte dies so klingen, als ob Paulus sich selbst empfehlen würde, etwa weil er es nötig hätte, zumal sein Aposteltum und sein Evangelium zwar in der Grundlage, nicht aber in der Ausprägung mit dem der Zwölf übereinstimmte. Um Missverständnissen vorzubeugen, schreibt Paulus in Kapitel drei, Vers 1: »Fangen wir wieder an, uns selbst zu empfehlen? Oder bedürfen wir etwa (wie gewisse Leute) empfehlender Briefe an euch oder von euch?« Empfehlungsschreiben sind durchaus sinnvoll, wenn ein reisender Bruder unbekannt ist (Ap.18:27). Paulus aber bedarf keiner Empfehlung durch Menschen, ist er doch von Christus unmittelbar beauftragt (1.Tim.1:12).

Unser Brief seid ihr

 

Und doch: Es gibt einen Brief: »Unser Brief seid ihr, uns ins Herz hineingeschrieben, von allen Menschen erkannt und gelesen ...« (Vers 2). Gerade die Korinther sollten nicht nach Referenzen fragen, denn sie selbst sind die Empfehlung für Paulus. Dieser Brief, die Korinther, ist Paulus ins Herz geschrieben; er ist nämlich der Vater der Gläubigen in Korinth, denn er hat sie durch das Evangelium gezeugt (1.Kor.4:15), sie liebt er besonders, und für sie lässt er sich aufbrauchen (2.Kor.12:15). Man müsste blind sein, wenn man diesen Herzensbrief nicht erkennen würde; das heißt, auch an dem Verhalten des Paulus ist die Echtheit seines Aposteltums und Dienstes ablesbar, nicht nur an den Korinthern, bei denen das Evangelium des Paulus kraftvollen und segensreichen Ausdruck fand. Ablesbar waren die Auswirkungen der Erkenntnis Gottes und des Evangeliums des glückseligen Gottes, als da sind der Friede der Versöhnung, die Freude der Rettung, die Zuversicht des Vertrauens in Gott, wenn auch bei den Korinthern noch mit manchen Mängeln behaftet.

Ihr seid ein Brief Christi

 

Paulus führt in Vers 3 weiter aus: »... da es offenbar ist, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unseren Dienst vermittelt und ins Herz hineingeschrieben, nicht mit Tinte, sondern durch den Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln des Herzens.« Es ist also offenbar und unverkennbar, dass die Korinther ein Brief Christi sind, Botschafter für Christus, eine Ansprache Christi an die draußen, ein Zeugnis des heiligen Geistes. Welch eine Würde und hohe Berufung haben wir Gläubigen doch! Was wir aber in der Gnade sind, nämlich Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte, Gerechtfertigte und Ausgesöhnte, ist durch den Dienst des Paulus vermittelt, denn das Evangelium der Beschneidung kennt nicht die Rechtfertigung allein aus Glauben und auch nicht die Versöhnung mit Gott. Sollten die in Korinth immer noch Zweifel haben, so sollten sie 1.Korinther 9:2 nochmals lesen: »Falls ich für andere kein Apostel bin, so bin ich es doch sicher für euch; denn das Siegel meines Apostelamts seid ihr im Herrn.« Ihr Leben war also eine Bestätigung der von Paulus vermittelten geistlichen Segnungen.

Nicht an Tinte ist zu denken, sondern der Geist Gottes hat sie umgestaltet, zum Ablegen des früheren Verhaltens bewegt, der alten Menschheit, die sich durch verführerische Begierden selbst ins Verderben bringt, und zum Anziehen der neuen angeleitet, die Gott gemäß erschaffen wird in Gerechtigkeit und huldvoller Heiligkeit der Wahrheit (Eph.4:22-24). Der Geist Gottes brachte die ablesbare Frucht hervor: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Gutheit, Treue, Sanftmut, Selbstzucht (Gal.5:22).

Unsere Tauglichkeit ist von Gott

 

Wir lesen in den Versen 4 und 5: »Solches Vertrauen haben wir durch Christus zu Gott; nicht dass wir aus uns selbst tauglich wären, etwas in Betracht zu ziehen, als stamme es aus uns selbst; sondern unsere Tauglichkeit ist von Gott ...« Durch Christus, den Mittler, hat Paulus das Vertrauen zu Gott und ist er davon überzeugt, dass dem so ist, was er vorher geschrieben hat, dass nämlich die Herzenstafeln der Korinther ihr Gesegnetsein in Christus und ihren Wandel in der Gesinnung Christi widerspiegeln. Damit räumt er ein, dass er noch nicht einmal in der Lage ist, von sich selbst aus etwas zu beurteilen; seine Tauglichkeit, etwas richtig einzuschätzen, ist nur von Gott, dem ohnehin in allem die Ehre gebührt. Auch wir bedürfen es, von Gott tauglich gemacht zu werden, geistliche Dinge recht erkennen wie auch weltliche Sachverhalte geistlich richtig bewerten zu können; dies geschieht durch die Liebe zum Wort der Wahrheit und die Bitte um Erkenntnis.

Wir sind Diener eines neuen Bundes

 

Nachdem Paulus von der Auswirkung seines Dienstes geschrieben hat - die Korinther wurden Briefe Christi -, spricht er nun den Charakter seines Dienstes an: »... unsere Tauglichkeit ist von Gott, der uns auch tauglich macht zu Dienern eines neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes; denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig« (Vers 6). Des Paulus Dienst ist der Dienst eines neuen Bundes, und zwar des Geistes, nicht des Buchstabens. Paulus vergleicht das Glaubensgut, an dem er dient, mit Gottes Bund mit Israel. Jewe Elohim hatte am Berg Sinai den Bund des Gesetzes geschlossen. Israel hat das Gesetz übertreten und den Bund gebrochen. Die Propheten verhießen einen neuen Bund, zum Beispiel Jeremia in Kapitel 31:31-34; vergleiche Hebräer 8:6-13 und Römer 11:27. Der neue Bund wird ausdrücklich nur mit dem auserwählten Volk geschlossen, wie es auch bei dem alten der Fall war. Der neue Bund bringt die Wiederwerdung Israels (Mat.19:28) und die Wiederzeugung der auserwählten Israeliten (1.Pet.1:3,23) durch den Geist Gottes mit sich. Wohl werden sie von oben her, vom Geist gezeugt (Joh.3:3,6), dennoch aber ist auch der neue Bund einer des Buchstabens.

Der Buchstabe aber tötet, das heißt das Gesetz verurteilt den Sünder zum Tode. Unter dem tötenden Buchstaben ist nur das Gesetz zu verstehen, nicht die Buchstaben der Heiligen Schrift im Allgemeinen, denn ihre Schriftzeichen bilden das Wort des Lebens.

Wohl ist das Gesetz zukünftig auf die Herzen der Juden geschrieben (Jer.31:33; Hes.36:26; Heb.8:10), dennoch ist es von unnachgiebiger Strenge, sind doch Sündopfer nötig und der Dienst der Priester (Hes.40:38-43) und werden doch die Leichen der Übertreter des Gesetzes jeden Morgen aus dem heiligen Land entfernt und in die Gehenna geworfen (Jes.66:24; Ps.101:8).

Ein geistlicher Bund

 

Der Apostel Paulus zieht jenen neuen Bund Gottes mit Israel nur zum Vergleich heran; er setzt ihn also nicht mit dem Bund gleich, in welchem wir zu Gott stehen, denn unser Bund ist nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Rein geistlich ist er und im Grunde genommen gar kein Bund im eigentlichen Sinne, sondern ein pures Gnadengeschenk, da ohne Bedingungen und Auflagen. Der Begriff »Bund« ist nur eine Redefigur. Als zusammen mit Christus Gekreuzigte und Gestorbene können wir gar nicht unter einem Gesetz sein, denn Gestorbene sind allem enthoben - Tote können keine Verpflichtungen übernehmen -, selbst die Juden, die zu der gegenwärtigen herausgerufenen Gemeinde gehören, die Christi Körper ist (Eph.1:23), sind als Gestorbene des Gesetzes enthoben, unter welchem sie standen (Röm.7:8).

Der lebendig machende Geist

 

»Der Geist aber macht lebendig.« Es sind die Worte Christi, die Geist und Leben sind (Joh.6:63), seien sie zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesprochen (Mat.15:24) oder durch Paulus an uns gerichtet. Christus ist der lebendig machende Geist (1.Kor.15:45). Da Sein Geist in uns wohnt, werden unsere sterbenden Körper bereits im hiesigen Leben zum Dienst für Gott lebendig gemacht (Röm.8:11). Wir sind mithin tauglich für den herrlichsten Dienst, den Dienst am Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, mit dem der Apostel Paulus betraut wurde (1.Tim.1:11).

Der Dienst des Todes und der des Geistes

 

Die nun folgende Zwischenbemerkung der Verse 7 bis 16 führt die sich im Grunde an Vers 6 anschließende Schlussaussage der Verse 17 und 18 auf eine besondere und äußerst kostbare Höhe.

Paulus schreibt in den Versen 7 und 8: »Wenn aber schon der Dienst des Todes, der in Stein eingemeißelten Buchstaben, in Herrlichkeit kam, sodass die Söhne Israels nicht unverwandt in das Angesicht des Mose sehen konnten wegen der Herrlichkeit seines Angesichts, die doch wieder aufgehoben wurde, wie wird da nicht viel mehr der Dienst des lebendig machenden Geistes in Herrlichkeit sein?« In 2.Mose 34:29-35 wird berichtet, dass Moses Angesicht leuchtete, als er mit den erneuerten Gesetzestafeln vom Berg Sinai herabstieg, sodass die Söhne Israels sich zunächst fürchteten und abwandten, sich ihm dann aber wieder zuwandten und ihm zuhörten. Als Mose fertig war, Israel alle Worte Jewes zu gebieten, legte er eine Hülle auf sein Angesicht, denn der Glanz war schwindend, und das sollte Israel nicht bemerken. Dies bedeutet in prophetischer Weise, dass der Gesetzesbund vorübergehenden Charakter hat.

Den Dienst des Todes hatte Paulus am eigenen Leib erfahren; er schreibt in Römer 7:9,10,24: »Ich aber lebte einst ohne Gesetz; doch als das Gebot kam, lebte die Sünde in mir auf. Ich aber starb, und es fand sich, das Gebot, das mir zum Leben gegeben war, dieses führte in den Tod. Denn die Sünde, durch das Gebot einen Anreiz erhaltend, täuschte mich völlig und tötete mich durch dasselbe ... Ich elender Mensch! Was wird mich aus dem Körper dieses Todes bergen?« - Gleichwohl war der Dienst des Todes von großer Herrlichkeit, denn das Gesetz ist heilig und das Gebot heilig, gerecht und gut (Röm.7:11). Im Verhältnis zum Dienst des lebendig machenden Geistes aber war seine Herrlichkeit gering. Erst der Dienst des Paulus, der der überfließenden Gnade, der uns in alle Größe und Herrlichkeit Christi mit hineinnimmt, ist von überwältigender Herrlichkeit.

Der Dienst der Verurteilung und der der Gerechtigkeit

 

Mit welch gegensätzlichen Bezeichnungen Paulus in den Versen 9 und 10 die verschiedenen Dienste kennzeichnet: »Denn wenn schon der Dienst der Verurteilung einst Herrlichkeit war, wie viel mehr fließt nun der Dienst der Gerechtigkeit in Herrlichkeit über. Denn gleichsam unverherrlicht ist das einst Verherrlichte in dieser Einzelheit wegen der alles übersteigenden Herrlichkeit.« Nichts ist uns zur Verurteilung, die wir in Christus Jesus sind (Röm.8:1), vielmehr ist uns die Gerechtigkeit Gottes widerfahren (Röm.3:21), da Er uns, ebenso wie Er uns ohne unser Zutun durch Adam als Sünder eingesetzt hatte, wiederum ohne unser Zutun durch Christus als Gerechte einsetzte (Röm.5:19).

Es folgt Vers 11: »Denn wenn das Aufgehobene damals durch Herrlichkeit aufgehoben wurde, wie viel mehr bleibt nun das Bleibende in Herrlichkeit.« Wenn also schon das Aufgehobene, der alte Bund, damals durch Herrlichkeit hindurchging und so seinen Abschluss fand, wie viel mehr besteht das in der gegenwärtigen Heilsverwaltung Bleibende in Herrlichkeit.

Wir haben viel Freimut

 

Die Konsequenzen für uns sowie für Israel zeigt Paulus in den Versen 12 bis 14 auf: »Da wir nun eine solche Erwartung haben, gebrauchen wir viel Freimut und sind nicht wie Mose, der eine Hülle über sein Angesicht tat, damit die Söhne Israels nicht unverwandt sähen, wie das Aufgehobene zum Abschluss kam, sondern ihre Gedanken wurden verstockt; denn bis zum heutigen Tag bleibt ihnen dieselbe Hülle beim Lesen des alten Bundes und wird nicht enthüllt, weil sie ja nur in Christus aufgehoben wird.« Damals merkte Israel nicht, dass die Herrlichkeit des Mose schwand, und heute merken sie immer noch nicht, dass Mose durch Christus längst weit übertroffen ist. Ihre Hülle ist ihre mangelnde Erkenntnis. Israel ist verstockt. Die Aussage von Römer 10:4: »Die Vollendung des Gesetzes ist Christus, zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt«, bleibt ihnen unverständlich.

Paulus und wir jedoch verhalten uns ganz anders als Mose. Wir verhüllen nichts, sondern reden mit großem Freimut von der Größe und Herrlichkeit des Christus, in Erwartung einer alle Vorstellungen übersteigenden Herrlichkeit. Wie töricht wäre es, die Herrlichkeit des dem Apostel Paulus enthüllten Evangeliums verhüllen zu wollen! Die in Christus ans Licht gebrachte Gerechtigkeit Gottes, der Friede der Versöhnung, der Reichtum der Gnade und all unsere anderen geistlichen Segnungen in Christus drängen darauf, auszustrahlen und überall offenbar gemacht zu werden, sind doch die Gnadengeschenke der Abschlüsse der Äonen zu uns gelangt (1.Kor.10:11) und haben wir doch nicht Zwischenstufen, sondern in allen Punkten nur Vollkommenes zu verkündigen.

Nochmals betont Paulus: »Ja bis heute, sooft auch Mose gelesen wird, liegt diese Hülle auf ihrem Herzen; sobald es sich jedoch zum Herrn umwendet, wird die Hülle fortgenommen« (Verse 15 und 16). Wohl hat die Auswahl aus Israel Christus erkannt, »die Übrigen dagegen wurden verstockt, wie geschrieben steht: Gott gibt ihnen einen Geist der Betäubung, Augen, die nicht erblicken, und Ohren, die nicht hören, bis auf den heutigen Tag« (Röm.11:7,8). Wie lange? - Bis es sich zum Herrn umwendet. Doch Fleisch kann dies nicht von sich aus, Verstockte erst recht nicht. Gott aber ist imstande - so wird uns mit Römer 11:23 zugesprochen -, sie wieder in den Ölbaum einzupfropfen. Er wird die Unfrömmigkeit von Jakob abwenden, und Er wird den neuen Bund mit ihnen schließen, wenn Er ihre Sünden wegnimmt (Röm.11:26,27).

Der Prophet Hosea sagt: »In ihrer Not werden sie Mich suchen (und sagen): Kommt und lasst uns zu Jewe umkehren! Denn Er hat zerrissen, Er wird uns auch heilen; Er hat geschlagen, Er wird uns auch verbinden. Er wird uns nach zwei Tagen neu beleben, am dritten Tag uns aufrichten, dass wir vor Seinem Angesicht leben. So lasst uns Ihn erkennen, ja lasst uns nachjagen der Erkenntnis Jewes! Sicher wie die Morgenröte ist Sein Hervortreten. Er kommt wie der Regen zu uns, wie der Spätregen, der die Erde benetzt« (Hosea 5:15-6:3).

Unsere Freiheit im Geist

 

Nach dieser deutlichen Darstellung des alten Bundes kann der Apostel den Gedanken von Vers 6, wonach Gott uns tauglich macht zu Dienern eines neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes - denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig -, mit den Versen 17 und 18 zum Höhepunkt führen. Er schreibt in Vers 17: »Der Herr aber ist dieser lebendig machende Geist. Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.«

Der Herr ist der Geist. Dies ist eine Metapher, ein abgekürzter Vergleich, und besagt, dass der Herr wie der Geist ist oder für den Geist steht. Es ist also nicht an Geist an sich zu denken, sondern an den Herrn, der nicht nur einen geistlichen Körper hat (1.Kor.15:44), sondern völlig vom Geist Gottes geleitet wird, der das Leben ist und allen Leben gibt, und zwar eben durch Seinen Geist.

Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist auch Freiheit. Nicht nur Freiheit von etwas, vom Gesetz nämlich (Gal.5:1), sondern auch Freiheit zu etwas, nämlich zu einem Gott verherrlichenden Leben, von Gott dazu tauglich gemacht. Wir kennen alle Römer 8:2: »Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus befreit dich vom Gesetz der Sünde und des Todes.« Es ist Sein Geist, der uns das Leben in Christus Jesus vermittelt. Jetzt können wir in Ihm in der Kraft Seines Geistes ein Gott wohlgefälliges Leben führen (vgl.Röm.6:11).

Von Herrlichkeit zu Herrlichkeit

 

Der Apostel fährt fort: »Wir alle aber, mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn widerspiegelnd, werden in dasselbe Bild umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit wie von des Herrn lebendig machendem Geist« (Vers 18).

»Wir alle aber ...« Kein Glied des Körpers Christi ist ausgenommen. Sollte Er uns etwa nicht zum Ziel bringen?

»mit enthülltem Angesicht ...« Nichts haben wir zu verbergen, sondern mit großem Freimut rühmen wir uns der grenzenlosen Gnade und aller geistlichen Segnungen inmitten der Überhimmlischen (Eph.1:3).

»... die Herrlichkeit des Herrn widerspiegelnd ...« Wir haben Christus angezogen (Röm.13:14); wir strahlen Seine Gesinnung aus (Phil.2:5); wir sind ein von jedem lesbarer Brief Christi; wir reden in Aufrichtigkeit (2.Kor.2:17); wir sind tauglich gemacht zum Dienst der Herrlichkeit; wir verkündigen die herrliche Botschaft der Versöhnung Gottes mit allen Menschen (2.Kor.5:19).

»... werden in dasselbe Bild umgestaltet ...« Im Anschauen des Bildes Christi werden wir verwandelt. Je mehr wir uns mit dem Wort Gottes befassen, desto mehr gewinnt Christus Gestalt in uns (Gal.4:19).

»... von Herrlichkeit zu Herrlichkeit ...« Der Vater der Herrlichkeit führt uns von einer herrlichen Erkenntnis zur anderen, und nicht nur dies, auch die Frucht des Geistes Gottes in uns wird immer reifer, und wir werden im Dienst des Herrn immer hingebungsvoller.

»... wie von des Herrn lebendig machendem Geist.« Nichts geschieht aus uns, sondern alles ist aus Gott, der uns in Seiner Gnade durch die Kraft des Geistes des Herrn umgestaltet in das Bild Christi hinein, zunächst innerlich, dann aber, am Tag Christi, auch körperlich dem Bild Seines Sohnes gleichgestaltet (Röm.8:29). Unser Körper der Erniedrigung wird dem Körper Seiner Herrlichkeit gleichgestaltet (Phil.3:21).

Der Lobpreis und die Verherrlichung sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus für diese Herrlichkeit, die unsere Herzen erhebt und viele andere mit ihren Strahlen erfassen darf! Und am Tag Christi wird sie ihre Vollendung finden.

Unsere Empfehlung: die Wahrheit

 

Die Verse 1 und 2 des vierten Kapitels greifen die Aussage von Kapitel 2, Vers 17, die zu den kostbaren Ausführungen des dritten Kapitels geführt hat, nochmals auf und schließen sie ab. Paulus schreibt: »Deshalb, so wie wir Erbarmen erlangten, sind wir, die wir diesen Dienst haben, nicht entmutigt, sondern weisen die verborgenen Dinge der Schande zurück; denn wir wandeln nicht mit List, noch handhaben wir das Wort Gottes betrügerisch, sondern empfehlen uns jedem Gewissen der Menschen durch die Offenbarung der Wahrheit vor den Augen Gottes.« Paulus weist alle Verdächtigungen zurück, denn er verschachert das Wort Gottes nicht (2:17), er handhabt es nicht betrügerisch. Und wenn ihn all die Widerstände und Ränke auch entmutigen könnten, so ist dies aufgrund der Herrlichkeit seines Dienstes eben doch nicht möglich. Denn er hat ein Evangelium zu verkündigen, das allen Erbarmen zuteil werden lässt, ebenso wie er selbst Erbarmen erlangt hat. Paulus ist nicht entmutigt, denn er hat seinen Feinden die Botschaft der Versöhnung Gottes mit ihnen zu bringen, ja ohne ihre Feindschaft wäre die Botschaft der Versöhnung gegenstandslos. Da Paulus zudem weiß, dass die Versöhnung Gottes einstmals alle gewinnen wird - jeden fein zu seiner Zeit -, kann er nur zuversichtlich sein.

Die Wahrheit, die wir verkündigen, ist unsere Empfehlung. Wenn wir das Wort der Wahrheit richtig schneiden (auf die richtige Zeit und Personengruppe anwenden; 2.Tim.2:15) und das Evangelium der Unbeschnittenheit, mit dem Paulus betraut ist, von dem der Beschneidung unterscheiden (Gal.2:7), dann ist dies unsere Empfehlung. Mögen die Menschen erkennen, dass wir nicht uns selbst verkündigen, sondern uns zur Auferbauung der Heiligen und Verherrlichung unseres Dienstherrn einsetzen. Im Übrigen möge die Wahrheit des Wortes Gottes uns so verändert haben, dass sie auch an unserem Wandel in Geduld und Liebe ablesbar ist.

Wenn wir uns in unserem Dienst der Herrlichkeit des dem Apostel Paulus enthüllten Evangeliums allezeit vor den Augen Gottes wissen, dann werden wir auf Ihn ausgerichtet sein und in Aufrichtigkeit handeln, darauf vertrauend, dass das Wort, das wir darlegen, Seine Kraft zur Rettung und Zurechtbringung ist; ja der Dienst des lebendig machenden Geistes wird die Menschen zur Reife in Christus führen.

Dafür sei unserem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus unser aller Dank!

 

Das Außerordentliche der Kraft

(2.Korinther 4:3-18)

 

Der Apostel Paulus schreibt in 2.Korinther 4:3,4: »Wenn aber unser Evangelium auch verhüllt ist, so ist es denen verhüllt, die umkommen, in welchen der Gott dieses Äons die Gedanken der Ungläubigen blendet, damit ihnen der Lichtglanz der Herrlichkeit des Christus nicht erstrahle, der das Abbild des unsichtbaren Gottes ist.«

Paulus hatte in Kapitel drei von seinem Dienst gesprochen, der ihm vom Herrn aufgetragen wurde, vom Dienst des lebendig machenden Geistes. Es ist ein Dienst von ausgesprochener Herrlichkeit, verkündigen zu dürfen, dass der Mensch allein durch Glauben und allein in der Gnade gerechtfertigt und gerettet wird. Ein solch herrliches Evangelium sollte hochwillkommen sein. Das Evangelium der Herrlichkeit des Christus - dieser Lichtglanz muss doch alle Menschen gewinnen, könnte man meinen. Doch der Satan, Gottes Widerwirker, blendet die Herzen der Ungläubigen, sodass ihnen dieses Evangelium verhüllt ist. Er wirkt in den Söhnen der Widerspenstigkeit (Eph.2:2), sodass das Wort vom Kreuz denen, die umkommen, eine Torheit ist. Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Christus, und dieser als gekreuzigt, aber ist den Juden etwas Anstoßerregendes und den Nationen eine Torheit (1.Kor.1:18,22,23). Auch das Zeugnis der Schöpfung ablehnend (Röm.1:20), wandeln sie in der Eitelkeit ihres Denksinns; Unkenntnis, Verstockung und Verblendung zeichnen ihr Denken und Tun.

»Unser Evangelium« sagt Paulus. Dies ist das, welches er durch eine Enthüllung des erhöhten, zur Rechten Gottes sitzenden Herrn Jesus Christus erhalten hatte (Gal.1:12) und das er, Timotheus und seine anderen Mitarbeiter verkündigten. Dieses Evangelium, auch der Unbeschnittenheit genannt (Gal.2:7), diese frohe Botschaft der bedingungslosen, überströmenden Gnade ist denen verhüllt, die Gott nicht glauben und mithin umkommen, das heißt in den kommenden beiden Äonen nicht leben werden.

Jenen erstrahlt heute der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus nicht. Es ist dies das Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes (1.Tim.1:11), dem es wohlgefiel, alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis in Christus hineinzulegen (Kol.2:3). Christus ist das Abbild des unsichtbaren Gottes (Kol.1:15), Er ist die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes und das Gepräge Seines Wesens (Heb.1:3), wer Ihn sieht, sieht den Vater (Joh.14:9). Dass uns Gläubigen alle geistlichen Segnungen durch Christus geschenkt sind (Eph.1:3), uns der Vater zusammen mit der Dahingabe Seines Sohnes aber auch alles in Gnaden gewährte (Röm.8:32) und uns gar nichts und gar niemand von Seiner Liebe zu scheiden vermag, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn (Röm.8:38,39), ist der herrlichste Lichtglanz, der je auf der Erde erstrahlte.

Wir herolden nicht uns selbst

 

An den Gedanken der Verse 2 und 3 anknüpfend, dass er mit seinem Evangelium die Wahrheit offenbart, vermerkt Paulus in Vers 5: »Denn wir herolden nicht uns selbst, sondern Christus Jesus als den Herrn, uns selbst aber als eure Sklaven um Jesu willen.« Er steht also dem Evangelium nicht im Weg, denn er heroldet nicht sich selbst, sondern Christus als Evangelium; Christus ist das Licht und niemand sonst. Christus ist der Herr, und wir sind Seine Sklaven. Er verfügt über uns und wir gehorchen.

Der Lichtglanz der Erkenntnis

 

Christus herolden wir, »denn«, so schreibt der Apostel in Vers 6, »Gott, der gebot: Aus der Finsternis leuchte das Licht, der lässt es in unseren Herzen aufleuchten zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.« Da Gott in unseren Herzen leuchtet, sind wir zur Erkenntnis gekommen und verkündigen das Evangelium der Herrlichkeit des Christus. Das Licht der Erkenntnis zu bekommen, ist ebenso etwas Gewaltiges wie das Ereignis am ersten Tag der Wiederherstellung der Erde, als Elohim sprach: Es werde Licht (1.Mose 1:3)! Zur Erkenntnis Gottes zu kommen, ist das Herrlichste, was es gibt. Unser Herr betete: »Das aber ist das äonische Leben, dass sie Dich erkennen, den allein wahrhaften Gott, und den Du ausgesandt hast, Jesus Christus« (Joh.17:3). Eindrücklich sind des Petrus Worte: »Seine göttliche Kraft hat uns nun alles, was zum Leben und zur Frömmigkeit dient, durch die Erkenntnis dessen geschenkt, der uns zu Seiner eigenen Herrlichkeit und Tugend berufen hat« (2.Pet.1:3). Und Paulus betete darum, »dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch geistliche Weisheit und geistliche Enthüllung zur Erkenntnis Seiner Selbst gebe (nachdem die Augen eures Herzens erleuchtet wurden), damit ihr wisst, was das Erwartungsgut Seiner Berufung ist, was der Reichtum der Herrlichkeit Seines Losteils inmitten der Heiligen und was die alles übersteigende Größe Seiner Kraft ist (für uns, die wir glauben)« (Eph.1:17-19). Wir sollen wissen und müssen wissen, was Gott uns aus Gnaden gewährt hat (1.Kor.2:12), damit wir Ihm in rechter Weise danken und Ihm wohlgefällig leben können.

»Mein Volk kommt um aus Mangel an Erkenntnis«, sagte Jewe (Hos.4:6). Möge es bei uns nicht so sein! Möge es Licht in uns werden! Dass wir doch die Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi vollends erkennen mögen!

Die Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi - so stellt sie sich dar: Christus trägt das All durch Sein machtvolles Wort (Heb.1:3); Gott ist Liebe (1.Joh.4:8); Er hat Seine Liebe in der Dahingabe Seines Sohnes für Sünder und Feinde erwiesen (Röm.5:8); Er ist der Retter aller Menschen, vor allem der Gläubigen (1.Tim.4:10); in Christus sind alle Verheißungen Gottes Ja und Amen (2.Kor.1:20); das All wird in Christus aufgehauptet werden (Eph.1:10); Ihm wird es untergeordnet werden (1.Kor.15:27); vervollständigt wird das All durch Christus (Eph.1:23); die gesamte Vervollständigung hat ihr Wohlgefallen daran, in Christus zu wohnen und durch Ihn das All mit Gott auszusöhnen, indem Er durch das Blut Seines Kreuzes Frieden macht (Kol.1:19,29). -

Der Herr richte unsere Herzen auf diese Herrlichkeiten sowie auf die Liebe und auf das Erdulden des Christus hin (2.Thess.3:5)!

Gott lässt es aufleuchten

 

In dem gegenwärtigen bösen Äon aber scheint der Satan, der vordergründige Gott und Verfüger dieses Äons, das Sagen zu haben und die Erkenntnis Gottes erfolgreich zu verhindern oder zumindest zu verdunkeln. Schließlich verhält es sich so: Solange Gott in den Herzen der Auserwählten es noch nicht hat aufleuchten lassen, so lange können sie vom Satan geblendet werden. Wenn Er jedoch denen, die Er zuvor ins Auge fasste, die Herzensaugen erleuchtet und sie beruft, ihnen den Glauben schenkend, dann erkennen sie, dass alles nach dem von Gott in Christus für die Äonen gefassten Vorsatz geschieht (Eph.3:11) und Er in Seiner überströmenden Gnade, die in Christus Jesus ist, der Retter von der Sünde, vor dem Zorn und aus dem Tode ist.

In irdenen Gefäßen

 

 

»Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit das Außerordentliche der Kraft sich als von Gott und nicht aus uns erweise: in allem bedrängt, aber nicht eingeengt, ratlos, aber nicht verzweifelt, verfolgt, aber nicht verlassen, niedergeworfen, aber nicht umgekommen« (Verse 7 bis 9).

Wohl haben wir die Freilösung durch Christi Blut, bestehend in der Rechtfertigung von den Sünden (Röm.3:24), der Vergebung der Kränkungen (Eph.1:7) und der Erlassung der Sünden gegen den wahren Herrscher (Kol.1:14), aber die Freilösung durch die Macht Christi, die Freilösung unseres Körpers, steht noch aus. Noch haben wir nicht den geistlichen Körper, den Körper der Unvergänglichkeit und Herrlichkeit. Noch gilt, dass wir aus Erde sind, von Erdreich (1.Kor.15:47). Wir haben mithin den Schatz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in irdenen Gefäßen, in zerbrechlichen, verletzlichen, sterblichen Leibern.

Und so geschieht es, dass wir bedrängt werden. Paulus war in allem bedrängt, »von außen Kämpfe, inwendig Befürchtungen«, berichtet er in Kapitel 7, Vers 5; wir sind es meist nur unter gewissen Teilaspekten und nur zeitweise. In unserer Bedrängnis oder Drangsal erweist sich sodann das Außerordentliche der Kraft, die in uns wirkt, als von Gott und nicht als aus uns in einem solchen Maße, dass wir nicht eingeengt sind, sondern im Glaubensblick auf Gott auf einem weiten Raum stehen. Das Wort Gottes vermittelt uns den Blick über unsere Situation hinaus und kräftigt uns.

Ja, es ist sogar der Zweck des Schatzes in vergänglichen Körpern, dass wir gerade in diesen die Kraft Gottes erfahren, so wie Paulus in 2.Korinther 12:9 bezeugt: »Sehr gern werde ich daher eher die Schwachheiten an mir rühmen, damit die Kraft des Christus über mir zelte.«

Wir sind ratlos, aber nicht verzweifelt, denn die alles übersteigende Größe der Kraft Gottes ist für uns, die wir glauben (Eph.1:19) und Gott vertrauen, dass Seine Wege erhabener sind als unsere und Seine Gedanken höher als unsere (Jes.55:9). Ein Verzweifelter sieht keinen Ausgang aus seiner problematischen Lage; wir aber erleben, dass unser Gott und Vater zusammen mit der Anfechtung, in unserem Zusammenhang aus der Ratlosigkeit resultierend, auch den Ausgang schuf, sodass wir sie überstehen können. Er lässt uns nicht über das hinaus anfechten, wozu Er uns auch befähigt und gekräftigt hat (1.Kor.10:13).

Verfolgt, aber nicht verlassen. Alle, die fromm leben wollen, werden verfolgt werden (2.Tim.3:12), sei es, dass wir von Atheisten beschimpft werden - dann erfahren wir Gottes Kraft, indem wir segnen, die uns beschimpfen (1.Kor.4:12), oder dass Glaubensgeschwister uns verleumden - dann ertragen wir es in der Kraft des Geistes der Versöhnung. - Niemals wird Gott uns verlassen. Nichts kann uns scheiden von Seiner Liebe, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn (Röm.8:38,39).

Niedergeworfen, aber nicht umgekommen. Dies hat Paulus in extremer Weise in Lystra erlebt, als man ihn steinigte und zur Stadt hinausschleifte in der Meinung, er sei gestorben (Ap.14:19). In welcher Weise wir niedergeworfen werden, ob durch Feinde oder einen Unfall, ob durch eine Enttäuschung oder eine Kündigung - wir werden erst dann umkommen, wenn unser Gott und Vater es will.

Alle Leiden, die aufgezählten und andere mehr - es sind die Leiden im Dienst des Herrn gemeint, im Wettkampf der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus - sie werden uns in Gnaden für Christus gewährt (Phil.1:29). Zuerst schenkt Gott uns Seine Gnade in der Rettung und Freilösung, und dann wird uns - je hingebungsvoller wir dem Herrn dienen, desto mehr - die Gnade des Leidens für Christus zuteil. Im Leiden sodann reicht unser Vater uns Seine Kraft dar.

Die Gnade, in der wir stehen, kräftigt uns so sehr, dass wir uns darüber hinaus in allen Drangsalen zu Gottes Verherrlichung zu bewähren vermögen. Uns soll nicht nur unsere Schwachheit bewusst werden, sondern die Kraft und die Weisheit und die Liebe Gottes, damit es so sei, wie geschrieben steht: Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn (Jer.9:24; Ps.44:9; 1.Kor.1:31)!

Das Leben Jesu soll offenbar werden

 

Mit den Versen 10 und 11 vertieft Paulus unser Verständnis für die Drangsale und Nöte: »Allezeit tragen wir so die Tötung Jesu in unserem Körper umher, damit auch das Leben Jesu in unserem Körper offenbar werde. Denn wir, die wir leben, werden stets um Jesu willen in den Tod dahingegeben, damit auch das Leben Jesu in unserem sterbenden Fleisch offenbar werde.« Die Lebenskraft Jesu, des lebendig machenden Geistes, soll und wird gerade in unserem schwachen Körper offenbar werden. Ein Leben ohne Probleme ist nicht für uns vorgesehen. Wir suchen, was Christi Sache ist und nicht unsere Bequemlichkeit. Wir wollen, dass Christus allezeit in unserem Körper hoch erhoben werde, sei es durch Leben oder durch Tod, wie Paulus in Philipper 1:20 schrieb.

Nach Vers 11 tragen wir nicht nur den Tod Jesu in uns, sondern werden um Jesu willen sogar stets in den Tod dahingegeben. Gott gibt uns dahin in Drangsal und Druck und Verfolgung, Hunger und Blöße, Gefahr und Schwert. Diese in Römer 8:35 genannten Dinge mögen unseren Erfahrungsbereich überschreiten, Paulus und seine Mitarbeiter hat Gott aber auch darin als dem Tode Verfallene erwiesen, sodass sie der Welt, den himmlischen Boten und den Menschen ein Schauspiel wurden (1.Kor.4:9), eine Darstellung der Wirksamkeit des Geistes Gottes in den Gläubigen. Auch uns kann geschehen, was in Römer 8:36 geschrieben steht: »Deinetwegen werden wir den ganzen Tag zu Tode gebracht, wie zu den Schlachtschafen werden wir gerechnet.« Doch auch wir dürfen dann erfahren: »Jedoch in all diesem sind wir überlegene Sieger durch den, der uns liebt« (Röm.8:37).

Vers 12 ist von besonderer Brisanz: »Daher wirkt in uns der Tod, das Leben aber in euch.« In Paulus wirkt der Tod, damit das Leben Jesu bei den Korinthern Wirklichkeit werde. Des Paulus Opferbereitschaft dient den Gläubigen. Er lässt sich für sie aufbrauchen (2.Kor.12:15). So soll auch unser ganzer Einsatz den Glaubensgeschwistern zugute kommen, zu ihrer Festigung und Freude im Herrn. In den Heiligen zu Korinth wirkt aber nicht nur das Leben Jesu, sondern auch wiederum der Tod - ob sie sich durch des Paulus Vorbild dafür vorbereiten lassen? -, eben damit das Leben Jesu bei ihnen allen offenbar werde.

Aufgrund des Geistes des Glaubens

 

Des Paulus Kraft und Zuversicht in all den Drangsalen kommt aus dem Geist des Glaubens. Der Glaube lässt ihn in all den niederdrückenden und entmutigenden Erfahrungen das Haupt erheben. So schreibt er in den Versen 13 und 14: »Da wir denselben Geist des Glaubens haben (wie geschrieben ist: Ich glaube, darum spreche ich auch), so glauben auch wir, und darum sprechen wir auch, denn wir wissen, dass Er, der den Herrn Jesus auferweckt hat, auch uns durch Jesus auferwecken und uns zusammen mit euch darstellen wird.« Sprechen kann Paulus und das Evangelium der Herrlichkeit des Christus herolden, weil er auf der absoluten Glaubensgrundlage der Auferstehung Jesu Christi steht. Weil er glaubt, deshalb kann er sprechen, dass die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes sich in uns als kraftvoll erweisen wird. Das Leben Jesu wird in unseren sterbenden Körpern offenbar werden, und selbst für den Fall, dass der buchstäbliche Tod eintritt, so glauben wir und so wissen wir und sprechen demgemäß, dass wir auferweckt werden, ebenso wie der Herr Jesus auferweckt wurde. Dies dient uns zum Zuspruch und vermittelt uns Kraft. »Freude strömt in mir über bei all unserer Drangsal«, bezeugt Paulus in Kapitel 7:4.

Als am Tag Christi Auferweckte oder Verwandelte werden wir sodann heilig, makellos und unbeschuldbar vor Christi und Gottes Angesicht dargestellt werden (ohne das Geschehen vor der Preisrichterbühne Christi und der Bühne Gottes hier näher beschreiben zu wollen; Röm.14:10; 2.Kor.5:10; Eph.1:4; 5:27; Kol.1:21-23), als Verherrlichte und zur Verherrlichung Gottes. »Und dann wird jedem der Lobpreis von Gott zuteil werden« (1.Kor.4:5).

Alles geschieht unsertwegen

 

Der Apostel fährt fort: »Denn alles geschieht um euretwillen, damit die Gnade, gemehrt durch die zunehmende Anzahl, in Dank überfließe zur Verherrlichung Gottes« (Vers 15). Alles, was geschieht, sei es, dass wir bedrängt, verfolgt oder niedergeworfen werden oder ratlos sind, sei es Tod oder Leben, alles geschieht um unsertwillen. Und dies steht fest, denn Gott ist für uns - wer kann da wider uns sein? (Röm.8:31) - und wir wissen, dass Gott denen, die Ihn lieben, alles zum Guten zusammenwirkt, denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind (Röm.8:28).

Und dies alles ist Gnade, den Schatz der Erkenntnis der Herrlichkeit in irdenen Gefäßen zu haben, im Dienst für Christus leiden und das Leben Jesu im sterbenden Körper erfahren zu dürfen!

Diese Gnade aber wird noch gemehrt dadurch, dass viele der Korinther und seitdem eine zunehmende Anzahl von Heiligen sie und ihre Kraft kennen lernen. Da bleibt die Danksagung nicht aus, ja überfließen mögen wir in Dank zur Verherrlichung Gottes.

Darum sind wir nicht entmutigt

 

Bereits in Vers 1 des Kapitels hatte Paulus gesagt, dass er nicht entmutigt ist, weil sein Dienst der Herrlichkeit die Gläubigen in das Bild Christi umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit und weil gerade seinen Feinden, die da mit Widerständen und Verdächtigungen, Ränken und Anmaßungen arbeiten, die Versöhnung gilt, die er verkündigt. Nun kommt er in Vers 16 nochmals auf die Möglichkeit der Entmutigung zu sprechen: »Darum sind wir nicht entmutigt; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verdirbt, so wird doch unser innerer Mensch Tag für Tag erneuert.«

Warum ist Paulus nicht entmutigt? Darum, weil sich die Kraft Gottes in uns schwachen Menschen erweist; darum, weil das Leben Jesu in unserem sterbenden Körper offenbar wird; darum, weil alles um unsertwillen geschieht, weil alles Gnade ist und alle Gott in Dank überfließend verherrlichen werden. Gott, der Vater der Herrlichkeit, erreicht Seine Ziele, und zwar durchaus angesichts unseres verderbenden und hinfälliger werdenden Körpers, denn unser innerer Mensch, unser Geist, unsere Seele (sie ist das Bewusstsein), werden immer wieder erneuert. Erneuert, weil Gott es in unserem Herzen hat aufleuchten lassen zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi. Verjüngt werden wir im Geist unseres Denksinns und ziehen die neue Menschheit an, die Gott gemäß erschaffen wird in Gerechtigkeit und huldvoller Heiligkeit der Wahrheit (Eph.4:23,24). Hinzu kommt, dass der Betenden Herzen und Gedanken wie in einer Festung in Christus Jesus bewahrt werden (Phil.4:7). Wir werden nicht zuschanden werden, weil die Liebe Gottes in unseren Herzen ausgegossen ist durch den uns gegebenen heiligen Geist (Röm.5:5). Die Liebe Gottes trägt uns. Als Geliebte sind wir kraftvoll. Der Geist des Glaubens wirkt mächtig in uns. Wir erhielten nicht einen Geist der Verzagtheit, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft (2.Tim.1:7). Deshalb sind wir nicht entmutigt.

Die äonische Gewichtigkeit der Herrlichkeit

 

Wir sind des Weiteren nicht entmutigt, »denn«, so lauten die Verse 17 und 18, »das augenblickliche Leichte unserer Drangsal bewirkt für uns eine alles überragende und zum Überragenden führende äonische Gewichtigkeit der Herrlichkeit, da wir nicht auf das achten, was erblickt wird, sondern auf das, was man nicht erblickt. Denn was erblickt wird, ist kurz befristet; aber was man nicht erblickt, ist äonisch.« Ja, wir sind nicht verzagt, denn wir blicken nicht auf das kurz Befristete, sondern auf das für die Äonen Bleibende. Darauf achten wir, das heißt wir heften den Blick auf dieses Ziel oder wir zielen darauf ab, und zwar auf das, was Christi Jesu ist (Phil.2:21); auf das droben sinnen wir, nicht auf das auf Erden (Kol.3:2). Wandeln wir doch ohnehin hier durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung (2.Kor.5:7).

Und was ist das Ziel? Gott Selbst bringt uns dahin, und Er gebraucht dabei das augenblickliche Leichte unserer Drangsal. Leicht ist sie; nach Römer 8:18 sind die Leiden der jetzigen Frist nicht wert der Herrlichkeit, die im Begriff steht, in uns enthüllt zu werden. Dies ist das Ziel: Eine Gewichtigkeit der Herrlichkeit wird Gott uns verschaffen! Alles überragend werden das Maß und der Gehalt unserer Herrlichkeit in den beiden kommenden Äonen sein, von außerordentlichem Wert. In Christus wird Er uns verherrlichen, ja dem Bilde Seines Sohnes gleichgestalten (Röm.8:29). Als die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:23), und als solche, an denen der alles übersteigende Reichtum der Gnade Gottes erkennbar ist (Eph.2:7),

werden wir in den zukünftigen Äonen in Christus Jesus mitwirken dürfen an der Unterordnung des Alls (1.Kor.15:27), an der Aufhauptung des Alls in Christus (Eph.1:10), an der Aussöhnung des Alls (Kol.1:20) und an der Vervollständigung von allem (Eph.1:23). Welch eine Herrlichkeit!

Das Wort des Bildad von Schuach: »Dein Anfang wird als gering befunden, aber dein Späteres wird überaus groß sein« (Hiob 8:7) erfüllte sich, als Hiob allen Verlust zweifach erstattet bekam (Hiob 42:10). Nach Jesaia 61:7 wird dem Volk Israel statt seiner Schmach im Königreich des Messias das Doppelte zuteil werden. Der uns gewährten Gnade gemäß aber wird uns nach einem bislang unvorstellbaren göttlichen Maß vergolten. Unsere Herrlichkeit wird an Gewichtigkeit alles überragen, unsere Herrlichkeit in Christus Jesus!

Diese Herrlichkeit werden wir Gott von ganzem Herzen huldigend zu schätzen wissen, und dies auch aus dem Grund, dass wir hier auf Erden das Gegenteil erlebten. Auf dem dunklen Hintergrund unserer Erfahrungen in diesem bösen Äon werden wir die Gewichtigkeit unserer Herrlichkeit völlig erkennen.

Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei dem, der uns zu Seiner Herrlichkeit berufen hat, dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus!

 

Beim Herrn daheim

(2.Korinther 5:1-13)

 

Unser Glaube ist auf ein Ziel ausgerichtet, das man nicht erblickt, sondern äonisch ist. Was erblickt wird, ist kurz befristet und hat zwar durchaus seinen Wert, aber was uns für die beiden kommenden Äonen zugedacht ist, ist bleibend und von größter Herrlichkeit.

Im Zusammenhang mit dieser Gegenüberstellung des kurz Befristeten und des Äonischen in Kapitel 4:18 kommt der Apostel Paulus nun zu Beginn des Kapitels fünf auf unseren Körper zu sprechen, auf den derzeitigen, von der Vergänglichkeit, der Schwachheit und dem Seelischen gekennzeichnet, und auf den zukünftigen, der von Unvergänglichkeit, Kraft und dem Geistlichen geprägt sein wird.

Ein Gebäude von Gott

 

Paulus schreibt: »Wir wissen doch, dass, wenn unser irdisches Haus, diese Zeltwohnung, abgebrochen wird, wir ein Gebäude von Gott haben, ein äonisches Haus, nicht mit Händen gemacht, in den Himmeln« (Vers 1). Wir wissen - ja, denn wir glauben Gott, was Er uns hiermit offenbart hat. Hatte Paulus unseren Körper in Kapitel 4:7 als irdenes Gefäß bezeichnet, mithin als zerbrechlich, so sagt er jetzt »irdisches Haus« - allzumal sind wir aus Erde, von Erdreich (1.Kor.15:47) - und charakterisiert dieses als eine Zeltwohnung. Ein Zelt steht nicht für eine dauerhafte Wohnstätte, sondern soll gerade leicht abgebaut werden können, damit man schnell weiterziehen kann. Ein solcher Körper aber - Petrus skizziert ihn mit den Worten nach Jesaia 40:6-8: »Alles Fleisch ist Gras und all seine Herrlichkeit wie die Blume des Grases. Verdorrt ist das Gras und die Blume fällt ab« (1.Pet.1:24) - kann nicht der bleibende sein. Dem Fleisch und Blut kann das Königreich Gottes nicht zugelost werden (1.Kor.15:50).

Wenn aber diese Zeltwohnung abgebrochen wird, so steht ein unvergängliches Gebäude in den Himmeln für uns bereit, unser geistlicher Körper (1.Kor.15:44), und zwar für die zukünftigen Äonen, während deren wir inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe niedergesetzt sind (Eph.2:6). Dort ist unsere Heimat. In den Himmeln ist unser Bürgertum, woher wir auch den Retter erwarten, den Herrn Jesus Christus, der den Körper unserer Erniedrigung entsprechend Seiner Kraft, Sich das All unterzuordnen, umwandeln und dem Körper Seiner Herrlichkeit gleichgestalten wird (Phil.3:20,21).

Dieses Gebäude ist von Gott. Nichts haben wir dazu beigetragen, es ist ein Geschenk in Gnaden. Unserem Gott und Vater und unserem Herrn Jesus Christus sei Dank und Ruhm und Ehre dafür! Auch an unserem Herrlichkeitskörper ist der Reichtum der Gnade Gottes, den Er in den kommenden Äonen inmitten der Überhimmlischen in Christus Jesus an uns zur Schau stellt, zu erkennen (Eph.2:7).

Unsere Sehnsucht

 

Paulus führt weiter aus: »Wir ächzen ja doch in diesem Körper und sehnen uns danach, unsere Behausung aus dem Himmel überzuziehen, wenn auch wir (sie nämlich anziehend) nicht unbekleidet erfunden werden sollen« (Verse 2+3). Über unsere Beschwernisse in diesem Körper hinaus wissen wir, dass die gesamte Schöpfung mit uns ächzt und Wehen leidet (Röm.8:22). Wehen lassen uns etwas erwarten, und so lesen wir in Römer 8:23: »Aber nicht sie allein, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe des Geistes haben, auch wir selbst ächzen in uns, den Sohnesstand erwartend, die Freilösung unseres Körpers.« Wann wird unser Körper von der Vergänglichkeit freigelöst? Dann, wenn wir unsere Behausung aus dem Himmel überziehen. Es verlangt uns keinesfalls danach, unbekleidet erfunden zu werden.

Des öfteren bekommt man zu hören, der gläubig Verstorbene sei »jetzt beim Herrn daheim«. Diese Redewendung widerspricht dem gesamten Schriftzeugnis. Zwei Möglichkeiten zeigen unsere Verse auf: das Überziehen unseres äonischen Körpers - danach sehnen wir uns - und das Unbekleidetsein, das Totsein - das wollen wir nicht. Unsere Sehnsucht ist, den Tag Christi zu erleben, an dem wir verwandelt und dem Bild des Sohnes Gottes gleichgestaltet werden (Röm.8:29). Den Tod, diesen Feind, wünschen wir uns nicht, denn Unbekleidete haben noch nicht einmal eine Zeltwohnung.

Diese beiden Alternativen - andere gibt es für uns nicht - drückt Paulus auch in 1.Korinther 15:51,52 aus: »Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick, beim letzten Posaunenstoß. Denn Er wird posaunen, und die Toten werden auferweckt werden, unvergänglich, und wir werden verwandelt werden.« Dem entspricht 1.Thessalonicher 4:15-17: »Denn dies sagen wir euch als ein Wort des Herrn: Wir Lebenden, die wir bis zur Anwesenheit des Herrn übrig bleiben, werden die Entschlafenen keinesfalls überholen; denn der Herr Selbst wird mit dem Befehlsruf, mit der Stimme des Botenfürsten und mit der Posaune Gottes vom Himmel herabsteigen, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen. Darauf werden wir Lebenden, die wir übrig bleiben, zugleich mit ihnen zusammen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft und werden so allezeit mit dem Herrn zusammen sein.« Gleichzeitig und gemeinsam werden wir, alle Glieder des Körpers Christi, verwandelt und entrückt werden, unsere von Gott bereitete Behausung überziehen und beim Herrn daheim sein. Möge Er es uns schenken, nicht erst noch in den Zwischenzustand des Todes hineinzukommen. Zwar haben wir im Tode kein Bewusstsein und somit unsere Ruhe, denn der Körper kehrt zum Erdreich zurück, der Geist zu Gott, und sodann ist die Seele, das Bewusstsein, nicht mehr (Pred.9:5,10; 12:7; Ps.104:29; 115:17; 1.Kor.15:18), aber das Schönste wäre doch, wenn das Sterbende nicht vom Tod, sondern vom Leben verschlungen würde.

Wir wollen überzogen werden

 

So lesen wir es auch in Vers 4: »Denn wir, die wir in der Zeltwohnung sind, ächzen und sind beschwert, woraufhin wir nicht ausgezogen, sondern überzogen werden wollen, damit das Sterbende vom Leben verschlungen werde.« Dies ist unser Wille, doch der darüber entscheidet, ist Gott, unser Vater, dem wir vertrauen und der uns alles zum Guten zusammenwirkt.

Kein Mensch will tot sein, was ja bedeutet, nicht zu sein. Auch der Apostel Paulus wollte das nicht. Versetzen wir uns in seine Lage der Gefangenschaft in Rom und des offenen Ausgangs seines Gerichtsverfahrens. Das Sterben als Märtyrer würde ihm Gewinn bringen, weil er damit Christus hoch erheben und vor der Preisrichterbühne des Christus dafür belohnt würde. Das Weiterleben wäre ebenfalls von Gewinn, denn er würde in seiner Arbeit viel Frucht bringen (Phil.1:20-22). Zwei Möglichkeiten mithin. Doch er schreibt in Philipper 1:23 von der dritten: »Ich werde aber aus den zweien gedrängt, indem ich das Verlangen nach der Auflösung und dem Zusammensein mit Christus habe; denn das wäre bei Weitem das beste für mich.« Mit der Auflösung meint er nicht den Tod, denn den hatte er schon unter den ersten zwei Möglichkeiten erwähnt, sondern das Zusammensein mit Christus. Dies ist die Auflösung aller Probleme überhaupt. Des Paulus Sehnsucht ist also eine viel höhere; er sehnt sich nach dem Tag Christi, ja nach Christus Selbst, denn Er, Christus, ist unsere glückselige Erwartung (1.Tim.1:1), unser geliebter Herr und Retter. Bei Ihm zu sein, ist bei Weitem das beste.

Das Angeld des Geistes

 

Paulus fügt an: »Der aber gerade dies an uns bewirkt, ist Gott, der uns auch das Angeld des Geistes gegeben hat« (Vers 5). Gerade dies wird Gott an uns bewirken, dass nämlich das Sterbende von der göttlichen Lebensenergie verschlungen wird. Mit der Sterblichkeit hat es ein Ende. Das Leben ist da! Und wenn wir nun aber doch vorher sterben sollten, wir also nicht zu den Übrigbleibenden gehören sollten, so darf es gleichwohl unsere ständige Erwartung sein. Sie wirkt sich stärkend auf unseren Geist aus.

Gott, unser Vater, der uns das Angeld Seines Geistes gegeben hat, als Er uns berief und den Glauben schenkte (2.Tim.1(; Phil.1:29), wird uns auch das Vollmaß des heiligen Geistes geben, am Tag Christi, an dem unsere Körper von der Vergänglichkeit freigelöst und wir dem Bild Seines Sohnes gleichgestaltet werden, kurz: wenn wir in Christus verherrlicht werden (Röm.8:23,29,30).

Dies ist uns garantiert, denn in 2.Korinther 1:22 ist im Zusammenhang des Angeldes von unserer Versiegelung die Rede. Auch in Epheser 1:13 spricht der Apostel davon, dass wir, als wir das Wort der Wahrheit, das Evangelium von unserer Rettung, hörten und glaubten, mit dem heiligen Geist versiegelt wurden. Zum Lobpreis der Herrlichkeit Gottes wissen wir somit, dass wir unaufhebbar mit dem Geist des Vaters beschenkt sind - und mithin auch geistgemäß zu wandeln vermögen. Gottes Geist wohnt in uns, sodass wir dem Herrn Jesus Christus zur Verherrlichung Gottes freudig und kraftvoll dienen können. Wir leben für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn (Röm.6:11). »Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus befreit dich vom Gesetz der Sünde und des Todes« (Röm.8:2). Welch eine Herrlichkeit!

Allezeit ermutigt

 

Paulus schreibt in den Versen 6 und 7 weiter: »So sind wir nun allezeit ermutigt und wissen, dass, solange wir in diesem Körper daheim sind, wir noch außerhalb des Heims sind, fern vom Herrn (denn wir wandeln hier durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung).« Das Schriftwort, dass das Sterbende vom Leben verschlungen werden wird, ermutigt uns in der Kraft des uns innewohnenden Angeldes des Geistes Gottes, in der vergänglichen Zeltwohnung auszuharren. Das Vollmaß des Geistes werden wir am Tag Christi bekommen. So sind wir nun weder verzagt noch mutlos, sondern voll Erwartung und wettkämpfen mithin auch zuversichtlich in der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus.

Dabei wissen wir, dass wir zur Zeit noch außerhalb des uns verheißenen, von Gott bereiteten äonischen Hauses sind, körperlich gesehen fern vom Herrn, denn - und nun fügt Paulus eine wichtige Grundaussage ein - »wir wandeln hier durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung.« Das bedeutet nicht nur, dass wir den Herrn nicht wahrnehmen, sondern dass wir überhaupt nichts sehen, hören oder ertasten können von dem, was wir glauben. Alle unsere geistlichen Segnungen - wir haben sie nur durch Glauben und im Geist. Wir nehmen keine Erscheinungen und keine Wunder wahr. Wir hören keine Propheten oder Zungenredner sprechen (höchstens Pseudo-Redner), denn wir besitzen das vervollständigte Wort Gottes (Kol.1:25). Wir sehen keine Krankenheilungen (vgl. 1.Tim.5:23; 2.Tim.4:20), denn wir leben in der Verwaltung der geistlichen Segnungen, und die Botschaft des Apostels Paulus ist durch viele Zeichen und Wunder und Machttaten bestätigt worden und bedarf keiner weiteren Beglaubigung mehr (2.Kor.12:12). Auch unsere Erwartung, dass nämlich unser Körper freigelöst wird und wir den Sohnesstand sodann auch körperlich einnehmen - auf diese Erwartung hin wurden wir gerettet -, auch von ihr erblicken wir nichts (Röm.8:24).

»Wir sind aber ermutigt«, fährt Paulus in Vers 8 fort, »und es erscheint uns wohl, eher aus dem Heim (aus dem Körper) zu ziehen und beim Herrn daheim zu sein.« Ja, dies ist bei Weitem das beste. Wir alle sehnen uns danach, diesen Körper hinter uns lassen zu dürfen und beim Herrn daheim zu sein. Man könnte auch übersetzen: zum Herrn hingewandt daheim zu sein, mithin in vollendeter inniger Gemeinschaft mit unserem geliebten Retter und Haupt zu leben. Bei Ihm ist unser wahres Zuhause. Ist doch Er Selbst unsere ständige Erwartung (1.Tim.1:1), Er und Sein Tag, der herrliche Tag Christi, der zugleich der Tag der Freilösung unseres Körpers von der Vergänglichkeit ist!

Diese Erwartung richtet uns auf Ihn aus

 

In Vers 9 zeigt Paulus die Konsequenz daraus auf: »Darum setzen wir auch unsere Ehre darein, ob wir daheim sind oder außerhalb des Heims, Ihm wohlgefällig zu sein.« Darum - weil wir uns danach sehnen, beim Herr zu sein - ist es unser entschiedenes Streben (ob wir bei Ihm sind oder noch auf der Erde), dem Herrn wohlgefällig zu sein. In Erwiderung Seiner Liebe leben wir auf den Herrn zu. Somit wollen wir auch Seinen Willen tun. Wir können normalerweise gar nicht mehr uns selbst leben, sondern nur noch dem, der für uns starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15). Schon David hatte gesagt: »Der Eifer um Dein Haus verzehrt mich« (Ps.69:10; Joh.2:17). Wir suchen nicht mehr das Unsere, sondern das des Christus ((Phil.2:21).

Vor der Bühne des Christus

 

Wenn wir beim Herrn daheim sein werden, erfahren wir den weiteren Gnadenerweis der Preisrichterbühne. Paulus schreibt in Vers 10 davon: »Denn wir müssen alle vorne vor der Preisrichterbühne des Christus offenbar gemacht werden, damit ein jeder das wiederbekomme, was er durch den Körper verübte, sei es gut oder schlecht.« Wir setzen unsere Ehre darein, dem Herrn wohlgefällig zu sein, denn wir werden vor Seiner Bühne offenbar gemacht werden, nicht nur unsere Taten, sondern auch unsere Gedanken und damit wir selbst. Dies ist notwendig, denn all unser Tun und Lassen muss recht vergolten werden. Wir erhalten Lob und Lohn für das Gute und keine Anerkennung für das Schlechte.

Unter der Preisrichterbühne ist kein Gericht zu verstehen, sind wir doch heute schon von allen unseren Sünden ein für allemal gerechtfertigt, sondern eine Preisauszeichnungsstätte. Mögen wir dem Herrn wohlgefallen in unserem Wandel und Dienst, auch um unsertwillen, vor allem aber zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters.

Das Offenbarwerden ist auch deshalb wichtig für uns, damit wir wissen, wie Christus unsere Taten beurteilt. Wir benötigen diese objektive Bewertung, um völlige Gewissheit darüber zu bekommen, was wirklich gut oder schlecht war, und durch diese Schulung zugerüstet zu werden für unsere Aufgaben inmitten der Überhimmlischen in den kommenden Äonen.

Vor der Bühne des Christus wird alles zurechtgebracht werden. Auch dies ist eine Gnade, denn selbst dann, wenn zwei Gläubige einander verziehen haben, kann in den zwischenmenschlichen Beziehungen so manche Hinderung bestehen bleiben, sei es Entfremdung, Unsicherheit oder auch nur vorsichtige Zurückhaltung, um nicht wieder anzuecken oder eine erneute Verletzung durch den anderen zu vermeiden. Dies schadet dem Wachstum der herausgerufenen Gemeinde. Die Auswirkungen kann kein Mensch absehen. Dann endlich aber - vor den Augen Christi - wird alles in Ordnung gebracht werden. - Mögen wir bereits heute angesichts der Preisrichterbühne jedem von Herzen Gnade erweisen, der uns ungerecht behandelt, damit unser Herr uns loben kann.

Auf die weiteren Einzelheiten des Geschehens vor der Preisrichterbühne soll im Rahmen dieser Betrachtung nicht eingegangen werden; sie können nachgelesen werden in Römer 14:10-12; 1.Kor.3:8; 3:10-15; 4:5; 6:9,10; Epheser 5:5; 2.Tim.2:11-13 und in dem Buch »Die Preisrichterbühne des Christus und Gottes« vom Konkordanten Verlag. Eine Bibelstelle aber sei hier zitiert, und zwar 2.Timotheus 4:7,8, wo Paulus kurz vor dem Ende seines Lebens sagt: »Den edlen Ringkampf habe ich gerungen, den Lauf habe ich vollendet, den Glauben habe ich bewahrt. Hinfort ist mir der Siegeskranz der Gerechtigkeit aufbewahrt, mit dem der Herr, der gerechte Richter, es mir an jenem Tag vergelten wird; nicht allein aber mir, sondern auch allen, die Sein Erscheinen geliebt haben.« - Wenn wir auf das Erscheinen unseres Herrn ausgerichtet sind, werden wir Ihm wohlgefällig wandeln.

Die Furcht des Herrn

 

In Vers 11 schreibt Paulus: »Da wir nun um die Furcht des Herrn wissen, versuchen wir, Menschen zu überzeugen; für Gott aber sind wir offenbar; doch ich erwarte, auch in eurem Gewissen offenbar zu sein.« Wenn wir den Herrn lieben, werden wir Ihm auch hingebungsvoll dienen. Wir fürchten den Herrn, und zwar in dem Sinn, dass wir nichts von dem uns Aufgetragenen versäumen wollen. Keine Seiner Anweisungen wollen wir übersehen, keine Seiner von Ihm für uns vorherbereiteten guten Werke übergehen (Eph.2:10), Obacht wollen wir geben, wie wir genau wandeln (Eph.5:15). Paulus hatte in Korinth an jedem Sabbat Unterredungen in der Synagoge und überzeugte Juden wie auch Griechen (Ap.18:4). Möge unser Gott und Vater es auch uns schenken, in der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus zu wettkämpfen und uns zu mühen, wo wir Gelegenheit haben, Menschen zu informieren, zu ermahnen und zu belehren, um sie in Christus Jesus gereift darzustellen (Kol.1:28,29). Dem Juden ein Jude, dem Griechen ein Grieche, dem Schwachen ein Schwacher wurde Paulus in seinem Dienst, damit er auf jeden Fall einige rette. Alles aber tat er um des Evangeliums willen, damit er dessen Mitteilnehmer wurde (1.Kor.9:19-23). Im Dienst am Evangelium werden auch wir dessen Kraft erfahren und Freude daraus erlangen.

Unsere Überzeugungsarbeit ist herrlichsten Inhalts, denn wir sind Gesandte für Christus und verkündigen: »Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend: Er rechnet ihnen ihre Kränkungen nicht an« (2.Kor.5:19). Und wenn wir sprechen: »Lasst euch mit Gott versöhnen!«, so spricht Gott durch uns, denn wir verkündigen Gottes Worte (2.Kor.5:20).

Anderen offenbar sein

 

Kann der Apostel Paulus die Korinther auch davon überzeugen, dass er in der Furcht des Herrn ihnen gegenüber aufrichtig ist? Für Gott ist Paulus offenbar; dies steht außer Frage, denn es gibt keine Schöpfung, die vor Seinen Augen nicht offenbar ist. Alles ist nackt und entblößt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft geben müssen (Heb.4:13). Ist aber auch den Korinthern offenbar, dass Paulus ihnen ihre Kränkungen nicht anrechnet, ihnen in der Haltung der Versöhnung gegenübersteht und seine Ermahnung nicht zu ihrer Betrübnis, sondern zu ihrer Auferbauung gedacht sind? Paulus erwartete, auch in ihrem Gewissen offenbar zu sein. Erkennen sie nicht, dass er den Sinn des Christus hat? Er ist doch nicht wie die vielen, die das Wort Gottes verschachern, sondern er redet in Aufrichtigkeit, wie aus Gott, vor dem Angesicht Gottes in Christus (2.Kor.2:17). Er wandelt nicht mit List, noch handhabt er das Wort Gottes betrügerisch, sondern er empfiehlt sich jedem Gewissen der Menschen durch die Offenbarung der Wahrheit vor den Augen Gottes (2.Kor.4:2).

Der Dienst des Paulus ist lauter, liebe Geschwister zu Korinth. Sein Verhalten, seine Worte und seine Briefe offenbaren euch sein Herz. - Mögen auch wir offen sein können gegenüber den Brüdern und Schwestern, sodass wir ihnen offenbar sind, und dies als solche, in denen Christus Gestalt gewonnen hat.

Den Gläubigen zugute

 

Die Heiligen in Korinth könnten die Aussage des Apostels Paulus in Vers 11 als Selbstempfehlung missverstehen; darum schreibt er in den Versen 12 und 13: »Nicht uns selbst empfehlen wir euch wieder, sondern geben euch Anlass zum Rühmen unsertwegen euch zugut, damit ihr ihn für die habt, die ins Angesicht rühmen und nicht im Herzen. Doch, ob wir nun außer uns sind, so ist es für Gott, oder ob wir gesunde Vernunft zeigen, so ist es für euch.« Paulus will sich nicht selbst empfehlen, sondern die Gläubigen in ihrem Urteilsvermögen stärken, sodass sie wissen, welches Rühmen berechtigt ist. Denen gegenüber, die sich äußerlich rühmen, ins Angesicht, deren Herz aber nicht damit übereinstimmt, gibt Paulus den Korinthern Argumente an die Hand. Wenn sie sich auf des Paulus Offenheit stützen, haben sie wahren Grund zum Rühmen und fallen sie nicht auf das Getue der Gegner herein.

Des Paulus Rühmen hat seinen Grund nicht in ihm selbst, denn er wagt nicht, von etwas zu reden, was nicht Christus durch ihn ausgeführt hat. In seinem Dienst für die Sache Gottes hat Paulus das Rühmen nur in Christus Jesus (Röm.15:17,18).

Ob Paulus nun außer sich ist oder gesunde Vernunft zeigt, es geschieht stets um der Gläubigen willen. Selbst wenn die Korinther ihn nötigten, unbesonnen zu sein und sich zu rühmen, so kommt es ihnen zugute (2.Kor.11:16-28; 12:11). Immer handelt Paulus zur Auferbauung der Gläubigen und damit zur Verherrlichung Gottes. Denn es drängt ihn die Liebe des Christus, der für alle starb, damit die Lebenden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:14,15)!

 

Der Dienst der Versöhnung

(2.Kor.5:14-21)

 

Der Apostel Paulus schreibt in 2.Korinther 5:11: »Da wir nun um die Furcht des Herrn wissen, versuchen wir, Menschen zu überzeugen.« Auch wir versuchen, Menschen für Christus zu gewinnen, auch wir wollen sie überzeugen. Tun wir dies mit Worten menschlicher Weisheit und wissenschaftlichen Argumenten oder mit den Worten Gottes, von denen wir wissen, dass sie allein wirksam sind (Heb.4:12)? Verkündigen wir zudem Christus als gekreuzigt und das Kreuz als Gotteskraft zur Rettung allein durch Glauben, oder fordern wir zur Erlangung der Gnade Umsinnung, Besserungswillen und Wohlverhalten von den Menschen, sodass sie sich vor Gott rühmen könnten? Dann wäre Gnade nicht Gnade! Gnade ist allein Gottes freies Geschenk. In der Furcht des Herrn wollen wir doch sorgfältig darauf achten, dass wir das herrliche Evangelium, das dem Apostel Paulus enthüllt wurde, nicht durch menschliche Zusätze verunreinigen.

Drei Verse weiter lesen wir: »Die Liebe des Christus drängt uns.« Werden wir, die wir uns als Gesandte für Christus, also in Seinem Dienst und zu Seiner Verherrlichung unter den Menschen befinden, von Seiner Liebe geleitet? Christi Liebe ist daran erkennbar, dass Er Sich Selbst für alle als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hatte. Diese Liebe drängte Paulus zu einem hingebungsvollen Dienst für den Herrn. Auch bei uns kann die Liebe des Christus keine andere Reaktion hervorrufen, als in dieser Liebe zu wirken. - Die Liebe Gottes wurde in unseren Herzen ausgegossen, als Er uns den Glauben und Seinen Geist in Gnaden gewährte (Röm.5:5; Phil.1:29).

Demnach starben alle

 

Von der Liebe zu Seinen Geschöpfen bewegt, starb Christus für alle.

»Für alle« - das heißt zugunsten aller, zum Besten von allen. »Demnach starben alle«, erfahren wir sodann aus Vers 14. Wie können alle gestorben sein? Weil das, was Christus für sie tat, nicht ohne Auswirkungen auf sie bleiben konnte. Da alle in Christus erschaffen sind und alle in Ihm ihren Bestand haben (Kol.1:16,17), sind sie alle in Ihn eingeschlossen, auch in Seinen Tod und ebenso auch in Seine Auferweckung, wenngleich der geistliche Gewinn daraus zunächst nur den Auserwählten zuteil wird, die da glauben und mithin gerettet, gerechtfertigt, ausgesöhnt, geheiligt und verherrlicht werden. Auch wenn sich nur die Gläubigen als mitgekreuzigt und mitgestorben erkennen und nur sie jetzt von allen Sünden ein für allemal gerechtfertigt sind und nur sie außerdem nach Maßgabe von Römer sechs von der Herrschaft der Sünde befreit werden können, so ist der Grund zur Rettung aller doch ein für allemal gelegt. So werden eines Tages, und zwar bei der Vollendung nach dem Abschluss der Äonen, alle, für die Er starb, Ihm leben, wie in Vers 15, wenn auch mit dem Gewicht auf die jetzt Lebenden, gesagt wird.

Damit wir Ihm leben

 

Vers 15 lautet: »Und für alle starb Er, damit die Lebenden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie starb und auferweckt wurde.« Von der Liebe des Christus überwältigt, wollen wir nicht mehr uns selbst leben, sondern von ganzem Herzen dem, der für uns starb und auferweckt wurde. Ihm wollen wir dienen. Ihm leben - das führt zu weiterer Heiligung. Geheiligte sind wir ja und mithin Heilige. Unsere Heiligkeit vollenden aber werden wir nur, wenn wir Ihm leben. Wer Ihm zugewandt ist, hat dem Egoismus und anderen Sünden den Rücken zugekehrt. Ihm leben und Ihm dienen - dies verherrlicht unseren Gott und Vater!

Das Fleisch ist abgetan

 

Paulus führt in den Versen 16 und 17 weiter aus: »Daher sind wir von nun an mit niemandem mehr dem Fleisch nach vertraut. Selbst wenn wir auch Christus dem Fleisch nach gekannt haben, kennen wir Ihn jedoch nun nicht mehr so. Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist da eine neue Schöpfung: das Ehemalige verging, siehe, es ist neu geworden.« »Daher«, weil alle starben, sehen wir keinen Gläubigen mehr dem Fleisch nach an, nach den Maßstäben der alten Menschheit, sondern achten den anderen höher als uns selbst. Damals dachte Paulus auch an die Heiligen aus Israel, die dem Fleisch nach - ihrer Abstammung wegen - einen höheren Rang als die aus den Nationen hatten. Und selbst wenn jemand Christus im Fleisch, in der Gestalt der Erniedrigung gekannt hatte, als Er Israel diente, in der Art und Weise wie ein Mensch erfunden, so kannte Paulus Ihn nun nicht mehr so. Wir kennen Ihn nur in Seiner geistlichen Gestalt, zur Rechten Gottes sitzend und uns durch Seinen Geist innewohnend. Auf diese Weise aufs Innigste miteinander verbunden, sind wir in Christus Jesus. In Christus Jesus aber sind wir eine neue Schöpfung und gehören wir mithin der neuen Menschheit an, die Gott zu erschaffen im Begriff ist. Wir sind Erstlinge der neuen Menschheit. Mithin kennen wir Christus nicht als Juden, sondern als das Haupt der neuen Menschheit. Das Haupt der alten Menschheit ist Adam. Doch diese Schöpfung in Adam ist für uns ehemalig. Alle fleischlichen Vorrechte und Maßstäbe sind Vergangenheit für uns. Nur deshalb auch können wir den Dienst der Versöhnung tun, der ebenfalls unterschiedslos allen gilt. Wir denken nicht mehr in den Bahnen der alten Menschheit. Die Liebe des Christus macht keine Unterschiede zwischen sympathischen und unsympathischen Menschen. Allen dürfen wir die Versöhnung Gottes nahebringen. Was gibt es Herrlicheres, als im Dienst der Versöhnung die Liebe des Christus zum Ausdruck bringen zu dürfen!

Aus Gott ist dies alles

 

Und nun durfte Paulus die herrlichen Worte der Verse 18 und 19 niederschreiben: »Das alles aber ist aus Gott, der uns durch Christus mit Sich Selbst versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat. Denn Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend: Er rechnet ihnen ihre Kränkungen nicht an und hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt.« Triumphierend und Gott verherrlichend vernehmen wir: »Das alles aber ist aus Gott!« Gottes Vorsatz war es also, dass Christus für alle starb und demnach alle starben, insbesondere aber, dass wir uns im Glauben mit Seinem Tod identifiziert haben. Aus Gott ist es, dass wir diensttauglich gemacht werden, und zwar dadurch, dass wir zusammen mit Christus starben, sodass unserem Dienst kein Makel einer Verhaltensweise der alten Menschheit anhaften möge, und indem Er alles mit dem Fleisch und der Abstammung Zusammenhängende abtat und uns in Gnaden in Christus neu erschuf, damit wir Ihm leben und dienen können.

Gott versöhnte die Welt mit Sich Selbst

 

Mehr noch aber hat Gott getan: Er hat uns mit Sich Selbst versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung gegeben. Die Grundlage dafür wird in Vers 19 verkündigt: Die ganze Welt hat Gott mit Sich versöhnt - und dieses Wort in uns niedergelegt. Da das Wort der Versöhnung somit unsere Herzen erfüllt, konnte Er uns mit dem Dienst der Versöhnung betrauen.

»Gott war in Christus«. Er war durch Seinen Geist immer in Christus und hat mithin auch mitgelitten. Auch darin waren der Vater und der Sohn eins, denn so wie der Vater den Sohn dahingegeben hatte, so hatte auch der Sohn Sich Selbst dahingegeben bis hin zur tiefsten Erniedrigung des Kreuzestodes.

Gott versöhnte die Welt mit Sich Selbst. Die Versöhnung der Welt war Gottes Tat in Christus. Unter der Welt ist in der Schrift stets nur die der Menschen zu verstehen.

Versöhnung - was ist das? Der Mensch ist nicht nur Sünder, sondern auch Gottes Feind. Als Sünder bedarf er der Rechtfertigung, als Feind der Versöhnung. Ein Feind Gottes ist jeder, der sich selbst erhöht und sich mithin an die Stelle Gottes setzt. Ein solches Verhalten beleidigt und kränkt Gott zutiefst. Von Kränkungen ist in Vers 19 die Rede und nicht von Sünden oder Übertretungen. Sünde ist der allgemeine Begriff; Er bedeutet: Verfehlung. Übertreten kann man nur ein Gesetz oder Gebot. Eine Kränkung aber ist eine Sünde auf der personalen Beziehungsebene; eine Kränkung verletzt das Herz Gottes. - Wie sehr Gottes Herz doch an den Menschen hängt! Ein Feind Gottes ist jeder, der sich selbst die Ehre gibt und sie damit Gott nimmt, dem allein alle Verherrlichung gebührt, denn aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin ist alles.

Den Freispruch der Rechtfertigung erfahren zu haben, macht den Menschen froh, Gott aber ist damit noch nicht zufrieden. Von allen Sünden gerechtfertigt zu sein, ist wohl eine Voraussetzung dafür, die Versöhnung zu erlangen, denn nur mit einem Gerechtfertigten kann Gott Sich versöhnen, doch hat die Versöhnung ihren eigenen, viel höheren Wert. Die Versöhnung aufgrund des Todes Seines Sohnes hat die völlig neue Haltung des Friedens zur Folge, die Gott der Welt gegenüber einnimmt. Keine Kränkung rechnet Er ihr an. Und sind wir Gläubige, so darf die Versöhnung nicht nur eine einseitige Sache sein, sondern das glückselige Verhältnis des Friedens miteinander in herzlicher Gemeinschaft. Die Versöhnung - das vollkommene Liebesband zwischen Gott und den Seinen!

Für diese Verbundenheit zwischen Gott und den Heiligen finden wir in der Schrift auch den verstärkenden Ausdruck »Aussöhnung«.

Wir rühmen uns der Gnade der Versöhnung

 

Gott hat das Wort der Versöhnung in uns niedergelegt. Wir sind somit Empfänger des Wortes, Gesegnete des Wortes und Träger desselben. Wir freuen uns über die Tatsache, dass Gott uns durch Christus mit Sich Selbst versöhnt hat, und zwar durch den Tod Seines Sohnes. Die Rechtfertigung erfolgt im Blut Christi, da Sünden Leid verursacht haben, was zum Ausgleich Leiden fordert. Das Blut Christi versinnbildlicht Seine Leiden, da es die Seele, das Bewusstsein, enthält. Die Versöhnung dagegen geschah durch den Tod des Sohnes, da Feindschaft ein Zustand ist, der zum Ausgleich den Zustand des Todes fordert. So rühmen wir uns nun in Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir die Versöhnung erhielten. Mithin können wir auch bezeugen, was Paulus in Römer 5:1,2 zum Ausdruck gebracht hat: »Gerechtfertigt nun aus Glauben, dürfen wir mit Gott Frieden haben durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir auch im Glauben den Zugang in diese Gnade (in die Gnade der Versöhnung) erhalten haben, in der wir stehen, sodass wir uns in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen mögen.«

Unser Dienst der Versöhnung

 

Da wir nun in jeder Weise zugerüstet sind, indem wir nämlich die Versöhnung selbst erfuhren und das Wort der Versöhnung Gottes mit der Welt uns erfüllt, kann Gott uns auch mit dem Dienst der Versöhnung betrauen. Dieser Dienst besteht zunächst einmal darin, dass wir das Wort der Versöhnung bekannt machen. Es lautet: »Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend: Er rechnet ihnen ihre Kränkungen nicht an.« Unser Dienst besteht zugleich auch darin, dass wir Versöhnung leben, indem wir Frieden mit allen Menschen halten und, wenn wir angegriffen werden, ihnen im Geist der Versöhnung Gnade entgegenbringen und keine Kränkung anrechnen. Mögen wir ein Brief Christi sein, aus dem die Menschen die Gesinnung Christi ersehen können. Stets sollen unsere Füße nach Epheser sechs - unser Wandel auf der Erde ist damit angesprochen - mit den Sandalen des Friedens unterbunden sein; nicht mit den genagelten Stiefeln des Zorns sollen wir daher kommen, sondern mit der Bereitschaft, das Evangelium des Friedens Gottes mit der Welt zu verbreiten. Wir haben die Frohbotschaft zu bringen - im Wort und im Verhalten, nicht eine Drohbotschaft. Dies ist übrigens ein Teil der Waffenrüstung Gottes für uns, damit wir den Kriegslisten des Widerwirkers nicht erliegen.

Uns ist nicht aufgetragen, ganze Nationen zu Jüngern zu machen (Mat.28:19), sondern den Dienst der Versöhnung zu tun. Dies ist unsere Hauptaufgabe und zudem die überaus herrlichste.

Gesandte für Christus

 

Nun kann der Apostel Paulus uns mit Vers 20 sagen: »Daher sind wir Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns zuspräche. Wir flehen für Christus: Lasst euch mit Gott versöhnen!« Ihm leben heißt Gesandter für Ihn zu sein. Wir sind Gesandte des Amtsträgers Gottes, Botschafter des Friedens Gottes, höchste Würdenträger also - in der Gnade wohlgemerkt. Wir können nichts dafür, dass Gott uns auch dazu auserwählte. Würdig unserer Berufung wandeln wir somit, wenn wir mit aller Demut und Sanftmut daherkommen. Und getreu unserer Berufung zum Dienst wandeln wir, wenn wir unseren Hauptauftrag ausführen, nämlich den Mund aufzutun. Die frohe Botschaft muss nämlich gesagt werden (sie kann selbstverständlich auch schriftlich mitgeteilt werden), denn nur das zum Ausdruck gebrachte Wort Gottes ist wirksam. Das ausgesprochene Wort Gottes entfaltet seine rettende Kraft und schafft Leben, Leben in Christus Jesus, unserem Herrn. Das Evangelium Gottes über Seinen Sohn ist Seine Kraft zur Rettung. Das erklungene Wort der Versöhnung, dass Gott nichts gegen die Menschen hat, dies ist der rechte Zuspruch, dessen sie bedürfen.

Wenn wir sprechen, dann ist es so, als ob Gott Selbst spräche, ja wirklich, Er Selbst spricht, wenn auch durch uns, denn es ist Sein Wort. Als Gesandte für Christus, also in Seinen Diensten Stehende, für Ihn Wettkämpfende, werden wir auch Seine Worte gebrauchen. Mit der Anwendung Seiner Worte ehren wir Ihn und gehen wir nicht fehl. Mögen wir uns darum einen Grundwortschatz gesunder, gottgehauchter Worte aneignen - ein Muster gesunder biblischer Begriffe (2.Tim.1:13) -und uns zu diesem Zweck täglich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren (1.Tim.4:6).

Wir flehen für Christus

 

Unser Zuspruch, unser Zuruf ist keine Anweisung, sondern ein Flehen. Ein Flehen ist eine inständige, aus tiefstem Herzen kommende Bitte. Für Christus wenden wir uns in dieser Weise an die Menschen, für Ihn tun wir das, der unsere Herzen durch Seine Liebe und Gnade gewonnen hat.

Wir flehen: Lasst euch mit Gott versöhnen! Das heißt: Lieber Mitmensch, nimm Gottes Versöhnung deinerseits an, schlage in die dargebotene Hand ein, nimm in Anspruch, was Gott dir bereitet hat. Beachten wir, dass Gott es mithin ist, der den Sünder um etwas bittet. Hört man denn aber nicht immer wieder, dass der Sünder Gott um Gnade anflehen müsse? Schon - aber in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade ist es Gott, der darum bittet, dass Seine Feinde die Versöhnung entgegennehmen möchten. Er hat absolut alles durch Christus vollbracht, nun lass dich beschenken, und zwar einfach dadurch, dass du Ihm glaubst, dass Er nichts wider dich hat, sondern dich mit aller Gnade und jedem geistlichen Segen überschütten möchte. Allein durch Glauben erlangt man heute alle Segnungen in Christus Jesus, denn die Gnade herrscht, und der Gnade entspricht nur der Glaube. Der Glaube ist kein Werk des Menschen, sondern entspricht dem Auge, das die Landschaft in sich aufnimmt, ohne ihrer Schönheit etwas hinzuzufügen.

Wenn wir nun unseren Verkündigungsdienst tun, die Gelegenheiten zur Verbreitung des Wortes Gottes wahrnehmend, dann werden wir dann und wann auch miterleben dürfen, wie Gott Seinen Auserwählten den Glauben in Gnaden gewährt (Phil.1:29). Und dann dürfen wir freudevoll die herrlichen Tatsachen von Kolosser 1:21-23 zum Lobpreis Christi aussprechen: »Auch euch, die ihr in Denkart und bösen Werken einst Fremde und Feinde gewesen seid, hat Er nun im Körper Seines Fleisches durch Seinen Tod ausgesöhnt, um euch heilig, makellos und unbeschuldbar vor Seinem Angesicht darzustellen, wenn ihr nämlich [dieses »wenn nämlich« ist keine Bedingung, sondern zeigt den Weg dazu auf] gegründet und beständig im Glauben beharrt und euch nicht fortbewegen lasst von dem Erwartungsgut des Evangeliums [es ist die Aussöhnung des Alls], welches ihr gehört habt, das in der gesamten Schöpfung unter dem Himmel geheroldet wird, dessen Diener ich, Paulus, wurde.« Diese Verse besagen: Als Gerechtfertigte und Ausgesöhnte sieht Gott uns in unserem Gnadenstand in Christus Jesus als Heilige, Makellose und Unbeschuldbare. Die erfahrene Gnade entfaltet nun aber ihre Kraft, uns auch in der Praxis, im Wandel, im Alltagsverhalten zu Heiligen, Makellosen und Unbeschuldbaren zu machen. Mögen wir uns zu diesem Zweck nicht vom Glaubens- und Erwartungsgut des uns angehenden Evangeliums - Paulus hat es uns bekannt gemacht - abdrängen lassen und auch nie aus den Augen verlieren, dass unsere Aussöhnung nur der Anfang ist; bei der Vollendung nach dem Abschluss der Äonen wird die Aussöhnung alle umfassen.

Wir stellen Gottes Gerechtigkeit dar

 

Paulus schließt den Schriftabschnitt mit den Worten: »Denn den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit in Ihm würden.« Selbstverständlich kannte unser Herr die Sünden Seiner Mitmenschen und die zerstörerische Macht der Sünde überhaupt, doch Er persönlich kannte keine Sünde in Seinem Leben.

Nun hatte Gott Ihn für uns, um unsertwillen, uns zugute, zur Sünde, das heißt zum Sündopfer, gemacht. Es handelt sich hier um die Redefigur des Zusammenhangs, bei der ein Begriff hinzuzudenken ist, damit die Aussage verständlich wird. Wenn es zum Beispiel in Galater 3:13 heißt, dass Christus zum Fluch wurde, so zeigt die Frage: Für wen?, dass dies nicht so aufzufassen ist. Er wurde aber sehr wohl zum Träger des Fluchs. Ebenso wurde Er auch zum Träger der Sünde. Gott hatte Ihn zum Opfer für die Sünde gemacht. Und Sein Opfer ist allgenugsam vor Gottes Angesicht, um alle Sünden zu sühnen und alle Sünder zu rechtfertigen.

Warum geschah dies? Auf uns und unsere Heilsverwaltung bezogen, lautet die Antwort: »... damit wir Gottes Gerechtigkeit in Ihm würden.« Das Wörtchen »wir« ist stark betont; wir, genau wir sind gemeint. Und wieder stoßen wir auf eine Redefigur des Zusammenhangs: Wir sind ja doch nicht Gottes Gerechtigkeit an sich, sondern der Erweis Seiner Gerechtigkeit, die Er uns widerfahren ließ. Wir sind Darsteller der Gerechtigkeit Gottes.

Anteil an Gottes Gerechtigkeit erhielten wir aufgrund des Glaubens Christi, aufgrund Seines Glaubensgehorsams bis hin zum Kreuzestod, und durch unseren daran anknüpfenden Glauben. Anteil an Gottes Gerechtigkeit bekommt man natürlich nicht, wenn man seine eigene aufzustellen sucht, etwa durch Wohlverhalten und gute Werke. Wer seine eigene Gerechtigkeit aufstellen will, kommt mit Christus nicht in Berührung - welch ein Verlust! Wer sich jedoch beschenken lässt, lernt Christus kennen - den größten Gewinn, zudem Seine Gnade, die aus der Liebe quillt. Christus stellte Gottes Gerechtigkeit auf. Mit den Worten von Römer 3:21,22 gesagt: Durch den Glauben Jesu Christi hat sich Gottes Gerechtigkeit geoffenbart, eine Gerechtigkeit, die für alle ist und auf alle Glaubenden kommt. Die Gerechtigkeit Gottes ist daran erkennbar, dass Er alle, die durch den Ungehorsam Adams von Geburt an ohne ihr Zutun als Sünder eingesetzt sind, durch den Gehorsam Seines Sohnes wiederum ohne ihr Zutun als Gerechte einsetzen wird und die Glaubenden derzeit schon rechtfertigt. Auf der gerechten Grundlage der Verurteilung der Sünde im Fleisch Seines Sohnes rechtfertigte Gott uns von allen Sünden. Und nun sieht man an uns Gerechtgesprochenen und darüber hinaus Ausgesöhnten, dass Gott in Seiner Gerechtigkeit und Gnade das Liebesband des Friedens, das seit Adams Sünde zerrissen war, wieder geknüpft hat, denn wir, ja wir bezeugen es in Wort und Wandel, und es erfüllt unseren Dienst für den Herrn.

Durch unseren Herrn Christus Jesus und in Ihm nur sind wir in dem dargelegten Sinn Gottes Gerechtigkeit geworden. Die Gerechtigkeit Gottes - erwiesen am Kreuz, wo Christus auch alle Feindschaft mit in den Tod nahm - ist die Basis der Versöhnung und mithin auch unseres Dienstes der Versöhnung. So lasst uns denn als Ausgesöhnte auf der Grundlage der Gerechtigkeit Gottes, die von größter Liebe zeugt, unseren Dienst tun, den herrlichsten Dienst wahrnehmen und keine Gelegenheit versäumen, das Wort der Versöhnung bekannt zu machen, ja den versöhnten Gott, der keine Kränkung anrechnet. Lasst uns für Christus flehen: Lasst euch mit Gott versöhnen! Und hören wir nicht auf zu beten und zu bitten, dass Er uns Türen dafür auftue und Zugang zu den Herzen der Menschen verschaffe. Mit flehendem Herzen werden wir sie dann zu überzeugen suchen, ihnen das Wort der Versöhnung Gottes mit allen Menschen sagend.

 

Als Gottes Mitarbeiter

(2.Korinther 6:1-7:1)

Unser herrlicher Gott und Vater, der den Menschen gegenüber durch den Tod Seines Sohnes versöhnt ist und ihnen ihre Kränkungen folglich nicht anrechnet, hat dieses Wort der Versöhnung in uns niedergelegt, sodass wir nun den Dienst der Versöhnung tun können und mithin den Menschen im Namen Christi flehentlich nahelegen: Lasst euch mit Gott versöhnen! Und wenn es auch wir sind, die dazu auffordern, so ist es doch Gott, der da zuspricht.

Mitarbeiter Gottes sprechen zu

Weiterer Zuspruch aber geschieht, und zwar sprechen Paulus und Timotheus den Gläubigen in Korinth zu. Sie schreiben in 2.Korinther 6:1: »Als Seine Mitarbeiter aber sprechen auch wir euch zu, die Gnade Gottes nicht vergeblich zu empfangen.« Mitarbeiter Gottes handeln nicht im eigenen Namen, und ihr Wort ist Gottes Wort; nichts anderes verkündigen sie. Hier ist ihr Anliegen, dass die Korinther die Gnade nicht vergeblich empfangen haben mögen, sondern sie dankbar zu schätzen wissen - dem Zusammenhang nach die Gnade der Versöhnung. Mögen sie auch erkennen, dass diese Gnade auch die des Dienstes der Versöhnung einschließt, soll sie doch nicht ohne Auswirkungen bleiben. Dann werden auch sie Gottes Mitarbeiter sein, Gesandte für Christus. -Paulus lebte völlig in der Gnade Gottes; und Seine Gnade, die in ihm wirkte, war nicht vergeblich gewesen; sondern weit mehr als alle anderen mühte er sich, jedoch nicht er, sondern die Gnade Gottes, die mit ihm war (1.Kor.15:10).

Die wohlannehmbare Frist

Vers 2 darf uns deutlich machen, in welch einer segensreichen Zeit wir leben: »Denn Er sagt: Zur annehmbaren Frist erhöre Ich dich, und am Tag der Rettung helfe Ich dir. Siehe, nun ist eine wohlannehmbare Frist; siehe, nun ist ein Tag der Rettung!« Paulus greift ein Wort aus Jesaia 49:8 auf, das an den Gottesknecht, den Messias, in Bezug auf Israels

Zukunft gerichtet ist. Aber auch uns wird eine annehmbare Frist zuteil und Hilfe am Tag unserer Rettung. Und zwar leben wir in dieser Frist; es ist die heilsgeschichtliche Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3 :2). Siehe, nimm es wahr, lieber Bruder und liebe Schwester in Christus Jesus, nun ist eine wohlannehmbare Frist, nun herrscht die Gnade, nun erfüllt uns die Versöhnung mit Gott. Die Feindschaft mit Gott ist beendet, Frieden mit Gott haben wir nun. Christus hat uns im Körper Seines Fleisches mit Gott ausgesöhnt, um uns heilig, makellos und unbeschuldbar vor Seinem Angesicht darzustellen (Kol.1:22). Wir erfreuen uns unserer Rettung und preisen Gott und uns glückselig! Mit Freuden auch sagen wir in dieser herrlichen Gnadenzeit, in dieser Atmosphäre des Friedens das Evangelium Gottes über Seinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, weiter. Die herrliche Botschaft der Versöhnung Gottes mit den Menschen können wir doch eigentlich gar nicht für uns behalten und damit vergeblich empfangen haben, denn wovon das Herz voll ist, davon geht uns der Mund über.

Mitarbeiter Gottes geben keinen Anstoß

Aufgrund der Herrlichkeit unseres Dienstes der Versöhnung befleißigen wir uns, ihn unter sorgfältiger Beachtung der Anweisungen unseres geliebten Herrn zu tun und uns dabei ganz einzusetzen bis hin zum Erleiden von Üblem. So schreibt Paulus in den Versen 3 und 4 a: »Keinen Anstoß geben wir, in keiner Weise, damit kein Makel an dem Dienst gefunden werde; sondern in allem empfehlen wir uns selbst als Diener Gottes.« Unanstößig sollen wir uns überall benehmen (1.Kor.10:32) und stets Obacht geben, wie wir genau wandeln, nicht als Unweise, sondern als Weise, indem wir jede Gelegenheit auskaufen, denn die Tage sind böse (Eph.5:15,16); dies gilt auch für unseren Dienst. Mögen wir keinesfalls mit List wandeln noch das Wort Gottes betrügerisch handhaben, sondern uns jedem Gewissen der Menschen durch die Offenbarung der Wahrheit vor den Augen Gottes empfehlen (2.Kor.4:2).

Nicht nur dies, sondern als Versöhnte sollen wir uns selbst als Diener Gottes empfehlen, indem wir in unserer feindlichen Umwelt die Versöhnung darstellen. Es ist zugleich eine Empfehlung für die

Botschaft und für unseren Dienstherrn, wenn wir den Menschen in der Haltung der Versöhnung begegnen und ihnen Gnade gewähren - in dem Maße, wie Gott sie uns gewährte.

In vielem Erdulden

Wenn unsere Herzen auf die Liebe Gottes und das Erdulden des Christus ausgerichtet sind (2.Thess.3:5), sind wir in der Lage, auf die in den Versen 4b und 5 aufgezählten zehn Situationen zu merken, in denen Paulus sich bewähren durfte: »... in vielem Erdulden, in Drangsal, in Nöten, unter Druck, unter Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhren, in Mühsal, im Wachen, im Fasten...« Auch uns wird das eine oder andere in unserem Dienst mehr oder weniger widerfahren. Da die Gnade der Versöhnung unser Herz weit gemacht hat, lassen wir uns nicht erbittern, sondern werden weiterhin unserer Lindigkeit Ausdruck geben, genauer: der Lindigkeit des Christus (2.Kor.10:1).

Mögen wir, wie Paulus es Timotheus empfahl, der Sanftmut im Leiden nachjagen (1.Tim.6:12). Gewiss kann dies nur einer, der in der Gnade fest gegründet ist.

In Lauterkeit

In den Versen 6 und 7a führt der Apostel nun acht innere Qualitäten an: »... in Lauterkeit, in Erkenntnis, in Geduld, in Güte, in heiligem Geist, in ungeheuchelter Liebe, im Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes ...«

In der Lauterkeit sollen wir ein Vorbild werden, wie uns in 1.Timotheus 4:12 geheißen, von reiner Gesinnung, gerecht und »echt«, wie man heute sagt.

In rechter Erkenntnis der Wege Gottes nur empfehlen wir uns als Seine Diener.

In Geduld dürfen wir dienen und ausharren, bis unser Bemühen Frucht trägt. Und sei die Widerspenstigkeit noch so groß - unsere Langmut soll nicht aufhören. Unser Herr Jesus Christus hat an Saulus sämtliche Geduld zur Schau gestellt, allen als Muster, die nun an Ihn glauben (1.Tim.1:16). Geduldig ist die Liebe mit allen (l.Kor.13:4).

3

In Güte dienen wir, milde und freundlich und auf das Heil und Wohl unseres Nächsten bedacht.

In heiligem Geist empfehlen wir uns, nicht fleischgemäß wandelnd, sondern geistgemäß, seine Frucht bringend, welche ist: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Gutheit, Treue, Sanftmut, Selbstzucht (Gal.5:22).

In ungeheuchelter Liebe, sofern wir von der Liebe Gottes erfasst sind.

Im Wort der Wahrheit, nicht in eigener Weisheit, Redekunst oder in Ausübung einer Machtposition. Wir glauben, dass allein das Wort Gottes lebendig und wirksam ist (Heb.4:12).

In der Kraft Gottes dienen wir, gekräftigt in der Gnade und in der Kraft Seines Geistes. Nichts ist dabei aus uns, haben wir doch den Schatz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in irdenen Gefäßen, damit das Außerordentliche der Kraft sich als von Gott und nicht als aus uns erweise (2.Kor.4:6,7).

Die Waffen der Gerechtigkeit

Aber auch in Spannungssituationen wie in den folgenden soll kein Makel an unserem Dienst gefunden werden (Verse 7b bis 10):

»... durch die Waffen der Gerechtigkeit in der Rechten und in der

Linken.« Rechts trägt man die Angriffswaffen, wie Schwert und Speer, links die Verteidigungswaffen, wie den Schild. So verkündigen wir zur Rechten die gerechte Grundlage des Evangeliums, nämlich die Gerechtigkeit Gottes aufgrund des Glaubens Jesu Christi bis zum

Kreuzestod, in welchem alle gerechtfertigt werden, die glauben.

Zugleich aber werden wir zur Linken Ungerechtigkeiten abwehren, also Vernunftschlüsse einreißen und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt (2.Kor.10:4,5), zumal die Liebe sich nicht über die Ungerechtigkeit freut (1.Kor.13:6).

»... durch Verherrlichung und Unehre.« Manche lieben Paulus und geben ihm die Ehre, die ihm als Apostel gebührt; andere erachten ihn für gering, und manche bekämpfen ihn und seine Lehre sogar. Doch Paulus lässt sich dadurch in seinem Wettkampf am Evangelium nicht hemmen (Phil.1:27; 4:3) oder irritieren und kann zum Beispiel schreiben: »Ich will aber sehr gern alles für eure Seelen verbrauchen und mich dabei aufbrauchen lassen, auch wenn ich, der ich euch besonders liebe, minder geliebt werde« (2.Kor.12:15).

»... bei übler Nachrede und Anerkennung.« Der Widerstand gegen das Evangelium des Paulus zeigt sich auch darin, dass die Boten verleumdet werden und man ihren Ruf zu zerstören sucht. Doch viele schätzen Paulus und unterstützen seinen Dienst, wie etwa die Philipper es taten (Phil.1:5; 2:12).

»... als Irreführer und doch wahr.« Wurde schon unser Herr Jesus als Irreführer bezeichnet (Mat.27:63), dann auch Seine Diener. Es kann ja doch nicht stimmen, meinten welche, dass ein Mensch ohne zum Judentum überzutreten gerettet werden kann oder dass man allein durch Glauben gerechtfertigt wird, dass Gott mit den Menschen versöhnt ist und dass er in der Vollendung beim Abschluss der Äonen alle lebendig machen wird - und doch ist es die Wahrheit gemäß dem Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, mit dem Paulus betraut wurde (1.Tim.1:11).

»... als unbekannt und doch erkannt.« Der Welt weitgehend unbekannt, uninteressant für sie, durften die Auserwählten Paulus aber erkennen als den Apostel Christi Jesu, den Herold und Lehrer der Nationen für die gegenwärtige Frist und das Vorbild für den Wandel und Dienst der Heiligen.

»...als sterbend, und siehe, wir leben, als gezüchtigt und doch nicht zu Tode gebracht.« Wie oft erlitt Paulus Schläge, und wie oft war er in Todesgefahr (vgl. 2.Kor.11:23-27), doch nach Gottes Willen war seine Zeit noch nicht gekommen; sein Verbleiben im Fleisch und damit im Dienst der Verbreitung seines Evangeliums und der Festigung der Gläubigen darin war notwendiger (Phil.1:24).

»... als betrübt, aber stets freudevoll.« Große Betrübnis und unablässiger Schmerz war im Herzen des Paulus um seiner Stammverwandten, den Israeliten, willen (Röm.9:2), um der Sünder in Korinth willen (2.Kor.2:1) und zum Beispiel auch wegen der Erkrankung des Epaphroditus (Phil.2:27). Doch Paulus wusste um die Frucht seiner Tränen und darum, dass Gott Sich über allem verherrlichen wird, alles bei Ihm einen Sinn und Zweck hat und Er alles, aber auch wirklich alles in Herrlichkeit in Christus vollenden wird. In der Zuversicht Gottes strömte die Freude in Paulus über bei all seiner Drangsal (2.Kor.7:4).5

»... als arm, aber doch viele reich machend.« Paulus war nicht größer als sein Herr Jesus Christus, der, wiewohl Er reich ist, um unsertwillen arm wurde, damit wir durch dessen Armut reich würden (2.Kor.8:9). Den unausspürbaren Reichtum des Christus (Eph.3:8) hat der Mann, der in Korinth Mangel litt und dennoch niemandem zur Last fiel (2.Kor.11:9), uns verkündigt, uns damit über alle Maßen beschenkend.

»... als solche, die nichts haben und doch alles innehaben.« Wer Christus hat, der hat das Leben!

Mitarbeiter Gottes haben ein weites Herz

O ihr Korinther! Erkennt ihr nun, dass ich eure Kränkungen nicht anrechne, sondern euch im Geist der Versöhnung begegne? Erkennt ihr nun, welch eine Kraft die Gnade hat, sodass ich den Dienst der Versöhnung in ganzer Liebe an euch tue? So schreibt Paulus in den Versen 11 bis 13: »Unser Mund hat sich euch gegenüber aufgetan, ihr Korinther; ist euer Herz auch weit geworden? Nicht eingeengt seid ihr in uns, eingeengt aber seid ihr in eurem Innersten! Als Gegenlohn dafür (wie zu Kindern spreche ich) werdet auch ihr weit!«

Schon der Psalmist sagte: »Auf dem Weg Deiner Gebote werde ich laufen; denn Du weitest mein Herz« (Ps.119:32). Wie viel mehr dürfen wir auf dem Weg der Versöhnung laufen, weil die Gnade unser Herz geweitet hat! Paulus will die Korinther keineswegs beschämen, sondern er versucht sie auf solch eine liebevolle Art zu ermahnen und aufzuerbauen (1.Kor.4: 14; 2.Kor.12:19). Werden wir in Erkenntnis der Liebe Gottes nicht umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, sodass unser Herz mit Erbarmen, Mitleid und Geduld erfüllt wird? Wie Paulus den Korinthern, so werden auch wir gerade den Störrischen geistgemäß begegnen.

Mitarbeiter Gottes arbeiten nicht mit Ungläubigen zusammen

Der Apostel Paulus ermahnt die Heiligen des Weiteren, nicht mit Ungläubigen zusammenzuarbeiten, damit kein Makel an dem Dienst der Versöhnung gefunden werde. Er schreibt in den Versen 14 und 15: »Werdet nicht ungleich gejocht mit Ungläubigen! Denn welche

Teilhaberschaft besteht zwischen Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit, oder welche Gemeinschaft zwischen Licht und Finsternis, oder welche Eintracht zwischen Christus und Beliar? Oder welches Teil hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen?«

Ein Joch Rinder zieht den Pflug gleichmäßig und parallel. Das nach dem Gesetz des Mose verbotene Einspannen von Rind und Esel (5.Mose 22:10) ist ein Elend für beide und führt zu einem schiefen Zug. So soll es bei uns nicht sein; wir sollen Acht geben, dass wir uns nicht mit Ungläubigen verbinden. Gewiss sind wir in Schule, Beruf, Gesellschaft und Staat mit Ungläubigen zusammen und wer etwa hätte keine ungläubigen Verwandten, doch darum geht es hier nicht, zumal es Gottes Wille ist, dass wir unseren Verpflichtungen in all den gegebenen Unterordnungs-, Abhängigkeits- und Vertragsverhältnissen, sei es als Angestellter, Mieter oder Bürger, nachkommen und die familiären Beziehungen pflegen. Wir können ja auch Einladungen von Ungläubigen annehmen und mit ihnen essen (1.Kor.10:27). Es geht um das Werk des Herrn; es geht um die Gemeinschaft im Dienst des Herrn. Es geht um die geistliche Übereinstimmung, um Gott wohlgefällige Ziele zu erreichen. Und eben diese dafür erforderliche, gemeinsame geistliche Ausrichtung liegt bei der Zusammenarbeit mit Ungläubigen nicht vor.

Zur Klarstellung sei gesagt, dass es hier nicht das Thema ist, wie wir uns als Sklaven Christi unter Kollegen und Nachbarn verhalten und das Wort Gottes bekannt machen sollen, sondern mit wem zusammen wir diesen Dienst tun. Und doch, selbst dann, wenn es nur um den Beruf zu gehen scheint, wird ein freiberuflich Tätiger, der sich seinen Geschäftspartner aussuchen kann, dies wohl überlegen müssen, denn wenn dieser nach anderen Maßstäben handelt, wird ein schlechtes Licht auch auf den Gläubigen fallen. Zwischen Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit besteht eben keine Teilhaberschaft. Und Licht und Finsternis hat Gott doch schon bei der Wiederherstellung der Erde geschieden, uns damit auch eine geistliche Lehre erteilend.

Einst waren wir Finsternis, denn wir waren unvernünftig, widerspenstig, verirrt, sklavten mancherlei Begierden und Genüssen, vollführten unser Leben in üblem Wesen und in Neid, waren abscheulich und hassten einander (Tit.3:3), nun aber sind wir Licht in dem Herrn, bringen die Frucht des Lichts, nämlich alle Gutheit, Gerechtigkeit und Wahrheit, und prüfen, was dem Herrn wohlgefällig ist. An den unfruchtbaren Werken der Finsternis nehmen wir nicht teil (Eph.5:8-11). Wie sollte man gemeinsam mit einem Menschen der Finsternis, einem gnaden- und versöhnungslosen, den Dienst der Versöhnung tun können?

Christus oder Beliar

Oder welche Eintracht besteht zwischen Christus und Beliar? - Beliar ist ein Synonym für Satan, ein Wort ähnlicher Bedeutung, bezeichnet aber keine Person, sondern die Niedertracht, Bosheit, Widersetzlichkeit und Zersetzung als Prinzip des Handelns. Dies ist mit uns, die wir Christus angehören und Seinen Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft haben, nicht auf einen Nenner zu bringen. Christus harmoniert nicht mit dem glaubenslosen Christentum, der christuslosen Religion, die nicht erkennt, dass in Christus alles zu unserer Rettung geschehen ist und wir in Ihm begnadet, gesegnet und vervollständigt (Kol.2:10) sind, sondern den Segen Gottes - Christus ablehnend - durch eigene Werke oder Rituale erlangen will.

Was die Ehe betrifft

Es ist in diesem Abschnitt zwar nicht von der Ehe die Rede, dennoch aber sei kurz darauf eingegangen. Wer verheiratet ist, löse sich nicht von dem ungläubigen Ehepartner (1.Kor.7:27). Es heißt schließlich nicht: »Seid nicht«, sondern »werdet nicht ungleich gejocht mit Ungläubigen!« Wer aber noch unverheiratet ist, lege also größten Wert darauf, einen gläubigen Ehepartner zu finden, denn welches Teil hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? Eines Geistes Kinder zu sein, und zwar des Geistes Gottes, ist ein Segen. Eine Ehe zweier gläubiger Menschen ist ein besonderer Segen und ihre Dienstgemeinschaft im Herrn ein weiterer, großer Segen für ihre Mitmenschen. Nur sie können übrigens auch das Geheimnis der Ehe darstellen, nämlich das Einssein des Christus und Seiner Gemeinde sowie Seine Liebe und ihre Unterordnung (Eph.5:22-33).

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Ihr seid der Tempel Gottes

Die letzte der Fragen lautet (Vers 16): »Oder wie verträgt sich der Tempel Gottes mit den Götzen? Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, so wie Gott gesagt hat: Ich werde ihnen innewohnen und unter ihnen wandeln, Ich werde ihr Gott sein, und sie werden Mein Volk sein.« Welch ein eindrückliches Bild, und welcher Abscheu muss sogar manchen Weltmenschen beim Anblick eines Götzenbildes im Tempel zu Jerusalem befallen! Möge unser Gott und Vater unseren Sinn dafür mehren, das Seelische vom Geistlichen zu unterscheiden. Zu diesem Zweck ist es nötig, sich reichlich mit dem Wort Gottes zu ernähren, denn »das Wort Gottes ist lebendig, wirksam und schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Teilung von Seele und Geist sowie von Gelenken als auch Mark; es ist Richter der Überlegungen und Gedanken des Herzens« (Heb.4:12).

Was für Israel eine Verheißung ist - Paulus zitierte nach 3 .Mose 26:11,12 -, ist für uns bereits Tatsache; wir wissen, dass unser Körper ein Tempel des heiligen Geistes in uns ist (1.Kor.3:16); was hat ein Götze da noch zu suchen? Wir sind Heilige, für Gott Abgesonderte!

Heiligt euch!

Die Tatsache, dass Gott in uns wohnt und wir somit geheiligt sind, erfordert entschiedene Konsequenzen. Wir lesen von ihnen und ihren Verheißungen in den Versen 17 und 18: »Darum kommt aus ihrer Mitte heraus und sondert euch ab, sagt der Herr. Rührt nichts Unreines an, und Ich werde euch Einlass gewähren. Ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet Mir zu Söhnen und Töchtern sein, sagt der Herr, der Allgewaltige.«

Der Apostel Paulus bringt hier die Aussage der hebräischen heiligen Schriften unter Heranziehung von 2. Samuel 7:14, Jesaia 52:11 und Jeremia 11:9 auf die Höhe seines Themas. Was Israel unter anderen Umständen tun und erleben wird - die Absonderung und die Sohnschaft - soll von uns heute vollzogen und darf von uns heute erfahren werden. In der Endzeit wird Israel eine Stimme aus dem Himmel sagen hören: »Kommt heraus aus ihr, Mein Volk, damit ihr nicht an ihren Sünden teilnehmt und damit ihr nichts von ihren Plagen erhaltet« (Off.18:4). Gemeint ist Babylon, das Zentrum des abtrünnigen Israel. Nicht nur durch die äußeren Handlungen sollen sie sich absondern, sondern sich in der Tiefe ihres Herzens heiligen. Dann werden sie Gott als ihren treusorgenden Vater in kraftvollem Zuspruch und der Erfüllung aller Verheißungen erfahren.

Hören wir hierzu die Ermahnung von Hebräer 13:12,13:»... Jesus hat, damit Er das Volk durch Sein eigenes Blut heilige, außerhalb des Tores gelitten. So sollten wir nun zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, und Seine Schmach tragen.«

Auch uns wird gesagt: »Haltet euch fern von allem, was böse aussieht« (1.Thess.5:22). Und auch wir werden ermahnt: Kommt aus ihrer Mitte heraus! Unsere Heiligung ist mithin nicht nur eine Sache der Herzenseinstellung, sondern erfordert konkrete äußere Schritte. Sollen wir uns doch gründlich reinigen, hinweg von den hölzernen und irdenen Gefäßen, denen zur Unehre, die sich im großen Hause der Gemeinde Christi neben den goldenen und silbernen Gefäßen, denen zur Ehre Gottes, nun auch befinden, denn nur dann werden wir Geräte zur Ehre sein, geheiligt und dem Eigner wohl brauchbar, für jedes gute Werk zubereitet (2.Tim.2:20,21). Von jedem Bruder, der unordentlich wandelt und nicht den Überlieferungen des Paulus gemäß, sollen wir uns abseits stellen (2.Thess.3:6). Diejenigen, die neben der Lehre, die wir von Paulus lernten, Zwistigkeiten und Fallstricke verursachen, sollen wir meiden (Röm.16:17).

Es ist unsere Aufgabe zu prüfen, mit welchen Menschen und Organisationen wir verbunden sind, die zwar einen biblischen Anspruch erheben, den Geist der Heiligkeit aber vermissen lassen. Mit welchen Institutionen meinen wir im Dienst des Herrn zusammenarbeiten zu müssen, die aber neben dem Licht Finsternis, neben Christus Beliar und neben dem Glauben Unglauben gelten lassen?

Wenn wir uns gründlich reinigen und notwendige Trennungen, so schmerzlich sie sein mögen, vollziehen, dann werden wir erfahren, dass unser herrlicher Gott und Vater uns in überfließendem Maße mit Frieden und Freude erfüllen wird, ebenso wie Er uns auch neue Aufgaben zuweisen wird. Wir werden uns unseres gesegneten Sohnesstandes in vertiefter und beglückender Weise innewerden. Noch mehr wird die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi in unseren Herzen aufleuchten, sodass wir in der Dankbarkeit und Anbetung überströmen. Wir werden unsere volle Genüge im Vater haben, der uns alles sein will und zunehmend werden wird.

Vollendet eure Heiligkeit!

Wir kommen zum abschließenden Höhepunkt der Ermahnungen für Gottes Mitarbeiter im Dienst der Versöhnung, zu Kapitel 7, Vers 1: »Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, wollen wir uns von jeder Besudelung des Fleisches und auch des Geistes reinigen und unsere Heiligkeit in der Furcht Gottes vollenden.« Die Verheißung, Söhne und Töchter des Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus in vollendeter Gemeinschaft, Harmonie und Liebe sein zu dürfen, beflügelt uns zu durchdringender Heiligung. Zudem ist es die Gnade, die uns erzieht, alle Unfrömmigkeit abzulegen (Tit.2:12).

Unsere Heiligkeit ist zunächst unvollkommen - nicht die Tatsache unserer von Gott geschenkten Heiligkeit, sondern die praktizierte Heiligkeit, das Leben als Heilige. Das hier gebrauchte griechische Wort für Heiligkeit lautet »Heilig-Zusammenheit«. Es geht also darum, der Tat Gottes entsprechend zu wandeln, was uns in dieser wohlannehmbaren Frist leicht fallen sollte, denn das Wort der Versöhnung hat unser Herz weit gemacht. Unser Friede und unsere Freude hängen nicht nur davon ab zu wissen, dass wir geheiligt sind - dem Gnadenstand nach -, sondern dass wir auch in der Heiligung leben.

Mithin hören wir mit jeder Besudelung auf, nicht nur des Fleisches durch Ehebruch, Hurerei und Unreinheit, sondern auch des Geistes durch alles, was der Gesinnung Christi Jesu und der Erneuerung unseres Denksinns entgegensteht, wie zum Beispiel Dinge der Finsternis, schlechte Bücher und Filme, Stolz und Hochmut, aber auch Philosophie und andere leere Verführungen gemäß der Überlieferung der Menschen (Kol.2:8). Wir werden auch die Jochgemeinschaft und Zusammenarbeit mit Menschen und Einrichtungen vermeiden oder lösen, die uns zur Teilnahme an unheiligen Werken verleiten könnten.

Der beste Schutz vor der Besudelung des Fleisches und des Geistes ist das Wissen um die Innewohnung Gottes, den wir nicht kränken, dessen Geist wir nicht betrüben wollen.

In der Furcht Gottes sollen wir unsere Heiligkeit vollenden. Wir fürchten Gott in dem Sinne, dass wir Ihm gegenüber nichts versäumen wollen. Unsere heilige Scheu und Ehrfurcht bringen uns dazu, unseren Dienst gewissenhaft auszurichten. Gottesfurcht ist eine Grundlage unseres Verhältnisses zu Ihm, ja »die Furcht Jewes ist der Weisheit Anfang« (Spr.9:10; Ps.111:10).

Da Gott es ist, von dem alles kommt, darf es unser wiederholtes Gebet sein, dass wir unsere Heiligkeit vollenden, indem wir unserer herrlichen Berufung als Seine Söhne und Töchter gemäß wandeln zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters, der uns zum Ziel bringen wird. Somit sei abschließend mit 1.Thessalonicher 5:23 gesagt: »Er Selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch ganz und gar!«

 

Die Betrübnis nach dem Willen Gottes

(2.Korinther 7:2-16)

 

Die Sachlage

 

Der Apostel Paulus schreibt an die Korinther: »Gebt uns Raum in euren Herzen! Niemandem haben wir Unrecht getan, niemand ins Verderben gebracht, niemand übervorteilt« (Vers 2). Was war vorgefallen? In großer Betrübnis über die Zustände in der Gemeinde war Paulus von Ephesus aus kurze Zeit in Korinth gewesen (2.Kor.2:1). Nach seiner Rückkehr schrieb er ihnen aus großer Herzensdrangsal und -beklemmung unter vielen Tränen einen strengen, ermahnenden Brief (der uns nicht überliefert ist), nicht um sie zu betrüben, sondern damit sie die Liebe des Paulus zu ihnen erkennen (Kap.2, Vers 4) und in diesem Licht nicht mehr an dem Apostel zweifeln sollten, der ihnen das für ihre Herzen wohl zu herrliche Evangelium der überströmenden Gnade Gottes verkündigte. Dann hatte er Titus nach Korinth gesandt, um zu erfahren, wie sie den Tränenbrief aufgenommen und ob sie die Ordnung in der Gemeinde wiederhergestellt haben. Einige Zeit später reiste er nach Troas, um Titus dort zu treffen, fand ihn aber nicht, sodass sein Geist hinsichtlich der Korinther keine Entspannung erfuhr und er nach Mazedonien weiterzog, Titus entgegen (Kap.2, Verse 12+13). Dort konnte Titus ihm freudig berichten, dass sein Brief die Korinther zur Umsinnung geführt hat.

Und nun schreibt Paulus den zweiten Korintherbrief aus der Freude seines Herzens, auch wenn er sie noch zu vertiefter Erkenntnis ihrer mancherlei Fehlhandlungen führen muss. »Gebt uns Raum in euren Herzen!« Begreift uns! Wir traten deshalb nicht gewichtig auf, auf unser Apostelamt pochend und mit der Rute, sondern schonten euch, weil wir auf die Wirksamkeit der Gnade vertrauten ebenso wie auf unser Vorbild der Versöhnung euch gegenüber. So schreibt Paulus, statt den Korinthern ihr Unrecht vorzuwerfen: »Niemandem haben wir Unrecht getan.« Erkennt ihr, dass ihr dies mir gegenüber nicht sagen könnt? Ich bin aber mit euch versöhnt, euch zugute.

Ihr seid in unseren Herzen

 

So versichert Paulus in Vers 3: »Nicht um zu verurteilen sage ich dies; denn ich habe schon zuvor betont, dass ihr in unseren Herzen seid, mitzusterben und mitzuleben.« Der zweite Korintherbrief ist der Brief der praktizierten Versöhnung. Was die Korinther Paulus angetan haben, ruft nicht ihre Verurteilung durch ihn hervor, sondern lässt die Gnade der Versöhnung in ausgesprochener Weise hervortreten. Dass die Korinther im Herzen des Paulus sind, hat er schon in Kapitel sechs, Verse 11 und 12, zum Ausdruck gebracht: »Ist euer Herz auch weit geworden? Nicht eingeengt seid ihr in uns!« Schließlich ist Paulus ihr Vater, denn in Christus Jesus hat er sie durch das Evangelium gezeugt (1.Kor.4:15).

Doch rechte, herzliche Gemeinschaft der Gläubigen ist erst dann möglich, wenn man mitgestorben ist, um sodann mitleben zu können. Nur wer erkannt hat, dass wir zusammen mit Christus gekreuzigt sind, die alte Menschheit also nichts mehr zu melden hat, und auch zusammen mit Paulus bereit ist, sich selbst völlig zurückzunehmen, den Zerbruchsweg zu gehen, zu erdulden, nur der lebt nicht mehr aus seiner Schwachheit mit all ihren Mängeln, sondern aus der Kraft Gottes. Das Leben Jesu soll ja in unserem sterbenden Fleisch offenbar werden (2.Kor.4:7-12). Dann erst leben wir, und zwar mit Christus, aber auch die Korinther damals mit Paulus und wir heute miteinander, indem wir uns von Herzen einander annehmen.

Überströmende Freude

 

Paulus fährt fort: »Groß ist mein Freimut euch gegenüber, groß ist mein Rühmen über euch, ich bin erfüllt mit Zuspruch, Freude strömt in mir über bei all unserer Drangsal« (Vers 4). Die guten Nachrichten des Titus über die Gläubigen zu Korinth veranlassen Paulus, diesen Reaktionen Ausdruck zu geben. Groß ist sein Freimut, mit nichts hält er zurück, er offenbart ihnen sein Herz, und zwar mit diesem aus dem Geist der Versöhnung in aller Offenheit geschriebenen Brief.

Groß ist des Paulus Rühmen über die Korinther. Seine Mühe um sie hat Frucht gebracht. Wohl bewirkte nicht er dies, sondern das Evangelium des Christus, das ihn bewegte.

Paulus ist erfüllt mit Zuspruch. Dass die Heiligen in Korinth zur Umsinnung gefunden haben, das Aposteltum des Paulus erkennen und anerkennen und damit sein Evangelium festhalten, ist ihm die Erfüllung seines Herzensanliegens und die kraftvolle Stärkung.

Voller Freude ist Paulus, nachdem er seiner Sorgen enthoben ist, ja sie strömt gerade auf dem Hintergrund seiner wegen der Korinther durchlebten Drangsal sogar über.

In allem bedrängt

 

Zu seiner Drangsal führt er näher aus: »Denn auch als wir nach Mazedonien gekommen waren, hatte unser Fleisch keine Entspannung, sondern wir wurden in allem bedrängt, von außen Kämpfe, inwendig Befürchtungen« (Vers 5). Bis er Titus in Mazedonien angetroffen hatte, hatte er keine Ruhe gefunden, was sich auch körperlich auswirkte, vielleicht bis in den Schlaf hinein. Von außen Kämpfe - es sprachen ihn ja welche auf die Korinther an; wahrscheinlich machte der eine oder andere ihm Vorhaltungen oder wollte sogar mit ihm zanken. Inwendig Befürchtungen - angesichts der Erfahrungen mit den Korinthern, die in mannigfaltiger Weise fleischlich wandelten, dem seelischen Menschen gemäß (1.Kor.3:3), nicht unbegründet.

Gott spricht den Demütigen zu

 

Durch die Verse 6 und 7 erfahren wir des Weiteren: »Doch Gott, der den Demütigen zuspricht, hat auch uns durch die Anwesenheit des Titus zugesprochen, nicht allein aber durch seine Anwesenheit, sondern auch durch den Zuspruch, mit dem ihm bei euch zugesprochen wurde. Er tat uns eure Sehnsucht nach mir kund, euer Wehklagen, euren Eifer für mich, sodass ich mich umso mehr freute.« Titus selbst hatte es als Zuspruch erlebt, dass die Gemeinde Sehnsucht nach ihrem Glaubensvater bekommen hat, Wehklagen sie wegen ihrer Ungerechtigkeit und Undankbarkeit Paulus gegenüber erfasst hatte und sie nun eifrig bemüht sind, das Verhältnis zu ihrem Apostel in Ordnung zu bringen. So freute sich Paulus nun doppelt, nämlich über den Zuspruch, den Titus erfahren hatte, und über den, den er nun auch empfangen durfte.

Den Demütigen spricht Gott zu, den Stolzen widersetzt Er Sich (Spr.3:34; Jak.4:6; 1.Pet.5:5). So hatte Sich unser treuer Gott und Vater der beiden demütigen Männer angenommen, die ihr Vertrauen auf Ihn gesetzt und Ihn flehentlich für die Korinther gebeten hatten und nicht etwa meinten, sie könnten sie aus eigener Überzeugungskraft zur Umsinnung bewegen. - In Demut sollen auch wir allezeit wandeln; nur dies ist unserer überhimmlischen Berufung in der Gnade würdig (Eph.4:2). In Demut soll einer den anderen sich selbst für überlegen erachten (Phil.2:3).

Paulus bereut seinen Brief nicht

 

Paulus schreibt weiter: »Denn wenn ich euch auch im vorigen Brief betrübt habe, so bereue ich es nicht, wenn ich es auch bereute. Denn ich sehe, dass euch jener Brief, wenn auch nur für eine Stunde, betrübt hat« (Vers 8). Ja, sein Brief hat die Korinther betrübt. Doch das war nicht das bleibende Ergebnis, sondern die Durchgangsstation. Und Paulus bereut es nicht, wenn ihm auch zeitweise Bedenken gekommen waren.

Zur Umsinnung betrübt

 

Und nun erfahren wir das Ergebnis in den Versen 9 und 10: »Nun freue ich mich, nicht weil ihr betrübt wurdet, sondern dass ihr zur Umsinnung betrübt wurdet. Denn ihr wurdet nach dem Willen Gottes betrübt, sodass euch in keiner Weise etwas durch uns verwirkt wurde. Denn die Betrübnis nach dem Willen Gottes bewirkt Umsinnung zu einem unbereubaren Heil, die Betrübnis der Welt aber bewirkt Tod.«

Beweggrund jeder Maßnahme der Gemeindezucht darf nur die Trauer sein, die Trauer über die, die gesündigt haben (vgl. 2.Kor.12:21). Nur dies entspricht der Liebe. Wiederum entspricht es der Liebe, nicht etwa die Augen zu schließen, sondern die in den Schriften des Apostels Paulus angeordneten Maßregeln zu ergreifen, so schmerzlich sie auch sein mögen (vgl. 1.Kor.5:11-13; 2.Thess.3:6; 2.Tim.2:21). Paulus hatte den Finger auf die Wunde gelegt: Da hatte einer des Paulus Aposteltum angegriffen, und die Gemeinde hatte ihm nicht gewehrt; des Paulus ganze Arbeit war dadurch in Frage gestellt. Die Gemeinschaft zwischen dem Apostel und der Gemeinde war untergraben. Deshalb hatte er ihnen unter vielen Tränen geschrieben, nicht um recht zu behalten oder als Apostel aufzutrumpfen, sondern damit sie seine Liebe zu ihnen erkennen mögen und daran die Herrlichkeit des von ihm verkündigten Evangeliums der Versöhnung und daran wiederum die Echtheit seines Aposteltums.

Die den Korinthern in dieser Geisteshaltung zugefügte Betrübnis war nach dem Willen Gottes und damit zum Gewinn. Der herrliche geistliche Gewinn war die Umsinnung der Gläubigen zu einem unbereubaren Heil, die Sinnesänderung zur Rettung aus dem Zerwürfnis und zur Wiederherstellung der Gemeinschaft mit ihrem Apostel, sowie die erneute Freude an dem Paulus für die Nationen und die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung eigens enthüllten Evangelium (Gal.1:12; 2:7; Eph.3:2; Kol.1:25).

Die Betrübnis der Welt durch ihre Gewalttätigkeit und Ungerechtigkeiten dagegen wie auch durch weltliches Verhalten von Heiligen bewirkt Bedrückung, Furcht, Verbitterung, Gegengewalt, Resignation, Tod. In rechter Weise ermahnte und zur Umsinnung gebrachte Gläubige aber erfahren ihr Leben in Christus Jesus in neuer Qualität.

Der Fleiß und die Lauterkeit der Korinther

 

Mit Vers 11 blickt Paulus auf den Entscheidungsprozess der Korinther zurück, auf ihre Krisis: »Denn siehe, gerade dies, euer gottgemäßes Betrübtsein, wie viel Fleiß hat es in euch bewirkt, sogar Verteidigung, sogar Entrüstung, sogar Furcht, sogar Sehnsucht, sogar Eifer, sogar Rache! In allem habt ihr euch in dieser Sache als lauter erwiesen.«

Was hat ihr gottgemäßes Betrübtsein nicht alles hervorgerufen:

- Fleiß: Jetzt galt es zu prüfen, was geistlich und was seelisch ist; jetzt

konnte man die Sache nicht einfach laufen oder auf sich

beruhen lassen, sondern musste eine engagierte Entscheidung

erarbeiten;

- Verteidigung: Da mögen wohl einige sich selbst verteidigt haben, da sie

das Unrecht nicht von ganzem Herzen mitgetragen hätten,

dann aber verteidigten sie alle den Dienst des Paulus

gegenüber dem Unrechttuenden;

- Entrüstung: Sie entrüsteten sich über die Sünde, über sich selbst, über

den und die Feinde des Apostels und seines Evangeliums;

- Furcht: Furcht vor weiteren Verfehlungen, die sie unbedingt vermeiden

wollen; Furcht davor, Paulus noch mehr weht zu tun;

- Sehnsucht: Sie verlangten nach der Wiederherstellung der

Gemeinschaft mit ihrem Apostel;

- Eifer: Nun wollten sie aber auch nichts versäumen und alles wieder

gutmachen;

- Rache: Rache an dem, der Paulus bekämpft hatte. Doch einer solchen

Handlungweise hatte Paulus schon in Kapitel 2, Verse 6-8,

Einhalt geboten: »Für einen solchen ist dieser Verweis genug,

den ihm die Mehrzahl von euch erteilt hat, sodass ihr im

Gegenteil ihm nun vielmehr Gnade erweisen und zusprechen

könnt, damit ein solcher nicht etwa von übermäßiger Betrübnis

verschlungen werde. Darum spreche ich euch zu, Liebe gegen

ihn walten zu lassen.« - Das ist Versöhnung!

In allem hatten die Korinther sich in dieser Sache als lauter erwiesen, denn die drängende Entscheidungssituation hatte klar zutage treten lassen, was in ihrem Herzen war. Keiner konnte mehr vertuschen oder beschönigen, sondern jeder musste eindeutig Stellung beziehen. Und unser treuer Gott und Vater schenkte es, dass sie sich des Wertes des Apostels Paulus und seines Evangeliums bewusst wurden und es erneut ergriffen.

Dass der Fleiß der Korinther hervortrete, war nach Vers 12 mit ein Grund, den betrübenden Brief zu verfassen: »Wenn ich euch schrieb, so was es demnach nicht wegen des Unrechttuenden, ja nicht einmal wegen des Geschädigten, sondern deswegen, damit euer Fleiß für uns bei euch vor den Augen Gottes offenbar werde.« Sie sollten also Stellung beziehen. Ihre schwache, geschwächte oder verlorengegangene Herzenstreue sollte sich wieder erweisen können. In Kapitel 2, Vers 9, war bereits zu lesen: »Denn auch dazu habe ich euch geschrieben, damit ich eure Bewährtheit erkenne, ob ihr in allem gehorsam seid.« Der Brief musste nun einmal Reaktionen hervorrufen.

Paulus hatte ihn nicht wegen des Unrechttuenden, der ihn und sein Aposteltum angegriffen und die Korinther abspenstig gemacht hatte, geschrieben, auch nicht wegen des Geschädigten; dieser war Paulus selbst. Denn Paulus ging es nicht um sich, sondern dass Christus in den Korinthern Gestalt gewinne. Vor den Augen Gottes, im Bewusstsein, dass sie allezeit vor Gottes Angesicht sind, wo man nichts verstecken und nichts im Dunkeln lassen kann, sollten die Korinther zum Lichtglanz der Erkenntnis der wahren geistlichen Tatsachen kommen und die geistliche Ordnung nach dem von Paulus verkündigten Evangelium wiederherstellen.

Paulus zum Zuspruch

 

Der Apostel schreibt weiter: »Deshalb wurde uns zugesprochen; doch bei dem, was uns zum Zuspruch gereichte, haben wir uns umso mehr und besonders über die Freude des Titus gefreut, weil sein Geist von euch allen beruhigt wurde« (Vers 13). In vielfältiger Weise war Paulus zugesprochen worden, nach Vers 6 dadurch, dass er demütig war und durch die Anwesenheit des Titus, nach Vers 7 durch den Zuspruch, den Titus bei den Korinthern erfahren hatte, und durch ihre Sehnsucht nach Paulus, ihr Wehklagen um ihn und ihren Eifer für ihn, insbesondere aber, dass ihre Betrübnis nach dem Willen Gottes ihre Umsinnung zu einem unbereubaren Heil bewirkt hatte (Vers 9+10). Ihre Lauterkeit und ihr Fleiß waren ihm ebenfalls ein Zuspruch (Verse 11+12).

Ein weiterer Zuspruch wurde Paulus dadurch zuteil, dass er sich nun mitfreuen kann über die Freude des Titus, der in der Beklommenheit seines Herzens nach Korinth gereist war, mit Widerspenstigkeit und Ungehorsam rechnend. Des Titus Geist aber erfuhr Beruhigung und Entspannung. Er kann sich nur noch freuen, denn sein Geist war erquickt worden, und Paulus darf sich mit ihm freuen. Dank aber sei Gott für dieses Geschenk!

Des Apostels Rühmen

 

In Bezug auf Titus fährt Paulus in Vers 14 fort: »... denn wenn ich ihm gegenüber etwas von euch gerühmt habe, bin ich nicht zuschanden geworden, sondern wie wir alles zu euch in Wahrheit gesprochen haben, so hat sich auch unser Rühmen vor Titus als Wahrheit erwiesen.« Paulus freut sich auch deshalb über die Entspannung des Titus, denn er hatte ihn trotz seiner Befürchtungen zu dem riskanten Dienst entsandt und dabei noch die Korinther gerühmt in der starken Hoffnung, dass sein Tränenbrief sie zur Umsinnung geführt haben müsste, zumal die Liebe Christi und die Gnade Gottes doch die Kraft haben, die Gläubigen von Grund auf zu ändern und zu erziehen, die Unfrömmigkeit und die weltlichen Begierden abzulegen, sodass sie vernünftig, gerecht und fromm in dem jetzigen Äon zu leben vermögen (Tit.2:11,12), Gott zum Wohlgefallen und dem Apostel zum Aufatmen.

Ob aber der Erziehungsprozess der Gnade bei den Korinthern schon seine Frucht gebracht hat? (Selbst heutzutage haben manche Gläubige noch nicht einmal die Gnade erkannt, in der sie stehen. Sie meinen, ihre Entscheidung für Gott sei das Tor zur Gnade gewesen und sie müssten ihren Gnadenstand durch edle Werke befestigen.) Ob die in Korinth die Liebe gespürt haben, in der Paulus den ermahnenden Brief geschrieben hatte? Doch Paulus ist darin, dass er die Korinther vor Titus gerühmt hatte, nicht zuschanden geworden, weder vor Titus noch überhaupt, denn er hatte Gottes Willen gemäß gehandelt und als der wahre Apostel und Hirte mit ganzem Einsatz an der Gemeinde gewirkt, ihnen sein von der Versöhnung erfülltes Herz ausschüttend.

Warum hat Paulus nicht an den Unrechttuenden persönlich geschrieben, sondern die Gemeinde beteiligt? Nicht nur, weil die gesamte Gemeinde in die Sache hineingezogen war, sondern damit sie die geistliche Arbeit des Prüfens leiste, ihre Sinne für Gefahren geschärft würden und sie einen festen Glaubensstand erringen sowie ihre Treue gegenüber ihrem Apostel erweisen könnte. Ihre übrigen Probleme, wie zum Beispiel Hader und Spaltungen, könnten bei dieser Gelegenheit mit bewältigt werden.

Des Titus Freude

 

In Vers 15 schreibt Paulus von Titus weiter: »Und seine innerste Freude strömt in besonderer Weise zu euch über, wenn er sich an euer aller Gehorsam erinnert, wie ihr ihn mit Furcht und Zittern aufgenommen habt.« Der Tränenbrief hatte schon seine Wirkung getan, die Korinther hatten bereits Einsicht in ihr Fehlverhalten gewonnen, sodass der Abgesandte des Paulus in gefasster Herzenshaltung empfangen wurde und Furcht und Zittern über die Person des Titus hinausgingen auf den Gehorsam gegenüber dem Evangelium Gottes über Seinen Sohn, ja gegenüber dem Herrn der Gläubigen Selbst, Christus Jesus. Auf dieser Basis konnte Titus sodann vertiefende Klarstellungen herbeiführen und die Gemeinde wieder auf den festen Grund der Wahrheit stellen. So ist Titus nun den Korinthern von ganzem Herzen zugeneigt.

Paulus ist ermutigt

 

Mithin kann der Apostel diesen Abschnitt seines Briefes mit den Worten schließen. »Ich freue mich, dass ich durch euch in allem ermutigt werde« (Vers 16). Selbstverständlich hat der herrliche und treue Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus das erfreuliche Ergebnis bewirkt. Jede Frucht ist ja nur durch Christus, damit die Verherrlichung, der Dank und der Lobpreis Gott gegeben werde (Phil.1:11). Gleichwohl schreibt Paulus, dass er durch die Korinther in allem ermutigt ist, denn er will ihnen damit sein Vertrauen aussprechen und auch ihnen zusprechen. Auch alle anderen Aufgaben wird diese Gemeinde nun im Dienst des Evangeliums erfüllen könne. Auf diese Gemeinde kann er sich verlassen. Und jetzt kann er auch mit den folgenden Kapiteln 8 und 9 die Sammlung für die verarmten Heiligen in Jerusalem erneut ansprechen (1.Kor.16:1-4), die während der Zeit des Konflikts stagniert hatte.

 

Die Gnade des Gebens

(2. Korinther 8)

 

Der Apostel Paulus hatte die Korinther in seinem ersten Brief aufgefordert, sich an der Sammlung der Gemeinden aus den Nationen für die Armen unter den Heiligen in Jerusalem zu beteiligen (1.Kor.16:1-4). Dazu waren die Korinther auch bereit, doch wegen der Zustände in der Gemeinde und ihren Zweifeln am Aposteltum des Paulus und damit auch an seinem Evangelium war die Sache nicht vorangekommen. Der inzwischen ergangene ermahnende Brief des Paulus, der so genannte Tränenbrief (2.Kor.2:4), hatte die Gläubigen zur Umsinnung geführt. Nun ist das Verhältnis zwischen dem Apostel und der Gemeinde wieder in Ordnung, sodass er die Sammlung erneut ansprechen kann.

Die Wirksamkeit der Gnade in Mazedonien

 

Wir lesen in Kapitel acht, Verse 1 und 2: »Wir machen euch nun, Brüder, mit der Gnade bekannt, die Gott in den herausgerufenen Gemeinden Mazedoniens gegeben hat: in Drangsal vielfach bewährt, fließt das Übermaß ihrer Freude bei ihrer tiefen Armut in den Reichtum ihrer Großmut über.« Alles ist Gnade: unsere Auserwählung und Berufung, unser Glaube, unsere Rechtfertigung und Versöhnung, aber auch die Frucht, die wir in unserem Wandel und Dienst bringen. Die Gnade erzieht uns, Unfrömmigkeit und Untugenden abzulegen und vernünftig, gerecht und fromm (d. h. Gott wohlverehrend) in dem gegenwärtigen bösen Äon zu leben (Tit.2:12). Die Gnade ist es auch, die uns bewegt, unsere Kraft und Zeit, unsere Fähigkeiten und unser Geld im Dienst des Herrn einzusetzen. Ja, wir möchten als gesegnete Empfänger der reichen geistlichen Gaben den Segen in Dankbarkeit weitergeben, indem wir das Evangelium des Apostels Paulus bekannt machen und auch ganz praktische Hilfe leisten oder sie finanzieren - die Liebe des Christus drängt uns dazu.

Bei den Heiligen in Mazedonien hatten die frohe Botschaft und die empfangene Gnade so gewirkt, dass Gott ihnen die weitere Gnade des Gebens gewähren konnte. Es ist nämlich ein Gnadengeschenk, zu der Herzenshaltung zu gelangen, dienen zu dürfen und dienen zu wollen. Diese Frucht ist nicht aus uns, sondern durch Christus Jesus, unseren Herrn.

Wie kann Drangsal dazu beitragen, dass die Freude überfließt? Die Mazedonier haben erfahren, und zwar gerade in Drangsalen, wo ihnen vieles genommen wurde oder in Gefahr war, welch eine Gotteskraft das Evangelium ist, welch ein Schatz es ist, die Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi erkannt zu haben. Die Freude darüber brachte bei ihrer tiefen Armut (und daher mitfühlen könnend) ihre Großmut hervor, ihre Bereitschaft, ungeteilten Herzens und ohne Nebenabsichten zu geben.

Praktizierte Gemeinschaft

Weiter schreibt Paulus von ihnen in den Versen 3 und 4: »Ich bezeuge, dass sie nach Kräften, ja über ihre Kraft, aus eigenem Antrieb uns mit vielem Zuspruch um den Gunsterweis der Gemeinschaft des Dienstes für die Heiligen anflehten.« Über ihre Kraft - das kann nur die Liebe bewirkt haben, die des Christus, die sie drängte. Aus eigenem Antrieb - Paulus hatte ihnen nicht zugeredet, sondern die Liebe zu den Glaubensgeschwistern hatte ihre Energie entfaltet. Und nun flehten sie Paulus an und sprachen ihm zu, ihnen doch die Gnade zu gewähren, an dem Dienst für die Heiligen in Jerusalem teilnehmen zu dürfen.

Zuerst dem Herrn

 

Paulus fährt fort: »Und dies nicht nur so, wie wir es erwartet hatten, sondern sie gaben sich selbst zuerst dem Herrn und dann auch uns nach dem Willen Gottes, sodass wir Titus zusprachen, damit er so, wie er es zuvor unternommen hatte, jetzt dieselbe Gunsterweisung auch bei euch vollende« (Verse 5 und 6). Paulus durfte erwarten, dass sie mit Eifer aus ihrem Vermögen geben würden, doch sie gaben zunächst einmal sich selbst, und zwar zuerst dem Herrn - das ist wahre Hingabe: das völlige Absehen von sich selbst -, und dann gaben sie sich auch Paulus. Dies ist der Wille Gottes, und dies sei auch uns ans Herz gelegt. Wer sich dem Herrn und auch dem Apostel Paulus gegeben hat, dürfte wiederholt die Erwartungen anderer übertreffen - auf vielen Gebieten. Da es aber auch falsche Apostel gab und heute mehr denn je betrügerische Wortverkündiger gibt, ist es unsere Bitte zu Gott, anhand der Schrift unterscheiden zu können, wes Geistes Kind jemand ist, der uns zu etwas veranlassen will.

Nach den guten Erfahrungen mit den Mazedoniern war Paulus so ermutigt, dass er Titus zusprach, nun auch bei den Korinthern diese Gunsterweisung durchzuführen; sie werden erkannt haben, dass es eine Gunsterweisung ihnen gegenüber ist, für die Heiligen in Jerusalem etwas beisteuern zu dürfen.

Überfließen mögen die Korinther

 

Und so schreibt Paulus nun in den Versen 7 und 8 an die Korinther: »Jedoch ebenso wie ihr in allem überfließt (im Glauben, im Wort, in der Erkenntnis, in allem Fleiß und in der von uns in euch geweckten Liebe), so möchte ich, dass ihr auch in dieser Gunsterweisung überfließt. Nicht als Anordnung sage ich es, sondern um an dem Fleiß der anderen auch die rechte Art eurer Liebe zu prüfen.« Im 1. Korintherbrief hatte Paulus die Sammlung noch angeordnet (16:1), jetzt aber - nach ihrer Umsinnung aufgrund des Tränenbriefs - müsste es ein Herzensbedürfnis der Korinther sein. Paulus darf annehmen, dass ihre Liebe nun so gewachsen ist, dass sie in der Gunsterweisung - darunter möchte ich hier das Geben verstehen - überfließen werden. Er ist zuversichtlich, dass die rechte Art ihrer Liebe den Vergleich mit den Mazedoniern bestehen wird.

Denn inzwischen fließen die Korinther ja in allem über, im Glauben: sie glauben nun jedes Wort Gottes wie auch des Apostels, der ja nicht im eigenen Namen spricht, sondern Apostel Christi Jesu ist; im Wort: das Wort Christi ist jetzt für sie maßgebend, nicht mehr das der Weisen dieser Welt und ihrer eigenen Überlegungen; in der Erkenntnis: sie erkennen, dass sie es mit Gott zu tun haben und was Er für sie getan hat; in allem Fleiß: ihr Fleiß ist jetzt nicht mehr auf die ehemaligen Spaltungen und ihre gegenseitige Abgrenzung gerichtet, sondern auf die Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus; und in der von Paulus in ihnen geweckten Liebe: die Liebe des Paulus, der ihnen in der Gnade der Versöhnung begegnete, hat sie gewonnen (6:12). Vorhanden war diese Liebe schon vom Glaubensanfang an in ihnen - zusammen mit dem heiligen Geist in ihren Herzen ausgegossen -, doch sie war unter ihrem Hader verdeckt gewesen. Nun aber wird die Liebe die Korinther zum rechten Geben anleiten. Und gerade dieser geistliche Beweggrund verleiht dem Geben den besonderen Wert.

Das vollkommene Vorbild

 

Das große Vorbild sind nicht die Mazedonier, sondern unser Herr. Auf Ihn weist Paulus in Vers 9 hin: »Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass Er, wiewohl Er reich ist, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch dessen Armut reich würdet.« Wir wissen, Er, durch den das All erschaffen wurde und der die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes ist, entäußerte Sich der Gestalt und Herrlichkeit Gottes, die Er hatte, nahm die Gestalt eines Sklaven an, wurde den Menschen gleichgestaltet und in der Art und Weise wie ein Mensch erfunden; Er erniedrigte Sich Selbst und wurde gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod (Phil.2:6-8). So sind wir nun in Christus Jesus in allem reich gemacht, makellos und unbeschuldbar vor den Augen Gottes und gesegnet mit jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen. Nichts fehlt uns vor Gottes Angesicht; wir ermangeln nicht Seiner Herrlichkeit, da wir in Christus sind.

Paulus erteilt den Korinthern mithin keine Lektion über ihr Fehlverhalten, sondern führt ihnen das vollkommene Vorbild vor Augen.

Vollendet auch das Tun

 

Wir lesen weiter (Verse 10 und 11): »Darin gebe ich euch meine Meinung bekannt; denn dies fördert euch, die ihr zuvor (seit vorigem Jahr) nicht allein das Tun, sondern auch das Wollen unternommen habt. Nun aber vollendet auch das Tun, damit, gleichwie die Eifrigkeit des Wollens, so auch das Vollbringen dem entspreche, was euer Besitz ist.« Die Auffassung des Paulus wird die Korinther fördern, die nicht nur schon mit dem Tun angefangen hatten, sondern auch den festen Willen dazu gehabt haben. Dies setzt voraus, dass man etwas tun kann, ohne es eigentlich zu wollen. So war es bei den Korinthern aber nicht gewesen. Jetzt aber sollen sie auch das Tun vollenden, und zwar ebenso eifrig, wie sie den Entschluss fassten. Und unser Gott und Vater wird beides, das Wollen wie auch das Wirken, in ihnen hervorbringen, so wie Er will (Phil.2:13).

Ihr Eifer im Wollen und Tun soll ihrem Besitz entsprechen, »denn«, so lautet Vers 12, »wenn diese Eifrigkeit vorliegt, ist die Gabe wohlannehmbar nach dem Maß, was jeder hat, und nicht nach dem, was er nicht hat.« Unter dem Gesetz des Mose war der Zehnte für den Unterhalt des Priesterstamms zu geben, heute bewegt uns die erfahrene, überströmende Gnade zum Geben, einen jeden nach seinem Besitz.

Zum Ausgleich

 

Der Apostel führt in den Versen 13 bis 15 näher aus: »Also denn nicht so, dass andere Entspannung haben, ihr aber Bedrängnis, sondern zum Ausgleich soll bei der jetzigen Gelegenheit eure Überfülle den Mangel jener ausgleichen, sodass ein andermal die Überfülle jener eine Hilfe für

euren Mangel werde, damit ein Ausgleich stattfinde, so wie geschrieben steht (2.Mose 16:18): Wer viel gesammelt hatte, dessen Teil nahm nicht zu; und wer wenig gesammelt hatte, dessen Teil war nicht geringer.« Die Gerechtigkeit Gottes fordert einen solchen Ausgleich. In Bedrängnis soll sich dabei aber niemand bringen. Ausgleich heißt nicht Gleichheit. Der eine mag ein großes Haus und ein reiches Einkommen haben, der andere nur ein Zimmer und seine Rente. So kann es bleiben, nur soll der eine nicht an seinem Reichtum haften und der andere keinen Mangel leiden, sondern sein Bedarf soll gedeckt werden. Freigebig sein und Gutes wirken soll der Reiche (1.Tim.6:18).

Römer 15:26,27 zeigt uns einen weiteren, damals noch bedeutsamen Aspekt des Ausgleichs auf; dort lesen wir: »Mazedonien und Achaja haben es gutgeheißen, eine Beisteuer für die Armen unter den Heiligen in Jerusalem zu geben. Sie heißen dies gut, weil sie ja deren Schuldner sind; denn wenn die Nationen an deren geistlichen Gütern teilnehmen, so sind sie auch verpflichtet, eine Beisteuer zu den fleischlichen zu leisten.« Und wir heute sollten besonders bedenken, dass wir den Menschen das Wort Gottes schulden, insbesondere das Evangelium des Apostels Paulus, und dafür uns und unser Geld einsetzen. Paulus verstand sich den Griechen und Nichtgriechen, den Weisen wie auch den Unvernünftigen gegenüber als Schuldner und wollte daher auch denen in Rom das Evangelium verkündigen (Röm.1:14,15). Ja, er erduldete alles um der Auserwählten willen, damit auch sie die Rettung erlangten, die in Christus Jesus ist, samt äonischer Herrlichkeit (2.Tim.2:10).

Der Fleiß des Titus

 

Da Paulus Titus jetzt mit dem Brief, den er gerade schreibt, und dem Auftrag, die Sammlung dort durchzuführen, nach Korinth schicken will, schreibt er in den Versen 16 und 17: »Dank aber sei Gott, der in das Herz des Titus denselben Fleiß für euch gegeben hat wie mir; denn er nahm den Zuspruch gern an. Da er nun zu den Fleißigeren gehört, ging er aus eigenem Antrieb zu euch.« Gott aber sei Dank für den Fleiß des Titus! Dies ist ein Dankesausspruch in rechter Erkenntnis. Denn Gott war es, der ihm das Herz bildete - wie es schon Psalm 33:15 von allen Menschen sagt - und ihm auch den Fleiß ins Herz gab. Darum rühme sich niemand seiner selbst, denn alles ist uns geschenkt, auch der Fleiß, uns etwas zu erarbeiten, und das Gelingen.

Titus war ja gerade von Korinth zurückgekehrt und hatte Paulus über ihre Reaktionen auf dessen ermahnenden Brief berichtet (7:7,13-15). Jetzt war Paulus ermutigt, Titus zuzusprechen (wie bereits in Vers 6 erwähnt), den anstehenden weiteren Dienst zu tun. Diesen Zuspruch und damit den Auftrag nahm Titus gern an. Wenn wir zugleich lesen, dass er aus eigenem Antrieb nach Korinth geht, so wissen wir, dass Gott diesen hervorgerufen hat. Mithin stimmen der Wille des Paulus und der des Titus überein.

Zusammen mit einem anderen Bruder

 

Paulus sendet Titus nicht allein nach Korinth, sondern - wie wir zunächst erfahren - zusammen mit einem anderen Bruder. Dies geht aus den Versen 18 und 19 hervor: »Wir haben aber zusammen mit ihm den Bruder gesandt, dessen Dienst am Evangelium in allen herausgerufenen Gemeinden Beifall gefunden hat. Aber nicht allein das, sondern er wurde auch von den herausgerufenen Gemeinden zu unserem Reisegefährten bei der Überbringung dieser Gunsterweisung gewählt, die durch unseren Dienst vermittelt wird, zur Verherrlichung des Herrn Selbst und als Erweis unserer Eifrigkeit.« Der Name des Bruders wird uns nicht genannt; es dürfte sich aber um jemanden handeln, den wir aus der Apostelgeschichte oder den Paulusbriefen kennen. Er dient so vorbildlich am Evangelium, dass die Herausgerufenen ihn zum Reisegefährten des Paulus gewählt haben. Statt mit »wählen« könnte man wörtlich mit »Hand ausstrecken« übersetzen. Sie haben ihn also durch Handausstrecken bestimmt.

Jener Bruder darf also an der Gunsterweisung mitwirken, die durch des Paulus Dienst vermittelt wird, denn es ist ja Paulus, der die Sammlung in den Nationengemeinden angeregt hat, zumal er Jakobus, Kephas und Johannes nach Galater 2:10 schon Jahre zuvor zugesagt hatte, der Armen in Jerusalem zu gedenken.

Zur Verherrlichung des Herrn Jesus Christus - kommt doch die Liebe zu den Glaubensgeschwistern von Ihm - wurde dieser Bruder zu diesem Dienst berufen; zugleich ist damit die Eifrigkeit des Paulus erwiesen.

Der makellose Dienst des Paulus

 

Der Apostel legt Wert darauf, dass man seine Eifrigkeit und Hingabe erkennt, denn er schreibt in Vers 20: »Dies möchten wir feststellen« und fährt fort: »... damit niemand einen Makel an uns finde in dieser durch unseren Dienst vermittelten ergiebigen Sammlung. Denn wir sind auf das Edle vorbedacht, nicht nur vor den Augen des Herrn, sondern auch vor den Augen der Menschen.« Man muss wissen, dass die Sünde auch noch im Fleisch der Heiligen wohnt (Röm.7:17-23; 8:2) und nicht ausgeschlossen ist, dass jemand Paulus den Vorwurf macht, er hätte nachlässig gehandelt, durch Betrug etwas erlangt oder sich persönlich bereichert (vgl. Kap.12:16-18). Deshalb sendet er zwei bewährte Brüder, ja sogar drei, wie wir in Kürze hören werden. Nicht der geringste Verdacht soll eine Chance haben. Schon in Kapitel 6:3 hatte er geschrieben: »Keinen Anstoß geben wir, in keiner Weise, damit kein Makel an dem Dienst (es geht hier um den Dienst der Versöhnung) gefunden werde.« Vor Gott und den Menschen sollen wir ein gutes Gewissen haben (Ap.24:16).

Ein weiterer Bruder

 

Und nun lesen wir in Vers 22, dass Paulus Titus einen weiteren Bruder mitgibt, insgesamt also drei nach Korinth sendet: »Mit ihnen haben wir unseren Bruder gesandt, den wir in vielen Dingen schon oftmals als bewährt erfunden haben, als fleißig, nun aber noch viel fleißiger in großem Vertrauen zu euch.« Auch jener ist bewährt und fleißig, ja noch fleißiger als sonst, und zwar aufgrund seines großen Vertrauens zu den Gläubigen in Korinth, denn er weiß, dass Gott bei ihnen durch den Tränenbrief des Paulus eine heilsame Umsinnung gewirkt hatte und sie Titus bei dessen erstem Besuch mit Furcht und Zittern aufgenommen hatten (7:15).

Paulus sendet diese Brüder mit seiner persönlichen Empfehlung und legt den Korinthern damit nahe, sie freundlich aufzunehmen, ihnen alle Ehre zu erzeigen und auf sie zu hören.

Des Apostels Fürsprache für die Brüder

 

Paulus schreibt in Vers 23: »Ob ich für Titus spreche, er ist Teilnehmer an meinem Dienst und Mitarbeiter für euch, ob für unsere Brüder, sie sind Apostel der herausgerufenen Gemeinden, eine Verherrlichung Christi.« Eine Verherrlichung Christi sind sie! Dem Gnadenstand nach ist jeder von uns in Christus Jesus und damit in Ihm verherrlicht. Paulus spricht hier aber vom Wandel und Dienst. Verherrlichen wir Christus? Hat Christus in uns Gestalt gewonnen? Prägt Seine Gesinnung unser Denken und Tun? Sinnen wir auf das droben oder auf das auf Erden? Suchen wir das Unsere oder das, was des Christus ist? Sind wir unsere eigenen Herren oder haben wir Ihn zum Herrn? Haben wir die Lehre Seines Apostels für die Nationen erlernt und gehorchen wir Paulus? Nur wer auf Paulus in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung hört, gehorcht Christus! Lässt sich von uns wie von Titus sagen: »Mein Kind rechter Art im gemeinsamen Glauben« (Tit.1:4)?

Die anderen Brüder waren Apostel, das heißt Beauftragte, allerdings nicht im umfassenden Sinne, sondern der Gemeinden und für einen bestimmten Zweck. Mögen auch wir, wenn wir das uns Aufgetragene tun, eine Verherrlichung Christi sein! Zur Auferbauung der Heiligen und zu Gottes Verherrlichung sind wir doch da!

Nehmt sie liebevoll auf!

 

Wir kommen zum letzten Vers (24): »Erzeigt ihnen daher eure Liebe und bringt den Erweis unseres Rühmens von euch ihnen gegenüber angesichts der herausgerufen Gemeinden.« Die von Paulus Abgesandten sind aller Liebe und Ehre wert, wie er auch in 1.Thessalonicher 5:12 schreibt: »Wir ersuchen euch aber, Brüder, auf die zu merken, die sich unter euch mühen, euch vorstehen im Herrn und euch ermahnen, und sie über alle Maßen in Liebe zu achten, um ihres Werkes willen.«

Des Weiteren bringt Paulus zum Ausdruck, dass die Korinther ihn nicht enttäuschen mögen, denn er hat sich den Dreien gegenüber ihrer gerühmt, und nicht nur denen gegenüber, sondern überhaupt. »Groß ist mein Rühmen über euch«, hatte er in Kapitel 7:4 geschrieben. Nun gilt es! Bringt den Erweis, gewiss vor den Augen des Herrn, aber auch angesichts der anderen herausgerufenen Gemeinden, besonders derer in Mazedonien, deren Übermaß an Freude über Gottes Gnade bei ihrer tiefen Armut bereits in den Reichtum ihrer Großmut übergeflossen ist. Überströmender Dank aber sei unserem Gott und Vater für all Sein reiches Schenken und Wirken!

 

Wer im Segen sät

(2.Korinther 9)

Der Apostel Paulus wirbt von Kapitel acht an für die Sammlung, die die Armut unter den Heiligen in Jerusalem lindern soll. Vor Titus und zwei anderen Brüdern, die er jetzt mit dem zweiten Brief an die Korinther zu ihnen sendet, hat er sich ihrer bereits in der Gewissheit gerühmt, dass sie mit aller Hingabe nach dem Maß, das ein jeder hat, geben werden.

Des Paulus Rühmen

Paulus schreibt in den Versen 1 und 2: »Denn euch von der Unterstützung für die Heiligen zu schreiben, ist für mich überflüssig; weiß ich doch um eure Eifrigkeit, die ich von euch vor den Mazedoniern rühme, dass Achaja seit vorigem Jahr darauf vorbereitet ist; und euer Eifer feuert die Mehrzahl von ihnen an.« Paulus muss nicht von der Notwendigkeit der Sammlung schreiben, denn sie ist den Korinthern bekannt; es ist für ihn auch deshalb eigentlich nicht nötig, weil die Korinther schon im vorigen Jahr begonnen hatten, ja weil er ihre Eifrigkeit vor den Mazedoniern gerühmt hatte, sodass jene durch ihr Vorbild im Sammeln beflügelt wurden. Paulus spricht hier von Achaja, denn nicht nur in der Hauptstadt Korinth, sondern in der gesamten Provinz wurde gesammelt, wie denn der zweite Korintherbrief nicht nur an die Herausgerufene in Korinth, sondern auch an alle übrigen Heiligen in ganz Achaja gerichtet ist. Um Mazedonien zu konkretisieren, sei gesagt, dass zum Beispiel Philippi, Thessalonich und Beröa dort gelegen sind.

Die Mazedonier hatten die Sammlung mit reichem Ertrag bereits abgeschlossen, bei den Achajern aber war sie wegen der Missstände in Korinth und des gestörten Verhältnisses zu ihrem Apostel ins Stocken geraten. Nachdem dies alles jetzt bereinigt war, sollten sie, die vor einem Jahr den Entschluss gefasst und den Anfang gemacht hatten, das Werk nun zügig vollenden, wie Paulus ihnen in Kapitel 8:11 geschrieben hatte. Sie sollen vorbereitet sein, wenn Paulus mit den Mazedoniern nach Korinth kommt, um nach Jerusalem weiterzureisen und die Gabe zu überbringen. Deshalb sendet er Titus und zwei weitere Brüder zu ihnen, wie er in den Versen 3 und 4 ausführt: »Die Brüder habe ich nun deshalb gesandt, damit nicht unser Rühmen von euch auf diesem Gebiet inhaltslos sei und damit ihr, wie ich schon sagte, vorbereitet seid. Ich möchte nicht, wenn die Mazedonier mit mir kommen und euch unvorbereitet finden sollten, dass wir (um nicht zu sagen: ihr) etwa in diesem Punkt [des Rühmens] zuschanden würden.« (Die Worte »des Rühmens« sind in den ältesten Handschriften schwach bezeugt.) Wenn die Achajer mit Hilfe der Brüder die Sammlung nicht mit einem ansehnlichen Ergebnis, das der empfangenen Gnade entspricht, zu Ende bringen, wird es Paulus nicht zur Ehre gereichen, sondern ihn in seinem Rühmen zuschanden werden lassen. Dezent gibt er ihnen zu bedenken, ob nicht etwa sie zuschanden würden, wenn die Mazedonier und er kommen.

Eine Segensgabe soll es sein

Paulus möchte, dass die Sammlung bei seiner Ankunft abgeschlossen und alles für die Abreise nach Jerusalem vorbereitet ist. Darum schreibt er in Vers 5: »Daher erachte ich es für notwendig, den Brüdern zuzusprechen, damit sie zu euch vorausgehen, um eure zuvor verheißene Segensgabe vorher zurechtzulegen. Diese sei also als Segen bereitet und nicht wie Geiz aussehend.« Eine Segensgabe soll es sein. Ihre Gabe soll ein Segen sein. Der empfangene geistliche Segen in Christus hat die Korinther zu Segensträgern gemacht, sodass sie im Segen, das heißt willig und freudig, geben können und ihre Gabe ein Segen, eine Wohltat für die Empfänger ist. Was dagegen von einem Geizigen kommt, hat einen üblen Beigeschmack, macht niemanden froh und verherrlicht Gott nicht. Vor unserem Gott und Vater sind aber nur die Gaben angenehm, die lauteren Motiven entspringen.

Er vergilt gerecht

Gott vergilt uns alles nach Seinem gerechten Maßstab. Somit lesen wir in Vers 6: »Dies aber sage ich euch: Wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten; doch wer im Segen sät, wird auch im Segen ernten.« Dies lehrt uns schon die Natur. Und bei Gott ist es gewiss so. In den Sprüchen 11:24,25 steht geschrieben (und was geschrieben steht, wird erfüllt werden): »Da ist einer, der ausstreut, und er bekommt immer mehr; und einer, der mehr spart als recht ist, und es gereicht ihm nur zum Mangel. Wer gern wohltut, wird reichlich gesättigt, und wer andere tränkt, wird auch selbst getränkt.« Unser Herr Jesus sagte: »Gebt, und auch euch wird gegeben werden! Ein trefflich vollgedrücktes, ja ein gerütteltes und überlaufendes Maß wird man euch in den Schoß geben; denn mit demselben Maß, mit dem ihr messt, wird man euch wiedermessen (Luk.6:38). « Und mit Galater 6:7-9 werden wir ermahnt: »Irret euch nicht: Gott lässt Sich nicht spotten; denn was auch ein Mensch sät, das wird er auch ernten; denn wer in sein Fleisch sät, wird aus dem Fleisch Verderben ernten; wer aber in den Geist sät, wird aus dem Geist äonisches Leben ernten. Wenn wir nun das Edle tun, so lasst uns nicht entmutigt werden; denn zu seiner gebührenden Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht ermatten. Demnach wirken wir nun, wie wir Gelegenheit haben, für das Gute an allen, am meisten aber an den Gliedern der Familie des Glaubens.«

Gebt nach eurem Herzen!

Wir fahren mit Vers 7 fort: »Jeder gebe so, wie er es sich im Herzen vorgenommen hat, nicht aus Betrübnis oder genötigt; denn Gott liebt den freudigen Geber.« Vom Zehnten, dieser wichtigen Einrichtung in Israel zum Unterhalt des Priesterstamms, ist uns gegenüber keine Rede. Wir sind nicht unter jenem Gesetz, sondern unter der überströmenden Gnade. Wie die Mazedonier aufgrund des Übermaßes ihrer Freude aus eigenem Antrieb gaben, so sollen auch wir aus freiem Herzensantrieb geben, nicht unter Druck oder gesellschaftlichen Zwängen, denn Gott liebt den freudigen Geber, den heiteren, nicht mit umwölkter Stirn Gebenden. Nicht dass unser himmlischer Vater nicht auch den missmutig gebenden Heiligen liebe - liebt Er uns doch alle -, doch Seine Liebe zu jenem wird darauf ausgerichtet sein, ihm in Erinnerung zu rufen, dass Christus um unsertwillen arm wurde, damit wir durch Seine Armut reich würden; Er wird jenem also die Gnade groß machen. Gottes Liebe zu dem freudigen Geber aber wird so zum Ausdruck kommen, wie in den folgenden Versen 8 bis 11 geschildert: Gott wird die Gnade in ihm überfließen lassen zu weiterer Freude und Großmut.

 

Gott vermag es

Mit Vers 8 versichert Paulus uns: »Mächtig aber ist Gott, jede Gnade in euch überfließen zu lassen, damit ihr in allem allezeit alle Genüge habt, ja Überfluss habt für jedes gute Werk.« Unser Gott, der Gott und Vater des Herrn Jesus Christus, Er vermag es, jede Gnade, sowohl die Erkenntnis und Wertschätzung der Gnade und all der geistlichen Gnadenerweisungen, zum Beispiel unserer Auserwählung, Berufung und Rettung, der Rechtfertigung, Versöhnung und Versiegelung und des Sohnesstandes, als auch die materiellen Gaben aus Seiner gnädigen Hand in uns überfließen zu lassen, damit wir nicht nur in allem allezeit alle Genüge haben, sondern als Genügsame aus dem großen Kapital der Frömmigkeit schöpfend (1.Tim.6:6), Überfluss haben für jedes gute Werk, das Er für uns vorherbereitet, damit wir darin wandeln (Eph.2:10). Gläubige sind Gnadenkanäle. Niemand kann wahrhaft wohltätig sein, wenn nicht aus der Gnade. Die Mitleidserweisungen Gottes veranlassen uns, unseren Körper, unsere Zeit und Kraft und unser Geld in den Dienst Gottes zu stellen. Die Frucht wird nicht ausbleiben. Den Philippern, die Paulus durch Epaphroditus eine Gabe in seine römische Gefangenschaft gesandt hatten und deren Gabe er als einen duftenden Wohlgeruch, ein Gott wohlgefälliges Opfer bezeichnet (Phil.4:18), kann er schreiben: »Mein Gott aber wird all euren Bedarf ausfüllen nach Seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus« (Phil.4:19). Selbst wer gestohlen hatte, ist nun als Heiliger in der Lage, mit seinen Händen Gutes zu wirken, und dies nicht nur für sich selbst, sondern damit er mit dem Bedürftigen etwas zu teilen habe (Eph.4:28).

Er streut aus

Mit Psalm 112:9 begründet Paulus in Vers 9 seine Aussage: »... wie geschrieben steht: Er streut aus, Er gibt den Bedürftigen; Seine Gerechtigkeit bleibt für den Äon.« Wieder sagt uns Gottes Wort: Er gibt - was haben wir, das wir nicht von Ihm hätten? -, Er ist der Geber aller Gaben, Er gibt den Darbenden, denn Er ist gerecht und sorgt für den gerechten Ausgleich, sodass die Überfülle der einen den Mangel der anderen Gemeindeglieder aufhebt. Denn Er ist imstande, dem Selbstsüchtigen zu verleihen, was jener wirklich braucht, nämlich die Gnade der Freigebigkeit.

Die Worte in Psalm 112 werden übrigens von einem gnädigen, mitleidsvollen und gerechten Mann gesagt. Da es aber Gott ist, der jenen Mann dazu gemacht hat, und nur Er es ist, der an uns erfüllen kann, was Sein Wort verheißt, dürfen wir diese Worte hier auf Gott bezogen verstehen, wie es auch gemeint ist.

Reich gemacht zu aller Großmut

Der Apostel fasst zusammen (Verse 10 und 11): »Der aber dem Säenden Samen darreicht und Brot zur Speise, wird auch euch das Saatkorn darbieten, vermehren und die Erträge eurer Gerechtigkeit wachsen lassen, sodass ihr in allem reich gemacht werdet zu aller Großmut, die durch uns Gott gegenüber Dank bewirkt.« Er, der alles bewirkt nach dem Ratschluss Seines Willens, wird uns nach Seiner Weisheit und Güte das auf Erden Nötige darreichen und vermehren. Er wird auch die Erträge unserer Gerechtigkeit wachsen lassen.

Was ist darunter zu verstehen? In Bezug auf Israel steht geschrieben: »Die Vollendung des Gesetzes ist Christus, zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt« (Röm.10:4). Ebenso wissen wir, dass wir in Christus Jesus sind, der uns von Gott her zur Weisheit, Heiligung und Freilösung gemacht worden ist, zudem auch zur Gerechtigkeit (1.Kor.1:30). 2.Korinther 5:21 sagt uns, dass Gott den, der Sünde nicht kannte, für uns zum Sündopfer gemacht hat (das Wort »Sünde« ist hier als Redefigur zu verstehen im Sinne von »Sündopfer«), damit wir Gottes Gerechtigkeit in Ihm würden, mithin ein Erweis Seiner Gerechtigkeit. Nach Römer 5:17 haben wir das Übermaß der Gnade und das Geschenk der Gerechtigkeit erhalten. Wir haben Anteil erhalten an der Gerechtigkeit Gottes aufgrund des Glaubens Jesu Christi, aufgrund Seines Glaubensgehorsams bis hin zum Kreuzestod, denn Er hat uns umsonst gerechtfertigt in Seiner Gnade durch die Freilösung, die in Christus Jesus ist, Er hat uns gerechtfertigt von allen Sünden, die wir aus dem Glauben Jesu sind (Röm.3:24,26). In Gerechtigkeit, eingehüllt in Gottes Gerechtigkeit stehen wir vor Seinem Angesicht.

Diese Gerechtigkeit bringt Frucht in unserem Leben. Der Ertrag der Gerechtigkeit ist ein Wandel und Dienst in der Gesinnung Christi Jesu, im Geist unseres Gottes und Vaters, nämlich in Seiner Liebe und Gnade sowie Seiner Gerechtigkeit und Seinem Erbarmen. So wächst der Wunsch in uns, mit anderen zu teilen und ihren Mangel zu beheben. Ebenso wollen wir ihnen natürlich auch in ihren geistlichen Mängeln zurechthelfen und ihnen zusprechen, um sie aufzuerbauen und zu festigen.

Sind wir erfüllt mit der Frucht, mit dem Ertrag der Gerechtigkeit, so sind wir zugleich auch reich gemacht zu aller Großmut. Großmut ist die auf das eine, nämlich das Wohl des anderen sinnende, freudige Herzenshaltung, schlicht und ohne Nebenabsichten zum Geben bereit zu sein. Bei den Mazedoniern floss das Übermaß ihrer Freude bei ihrer tiefen Armut in den Reichtum ihrer Großmut über (2.Kor.8:2). Mögen mithin auch wir als rechte Haushalter mit den uns anvertrauten Gütern in aller Großmut umgehen.

Großmut bewirkt Dank

Paulus schließt den Satz in Vers 11 mit der Bemerkung, dass die Großmut »durch uns«, also durch den vermittelnden Dienst des Paulus und seiner Mitarbeiter, »Gott gegenüber Dank bewirkt« und erklärt in Vers 12: »Denn der Dienst dieser Hilfeleistung ist nicht nur ein Auffüllen des Mangels der Heiligen, sondern fließt auch über in dem Dank vieler Gott gegenüber.« Die Großmut der Nationengemeinden wird den Dank vieler in Jerusalem hervorrufen, überfließenden Dank an Gott. Die Sammlung war für Paulus aber auch eine Gelegenheit, den Juden zu beweisen, dass weder er noch die von ihm gegründeten Gemeinden etwas gegen sie haben. Die Juden, die ihm feindselig gesonnen waren, weil sie meinten, er lehre den Abfall von Mose (nein, denn Christus ist die Vollendung des Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt), wie auch die Heiligen in Jerusalem, die zwar an Jesus als dem Messias glaubten, aber allesamt Eiferer für das Gesetz des Mose waren (Ap.21:20,21), würden die Gabe des Paulus als Geste der Zuneigung und als Beweis des guten Willens der Gläubigen aus den Nationen ansehen, sodass sie einander annehmen und Gemeinschaft pflegen würden. Und so lesen wir auch zunächst in Apostelgeschichte 21:17: »Nach unserer Ankunft in Jerusalem hießen uns die Brüder hoch erfreut willkommen.« Doch schon acht Tage später kostete die bloße Vermutung, Paulus habe den unbeschnittenen Epheser Trophimus in die Weihestätte geführt, ihm beinahe das Leben (Ap.21:29,30).

Großmut bewirkt Verherrlichung Gottes

Die Großmut der Nationengemeinden bewirkt noch mehr als Dank, nämlich Verherrlichung Gottes, wie aus Vers 13 hervorgeht: »Infolge eurer Bewährtheit bei dieser Dienstleistung werden sie Gott verherrlichen, und zwar im Blick auf eure Unterordnung im Bekenntnis zum Evangelium des Christus und auf eure Großmut in der Beisteuer für sie und für alle.« Der Unterschied zwischen weltlicher Wohltätigkeit und einer Dienstleistung in der Kraft der Liebe Gottes ist, dass bei Letzterer unser Gott und Vater verherrlicht wird. Der Lobpreis der Herrlichkeit Gottes in Wort und Tat ist ohnehin unsere Lebensaufgabe.

Von Bewährtheit schreibt Paulus. Er sieht die von der Gnade bewirkte und im Segen durchgeführte reiche Sammlung als einen Erweis der Bewährtheit der Mazedonier und Achajer an. Zu Bewährten sollen wir allenthalben werden, im Dienst des Herrn und im richtigen Schneiden (richtigen Zuordnen und Anwenden) des Wortes der Wahrheit (2.Tim.2:15), in Drangsalen und im Ausharren und eben auch in solchen Hilfeleistungen.

Die Empfänger werden Gott verherrlichen angesichts der Großmut der Geber in der Beisteuer - dazu soll nun nichts mehr weiter gesagt werden - und im Blick auf deren Unterordnung im Bekenntnis zum Evangelium des Christus - dies soll nun näher betrachtet werden.

Das Evangelium des Christus ist dem Apostel Paulus durch eine Enthüllung Jesu Christi zuteil geworden (Gal.1:12). Es ist das Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, mit dem Paulus betraut wurde (1.Tim.1:11). Nur er gebraucht deshalb den Ausdruck »Evangelium des Christus«. Es ist geprägt von der bedingungslosen, überströmenden Gnade; nichts haben wir Menschen zu erbringen, weder Umsinnung noch Wassertaufe (vgl. Ap.2:38), und werden dennoch in die höchsten Höhen erhoben. Allein der Glaube erschließt uns alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis, die in Christus liegen, und wir sind mit jedem geistlichen Segen inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe gesegnet (Eph.1:3). Wenn wir uns zu diesem Evangelium bekennen und ihm gehorsam unterordnen, dann ordnen wir uns der Gnade unter, uns zugut und anderen, denen wir folglich jede Gnade nahebringen, sei es in der Gestalt von Versöhnung, Belehrung oder Zuspruch, Geduld oder Hilfe.

Das Evangelium des Christus verleibt die zum Glauben Berufenen der herausgerufenen Gemeinde ein, die Christi Körper ist, in welchem ein Glied für das andere da ist. In der Ausübung der Liebe sodann werden die Glieder vervollständigt, was ein Beitrag zur Vervollständigung der gesamten Körpergemeinde ist.

Das Bekenntnis zum Evangelium des Christus wird infolge des in uns wirkenden Gesetzes des Geistes des Lebens in Christus Jesus nicht nur ein mündliches bleiben, sondern sich in der Praxis des Alltags erweisen, indem wir danach handeln. Dies zeugt von Bewährtheit. Indem wir danach handeln, gehorchen wir und ordnen wir uns diesem Evangelium unter. Mögen wir wahrhaft der Lehre gehorchen, an die wir übergeben wurden (Röm.6:17), der des Apostels Paulus. Der Gehorchende hat sich dieser Lehre untergeordnet, ist somit ein Bewährter, verherrlicht Gott zudem und trägt zur Verherrlichung Gottes durch andere bei.

Sie werden euch sehen wollen

Weitere Folgen der Bewährtheit erfahren wir aus Vers 14: »Und in ihrem Flehen für euch werden sie sich danach sehnen, euch zu gewahren um der alles übersteigenden Gnade Gottes willen, die sich an euch erweist.« Die Empfänger der Sammlung werden für die Geber im Gebet flehen. Fürbitte ist ein Ausdruck der Gemeinschaft und Gott wohlgefällig. Und sie werden sich danach sehnen, die Geber zu sehen, die Menschen kennen zu lernen, an denen sich die alles übersteigende Gnade Gottes erzeigt hat. Denn die Gnade war es, die die Mazedonier und Achajer zur Sammlung bewegt und reich gemacht hat. Die Gnade ist es, die das Wort von Hebräer 13:16 nicht auf unfruchtbaren Boden fallen lässt: »Vergesst aber nicht des Wohltuns und der Beisteuer; denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen.« Die Gnade nur ist es, die »uns erzieht, die Unfrömmigkeit und die weltlichen Begierden zu verleugnen, damit wir vernünftig, gerecht und fromm in dem jetzigen Äon leben mögen, ausschauend nach der glückseligen Erwartung und dem Erscheinen der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Retters, Jesus Christus, der Sich Selbst für uns dahingegeben hat, um uns von jeder Gesetzlosigkeit zu erlösen und für Sich ein Volk zu reinigen, das um Ihn her sei, einen Eiferer für edle Werke« (Tit.2:12-14).

Dank aber sei Gott

Der Apostel schließt den Schriftabschnitt mit den Worten: »Dank aber sei Gott für Sein unbeschreiblich reiches Gnadengeschenk!« (Vers 15). Ja, Dank sei Ihm, dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, dass Er in den herausgerufenen Gemeinden Mazedoniens die große Gnade gegeben hat, den Dienst an den Heiligen in Jerusalem tun zu wollen, und nun auch den Achajern durch den eindringlichen Zuspruch des Paulus mit diesem zweiten Korintherbrief solche Gnade geben wird, damit sie zu aller Großmut zubereitet werden und Überfluss haben für das gute Werk. Dank über Dank sei Gott für die Wirksamkeit der Gnade in den Korinthern, für dieses Sein unbeschreiblich reiches Gnadengeschenk!

 

Wir führen nicht Krieg dem Fleisch nach

(2. Korinther 10)

 

Wir treten in einen neuen Abschnitt des zweiten Korintherbriefs ein. Man könnte die Kapitel zehn bis zwölf (Vers 13) überschreiben mit: »Die Entlarvung der trügerischen Arbeiter durch die Offenlegung ihres fleischlichen Verhaltens« oder: »Paulus verteidigt und rechtfertigt sein Verhalten, jedoch nicht um seinetwillen, sondern zur Auferbauung der Heiligen.« Die Korinther haben sich nach dem unter Tränen geschriebenen, scharf ermahnenden Brief des Apostels Paulus zwar geändert, aber nun bedarf es der Aufarbeitung, damit sie die Versöhnung - diese spezifisch paulinische Botschaft - und sein daraus folgendes Handeln auch vollends verstehen mögen und nicht mehr wieder einer Gruppe von Juden und griechischen Judaisten, die den aufbauenden Dienst des Paulus einzureißen drohten, sowie anderen fleischlichen griechischen Idealen, wie der Redekunst und einer sportlichen äußeren Erscheinung, anheimfallen. Die Korinther hatten auch das sanftmütige Auftreten des Paulus während seiner zweiten Anwesenheit, die für den Apostel in großer Betrübnis verlief (2.Kor.2:1; 13:2), missdeutet, als hätte er keine Vollmacht, Zucht zu üben, weshalb sie ihm wenig Wertschätzung entgegenbrachten.

Durch die Sanftmut und Lindigkeit des Christus

 

Der Apostel schreibt in Vers 1: »Ich selbst nun, Paulus, spreche euch zu durch die Sanftmut und Lindigkeit des Christus, der ich von Angesicht zwar demütig bei euch war, abwesend aber mutig gegen euch bin.« Am Anfang des Kapitels spricht Paulus betont von sich selbst, denn es geht um ihn, um sein Verhalten gemäß seinem Evangelium; er tut es aber nicht um seinetwillen, sondern damit Christus Gestalt in den Korinthern gewinne. So spricht er ihnen nun wieder durch die Sanftmut und Lindigkeit des Christus zu, mithin in aller Demut, wie bei seinem letzten Besuch in Korinth. Er ruft ihnen die Gesinnung Christi Jesu ins Gedächtnis, um die Stolzen und Herrischen, die zugleich meinen, ein Apostel müsse stark und machtvoll auftreten, auf diese Weise zurechtzubringen. Christi Selbsterniedrigung wird von den Seinen nachvollzogen, indem sie andere in Demut sich selbst für überlegen erachten und nicht das Ihre, sondern das des anderen suchen (1.Kor.10:24; Phil.2:3).

Den Gläubigen in der Provinz Achaja und ihrer Hauptstadt Korinth ist nicht klar, warum Paulus so widersprüchlich handelte, nämlich zunächst demütig und darauf, per Brief, mutig. Was soll man von einem solchen Mann halten? Nun, er wird mutig sein und seine Vollmacht als Apostel ausüben, sein Anliegen ist aber die Auferbauung der Heiligen, ihre Umgestaltung von fleischlich gesinnten zu geistlich gesinnten Menschen, und nicht der Ausschluss der noch Fleischlichen aus der Gemeinde. Und des Paulus demütiges Auftreten zeugt keinesfalls von Schwachheit oder Feigheit, sondern vom Geist der Versöhnung seinen Gegnern gegenüber, von der erziehenden Gnade und der auferbauenden Liebe.

Des Paulus Flehen

 

Darum sagt Paulus in Vers 2: »Ich flehe jedoch, wenn ich anwesend bin, nicht mutig sein zu müssen, im Vertrauen darauf, dass ich damit rechne und wage, gegen etliche aufzutreten, die uns als solche einschätzen, die nach dem Fleisch wandeln.« Es ist sein Gebet und Flehen, dass es ihm erspart bleiben möge, Zucht ausüben zu müssen. Geistlich Wandelnde haben sie nicht nötig. In 1.Korinther 4:21 hatte er in Bezug auf die Aufgeblasenen gefragt: »Was wollt ihr nun? Dass ich mit der Rute zu euch komme oder mit Liebe und dem Geist der Sanftmut?« Er darf mithin hoffen, was er in Kapitel 12:21 zum Ausdruck bringt, »dass mein Gott mich bei meinem Kommen nicht wieder vor euch demütigen wird und ich um viele trauern müsste, die vormals gesündigt hatten und nicht von der Unreinheit, Hurerei und Ausschweifung umsinnen, die sie verübten.« So darf zusammenfassend festgestellt werden, dass Paulus nicht gemäß dem Fleisch, also nach Menschenweise, mal mutig und mal furchtsam, je nachdem, was vorteilhaft zu sein scheint, handelt, sondern stets zur Auferbauung der Glaubensgeschwister.

 

 

Des Paulus Kriegsführung

 

In Vers 3 stellt Paulus klar: »Denn wiewohl wir im Fleisch wandeln, führen wir nicht Krieg dem Fleische nach.« Im Körper dieses Fleisches befinden wir uns alle, doch fleischgemäß, dem alten Menschentum gemäß, soll die Ausübung unseres Dienstes nicht sein - er wäre dann ja nicht im Herrn. In fleischlicher Gesinnung, also dem nichtberufenen, seelischen Menschen entsprechend, lässt sich sowieso kein geistlicher Krieg führen.

Gegen wen kämpfen wir? Gegen niemanden, weder gegen Menschen noch gegen unsere Hauptfeinde, die bösen Geister, wie Epheser 6:12 es uns sagt: »Wir lassen uns in kein Handgemenge mit Fleisch und Blut ein, sondern stehen gegen die Fürstlichkeiten, gegen die Obrigkeiten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit inmitten der Überhimmlischen!« Wenn Gott mit allen Menschen versöhnt ist und ihnen ihre Kränkungen nicht anrechnet (2.Kor.5:19), begegnen wir ebenso allen im Frieden der Versöhnung.

Die Frage ist anders zu stellen: Für was kämpfen wir? Wir wettkämpfen in der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus (Phil.1:27; 4:3). Dies ist unser Ringkampf. Es ist unser Glaubenskampf, die Gelegenheiten zur Verkündigung des Evangeliums des Christus wahrzunehmen und uns dabei durch die Widerstrebenden nicht hemmen und durch anscheinend geringe Erfolge (es werden ja nur die Auserwählten berufen) nicht entmutigen zu lassen (Phil.1:28; 1.Kor.15:58).

Und wie führen wir den Kampf? Wir fechten den edlen Krieg mit den Worten Gottes aus (1.Tim.1:18), bewähren uns darin allerdings nur, wenn wir das Wort richtig schneiden (2.Tim.2:15), das heißt sachlich, zeitlich und personell richtig zuordnen und dabei besonders unterscheiden, was Israel betrifft und was dagegen uns angeht, die Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23).

Geistliche Waffen zum Einreißen von Bollwerken

 

In den Versen 4 und 5a begründet Paulus, warum er nicht Krieg dem Fleisch nach führt: »Sind doch die Waffen unseres Krieges nicht fleischlich, sondern mächtig für Gott: zum Einreißen von Bollwerken, wenn wir Vernunftschlüsse einreißen und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt.« Paulus kämpft eben nicht mit fleischlichen Waffen, wie selbstbezogener Vernunft, menschlichen Argumenten, unsachlichen Angriffen, Lügen und Verleumdungen, sondern er benutzt Waffen, die etwas für Gott vermögen: er gebraucht geistliche Waffen. Er gebraucht das Wort Gottes, denn es ist lebendig und wirksam sowie schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Teilung von Seele und Geist (Heb.4:12). Er gebraucht das Wort der Wahrheit (2.Kor.6:7), denn die Wahrheit entlarvt die Ungerechtigkeit (vgl. Eph.5:9-13). Er gebraucht das Wort vom Kreuz, denn dieses erweist sich als Gottes Kraft und macht die Weisheit dieser Welt zunichte (1.Kor.1:18,19).

Die Bollwerke, dies sind die Vernunftschlüsse, die vermeintlich klugen Folgerungen, wogegen wir doch glauben sollen und nicht folgern. Die Bollwerke, dies sind die hohen Gedanken, die eigene Weisheit, die Philosophie, die mit dem Wort der Wahrheit nicht übereinstimmen. Ein Bollwerk ist auch die Meinung, das beste Erziehungsmittel für Gläubige sei die Drohung mit dem Zorn Gottes, was allerdings kaum geistliches Wachstum und keinesfalls rechte Gotteserkenntnis hervorbringt.

Der Gehorsam des Christus

 

Paulus schreibt in den Versen 5b und 6 weiter: »Wir nehmen alle Gedanken unter den Gehorsam des Christus gefangen und sind in Bereitschaft, jeden Ungehorsam zu rächen, wenn euer Gehorsam vollständig wird.« Zur geistlichen Kampfführung gehört der Gehorsam. Unser Gehorsam soll ein solcher sein, wie Christus, unser Vorbild, ihn Seinem Vater gegenüber in größter Treue und Hingabe vollzogen hat. Dieser Gehorsam ist nicht aus uns, sondern von Ihm gewirkt. Wenn wir dem Wort Christi gehorchen, das Er durch den Apostel Paulus in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung an die Glieder Seines Körpers richtet, dann sind wir treffliche Krieger Christi Jesu. Wir gehören ja Ihm, unserem Herrn und Haupt und Retter, und lieben Ihn, was sich auch im Gehorsam ausdrückt. Wir leben nicht mehr uns selbst, sondern Ihm, der für uns starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15). Paulus erhielt sein Aposteltum, um den Glaubensgehorsam unter allen Nationen aufzurichten (Röm.1:5; 16:26). Wer gehorcht, bewährt sich (2.Kor.2:9).

Jeden Ungehorsam aber in Korinth wird Paulus rächen, und zwar dann, wenn ihr Gehorsam vollständig wird. Das heißt wenn die Gemeinde auferbaut ist und gehorcht, dann wird Paulus gegen die einzelnen Ungehorsamen mit Strenge vorgehen, zunächst aber ist die Gemeinde im Evangelium zu festigen und in der Gnade zu kräftigen; die Versöhnungsbotschaft soll ihr umwandelndes Werk an den Gläubigen getan haben. Das Rächen, wörtlich »herausrechten«, also aus einem falschen Verhalten heraus berichtigen, besteht in der Ermahnung, bei Ältesten sogar in der Überführung vor aller Augen (1.Tim.5:20), und im Ausschluss aus der Gemeinde und ist eine scharfe Korrektur zur Zurechtbringung des Übeltäters. Wie uns bekannt ist, wurde der mit seiner Stiefmutter Hurende sogar dem Satan übergeben, damit er am Tage des Herrn Jesus gerettet werde (1.Kor.5:5), und Hymenäus und Alexander ebenfalls, damit sie erzogen würden, nicht zu lästern (1.Tim.1:20).

Wohl gehören auch die Gegner Christus an

 

Zurechtbringen will Paulus die Korinther. Darum fragt er in Vers 7 liebevoll und deutlich: »Blickt ihr nur auf das Äußere?« Sie haben den Apostel Christi Jesu nach der Schwachheit seines Körpers und nach seiner nach griechischen Maßstäben nicht vollkommenen Redegewandtheit beurteilt.

Paulus schreibt weiter: »Wenn jemand meint und sich selbst zutraut, Christus anzugehören, so ziehe er wiederum bei sich selbst dies in Betracht, dass, so wie er Christus angehört, ebenso auch wir.« Die Tatsache, Christus anzugehören, berechtigt keineswegs dazu, sich über Paulus zu erheben, der ebenfalls Christus angehört. Darin sind sich alle Heiligen gleich. Des Apostels Widersacher bilden sich aber in ihrer Unbesonnenheit etwas auf ihre Christuszugehörigkeit ein, als seien sie mehr als Paulus, wie aus dessen Worten in Kapitel elf ersichtlich: »Worin aber jemand zu gewagt ist (ich rede in Unbesonnenheit), bin auch ich zu gewagt: Hebräer sind sie? Ich auch! Israeliten sind sie? Ich auch! Abrahams Same sind sie? Ich auch! Diener Christi sind sie? (Ich spreche unsinnig: Ich bin es weit mehr als sie; in Mühen übermäßiger, in Gefängnissen übermäßiger, unter Schlägen überreichlich, oftmals in Todesgefahr. Von den Juden erhielt ich fünfmal vierzig Schläge weniger einen. Dreimal wurde ich mit Ruten gepeitscht, einmal wurde ich gesteinigt, dreimal erlitt ich Schiffbruch ... ohne was sich außerdem bei mir zuträgt: das tägliche Überlaufenwerden, die Sorge für alle herausgerufenen Gemeinden« (Verse 21 bis 28).

Christus anzugehören bedeutet mithin nicht, sich mit einem Apostel messen zu können, als hätte man solche Vollmacht und solch einen aufopferungsvollen Dienst wie er.

Paulus hat Vollmacht

 

Paulus fährt in den Versen 8 und 9 fort: »Denn wenn ich mich noch darüber hinaus auch unserer Vollmacht rühmen sollte (die der Herr uns zu eurer Auferbauung und nicht zum Einreißen gegeben hat), so werde ich nicht zuschanden werden, damit ich nicht dafür gelte, als ob ich euch durch die Briefe etwa in große Furcht jagen wollte.« Paulus könnte sich zu Recht rühmen, denn Christus hat ihm die Vollmacht gegeben, Sein Apostel zu sein. Nach Kapitel 13:10 darf er auch Strenge gebrauchen gemäß dieser Vollmacht, die der Herr ihm zur Auferbauung und nicht zum Einreißen gewährt hat.

Um die Auferbauung der herausgerufenen Gemeinde geht es dem Apostel; diese geschieht in der Liebe und im Geist der Versöhnung, der Kränkungen nicht anrechnet. Zur Reife in Christus will Paulus die Korinther bringen; in der Gnade, die in Christus Jesus ist und die er auch ihnen erweist, die ihn missachtet haben, will er die Gläubigen kräftigen.

Seine Briefe sind ebenfalls von seiner Vollmacht getragen. Man kann sie nicht abtun, als seien sie nur Schreckschüsse, die zwar Furcht einjagen, denen aber keine strengen Maßnahmen folgen würden. Paulus war in der Zwischenzeit nicht wieder nach Korinth gekommen, und zwar um die Heiligen zunächst zu schonen (1:23), doch dies wird ein Ende haben, wenn die Auferbauung erfolgt ist.

Des Paulus Briefe

 

Mit den Versen 10 und 11 greift Paulus eine Behauptung auf und stellt klar: »Denn die Briefe, so behauptet man, sind zwar gewichtig und stark in der Aussage; aber die Anwesenheit des Körpers ist schwach, und das Wort ist für nichts zu halten. Ein solcher ziehe dies in Betracht: derart wie wir uns als Abwesende durch Briefe im Wort zeigen, solche werden wir auch sein, wenn wir bei euch in der Arbeit anwesend sind.« Die Briefe sind gewichtig, weil sie Gottes lebendiges und wirksames Wort sind. Die Briefe sind stark, weil sie die Wahrheit verkündigen. Und das Wort der Wahrheit ist es, das Evangelium Gottes über Seinen Sohn, das Paulus aufgetragen ist, das seine Autorität und Vollmacht begründet. Wohl war Paulus in Schwachheit unter den Korinthern gewesen - er hatte vermutlich keinen athletischen Körper -, und wohl bestanden seine Worte nicht in Philosophie, die doch kraftlos ist, und schöner Rhetorik, was ja alles keinen geistlichen Gewinn bringt, doch hatten sie durch ihn die Erweisung des Geistes und der Kraft erfahren (1.Kor.2:3,4). Und gewiss war er demütig aufgetreten, und ebenso gewiss erforderte die Sorge um die Korinther, die in der Gefahr standen, vom Evangelium des Paulus abgedrängt zu werden, die Kühnheit und Strenge seines Tränenbriefs, damit sie zur Umsinnung und zum Wachstum in Christus hinein gelangten, aber dennoch ist Paulus nicht doppelzüngig, denn sein zukünftiges Tun wird mit seinen schriftlichen Ankündigungen übereinstimmen. Er werde nicht nochmals schonend vorgehen, schreibt er in Kapitel 13:2.

Paulus beurteilt sich selbst nicht

 

Lesen wir nun Vers 12: »Doch wagen wir nicht, uns selbst zu beurteilen oder einen Maßstab anzulegen nach gewissen Leuten, die sich selbst empfehlen. Sie aber sind unverständig, da sie sich an sich selbst messen und sich den Maßstab an sich selbst legen.« Der Apostel beurteilt sich selbst nicht, weil er christusorientiert dient, dessen allein maßgeblichem Urteil er somit getrost entgegensehen kann. Paulus ist vom Herrn empfohlen (Vers 18). Diejenigen aber, die sich selbst empfehlen, haben sich an sich selbst gemessen und sind auf diese Weise vermessen geworden. »Denn wenn jemand meint, etwas zu sein, wo er doch nichts ist, der betört sich selbst« (Gal.6:3). »Siehst du einen Mann, der in seinen Augen weise ist - einem Toren wird mehr Erhofftes erfüllt als ihm« (Spr.16:12).

Das rechte Rühmen

 

Wenden wir uns Vers 13 zu: »Wir wollen uns nun nicht ins Ungemessene rühmen, sondern nach dem Maß des Wirkungskreises (dessen Maß Gott uns zuteilt), um auch bis zu euch zu reichen.« Da rühmen sich welche ihrer Arbeit unter den Achajern, die aber Paulus geleistet hat und auch jetzt wieder leistet, indem er die Gemeinden vom fleischlichen Verhalten und von den fleischlichen Leuten wegbringen und sie geistlich auferbauen will. Paulus kann sich zu Recht rühmen, denn Gott, der Gott des Maßes, der einem jeden Heiligen auch das Maß des Glaubens zuteilt (Röm.12:3), hat ihn bis nach Korinth geführt. Achaja gehört zum Wirkungskreis des Apostels Paulus, dem schließlich entsprechend dem ihm enthüllten Evangelium der Unbeschnittenheit alle Nationen als Wirkungsfeld zugemessen wurden (Röm.1:5; Gal.2:7,8; Eph.3:8).

In Vers 14 führt Paulus näher aus: »Denn wir strecken uns nicht über dieses Maß hinaus, als ob wir nicht zu euch hinreichen würden, haben wir doch andere überholt und sind mit dem Evangelium des Christus auch bis zu euch gekommen.« Paulus hat sich also nicht überstreckt, als hätte er gar nicht nach Achaja kommen dürfen. Das Evangelium des Christus, das er ihnen brachte, ist das ihm allein enthüllte (Gal.1:12). Durch dieses Evangelium wurden uns jeder geistliche Segen inmitten der überhimmlischen Regionen und alle in Christus liegenden Schätze der Weisheit und Erkenntnis zuteil. Wir wurden allein durch Glauben im Blut Christi gerechtfertigt und zudem durch den Tod des Sohnes mit Gott ausgesöhnt. Durch dieses Evangelium, nicht das der Beschneidung, sondern das der Unbeschnittenheit, wurden wir der herausgerufenen Gemeinde einverleibt, die Christi Körper ist, und sind wir die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt (Eph.1:22,23).

Beschränkung auf den eigenen Wirkungskreis

 

Paulus schreibt in den Versen 15 und 16 weiter: »Wir rühmen uns nicht ins Ungemessene aufgrund der Mühen anderer, haben aber die Zuversicht, wenn euer Glaube gewachsen ist, unter euch (unserem Wirkungskreis gemäß) über die Maßen groß zu werden, um auch über eure Gegend hinaus das Evangelium zu verkündigen, aber ohne uns im Wirkungskreis eines anderen dessen zu rühmen, was schon bereitlag.« Paulus handelt nicht wie seine Gegner, die sich maßlos rühmen, dazu aufgrund der Mühen anderer, sei es des Paulus oder Apollos. Und er beschränkt sich auf seinen eigenen Wirkungskreis, der nicht unbedingt räumlich zu verstehen ist. Sein Wirkungskreis sind die Menschen aus den Nationen und aus Israel, die seinem Evangelium glauben und somit eine überhimmlische Berufung haben, und nicht die aus Israel, die Gott dem von den Zwölf verkündigten Evangelium der Beschneidung und damit dem zukünftig wiedergezeugten und gläubigen Israel zuordnete, das im Königreich der Himmel auf der Erde herrschen und alle Völker zu Jüngern machen wird. Gleichwohl beachtet Paulus auch den räumlichen Aspekt: Er setzt seine Ehre darein, nicht dort Evangelium zu verkündigen, wo Christus schon genannt wird (Röm.15:20). Angenommen, Apollos hätte vor ihm in Korinth Christus verkündigt, so wäre Paulus nicht dorthin gegangen.

Der Apostel Paulus wünscht, unter den Korinthern groß zu werden, nein, er wünscht, dass das Evangelium des Christus unter ihnen groß werde (sicherlich nicht losgelöst von seiner Person), indem ihr Glaube wachse, sodass sie seine weiteren Dienste mittragen können. Möge Achaja ein vorbildliches Zeugnis werden, über das man auch anderswo spricht (vgl. Röm.1:8), und möge es geschehen, dass das Wort Gottes von ihnen aus, Paulus unterstützend, auch anderswo erklinge (vgl. 1.Thess.1:8).

Wahres Rühmen

 

Mit den Versen 17 und 18 schließt Paulus den Abschnitt ab: »Wer sich aber rühmt, der rühme sich im Herrn! Denn nicht derjenige ist bewährt, der sich selbst empfiehlt, sondern der, den der Herr empfiehlt.« Im Herrn rühmen kann sich nur derjenige, der alle Gedanken unter den Gehorsam des Christus gefangengenommen hat. Aller Selbstruhm kommt zum Schweigen angesichts der Gnade, die uns in Gottes souveräner Auswahl zuteil wurde, und der Erkenntnis, dass Gott das Maß des Glaubens und allen Wirkens festlegt und das Wollen wie auch das Wirken hervorruft, wie es Ihm wohlgefällt (Phil.2:13). Wohl rühmen wir uns auch des Herrn, insofern Er für uns ist und Sich Selbst für uns dahingegeben hat, im Herrn aber kann sich nur rühmen, wer in Seinen Dienst genommen und in Seine Geistesleitung eingeschlossen ist.

Es gilt, sich im Dienst des Herrn zu bewähren als ein trefflicher Krieger Christi Jesu. Eine Selbstempfehlung sagt nichts über die Bewährtheit, sondern es ist so, dass der Bewährte vom Herrn empfohlen wird. Bewährte sind solche, die den Apostel Paulus nachahmen und in der Verbreitung seines Evangeliums den Glaubenswettkampf führen (Phil.1:27; 4:3; 2.Tim.4:7), des Weiteren solche, die das Wort der Wahrheit richtig schneiden (2.Tim.2:15), es also sachlich, zeitlich und personell richtig zuordnen, solche, die in den Drangsalen ausharren und nicht schwankend werden (Röm.5:3; 12:12; 1.Thess.3:3), und solche, die sich in der Gnade kräftigen, die in Christus Jesus ist, und in der Gesinnung Christi den Dienst der Versöhnung tun, überall bekannt machend, dass Gott mit der Welt versöhnt ist und den Menschen ihre Kränkungen nicht anrechnet (2.Kor.5:19). Die Frage ist allerdings, ob die Heiligen den Bewährten und vom Herrn Empfohlenen erkennen, haben doch sogar die - zugegeben: noch fleischlichen - Korinther selbst den Apostel Paulus verkannt und seine Demut missdeutet, als sei er nicht vom Herrn beauftragt. Nach der Lektüre des zweiten Korintherbriefs aber haben sie zweifellos am Geist der Versöhnung, in welchem Paulus ihnen begegnete, erkannt, dass er vom Herrn empfohlen ist. Über kurz oder lang wird unser Herr Jesus Christus aber auch die heute unter uns wirkenden Bewährten - so Er sie nicht gerade in weiteren Demütigungen durch Glaubensgeschwister schult - ins rechte Licht rücken, und wenn nicht hier auf Erden, dann vor Seiner Preisrichterbühne, wo ein jeder von uns offenbar gemacht wird (2.Kor.5:10).

Möge Gott es uns geben, die zu erkennen und nachzuahmen, die schriftgemäß dienen, die nicht ihre eigene Ehre suchen, sondern nur die Rettung der Auserwählten und die Auferbauung der Gläubigen und die Verherrlichung unseres Gottes und Vaters. Getreu ist Er, Er wird Sich immer wieder solche Mitarbeiter formen und viele durch sie zur Reife in Christus Jesus führen.

 

Falsche Apostel

(2.Korinther 11:1-15)

 

In die herausgerufenen Gemeinden in Korinth und Achaja haben sich falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, eingeschlichen. Sie sind Israeliten, empfehlen sich selbst und rühmen sich ihrer überragenden Bedeutung, dazu ihrer Redekunst, und behaupten, ebenso wie Paulus zu handeln, obwohl sie nicht vom Evangelium des Apostels Paulus geprägt sind, nicht von der überströmenden Gnade und dem Frieden der Versöhnung, sondern ein andersartiges Evangelium verkündigen und die Gemeinden aufzehren (11:20). Sie werfen Paulus widersprüchliches Verhalten vor, weil er demütig unter den Korinthern gewesen war, seine Briefe aber von Vollmacht getragen sind. Zugleich aber bezweifeln sie seine Vollmacht, weil er von den Korinthern keine Gaben angenommen hat, die einem Apostel aber doch zustünden, ohne auch nur im Geringsten zu ahnen, dass Paulus von seinen Vollmachten deshalb keinen Gebrauch macht, damit er dem Evangelium des Christus kein Hindernis gäbe (1.Kor.9:12). Sie sind nicht von der Liebe bewegt, die alles aufgibt (1.Kor.13:7), sondern von Habgier und Ruhmsucht; sie fühlen sich als Herren und versklaven die Gläubigen mithin (11:20).

Paulus bezeichnet sie als unverständig, da sie sich an sich selbst messen (1ß:12), und muss den Korinthern leider sagen (in der Redefigur der Ironie), dass sie diese Unbesonnenen gern ertragen (11:19). Mögen die Gemeinden nun aber doch auch eine kleine Unbesonnenheit von Paulus ertragen, wenn er jetzt sein Verhalten in Erinnerung ruft und verdeutlicht und die Gegner entlarvt.

Ertragt meine Unbesonnenheit

 

So schreibt der Apostel in Vers 1: »O dass ihr doch eine kleine Unbesonnenheit von mir ertragen möget! Aber ihr ertragt sie ja auch an mir.« Ohne von den Achajern dazu genötigt zu sein, also von sich aus, würde Paulus seine geistliche Haltung nicht anführen, denn sie hätten sie doch erkannt haben müssen. Nach unseres Gottes Weisheit aber soll die Darlegung der Gesinnung des Paulus den Gläubigen, denen damals wie uns heute, zur Erkenntnis des Apostels Paulus, zur Auferbauung und zur Rettung vor Verführern dienen.

Des Paulus Eifer

 

Die Korinther werden des Paulus Unbesonnenheit ertragen, »denn«, so begründet er es in Vers 2, »ich eifere um euch mit dem Eifer Gottes; habe ich euch doch einem Mann angetraut, um euch dem Christus als eine lautere Jungfrau darzustellen.« Männer, in denen der Eifer Gottes ist, haben Vollmacht. Gott ist ein eifernder Gott (2.Kön.19:31; Jes.9:6); Er teilt Seine Ehre mit niemandem. Auf Golgatha hat Er alles getan, und zwar allein zusammen mit Seinem Sohn. Mögen wir darum Gott allein alle Verherrlichung im Namen Seines Sohnes geben.

Einem Mann, nicht zweien und nicht anderen, sind wir angetraut; in einen einzigen sind wir als Seine Glieder eingefügt. Wir sind nicht frei, einem anderen anzuhangen. In Christus Jesus allein sind wir Gesegnete und haben wir unsere volle Genüge. Wer sagt: »Christus und ...«, ist ein Irrlehrer. Ungeteilten Sinnes, wie eine Jungfrau, die nur auf die Hochzeit mit ihrem Verlobten wartet; mithin in Lauterkeit und Aufrichtigkeit, Reinheit und Einfalt, sollen wir auf unseren Herrn Jesus Christus ausgerichtet sein, ja für Ihn eifern. »Der Eifer um Dein Haus verzehrt mich«, sagte schon David (Ps.69:10; Joh.2:17). Auch wir sollen eifrig suchen, was Christi Jesu ist (Phil.2:21), und Eiferer für edle Werke sein (Tit.2:14).

Dem Christus als eine lautere Jungfrau darstellen will Paulus uns schon hier und heute, heilig und makellos in unserem Wandel und Dienst. Er müht sich und ringt darum, jeden Menschen, der in Christus Jesus ist, gereift darzustellen, dem Einwirken Gottes entsprechend, das sich in ihm als wirksam erweist in Kraft (Kol.1:28,29).

Des Paulus Befürchtung

 

Leider aber muss der Apostel in Vers 3 anmerken: »Ich fürchte aber, ob nicht etwa, so wie die Schlange in ihrer List einst Eva täuschte, auch eure Gedanken verderbt würden, hinweg von der Herzenseinfalt und Lauterkeit, die auf den Christus gerichtet ist.« Die Schlange zweifelte die Allgenugsamkeit Gottes an und verderbte so die Gedanken Evas dergestalt, dass sie nicht mehr allein auf Gottes Wort ausgerichtet waren. Eva zog mithin andere Werte in Betracht, die ihr gewinnbringend erschienen, und sie aß. Ebenso hatten die Gegner des Paulus seine Vollmacht und damit seine Verkündigung angezweifelt und andere Glaubensinhalte als begehrenswert angepriesen, und die Korinther waren darauf hereingefallen.

Einen anderen Jesus

 

Der verderbte Denksinn von Heiligen, die um die Wahrheit geprellt worden sind (1.Tim.6:5), zeigt sich an den Merkmalen des Verses 4: »Denn wenn jemand kommt und einen anderen Jesus heroldet, den wir nicht geheroldet haben, oder wenn ihr einen anderen Geist erhaltet, den ihr nicht durch uns erhieltet, oder ein andersartiges Evangelium, das ihr nicht durch uns empfingt, dann ertragt ihr das trefflich.« Der Apostel Paulus verkündigt den erhöhten und verherrlichten Christus, sitzend zur Rechten Gottes, der uns mit jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen allein aufgrund der göttlichen Auserwählung und Seines Glaubensgehorsams bis zum Kreuzestod in überströmender Gnade segnet (Eph.1:3). Wir sind umsonst von allen Sünden gerechtfertigt in der Gnade im Blut Christi allein durch Glauben. Wir sind mit Gott versöhnt und haben mithin Frieden mit Ihm durch den Tod Seines Sohnes. Wir sind im Gnadenstand und haben den Sohnesstand. Wir sind versiegelt mit dem Geist Gottes, dem heiligen, und werden versetzt in das überhimmlische Königreich Christi (2.Tim.4:18).

Der von den jüdischen falschen Aposteln verkündigte Jesus war der historische, der auf Erden nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesprochen hatte (Mat.15:24), der zukünftige König Israels, der gekommen war und wiederkommen wird, um die Verheißungen der Väter zu bestätigen (Röm.15:8). Umsinnen müsse man und sich in Wasser taufen lassen sowie in Christus bleiben und gute Werke tun, außerdem sei die Beschneidung unumgänglich, um am Königreich Israels auf Erden teilzuhaben. Das ist ja die Wahrheit, allerdings für Israel und nicht für die gegenwärtige, dem Paulus gegebene heilsgeschichtliche Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2,8,9; Kol.1:25). Wenn man das Wort Gottes nicht der richtigen Haushaltung zuordnet, wird aus Wahrheit Irrtum.

Leider wird heutzutage oftmals nicht nur dieser andere Jesus verkündigt - es ist ein und derselbe, nur sind unsere Segnungen in Ihm, die Segnungen, die wir als Glieder Seiner Körpergemeinde haben, andere als die zukünftigen Segnungen Israels -, sondern da verkündigen welche einen völlig andersartigen Jesus, etwa den Pazifisten oder Sozialreformer, das rein menschliche Vorbild oder wonach den Leuten sonst die Ohren jucken. Ein andersartiger Jesus - eben nicht von göttlicher Art - ist auch ein Jesus, der nicht für alle - zugunsten von allen - starb und auferweckt wurde und der nicht beruft, sondern für den der Mensch sich selbst entscheiden müsse (als ob der Mensch dies könne!).

Einen anderen Geist

 

Die betrügerischen Arbeiter hatten den Korinthern einen anderen Geist vermittelt. Wir wissen, dass wir beim Glaubensanfang den Geist Gottes und Christi erhielten, den heiligen, ja wir mit ihm versiegelt sind (2.Kor.1:22), mit der Kraft Gottes, die uns Heilsgewissheit verleiht (Röm.8:15; Eph.1:13) und zum Dienst des Herrn befähigt. Diesen Geist können wir nicht mehr verlieren, ihn aber betrüben (Eph.4:30). Er wird betrübt, wenn wir als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte uns den Geist der Welt (1.Kor.2:12) oder den Geist der Sklaverei, der Versklavung unter das Gesetz des Mose (Röm.8:15), aufschwatzen lassen. Hier ist der Begriff »Geist« zwar nur als das Prinzip unserer Handlungen zu verstehen, dahinter aber stehen der Widerwirker und die bösen Geister als reale geistliche Wesen, die unsere Gedanken definitiv verderben können. Viele Heilige sind nicht gesund im Glauben. (Wörtlich heißt es deshalb in unserem Vers »andersartiger Geist«, was aber nach unserem Sprachgebrauch einem »anderen Geist« gleichkommt.) Die Diener Satans hatten nicht den Geist des Glaubens und der von Paulus praktizierten Sanftmut (10:1) unterstützt, sondern den Geist der Gesetzlichkeit und Hartherzigkeit nach Korinth gebracht, ja der Überheblichkeit, des Haders und der Spaltungen. Und die Gläubigen hatten dies gern ertragen und sich dadurch von Paulus und seinem Evangelium abbringen lassen.

Ein andersartiges Evangelium

 

Die israelitischen Gegner des Paulus hatten zugleich ein andersartiges Evangelium verkündigt. Ein anderes Evangelium war das des Apostels Petrus, Evangelium der Beschneidung genannt (Gal.2:7), das ein echtes war und zur Rettung für das Königreich Israels wirksam war und nach unserer Zeit wieder sein wird. Ein andersartiges Evangelium aber ist eine unerlaubte Mischung des Evangeliums der Beschneidung mit dem Paulus eigens enthüllten Evangelium der Unbeschnittenheit sowie ein Evangelium, das aus verschiedenen religiösen Elementen zusammengesetzt ist. Religionen leben nicht vom Glauben, sondern von Bemühungen von Menschen, die meinen, Christus habe nicht alles vollbracht, weshalb sie irgendetwas Ergänzendes tun oder durch Rituale und Sakramente ihr Heil bewirken oder die Voraussetzungen für die Gewährung der Gnade schaffen müssten. Da ist Gnade nicht mehr Gnade. Da ist Gott nicht mit allen Menschen versöhnt (2.Kor.5:19). Da muss man für die Sünden büßen. Da ist man sich der Rettung nicht gewiss.

Den Galatern hatte Paulus mehrere Jahre zuvor geschrieben, dass er nur staunen könne, dass sie sich so schnell umgestellt hatten, hinweg von dem Evangelium, das sie in Christi Gnade berufen hat, zu einem andersartigen Evangelium, das aber nicht ein anderes echtes ist. Und dann tut Paulus den Ausspruch: Wenn jemand euch etwas Andersartiges als Evangelium verkündigt, neben dem, was ihr von uns erhalten habt: er sei in den Bann getan! (Gal.1:6-9).

Des Paulus Aposteltum ist offenbar

 

Paulus schreibt weiter: »Doch schätze ich, dass mir nichts mangelt, was die »hervorragenden Apostel« auszeichnet. Wenn ich auch wohl ungelehrt im Ausdruck bin, so doch nicht in der Erkenntnis; sondern in jeder Hinsicht sind wir für euch in allem offenbar geworden« (Verse 5 und 6). Die »hervorragenden Apostel«, wörtlich die »Sehr-über-Apostel«, wie sie sich nennen, dies sind die falschen Apostel. Sie übertrafen Paulus an Redegewandtheit, aber keineswegs in der Erkenntnis. Des Paulus Redeweise mag gewöhnlich gewesen sein, was er aber sagte - und dies bestimmt nicht ohne Eifer -, war lebendiges und kraftvolles Gotteswort. Er überragte alle in der Erkenntnis Gottes. Paulus legte im Gegensatz zu seinen hebräischen Widersachern gerade Wert darauf, dass sein Wort und seine Heroldsbotschaft nicht in überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft besteht, damit der Glaube der Korinther nicht in der Weisheit der Menschen, sondern in der Kraft Gottes gegründet sei (1.Kor.2:4,5). So war Paulus den Gläubigen in ganz Achaja als ihr wahrer Apostel offenbar geworden, denn er war der Offenbarende, der ihnen die Erkenntnis Gottes ermöglichte. Leider aber muss er sie daran erinnern.

Paulus hat die Korinther nicht beschwert

 

In den Versen 7 bis 9 führt Paulus ein Beispiel seiner Gesinnung an, die die Korinther leider nicht erkannt haben. Lesen wir zunächst die Verse 7 und 8: »Oder beging ich etwa eine Sünde, als ich mich selbst erniedrigte, damit ihr erhöht würdet, weil ich euch das Evangelium Gottes umsonst verkündigt habe? Andere herausgerufenen Gemeinden habe ich beraubt, indem ich Kostrationen nahm, um den Dienst an euch zu tun.« Dies war der einzige Vorwurf, den die Korinther gegen Paulus aufrecht erhalten konnten. Nun schreibt er dies nicht, um sich zu rühmen, sondern zur Auferbauung der Gläubigen und zur Entlarvung der Gegner, die ja kräftig von den Heiligen nahmen (11:20). Er erniedrigte sich - dies ist die Gesinnung Christi Jesu -, damit die Korinther erhöht, damit sie in der Erkenntnis der Liebe des Paulus zu ihnen im Evangelium gekräftigt würden.

Umsonst, unentgeltlich hat er ihnen das Evangelium verkündigt, dem Charakter der Botschaft entsprechend, die uns sagt, dass wir umsonst (geschenkweise) gerechtfertigt wurden in Gottes Gnade durch die Freilösung, die in Christus Jesus ist (Röm.3:24). Aus Glauben allein sind wir von allen Sünden gerechtfertigt, damit es der Gnade gemäß sei (Röm.4:16). Die Gnade aber verlangt nichts, weder eine Vorleistung noch eine Gegenleistung. So war Paulus in seiner Person ein Ausdruck der Gnade Gottes. Der Apostel machte von seiner Vollmacht, von der Evangeliumsverkündigung zu leben, keinen Gebrauch, um dem Evangelium des Christus kein Hindernis zu geben (1.Kor.9:7,12,14).

Die Mazedonier, insbesondere die Philipper, hatten ihm Kostrationen, Mittel zum Lebensunterhalt, gesandt (Phil.4:15). »Beraubt«, so sagt der Apostel, habe er diese anderen Gemeinden. Es ist aber berechtigt, etwas anzunehmen, wenn dadurch ein gerechter Ausgleich stattfindet (2.Kor.8:14). Doch vergessen wir hierbei nicht, was in Titus 3:13,14 geschrieben steht: »Zenas, den Gesetzesgelehrten, und Apollos rüste fleißig aus und sende sie dann weiter, damit es ihnen an nichts fehle. Hier sollen auch die Unseren lernen, für den notwendigen Bedarf aufzukommen und so für edle Werke einzustehen, damit sie nicht ohne Frucht bleiben.«

Paulus kommt übrigens in Kapitel 12:13 nochmals auf die Anklage zurück: »Was wäre es denn, worin ihr etwa minder geachtet wurdet als die übrigen herausgerufenen Gemeinden, wenn nicht das eine, dass ich selbst euch nicht zur Last gefallen bin? War dies eine Ungerechtigkeit, so erweist mir Gnade!«

Mit Vers 9 fortfahrend, untermalt Paulus seine Ausführungen: »Als ich bei euch anwesend war und Mangel litt, fiel ich niemandem zur Last; denn meinen Mangel füllten die Brüder auf, die damals aus Mazedonien kamen. In allem hielt ich darauf, dass ich euch nicht beschwerlich fiel; und ich werde es auch weiterhin so halten.« Es war den Gläubigen gar nicht aufgefallen, dass Paulus Mangel unter ihnen gelitten hatte. Im Geist der Versöhnung übt Paulus keine Kritik, sondern ermahnt sie, damit sie ihn nachahmen sollten zur Verherrlichung Gottes, wie zum Beispiel in 2.Thessalonicher 3:8,9 zu lesen: »... auch haben wir nicht jemandes Brot umsonst gegessen, sondern unter Mühe und Anstrengung bei Nacht und bei Tag gearbeitet, um keinem von euch beschwerlich zu sein. Nicht, dass wir nicht die Vollmacht dazu haben, sondern auf dass wir euch uns selbst zum Vorbild gäben, damit ihr uns nachahmen solltet.«

Der Apostel wird es auch weiterhin so halten, keinem beschwerlich zu sein. - Lasst auch uns darauf achten, einander nicht zu beschweren.

Des Paulus Ruhm

 

Wie wir aus den Versen 10 und 11 ersehen, legt Paulus auf diesen Punkt, der ja Ausdruck der Liebe ist, besonderen Wert: »So gewiss die Wahrheit Christi in mir ist: dieser Ruhm soll mir in den Landstrichen Achajas nicht versperrt werden. Weshalb? Weil ich euch etwa nicht liebe? Gott weiß es.« Dieser Ruhm soll Paulus nicht verwehrt werden: den der kostenlosen Verkündigung. In 1.Korinther 9:15 hatte er bereits betont: » Ich aber habe von all diesem (von seinem Recht, die Gläubigen für seinen Lebensunterhalt aufkommen zu lassen) keinen Gebrauch gemacht ..., denn es erscheint mir besser, eher zu sterben, als dass mir jemand meinen Ruhm entleere«; ... seinen Ruhm zur Verherrlichung Gottes.

Liebte Paulus die Korinther etwa nicht? Im Gegenteil: gerade sein Verhalten ist Liebe. In Kapitel 12:15 beschreibt er, wie seine Liebe - wir wissen: die Liebe gibt alles auf (1.Kor.13:7) - aussieht: »Ich will aber sehr gern alles für eure Seelen verbrauchen und mich dabei aufbrauchen lassen, auch wenn ich, der ich euch besonders liebe, minder geliebt werde.«

Dies ist die Wahrheit. Paulus spricht die Wahrheit, denn Christus ist in ihm und damit die Wahrheit Christi. Es ist eine Freude, ihr zu begegnen und nicht etwa Beschönigungen oder Verdunkelungen. Mögen wir wie Paulus offen reden und auch alles offenlegen können. Ebenso wie in Christus Wahrheit ist und kein Falsch, so sind auch des Paulus Worte reine und damit kraftvolle Wahrheit, mithin andere gewinnende und reinigende Wahrheit.

Der Apostel fügt in Vers 12 hinzu: »Was ich nun tue, werde ich weiterhin tun, damit ich denen den Anlass abschneide, die einen Anlass suchen wollen, sich dessen rühmen zu können, dass man gefunden habe, sie handelten ebenso wie wir.« Paulus wird weiterhin so handeln wie bisher, und damit werden die üblen Arbeiter auch in der Zukunft keinen Grund zum Rühmen ihm gegenüber haben. Sie handelten anders als Paulus und werden auch fernerhin überheblich sein und die Gläubigen, die nicht auf Paulus achten, versklaven und aufzehren (11:20) - wie es zudem bis zum heutigen Tage geschieht.

Falsche Apostel

 

Mögen wir angesichts des Verses 13 durchaus erschrecken - es wird uns heilsam sein. Paulus schreibt: »Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die sich zu Aposteln Christi verstellen.« Wie viele unmündige, ungereifte Gläubige werden die »hervorragenden Apostel« wohl schon hintergangen haben? Auf sie, die sich »Über-Apostel« nennen und damit eine andere Gesinnung als Christus Jesus an den Tag legen, sollte man nicht hören. Sie verhalten sich nicht gemäß den Tugenden, deren sie sich rühmen. Sie bringen auch nicht die Lehre des Apostels Paulus, sondern verkündigen einen anderen Jesus; sie verursachen daher »Zwistigkeiten und Fallstricke«. »Meiden« sollen wir sie (Röm.16:17). »Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern sind ihrem eigenen Leib versklavt; und durch gütige Worte und Segenswünsche täuschen sie völlig die Herzen der Arglosen« (Röm.16:18). Den Ältesten von Ephesus sagte Paulus in Milet: »Ich weiß aber, dass, wenn ich unerreichbar bin, schwere Wölfe unter euch eindringen werden, die das Herdlein nicht verschonen. Auch werden aus eurer Mitte Männer aufstehen und verdrehte Dinge sprechen, um die Jünger an sich zu reißen. Darum wachet, dessen eingedenk, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden unter Tränen zu ermahnen« (Ap.20:29-21).

Die falschen Apostel sind übrigens grundsätzlich als Gläubige anzusehen, denn Paulus bezeichnet sie in Vers 22 als »Diener Christi«. Sie verkündigen aber ein andersartiges Evangelium und gehören daher in den Bann getan, das heißt man schenke ihnen kein Gehör.

Betrügerische Arbeiter

 

Sie sind betrügerische Arbeiter. In Kapitel 4:2 hatte Paulus schon auf sie Bezug genommen: »Wir weisen die verborgenen Dinge der Schande zurück, denn wir wandeln nicht mit List noch handhaben wir das Wort Gottes betrügerisch, sondern empfehlen uns jedem Gewissen der Menschen durch die Offenbarung der Wahrheit vor den Augen Gottes.« Mit List, zu ihrem eigenen Vorteil legen sie das Wort Gottes falsch aus, indem sie es nicht richtig schneiden (sachlich, zeitlich und personell nicht richtig zuordnen; 2.Tim.2:15), sondern durcheinanderwerfen, und indem sie betonen, was ihnen gerade passt, um ein gutes Ansehen zu haben. Doch auch dieses Bollwerk Satans reißt Paulus hiermit nieder (10:4). Sie betrügen die Gläubigen mit verdrehtem Wort Gottes und schließlich um das Wort Gottes.

Schärfste Worte gebraucht der Apostel auch in Philipper 3:2: »Hütet euch vor den streunenden Hunden, hütet euch vor den üblen Werkern, hütet euch vor der Zerschneidung; denn wir sind die wahre Beschneidung, die wir in Gottes Geist Gottesdienst darbringen und uns in Christus Jesus rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen.« Jeder, der die überströmende Gnade schmälert, ist ein übler Werker. Die überströmende Gnade wird uns nur durch das Evangelium des Apostels Paulus bekannt gemacht. Alles ist Gnade: unsere Auserwählung und Berufung, unser Glaube, unsere Rechtfertigung und Versöhnung, unser Wollen und Vollbringen. Als mitgekreuzigt ist unser Fleisch, jede eigene Leistung, völlig abgetan, sowohl hinsichtlich der Rettung wie auch unseres Alltagslebens, denn nur die Gnade, die in Christus Jesus ist, rettete uns, erzieht uns zu einem Gott wohlgefälligen Wandel und kräftigt uns zum rechten Dienst.

Satan selbst verstellt sich

 

Paulus fährt fort: »Und dies ist nichts Erstaunliches; denn Satan selbst verstellt sich zu einem Boten des Lichts.« Es sollte uns nicht wundern, dass Menschen sich zu Aposteln Christi verstellen und vorgeben, Gerechtigkeit, Wahrheit und Licht zu verkündigen, denn Menschen handeln nicht frei und unabhängig, sondern sind irgendeines Geistes Kind. Jene, die nicht vom Geist Gottes geführt werden, werden von den mächtigen bösen Geistern, den Weltbeherrschern dieser Finsternis (Eph.6:12), geleitet, deren Oberster Satan ist. Der Widerwirker, die uralte Schlange, tritt gar nicht hässlich und böse auf, sondern als ein Bote des Lichts - wer hätte das gedacht? Es dürfte aber klar sein, dass der Vater der Lüge schön und herrlich erscheinen will und im biblischen Gewand - das ist der beste Weg, um nicht als Betrüger erkannt zu werden. Er tut Dinge, die wir aus der Bibel kennen. Er erscheint den Gläubigen, die nicht wissen, dass wir in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung wandeln (2.Kor.5:7), in Lichtgestalt - sie meinen, einen »Engel« oder den Herrn Selbst gesehen zu haben, und so sind sie betrogen. Er gibt angebliche prophetische Worte ein, und wer nicht weiß, dass das Wort Gottes durch den Apostel Paulus vervollständigt wurde (Kol.1:25) und es mithin keine weiteren Offenbarungen mehr gibt, fällt auf ihn herein. Er tut Zeichen und Wunder - in unserer Verwaltung gibt es sie nicht mehr; sie dienten einst zur Bestätigung und Beglaubigung der Botschaft (1.Kor.13:8-12; 2.Kor.12:12; Heb.2:4) - und die Massen laufen ihm nach.

Satans Diener verstellen sich

 

»Daher ist es nichts Großes«, so lautet dann Vers 15, »wenn sich auch seine Diener als Diener der Gerechtigkeit verstellen, deren Abschluss aber ihren Werken entsprechend sein wird.« Satans Diener setzen sich mithin auch für das Gute ein, für Gerechtigkeit unter den Menschen, für Reformen und die Verbesserung der Lebensverhältnisse. Sie wollen den Menschen helfen - ohne das Wort vom Kreuz, ohne die Freilösung von den Mächten der Sünde und des Todes, ohne Christi Blut. Sie verheißen Freiheit, sind aber selbst Sklaven der Sünde. Sie missachten die allgenugsame Gnade Gottes, die allein rettende und die Menschen ändernde.

Ihr Abschluss wird ihren Werken gemäß sein. Die Werke der Feinde des Kreuzes werden bei der Prüfung vor der Preisrichterbühne Christi verbrennen und untergehen; sie gehen mithin des Lobes und des Lohnes unseres Herrn Jesus Christus verlustig (1.Kor.3:10-15; Phil.3:18,19). »Irret euch nicht«, schreibt der Apostel Paulus in Galater 6:7,8, »Gott lässt sich nicht spotten; denn was auch ein Mensch sät, das wird er auch ernten; denn wer in sein Fleisch sät, wird aus dem Fleisch Verderben ernten; wer aber in den Geist sät, wird aus dem Geist äonisches Leben ernten.«

Paulus rühmt sich seiner Schwachheit

(2.Korinther 11:16-33)

 

Die Gegner des Apostels Paulus in Korinth rühmen sich ihrer selbst. Wenn dies auch sehr unbesonnen ist, so will Paulus sich jetzt ebenfalls einmal rühmen, selbst wenn die Korinther ihn deshalb für unbesonnen halten sollten. Doch es ist notwendig, dass Paulus sich rühmt, denn er will sie zur Erkenntnis des rechten Dienstes im Herrn und ihres wahren Apostels führen. Seine Feinde, die falschen Apostel und betrügerischen Arbeiter (11:13), legen den Maßstab der Welt an, Paulus aber den Gottes. Nach Gottes Maßstab aber können Gläubige sich nur in Christus rühmen, nur Seines Kreuzes und damit Seiner Schwachheit und Schmach. Mithin sind die Merkmale eines wahren Apostels die Christi: Schwachheit und Leiden, Erniedrigungen und Schmach.

Paulus redet in Unbesonnenheit

 

Der Apostel Christi Jesu schreibt in Vers 16: »Nochmals sage ich, es meine niemand, ich sei unbesonnen. Wenn aber doch, so nehmt mich nur als unbesonnen an, damit auch ich mich ein klein wenig rühmen möge.« Damit folgt Paulus dem Rat von Sprüche 26:5: »Antworte dem Narren nach seiner Torheit, damit er nicht weise werde in seinen Augen.« Indem Paulus sich nun rühmt und damit töricht benimmt, müsste den Korinthern klar werden, welch törichtem Rühmen sie zum Opfer gefallen waren.

Paulus fährt fort: »Was ich jetzt rede, das rede ich nicht im Sinne des Herrn, sondern wie in Unbesonnenheit, in der Voraussetzung, Ursache zum Rühmen zu haben. Weil viele sich dem Fleisch nach rühmen, will auch ich mich einmal rühmen« (Verse 17+18). Rühmen ist nicht dem Herrn gemäß, und doch will er es tun. Wir werden aber sehen, dass er sich nicht dem Fleisch nach rühmt, etwa seiner Abstammung, seiner Redekunst oder seiner Werke, sondern nur seiner Schwachheit.

Es folgen die Verse 19 bis 21a: »Denn gern ertragt ihr die Unbesonnen, die ihr so besonnen seid! Ihr ertragt es doch, wenn man euch völlig versklavt, wenn man euch aufzehrt, wenn man von euch nimmt, wenn jemand überheblich ist, wenn man euch ins Angesicht schlägt. Zur Unehre könnte ich sagen, dass wir zu schwach aufgetreten sind.« Mit heiliger Ironie deckt Paulus die Tatsachen auf. Ja, das hatten sie gewollt: starke Apostel, die mit eiserner Hand herrschten, die Herren über den Glauben waren (vgl. 2.Kor.1:24), die ihre berechtigten Ansprüche auch einforderten, deren hohe Würde unbedingt zu respektieren war. Paulus dagegen hatte den Korinthern Christus verkündigt und nicht sich selbst sowie sie nicht versklavt, sondern er war ihr Sklave geworden (2.Kor.4:5). Wenn Paulus in 1.Korinther 4:10 schreibt: »Wir sind schwach, ihr aber fühlt euch stark! Ihr habt schon alle Herrlichkeit, doch wir sind ungeehrt!«, dann darf man annehmen, dass sie sich im Gefolge der starken Apostel stark fühlten, obwohl sie ausgenutzt wurden. Ja, Paulus ist zu schwach aufgetreten, eben wie aus 1.Korinther 4:12 zu entnehmen ist: »Mit den eigenen Händen arbeitend, mühen wir uns. Beschimpft man uns, so segnen wir; verfolgt man uns, so ertragen wir es; lästert man uns, so sprechen wir zu.« Paulus war in Schwachheit, in Furcht und vielen Zittern zu den Achajern gekommen, und sein Wort und seine Heroldsbotschaft bestand nicht in überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, damit ihr Glaube nicht in der Weisheit der Menschen, sondern in der Kraft Gottes gegründet sei (1.Kor.2:3-5).

Ich auch, aber noch weit mehr!

 

Und nun geht Paulus das törichte Wagnis ein und rühmt sich: »Worin aber jemand zu gewagt ist (ich rede in Unbesonnenheit), bin auch ich zu gewagt: Hebräer sind sie? Ich auch! Israeliten sind sie? Ich auch! Abrahams Same sind sie? Ich auch! Diener Christi sind sie? (Ich spreche unsinnig:) Ich bin es weit mehr als sie« (Verse 21b-23a). Hebräer sind sie. Paulus auch. Hebräer sind solche Juden, die es besonders ernst nahmen und für die hebräische Tradition eiferten. So war Paulus zum Beispiel zu den Füßen Gamaliels in der genauen Auslegung des väterlichen Gesetzes unterwiesen worden und ein Eiferer für Gott in diesem Sinne gewesen (Ap.22:3). Israeliten sind sie. Paulus auch. Auch er gehört zu dem auserwählten Volk, aus dessen Schoß der Messias geboren wurde. Abrahams Same sind sie. Wenn sie doch nur etwas davon verstünden, dass Abraham in Unbeschnittenheit gerechtfertigt wurde und dies allein aus Glauben.

Diener Christi sind sie. Wohl glauben sie, dass Jesus der Christus ist, doch wer in der Zeit der Verwerfung Israels und der Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25) nicht auf den Grund baut, den Paulus gelegt hat, nämlich Christus, und diesen als gekreuzigt (1.Kor.2:2; 3:10,11), ist ein betrügerischer Arbeiter. Unseres Gottes Gedanken sind aber stets höher, gebraucht Er doch sogar des Feindes Widerspiel für Seine Zwecke. Denken wir auch an das, was in Philipper 1:18 geschrieben steht: »Indessen, da doch auf jede Weise, ob als Vorwand oder in Wahrheit, Christus verkündigt wird, freue ich mich auch darüber.« Gott wirkt in dieser Gnadenzeit auch - so weh es uns tut - durch Betrüger, die die Verkündigung zum Vorwand für finanziellen Gewinn nehmen, hochnäsig sind oder Personenkult betreiben, kurz: dem Fleisch noch Raum geben. Des Paulus Haltung jedoch ist diese: »Mir aber möge nur das nicht geschehen, nämlich mich zu rühmen, außer im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt« (Gal.6:14). So ist er nicht nur ein rechter Diener Christi, der dem Herrn Ehre macht, sondern er ist weit mehr als alle anderen Christi Diener. Er ist nicht nur der Apostel, Herold und Lehrer der Nationen in der gegenwärtigen Verwaltung (1.Tim.2:7), sondern auch eines unserer Vorbilder für unseren Wandel wie auch für unseren Dienst im Herrn, sodass wir ihn nachahmen sollen (1.Kor.4:16; 11:1; Phil.3:17; 2.Thess.3:7; 2.Tim.3:10). Paulus war der hingebungsvollste Diener Christi.

In Mühen übermäßiger

 

Was nun in den Versen 23b bis 28 folgt, ist keine Auflistung rühmlicher Eigenschaften und Taten, sondern ein Leidenskatalog. Doch wir ahnen, dass genau dies zum Ruhm des Apostels Paulus dient, nein, wir wissen, dass genau dies zur Verherrlichung Gottes dient, dessen Kraft sich in Paulus erwiesen hat. Auf das Kreuz gerade gründet sich auch die Verherrlichung Jesu. Nachdem Judas den Bissen genommen und in die Nacht hinausgegangen war, sagte Jesus nämlich: »Nun wird der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott wird in Ihm verherrlicht« (Joh.13:31). Möge es uns geschenkt werden, Gottes Weg und Weisheit zu erkennen, wonach alles Fleisch abgetan werden muss, damit Er alles in allen werde.

Nach 2.Korinther 6:4-10 empfehlen sich Diener Gottes nicht durch die Gewandtheit ihres Auftretens, sondern in vielem Erdulden, in Drangsal und unter Druck, bei unberechtigter übler Nachrede, als Betrübte, aber doch stets Freudevolle, als Arme, aber doch viele reich machend, und als solche, die nichts haben und doch alles innehaben.

Und dies ist der Katalog:

»... im Mühen übermäßiger« - denken wir dabei an seine beschwerlichen Reisen und wie er sich um die Menschen müht und alles erduldet um der Auserwählten willen, damit auch sie die Rettung erlangen, die in Christus Jesus ist, samt äonischer Herrlichkeit (2.Tim.2:10);

»... in Gefängnissen übermäßiger« - in Philippi zum Beispiel warf der Gefängnisaufseher Paulus und Silas in die innerste Zelle und sicherte ihre Füße im Stock (Ap.16:24);

»... unter Schlägen überreichlich«;

»... oftmals in Todesgefahr« - in der Provinz Asien war er über seine Kraft beschwert worden, sodass er am Leben verzweifelte, und hatte den Bescheid des Todes in sich, dies deshalb, damit er nicht mehr auf sich selbst vertrauen sollte, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt (2.Kor.1:8,9);

»Von den Juden erhielt ich fünfmal vierzig Schläge weniger einen« (V.24) - dies war die Strafe der jüdischen Synagoge (5.Mose 25:3). Die 39 Geißelhiebe konnten an den Rand des Todes führen;

»Dreimal wurde ich mit Ruten gepeitscht« - davon einmal in Philippi (Ap.18:22);

»... einmal wurde ich gesteinigt« - die von Juden aufgewiegelte Volksmenge von Lystra steinigte Paulus und schleifte ihn zur Stadt hinaus; sie meinten, er sei gestorben (Ap.14:19);

»... dreimal erlitt er Schiffbruch« - von diesen drei Schiffbrüchen vor dem auf der Seereise nach Rom berichtet die Apostelgeschichte nichts. Sie ist zum einen also kein vollständiger Bericht über die Erlebnisse des Apostels Paulus, zum andern wird Lukas seine Auswahl unter dem Gesichtspunkt des Themas der Apostelgeschichte getroffen haben, nämlich das Königreich Israels, das zunächst nicht kommt, da die Juden, die in Israel und die im Ausland, Jesus als den Christus verwerfen. Die Jünger hatten den Herrn ja gefragt: »Herr, stellst Du in dieser Zeit das Königreich für Israel wieder her?« (Ap.1:6), und der Verlauf der Apostelgeschichte gibt die Antwort: Nein, nicht in dieser Zeit!;

»... eine Nacht und einen Tag habe ich im Sumpf verbracht« - auch darüber wissen wir nichts Näheres;

»Oftmals unterwegs ...« - Paulus »reiste« nicht (so schön wie dieses Wort klingt), sondern legte weite Strecken in mühsamen Fußmärschen zusammen mit einem Packesel zurück.

»... war ich Gefahren durch Ströme ausgesetzt« - Brücken waren selten;

»... Gefahren durch Wegelagerer« - die konnten überall lauern;

»... Gefahren durch mein eigenes Geschlecht« - es ist fast nicht zu zählen, wie oft die Juden Paulus verfolgten, verjagten oder Menschenmengen gegen ihn aufbrachten, um ihn mundtot zu machen. Als Paulus in Jerusalem in römische Haft gekommen war, schmiedeten mehr als vierzig Juden ein Komplott und verschworen sich, weder zu essen noch zu trinken, bis sie Paulus getötet hätten (Ap.23:12). Von den Juden schreibt Paulus in 1.Thessalonicher 2:14-16, dass sie den Herrn Jesus wie die Propheten töteten und »uns verjagen. Sie können Gott nicht gefallen und sind allen Menschen entgegen. Uns verwehren sie, zu den Nationen zu sprechen, dass diese gerettet werden, und machen so allezeit ihr Sündenmaß voll. Es kommt aber der Zorn, der zum Abschluss führt, schon im voraus über sie.«

»... Gefahren durch die Nationen«;

»... Gefahren in der Stadt«;

»... Gefahren in der Wildnis«;

»... Gefahren auf dem Meer« - ja alles erduldet Paulus um der Auserwählten willen, damit auch sie die Rettung erlangen, die in Christus Jesus ist, samt äonischer Herrlichkeit (2.Tim.2:10);

»... Gefahren unter falschen Brüdern« - falsche Brüder können sowohl solche sein, die vorgeben, gläubig zu sein, und es nicht sind, als auch solche, die gläubig sind, aber Falsches lehren, vielleicht sogar absichtlich den Dienst des Paulus hintertreiben, oder sonstwie - etwa durch ihren fleischlichen Wandel - schädlichen und zerstörerischen Einfluss ausüben. In Galater 2:4 werden als falsche Brüder welche bezeichnet, die nebenbei hereingekommen sind und unsere Freiheit, die wir in Christus Jesus haben, auskundschaften, um uns völlig unter das Gesetz zu versklaven. Petrus sieht falsche Lehrer als Gläubige an, denn er spricht von ihrem Eigner, der sie erkauft hat (2.Pet.2:1). Und wenn sogar Petrus ein Satan sein konnte, insofern er dem Herrn Gedanken des Satans nahebrachte - wir erinnern uns: Als Jesus sagte, dass Er viel leiden und getötet werden müsse, nahm Petrus ihn beiseite, begann Ihn zu verwarnen und sagte: »Gott ist Dir versühnt, Herr! Keinesfalls wird Dir dies zugedacht sein!« Er aber wandte Sich um und sagte zu Petrus: »Geh hinter Mich, Satan! Du bist Mir ein Fallstrick! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern das, was menschlich ist« (Mat.16:21-23) -, wie viel mehr müssen wir uns vor falschen Lehrern hüten und auf uns selbst Obacht geben, dass wir keine Gedanken Satans weitertragen. Das Wort Gottes sollen wir verbreiten, nicht menschliche Meinungen.

Die Ältesten von Milet hatte Paulus gewarnt: »Ich weiß aber, dass, wenn ich unerreichbar bin, schwere Wölfe unter euch eindringen werden, die das Herdlein nicht verschonen. Auch werden aus eurer Mitte Männer aufstehen und verdrehte Dinge sprechen, um die Jünger an sich zu reißen« (Ap.20:29,30). Und die Erwähnung der falschen Brüder in seinem Leidenskatalog durfte und darf bis heute ebenfalls als Warnung verstanden werden. Mögen die Korinther sich doch von Dienern Satans und betrügerischen Arbeitern vollends lösen! »Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern sind ihrem eigenen Leib versklavt; und durch gütige Worte und Segenswünsche täuschen sie völlig die Herzen der Arglosen« (Röm.16:18).

Aufopferungsvoller Dienst

 

Der Apostel schreibt weiter: »Dazu unter Mühe und Anstrengung, oftmals in durchwachten Nächten, in Hunger und Durst, oftmals in Fasten, in Kälte und Blöße« (Vers 27). Er hat niemandes Brot umsonst gegessen, sondern unter Mühe und Anstrengung bei Nacht und bei Tag als Zeltmacher gearbeitet, um keinem beschwerlich zu sein, und ihnen dabei das Evangelium geheroldet (2.Thess.3:8). Der Herr wird ihm seinen Lohn nach seiner Mühe geben (1.Kor.3:8). Am Anfang der Evangeliumsverkündigung, als er von Mazedonien auszog, hatte keine der herausgerufenen Gemeinden dem Apostel etwas zur Rechnung des Gebens und Nehmens beigesteuert als nur die Philipper (Phil.4:15). Mögen wir uns ein Beispiel für unsere Arbeit im Glauben und unser Mühen in der Liebe daran nehmen (1.Thess.1:3) und im Werk des Herrn allezeit überfließen, wissen wir doch zudem, dass unsere Mühe im Herrn nicht vergeblich ist (1.Kor.15:58).

Von den anderen in Vers 27 erwähnten Leiden schrieb Paulus bereits in 1.Korinther 4:11-13: »Auch hungern und dürsten wir bis zur jetzigen Stunde; wir sind nur dürftig gekleidet, wir werden mit Fäusten geschlagen und führen ein unstetes Leben. Mit den eigenen Händen arbeitend, mühen wir uns. Beschimpft man uns, so segnen wir; verfolgt man uns, so ertragen wir es; lästert man uns, so sprechen wir zu. Wie der Auskehricht der Welt, wie der Abschaum aller Menschen sind wir bis jetzt geworden.«

Mit solchen Worten reißt der Apostel Paulus Bollwerke nieder (2.Kor.10:4). Er zerstört jeden Größenwahn. Wahre Größe erwächst aus dem Zerbruch jeder menschlichen Größe und der Erkenntnis, dass alles rechte Sein und Tun nur Gnadengeschenk Gottes ist. Nicht in äußerem Glanz, sondern im Kreuzesweg Christi übertrifft Paulus alle. Dies nur soll die Korinther von der Echtheit seines Dienstes überzeugen und ihre Herzen für sein Evangelium gewinnen.

Es folgt Vers 28: »... ohne was sich außerdem bei mir zuträgt: das tägliche Überlaufenwerden, die Sorge für alle herausgerufenen Gemeinden.« So hat Paulus zum Beispiel den dem 2. Korintherbrief vorausgehenden Brief aus vieler Drangsal und Herzensbeklemmung und unter vielen Tränen geschrieben (2.Kor.2:4). In Ephesus hat er drei Jahre lang Tag und Nacht nicht aufgehört, einen jeden unter Tränen zu ermahnen (Ap.20:31). Und welch einen großen Ringkampf, welch einen Glaubenskampf führte er, um jeden Menschen in aller Weisheit zu lehren und in Christus Jesus gereift darzustellen. Sein Mühen und Ringen hatte das Ziel, dass den Herzen der Heiligen zugesprochen werde und sie in Liebe und zu allem Reichtum der Vollgewissheit des Verständnisses vereinigt seien zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes und des Vaters Christi, in welchem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind (Kol.1:28-2:3).

Um jeden Einzelnen kümmert sich Paulus, wie aus Vers 29 hervorgeht: »Wer ist schwach, und ich bin nicht schwach mit ihm? Wem wird Anstoß gegeben, und ich glühe nicht mit ihm?« Paulus tut, was er lehrt: »Es gilt, sich zu freuen mit den Freudevollen, zu schluchzen mit den Schluchzenden, untereinander gleichgesinnt zu sein, nicht auf Hohes sinnend, sondern, davon weggeführt, sich zu den Niedrigen zu gesellen« (Röm.12:15,16). »Und sei es, dass ein Glied leidet, so leiden alle mit, oder dass ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit« (1.Kor.12:26). Wer ist verstrickt in ein Problem, und Paulus versetzt sich nicht in dessen Lage? Da essen welche rücksichtslos Götzenopferfleisch und geben den Schwachen im Glauben damit Anstoß. Sollte Paulus etwa nicht in Anbetracht dessen glühen, dass das Gewissen der Schwachen auf diese Weise erschlagen und an jenen Brüdern gesündigt wird, ja an Christus, der für sie starb (1.Kor.8:9-13)?

Die Summe des Gesagten

 

In Vers 30 zieht der Apostel das Fazit: »Wenn ich mich schon rühmen muss, dann will ich mich dessen rühmen, was meine Schwachheit erweist.« Paulus war genötigt worden, sich zu rühmen (12:11). Mit seinem Selbstlob aber hat er die Maßstäbe der betrügerischen Arbeiter entlarvt. Deutlicher kann der Unterschied zu seinen Gegnern nicht sein. Und welch ein Vorbild der Hingabe an den Herrn im Wettkampf der Verbreitung des Evangeliums des Christus hat Paulus damit gegeben!

Christus ist aus Schwachheit gekreuzigt worden, und was Er jetzt lebt, das lebt Er aus der Kraft Gottes (2.Kor.13:4); ebenso ist Paulus schwach in sich selbst und kraftvoll nur in Christus (12:10). Der Mensch ist aller Ehre entkleidet; glückselig, wer erkennt, dass Christus allein aller Ehre würdig ist. Nur wer in der Erkenntnis der eigenen Schwachheit lebt, freut sich über die Gnade, kräftigt sich in ihr und blickt zuversichtlich auf das Wirken Gottes, dass Er Türen auftue und unser Wollen und Wirken zu Seinem Wohlgefallen schenke und lenke; über solchen zeltet die Kraft des Christus (12:9).

Nur im Kreuz können wir uns rühmen, und zwar nicht nur unserer Rettung, sondern auch in Bezug auf unseren Wandel in Erniedrigungen und unseren Dienst unter vielen Beschwernissen.

In Damaskus

 

Paulus führt in den Versen 31 bis 33 ein weiteres Beispiel eines erniedrigenden Erlebnisses an: »Der Gott und Vater des Herrn Jesus, der für die Äonen gesegnet sei, weiß, dass ich nicht lüge. In Damaskus ließ der Landesoberst des Königs Aretas die Stadt der Damaszener überwachen, weil er mich festnehmen wollte; doch wurde ich in einem Weidenkorb durch ein Fenster in der Mauer hinabgesenkt und entrann seinen Händen.« Gott, der Gott und Vater unseres Herrn Jesus, der auch den gegenwärtigen bösen Äon durch Christus gemacht hat (Heb.1:2), um sich in den unter diesen Bedingungen lebenden Gläubigen durch die Darreichung Seines Geistes und mithin Seiner Kraft zu verherrlichen, sei für die Äonen gesegnet für all Sein Wirken an und durch Paulus, in welchem Christus Gestalt annehmen durfte, und an uns und durch uns, die wir der Lehre und dem Vorbild des Paulus folgen.

Nach seiner Berufung vor Damaskus hielt Paulus sich drei Jahre lang in Arabien auf, von wo er wieder nach Damaskus zurückkehrte (Gal.1:17). Im Glauben immer mehr gekräftigt, brachte er dann die Juden dort in Verwirrung, da er aus der Schrift den Nachweis führte, dass Jesus der Christus ist. Die Juden beschlossen daher nach einiger Zeit, Paulus zu ermorden. Doch ihr Anschlag wurde Paulus bekannt. Sie ließen nun tags wie auch nachts die Stadttore scharf beobachten, damit sie ihn ermorden könnten. Sie hatten den Statthalter des nabatäischen Königs Aretas

(9 v.Chr. - 40 n. Chr.), der von 36 bis 39 oder 37 bis 40 n. Chr. die ihm von den Römern verliehene Hoheit über die Stadt innehatte, dafür gewinnen können. Die Jünger aber ließen Paulus bei Nacht hinaus, indem sie ihn in einem Korb durch ein Fenster in der Mauer hinabsenkten (Ap.9:22-25).

Heimlich von seinem Arbeitsfeld fliehen zu müssen und dem Tode knapp zu entrinnen, war ein eindrückliches Erlebnis für Paulus, das ihm seine Schwachheit deutlich vor Augen führte. Er hatte kein Rettungswunder erfahren, wie sie in jenen Jahrzehnten, als die Königreichskräfte noch wirkten, wiederholt geschahen. Dies darf als Zeichen dafür gewertet werden, dass Paulus zu der geistlichen Reife wachsen soll, die ihn an der Gnade allein genügen lässt, wie unser Herr zu ihm sagte: »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht« (2.Kor.12:9).

Das Fleisch ist abgetan

 

Zum Schluss noch ein Blick auf uns, den Kreis der Brüder und Schwestern in Christus Jesus, gesegnet in überströmender Gnade mit jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in Christus, doch nicht mit weltlichen Dingen: »Seht doch nur eure Berufung an, Brüder; da sind nicht viele Weise dem Fleische nach, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme; sondern das Törichte der Welt erwählt Gott, damit Er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt erwählt Gott, damit Er das Starke zuschanden mache. Das Niedriggeborene der Welt und das von ihr Verschmähte erwählt Gott, ja das, was bei ihr nichts gilt, um das abzutun, was bei ihr etwas gilt, damit sich überhaupt kein Fleisch vor den Augen Gottes rühmen könne. Aus Ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott her zur Weisheit gemacht worden ist, wie auch zur Gerechtigkeit, Heiligung und Freilösung, damit es so sei, wie geschrieben steht: Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn!« (1.Kor.1:26-31).

»Dir genügt Meine Gnade!«

(2.Korinther 12:1-10)

 

Falsche Apostel und betrügerische Arbeiter, die einen anderen Jesus und ein andersartiges Evangelium als das des Paulus verkündigten, hatten die Gläubigen in Korinth von Paulus abspenstig gemacht, indem sie sich als hervorragende Apostel bezeichneten und sich ihrer israelitischen Abstammung, ihrer Redekunst, ihrer Erfolge und anderer fleischlichen Dinge rühmten. Paulus hatte die Korinther durch seinen unter Tränen geschriebenen Brief, den so genannten Tränenbrief (2.Kor.2:4), zwar wieder für sich gewonnen, er muss ihnen aber mit dem 2.Korintherbrief noch verdeutlichen, wessen sich ein Diener Christi rühmen kann. Ein Diener Christi kann sich nur seiner Schwachheit rühmen. Wenn Christus aus Schwachheit gekreuzigt wurde, dann verbleiben für Paulus dementsprechend nur Mühen, Gefängnisse, Schläge, Auspeitschungen, Schiffbrüche, Gefahren, Hunger und Durst, Kälte und Blöße. Dieser Dinge rühmt Paulus sich in Kapitel elf, um den Gläubigen den richtigen Maßstab vor Augen zu führen und ihnen zu zeigen, wer ihr wahrer Apostel ist.

Paulus hatte noch mehr Gründe, sich zu rühmen, insbesondere die Erscheinungen und Enthüllungen des Herrn, doch er tut es nicht, wenn er auch davon berichtet, sondern rühmt sich einzig und allein wieder nur seiner Schwachheiten, denn nur diese sind der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung gemäß, und nur in seiner Schwachheit erfährt er die Kraft Christi.

Die Erscheinungen und Enthüllungen des Herrn

 

So schreibt der Apostel Paulus in 2.Korinther 12:1: »Wenn schon gerühmt werden muss (mag es zwar nicht fördern), so will ich aber auch zu den Erscheinungen und Enthüllungen des Herrn kommen.« Rühmen bringt keinen sittlichen Ertrag, sondern führt nur zu Selbstüberhebung, wie an den Gegnern des Paulus zu sehen. Vom unreifen Verhalten der Korinther aber genötigt, denen Rühmen imponiert, erwähnt Paulus nun ein überragendes Ereignis, ohne sich jedoch selbst zu rühmen, ist doch alles das Wirken des Herrn, der Seinen Apostel damit beschenkte.

Der Herr Christus Jesus hatte Paulus Erscheinungen und Enthüllungen in Gnaden gewährt. Eine Erscheinung oder »Gesehenes« ist etwas, was Gott einem Menschen optisch vor Augen führt, was man in einer Vision sieht. Eine Enthüllung gibt optisch oder akustisch oder in beiden Weisen inhaltlich bekannt, was bisher unbekannt oder geheim war. Eine Offenbarung erst gibt volles Licht zur rechten geistlichen Erkenntnis. Ohne das Licht der Offenbarung nützt eine Erscheinung oder sogar eine Enthüllung wenig. So viel zu den Begriffen. In der Praxis ist es aber so, dass für den, der das nötige geistliche Verständnis hat oder erhält, eine Erscheinung oder eine Enthüllung zugleich auch eine klare Offenbarung ist.

Paulus hat eine Vielzahl von Offenbarungen empfangen. Das von ihm zu verkündigende Evangelium wurde ihm durch eine Enthüllung zuteil (Gal.1:12). Gott enthüllte Seinen Sohn in Paulus (Gal.1:16). Der Herr erschien ihm vor Damaskus, nach 3 Jahren in Jerusalem (Ap.22:17), nach 14 Jahren im syrischen Antiochien (Gal.2:2), in Korinth (Ap.18:9) und in römischer Haft zu Jerusalem (Ap.16:9), in Milet bezeugte der heilige Geist Paulus Bande und Drangsale (Ap.20:23) und auf der Seereise nach Rom trat ein Bote Gottes zu Paulus (Ap.27:23). Viele Geheimnisse wurden Paulus enthüllt, zum Beispiel das Geheimnis des Evangeliums: die Versöhnung Gottes mit der Welt (Röm.5:11; 16:25; 2.Kor.5:19; Eph.6:15,19), das Geheimnis der Auferstehung: unsere Verwandlung (1.Kor.15:51), das Geheimnis des Christus: Seine hohe Stellung als Erster in allem, Seine Mittlerschaft, Seine Erhöhung, Verherrlichung und Hauptschaft über alle (Eph.1:20,21; Kol.1:15-20; 4:3), das so genannte Ephesergeheimnis: die gemeinsame Teilhaberschaft aller Gläubigen (Eph.3:6), das in Gott verborgen gewesene Geheimnis: die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung (Eph.3:2,8,9; Kol.1:25,26; 1.Tim.1:4), das Geheimnis der Ehe: das Einssein des Christus und Seiner herausgerufenen Gemeinde (Eph.5:32) und das überaus herrliche Geheimnis: Christus unter den Nationen (Kol.1:27). Außerdem erhielt Paulus einzelne Worte des Herrn, zum Beispiel zur Entrückung (1.Thess.4:15), zur Versorgung der Evangeliumsverkündiger (1.Kor.9:14) und zum Gedächtnismahl (1.Kor.11:23).

Und nun erfahren wir in unserem Schriftabschnitt von einer Entrückung des Paulus und, so herrlich diese auch war, von dem noch herrlicheren Wort des Herrn an Paulus: »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht.«

Bis zum dritten Himmel

 

Paulus schreibt in Vers 2: »Ich weiß von einem Menschen in Christus, dass solcher vor vierzehn Jahren (ob im Körper, weiß ich nicht, oder außerhalb des Körpers, ich weiß es nicht, Gott weiß es) bis zum dritten Himmel entrückt wurde.« Paulus bezeichnet den Menschen, dem dies geschah, schlicht als einen in Christus. Von einem Verdienst kann mithin keine Rede sein, sondern nur von Gottes Handeln entsprechend der Berufung und dem Auftrag des betreffenden Menschen. Hesekiel zum Beispiel wurde in der babylonischen Gefangenschaft nach Tel-Abib am Fluss Kebar entrückt (3:14) und ein andermal nach Jerusalem (8:3), Philippus vom Weg nach Gaza nach Asdod (Ap.8:39). - Vor 14 Jahren war es, das heißt im Jahre 41 und vermutlich im syrischen Antiochien.

Bis zum dritten Himmel wurde Paulus entrückt. Der Himmel ist das, was man sieht, wenn man nach oben blickt; von der Lufthülle der Erde bis zu den Tiefen des Alls. Die Schrift kennt nur drei Himmel der Zeit nach. Es gab von alters her, zu Anfang, einen Himmel und eine Erde (1.Mose 1:1). Sie sind nicht mehr (1.Mose 1:2). Jetzt bestehen der zweite Himmel und die zweite Erde (2.Pet.3:5-7). Auch sie werden vergehen (Mat.24:35). Vom dritten Himmel und der dritten Erde ist in Offenbarung 21:1 zu lesen: »Dann gewahrte ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der vorige Himmel und die vorige Erde waren vergangen, und das Meer war nicht mehr.« Johannes beschränkt sich in seinen weiteren Ausführungen auf die neue Erde. Nur Paulus betrat den dritten Himmel. Wir wissen nicht, was er dort sah und hörte, dürfen aber annehmen, dass ihm alle unsere geistlichen Segnungen, die wir in Christus inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe haben und die er uns später bekannt machte, offenbart wurden.

 

 

In das Paradies

 

Paulus fährt fort: »Und ich weiß von solch einem Menschen (ob im Körper oder außerhalb des Körpers, ich weiß es nicht, Gott weiß es), dass er in das Paradies entrückt wurde und unbeschreibbare Dinge hörte, die dem Menschen nicht auszusprechen erlaubt sind« (Verse 3+4). Das Paradies (persisch für Park) war einmal; Adam und Eva lebten darin. Und es wird wieder sein. Unter vielen anderen wird zum Beispiel einer der zusammen mit Christus gehängten Verbrecher mit dem Herrn im Paradies, dem tausendjährigen Königreich Israels, sein (Luk.23:43; Jes.51:3; Hes.36:35). Der Baum des Lebens steht mitten darin (Off.2:7). Und sodann wird das Paradies im letzten Äon auf der neuen Erde sein (Off.21:3; 22:2), ebenfalls mit dem Holz des Lebens.

Die Aussage, unbeschreibbare Dinge gehört zu haben, dürfte sich zusammenfassend auf den dritten Himmel und das Paradies beziehen.

Unbeschreibbar oder (wörtlich:) ungeredet sind die Dinge insofern, als bis dahin noch niemand über solche Dinge sprach und sie beschrieb. Wenn aber die Zeit gekommen ist, wird jener Mensch, der entrückt war, darüber reden, denn dann wird es ihm erlaubt sein.

Inzwischen ist uns alles enthüllt. »Es ist doch so, wie es geschrieben steht: Was kein Auge gewahrt und kein Ohr gehört hat und wozu kein Menschenherz hinaufgestiegen ist, all das hat Gott denen bereitet, die Ihn lieben. Uns aber enthüllt es Gott durch Seinen Geist; denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes« (1.Kor.2:9,10). Und da wir den Geist aus Gott erhielten, wissen wir, was Er uns aus Gnaden gewährt hat (1.Kor.2:12). Darüber hinaus sind uns die höchsten Herrlichkeiten - ich erinnere an die Paulus bekannt gegebenen Geheimnisse - enthüllt, zudem die herrlichsten Vollendungsziele unseres Gottes und Vaters. Jene sind die Aufhauptung des Alls in Christus (Eph.1:10), die Unterordnung des Alls unter Christus (1.Kor.15:27), die Aussöhnung des Alls durch das Blut des Kreuzes (Kol.1:20) und die Vervollständigung des Alls in allem durch den, dessen Vervollständigung wir sind, die Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:23). Zu Gott hin ist das All (Röm.11:36); Er wird in allen alles sein (1.Kor.15:28).

 

Für einen solchen werde dich mich rühmen

 

Auf das Thema des Rühmens zurückkommend, sagt Paulus nun in Vers 5: »Für einen solchen werde ich mich rühmen, aber an mir selbst werde ich nichts rühmen außer den Schwachheiten an mir.« Eines solchen Menschen, dem so außerordentliche Erscheinungen gewährt und Enthüllungen geschenkt wurden, darf man sich durchaus rühmen - aber nur als Teilhaber an dem von ihm überbrachten Segen. Doch an Paulus selbst ist nichts als Schwachheit, und dieser rühmt er sich. Wir wissen ja, dass unsere Schwachheit die Voraussetzung für die Erfahrung der Kraft des Christus ist. Und des Weiteren sollen die Gläubigen nicht von einem Menschen eingenommen sein, und sei er noch so begnadet, sondern allein von Christus. »Denn wir herolden nicht uns selbst, sondern Christus Jesus als den Herrn, uns selbst aber als eure Sklaven um Jesu willen« (2.Kor.4:5).

In Vers 6 führt Paulus weiter aus: »Denn wenn ich mich auch rühmen wollte, so würde ich deshalb nicht unbesonnen sein; denn ich würde ja die Wahrheit sagen. Ich schone euch aber, damit mich niemand über das hinaus einschätze, was er an mir erblickt oder etwa von mir hört.« Rühmen ist unbesonnen; im Fall des Paulus aber wäre es hinzunehmen, zumal er die Wahrheit berichtet. Aber Paulus trumpft nicht mit seinem überwältigenden Erlebnis auf und schont die Korinther somit. Er treibt sie nicht in die Enge. Einen Nachahmer Christi sollen die Menschen sehen und mehr nicht! Er tritt völlig hinter das Wort Gottes zurück; und gerade dadurch, dass er das Wort der Wahrheit und nichts als dieses verkündigt, empfiehlt er sich jedem Gewissen der Menschen (2.Kor.4:2).

Ein Splitter für das Fleisch

 

Mit Vers 7 leitet Paulus jetzt seine Hauptaussage ein: »Damit ich mich nun nicht wegen der Außerordentlichkeit der Enthüllungen überhebe, wurde mir darum ein Splitter für das Fleisch gegeben, ein Bote Satans, um mich mit Fäusten zu schlagen, damit ich mich nicht überhebe.« Sich zu überheben ist das Grundübel der Menschen im Allgemeinen und die besondere Gefahr für außergewöhnlich gesegnete Heilige. Die gewaltigen Enthüllungen brachten sogar Paulus in diese Gefahr, der doch genau wusste, dass er der geringste unter den Aposteln war und nicht würdig genug, überhaupt Apostel genannt zu werden, weil er die herausgerufene Gemeinde verfolgt hatte. Nur in der Gnade Gottes war er, was er war (1.Kor.15;9,10).

Gegeben worden war Paulus ein Splitter für das Fleisch - damit ist das Handeln Gottes beschrieben. Satan ist nur ein Werkzeug des göttlichen Heilswirkens.

Was mag der Splitter gewesen sein? Irgendein schmerzender Fremdkörper im Fleisch oder irgendeine Krankheit. Man kann an ein Augenleiden denken, denn Paulus berichtet in Galater 4:13-15, dass er ihnen in der Schwachheit seines Fleisches Evangelium verkündigte, sie ihn wegen der Anfechtung, die in seinem Fleisch war, weder verschmäht noch für widerlich gehalten hatten und dass sie, wenn möglich, ihre Augen ausgerissen und ihm gegeben hätten. Es ist aber gut, dass wir es nicht wissen, damit nicht ein Törichter unter uns meine, gerade diese Krankheit, die er auch hat, erhebe ihn in die Reife des Paulus oder nur den solchermaßen Erkrankten genüge die Gnade. Es darf sich aber jeder von dem von Paulus Geschilderten angesprochen wissen, denn irgendein Leiden hat wohl fast jeder tragen und damit einen Splitter im Fleisch.

Der Apostel wurde nicht buchstäblich mit Fäusten geschlagen, sondern die Schmerzen waren die Schläge für ihn.

Etwas Grundsätzliches über Krankheiten

 

Krankheiten lassen sich ganz allgemein auf das Sterbendsein des Menschen zurückführen, dieses auf die Sünde Adams und diese wiederum auf Satan. Hiob darf uns als ein Beispiel dafür gelten, dass Krankheiten vom Satan verursacht werden. aber auch Gott Selbst sandte Krankheiten unter Israel, wenn Er Gericht übte. Von einer Krankheit auf eine Sünde des Erkrankten zu schließen, ist uns allerdings nicht erlaubt, kennen wir doch die Frage der Jünger: »Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde?« und die Antwort unseres Herrn: »Weder dieser noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes sollte an ihm offenbart werden« (Joh.9:2,3). Ebenso sagte der Herr Jesus angesichts der Krankheit des Lazarus: »Diese Schwachheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, damit der Sohn Gottes durch sie (die Krankheit) verherrlicht werde« (Joh.11:4).

Im Fall des Paulus ist ein Bote Satans der Verursacher seiner Erkrankung. Von Hiob aber wissen wir bereits, dass alles von Gott ausgeht. Unser Gott und Vater hatte alles veranlasst, was Paulus widerfuhr, denn Er ist der allein weise, der alles Verfügende und alles Bewirkende. Er kann den Satansboten auch wieder wegschicken. Darum wendet sich Paulus mit der entsprechenden Bitte an den Herrn Jesus Christus, ist doch Christus das Haupt jeder Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in diesem Äon, sondern auch in dem zukünftigen genannt wird (Eph.1:21).

Das nicht erhörte Gebet des Paulus

 

Nun erfahren wir durch Vers 8: »Dieserhalb sprach ich dreimal dem Herrn flehentlich zu, dass jener von mir abstehen möge.« Sein Leiden behinderte Paulus, den eifrigsten Wettkämpfer am Evangelium, den Apostel der Nationen, in seinem Dienst für den Herrn. Das muss der Herr doch wegnehmen! Aber auch Paulus hatte das Abc Gottes zu erlernen, dass Gott Sich nämlich über unserer Schwachheit verherrlicht und gerade auch durch Widerstände und Finsternis zum Ziel kommt. Wie schrieb Paulus schon in Kapitel 4:7-10?: »Wir haben aber diesen Schatz (die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi) in irdenen Gefäßen, damit das Außerordentliche der Kraft sich als von Gott und nicht als aus uns erweise: in allem bedrängt, aber nicht eingeengt, ratlos, aber nicht verzweifelt, verfolgt, aber nicht verlassen, niedergeworfen, aber nicht umgekommen. Allezeit tragen wir so die Tötung Jesu in unserem Körper umher, damit auch das Leben Jesu in unserem Körper offenbar werde.« - So erhörte der Herr diese Bitte des Paulus nicht!

»Dir genügt Meine Gnade!«

 

»Doch Er«, so schreibt Paulus in Vers 9, »hat mir versichert: »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht.««

Die Gnade Christi! Was wurde uns nicht alles in der Gnade zuteil! In der Gnade sind wir Gerettete, und zwar vor der Strafe für unsere Sünden, und können wir gerettet werden von der Herrschaft der Sünde in unserem Alltag und werden wir gerettet werden vor dem Zorn Gottes sowie aus dem Tod und für das äonische Leben. In der Gnade sind wir Beschenkte mit der Freilösung von der Zugehörigkeit zur alten Menschheit, mit der Rechtfertigung von allen Sünden, mit der Versöhnung mit Gott, mit der Gemeinschaft mit Seinem Sohn, mit der Versiegelung mit Gottes Geist, mit dem Sohnesstand. Allezeit stehen wir bei Gott in der Gnade, die in Christus Jesus ist, sind Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte und erfreuen uns heute bereits unseres zukünftigen äonischen Lebens. Mit jedem geistlichen Segen inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe sind wir gesegnet, in dem geliebten Sohn aufs Reichste begnadet.

Daran sollen wir uns genügen lassen. An dieser Fülle. An diesen geistlichen Gnadengaben.

Bedeutet uns die Gnade wirklich so viel, dass sie unsere volle Genüge ist? Benötigen wir denn nicht Nahrung und Wetterschutz und manches andere mehr? Gewiss, doch sollen wir diese zum Gebrauch oder Verbrauch bestimmten Dinge besitzen als besäßen wir sie nicht (1.Kor.7:30,31). Sie sind nicht bleibend und können uns in dieser Welt sehr schnell genommen werden, sei es durch Krieg, Flucht, Vertreibung und anderes, auf jeden Fall beim Sterben. Mögen wir mithin alle irdischen Gaben dankbar annehmen und sie, vom Geist Gottes geleitet, vernünftig ge- oder verbrauchen, im Wissen und in der Bereitschaft, von ihnen lassen zu müssen. Wir sind in Christi Gnade in einem so herrlichen Umfang reich gemacht, dass wir alles andere dahinfahren lassen können, auch unsere Gesundheit, und dass eben auch eine Krankheit unser Vertrauensverhältnis zu unserem Gott und Vater nicht belastet, sondern wir im Gegenteil auf das blicken, was Er damit erreichen will.

»Denn Meine Kraft ...«

 

»Denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht.« Für »vollkommen gemacht« darf man auch »vollendet« oder frei umschrieben »zur vollen Wirkung gebracht« sagen. Menschliche Stärke kann blind machen für Christi Kraft. Wer aber seine Schwachheit erkannt hat, kann für die göttliche Kraft offen sein. Schlicht gesagt, ist unsere Schwachheit der geeignete Nährboden für die Entfaltung der Kraft Christi.

Christi Kraft kommt selbstverständlich auch anderweitig in Vollkommenheit zum Ausdruck, zum Beispiel in der rettenden Kraft des Evangeliums, in Seiner alles übersteigenden Liebe oder auch darin, dass Er Sich das All unterordnet (Phil.3:21) und es in allem vervollständigt (Eph.1:23). Hier geht es aber um den Erfahrungsbereich der Gläubigen in unseren Tagen auf der Erde.

Unser Herr Jesus Christus bedarf unserer Stärke und Gesundheit, Weisheit oder Redekunst nicht, um Seine Ziele zu erreichen, denn wirksam ist allein Sein Wort. »Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Teilung von Seele und Geist ...« (Heb.4:12). Gewiss dienen wir unserem Herrn mit allen unseren Kräften, allem Können und Vermögen; doch wenn Er uns dieses nimmt, wird deutlich werden, was wirksam ist. Wir dürfen es allerdings heute schon wissen. Und wenn der schwächste oder schlichteste Gläubige das Wort der Wahrheit weitersagt, wird Gott damit erreichen, wozu Er es gesandt hat.

Mögen wir doch alles, worauf die Welt stolz ist, alle menschlichen Vorzüge auf die Plätze verweisen, wie einst Paulus, der Hebräer aus Hebräern, der hinsichtlich der im Gesetz geforderten Gerechtigkeit nahezu untadelig geworden war, dies alles für Abraum erachtete, damit er Christus gewinne und Ihn völlig erkenne und die Kraft Seiner Auferstehung erfahre (Phil.3:4-11).

Paulus rühmt sich seiner Schwachheiten

 

Die für den Wandel und Dienst der Gläubigen elementare Antwort des Herrn: »Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht«, veranlasst Paulus zu dem entschiedenen Bekenntnis: »Sehr gern werde ich daher eher die Schwachheiten an mir rühmen, damit die Kraft des Christus über mir zelte« (Vers 9b). Nun rühmt Paulus sich also doch, aber nicht irgendwelcher Vorzüge wie seine Gegner, sondern seiner Schwachheiten. Freudig bejaht er seine Krankheit und die damit verbundene Erniedrigung und Demütigung. »Bevor ich gedemütigt wurde, irrte ich«, heißt es in Psalm 119:67. Vorher dachte auch Paulus noch anders. Doch jetzt ist er zur Erkenntnis der Realität gekommen und stimmt in vertiefter Einsicht dem zu, dass wir Menschen uns Gottes weisem Ratschluss unterzuordnen haben. Gottes Gedanken sind stets höher als unsere. Wurde nicht Christus durch Leiden vollkommen gemacht (Heb.2:10; 5:9)? Und haben wir es denn nicht viel nötiger als Er?

Indem Paulus von der Erhörung seiner Bitte um Heiligung absieht, das ihm vom Herrn Verordnete annimmt und sich dessen sogar rühmt, erfährt er die Kraft des Christus. Christus spricht ihm durch das Wort der heiligen Schriften in der Kraft heiligen Geistes zu, sodass er am inneren Menschen mit aller Kraft nach der Gewalt der Herrlichkeit des Herrn gekräftigt wird zu aller Ausdauer und Geduld mit Freuden und in der Zuversicht überfließt.

Ja, »wir, die wir leben, werden stets um Jesu willen in den Tod dahingegeben, damit auch das Leben Jesu in unserem sterbenden Fleisch offenbar werde« (2.Kor.4:11). Die in uns wirkende Kraft wird sich als von Gott kommend und nicht als aus uns erweisen.

»Darum sind wir nicht entmutigt; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verdirbt, so wird doch unser innerer Mensch Tag für Tag erneuert« (2.Kor.4:16). Ständig werden wir im Innersten erneuert, denn die überströmende Gnade, in der wir stehen, kräftigt uns allezeit.

Das überragende Zeugnis

 

Nicht des Apostels Entrückung bis zum dritten Himmel ist der Höhepunkt unseres Schriftabschnitts, sondern das Zeugnis seiner Schwachheit und der Tatsache, dass nunmehr die Kraft des Christus über ihm zeltet. »Darum«, so fährt Paulus in Vers 10 fort, »ist mir wohl zumute selbst in Schwachheiten, unter Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen, unter Druck um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich kraftvoll.« Wie sehr verherrlicht der Apostel Paulus damit Christus, dem allein alle Ehre gebührt! Mögen auch wir zur Verherrlichung unseres Herrn und Hauptes sagen können: Mir ist wohl zumute; mir genügt Christi Gnade; ich weiß, dass Gott denen, die Ihn lieben, alles zum Guten zusammenwirkt - denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind (Röm.8:28), denn Er will uns zur Reife bringen. Und mögen wir uns nicht nur in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen, sondern auch in den Drangsalen, wissend, dass die Drangsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Erwartung. Die Erwartung aber lässt nicht zuschanden werden, weil die Liebe Gottes in unseren Herzen ausgegossen ist durch den uns gegebenen heiligen Geist (Röm.5:2-5). Die Liebe Gottes in unseren Herzen ist eine solche Kraft, dass uns nichts entmutigen und niederdrücken oder dazu verleiten kann, Übles mit Üblem zu vergelten.

Mögen wir sagen können: Wenn ich in mir schwach bin, dann bin ich in Christus kraftvoll!

»Ihm aber, der über alle Maßen mehr tun kann, über alles hinaus, was wir erbitten oder erdenken können - der in uns wirkenden Kraft entsprechend - Ihm sei die Verherrlichung in der herausgerufenen Gemeinde und in Christus Jesus für alle Generationen des Äons der Äonen! Amen!« (Eph.3:20,21).

 

Vor Gott in Christus sprechen wir

(2.Korinther 12:11-21)

 

Zum Rühmen genötigt

 

Von Kapitel zehn an hat Paulus die Korinther über die Unbesonnenheit seiner Gegner, die sich ihrer selbst rühmen, mit deutlichen Worten aufgeklärt und sich dabei - der Form nach wie ein Unbesonnener - auch gerühmt, jedoch nicht besonderer Vorzüge, sondern seiner Schwachheiten. Dieses Thema abschließend, schreibt er nun in Vers 11: »Ich bin unbesonnen geworden, ihr habt mich dazu genötigt; denn ich hätte von euch empfohlen werden sollen, mangelt mir doch nichts an dem, was die »hervorragenden Apostel« haben, wenn ich auch »nichts« bin.

Dies ist eine Rüge für die Gemeinde; dennoch verletzt er sie nicht, denn er hat sie in gewinnender Weise an die Erkenntnis ihres Versagens herangeführt. Die Gläubigen hätten ihn als den von Christus Jesus bevollmächtigten Apostel der Nationen wie auch seine selbstlose Hingabe im Dienst und seinen aufrichtigen Wandel erkennen können. Sie hätten sich sogar seiner rühmen und ihn gegen seine Widersacher verteidigen sollen, zumal sie doch wahrgenommen haben mussten, dass alles, was Paulus tat, ihnen zugut kam (2.Kor.5:12). Der Unterschied, ja Gegensatz zu den falschen Aposteln, den betrügerischen Arbeitern in Korinth, die sich anmaßten, mehr zu sein als Paulus, sich als »hervorragende« oder »Über-Apostel« bezeichneten und sich selbst empfahlen, war eklatant.

Nun ist der Apostel Paulus aber tatsächlich »nichts«. Er tritt so sehr hinter Christus und das Wort Gottes zurück, dass nichts den Menschen Ehrendes an ihm zu finden ist. Die von ihm verkündigte absolute Gnade verträgt sich nicht mit Eigenruhm. Allerdings war Christus in Paulus zu erkennen, doch die fleischlichen Augen der Korinther vermochten dies so lange nicht, bis Paulus sie ihnen mit seinen Briefen geöffnet hatte. Aus sich selbst war Paulus nichts, »in der Gnade Gottes aber bin ich, was ich bin; und Seine Gnade, die in mir wirkt, ist nicht vergeblich gewesen; sondern weit mehr als sie alle mühe ich mich, jedoch nicht ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist« (1.Kor.15:10).

Die Zeichen seines Aposteltums

 

Paulus schreibt weiter: »Immerhin wurden die Zeichen meines Aposteltums doch in aller Beharrlichkeit unter euch ausgeführt, durch Zeichen wie auch Wunder und Machttaten« (Vers 12). Paulus ist Apostel. Wie konnten sie daran zweifeln? Waren sie selbst doch ein durch des Paulus Dienst vermittelter und ins Herz hineingeschriebener Brief Christi an ihre Mitmenschen (2.Kor.3:3). In 1.Korinther 9:1,2 hatte er ihnen schon gesagt: »Nicht frei bin ich? Kein Apostel bin ich? Jesus, unseren Herrn, habe ich nicht gesehen? Seid nicht ihr mein Werk im Herrn? Falls ich für andere kein Apostel bin, so bin ich es doch sicher für euch; denn das Siegel meines Apostelamts seid ihr im Herrn.«

Nun legitimiert er sich des Weiteren, indem er auf die Zeichen seines Aposteltums hinweist, die er nicht nur einige Male, sondern ständig ausgeführt hatte. Zeichen sind markante Hinweise auf Gott und die Wahrheit des Evangeliums. Wunder veranschaulichen die Größe Gottes. Machttaten machen die Kraft Gottes deutlich, zum Beispiel bei Krankenheilungen und beim Austreiben von bösen Geistern (Ap.19:12).

Die Benachteiligung der Korinther

 

In welchem Punkt nur könnten sich die Achajer von Paulus zurückgesetzt fühlen, sodass sie etwas gegen ihn vorzubringen hätten? Diese Frage erörtert Paulus in Vers 13: »Was wäre es denn, worin ihr etwa minder geachtet wurdet als die übrigen herausgerufenen Gemeinden, wenn nicht das eine, dass ich selbst euch nicht zur Last gefallen bin? War dies eine Ungerechtigkeit, so erweist mir Gnade!« Wieder hatten sie ihren Apostel verkannt. Er nahm nichts von ihnen; also hatte er wohl kein Recht dazu und war mithin kein Apostel - so mögen sie gefolgert haben. Die Wahrheit hatte er ihnen aber in 1.Korinther 9:12 bereits dargelegt: »Wenn schon andere an der Vollmacht über eure Güter teilhaben, hätten wir nicht eher das Recht dazu? Wir machen jedoch von dieser Vollmacht keinen Gebrauch, sondern wir geben alles auf, damit wir dem Evangelium des Christus kein Hindernis gäben.« Ja, Liebe gibt eben alles auf (1.Kor.13:7). Den Mangel des Paulus füllten damals, als er unter ihnen war, die Brüder aus Mazedonien auf (2.Kor.11:9). In allem hielt Paulus darauf, ihnen nicht beschwerlich zu sein.

Somit ist es zwar Tatsache, dass die Korinther auf diesem Gebiet, nämlich des Teilens und Unterstützens, keine Frucht gebracht hatten, aber ihnen war gleichwohl nichts vorenthalten worden, denn sie haben jetzt den Gewinn, dass ihnen die Gesinnung des Christus durch Paulus vorgelebt worden war, die sie zur Umsinnung führen musste.

Des Paulus völlige Hingabe in der Liebe

 

In Vers 14 führt Paulus aus: »Siehe, dies dritte Mal halte ich mich bereit, zu euch zu kommen. Dabei werde ich euch nicht zur Last fallen; denn ich suche nicht das Eure, sondern euch selbst; sollen doch nicht die Kinder für die Eltern Schätze aufspreichern, sondern die Eltern für die Kinder.« Nach seinem anderthalbjährigen Aufenthalt in Achaja in den Jahren 50 und 51 war Paulus im Jahre 54 ein zweites Mal dort gewesen, und zwar in großer Betrübnis. Daraufhin hatte er den Tränenbrief geschrieben (2.Kor.2:1-4). Nachdem dieser Brief Frucht gebracht und Umsinnung bewirkt hatte und der 2.Korintherbrief eine ausführliche Aufarbeitung der Probleme im Geist der Versöhnung vermitteln wird, kann der Apostel nun bald zum dritten Mal zu den Korinthern kommen.

Nicht das Ihre sucht Paulus, sondern sie selbst. Ihr Zurechtkommen nur wünscht er (2.Kor.13:9). Dass Christus in ihnen Gestalt gewinne - dies und nichts anderes strebt er an (Gal.4:19). In Philipper 4:17 lesen wir in diesem Zusammenhang: »Nicht dass ich die Gabe suche, nein, ich suche die Frucht, die für eure Rechnung zunimmt.«

Wie ein Vater um seine Kinder, so müht sich Paulus - der Vater der Korinther, denn in Christus Jesus hat er sie durch das Evangelium gezeugt (1.Kor.4:15) - um die Heiligen zu Korinth, um sie sowohl in Christus reich zu machen als auch ihr Hab und Gut nicht zu belasten. Mit den eigenen Händen hat er seinen Lebensunterhalt verdient. Dem steht die Pflicht der Gläubigen gegenüber, für die Evangeliumsverkündiger zu sorgen, sofern es nötig ist (1.Kor.9:14). Die Evangelisten, Hirten und Lehrer wie auch die Ältesten werden sich aber auf jeden Fall für die Gemeinde einsetzen, auch wenn diese es an Rücksicht und Fürsorge fehlen lassen sollte, denn sie als die Reiferen werden von der Liebe des Christus gedrängt, stets in Seiner Gesinnung zu handeln.

Diese Gesinnung findet in Vers 15 überwältigenden Ausdruck: »Ich aber will sehr gern alles für eure Seelen verbrauchen und mich dabei aufbrauchen lassen, auch wenn ich, der ich euch besonders liebe, minder geliebt werde.« Anstatt die Korinther zu tadeln und seine Rechte als Apostel geltend zu machen, will Paulus ihnen noch mehr Zuneigung zukommen lassen, und dies, obwohl sie ihn nicht völlig lieben. Nach 1.Thessalonicher 5:13 hätten sie ohnehin alle, die ihnen vorstehen, sie ermahnen und sich unter ihnen mühen, und erst recht ihren Apostel über alle Maßen in Liebe achten sollen. Paulus lässt sich von mangelnder Gegenliebe aber nicht hindern, ihnen gegenüber ebenso zu handeln wie unser Gott und Vater an uns: Allezeit stehen wir in Seiner Gnade und sind wir Seine Geliebten, auch wenn wir diese Tatsachen nicht würdigen und uns nicht ihnen entsprechend verhalten.

Brauchen wir uns in der Liebe für die Brüder und Schwestern in Christus Jesus ebenfalls so auf wie Paulus? Ahmen wir Paulus nach, wie uns mehrfach geheißen (1.Kor.4:16; 11:1; Phil.3:17; 1.Thess.1:6; 2.Thess.3:7), der alles erduldete um der Auserwählten willen, damit auch sie die Rettung erlangen, die in Christus Jesus ist, samt äonoischer Herrlichkeit (2.Tim.2:10), und der von der Liebe des Christus so gedrängt wurde, dass er Leiden nicht scheute und sich darin freuen konnte (Kol.1:24), weil er die Auferbauung der Gemeinde vor Augen hatte? Den Thessalonichern hat Paulus nicht nur das Evangelium mitgeteilt, sondern auch seine eigene Seele (1.Thess.2:8), das heißt er hat sich völlig für sie eingesetzt, sich ganz für sie verausgabt.

Auf diese Weise nun wird Paulus die Herzen der Korinther gewinnen. Wie in Sprüche 11:30 geschrieben steht, gewinnt der Weise die Seelen. Die Liebe ist die höchste Weisheit: Paulus praktiziert sie; er hat sich Gott bereitgestellt; sein Glaube ist durch die Liebe wirksam.

Hat Paulus sie etwa durch andere übervorteilt?

 

Paulus kommt nicht umhin, auch der letzten Verdächtigung entgegenzutreten. Er schreibt in den Versen 16 bis 18: »Sei es also, ich habe euch nicht überbürdet, sondern habe als listiger Mensch durch Betrug etwas von euch bekommen? Doch nicht durch jemand von denen, die ich zu euch geschickt hatte? Habe ich euch durch ihn übervorteilt? Ich habe Titus zugesprochen, euch aufzusuchen, und ich habe den Bruder mitgeschickt; Titus hat euch doch nicht irgendwie übervorteilt? Wandeln wir nicht alle in demselben Geist, nicht in denselben Fußtapfen?«

Mögen die Gegner des Paulus die listige Anspielung machen, er habe listig gehandelt, etwa indem er die Gemeinde durch andere übervorteilt hätte - den Korinthern dürfte spätestens jetzt klar sein, dass sie nichts dergleichen vorbringen können. Mögen die Heiligen dem Apostel Paulus doch Raum in ihren Herzen geben! Niemandem hat er Unrecht getan, niemand ins Verderben gebracht, niemanden übervorteilt (2.Kor.7:2). Gott hatte Titus denselben Fleiß im Bemühen um die Korinther ins Herz gegeben wie Paulus. Und der Dienst des mit ihm gesandten Bruders am Evangelium hatte in allen herausgerufenen Gemeinden Beifall gefunden. Diese waren ebenso wie Paulus stets auf das Edle vorbedacht gewesen, nicht nur vor den Augen des Herrn, sondern auch vor denen der Menschen (2.Kor.8:16-21). Beide dienten kostenlos und selbstlos. Sie waren würdige Vertreter des Apostels Paulus und wandelten in ein und demselben Geist, dem Christi, dem der Liebe und der Selbstaufgabe, und in denselben Fußtapfen, denen der Demut und Sanftmut sowie des geduldigen Ertragens in der Liebe.

Zu eurer Auferbauung

 

Mit Vers 19 spricht Paulus die Richtschnur seines Handelns an: »Schon längst meint ihr, dass wir uns vor euch verteidigen wollen. Nein, vor Gott in Christus sprechen wir, und zwar alles zu eurer Auferbauung, Geliebte.« Paulus heroldet nicht sich selbst, sondern Christus (2.Kor.4:5), und er verteidigt auch nicht sich selbst, sondern die Korinther, und zwar in dem Sinne, dass er sie vor den falschen Aposteln und betrügerischen Arbeitern schützen will. Er ist auch kein Angeklagter; die Zwietracht haben andere gesät. Deren Machenschaften hat er in seinen Briefen entlarvt. Dabei ging er nicht feindselig gegen jene vor, sondern so, wie er in Epheser 5:11-13 schreibt: »Nehmt nicht an den unfruchtbaren Werken der Finsternis teil, entlarvt sie

vielmehr als solche! Denn was im Verborgenen von ihnen getrieben wird, davon auch nur zu reden, ist schandbar. Das alles aber, vom Licht entlarvt, wird offenbar.« Nicht Paulus stellte seine Gegner in Achaja bloß, sondern das Licht entlarvte sie, das Licht, das von des Paulus Gesinnung und Verhalten, von seinem selbstlosen Dienst und von seiner Haltung entsprechend dem Wort der Versöhnung ausging.

Paulus weiß sich allezeit vor seines Gottes Angesicht in Christus. Er ist nicht nur dem Gnadenstand nach in Christus, aufs Engste in Ihn eingeschlossen, sondern handelt auch stets innerhalb des Willens Christi; sollte er daneben liegen, so würde er seinen Herrn kränken. Das griechische Wort paraptōma, das die Konkordante Übersetzung mit »Kränkung« wiedergibt, heißt im Übrigen wörtlich »Daneben-Fall«.

Bereits in Kapitel 2:17 hatte Paulus vermerkt: »Wir sind doch nicht wie die Vielen, die das Wort Gottes verschachern, sondern wir reden in Aufrichtigkeit, wie aus Gott, vor dem Angesicht Gottes in Christus.« Wer sich dessen bewusst ist, dass vor Gottes Augen jederzeit alles offenbar und entblößt ist, wird sich nach Ihm ausrichten und folglich aufrichtig wandeln, sorgfältig darauf bedacht, Ihm wohlgefällig zu sein.

Nur die Auferbauung der Gläubigen hat Paulus im Sinn. Er jagt den Dingen des Friedens und der Auferbauung nach (Röm.14:19). Er sucht, nicht was ihm selbst, sondern den vielen förderlich ist (1.Kor.10:33). Und dies zur Verherrlichung des Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus.

Auferbaut werden die Heiligen nur in Ihm, Christus, ihrem Haupt, zu dem hin sie wachsen sollen, sowie nur mit zunehmender Erkenntnis Gottes, Seines in Christus Jesus gefassten Vorsatzes für die Äonen und Seiner Vollendungsziele. Auferbaut werden die Gläubigen, wenn sie Meinungen und Schlussfolgerungen dahintenlassen und Gottes Worten immer völliger glauben. Nur derjenige baut sich auf, der sich in der Gnade kräftigt, die in Christus Jesus ist (2.Tim.2:1); schwach bleibt, wer einen eigenen Beitrag zu seinem Stand vor Gottes Angesicht erbringen zu können meint oder aus eigener Kraft dem Herrn dienen will. Nur der baut richtig und erbaut infolgedessen sich samt der herausgerufenen Gemeinde, der auf dem Grund baut - Jesus Christus -, den der Apostel Paulus als weiser Werkmeister gemäß der ihm von Gott gegebenen Gnade für uns, die Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23), gelegt hat (1.Kor.3:10).

Auferbaut werden die Glieder der Körpergemeinde insbesondere durch den Dienst der Evangelisten, Hirten und Lehrer, die sich bemühen, uns zur Anpassung an das Werk des in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes zu tuenden Dienstes zu bringen und alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes zu führen, zum gereiften Mann, zum Maß des Vollwuchses der Vervollständigung des Christus, damit wir nicht mehr Unmündige seien, von jedem Wind der Lehre wie von brandenden Wogen hin und hergeworfen und umhergetragen durch die Unberechenbarkeit der Menschen, durch die List, die darauf ausgeht, den Irrtum planmäßig zu verbreiten (Eph.4:11-14).

Aber auch ein jeder von uns ist aufgefordert, zur Auferbauung aller Geschwister beizutragen, indem wir uns gegenseitig in aller Weisheit belehren (Kol.3:16), die Unordentlichen ermahnen und die Kleinmütigen trösten (1.Thess.5:14). Jeder von uns soll gesunde, unrügbare Worte haben (Tit.2:8); kein faules Wort gehe aus unserem Munde hervor, sondern nur gute, zur Auferbauung führende, der Gnade Ausdruck verleihende Worte (Eph.4:29). Ein jeder von uns suche, dem Nächsten zu gefallen, ihm zum Guten, zu seiner Auferbauung. Denn auch der Christus hat nicht Sich Selbst zu Gefallen gelebt (Röm.15:2,3).

Alle Auferbauung aber kann nur in der Liebe geschehen, so wie es in Epheser 4:15,16 heißt: »Wenn wir aber wahr sind, sollten wir in der Liebe alles zum Wachsen bringen, hinein in Ihn, der das Haupt ist, Christus, von dem aus der gesamte Körper (zusammen verbunden und vereinigt durch jede Einverleibung des Dargereichten entsprechend der Wirksamkeit nach dem Maß jedes einzelnen Teils) das Wachstum des Körpers vollzieht, zu seiner eigenen Auferbauung in Liebe.«

Und die Auferbauung, die die Korinther jetzt gerade intensiv erfahren, geschieht durch die Verkündigung der Versöhnung Gottes mit der Welt und ganz besonders durch des Paulus persönlichen, hingebungsvollen, die Kränkungen nicht anrechnenden Dienst an ihnen im Geist der Versöhnung, in welchem er die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft in heiligem Geist zum Ausdruck bringt.

Des Paulus Befürchtungen

 

Paulus schreibt weiter: »Denn ich fürchte, dass, wenn ich komme, ich euch etwa nicht derart finde, wie ich es will, und dass ich von euch derart gefunden werde, wie ihr es nicht wollt, dass nicht etwa Hader, Eifersucht, Grimm, Ränke, Verleumdungen, Ohrenbläserei, Aufgeblasenheit und Aufruhr unter euch seien« (Vers 20). Diese scharfe Ermahnung dürfte uns erschrecken. Aber Paulus hatte sie bis zuletzt aufgespart und zuerst auferbauende Arbeit geleistet, sodass die Korinther jetzt gekräftigt sind, von diesen Sünden abzulassen. Damit ihn bei seinem nächsten Kommen nicht nur die Mehrheit der Achajer mit Freude und Zuneigung empfängt, sondern auch die widerwillige Minderheit, muss er so deutlich werden. Somit dient auch dieses zurechtweisende Wort des Apostels zur Auferbauung.

Die acht aufgeführten Sünden wurzeln in einem parteiischen Geist und folgen mehr oder weniger unausweichlich aufeinander. Die Wurzeln sind Hader, wohl mit Unzufriedenheit und streiterischen Reden zu umschreiben, und Eifersucht (dies ist eine Leidenschaft, die keine andere Meinung duldet). Hieraus erwachsen Grimm und Ränke. Und dann setzt man folgende Mittel ein: Verleumdungen (man redet also schlecht über andere) und Ohrenbläserei (Einflüsterungen). Und schließlich nennt Paulus die verheerenden Folgen: Aufgeblasenheit und Aufruhr, beides Unordnung bringende, die Gemeinde zerrüttende Zustände.

Solche Verhältnisse will Paulus nicht vorfinden. Wenn aber doch, dann wird er Strenge gebrauchen und Gemeindezucht üben müssen. Derart wollen ihn die Korinther sicherlich nicht kennen lernen. So werden sie wohl umsinnen.

Des Paulus Hoffnung

 

Mithin drückt Paulus in Vers 21 seine Zuversicht aus: »Ich hoffe, dass mein Gott mich bei meinem Kommen nicht wieder vor euch demütigen wird und ich um viele trauern müsste, die vormals gesündigt hatten und nicht von ihrer Unreinheit, Hurerei und Ausschweifung umsinnen, die sie verübten.« Jetzt spricht Paulus die in der Fleischeslust wurzelnden Sünden an. Unreinheiten sind sexuelle Perversitäten, wie zum Beispiel die Homosexualität. Hurerei ist jede intime Beziehung zweier nicht miteinander Verheirateten. Soweit eine eheliche Bindung besteht, ist Hurerei zusätzlich Ehebruch. In 1.Thessalonicher 4:3-5 lesen wir dazu:»Dies ist der Wille Gottes, eure Heiligung, euch fernzuhalten von aller Hurerei, dass ein jeder von euch wisse, sein eigenes Gefäß zu erwerben in Heiligung und Ehrbarkeit, nicht in leidenschaftlicher Begierde.« Unter Ausschweifung versteht man ein zügelloses Verhalten und unmäßiges Genießen.

Paulus würde es als eine persönliche Demütigung empfinden, wenn es ihm nicht gelänge, die Gläubigen zu einem Gott wohlgefälligen Wandel zu führen, und er wieder trauern müsste über die Sünden der Heiligen. Trauer über die Sünde - dies ist die rechte grundlegende Haltung ihr gegenüber, aus der heraus nur, verbunden mit der Liebe, eine Ermahnung und bei erfolgloser Ermahnung auch ein Gemeindeausschluss erfolgen darf. Die Trauer über die Sünde, nicht der Zorn über sie, lässt recht handeln.

Noch einmal kann Paulus die den Sünden immer noch Verhafteten nicht mehr schonen, denn dies würde die Gemeinde nicht auferbauen, sondern ihrer erneuten Zerrüttung Raum geben. Wir dürfen aber annehmen, dass auch jene nunmehr umsinnen, gemäß 2.Korinther 10:5,6 alle ihre Gedanken unter den Gehorsam des Christus gefangennehmen und ihren Gehorsam auch dem Apostel Paulus gegenüber in der Furcht Gottes vervollständigen.

Dank aber und Verherrlichung sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus für Seine uns erziehende und umwandelnde Gnade. Dank und Lobpreis sei unserem Retter, Jesus Christus, der Sich Selbst für uns dahingegeben hat, um uns von jeder Gesetzlosigkeit zu erlösen und uns für Sich zu reinigen und wohl brauchbar zu machen zum Dienst im Herrn und zu Seiner Verherrlichung.

 

Christus spricht in Paulus

(2.Korinther 13)

 

»Siehe«, so schreibt der Apostel Paulus in Vers 1, »dies ist dann das dritte Mal, dass ich zu euch komme; es soll ja jeder Fall durch zweier oder dreier Zeugen Mund festgestellt werden.« Mit diesen Worten leitet Paulus die Ankündigung seines Vorgehens in Korinth und Achaja bei seinem dritten Kommen ein. Nach seinem Aufenthalt in Korinth in den Jahren 50 und 51 für anderthalb Jahre und seinem zweiten Kommen in großer Betrübnis wohl im Jahre 54 sowie dem Tränenbrief, dem aus viel Drangsal und Beklemmung unter vielen Tränen geschriebenen Brief (2.Kor.2:4), schreibt er ihnen nun im Jahre 55 von Mazedonien aus, dass er alsbald zum dritten Mal zu ihnen kommen wird. Siehe, beachte, merke auf, denn dann werde ich einen Grundsatz aus dem Gesetz des Mose anwenden, nämlich den von den zwei oder drei Zeugen, denn ich habe euch schon zwei oder dreimal ermahnt, auch durch meine Briefe.

Wir lesen dazu in 5.Mose 19:15: »Ein einzelner Zeuge soll nicht gegen jemanden auftreten wegen irgendeiner Ungerechtigkeit, ... Sünde ... oder Verfehlung, die er begeht. Nur auf zweier Zeugen Aussage oder auf dreier Zeugen Aussage hin soll eine Sache gültig sein« (vgl. 4.Mose 35:30). Dementsprechend sagte unser Herr Jesus Christus in Matthäus 18:16, dass jeder Rechtsfall durch zweier oder dreier Zeugen Mund festgestellt werden soll.

Paulus kündigt sein Vorgehen an

 

Um welchen Rechtsfall oder Fall der Gemeindezucht es sich zwischen dem Apostel Paulus und den Korinthern handelt, erfahren wir aus Vers 2: »Ich habe es schon zuvor betont und sage es denen vorher, die vormals gesündigt hatten, und allen Übrigen (wie bei meiner zweiten Anwesenheit und nun in Abwesenheit), dass ich, wenn ich komme, nicht nochmals schonend vorgehen werde ...« Oft genug hatte Paulus sie ermahnt und auch in diesem Brief in Kapitel 10:1,2,6,11 gerade zuvor nachdrücklich gesagt, dass er gegen seine Widersacher auftreten, jeden Ungehorsam rächen und so, wie er sich brieflich gezeigt hat, dann als Anwesender auch handeln werde. Er werde mutig gegen sie sein; doch ist es sein innigstes Flehen zu Gott, dass er bei seiner Anwesenheit keinen Grund vorfinden möchte, mutig sein und gegen etliche vorgehen zu müssen.

»Nur um euch zu schonen, kam ich nicht mehr nach Korinth«, lautete seine Begründung in Kapitel 1:23 für seinen verschobenen Besuch, wollte er ihnen doch Raum zur Umsinnung geben. Nachdem Titus ihm aber von der Umsinnung der Korinther berichtet hatte (Kap.7:6-16), war die Zeit für seinen dritten Besuch dort gekommen. Dann werde er sie aber nicht mehr schonen, sondern gegen diejenigen vorgehen, deren Sinnesänderung nicht nachhaltig war oder die zu dem Rest der Widerspenstigen gehören. Die Sünden der Korinther hatte Paulus in Kapitel 12:20,21 gerade nochmals zusammenfassend benannt: Hader, Eifersucht, Grimm, Ränke, Verleumdungen, Ohrenbläserei, Aufgeblasenheit und Aufruhr sowie Unreinheit, Hurerei und Ausschweifung. Nun werde er nicht mehr abwarten und Geduld üben, sondern Strenge gegen jene gebrauchen, die ihre Gesinnung nicht änderten. Schon in 1.Korinther 4:21 hatte er sie gefragt: »Was wollt ihr nun? Dass ich mit der Rute zu euch komme oder mit Liebe und dem Geist der Sanftmut?«

Sie suchen die Bewährtheit des Paulus

 

In Vers 3 begründet Paulus des Weiteren, warum er nicht nochmals schonend vorgehen werde, nämlich »weil ihr bei mir Bewährtheit dafür sucht, dass der Christus in mir spricht.« Christus und kein anderer spricht in Paulus. Durch den Willen Gottes ist er Christi Jesu Apostel, und er heroldet nicht sich selbst, sondern den Sohn Gottes als Evangelium unter den Nationen (Gal.1:16); er verkündigt Christus Jesus als den Herrn, sich selbst aber als Sklaven der Gläubigen (2.Kor.4:5). Und wenn er über seinen Dienst berichtet, den Glaubensgehorsam unter den Nationen aufzurichten, wagt er nicht, von etwas zu reden, was nicht Christus durch ihn ausgeführt hat (Röm.15:18). Christus hat derart Gestalt in ihm gewonnen, dass er allezeit die Gesinnung Christi zum Ausdruck bringt, nicht nur die der Liebe und Gnade, der Demut und Lindigkeit, sondern auch der Erniedrigung und des Gehorsams bis zum Tode, will Paulus doch alles erdulden um der Auserwählten willen, damit auch sie die Rettung erlangen, die in Christus Jesus ist, samt äonischer Herrlichkeit (2.Tim.210), und will er doch sehr gern alles für die Seelen der Heiligen verbrauchen und sich dabei aufbrauchen lassen (2.Kor.12:15).

Nun suchen die Korinther die Bewährtheit des Paulus aber darin, dass Christus mit Macht in Paulus spricht. Im machtvollen Auftreten des Paulus sehen sie seine apostolische Autorität bewiesen. Zu einem solchen Vorgehen ist Paulus nun bereit, falls es unumgänglich ist. Er wird also durchgreifen. Liebend gern - und dies wäre auch für die Korinther weitaus besser - würde er aber auf ein Machtwort verzichten. Möge Gott doch auch den letzten Gläubigen in der Provinz Achaja zur Umsinnung führen.

Christus ist mächtig

 

Paulus fährt in Vers 3 fort: »Und er ist gegen euch nicht schwach, sondern mächtig unter euch.« Christus ist mächtig unter den Korinthern. Im Evangelium Gottes über Seinen Sohn Jesus Christus - im Wort vom Kreuz - haben sie die Kraft Gottes zu ihrer Rettung allein durch Glauben erfahren (Röm.1:16; 1.Kor.1:18). Und Christus reichte den Glaubenden allezeit Seine Kraft dar; Er wird es auch jetzt wieder tun, damit sie sich zur Umsinnung durchzuringen vermögen. Christus ist mächtig unter ihnen, denn das Wort Gottes ist lebendig, wirksam und schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Teilung von Seele und Geist (Heb.4:12). Mithin wird auch Paulus das Geistliche fördern und dem Seelischen wehren.

Christus und Paulus leben aus Gottes Kraft

 

Nun zu Vers 4: »Denn wenn Er auch aus Schwachheit gekreuzigt wurde, lebt Er jedoch aus der Kraft Gottes. Denn auch wir sind schwach in Ihm, doch werden wir mit Ihm aus Gottes Kraft für euch leben.« Christus war schwach, weil Er Sich der Gestalt und Herrlichkeit Gottes entäußert hatte. Schließlich wollte Er für alle sterben, was nur in einem Körper der Erniedrigung und Schwachheit möglich war. Wohl hätte Er bei Seiner Gefangennahme mehr als zwölf Legionen himmlische Boten erbitten können (Mat.26:53), aber Er entschied Sich für das Schwachsein. Dank sei unserem Gott und Vater dafür, dies zu wissen, dass unsere Rettung aus der Schwachheit Christi, aus Christus, und diesem als gekreuzigt, erwuchs. Was Er nun lebt, das lebt Er aus der Kraft Gottes, der Ihn auferweckte.

Ebenso Paulus; er ist nicht nur schwach, weil er ein Mensch ist, sondern er identifiziert sich bewusst mit der Schwachheit Christi. Er sieht sich als mitgekreuzigt und lebt in der Gesinnung Christi, in der selbstlosen Hingabe an andere das sanftmütige und gelinde Liebeswerben Christi ausdrückend.

Folglich kommt die Kraft Christi bei ihm zum Tragen, keine äußerliche, sondern die des inwendigen Menschen. »Dir genügt Meine Gnade, denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht« (2.Kor.12:9); diese Worte des Herrn hatte er vernommen und verstanden. Nun lebt Paulus in Schwachheit aus der in ihm vollkommen gemachten Kraft Gottes, mithin kraftvoll, zielstrebig, unverrückbar, standhaft; nichts kann seine Liebe dämpfen.

Und er lebt nicht für sich selbst, sondern für die Heiligen. Für sie lebt er, das heißt, er trägt das Leben aus Gottes Kraft in sie hinein. Für sie lebt Paulus auch dann, wenn er Strenge gebrauchen muss, wenn er seine Bewährtheit in Christus auch auf diesem Gebiet zeigen muss.

Prüft euch selbst!

 

Mit Vers 5 wendet sich Paulus nun eindringlich an die Gläubigen: »Macht mit euch selbst die Probe, ob ihr im Glauben steht, prüft euch selbst! Oder könnt ihr nicht an euch selbst erkennen, dass Christus Jesus in euch ist (wenn ihr nicht etwa unbewährt seid)?« Nur wer sich geprüft hat, kann umsinnen oder seine Umsinnung vollenden und dem Apostel bei seinem dritten Besuch zur Freude sein.

Ob sie im Glauben stehen, sollen sie prüfen. Damit ist nicht gemeint, ob sie gläubig seien, sondern ob sie im Glauben leben, also in der Treue und im Gehorsam dem Evangelium des Paulus gegenüber wandeln, und ob sie fest im Glauben stehen, mithin von eigenen Meinungen absehend Gott alles glauben. Möge die Selbstprüfung ergeben, dass sie nicht menschlicher Weisheit folgen, sondern sich täglich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren (1.Tim.4:6), und dass sie dem Glauben nachjagen (1.Tim.6:11), also mit ganzer Hingabe auf den Herrn Jesus Christus und das Leben in Seiner Gnade ausgerichtet sind. Wessen Glaube durch die Liebe wirksam ist, der hat die Probe bestanden (Gal.5:6).

»Oder könnt ihr nicht an euch selbst erkennen, dass Christus in euch ist (wenn ihr nicht etwa unbewährt seid)?« Wer im Glauben steht, erkennt, dass Christus in ihm ist; wer bewährt ist, weiß, dass Christus in ihm ist. Zwar ist Christus in allen Gläubigen - in jedem wohnt Er durch Seinen Geist (Röm.8:19) -, wer aber nicht aus Glauben lebt und somit unbewährt ist, weil er sich fleischlich, der alten Menschheit gemäß, verhält und den jetzigen Äon liebt (2.Tim.4:10), kann dies nicht erkennen. Wir erkennen Christus in uns an unserer Herzensgesinnung und an der Geistesfrucht in unserem Alltag. Auch ein gerade zum Glauben Berufener und Unmündiger kann sich schon bewähren, sei es durch eifriges Zeugnis gegenüber der Welt oder Ertragen von Spott und Ablehnung, kurz gesagt: indem er nicht mehr sich selbst lebt, sondern dem, der für ihn starb und auferweckt wurde. Ein solcher weiß, dass Christus in ihm ist, zumal der Geist Gottes es ihm zusammen mit seinem Geist bezeugt, dass er ein Kind Gottes ist (Röm.8:16), und erfreut sich dessen.

Es schließt sich Vers 6 an: »Ich erwarte aber, dass ihr erkennen werdet, dass wir nicht unbewährt sind!« Die Unbewährten erkennen Christus weder in sich selbst noch in Paulus. Der erwartet jetzt aber, dass alle Heiligen in ganz Achaja erkennen, dass Christus in ihm ist, weil sie nach Selbstprüfung und Umsinnung endlich erkennen, dass Christus in ihnen ist. - Bewährte erkennen Bewährte.

Tut das Treffliche!

 

Seinen Gebetswunsch in der gegenwärtigen Situation der Korinther kleidet Paulus in Vers 7 in die Worte: »Wir wünschen jedoch zu Gott, dass ihr keinerlei Übles tut; nicht, damit wir als bewährt erscheinen, sondern dass ihr das Treffliche tut, wir aber wie Unbewährte seien.« Da alles nur Gnadengeschenk unseres allesbewirkenden Gottes und Vaters sein kann, wendet sich Paulus an Ihn mit der Bitte, dass die Korinther keinerlei Übles tun mögen, dies jedoch keineswegs, um selbst als bewährt dazustehen, als hätte er es erreicht. Es geht ihm nur darum, dass sie das Treffliche tun. Genau dies aber wird zur Folge haben, dass er sich nicht als Mächtiger, als Gemeindezucht Übender, als ein Bewährter, in welchem Christus kraftvoll spricht, unter ihnen erweisen kann.

Er wird es nicht können, »denn«, so schreibt er in Vers 8, »wir vermögen nichts gegen die Wahrheit, sondern nur für die Wahrheit.« Die Wahrheit, die bei seinem dritten Besuch zutage treten wird, dürfte sein, dass die Korinther vom Üblen abstehen und das Treffliche tun. Dagegen vermag er nichts zu unternehmen. Aber auch er wird das Treffliche tun: für die Wahrheit wird er sich einsetzen und der Wahrheit, die er vorfindet, entsprechend handeln, nämlich seinen Gott für das Wachstum der Gläubigen zu Christus hin verherrlichen. »Freuen wir uns doch«, lesen wir in Vers 9, »wenn wir schwach sind, ihr aber kraftvoll seid. Dies nun wünschen wir auch zu Gott: euer Zurechtkommen!« Welch eine Selbstlosigkeit spricht doch aus diesen Worten des großen Apostels! Nur dies will er: dass die Gläubigen in Christus kraftvoll sind. Das ist seine Freude und sein innigster Gebetswunsch. Er selbst aber will ganz im Hintergrund bleiben. Um ihr Zurechtkommen nur geht es ihm. In seiner Schwachheit will er sich für sie aufbrauchen lassen (2.Kor.12:15), »als unbekannt und doch erkannt, als sterbend, und siehe, wir leben, als gezüchtigt und doch nicht zu Tode gebracht, als betrübt, aber stets freudevoll, als arm, aber doch viele reich machend, als solcher, der nichts hat und doch alles innehat« (2.Kor.6:9,10).

Paulus hat Vollmacht

 

Wenn auch der Zweck des zweiten Korintherbriefs die Verkündigung der Versöhnung Gottes mit der Welt und die zeugnishafte Darstellung der Versöhnung durch einen Mann ist, der sein Mitgekreuzigtsein praktiziert, indem er sich selbst überhaupt nicht mehr im Blickfeld hat, sondern nur die Festigung und das Wachstum der Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten, so darf man gleichwohl sagen, dass der folgende Vers 10 einen weiteren und nicht unwichtigen Zweck angibt: »Deshalb schreibe ich euch dies, während ich noch abwesend bin, um bei meiner Anwesenheit nicht Strenge gebrauchen zu müssen gemäß der Vollmacht, die der Herr mir zur Auferbauung und nicht zum Einreißen gegeben hat.«

Paulus hat Vollmacht; der Herr hat sie ihm gegeben. Er hatte es bereits in Kapitel 10:8 betont. Daran kann es keinen Zweifel geben, schon gar nicht mehr nach diesem Brief. - Noch ist der Apostel abwesend, und noch haben auch die Letzten in Korinth Zeit zur Umsinnung. Und selbst wenn Paulus bei seiner Anwesenheit von seiner Vollmacht, streng vorgehen zu dürfen, Gebrauch machen und alles fleischgemäße Gehabe und Getue, alle Vernunftschlüsse und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, niederreißen müsste (Kap.10:4,5), so würde dies ebenfalls zur Auferbauung dienen.

Auch wir können nur die Auferbauung unserer Brüder und Schwestern in Christus Jesus im Sinn haben, indem wir belehren, zusprechen, trösten und ermahnen. Mögen wir nicht versäumen zu tun, was in Titus 1:13 geschrieben steht: »Überführe sie streng, damit sie gesund im Glauben seien.« Mögen wir dabei, dem Vorbild des Paulus folgend, ihnen ihre Kränkungen im Geist der Versöhnung nicht anrechnen, viel Geduld üben und nichts unversucht lassen, bevor wir Strenge gebrauchen. Eine gute Anweisung für unser Handeln in solchen Fällen haben wir neben dem zweiten Korintherbrief in 2.Timotheus 2:24-26: »Ein Sklave ... des Herrn soll nicht zanken, sondern gegen alle sanft sein, lehrtüchtig, Übles nachsichtig ertragend, die Widerstrebenden in Sanftmut erziehen, ob ihnen Gott nicht Umsinnung gebe, um zur Erkenntnis der Wahrheit zu kommen, damit sie wieder ernüchtert werden und aus der Falle des Widerwirkers gelangen, zu desselben Willen sie von ihm lebendig gefangen sind.«

Im Übrigen, Brüder

 

»Im Übrigen, Brüder, freuet euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch zusprechen, seid gleichgesinnt, haltet Frieden, und der Gott der Liebe und des Friedens wird mit euch sein.« So lautet der Vers 11, der Vers mit einer gewaltigen Verheißung.

Die Redewendung »im Übrigen« besagt, dass noch etwas durchaus Wichtiges folgt. Die Anrede »Brüder« zeigt uns die Zuneigung des Paulus zu den Glaubensgeschwistern in Achaja; weil er sie schätzt, möchte er ihnen noch etwas ans Herz legen.

»Im Übrigen, Brüder, freuet euch.« Man sagt zwar immer durchaus mit Recht, der Philipperbrief sei der Brief der Freude - achtmal ist darin von ihr die Rede -, ja, der Freude aufgrund des hingebungsvollen Dienstes im Herrn, der zweite Korintherbrief ist aber ebenfalls ein Brief der Freude - zwölfmal wird darin von der Freude gesprochen, und zwar der Freude aufgrund der Versöhnung, der überwundenen Feindschaft. Den von Christus und Paulus über alle Maßen geliebten Korinthern wurde alle Gnade erwiesen, sodass sie nun selbst in der Gnade gekräftigt und in der Erkenntnis Gottes gewachsen sind - aus all diesen Gründen vermögen sie sich zu freuen.

»Im Übrigen, Brüder, lasst euch zurechtbringen.« Diesem Anliegen des Paulus geht seine Fürbitte um ihr Zurechtkommen in Vers 9 voraus. Der Brief, den er gerade zu Ende führt, wird sie zurechtbringen. Das griechische Wort für »zurechtbringen« kann auch mit zubereiten, anpassen und zurechthelfen übersetzt werden. Wer aber will sich schon in den Mängeln seines Glaubens zurechthelfen lassen, wenn man doch gern hinreichend perfekt vor den anderen dastehen möchte? Möge unser treuer Gott und Vater uns die Demut geben, uns von einem Bruder oder einer Schwester beiseite rufen, ermahnen und unser Denken und Handeln an das Wort Gottes anpassen zu lassen.

Hierzu lesen wir in 1.Thessalonicher 5:12,13: »Wir ersuchen euch aber, Brüder, auf die zu merken, die sich unter euch mühen, euch vorstehen im Herrn und euch ermahnen, und sie über alle Maßen in Liebe zu achten um ihres Werkes willen.«

»Im Übrigen, Brüder lasst euch zusprechen.« Wer bedarf nicht des Zuspruchs, sei er ermutigender, tröstender oder ermahnender Art, des Zuspruchs vor wichtigen Entscheidungen oder in Drangsalen und Leiden, damit wir ausharren und Zuversicht haben mögen?

Zu Beginn des zweiten Korintherbriefs, dieses in jeder Weise zusprechenden Briefs, schrieb Paulus huldigend: »Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Mitleids und Gott allen Zuspruchs, der uns in all unserer Drangsal zuspricht, damit wir auch anderen in all ihrer Drangsal zusprechen können« (Kap.1:3,4). Somit konnte er ihnen versichern: »Sei es nun, dass wir bedrängt werden, so dient es euch zum Zuspruch und zum Heil, oder dass uns zugesprochen wird, so ist es euch zum Zuspruch und bewirkt Ausharren in denselben Leiden, die auch wir leiden« (Kap.1:6). Reicher Zuspruch wurde ihnen im Zuge des Briefs zuteil; nun lasst euch den Zuspruch zu Herzen gehen.

Den Korinthern ist aber auch dadurch zugesprochen worden, dass Paulus ihnen ihre Kränkungen nicht anrechnete, die sie ihm mit ihrem Zweifel an seinem Aposteltum und mancherlei üblen Taten zugefügt hatten. Wenn es auch im Hebräerbrief steht, so passt das folgende Wort gleichwohl auf das Verhältnis zwischen den Korinthern und ihrem Apostel: »Vertrauet denen, die euch führen, und seid ihnen folgsam; wachen sie doch über eure Seelen (als solche, die Rechenschaft erstatten sollen), damit sie dies mit Freuden tun und nicht unter Seufzen; denn dies wäre unvorteilhaft für euch« (Heb.13:17). Ich erinnere daran, dass Paulus ihnen einen Brief unter Herzensbeklemmung und vielen Tränen geschrieben hatte (2.Kor.2:4). - Und auch dies steht im Hebräerbrief: »Ich spreche euch aber zu, Brüder, ertragt das Wort des Zuspruchs« (Heb.13:22).

»Im Übrigen, Brüder, seid gleichgesinnt.« Seid untereinander gleichgesinnt, und zwar gemäß der Gesinnung Christi Jesu, habt ein und dieselbe Liebe, führt den Wettkampf der Verbreitung des Evangeliums des Apostels Paulus wie aus einer Seele und verherrlicht Gott, den Vater, und den Herrn Jesus Christus wie aus einem Mund (Röm.15:5,6; Phil.1:27; 2:2).

»Im Übrigen, Brüder, haltet Frieden.« Haltet Frieden untereinander, hört auf mit eurem Grimm und Hader und den Ränken und Spaltungen. Versöhnt euch miteinander, sodass ihr Frieden untereinander habt.

»... und der Gott der Liebe und des Friedens wird mit euch sein.« Welch ein Zuspruch! Welch eine Verheißung! Wenn die Gläubigen in die Tat umsetzen, was sie von ihrem Apostel gelernt und erhalten, gehört und an ihm gewahrt haben, dann wird Gott mit ihnen sein (Phil.4:9). Dann werden sie Gottes gütige und treue Führungen und Fügungen erfahren. Dann wird der Satan sie nicht mehr verstören. Dann wird Gott ihnen friedsames Wachstum im Glauben, in der Erwartung und in der Liebe schenken. Dann wird Er ihnen Türen auftun, damit sie das Geheimnis des Christus verkündigen können, Christi Erhöhung, Hauptschaft und Erstlingsschaft in allem, ebenso auch das Geheimnis des Evangeliums, die Versöhnung Gottes mit der Welt.

Grüße

 

Sodann schreibt Paulus in Vers 12 zunächst: »Grüßt einander mit heiligem Kuss!« Wenn die innere Haltung der Heiligen die der Versöhnung, der Liebe und des Friedens ist, wird sie in herzlicher Umarmung und im Bruderkuss ihren Ausdruck finden. Die gläubigen Frauen dürften sich damals untereinander wohl ebenso gegrüßt haben.

Vers 12 lautet weiter: »Es grüßen euch alle Heiligen.« Grüße zeigen die enge Verbundenheit derer, die ja Fremdlinge in der Welt und daher besonders aufeinander angewiesen sind. Grüße tragen die Liebe von einer herausgerufenen Gemeinde zur anderen. »Alle Heiligen« - diese dürften hier die Mazedonier, unter denen Paulus sich gerade aufhält, und wahrscheinlich auch die Epheser und Troer sein, von denen aus er sich auf den Weg nach Korinth gemacht hatte und die ihm Grüße aufgetragen haben.

Die Gnade des Herrn Jesus Christus

 

Der Brief schließt mit dem Segenswort: »Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen!« (Vers 13).

Mit allen in ganz Achaja, keiner ausgenommen, sei die Gnade Christi. Wir kennen die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass Er, wiewohl Er reich ist, um unsertwillen arm wurde, damit wir durch Seine Armut reich würden (2.Kor.8:9). Die Gnade holte uns aus der Obrigkeit der Finsternis heraus, aus der tiefsten Tiefe der Gottesferne, und versetzte uns in Christus Jesus in die höchsten Höhen allen geistlichen Segens inmitten der überhimmlischen Regionen und Geschöpfe. Diese Gnade sei mit uns, erfülle uns, präge uns; sie bewege uns, nicht mehr uns selbst zu leben, sondern dem, der für uns starb und auferweckt wurde.

Mit allen in Korinth sei die Liebe Gottes. Er hat Seine Liebe in der Dahingabe Seines Sohnes für Sünder und Feinde erwiesen und sie uns Gläubigen ins Herz gegeben. So mögen wir nun unseren Glauben durch Seine Liebe auswirken und mithin in aller Demut und Sanftmut, Lindigkeit und Geduld allen Menschen kund werden lassen.

Mit allen sei die Gemeinschaft des heiligen Geistes. Damit ist nicht die Gemeinschaft der Heiligen untereinander gemeint, sondern dass jeder einzelne in der Gemeinschaft mit dem Geist Gottes stehe und an seiner Wirksamkeit teilhabe, sich also in seinem Sinnen und Trachten von ihm führen lasse. Dies ist natürlich auch ein Segen für das Miteinander innerhalb der herausgerufenen Gemeinde, aber von dieser Folge ist hier nicht die Rede, auch nicht davon, dass wir den Geist etwa bekommen sollten, nein, alle Gläubigen haben ihn ja bereits ihnen innewohnend, sondern dass wir uns der Übereinstimmung unseres Wandelns und Dienens mit dem Geist Gottes erfreuen.

Somit sind wir voller Zuversicht im Hinblick auf die Korinther; dieser Brief, den sie in Kürze empfangen werden, wird sie in der Gnade, in der Liebe und in der Einheit mit Gottes Geist zur Umsinnung führen und zum Wohlgefallen Christi und des Paulus umgestalten. Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus dafür.

 

Dieter Landersheim

Höhenstraße 11

65824 Schwalbach a. Ts.