Das Lied der Lieder
(Das Hohelied)
Das »Lied der Lieder« (dieser Begriff
bedeutet im Hebräischen: »Das schönste Lied«) ist ganz auf die Erde bezogen,
auf die Liebe des Königs Salomo zu seiner Freundin, auf die Hochzeit, auf die
eheliche Liebe. Dabei sind allerdings die Parallelen zur Liebe des Messias und
Königs Israels zu Seiner Braut, Seinem Volk Israel, unübersehbar. Mithin
schwingt die alles überreffende Liebe Jesu in den Herzen der gläubigen Leser
stets mit, ja »das schönste Lied« ist das
Lied der Liebe Jesu zu Seiner Braut.
Das Lied orientiert sich im Übrigen an der
Geschichte Israels, und zwar an der Zeit des ersten und zweiten Kommens des
Königs Jesus. Dieses Buch der Bibel ist ein erlesenes Gedicht über die
entscheidenden Epochen der Geschichte Israels unter dem Gesichtspunkt der Liebe
Gottes.
Kapitel eins
1 Das Lied der
Lieder, das von Salomo ist.
2 Er küsse mich
mit seines Mundes Küssen,
denn
wonnig sind deine Freundschaftserweisungen, mehr als Wein.
3 Köstlich ist der
Wohlgeruch deiner Salböle,
wie
ausgegossenes Salböl ist dein Name;
darum
lieben dich die Mädchen.
4 Ziehe mich (zu
dir)!
Dir
nach wollen wir laufen.
Kommen
ließ mich der König in seine Kammern.
Wir
wollen frohlocken und uns in dir freuen,
wollen
deiner Freundschafserweisungen gedenken,
mehr
als des Weins.
Geradlinige
lieben dich.
…
Die Geliebte spricht. Sie sehnt sich nach den
Küssen des Königs. Seine Salböle sind von erlesenem Wohlgeruch, allein der
Gedanke an seinen Namen und mithin auch an seine Gesinnung ist wie
ausgegossenes und seinen Duft rückhaltlos entfaltendes Salböl. Sehnte sich
nicht auch Zacharias, der Vater Johannes des Täufers, nach der Rettung Israels
durch einen Spross aus dem Hause Davids (Luk. 2:67 - 79), und waren da nicht
die Prophetin Hanna und ein Mann namens Simeon, die nach dem Messias
ausschauten (Luk. 2:25 - 38)?
Die Geliebte erfreut sich der
Freundschaftserweisungen, so wie die Gläubigen Jesu Wunder und Sein Erbarmen
priesen.
»Ziehe mich (zu dir)!« Jewe liebt Israel. Mit
den Tauen der Liebe zog Er sie, erhöhte Er sie und speiste Er sie (Hos. 11:1,
4). Jesu Vater zog die, die zu Jesus kommen sollten, zu Ihm (Joh. 6:44). Jesus
wird alle zu Sich ziehen (Joh. 12:32).
»Dir nach wollen wir laufen.« Als Jesus die
Zwölf fragte: »Ihr wollt doch nicht auch weggehen?, antwortete Petrus: »Herr,
zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte äonischen Lebens; und wir haben geglaubt
und erkannt, dass Du der Heilige Gottes bist« (Joh. 6:67 - 69).
Die Worte »Kommen ließ mich der König in
seine Kammern« sind kein Bericht über Geschehenes, sondern Ausdruck eines
Wunsches, ebenso wie »Ziehe mich zu dir« und »Wir wollen frohlocken und uns in
dir freuen.« Die Geliebte wünscht mit ihrem Geliebten vermählt zu werden.
Die Gläubigen und Treuen frohlocken und freuen
sich in Jewe und Seiner Huld (Ps. 31:8), ja allezeit freuen sie sich im Herrn
Jesus.
Nur Geradlinige, Aufrichtige lieben Jesus;
andere, die Selbstbezogenen, können das gar nicht. David segnete Jewe einst mit
den Worten: »Ich erkenne, mein Elohim, dass Du der Prüfer des Herzens bist und
Du Wohlgefallen an Geraden hast. Ich, in der Geradheit meines Herzens zeigte
ich mich willig zu all diesen (Spenden), und nun, Dein Volk, das sich hier
befindet, sah ich mit Freuden, weil es sich Dir willig zeigt« (1. Chron.
29:17).
5 Schwarzrot bin
ich und doch verlangt,
(ihr)
Töchter Jerusalems,
wie
die Zelte Kedars, wie die Teppiche Salomos.
6 Seht mich nicht
an,
da
ich schwarzrötlich bin, da die Sonne mich färbte.
Die
Söhne meiner Mutter waren gegen mich entbrannt
(und)
setzten mich als Hüterin der Weinberge ein;
(jedoch)
meinen Weinberg, den meinen, hütete ich nicht.
7 Tue mir kund,
(du), den meine Seele liebt,
ach,
wo hirtest du, ach, wo verweilst du am Mittag?
Warum
soll ich wie eine sich Verhüllende
bei
den Herden deiner Gefährten erscheinen?
…
Schwarzrot ist die Geliebte, die Braut des
Lammes, weil die Sonne sie verbrannt hat. Israel ist ganz unwürdig, die Sünde
hat sie gezeichnet. Und dennoch ist sie verlangt – von Ihm. Der Messias nimmt
Sich ihrer an. So rühmt sie sich in Ihm vor den Töchtern Jerusalems. Sie ist
schwarzrötlich wie die aus schwarzen Ziegenfellen hergestellten Zelte Kedars,
eines Gebiets ismaelitischer Nomaden, und dennoch so begehrt wie die prächtigen
Teppiche Salomos.
Die Geliebte ist zwar über viele Weinberge
gesetzt, ihren eigenen Weinberg aber, Israel, sich selbst, hütete sie nicht.
Der Weinberg Jewes der Heere ist das Haus Israel (Jes. 5:7).
Der Weinstock kam aus Ägypten und verdrängte
die Nationen des Landes (Ps. 80:9). Er sollte süße Trauben und Wein
hervorbringen, der das Herz der Menschen erfreut (Rich. 9:13; Ps. 104:15; Pred.
10:19), brachte aber keinen Ertrag, der Elohim erfreute, sondern nur verdorbene
Furcht (wörtlich: Stinkende) hervor (Jes. 5:2; Hos. 10:1).
Was tat unser Herr Jesus mit jenem Weinberg?
Er verwarf ihn (Mat. 21:43; Röm. 11:15). Jesus Christus ist der wahre Weinstock
(Joh. 15:1). Alle, die in Ihm sind, werden gute Frucht tragen. Das zukünftig
wiedergeborene Israel, die Geliebte (Hos. 2:25; Röm. 9:25), wird die rechte
Frucht zum Segen der Menschen und zur Verherrlichung Gottes hervorbringen (Mat.
21:43).
Die Geliebte, die Auserwählten aus Israel,
das wahre Israel mithin (Röm. 2:28, 29; 9:6 - 8) – sie liebt den König, wie sie
in Vers sieben sagt, und erfüllt so das Gebot des Herrn: »Lieben sollst du den
Herrn, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit
deiner ganzen Denkart« (Mat. 22:37). Sie fragt, wo ihr Hirte sich aufhält,
fragt also nach Jesus, dem edlen Hirten (Joh. 10:11), dem großen Hirten der
Schafe (Heb. 13:20). Sie fragt, wo ihr Hirte verweilt, damit sie nicht bei
fremden Herden erscheint und sich aus Scham oder Trauer verhüllen muss. Der
große Hirte wird alle Völker hirten (Off. 12:5; 19:15), und die Hirtin des
Hoheliedes (1:8) wird Ihm dabei zur Seite stehen (Off. 2:27).
8 Wenn du das
nicht selbst erkennst,
(du),
die Schönste unter den Frauen,
(so)
gehe für dich hinaus in den Fersenspuren des Kleinviehs
und
hirte deine Zicklein bei den Wohnungen der Hirten.
9 Mit meiner Stute
inmitten der Fahrzeuge des Pharaos
vergleiche
ich dich, meine Freundin.
10 Verlangt sind
deine Wangen in blickfangenden (Schmuckkettchen),
dein
Hals in Muschelketten.
11 Blickfangende
(Schmuckkettchen) aus Gold wollen wir dir machen,
samt
den silbernen Perlen.
…
Der König spricht, der Geliebte antwortet.
Wenn du nicht weißt, wo ich bin, dann bleibe bei deinem Kleinvieh, neckt er
sie. Du bist aber doch wie eine Stute inmitten der mit Hengsten bespannten
Prachtwagen des Pharaos, die eine und einzige Frau für mich mithin und eine
einzigartige, die schönste. Schließlich ist Israel einzigartig, es wird die
einzige königliche (regierende) und priesterliche Nation sein, und sich nicht
zu den (übrigen) Nationen zählen (2. Mose 19:6;
4.
Mose 23:9). Hochbegehrt bist du in deiner Schönheit und deinem reizenden
Schmuck. Ich werde dir noch mehr Schmuck aus Gold und Silber anfertigen lassen.
Der König Jesus wird Israel mit dem Gold der Herrschaft und dem Silber der Erlösung
schmücken.
12 Solange der
König in seiner (Tafel-)Runde ist,
gibt
meine Narde ihren Duft.
13 Ein
Schnürsäckchen mit Myrrhe ist mir mein Freund,
das
zwischen meinen Brüsten nächtigt.
14 Ein
Traubenbüschel vom Hennastrauch ist mir mein Freund
in
den Weinbergen von Engedi.
…
Die Geliebte spricht. Der Duft ihrer Narde
trägt ihre Liebe zum König hin, so wie auch Maria, die Schwester des Lazarus
und der Martha, ihre Liebe zu Jesus bezeugte, als sie Seine Füße mit einem
Pfund wertvoller Narde salbte (Joh. 12:3).
Für »Hennastrauch« steht in Vers 14 wörtlich
»Schirmendes«. Jesus ist der Israel vor ihren Sünden Beschirmende, der
Sühnedeckel (Röm. 3:25). Engedi ist eine Oase am Westufer des Salzmeers.
15 Siehe! Du bist
schön, meine Freundin.
Siehe!
Du bist schön.
Deine
Augen sind Tauben.
16 Siehe! Du bist
schön, mein Freund,
du
stehst mir sogar bei.
Sogar
unsere Liege ist üppig.
17 Die Balken
unserer Häuser sind Zedern,
unsere
Täfelungen Verbundhölzer (oder: Zypressen).
…
Tauben sind friedlich und ohne Arglist (Mat.
10:16), und Augen sind Ausdruck des Wesens; Augen wie Tauben bezeichnen mithin
einen angenehmen Charakter. Die gegenseitige Bekundung der Schönheit findet
vielleicht in einem reich ausgestatteten Haus statt. Ist Israel etwa nicht
reich? Der Sohnesstand und die Herrlichkeit, die Bündnisse und die Gesetzgebung
gehören ihnen, der Gottesdienst und die Verheißungen, die Väter gehören ihnen
an, und Christus stammt dem Fleisch nach aus ihnen (Röm. 9:4, 5). Israel ist der
in königlichen Purpur und priesterlichen Batist gekleidete reiche Mann (Luk.
16:19).
Zedern erinnern daran, dass Gerechte wachsen
wie sie (Ps. 92:13).
Kapitel zwei
1 Ich bin (nur)
die im Schatten Versteckte (Narzisse) des Scharon,
(nur)
die Lilie der Tiefebenen. –
2 (Nein), wie eine
Lilie zwischen den Disteln,
so
ist meine Freundin unter den Töchtern. –
…
Die Geliebte ist demütig und bescheiden, der
Geliebte aber sagt ihr, dass sie hervorstrahlt wie
eine weiße Lilie zwischen blassen Disteln. Lilien sind herrlich, wie unser Herr
Jesus sicherlich auch in Bezug auf das Hohelied sagte: »Nicht einmal Salomo in
all seiner Herrlichkeit war so umhüllt wie eine von diesen« (Mat. 6:29). Israel
ist diese Lilie.
Der Scharon ist die Küstenebene südlich des
Karmel.
3 Wie ein
Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes,
so
ist mein Freund unter den Söhnen.
In
seinem Schatten begehre ich zu sein und zu sitzen,
und
seine Frucht ist süß für meinen Gaumen.
4 Kommen ließ er
mich zum Haus des Weins,
und
sein Panier (Feldzeichen) über mir ist die Liebe.
5 Erquickt mich
mit Feurigen (Alkoholischen, Bechern Wein),
stattet
mich aus mit Äpfeln,
denn
ich bin krank vor Liebe.
6 Seine Linke ist
unter meinem Haupt,
und
seine Rechte umarmt mich.
7 Ich beschwöre
euch, (ihr) Töchter Jerusalems,
inmitten
der stattlichen (Gazellen) oder inmitten der Hirschkühe des Gefilds:
(Wehe),
wenn ihr erwecken lasst,
(wehe),
wenn ihr die Liebe erweckt,
bis
es gefällt.
…
Diese Worte sind Ausdruck der Sehnsucht nach
der Erfüllung der Liebe, zunächst in seinen Umarmungen, dann in der Ehe.
Sie fühlt sich bei ihm geborgen, im Schatten
des Apfelbaums. Ihr Gaumen schmeckte die Äpfel, seine Liebeserweisungen. Zudem
zeigte Salomo seine Liebe zu ihr öffentlich, nämlich durch sein Panier, das
Panier der Liebe. So ist sie nun krank vor Liebe – eine solche Gewalt übt die
Liebe in ihrem Körper aus –, und sie brennt nach seinen Umarmungen und
Liebkosungen.
Jesus umwarb Israel mit Seiner Liebe, zum
Beispiel indem Er ihnen Wasser in Wein verwandelte (Joh. 2:1 - 11), Sich in
Gleichnissen als ihr Bräutigam darstellte (Mat. 9:15; 25:1), ihnen äonisches
Leben verhieß (Joh. 3:16), ihr Brot vermehrte und Kranke heilte. So umarmte Er
sie. Er liebte sie (Joh. 13:1) und gab Sich aus Liebe zu ihnen dahin bis zum
Tode, ja bis zum Kreuzestod.
Dann (Vers 7) gibt die Geliebte den Töchtern
Jerusalems, die nun auch möglichst bald eine solche Liebe erfahren möchten, den
guten Rat, nichts zu überstürzen, sondern in Geduld zu warten, bis die Liebe
erwacht. Liebe lässt sich nicht erzwingen; Gott wird sie zu gegebener Zeit
schenken. Alles hat seine Zeit, auch die Liebe (Pred. 3:8).
8 Die Stimme
meines Freundes!
Siehe!
Dieser ist, der da kommt,
der
über die Berge springt,
der
schnell über die Hügel herzukommt.
9 Mein Freund
gleicht einer stattlichen (Gazelle)
oder
dem Hirschkitz.
Siehe!
Dieser steht hinter unserer Wand,
schaut
durch die Fenster,
blickt
durch die (Insektenschutz-)Netze hindurch.
…
Plötzlich hört die Geliebte die Stimme ihres
Freundes. Siehe, er kommt eilends, alle Hindernisse wie eine Gazelle oder ein
junger Hirsch mit Leichtigkeit überwindend. jetzt ist er ganz nah am Haus ihrer
Eltern und schaut durch die Fenster, um sie zu sehen.
Nur das auserwählte, das gläubige Israel hört
die Stimme Jesu (Joh. 10:27) und heißt den Kommenden im Namen Jewes willkommen
(Ps. 118:26; Mat. 16:27; 21:9).
10 Mein Freund
antwortet und spricht zu mir:
Erhebe
dich, meine Freundin, meine Schöne,
und
komm doch!
11 Denn siehe! Der
Herbst ging vorüber,
und
der Platzregen zog vorbei, ging dahin.
12 Die Dolden sind
zu sehen im Land,
die
Zeit des Beschneidens (der Bäume und Sträucher) kam,
und
die Stimme der Turteltaube wird gehört in unserem Land.
13 Der Feigenbaum
überzog seine Jungfeigen (mit) klebrigem (Balsam),
und
die Rebstöcke haben Knospen und geben (ihren) Duft.
Erhebe
dich, komm, meine Freundin, meine Schöne,
und
komm doch!
14 Meine Taube in
den Klüften der Steilfelsen,
in
der Verbergung des Felsensteigs:
Lass
mich sehen dein Aussehen,
lass
mich hören deine Stimme,
denn
deine Stimme ist angenehm,
und
dein Aussehen ist begehrt.
…
Es ist Zeit für die Geliebte, sich zu erheben
und zum Geliebten zu kommen, der ihre Stimme hören und ihre Schönheit sehen
will. Es ist Frühling. Mit innerster Regung sehnen sich Liebende nach einander.
»Meine Freundin, komm doch!« Dies drückte
Jesus mit den Worten aus: »Erfüllt ist die Frist, und genaht hat sich das
Königreich Gottes. Sinnt um und glaubt an das Evangelium!« (Mark. 1:15).
Wenn der Weinstock Israel beschnitten, die
keine Frucht bringenden Reben entfernt, der ungläubige Teil also abgeschnitten
wird, dann trägt das geliebte Volk noch mehr Frucht (Joh. 15:2).
Die Geliebte wird Taube genannt. Die Taube
ist ein Symbol des heiligen Geistes (Mat. 3:16; Luk.
3:22). Ohne den Geist Gottes ist die Geliebte Jesu nicht denkbar.
15 Fangt uns die
Füchse, die kleinen Füchse,
die
die Weinberge verderben.
Und
unsere Weinberge haben (ja) Knospen.
16 Mein Freund ist
mein,
und
ich bin sein,
des
Hirten inmitten der Lilien.
17 Bis der
Morgenwind des Tages aufkommt und die Schatten fliehen,
umkreise
(wandle umher), und gleiche du, mein Freund,
der
stattlichen (Gazelle) oder dem Kitz der Hirsche
auf
den Bergen des Zweigeteilten (Felsens).
Möge nichts die Liebe stören, kein kleiner
Fuchs Stolz oder Selbstsucht in die Beziehung hineinmischen, mögen keine
Unschicklichkeiten oder Missverständnisse zu Zerwürfnissen führen. Das ist der
Wunsch der Geliebten.
Hochbeglückt über die Anwesenheit ihres
Freundes am Elternhaus erkennt und bekennt sie: Er ist mein, und ich bin sein!
Welch' herrlichen Worte sind dies! Israel gehört nicht sich selber, sondern dem
edlen Hirten. Israel ist Sein besonderes Eigentum (2. Mose 19:6; Joh. 1:11).
Man lebt nicht mehr sich selber, sondern dem, der für uns starb und auferweckt
wurde (2. Kor. 5:15). Die Liebe gibt alles auf
(1.
Kor. 13:7).
Da Jesus Liebe ist, gehört und lebt Er
ebenfalls nicht Sich Selbst, sondern gibt Sich dahin
als Lösegeld für die Vielen, die aus Israel Erwählten (Mat. 20:28).
Kapitel drei
1 Auf meiner Liege
in den Nächten suchte ich ihn,
den
meine Seele liebt.
Ich
suchte ihn und fand ihn nicht.
2 Auferstehen will
ich doch und will umherstreifen in der Stadt,
an
den Tränken und auf den Plätzen will ich den suchen,
den
meine Seele liebt.
Ich
suchte ihn und fand ihn nicht.
3 Die Wächter
fanden mich, die in der Stadt umherstreifen:
Ihr
habt den gesehen, den meine Seele liebt?
4 Alsbald war's,
dass ich von ihnen wegging
(und)
bis ich den fand, den meine Seele liebt.
Ich
fasste ihn und ließ ihn nicht mehr los,
bis
ich ihn zum Haus meiner Mutter gebracht hatte,
ja
zur Kammer meiner (mit mir) schwanger (Gewesenen).
5 Ich beschwöre
euch, (ihr) Töchter Jerusalems,
inmitten
der stattlichen (Gazellen) oder inmitten der Hirschkühe des Gefilds:
(Wehe),
wenn ihr erwecken lasst,
(wehe),
wenn ihr die Liebe erweckt,
bis
es gefällt.
…
Es folgt die Nacht der Abwesenheit des
Geliebten. So sagt es der Traum der Geliebten. Jesus, der Messias, ist nicht
mehr da, und Finsternis liegt über Israel – bis zum heutigen Tag.
Die Geliebte sucht ihn und drückt auf diese
Weise aus, was der Geist und die Braut sagen werden: »Komm! Komm, Herr Jesus!«
(Off. 22:17, 20).
Dann fand sie ihn. Und zwar wird dies dann
sein, wenn alle, die Jewe fürchten, ausrufen: »Halleluja! Nun herrscht der
Herr, unser Gott, der Allgewaltige! Freuen wir uns und lasst uns frohlocken und
Ihm die Verherrlichung geben; denn die Hochzeit des Lämmleins ist gekommen, und
seine Braut hat sich bereitgemacht« (Off. 19:6, 7).
Ihr Töchter Jerusalems, weckt die Liebe nicht
zu früh, wartet, bis die rechte Zeit für sie gekommen ist, bis es der Liebe,
bis es Gott gefällt entsprechend Seinem Vorsatz für den Ablauf der Äonen, den
Er in Christus Jesus gefasst hat (Eph. 3:11).
6 Wer ist diese,
die aus der Wildnis hinaufsteigt wie Säulen vom Rauch,
aus
dem Duft von Myrrhe und Weihrauch,
aus
allem Gewürzpulver eines Händlers?
7 Siehe! Seine
Liege, (sie), die dem Salomo (zu eigen)!
Sechzig
Mächtige von den Mächtigen Israels sind rings um sie herum.
8 Sie alle haben
das Schwert umfasst, sind Kampfgeübte,
jedermann
(trägt) sein Schwert an seiner Hüfte
aufgrund
des Ängstigenden der Nächte.
9 Einen Tragsessel
machte sich der König Salomo aus Bäumen des Libanon,
10 seine Säulen
machte er aus Silber, seine Ausstaffierung aus Gold,
sein
Sitz (Sitzkissen) ist Rotpurpur,
sein
Inneres von den Töchtern Jerusalems liebevoll mit glühenden (Edelsteinen
verziert).
11 Gehet hinaus und
sehet, (ihr) Töchter Zions,
den
König Salomo in der Krone (dem Bräutigamskranz),
mit
der seine Mutter ihn am Tag seiner Hochzeit krönte (bekränzte)
und
am Tag der Freude seines Herzens.
Ein prächtiger Hochzeitszug! Der Bräutigam
zieht aus, um seine Braut aus ihrem Elternhaus in ihr neues, gemeinsames Heim zu
holen. Es ist der Tag der Hochzeit (Off. 19:7) und der Tag der Herzensfreude
des Bräutigams und Königs.
Unser Herr Jesus Christus verglich Sein
Einswerden mit Israel mehrmals mit einer Hochzeit (Mat. 22:1 - 14; 25:1 - 13;
Luk. 12:35 - 37).
Man mag bei der Frage: »Wer ist diese, die
aus der Wildnis hinaufsteigt?« (Vers 6) durchaus an die Braut denken, die ja
1260 Tage lang in der Wildnis ernährt wird (und im duftenden Wohlgeruch ihres
Glaubens aus ihr heraustritt), was Hosea 2:16, 17, Offenbarung 12:6 und das
Hohelied 8:5 nahelegen.
Kapitel vier
1 Siehe! Du bist
schön, meine Freundin!
Siehe!
Du bist schön!
Deine
Augen sind Tauben unter deinem Schleier,
dein
Haar ist wie eine Herde von Ziegen,
die
vom Berg Gilead herabwallen.
2 Deine Zähne sind
wie eine Herde von frisch geschorenen Schafen,
die
aus der Schwemme steigen,
die
allesamt Zwillinge geboren,
und
keiner von ihnen ist kinderlos.
3 Wie ein zweimal
(in Karmesinfarbe getauchter) Faden sind deine Lippen,
und
deine Natürlichkeit (oder: dein Mund, oder: dein Wort) ist begehrt.
Wie
eine Scheibe der Granatfrucht ist deine Schläfe unter deinem Schleier.
4 Wie der Turm
Davids ist dein Hals, gebaut zur Wehr.
Tausende
von Großschilden sind an ihn gehängt,
alle
die Schilde der Mächtigen.
5 Deine zwei Brüste
sind wie zwei Kitze,
Zwillinge
der stattlichen (Gazelle),
die,
die inmitten der Lilien weiden.
6 Bis der
Morgenwind des Tages aufkommt und die Schatten fliehen,
gehe
ich für mich zum Berg der Myrrhe und zum Hügel des Weihrauchs.
7 Ganz und gar
bist du schön, meine Freundin,
und
kein Gebrechen ist an dir.
…
So beschreibt der Bräutigam seine Braut in
der Hochzeitsnacht. Eine schönere gibt es nicht! Israel ist unter allen
Nationen herausragend überaus schön und erglänzt in der Herrlichkeit des
Messias.
»Erstehe, (Israel), leuchte, denn dein Licht
kam, und die Herrlichkeit Jewes ging über dir auf« (Jes. 60:1). »Wie der
Hochzeiter voller Wonne über die Braut ist, so ist dein Elohim voller Wonne
über dich« (Jes. 62:5). »Freuet euch mit Jerusalem und frohlockt angesichts
ihrer, alle, die ihr sie liebt! Seid voller Wonne, ja voller Wonne mit ihr,
alle, die ihr über sie getrauert, damit ihr saugt und satt werdet von den
Brüsten ihrer Tröstungen, damit ihr ausschlürft und euch labt an den Zitzen
ihrer Herrlichkeit« (Jes. 66:10, 11).
Der Hals der Braut ist majestätisch wie der
Davidsturm und bringt ihre königliche Körper- und Geisteshaltung zum Ausdruck.
Ihre Brüste sind weich wie die Decke eines Kitzes, die zum Streicheln anregt.
Mit dem Berg der Myrrhe und dem Hügel des Weihrauchs sind die Büste der Braut
gemeint. Sie duften atemberaubend (Myrrhe und Weihrauch waren von höchstem
Wert). Bis zum Morgen (Vers 6) ergeht sich der Bräutigam in ihnen. Ohne
Gebrechen ist die Braut (Vers 7); makellos und rein ist Israel, ein heiliges
Volk ist es vom Tag der Wiederkunft Jesu und der Aufrichtung Seines Königreichs
an (5. Mose 26:19; Jes. 62:12).
8 Samt mir vom
Libanon, (meine) Braut,
samt
mir vom Libanon mögest du kommen,
mögest
gewahren vom Gipfel des Amana,
vom
Gipfel des Senir und des Hermon,
von
den Revieren der Löwen, von den Gebirgen der Leoparden her.
9 Du (beraubtest
mich meines) Herzens, meine Schwester, (meine) Braut,
du
(beraubtest mich meines) Herzens mit einem (Blick) deiner Augen,
mit
einem Nackengeschmeide deines Kragenschmucks.
10 Wie schön sind
deine Freundschaftserweisungen (Liebkosungen), meine Schwester, (meine) Braut!
Besser
als Wein sind deine Freundschaftserweisungen (Liebkosungen),
und
der Duft deiner Salböle ist herrlicher als alle Balsamdüfte.
11 Von Honigseim
tropfen deine Lippen, (meine) Braut,
Honig
und Milch sind unter deiner Zunge,
und
der Duft deiner Tücher ist wie der Duft des Libanon.
12 Ein
geschlossener (wohlbewahrter) Garten ist meine Schwester, (meine) Braut,
ein
geschlossenes (wohlbewahrtes) Rollendes (oder: Wogendes),
eine
versiegelte (wohlbehütete) Quelle.
13 Alles, was dir
entsprosst, ist ein Paradies der Granatfrüchte sowie (anderer) köstlichen
Früchte,
Hennasträucher
sowie Narden,
14 (ein Paradies
von) Narde und Safran, Würzrohr und Zimt
sowie
allen Weihrauchstauden,
(von)
Myrrhe und Aloen sowie edelsten Balsamspezereien.
15 Eine Quelle der
Gärten (bist du),
ein
Brunnen lebendiger (fließender) Wasser
und
vom Libanon strömender (Wasser). –
16 Sei erweckt,
Nordwind, und komm, Südwind!
Durchwehe
meinen Garten,
sodass
seine Balsamspezereien triefen mögen.
Mein
Freund komme zu seinem Garten
und
esse seine köstlichen Früchte. –
5:1 Ich kam zu
meinem Garten, meine Schwester, (meine) Braut.
Ich
rupfte meine Myrrhe samt meinem Balsamkraut,
ich
aß meinen Waldertrag samt meinem Honig,
ich
trank meinen Wein sowie meine Milch. –
Esst,
Gefährten, trinket
und
berauscht euch an den Freundschaftserweisungen!
…
Der Bräutigam spricht in der Hochzeitsnacht
sein Entzücken über seine Braut aus (Verse 8 bis 15). Dann lädt sie ihn ein, zu
ihr einzugehen (Vers 16). In Kapitel fünf, Vers eins, berichtet er, dass er
dies tat. Dieser Vers endet mit dem Aufruf an die Hochzeitsgäste, fröhlich zu
feiern.
Von den Höhen des Libanon her, von den Höhen
des Glücks her möge die Braut gewahren (Vers 8), dass die Liebe des Bräutigams
ganz ihr gehört, sie sein Herz gewonnen hat und sie ihm den Atem raubt (Vers
9). Der Amana ist der östliche Teil des Antilibanon, und Senir und Hermon sind
Gipfel im Hermongebirge.
Der Bräutigam redet die Seine auch mit
»Schwester« an. Das war damals ein Kosewort für die Ehefrau.
Nach dem Herzensbekenntnis des Geliebten
erweist sie ihm ihre Freundschaft, mit der Liebkosungen, Küsse und andere
Zärtlichkeiten gemeint sind (Vers 10).
Ihre Lippen träufeln Milch und Honig (Vers
11) und bereiten dem Bräutigam Hochgenuss. Ebenso wird Israel das Land werden,
wo Milch und Honig fließen (2. Mose 3:8) und Wohlstand, Segen und Freude
quillen.
Die Braut ist wohlbewahrt und wohlbehütet
(Vers 12), eine bislang unberührte, reine Jungfrau. Was Israel anbelangt, die
Ehebrecherin, sie ist, wenn Jesus sie in der Gnade wieder annimmt, ebenfalls so
rein wie eine jungfräuliche Braut.
Die Braut ist eine Quelle lebendigen, das
heißt fließenden und daher reinen Wassers, Leben gebend, ebenso wie solches vom
Libanon herabströmt (Vers 15) und die Gärten und Felder Israels bewässert.
Lebendiges Wasser im Vollsinn des Wortes wird von dem wiedervermählten Israel
ausgehen und alle Welt erfreuen (Hes. 47:12; Off. 22:1), weil der Herr Jesus
Christus und alle Gläubigen Israels Geist und Leben vermitteln werden, wie
Jesus ausrief: »Wenn jemand dürstet, komme er zu Mir und trinke! Wer an Mich
glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers
fließen.« Das sagte Er von dem heiligen Geist (Joh. 7:37 - 39; Jes. 44:3).
Ganz Israel wird bekennen und bezeugen: »Alle
meine Quellen sind in Dir! (Ps. 87:7).
Kapitel fünf
Mit Kapitel fünf, Vers zwei, beginnt der
zweite Hauptteil des Liedes der Lieder, des schönsten Liedes aller Lieder. Er
beschreibt das Suchen Israels nach dem Messias, König und Bräutigam in der
Endzeit, den letzten sieben Jahren des gegenwärtigen bösen Äons (Gal. 1:4) und
ihrer Vereinigung zu Beginn des tausendjährigen Königreichs (7:7 - 8:4).
Wir, die Glieder der Gemeinde, die Christi
Körper ist (Eph. 1:23) – wir sind nicht die Braut –, wurden bereits verwandelt
(Röm. 8:29;
1.
Kor. 15:51) und zu Ihm hin entrückt (1. Thess. 4:17).
5:2 Ich schlief.
Aber mein Herz war erweckt.
(Horch),
die Stimme meines Freundes, des Anklopfenden:
Öffne
mir, meine Schwester, meine Freundin,
meine
Taube, meine Vollendete (Makellose),
da
mein Haupt voll Tau ist,
meine
Haarsträhnen (voll) Rieselungen der Nacht.
…
Israel schläft. Es ist verworfen (Röm.
11:15). Zu Beginn der Gerichtszeit wendet Sich der Herr Jesus Christus Seinem
Volk wieder zu. Es ist Nacht. Er klopft an und ruft es. Die Sendschreiben an
die sieben Gemeinden sollen Israel aus dem Schlaf erwecken (Off. 2 + 3). Die
Briefe des Jakobus, Petrus, Johannes und Judas dienen ebenfalls diesem Zweck.
Jesus spricht: »Siehe, Ich stehe vor der Tür
und klopfe an. Wenn jemand Meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde
Ich auch hineingehen und das Mahl mit ihm halten und er mit Mir« (Off. 3:20).
»Glückselig sind jene Sklaven, die der Herr bei seinem Kommen wachend finden
wird!« (Luk. 12:37).
3 Ich habe mein
Unterkleid (schon) ausgezogen,
wieso
(sollte) ich mich mit ihm (wieder) bekleiden?
Ich
badete meine Füße,
wieso
(sollte) ich sie (wieder) beschmutzen? –
4 Mein Freund
entsandte (streckte) seine Hand durch das Riegelloch,
da
tumulteten meine Eingeweide auf ihn zu.
…
Die Geliebte hat keine Lust. Sie liegt bequem
im Bett und ist gleichgültig. Wenn sie aufstünde und durch die Stube liefe,
würden ihre Füße wieder staubig. Warum sollte sie sich erheben und mühen, sich
mit gerechten Taten einzukleiden (Off. 19:8)? Israel ist lau und läuft Gefahr,
ausgespien zu werden (Off. 3:16).
Als der Freund dann aber seine Hand durch das
Loch in der Tür steckt, um den Riegel von innen wegzuschieben, kommt eine
gewaltige innere Liebeserregung über sie. Sollte der Messias jetzt wirklich
kommen und alle Verheißungen erfüllen?
5 Ich stand auf,
ich, meinem Freund zu öffnen,
und
meine Hände tropften von Myrrhe,
und
meine Finger von überfließender Myrrhe
auf
den Griffen des Schlosses.
6 Ich öffnete,
ich, meinem Freund,
jedoch
mein Freund war entsprungen, war weggegangen.
Meine
Seele ging hinaus infolge seines Redens.
Ich
suchte ihn, aber ich fand ihn nicht,
ich
rief ihn, aber er antwortete nicht.
7 Es fanden mich
die in der Stadt umherstreifenden Wächter,
sie
schlugen mich, verwundeten mich.
Die
Wächter der Mauern nahmen mir meine Kopfbedeckung weg.
8 Ich beschwöre
euch, Töchter Jerusalems:
Wenn
ihr meinen Freund findet,
was
berichtet ihr ihm?
Dass
ich krank vor Liebe bin!
…
Der Geliebte hatte die Tür wegen ihrer
Gleichgültigkeit nicht geöffnet, sondern sich entfernt. Hätte die Geliebte doch
an Jesaia 55:6 gedacht: »Forschet nach Jewe in der Zeit, in der Er gefunden
wird, rufet Ihn an in der Zeit, in der Er nahe ist.«
Als sie hoffnungsvoll öffnet, erkennt sie,
dass er nicht mehr da ist. Jetzt wird ihr die Bedeutung ihres Geliebten
bewusst, sodass sie ihn sucht. Die Hand des Messias, des Gesalbten, hatte eine
Salbung, und zwar Myrrhe, auf den Griffen des Schlosses zurückgelassen. Myrrhe
war ein Bestandteil des heiligen Salböls im Tempel (2. Mose 30:23) und ein
Geschenk der drei Magier aus dem Morgenland an das Knäblein Jesus (Mat. 2:11),
ein deutliches Zeichen mithin. Sie geht hinaus in die Nacht, aber sie findet
ihn nicht. Wie unser Herr Jesus Christus sagte: »Ihr werdet Mich suchen und
nicht finden«» (Joh. 7:34). »Dann werden sie Mich rufen, aber Ich werde nicht
antworten, früh werden sie Mich suchen, aber Mich nicht finden, weil sie
Erkenntnis gehasst und es nicht erwählt haben, Jewe zu fürchten« (Spr. 1:28,
29).
Widerstand schlägt der Geliebten entgegen,
Israel muss Drangsale und Leiden erdulden. Von der Mitte des letzten
Jahrsiebener an »wird eine derartig große Drangsal sein, wie sie seit Anfang
der Welt bis nun noch nicht gewesen ist, noch je sein wird« (Mat. 24:21). Umso
klarer wird es Israel, dass Jesus von Nazareth ihr Messias und König ist und
sie Ihn lieben. Das liebende Volk ist krank vor Liebe zu Ihm!
Und da geschieht's: »Suchet, und ihr werdet
finden« (Mat. 7:7). »Und ihr sucht von dort (der Zerstreuung unter den Völkern)
aus Jewe, deinen Elohim, und du wirst Ihn finden, wenn du Ihm denn nachforschst
mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele« (5. Mose 4:29).
Dann spricht die Geliebte die Töchter, ja
alle Einwohner Jerusalems an (Vers 8): Wenn ihr meinen Freund findet, dann
berichtet ihm doch, dass ich krank vor Liebe bin. Die Liebe hatte sie nun
völlig ergriffen. Dass die Gläubigen den Herrn Jesus lieben, kriegen nun auch
die anderen Juden mit.
9 Was (hat) dein
Freund mehr als ein (anderer) Freund,
(du),
die Schönste inmitten der Frauen?
Was
(hat) dein Freund mehr als ein (anderer) Freund,
sodass
du uns so beschworen hast?
…
Die Töchter Jerusalems fragen, was denn
Besonderes an dem Freund sei. Die Geliebte antwortet:
10 Mein Freund ist
blendend weiß und rot,
ein
Panierträger,
bedeutender
als eine Myriadenschaft (eine Zehntausendschaft).
11 Sein Haupt ist
gleißendes Gold,
seine
Haarsträhnen sind Gehänge, schwarzrot wie der Rabe;
12 seine Augen sind
wie Tauben an den Flussbetten der Wasser,
badend
in Milch, sitzend in (einer Fassung) der Fülle;
13 seine Wangen
sind wie ein Balsambeet,
wie
Türme von Gewürzen;
seine
Lippen sind Lilien,
von
übergehender Myrrhe tropfend.
14 Seine Hände sind
wie rollende (Achsen) aus Gold,
besetzt
mit Tarschisch(-Edelsteinen);
sein
Unterleib ist ein Werk aus Elfenbein,
gefärbt
durch (darin befindliche) Saphire.
15 Seine Schenkel
sind Säulen aus sechs (verwundenen Strängen),
gegründet
auf Grundfesten (Füßen) aus gleißendem (Gold).
Sein
Aussehen ist wie der Libanon,
erlesen
wie die Zedern.
16 Sein Gaumen ist
Süßigkeit,
und
alles an ihm ist (lieblich und daher) begehrt.
Dies
ist mein Freund,
ja
dies ist mein Gefährte,
(ihr)
Töchter Jerusalems.
…
Bei Seinem ersten Kommen war Jesus von den
Juden gar nicht begehrt, sondern verachtet und gemieden, Er hatte kein
besonderes Aussehen und Ansehen (Jes. 53:2, 3). Im Begriff, zum zweiten Mal zu
kommen, erkennen sie nun Seine Schönheit, Seine Ihm von Gott gegebene
Herrlichkeit.
Er ist weiß; das ist die Farbe der
Gerechtigkeit. Er ist rot; einst gab Er Sein Blut zur Sühnung der Sünden
Israels und der ganzen Welt
(1.
Joh. 2:2), jetzt zeugt Seine rötliche Hautfarbe vom blühenden Leben, vom Leben
für jeden.
Sein Haupt ist aus gleißendem Gold; Er ist
der souveräne König, der Herr der Herren und der König der Könige. Seine Augen
sind so friedlich und sanft wie Tauben. Rein wie Milch ist Sein Blick. Aus
Seinem Mund gehen mit der Myrrhe vergleichbare kostbare Worte hervor. Seine
Süßigkeiten sind Aufrichtigkeit und Wahrheit. Edel wie Elfenbein und majestätisch
wie die Zedern des Libanon ist Er.
Mögen noch viele Juden erkennen – möge der
Vater es ihnen geben zu erkennen –, dass Jesus ihr Retter aus Sünde und Tod und
aller Not ist, ihr Messias, ihr Herr und König.
Kapitel sechs
1 Wohin wandelte
dein Freund,
(du),
die Schönste inmitten der Frauen?
Wohin
wandte sich dein Freund,
sodass
wir ihn mit dir suchen? –
2 Mein Freund
stieg hinab zu seinem Garten, zu den Balsambeeten,
um
in den Gärten zu hirten und Lilien aufzulesen.
3 Ich bin meines
Freundes,
und
mein Freund ist mein,
(er),
der Hirte inmitten der Lilien.
…
Die Töchter Jerusalems sind von der
Beschreibung des Bräutigams durch die Braut in Kapitel 5:10 - 16 so
beeindruckt, dass sie bereit sind, ihn zusammen mit der Schönsten unter den
Frauen zu suchen. Sie weiß aber, wo ihr Geliebter ist, sodass die Töchter
Jerusalems – vielleicht war es ihnen gar nicht ernst – ihn nicht aufsuchen.
Schließlich werden nur die ernstlich Suchenden finden, wird nur das Israel der
Auswahl für das äonische Königreich gerettet.
»Ich bin meines Freundes, und mein Freund ist
mein.« Sie ist sich der gegenseitigen Zugehörigkeit mithin gewiss. Und so geht
sie in den Garten, wie sie in Vers elf berichtet, um zu sehen, ob der Rebstock
knospt und der Granatapfelbaum Dolden bildet, ob ihre Liebe denn nun wie im
Frühling erblüht. Ob der Geliebte ihr ihre Gleichgültigkeit (Kap. 5:3)
verziehen hat?
Dort im Garten vernimmt sie die Stimme ihres
Bräutigams, der sie preist und von Herzen liebt (Verse 4 - 10):
4 Schön bist du,
meine Freundin, wie Tirza,
begehrt
wie Jerusalem,
grauenerregend
(erbebenmachend) wie paniertragende (Heere).
5 Lass deine Augen
sich herzuwenden aufgrund meiner Gegenwart,
da
sie, ja sie mich erkühnen!
Deine
Haare sind wie eine Herde von Ziegen,
die
von dem (Berg) Gilead herabwallen.
6 Deine Zähne sind
wie eine Herde von Mutterschafen,
die
aus der Schwemme steigen,
die
allesamt Zwillinge geboren,
und
keiner von ihnen ist kinderlos.
7 Wie eine Scheibe
der Granatfrucht
ist
deine Schläfe unter deinem Schleier.
8 Sechzig
Königinnen sind es (habe ich)
und
achtzig Nebenfrauen und zahllose Jungfrauen,
9 (aber) nur eine
(Einzige) ist sie,
meine
Taube, meine Vollendete (Makellose);
eine
(Einzige) ist sie für ihre Mutter,
eine
Lautere ist sie für die, die sie gebar.
Sehen
sie die Töchter, so preisen sie sie glückselig,
die
Königinnen und Nebenfrauen, sie loben sie.
10 Wer ist diese,
die herabblickt wie die schwarze Morgenröte,
die
schön ist wie der Weiße (der Mond),
klar
ist wie die Heiße (die Sonne),
grauenerregend
(erbebenmachend) wie paniertragende (Heere)?
…
Er ist überwältigt von ihrer Schönheit und
Makellosigkeit, Er hat sie lieb. Kein Makel wird an dem wiedergeborenen Israel
gefunden werden.
Tirza (Vers 4) war eine schöne Stadt
nordöstlich von Sichem. Es dürfte aber Tirza, eine der Töchter Zelofhads (4.
Mose 26:33; 27:1), gemeint sein, eine der Erbtöchter, die ein Losteil bekamen.
Israel wird die gesamte Erde als sein Losteil einnehmen (5. Mose 26:19; 28:1;
Dan. 2:44; 7:14; Ps. 37:11; Mat. 5:5; Off. 11:15).
Die Braut wendet ihre Augen (Vers 5) Jesus,
dem Urheber und Vollender ihres Glaubens, zu (Heb. 12:2).
Für »Jungfrauen« (Vers 8) heißt es wörtlich
»Verheimlichte« (heb. OLME, punktiert ÄLMaH); das
sind solche, die nicht nur von einem Mann unberührt sind, sondern auch von noch
keinem angeschaut wurden. »Jungfrau« heißt hebräisch BTULE, punktiert BöTULaH. Die Mutter Jesu war eine »Jungfrau« (Mat. 1:23)
und eine »Verheimlichte« (Jes. 7:14).
11 Zum Garten der
Nussbäume stieg ich hinab,
um
die Ähren des Bachtals zu sehen,
um
zu sehen, ob der Rebstock knospt,
ob
der Granatapfelbaum Dolden bildet;
12 nicht erkannte
(wusste) ich's (zunächst).
(Dann
jedoch:) Meine Seele versetzte mich zu den schnellen Fahrzeugen meines willigen
(edlen) Volkes.
…
Die Braut war in den Nussbaumhain
hinabgestiegen, um zu sehen, ob ihre gegenseitige Liebe nun wieder wie im
Frühling erblühen dürfe, was sie zunächst nicht wusste. Nachdem aber der König
sie mit dem Lobpreis ihrer Schönheit seiner Liebe versichert hatte (Verse 4 -
10), ist ihre Seele hoch auf die Prachtwagen ihres Volkes erhoben, das
insgesamt willig und edel ist.
Kapitel sieben
1 Kehre zurück,
kehre zurück, Schulamit!
Kehre
zurück, kehre zurück, damit wir dich anschauen! –
Was
(wollt) ihr an der Schulamitin anschauen
wie
beim »Mahanajim«-(»Doppelheerlager«-)Wirbeltanz? –
…
Vielleicht hatte der König seine Braut – wir
erfahren jetzt ihren Namen: Schulamit, das heißt Befriedete – auf einen der
Prachtwagen gestellt, sodass die Einwohner (die Sprecher sind der Grammatik nach
männlich) Jerusalems rufen, dass sie doch zurückkehren möge, damit sie sie
anschauen und wie beim Anschauen eines Tanzes ihre Lust haben können. Das ist
aber nicht die Aufgabe des heiligen Volkes. Der König weist das Ansinnen
zurück.
Die Szene wechselt und wird intim; der König
wendet sich seiner geliebten Schulamit zu.
2 Wie schön sind
deine Füße in den Sandalen,
(du)
Tochter eines Willigen (Edlen)!
Die
wippenden Wölbungen deiner Hüften sind wie Geschmeide,
ein
Werk der Hand eines Könners.
3 Dein Nabel ist
wie ein Napf in Halbmondform;
nicht
ermangle es der Überdeckung.
Dein
Bauch ist wie ein Weizenhaufen
inmitten
der Lilien.
4 Deine zwei
Brüste sind wie zwei Kitze,
Zwillinge
der stattlichen (Gazelle).
5 Dein Hals ist
wie ein Turm aus Elfenbein,
deine
Augen sind wie die Stauteiche in Hesbon am Tor Bat-Rabim,
deine
Nase ist wie ein Turm des Libanon,
nach
Damaskus spähend.
6 Dein Haupt auf
dir ist wie der Karmel
und
dein aufgewundenes Haar deines Hauptes wie Rotpurpur.
Der
König ist gefesselt von den Rinnen (deiner Locken).
…
Dies ist eine Beschreibung der
Hochzeitsnacht. Der Herr Jesus Christus wird Seine Wonne an dem heiligen und
gerechten, gläubigen und treuen Israel haben: »Und sie (die Stadt Jerusalem)
wird Mir zum Namen der Wonne, zum Lobe und zur Zier gegenüber allen Nationen
des Erdlands« (Jer. 33:9).
7 Wie bist du
(so) schön,
und
wie (sehr stehst) du (mir) bei,
(du)
Liebe in den Wonnen!
8 Dein hoher Wuchs
gleicht der Palme
und
deine Brüste den Traubenbüscheln.
9 Ich sprach:
Ersteigen will ich die Palme,
will
erfassen ihre Rispen,
und
es (sollen mir) doch deine Brüste wie Traubenbüschel des Rebstocks werden
und
der Duft deiner Nase (deines Atems) wie der von Äpfeln
10 und dein Gaumen
(dein Mund) wie der gute Wein,
(wie)
geraden Wegs zu meinem Freund fließend,
die
Lippen der Schlafenden netzend.
…
Der König drückt sein weiteres Entzücken aus.
Er bezeichnet seine Braut sogar als die Liebe selbst (Vers 7). Ebenso wie Gott
Liebe ist
(1.
Joh. 4:8) und die Liebe Gottes in unseren Herzen ausgegossen ist (Röm. 5:5),
wird auch Israel voll Liebe sein.
Datteln von der Palme, Äpfel, Trauben und
Wein vom Rebstock – Israel wird Frucht bringen, Frucht des heiligen
Geistes: Wahrheit, Reinheit, Gerechtigkeit, Liebe, Gehorsam, Treue, edle Werke,
und dies zur Freude ihres Herrn Jesus Christus (Jes. 3:10; 32:19; 57:19;
Ps.
1:3; Spr. 1:31; 8:19; Mat. 3:8; 21:41, 43; Joh. 15:5).
11 Ich bin meines
Freundes,
und
er strebt zu mir hin.
12 Gehe (Auf!),
mein Freund,
wir
gehen hinaus auf das Gefild,
wir
wollen nächtigen unter den Hennasträuchern.
13 Wir wollen früh
(hinausgehen) zu den Weinbergen,
wollen
sehen, ob der Rebstock knospt,
ob
sich die Knospenhülle öffnet,
ob
die Granatapfelbäume Dolden bilden.
Dort
gebe ich dir meine Freundschaftserweisungen (Liebkosungen).
14 Die Alraunen
geben (ihren) Geruch,
und
an den Türen sind allerlei Kleinodien, neue und auch vorjährige;
mein
Freund, für dich habe ich sie aufbewahrt.
…
Israel als die regierende und priesterliche
Nation gibt sich seinem Messias und König hin zu einem hingebungsvollen Dienst,
insbesondere, alle Nationen zu Jüngern Jesu zu machen (Mat. 28:19).
Alraunen (auch »Liebesäpfel« genannt) dienten
als besondere Liebesgabe (1. Mose 30:14). So wie die an den Türen hängenden
Kostbarkeiten, wohlriechenden Zweigen und Gewürzen, wird Israel ein Wohlgeruch
für Gott sein.
Kapitel acht
1 Wer gibt dich
mir als Bruder,
der
ein Säugling an den Brüsten meiner Mutter war?
Finde
ich dich draußen, küsse ich dich;
selbst
dann verachten sie mich nicht.
2 Ich führe dich,
ich bringe dich zum Haus meiner Mutter,
die
mich belehrte (oder: du belehrst mich).
Ich
gebe dir zu trinken vom Würzwein,
vom
Most meines Granatapfelbaums.
3 Seine Linke ist
unter meinem Haupt,
und
seine Rechte umarmt mich.
4 Ich beschwöre
euch, (ihr) Töchter Jerusalems:
Was
wollt ihr erwecken lassen,
und
was wollt ihr die Liebe erwecken,
ehe
es ihr selber gefällt?
…
Die Liebe war erweckt worden und ist zur ehelichen
Erfüllung gekommen, als es ihr selber gefiel, als die rechte Zeit nach Gottes
Vorsatz (Eph. 3:11) gekommen war. Jetzt darf die Frau ihren Ehemann wie einen
leiblichen Bruder in der Öffentlichkeit küssen. Mit der Aufrichtung des
Königreichs Israel ist die Liebe zwischen dem Messias und Seinem Volk
öffentlich.
Wenn ihr Ehemann ihr Bruder wäre, würde sie
ihn in das Haus ihrer Mutter führen und ihm vom Besten zu trinken geben (Vers
2); dies besagt, dass sie nun als die Frau des Hauses ihrem Ehemann das Beste
gibt, der wiederum sie umarmt und herzlich liebt (Vers 3).
5 Wer ist diese,
die aus der Wildnis hinaufsteigt,
sich
den Weg bahnend auf ihren Freund zu?
Unter
dem Apfelbaum erweckte ich dich,
dort
umgab dich (in den Wehen) deine Mutter,
dort
umgab dich (in den Wehen), die dich gebar.
6 Lege mich als
Siegel auf dein Herz,
als
Siegel auf deinen Arm!
Denn
stark wie der Tod ist die Liebe,
hart
wie der Scheol (ihr) Eifer;
ihre
Flammen sind Flammen des Feuers,
sind
eine Feuerlohe Jes.
7 Viele Wasser können
die Liebe nicht auslöschen,
und
Ströme überspülen sie nicht.
Wenn
ein Mann alles Vermögen seines Hauses
als
Gegenwert für Liebe geben wollte,
verachten,
ja verachten würde man ihn.
…
Der Ehemann spricht.
Wer kommt da aus der Wildnis? Vierzig Jahre
lang wanderte Israel unter Mose durch die Wildnis Sinai, und dreieinhalb Jahre
lang wird das gläubige Israel in den Bergen der Wüste Juda sein (Mat. 24:16;
Off. 12:6, 14). In der Wildnis macht Jewe Elohim Israel zugänglich und redet
dem Volk ins Herz, sodass es ausruft: »Mein Mann!« Dann wird der neue Bund, der
durch Jesu Blut gestiftet ist, geschlossen (Hos. 2:16 - 20). »Und ich (Jewe)
gelobe dich Mir an für äonisch, und Ich gelobe dich Mir an in Gerechtigkeit und
Zurechtbringung, in Huld und in Erbarmungen. Und Ich gelobe dich Mir an in
Treue, und du erkennst Jewe« (Hos. 2:21, 22).
Unter dem Apfelbaum, einem volkstümlichen
Symbol für romantische Liebe, erweckte Jewe Israel. Hier mag man an Abraham,
Isaak und Jakob sowie die zwölf Stammväter denken, aber auch an die Sendschreiben an die sieben jüdischen
Gemeinden (Off. 2 +3), mit denen aufgerufen wird, wachsam zu werden (Off. 3:2;
vgl. 16:15). Zudem werden sich die Briefe des Jakobus, Petrus, Johannes und
Judas als Weckrufe erweisen.
Es folgt Vers sechs. Höre, Israel, Mein Volk,
lege Mich, Jesus, deinen Messias und König, als Siegel auf dein Herz, mithin
auf deine innersten Regungen der Liebe, des Denkens und Wollens, und als Siegel
auf deinen Arm, nämlich auf all dein Handeln und Dienen!
Ein Siegel ist ein unantastbares und
unauflösliches Zeichen im Herrschafts-, Besitz- und Vertragsrecht; es dient zur
Unterzeichnung, Beglaubigung und Bestätigung und kann von niemandem
aufgebrochen werden. Israel ist für die beiden kommenden Äonen unverbrüchlich
mit Jesus, dem Sohn Gottes, verbunden.
Übrigens sind wir, die Glieder der Gemeinde,
die Christi Körper ist (Leibesgemeinde; Eph. 1:23), mit dem heiligen Geist
versiegelt (2. Kor. 1:22; Eph. 1:13); wir können unsere Rettung also nicht
verlieren.
Die Begründung für den unverbrüchlichen
Ehebund Jesu mit Israel lautet: »Denn stark wie der Tod ist die Liebe, hart wie
der Scheol (ihr) Eifer; ihre Flammen sind Flammen des Feuers, sind eine
Feuerlohe Jes.«
Die Liebe ist so stark wie der Tod, der jeden
besiegt, dem niemand widerstehen kann. Niemand kann sich der Liebe Gottes, die
in der Dahingabe Seines Sohnes für Sünder und Gottesfeinde zum Ausdruck kommt,
auf Dauer widersetzen. Die Liebe Gottes wird alle an Sein Herz ziehen.
So hart wie der Scheol (das Unwahrnehmbare,
poetisch ausgedrückt: das Totenreich) ist, so unausweichlich zwingend das Grab
ist, so ist der Eifer der Liebe. Sie ist eifrig, energisch und zielstrebig und
lässt sich durch nichts ablenken oder aufhalten. Die Liebe des Christus drängte
den Paulus (2. Kor. 5:14). Die Liebe – »alles (ohne Ausnahme) gibt sie auf,
alles (ohne Ausnahme) glaubt sie, alles (ohne Ausnahme) erwartet sie, alles
(ohne Ausnahme) erduldet sie« (1.Kor. 13:7). Auch von der Furcht bleibt nichts
mehr übrig, denn »die vollkommene Liebe treibt die Furcht hinaus« (1. Joh.
4:18).
Die Flammen der Liebe stammen von Je. (Je ist
die Kurzform von Jewe und bedeutet den »Wird-sein«, den alles
»Werdenmachenden«.) Die Flammen, das Wirken der Liebe mithin ist
leidenschaftlich, alles mitreißend. »Gott hebt uns gegenüber Seine Liebe
dadurch hervor, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren« (Röm.
5:8). Diese Seine Liebe entflammte unsere Herzen und wird in der Vollendung
alle erfassen (1. Kor. 15:20 - 28) und alle zur Huldigung führen: »Herr ist
Jesus Christus!, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters« (Phil. 2:11).
Viele Wasser, ja sogar Ströme (Vers 7) können
die Liebe nicht auslöschen, im Gegenteil, die Liebe gewinnt auch ihre Herzen.
Und sollte jemand Liebe kaufen wollen – man
würde ihn ganz und gar verachten (vgl. 1. Kor. 13:3). Wie aber erlangt man die
Liebe? Sie ist eine Gabe Gottes. Man kann sich nur mit ihr beschenken lassen.
In unseren Herzen hat Gott Seine Liebe bereits ausgegossen durch den uns
gegebenen heiligen Geist (Röm. 5:5).
Wie am Anfang in Kapitel eins, Vers sechs, so
ist auch am Ende des Hoheliedes wieder von den Brüdern die Rede. Die Brüder der
Schulamit, die sie in die Weinberge geschickt hatten, sprachen einst über sie:
8 Wir haben eine
kleine Schwester,
und
sie hat noch keine Brüste.
Was
tun wir für unsere Schwester an dem Tag,
an
dem ihr bezüglich (werbend) geredet wird?
9 Wenn sie eine
Mauer ist,
erbauen
wir auf ihr Zinnen aus Silber,
und
wenn sie eine Tür ist,
verrammeln
wir sie mit Bohlen aus Zedern. –
…
Wenn Schulamit eine Mauer war und den
Annäherungsversuchen mancher Männer und den Versuchungen widerstand, sie sich
also für den Einen, den wahren König ihres Herzens, rein erhielt, wollten die
Brüder sie ehren. Sollte sie aber offen sein wie eine Tür und dem Liebeswerben
und den Verlockungen schnell nachgeben, wollten sie sie wenn nicht
einschließen, so doch ihre Bewegungsfreiheit beschränken.
Aber Schulamit kann nun als Bewährte und
Ehefrau freudig ausrufen:
10 Ich bin eine
Mauer,
und
meine Brüste sind wie Türme.
Somit
wurde ich in seinen (Salomos) Augen
wie
eine, die Frieden gefunden hat.
…
Salomo, heb. SchLME,
punktiert SchöLoMoH, bedeutet Frieden(geben)der.
Schulamit, heb. SchULMIT, punktiert SchULaMIT, bedeutet Befriedete. Schon von den Namen her
gehören diese beiden zusammen. Sie hat in den Augen Salomos Frieden, heb. SchLUM, punktiert SchaLOM,
gefunden. Der Begriff schließt auch Wohlstand und Zufriedenheit ein. Der König
ist sehr zufrieden mit seiner Ehefrau. »Schalom« darf auch als »völliges
Wohlbefinden« verstanden werden, in diesem Zusammenhang in der ehelichen
Erfüllung. Im Königreich unter dem Messias Jesus wird Israel völligen Frieden
haben.
11 Ein Weinberg
wurde dem Salomo in Baal-Hamon zuteil;
er
gab den Weinberg den Hütern.
Jeder
erwirtschaftet mit seiner Frucht 1.000 Schekel Silber.
12 Mein Weinberg,
der meine,
ist
vor meinem Angesicht.
Die
1.000 Schekel sind dein, Salomo,
und
200 sind den Hütern seiner (des Weinbergs) Frucht.
…
Der dem Salomo zuteilgewordene Weinberg ist
seine Geliebte selbst. Einst arbeitete sie im Weinberg (Kap. 1:6).
In Vers 12 a dürfte Salomo sprechen. Er
blickt seinen Weinberg an, den seine Ehefrau ihm schenkte. Aber ja, sie selbst
schenkte sich ihm. In Vers 12 b antwortete sie ihm, dass ihm auch alle Frucht
gebühre. Ein Schekel wog vermutlich 12 g. Das Geschenk an Salomo beträgt 1.000
Schekel, also 12 kg, der Lohn der Hüter 200 Schekel, also 2,4 kg.
Im Königreich wird der Weinberg Israel (Jes.
5:1 - 7) dem König Jesus den vollen Ertrag und Gewinn bringen. Eine Frucht des
Friedens wird es sein, dass der Rebstock seine Frucht bringt (Sach. 8:12). Wie
wir wissen, bringen die Reben nur deshalb ihre Frucht, weil Jesus der wahre
Rebstock und Israel in Ihm ist (Joh. 15:56). Ja, Jesus erweist denen, die Ihn
lieben und Seine Gebote halten, Seine Huld für tausend Generationen (2. Mose
20:6).
Zum Schluss bringt das liebende Ehepaar sein
immerwährendes Zueinanderhingezogensein zum Ausdruck.
13 (Du), die (du)
in den Gärten wohnst:
(Deine)
Gefährten merken auf deine Stimme;
lass
mich (sie) hören! –
14 Fliehe (eile),
mein Freund, (zu mir),
und
gleiche (dabei) der stattlichen (Gazelle)
oder
dem Kitz der Hirsche
auf
den Bergen der Balsamspezereien.
Israel wohnt nun im Paradies (Off. 2:7);
Völker hören auf ihre Stimme, der Ehemann aber will in erster Linie allezeit
ihre eheliche Liebeserklärung, ihre Gebete und ihren Lobpreis hören. Und wenn
sie Ihn, Jesus, ihren Messias und König, in Seinem Namen um etwas bittet, dann
wird Er dies tun (Joh. 14:14).
Die Ehefrau antwortet: Komme eilends zu mir
und genieße allezeit die Balsamspezereien auf meinen Brüsten. (In Kap. 4:6
waren mit dem Berg der Myrrhe und dem Hügel des Weihrauchs ebenfalls die Brüste
gemeint.) Der Herr Jesus wird allezeit die Wonne der völligen Hingabe Israels
an Ihn erfahren.
Das Lied der Lieder, das schönste aller
Lieder ist das auf die Liebe, die Liebe, die zur Ehe führt und sich in der Ehe
erfüllt. Das Schönste auf der Erde ist das heilige, gläubige und treue Volk
Israel, das für den Sohn Gottes und damit für Gott da ist, der Liebe ist und
dessen Liebe es erwidert.
Dieter
Landersheim
Höhenstraße
11
65824
Schwalbach a. Ts.
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