Ausführungen zum Bericht des Matthäus
(Evangelium nach Matthäus)
Abstammung, Zeugung und Geburt Jesu (Matthäus 1)
Die Magier und die Flucht nach Ägypten (Matthäus 2)
Johannes des Täufers Aufruf (Matthäus 3)
Die Versuchung Jesu und Sein erstes Wirken in Galiläa (Matthäus 4)
»Glückselig sind ...« (Matthäus 5:1-26)
Ich aber sage euch! (Matthäus 5:27-6:8)
»Unser Vater in den Himmeln« (Matthäus 6:9-34)
Jesus hat die Macht zu heilen (Matthäus 8:1-9:8)
Es
kamen viele Zöllner und Sünder (Matthäus 9:9-38)
Die Aussendung der zwölf Jünger (Matthäus 10:1-27)
»Fürchtet euch nicht!« (Mat.10:28-11:1)
Über Johannes den Täufer (Matthäus 11:2-30)
Jesus ist Herr über den Sabbat (Mat.12:1-32)
Das Zeichen des Propheten Jona (Matthäus 12:33-50)
Das erste Königreichsgleichnis (Matthäus 13:1-23)
Das zweite bis siebente Königreichsgleichnis (Matthäus 13:24-58)
Fünf Brote und zwei Fische (Matthäus 14)
Um der Überlieferung willen (Matthäus 15:1-16:12)
»Du bist der Christus!« (Matthäus 16:13-27)
Die Verklärung Jesu (Matthäus 16:28-17:27)
»Wer ist der Größte im Königreich der Himmel?« (Matthäus 18)
Auf dem Weg nach Jerusalem (Matthäus 19 und 20)
Jesu Einzug in Jerusalem (Matthäus 21)
Weitere Reden Jesu in der Weihestätte (Matthäus 22:1-23:12)
»Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer!« (Matthäus 23:13-39)
Die große Endzeitrede des Herrn, Teil I (Matthäus 24:1-28)
Die große Endzeitrede des Herrn, Teil II (Matthäus 24:29-51)
Die große Endzeitrede des Herrn, Teil III (Matthäus 25)
Jesu Salbung, Passahfeier und Gebet in Gethsemane (Matthäus 26:1-46)
Jesu Gefangennahme und Verurteilung (Matthäus 26:47-27:26)
Die Kreuzigung Jesu Christi (Matthäus 27:27-61)
Jesu Auferstehung und Missionsbefehl (Matthäus 27:62-28:20)
Abstammung, Zeugung und Geburt Jesu
(Matthäus 1)
Der Bericht des Jüngers und Apostels Matthäus, der auch Levi genannt wurde (Mark.2:14; Luk.5:27) und Zöllner war, über den Dienst unseres Herrn Jesus Christus unter Israel dürfte der älteste aller vier gewöhnlich Evangelien genannten Berichte sein. Nach den jüngsten Forschungsergebnissen wurde er um 40 n. Chr. oder etwas früher verfasst. Da die das Evangelium vom Königreich Israels verkündigenden Augenzeugen des Wirkens Jesu nicht immer überall sein konnten, entstand recht bald der Bedarf an Schriftsätzen.
Im Blick auf
die uns vorliegenden vier Berichte lässt sich sagen: Matthäus schildert Jesus
Christus als den König Israels, Johannes Ihn als den Sohn Gottes (ca. 62 n.
Chr.), beide schildern Ihn mithin in einer Herrlichkeitsstellung. Markus
beschreibt Jesus Christus als Gottes Knecht (ca. 50 n. Chr.), Lukas Ihn als den
Sohn des Menschen (ca. 55 n. Chr.); diese beiden beschreiben Ihn also in einer
Stellung der Niedrigkeit.
Matthäus nun
mit seinem Bericht verfolgt die Absicht, den Juden nachzuweisen, dass Jesus aus
Nazareth der verheißene Messias und König Israels ist, der ihnen das Königreich
der Himmel bringen wird.
Der Bericht
des Matthäus lässt sich wie folgt gliedern:
1:1-2:23 Die
Beglaubigung Jesu
3:1-4
Die Vorläufer
3:5-17
Jesu Taufe in Wasser
4:1-11
Jesu Anfechtung in der Wildnis
4:12-7:29
Verkündigung des Königreichs
8:1-16:20
Verkündigung des Königs
16:21-20:34
Verwerfung des Königs
21:1-26:35
Verwerfung des Königreichs
26:36-46
Jesu Anfechtung im Garten Gethsemane
26:47-28:15
Jesu Taufe in den Leiden
28:16-18
Die Nachfolger
28:19-20 Die
Beglaubigung der Jünger
Man beachte
den spiegelbildlichen Aufbau des gottgehauchten Wortes (2.Tim.3:16)!
Wir bezeichnen
die ersten vier Bücher der griechischen heiligen Schriften übrigens als
Berichte, weil die Heilige Schrift sie durch Lukas so nennt (Ap.1:1).
Zuerst begründet Matthäus das Recht Jesu auf den Königsthron Israels mit dessen Abstammung. Er schreibt in Vers 1: »Rolle der Abstammung Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.« Jesus, hebräisch Jehoschua, bedeutet: Jewe ist der Retter. Christus, hebräisch Maschiach (Messias), ist der von Gott Gesalbte, für eine hervorragende Aufgabe Geweihte. Jesus Christus ist der Sohn Davids und mithin berechtigt, das zerfallene Zelt Davids wieder aufzubauen (Am.9:11; Ap.15:16). Jesus Christus ist ein wahrer Israelit, denn Abraham ist Sein Vorvater.
Wir lesen die
Verse 2 bis 6: »Abraham zeugte Isaak, Isaak zeugte Jakob, Jakob zeugte Juda und
seine Brüder. Juda zeugte Phares und Zara mit der Thamar, Phares zeugte Esrom,
Esrom zeugte Aram. Aram zeugte Aminadab, Aminadab zeugte Nahasson, Nahasson
zeugte Salmon. Salmon zeugte Boas mit der Rahab, Boas zeugte Obed mit der Ruth,
Obed zeugte Isai. Isai zeugte David, den König.«
Von Abraham
bis David sind es vierzehn Generationen. Mit dem Wort »zeugen« wird uns
vermittelt, dass es sich hierbei um die natürliche Abstammung handelt. David
ist Abrahams Same (oder: Nachkomme).
Es sei an
dieser Stelle eingeflochten, dass in Lukas 3:23-38 der Stammbaum Marias, der
Tochter Helis, aufgeführt ist, denn Jesus ist der Adam und Eva im Garten Eden
verheißene Same - nicht des Mannes, sondern der Frau (1.Mose 3:15). Matthäus
bietet uns den Stammbaum Josephs dar.
Wir lesen
weiter: »David zeugte Salomo mit der Frau des Uria. Salomo zeugte Rehabeam,
Rehabeam zeugte Abia, Abia zeugte Asaph. Asaph zeugte Josaphat, Josaphat zeugte
Joram, Joram zeugte Usia. Usia zeugte Joatham, Joatham zeugte Achas, Achas
zeugte Hiskia. Hiskia zeugte Manasse, Manasse zeugte Amos, Amos zeugte Josia.
Josia zeugte Jechonia und seine Brüder in der Babylonischen Verbannung« (Verse
7-11).
Nach Vers 17
sind es von David bis zur Babylonischen Verbannung ebenfalls vierzehn
Generationen. Wir müssen also von David an zählen. Es gebührt ihm, in der
ersten und in der zweiten Vierzehnergruppe gezählt zu werden. König Josia ist
somit der Vierzehnte.
Zuerst fällt
auf, dass es in Vers 8 heißt: »Joram zeugte Usia.« Hier sind drei Generationen
ausgelassen, nämlich Ahasja, Joas und Amazja. Da man statt »zeugen« auch
»erwerden lassen« übersetzen kann, ist es klar, dass Joram seinen Urenkel Usia
erwerden ließ. Die drei übergangenen Könige hatten Böses getan oder waren von
Jewe abgefallen (2.Chr.22:25) und werden deshalb nicht erwähnt, und zwar weil
Jewe nach 5.Mose 29:19 die Namen solcher Männer löscht.
Der gleiche
Fall liegt bei Vers 11 vor: »Josia zeugte Jechonia« (vgl. 1.Chr.3:15-17). Hier
ist Jojakim ausgelassen, denn er tat, was böse in den Augen Jewes war
(2.Kön.23:36,37).
Die Rolle der
Abstammung Jesu wird in den Versen 12 bis 16 fortgesetzt: »Nach der
Babylonischen Verbannung zeugte Jechonia Salathiel, Salathiel zeugte Serubabel.
Serubabel zeugte Abiud, Abiud zeugte Eliakim, Eliakim zeugte Azor. Azor zeugte
Zadok, Zadok zeugte Achim, Achim zeugte Eliud. Eliud zeugte Eleasar, Eleasar
zeugte Matthan, Matthan zeugte Jakob, Jakob zeugte Joseph; er war der Mann der
Maria, von der Jesus geboren wurde, der Christus genannt wird.« Wieder heißt es
hierzu in Vers 17, dass er vierzehn Generationen sind, und zwar ausdrücklich nicht
von Jechonia, sondern von der Babylonischen Verbannung bis Christus. Hier ist
von Salathiel an zu zählen; danach ist Joseph der zwölfte, Maria stellt die
dreizehnte Generation im Sinne eines vollwertigen Gliedes dar, und Jesus ist
der vierzehnte.
Warum ist
Jechonia, der auch Jojachin und Chonia genannt wird, bei der Zählung nicht zu
berücksichtigen? Weil er ebenfalls Übles in den Augen Jewes tat (2.Kön.24:6,9).
Deshalb übergeht Vers 17 seinen Namen und spricht nur von der Babylonischen
Verbannung. Jetzt müssen wir Jeremia 22: 24-30 heranziehen: »So wahr Ich lebe -
das ist das Wort Jewes -, wenn auch Chonia, der Sohn Jojakims, der König von
Juda, ein Siegelring an Meiner rechten Hand wäre, würde Ich dich doch von dort
wegreißen. ... O Land, Land, Land, höre das Wort Jewes: So spricht Jewe:
Schreibt diesen Mann als kinderlos auf, als einen Ermächtigten, dem nichts
gelingt in seinen Tagen. Denn von seinen Nachkommen wird es nicht einem
gelingen, auf dem Thron Davids zu sitzen und weiterhin über Juda zu herrschen.«
Jechonias Name
war zu Chonia verkürzt worden, weil er nicht mehr würdig war, die erste Silbe
des Gottesnamens Jewe, Je, das heißt »Wird-sein«, in seinem Namen zu führen.
Kein Same
Jechonias kann also König Israels werden, auch Joseph nicht und, falls Jesus
der leibliche Nachkomme Josephs gewesen wäre, auch Er nicht. Jesus ist aber
nicht der Same Jechonias und Josephs, sondern der Maria. Mithin liegt der
Jechonia aufgelegte Fluch nicht auf Jesus.
Das
juristische Anrecht auf den Königsthron verbleibt bei jedem gesetzmäßigen
Nachkommen Jechonias - nicht umsonst führt Matthäus die Königslinie auf -, nur
soll kein leiblicher Nachkomme den Thron erlangen. Das Recht war auf Joseph
gekommen und über diese rechtliche Linie auch auf Jesus, denn Jesus war der
gesetzmäßige Sohn Josephs, oder wie Lukas sagt: »Er war nach dem Gesetz der
Sohn des Joseph« (Luk.3:23). Da Heli (Luk.3:24) keinen Sohn hatte und Maria die
Erbtochter war (4.Mose 27:8), war Joseph nicht nur ein Schwiegersohn Helis,
sondern »der Sohn nach dem Gesetz.«
Somit ist
nachgewiesen, dass Jesus das Recht hat, den Thron Davids einzunehmen, und dass
Er der König Israels ist.
Zum Abschluss
dieses Gedankengangs, der den Weg dafür eröffnet, dass Gott Selbst der Vater
Jesu ist, sei Vers 17 vollständig zitiert: »Alle Generationen nun von Abraham
bis David sind vierzehn Generationen, ebenso von David bis zur Babylonischen
Verbannung vierzehn Generationen, und von der Babylonischen Verbannung bis
Christus vierzehn Generationen.«
Im Rahmen des
Vorsatzes für den Ablauf der Äonen, den Gott in Christus Jesus, unserem Herrn,
gefasst hat (Eph.3:11), hat Er auch diese geschichtliche Abfolge in ihrer
Ebenmäßigkeit beschlossen. Überschläglich gesagt, standen die ersten vierzehn
Generationen von Abraham bis David unter der direkten Leitung Jewes, des
Elohims Israels. Von David bis zum babylonischen Exil war Israel eine
Monarchie. Die dritte Gruppe lebte in den Fristen der Nationen, die mit
Nebukadnezar begann (Luk.21:24; Dan.2:37,38); Israel wurde von Fremden
beherrscht. Die Theokratie - ein Fehlschlag! Die Monarchie - ein Fehlschlag!
Die Fremdherrschaft - ebenfalls ein Fehlschlag, denn sie führte zur Zerstreuung
unter alle Nationen der Erde. Jesus Christus allein ist der Retter Israels! Mit
den Worten des Petrus: »Dieser [Jesus] ist der Stein, der von euch, den
Bauleuten, verschmäht wird; der ist zum Hauptstein der Ecke geworden
(Ps.118:22)! Und in keinem anderen ist die Rettung; denn es ist auch kein
anderer Name unter dem Himmel, der unter Menschen gegeben worden ist, in
welchem wir gerettet werden müssen« (Ap.4:11,12).
»Mit der Zeugung Jesu Christi verhielt es sich so: Als Maria, Seine Mutter, mit Joseph verlobt war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, dass sie von heiligem Geist schwanger war. Joseph, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht anprangern wollte, beschloss daher, sie heimlich zu entlassen« (Verse 18+19).
Maria war von
heiligem Geist schwanger. Heiliger Geist ist nicht etwas Drittes neben dem
Vater und dem Sohn, sondern es ist der Geist Gottes, der Geist ist (Joh.4:24),
mithin Gott Selbst. Die Antwort des Boten Gottes auf die Frage Mirjams, wie es
möglich sein sollte, dass sie schwanger werden würde, ist in diesem
Zusammenhang sehr aufschlussreich: »Heiliger Geist wird auf dich kommen, und
die Kraft des Höchsten wird dich beschatten; darum wird auch das
Heilig-Gezeugte »Sohn Gottes« heißen« (Luk.1:35). Hier haben wir mehrere
Parallelen: Heiliger Geist wird mit der Kraft Gottes gleichgesetzt wie auch mit
dem »Heilig« in dem Begriff »das Heilig-Gezeugte« und mit Gott Selbst in den
Worten »Sohn Gottes«. Das »Kommen auf« wird mit »beschatten« gleichgesetzt wie
auch mit »das Gezeugte« und mit »Sohn«.
Der Eine,
Gott, hatte Seinen Sohn gezeugt. Gott, der Eine und Einzige, ist der Vater Jesu
Christi.
Maria war dem Joseph angelobt. Das war kein Eheversprechen, wie eine Verlobung hierzulande verstanden sein will. Die Angelobung war das Treuegelöbnis bei der Eheschließung. Der Vollzug der Ehe konnte etliche Zeit später stattfinden. Die Angelobung galt als Ehebund, auch wenn die Frau noch im elterlichen Haus verblieb, bis der Bräutigam sie unter großen Feierlichkeiten in sein Haus holte.
Nun aber kam
Joseph in einen Konflikt. Seine Frau war schwanger, ehe sie zusammengezogen
waren. Was sollte er tun? Das Gesetz des Mose war sehr streng in dem Fall, dass
die junge Frau keine Jungfrau mehr war, und forderte, dass sie an den Eingang
ihres Vaterhauses hinauszuführen ist und die Männer ihrer Stadt sie zu
steinigen haben, sodass sie stirbt, weil sie eine Schandtat in Israel verübt
hat, im Hause ihres Vaters zu huren (5.Mose 22:21).
Joseph
entschied sich - wohl aus Barmherzigkeit - nun aber, ihr einen Scheidebrief zu
geben, was in den Fällen üblich war, wenn die Frau keine Gunst in den Augen
ihres Mannes gefunden hatte, weil er etwas Anstößiges an ihr entdeckt hatte
(5.Mose 24:1). Auf diese Weise wollte er sie still aus der Ehe entlassen.
»Als er sich dies überlegte, siehe, da erschien ihm ein Bote des Herrn im Traumgesicht und sagte: Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Mirjam als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das in ihr Gezeugte ist aus heiligem Geist. Sie wird einen Sohn gebären, und du sollst Ihm den Namen »Jesus« geben; denn Er, Er wird Sein Volk von ihren Sünden retten« (Verse 20+21).
Der Bote
Gottes würdigt Joseph als einen Sohn Davids und berechtigten Thronfolger. Maria
erwähnte er nicht in dieser ihrer griechischen, sondern in der hebräischen Form
ihres Namens: Mirjam (buchstäblich: Marjam).
Der Name des
Sohnes soll »Jesus« lauten. Dieser Name ist zusammengesetzt aus der ersten
Silbe des Namens Gottes, Jewe, was »Wird-sein-seiend-war« bedeutet, und aus
Hoshea, was Rettung heißt. »Jesus« ist die griechische Form des hebräischen
»Jehoschua« und besagt, dass Er Jewe und der Retter ist. Er, ja Er wird Sein
Volk von ihren Sünden retten.
Dass mit Ihm
die Gnade Gottes erscheinen wird, »allen Menschen zur Rettung« (Tit.2:11), ist
hier nicht im Blickfeld, denn zuerst muss Israel gerettet werden, um zum Segen
für die anderen Völker werden zu können (1.Mose 12:3; Mat.28:19).
Als Joseph die
Worte des Boten vernommen hatte, hat er vielleicht an Psalm 130:8 gedacht: »Er
[Jewe] wird Israel loskaufen von all seinen Verwerflichkeiten.« Oder es gingen
ihm Jeremias Worte durch den Kopf: »Siehe, Tage kommen - das ist das Wort Jewes
-, da werde Ich dem David einen gerechten Spross erwecken. Der wird als König
regieren, klug sein und Recht und Gerechtigkeit im Land üben. In Seinen Tagen
wird Juda gerettet und Israel in Sicherheit wohnen. Und dies ist Sein Name, mit
dem man Ihn nennen wird: Jewe, unsere Gerechtigkeit!« (Jer.23:5,6).
Auch Mirjam
wusste um die Bedeutung des Namens »Jesus«, den sie schon einige Zeit zuvor aus
dem Munde des Boten Gabriel gehört hatte: »Siehe, du wirst empfangen, schwanger
werden und einen Sohn gebären, und du sollst Ihm den Namen »Jesus« geben.
Dieser wird groß sein und »Sohn des Höchsten« heißen; Gott der Herr wird Ihm
den Thron Seines Vaters David geben. Über das Haus Jakobs wird Er für die Äonen
König sein; und Seine Königsherrschaft wird [für die Äonen; vgl. 1.Kor.15:24]
keinen Abschluss haben« (Luk.1:31-33).
Dass Jesus der
Retter ist, war auch dem gottesfürchtigen, greisen Simeon offenbar, als er den
Säugling Jesus in der Weihestätte in seine Arme nahm, Gott segnete und sprach:
»Nun, mein Eigner, entlässt Du Deinen Sklaven Deinem Ausspruch gemäß in
Frieden; denn meine Augen gewahren Deine Rettung, die Du vor dem Angesicht
aller Völker bereitet hast, ein Licht zur Enthüllung für die Nationen und zur
Herrlichkeit für Dein Volk Israel« (Luk.2:29-32).
Hören wir noch
das Wort des Petrus vor dem Synedrium: »Diesen [Jesus] hat Gott zum Urheber und
Retter zu Seiner Rechten erhöht, um Israel Umsinnung und Sündenerlass zu geben«
(Ap.5:31).
Matthäus erläutert: »Dies Ganze ist geschehen, damit erfüllt werde, was vom Herrn durch den Propheten angesagt war: Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären; und man wird Ihm den Namen »Immanuel« geben - das ist verdolmetscht: Mit uns ist Gott« (Verse 22+23).
Zugrunde liegt
eine Begebenheit in den Tagen des Achas, des Sohnes Jothams, des Sohnes Usias,
des Königs von Juda. Jewe sprach durch Jesaia zu Achas: »Erbitte dir ein
Zeichen von Jewe, deinem Elohim! Es sei tief deine Bitte, oder erhebe sie hoch!
Achas aber sagte: Nicht bitten will ich noch Jewe erproben. Da sagte er
[Jesaia]: So höret doch, ihr vom Hause Davids! Ist es euch zu wenig, Männer zu
ermüden, dass ihr sogar Jewe, meinen Elohim, ermüdet? Darum gibt euch Jewe
Selbst ein Zeichen: Siehe! Die Jungfrau wird schwanger und gebiert einen Sohn,
und sie nennt seinen Namen Immanuel« (Jes.7:11-14). Immanuel heißt: Mit uns ist
El. El ist der alles Verfügende, der alle an ihren Platz Setzende, der alle
Sich Unterordnende.
Dieses Zeichen
ist nun erfüllt. Möge Israel es erkennen!
Das Wort
»Jungfrau« in Jesaia 7:14, hebräisch Almah, gehört zur Wortfamilie Alum,
»Verheimlichtes«, und bedeutet »Verheimlichte«, also eine weibliche Person, die
weder von einem Mann erkannt noch von einem solchen enthüllt, entkleidet,
gesehen wurde. Dieser Begriff ist mithin enger als das allgemeine Wort für
»Jungfrau«, nämlich hebräisch Bötulah.
Inwiefern ist
Jesus Immanuel? Das ist doch ein ganz anderer Name! Jesus ist Immanuel und darf
diesen Namen führen, weil Er als der Sohn Gottes, als das Wort Gottes, als das
Abbild des unsichtbaren Gottes (Kol.1:15) in vollkommener Weise zum Ausdruck
bringt, dass mit Ihm und in Ihm der Vater nun mit Israel ist. Wer Ihn sieht,
sieht ja den Vater (Joh.14:9).
Kapitel eins schließt mit den Versen 24 und 25: »Als Joseph vom Schlaf erwachte, tat er, wie der Bote des Herrn ihm geboten hatte, und nahm sie als seine Frau zu sich. Er erkannte sie nicht, bis sie den Sohn gebar, und gab Ihm den Namen ‚Jesus’.«
»Jesus« - wie
herrlich klingt dieser Name in unseren Herzen!
Die Magier und die Flucht nach Ägypten
(Matthäus 2)
»Als Jesus zu Bethlehem in Judäa in den Tagen des Königs Herodes geboren war, siehe, da kamen Magier aus dem Morgenland nach Jerusalem und fragten: Wo ist Er, der als König der Juden geboren wurde? Denn wir gewahrten Seinen Stern im Osten und sind gekommen, um vor Ihm anzubeten« (Verse 1+2).
In den Tagen
Herodes des Großen, des Königs der Juden, der von 39 bis 1 v. Chr. regierte,
wurde unser Herr Jesus Christus in Bethlehem geboren.
Wie Lukas
näher ausführt (Luk.2:1-5), mussten sich Joseph und Maria aufgrund eines
Erlasses des Kaisers Augustus eintragen lassen. Die Eintragung oder
Aufschreibung diente der Überprüfung und Bestätigung der Bürgerrechte, was
gewiss auch finanzielle Konsequenzen hatte. Ein jeder Bürger musste sich in
seiner Stadt eintragen lassen. So zog Joseph von Nazareth nach Bethlehem, weil
er aus dem Hause und der Familie Davids war. Die Familie Davids stammte aus
Bethlehem (Ruth 1:1,2). David war dort geboren worden (1.Sam.16:1).
So erfüllte
sich, was in Micha 5:1 geschrieben steht: »Und du, Bethlehem Ephrata, zu
gering, um unter den Tausendschaften Judas befunden zu werden, aus dir wird Mir
der hervorgehen, der Herrscher über Israel werden soll; und Sein wiederholtes
Hervortreten ist von der Vorzeit an, von den Tagen des Äons an.« Die
Herrlichkeit dieses unbedeutenden Städtchens besteht einzig darin, der
Geburtsort Jesu Christi, des Königs der Juden, zu sein.
Nach den Hinweisen
in der Heiligen Schrift und den historischen Zeugnissen dürfte unser Herr am 1.
Etanim (Tischri) des Jahres 3 v. Chr., nach unserem Kalender am 11.9.3 v. Chr.,
geboren worden sein, am Tag des Trompetenjauchzens (Posaunenblasens; 3.Mose
23:24; 4.Mose 10:10; 29:1). So gebührt es dem König der Könige, denn vom 1.
Etanim an wurde stets ein neues Regierungsjahr eines Königs gerechnet.
Die Magier waren hoch- und höchstgestellte Persönlichkeiten, Berater von Königen, auch Abgesandte von Königreichen. Sie mögen auch übernatürliche Kräfte in Anspruch genommen haben. Das Wort »Magier« kommt von megas (griech.), groß, und von mag (hebr.), mächtiger Beschützer. Da Esra vier Monate für seine Reise von Babel bis nach Jerusalem brauchte, dürften die Magier frühestens fünf Monate nach der Geburt Jesu eingetroffen sein, denn sie mussten sich erst von verschiedenen Orten des Morgenlands (steht in Vers 1 im Plural) sammeln und für die Reise rüsten.
Der Stern, den sie im Osten gesehen hatten, kann kein Fixstern oder Planet gewesen sein, da diese alle sich von Ost nach West bewegen und auch nicht stehen bleiben können. Es muss ein Komet gewesen sein, ein nie dagewesener, der später wieder auftauchte und die Magier von Jerusalem nach Bethlehem, also von Norden nach Süden leitete und über Bethlehem für das Auge des Beobachters stehen blieb.
Die Magier müssen um Bileams Weissagung gewusst haben: »Ich sehe ihn, aber nicht als gegenwärtig, ich gewahre ihn, aber nicht nahe: Es tritt ein Stern aus Jakob hervor, und ein Zepter ersteht aus Israel« (4.Mose 24:17). Seit den Tagen des Propheten Daniel war in Babel auch das folgende Wort bekannt: »Vom Ausgang des Wortes, zurückzukehren und Jerusalem aufzubauen, bis zum Kommen des Messias, des Beherrschers, sind es sieben Siebener und zweiundsechzig Siebener« (Dan.9:25). Die 69 Jahrsiebener rechnen vom Erlass des Artaxerxes zum Wiederaufbau Jerusalems vom 1. Nisan 445 v. Chr. (14.3.445 v. Chr.) bis zu Jesu Einzug in Jerusalem am 10. Nisan 32 n. Chr. (Sonntag, 6.4.32 n. Chr.). Zwischen diesen zwei Daten liegen 69 Jahrsiebener, das sind 483 Jahre à 360 Tagen (=173.880 Tage) oder 476 Jahre und 24 Tage nach unserem Kalender. Wenn die Magier rund 30 Jahre für das Volljährigwerden des Königs der Juden abrechneten und noch eine unbekannte Wirkungszeit bis zu Seinem »Abgeschnittenwerden« (Dan.9:26) in Betracht zogen, musste es dieser Stern sein, und zwar mit einer Sicherheit, die sie zum Aufbruch bewog.
In der zwischen der Geburt Jesu und der Ankunft der Magier liegenden Zeit von etwa einem halben Jahr war unser Herr an Seinem vierzigsten Lebenstag nach dem Gesetz in der Weihestätte dargestellt worden (Luk.2:22), und Joseph und Maria waren nach Nazareth zurückgekehrt (Luk.2:39). Zum Passahfest im Nisan (März/April) des Jahres 2 v. Chr., also rund sechs Monate später, waren sie wieder in Jerusalem und wohnten während dieser Festtage in Bethlehem.
Zu dieser Zeit trafen die Magier in Jerusalem ein, um vor dem neugeborenen König der Juden anzubeten, wie sie verlauten ließen.
In Bethlehem!
»Als der König Herodes dies hörte, wurde er beunruhigt, und das gesamte Jerusalem mit ihm. Er versammelte alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erkundigte sich bei ihnen, wo der Christus geboren würde. Sie sagten zu ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so ist es durch den Propheten geschrieben: Und du, Bethlehem im Land Juda, bist mitnichten die geringste unter Judas führenden Städten. Denn aus dir wird der regierende Herrscher hervorgehen, der Mein Volk Israel hirten wird« (Verse 3-6).
Herodes nahm die Nachricht der Magier ernst. Er verließ sich auch auf die Auskunft der Hohenpriester und Schriftgelehrten aus den hebräischen heiligen Schriften, wenn auch nur aus Gründen der Zweckmäßigkeit, denn er war kein Nachkomme Davids, sondern ein Idumäer (Edomiter) und mithin nicht der rechtmäßige König Israels, sodass er um seine Position fürchten musste. Immerhin weiß oder unterstellt Herodes nach Vers 3, dass der neugeborene König der Christus ist.
Die Hohenpriester und Schriftgelehrten zitieren den Propheten Micha nicht wortgetreu, nämlich dass Bethlehem eine geringe Ortschaft sei, sondern der neuen Tatsache entsprechend, dass Bethlehem nunmehr mitnichten die geringste unter den Städten Judas ist.
Der neue Herrscher wird Gottes Volk Israel hirten. Einst hatte König David dies getan (2.Sam.5:2; 1.Chr.11:2). Nun aber heißt es von Jesus Christus: »Er wird auftreten und [Seine Herde] hirten in der Kraft Jewes, in der Erhabenheit des Namens Jewes, Seines Elohim. Sie werden [in Sicherheit] wohnen, denn nun wird Er groß sein bis an die Enden der Erde. Und dieser wird [der Herr des] Friedens sein« (Micha 5:3,4). Der Prophet Jesaia schreibt: »Sage den Städten Judas: Siehe da: Euer Elohim! Siehe! Jewe, mein Herr, als Gewaltiger kommt Er, und Sein Arm herrscht für Ihn. Siehe! Sein Lohn ist mit Ihm und Sein Entgelt vor Ihm. Wie ein Hirte hirtet Er Seine Herde, und in Seinem Arm sammelt Er die Lämmlein« (Jes.40:9-11).
Der Herr Jesus Christus wird der große Hirte der Schafe sein (Heb.13:20).
Die Hinterlist des Herodes
»Dann berief Herodes heimlich die Magier und erforschte genau von ihnen die Zeit, wann der Stern erschienen war. Darauf sandte er sie nach Bethlehem und sagte: Geht hin und ergründet alles genau betreffs des Knäbleins; falls ihr es findet, berichtet mir, damit auch ich komme und vor Ihm anbete« (Verse 7+8).
Herodes erkundigte sich genau. Dann sagte er den Magiern, in welches Städtchen sie zu gehen hatten, und bat um einen Bericht, angeblich, um dann selber vor dem Knäblein anzubeten. Dies war eine hinterlistige Lüge. Es erfüllte sich Psalm 37:12: »Der Frevler plant [Böses] gegen den Gerechten und knirscht mit seinen Zähnen über ihn.« Und Sprüche 10:11 sagt, dass der Mund der Frevler die [beabsichtigte] Gewalttat verbirgt.
Die Anbetung der Magier
»Als sie den König gehört hatten, zogen sie hin, und siehe, der Stern, den sie im Osten gewahrt hatten, ging ihnen voran, bis er oben über der Stätte zu stehen kam, wo das Knäblein war. Da sie den Stern gewahrten, freuten sie sich mit überaus großer Freude. Als sie in das Haus kamen, gewahrten sie auch das Knäblein mit Maria, Seiner Mutter; niederfallend beteten sie vor Ihm an; und ihre Schätze auftuend, brachten sie Ihm Nahegaben dar: Gold, Weihrauch [ein beim Verbrennen angenehm duftendes Harz] und Myrrhe [ein wohlriechendes Harz]« (Verse 9-11). Die Zahl der Magier und die Größe ihres Trosses sind uns unbekannt. Die Anbetung der Magier ist nur der Anfang der Huldigungen, die dem Herrn Jesus Christus zuteil werden. In Jesaia 49:7 ist zu lesen: »Fürsten werden sich huldigend niederwerfen vor Ihm, um Jewes willen, der da treu ist, um des Heiligen Israels willen.«
Die Gaben, Gold, Weihrauch und Myrrhe, waren eines Königs würdig. Eines Tages werden die Nationen dem Messias ihren Reichtum in großem Umfang darbringen (Jes.60:5,11). Die Geschenke der Magier kamen Joseph und Maria sicher zustatten, um nach Ägypten fliehen und dort leben zu können, bis Herodes gestorben war.
Es fällt auf, dass die Hohenpriester und Schriftgelehrten nicht nach Bethlehem gingen, um Jesus anzubeten. Sie hatten kein Interesse am Messias, der ihre dominierende Stellung im Volk Israel doch wohl mindern würde.
Es folgt Vers 12: »Doch weil sie im Traumgesicht Weisung erhielten, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurück.«
Die Flucht nach Ägypten
»Nachdem sie zurückgezogen waren, siehe, da erschien dem Joseph ein Bote des Herrn im Traumgesicht und sagte: Erwache, nimm das Knäblein und Seine Mutter und fliehe nach Ägypten! Halte dich dort auf, bis ich es dir sage; denn Herodes hat vor, das Knäblein zu suchen, um es umzubringen. Als er erwacht war, nahm er noch bei Nacht das Knäblein und Seine Mutter mit sich und machte sich davon nach Ägypten. Dort hielt er sich auf, bis Herodes verschied, damit erfüllt werde, was vom Herrn durch den Propheten angesagt war: Aus Ägypten rufe Ich Meinen Sohn.«
Der Prophet Hosea hatte gesagt: »Als Israel ein Jüngling war, liebte Ich es; und aus Ägypten rief Ich Meinen Sohn« (Hos.11:1; vgl. 4.Mose 24:7,8). Hosea verstand unter dem Sohn Jewes das Volk Israel, wie denn auch Mose zu Pharao sagen sollte: »So spricht Jewe: Mein Sohn, Mein Erstgeborener, ist Israel« (2.Mose 4:22). Matthäus erkennt die Weissagung Hoseas als auf Jesus bezogen; der Auszug Israels aus Ägypten war ein vorlaufendes Geschehen und eine Abbildung auf den Messias hin, »denn sie tranken aus dem geistlichen Felsen, der folgte. Der Felsen aber war der Christus« (1.Kor.10:4).
Der Knabenmord des Herodes
»Dann gewahrte Herodes, dass er von den Magiern verhöhnt worden war; er ergrimmte sehr und schickte hin, um alle Knaben in Bethlehem und in all seinen Grenzgebieten niedermetzeln zu lassen (von den Zweijährigen an und darunter), entsprechend der Zeit, die er von den Magiern genau erforscht hatte. Damals erfüllte sich, was durch den Propheten Jeremia angesagt war: In Rama hört man Geschrei, Jammern und viel Wehklagen; Rahel jammert um ihre Kinder und will keinen Zuspruch, weil sie nicht mehr da sind« (Verse 16-18).
Jeremia hatte gesagt: »So spricht Jewe: Eine Stimme wird in Rama gehört, Wehgesang, bitteres Weinen. Rahel beweint ihre Kinder. Sie weigert sich, sich trösten zu lasten über ihre Kinder, denn sie sind nicht mehr« (Jer.31:15). Dieses Wort bezog sich auf das Weinen Israels im Jahre 586 v. Chr. über die auf dem Weg in die babylonische Verbannung umkommenden Kinder. Rama liegt etwa 8 km nördlich von Jerusalem. Dort starb Rahel, die Lieblingsfrau Jakobs, auf dem Weg nach Bethlehem bei der Geburt ihres zweiten Sohnes Benjamin (1.Mose 35:19; 48:7). Rahel bedeutet auf hebräisch »Mutterschaf«. Sie ist Israels Muttergestalt und steht für Israel.
Mithin drückt Matthäus mit diesem Zitat das Jammern ganz Israels über den Knabenmord aus. Doch es gab eine Verheißung für die in die Verbannung Ziehenden, nämlich dass sie wieder zurückkehren würden (Jer.31:17), und so gibt es auch eine Rettung für Israel aus aller Not, nämlich durch den neugeborenen König.
Rückkehr nach Galiläa
»Als Herodes verschieden war, siehe, da erschien dem Joseph in Ägypten ein Bote des Herrn im Traumgesicht und sagte: Erwache, nimm das Knäblein und Seine Mutter mit dir, und geh in das Land Israel zurück; denn die, welche die Seele des Knäbleins suchten, sind gestorben. Als er erwacht war, nahm er das Knäblein und Seine Mutter mit sich und zog in das Land Israel zurück. Da er hörte, dass Archelaus anstatt seines Vaters Herodes König von Judäa war, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Doch als er im Traumgesicht Weisung erhielt, zog er sich in die Gebiete Galiläas zurück. So kam er in eine Stadt mit Namen Nazareth und wohnte dort, damit erfüllt werde, was durch die Propheten angesagt war: Man wird Ihn Nazarener nennen« (Verse 19-23).
Nach dem Tode Herodes des Großen im Jahr 1 v. Chr. wurden Archelaus König von Judäa, Samaria und Idumäa, Herodes Antipas Tetrarch von Galiläa und Peräa und Philippus Tetrarch von Ituräa und Trachonitis. Archelaus war ein berüchtigter Regent, der zum Beispiel kurz nach Amtsantritt beim Passahfest des Jahres 1 v. Chr. dreitausend Juden in der Weihestätte niedermachen ließ. Es war daher für Joseph besser, sich nicht in dessen Gebieten niederzulassen.
Zum vierten Mal lesen wir im Bericht des Matthäus, dass Gott durch ein Traumgesicht sprach (1:20; 2:13,19,22). Damals und noch bis nahe an das Ende der Zeit der Apostelgeschichte gebrauchte Gott auch diesen Weg zur Verkündigung Seines Wortes und zur Leitung der Seinen. Heute, in der dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2), in der uns das Wort Gottes vervollständigt vorliegt (Kol.1:25), wandeln wir nicht durch Wahrnehmung, sondern durch Glauben (2.Kor.5:7). Wir handeln gemäß dem uns gegebenen Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft (2.Tim.1:7).
Unser Herr Jesus Christus wurde Nazarener genannt, weil Er aus dieser Stadt kam. Eine solche Weissagung ist bei den Propheten nicht zu finden. Sie hatten Worte gesprochen, ohne dass sie aufgeschrieben wurden. Ihre Aussagen waren mithin mündlich überliefert oder dem Matthäus durch den Geist Gottes offenbart worden.
Nazareth war keine gute Adresse in den Augen der Juden, weil dort die für den Norden Galiläas zuständige römische Garnison lag und ihre Einwohner somit im Geruch von Kollaborateuren standen. Wir sehen dies auch an den Worten des Jüngers Nathanael (der vielleicht den Beinamen Bartholomäus trug), als Philippus ihm mitteilte: »Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, den Sohn des Joseph, von Nazareth!« und Nathanael darauf sagte: »Aus Nazareth? Was kann es Gutes sein?« (Joh.1:45,46).
Die Heilige Schrift verzeichnet an vielen Stellen, dass Jesus Nazarener genannt wurde. So schrie in der Synagoge zu Kapernaum ein Mann mit einem unreinen Geist auf und sagte: »Ha! Was ist zwischen uns und Dir, Jesus, Nazarener? Bist Du gekommen, uns umzubringen? Ich weiß, wer Du bist: der Heilige Gottes!« (Mark.1:24). - Ein Blinder, der am Weg nach Jericho bettelte und eine Volksmenge vorüberziehen hörte, erkundigte sich, was dies bedeute. Man berichtete ihm: Jesus, der Nazarener, geht vorüber. Da schrie er: Jesus, Sohn Davids, erbarme Dich meiner! (Luk.18:37). - Als die Truppe und die Gerichtsdiener den Herrn im Garten Gethsemane gefangen nehmen wollten, trat Er hinaus und fragte sie: Wen sucht ihr? Sie antworteten Ihm: Jesus, den Nazarener! - Im Hause des römischen Hauptmanns Kornelius sagte Petrus: Ihr wisst ... wie Gott Jesus, den von Nazareth, mit heiligem Geist und mit Kraft salbte, Ihn, der umherzog, Wohltaten erwies und alle heilte, die vom Satan unterdrückt waren; denn Gott war mit Ihm (Ap.10:38).
Auch der Herr Selbst nannte Sich so, und zwar dem Paulus vor Damaskus gegenüber. Nachdem Paulus aufgrund des grellen Lichts aus dem Himmel zu Boden gefallen war, die Stimme gehört: Saul, Saul, was verfolgst du Mich? und geantwortet hatte: Wer bist Du, Herr?, sagte Christus: Ich bin Jesus, der Nazarener, den du verfolgst! (Ap.22:8).
Dieser Jesus von Nazareth ist der Herr aus dem Himmel! (1.Kor.15:47).
(Matthäus 3)
Im fünfzehnten Regierungsjahr des Kaisers Tiberius, das vom 19.8.28 bis 18.8.29 n. Chr. währte, begann unser Herr Jesus Christus Seinen Dienst, indem Er Sich von Johannes dem Täufer im Jordan taufen ließ (Luk.3:1). Dies geschah im Herbst des Jahres 28 n. Chr., als Jesus etwa dreißig Jahre alt war (Luk.3:23). Johannes, der Sohn des Priesters Zacharias und seiner Frau Elisabeth aus den Töchtern Aarons (Luk.1:5), heroldete die Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden (Luk.3:3).
Matthäus
berichtet: »In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf, heroldete in der
Wildnis Judäas und sagte: »Sinnet um! Denn das Königreich der Himmel hat sich
genaht!« Er war nämlich der, über den durch den Propheten Jasaia angesagt war:
Stimme eines Rufers: In der Wildnis bereitet den Weg des Herrn! Machet Seine
Straßen gerade! Er aber, Johannes, hatte seine Kleidung aus Kamelhaar, mit
einem ledernen Gürtel um seine Lenden; seine Nahrung war Heuschrecken und
wilder Honig« (Verse 1-4).
»Sinnet um!«
In das Königreich Gottes, das auch Königreich Christi und Königreich Israels
genannt wird, gelangt man nämlich nicht wie selbstverständlich hinein, eben
weil man Jude ist. Umsinnung ist erforderlich! Das griechische Wort dafür
bedeutet im Grunde »mitdenken« im Sinne von »umdenken«. Es geht dabei um die
Änderung des Sinnens und der Gesinnung. Die Umsinnung ist nach dem Evangelium
der Beschneidung (Gal.2:7) eine Bedingung, um in das Königreich Israels
eintreten zu können. Wer seine alte, egoistische Gesinnung beibehalten will und
Sünde auf Sünde häuft, ist nicht geeignet für das Königreich.
Die Propheten
hatten Israel viele Male zur Umsinnung aufgerufen, so Jesaia: »Kehre um zu Mir,
denn Ich habe dich erlöst [sagt Jewe Elohim, der König Israels]« (Jes.44:6,22).
Und Hesekiel: »Kehrt um, damit ihr lebt« (Hes.18:30,32). Zuletzt Maleachi:
»Kehrt um zu Mir! Und Ich kehre um zu euch, spricht Jewe der Heere« (Mal.3:7).
Jesus sagt:
»Nicht jeder, der zu Mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Königreich der Himmel
eingehen, sondern nur, wer den Willen Meines Vaters in den Himmeln tut«
(Mat.7:21).
Das Königreich
der Himmel ist das Königreich des Gottes der Himmel, so wie der Prophet Daniel
es gegenüber dem König Nebukadnezar formulierte: »In den Tagen jener Könige
wird der Elah der Himmel ein Königreich aufrichten, das für die Äonen
unversehrt bleiben soll« (Dan.2:44). Das tausendjährige Königreich Israels und
seine Regentschaft auch auf der neuen Erde haben sich genaht.
Das Auftreten
Johannes des Täufers war von Jesaia wie folgt angesagt worden: »Tröstet,
tröstet Mein Volk!, sagt euer Elohim. Sprecht zum Herzen Jerusalems und ruft
ihr zu! Denn erfüllt ist ihre Frondienstzeit; denn angenommen ist sie trotz
ihrer Verworfenheit; denn sie nahm Doppeltes für all ihre Sünden aus der Hand
Jewes. Stimme eines Rufers: In der Wildnis bereitet den Weg Jewes! Macht gerade
in der Steppe den Hochweg unserem Elohim! Jede Schlucht soll ausgefüllt werden,
und jeder Berg und Hügel soll erniedrigt werden, und die krummen sollen zu
geraden werden und die rauen zu glatten Wegen. Und enthüllt werde Jewes
Herrlichkeit, und sehen wird alles Fleisch das Heil Elohims. Denn der Mund
Jewes hat gesprochen« (Jes.40:1-5: vgl. Jes.57:14). Wenn man in Israel Bauern
krumme, bucklige und ausgefahrene Wege begradigen und einebnen sah, wusste man,
dass eine hochgestellte Persönlichkeit erwartet wurde. Und nun bahnte Johannes
der Täufer dem Herrn Jesus Christus den Weg zu den Herzen der Juden.
Johannes war
übrigens nicht der Prophet Elia, wie er selbst bekundete (Joh.1:21), nahm aber
zu seiner Zeit den Platz des Elia in dessen Geist und Kraft ein (Luk.1:17).
Elia wiederum wird in der Tat wiederkommen, und zwar vor des Herrn Tag, des
großen und gefürchteten, vor der siebenjährigen Endzeit (Mal.3:23; Mat.11:14;
17:12).
In seiner
Kleidung war Elia das Vorbild des Johannes (2.Kön.1:8). Heuschrecken durfte er
gemäß dem Gesetz des Mose essen (3.Mose 11:22).
Wie Matthäus weiter berichtet, ging aufgrund der Stimme dieses Rufers ein Ruck durch das Volk: »Dann ging Jerusalem, das gesamte Judäa und die gesamte Gegend um den Jordan zu ihm hinaus, und sie ließen sich von ihm im Jordanfluss taufen, ihre Sünden offen bekennend« (Verse 5+6).
Die Sehnsucht
der Juden sollte sich nun, da das Königreich der Himmel nahe und der Messias im
Kommen begriffen war, erfüllen - und alle machten sich auf. Nach dem offenen
Bekenntnis der Sünden erfolgte die Taufe durch Untertauchen im Jordan. Bisher
hatten die Israeliten nur zeremonielle Waschungen und diese an sich selbst
vollzogen (2.Mose 29:4; 40:31; 3.Mose 11:30), und auch der aussätzige Syrer
Naemann tauchte sich selbst siebenmal im Jordan unter und wurde rein
(2.Kön.5:14), nun aber vollzog Johannes die Taufe an ihnen. Dies geschah in
Bethanien, jenseits des Jordans (Joh.1:28).
Das Bekenntnis
der Sünden schließt ein, künftig ein heiliges Leben in Erwartung des Königs
führen zu wollen.
Aber nicht alle waren willig, umzusinnen; manche wollten sich zwar taufen lassen, um dem König entgegengehen zu können, ihre stolze und egoistische Gesinnung aber beibehalten. Davon lesen wir in den folgenden Versen: »Als er aber viele Pharisäer und Sadduzäer gewahrte, die zu seiner Taufe kamen, sagte er zu ihnen: Otternbrut! Wer hat euch zu verstehen gegeben, vor dem zukünftigen Zorn fliehen zu können? Bringt daher Frucht, würdig der Umsinnung! Meint nur nicht, ihr könntet bei euch selbst sagen: Wir haben Abraham zum Vater. - Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken« (Verse 7-9).
Die Pharisäer
waren die gesetzestreue Gruppe unter den Juden, die es mit dem Ritual des Mose
sehr genau nahmen. Die Sadduzäer dagegen legten zwar ebenfalls Wert auf das
Gesetz, waren aber ansonsten sehr liberal und sagten, es gäbe keine
Auferstehung, auch keine Boten noch Geister.
Johannes nennt
diese Religiösen »Otternbrut«. Ottern stehen nach Jesaia 59:2-8 für Falschheit
und Verworfenheit, Gesetzlosigkeit und Gewalttat. Ein klares und hartes Wort
also. Johannes kennt ihre Gedanken und verweigert ihnen die Taufe, da ihr
Sündenerkenntnis und Umsinnung vorausgehen muss - und Glaube. Sie hatten aber
keinen Glauben (Mat.21:25). Und sie wollten sich auch gar nicht wahrhaftig
taufen lassen. Das Wasser sollte die innere Reinigung symbolisieren. Ohne
Herzensreinigung aber wäre das Untertauchen im Wasser nur Heuchelei gewesen.
Später sagte der Herr Jesus: »Die Pharisäer und die Gesetzeskundigen aber
lehnten den Ratschluss Gottes für sich selbst ab, indem sie sich nicht von ihm
taufen ließen« (Luk.7:30).
Vielleicht
meinten sie, sie hätten dies alles gar nicht nötig, da ihnen als Kinder
Abrahams das Königreich ja sicher sei. Eine edle Abstammung aber kann Glauben
und Umsinnung nicht ersetzen. Ein andermal sagten sie zu Jesus: »Unser Vater
ist Abraham!« Jesus erwiderte ihnen: »Wenn ihr Kinder Abrahams wäret, tätet ihr
auch die Werke Abrahams. Nun aber sucht ihr Mich zu töten. ... Ihr seid von dem
Vater, dem Satan« (Joh.8:39,40,44).
Diese
Religiösen werden die Rettung mithin nicht erlangen. Gott aber ist imstande,
Sich wahre Abrahamskinder zu erwecken, sogar aus Steinen, was besagen mag: aus
Unwürdigen, sogar aus den Heiden.
Der Täufer
sprach auch von dem zukünftigen Zorn Gottes, den viele Propheten bereits
angekündigt hatten, zum Beispiel Jesaia: »Siehe! Der Tag Jewes kommt, grausam
mit Ingrimm und Zorneshitze, um die gesamte Erde zur Öde zu machen, und ihre
Sünder vertilgt Er von ihrem Angesicht. ... Ich will die Himmel erschüttern,
und es erbebt die Erde von ihrer Stätte bei dem wütenden Ingrimm Jewes der
Heere und am Tage Seiner Zorneshitze« (Jes.13:9,13). Siehe auch Jeremia 51:6
und Zephanja 1:14-2:3. Der Apostel Paulus schreibt: »Gemäß deiner Härte und
deinem unumsinnenden Herzen speicherst du dir selbst Zorn auf für den Tag des
Zorns und der Enthüllung des gerechten Gerichts Gottes, der jedem seinen Werken
gemäß vergelten wird« (Röm.2:5,6). Diesem Gericht werden die Schriftgelehrten
und Pharisäer, die Ungerechten und die Heuchler nicht entfliehen, wie auch der
Herr sagte: »Ihr Schlangen, ihr Otternbrut! Wie wollt ihr dem Gericht der Gehenna
entfliehen?« (Mat.23:33).
Außerdem sagte
der Täufer: »Bringt daher Frucht, würdig der Umsinnung!« (Vers 8). Nach dem
Evangelium der Beschneidung, das die Zwölf lehrten, ist Umsinnung eine
Bedingung zur Erlangung der Rettung, wie auch Petrus an dem denkwürdigen
Pfingsten erklärte (Ap.2:38). Und ohne Frucht ist Rettung ebenfalls nicht
möglich, wie der Herr deutlich gemacht hat: »Ich bin der wahrhafte Weinstock,
und Mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an Mir, welche keine Frucht bringt,
die nimmt Er fort« (Joh.15:1,2).
Wie ganz
anders verhält es sich doch nach dem Evangelium der Unbeschnittenheit (Gal.2:7)
in der gegenwärtigen, dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen
Haushaltung der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25): Wir sind
allein durch Glauben gerechtfertigt und gerettet (Röm.3:24,28). Welch ein
Reichtum an Gnade! Und ob wir Frucht bringen oder nicht - wir sind und bleiben
gerechtfertigt und mit heiligem Geist versiegelt und werden gerettet werden
(Röm.8:30; 1.Kor.3:15; Eph.1:13) - zum Lobpreis der Herrlichkeit der Gnade!
Johannes der Täufer setzt seine Rede an die Pharisäer und Sadduzäer fort und wendet sich dabei zugleich an alle seine Zuhörer, denen er in den Versen 10 bis 12 das Entweder-Oder eindringlich vor Augen führt.
Zunächst Vers
10: »Die Axt aber liegt schon an der Wurzel der Bäume. Daher wird jeder Baum,
der nicht edle Frucht trägt, umgehauen und ins Feuer geworfen.« Ähnliche Worte
finden wir auch in Matthäus 7:19 und Lukas 13:9. Ins Feuer geworfen zu werden,
bedeutet, nicht an der ersten Auferstehung Israels, der zum äonischen Leben,
teilzuhaben, sondern an der zweiten, nach dem tausendjährigen Königreich
Israels stattfindenden, der zum Gericht vor dem großen, weißen Thron
(Joh.5:29), dort zum zweiten Tod verurteilt und in die Gehenna, den Feuersee,
geworfen zu werden (Off.20:14,15; 21:8).
Johannes fährt fort: »Denn ich taufe euch in Wasser zur Umsinnung; der aber nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin nicht würdig genug, Ihm die Sandalen nachzutragen. Er wird euch in heiligem Geist und Feuer taufen« (Vers 11). Die Taufe in Wasser war ein Eintauchen in die Umsinnung und führte zur Vergebung der Sünden (Luk.3:3). Unter den von Frauen Geborenen ist kein Größerer als Johannes der Täufer erweckt worden (Mat.11:11), im Verhältnis zu dem nach ihm Kommenden, dem Christus und Herrn, aber ist er nicht würdig genug, Ihm die Riemen Seiner Sandalen zu lösen (Joh.1:27).
Jesus Christus
wird die Gläubigen mit heiligem Geist taufen, mit dem Geist Gottes, der Kraft
Gottes. Gott Selbst ist Geist (Joh.4:24) und teilt von Seinem Geist zu. Sein
Geist und damit Er Selbst verleiht den Gläubigen Kraft und befähigt sie,
Zeugnis zu geben (Ap.1:8).
Außerdem wird
der Herr Menschen mit Feuer taufen. Mit Feuer taufen heißt durch Gericht
zurechtbringen. Hat ja doch bei Gott alles einen zum Heil führenden Sinn und Zweck.
Jesaia spricht in Kapitel 4:4 davon, dass der Unflat der Töchter Zions
abgewaschen und die Blutschuld Jerusalems abgespült sein wird durch den Geist
des Gerichts und des Vertilgens.
Johannes
taufte nur mit Wasser. Diese Taufe vollzog der Herr während Seines Dienstes
unter Israel weiterhin (Joh.3:22; 4:1,2). Zu Pfingsten wurden die in Wasser
Getauften auch in heiligem Geist getauft (Ap.1:5; 2:4,17,33). Auch der römische
Hauptmann Kornelius wurde zweimal getauft, zuerst mit heiligem Geist und dann in
Wasser (Ap.10:44,48). Heute gibt es nur eine Taufe (Eph.4:5), die in Christus
Jesus hinein, in Seinen Tod hinein (Röm.6:3); dies ist unsere Taufe in den
Geist. In dem einen Geist sind wir des Weiteren auch alle in den einen Körper
hineingetauft (1.Kor.12:13).
Johannes schließt mit den Worten: »Er hat die Worfschaufel in Seiner Hand und wird Seine Tenne säubern und Sein Getreide in Seine Scheune sammeln; die Spreu aber wird Er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen« (Vers 12). Er wird die Menschen worfeln, sichten, richten, und die Gläubigen in Sein Königreich bringen, der Spreu aber geschieht, wie auch Maleachi sagte: »Siehe! Der Tag kommt, der wie ein Ofen brennt. Da werden alle Vermessenen und alle frevelnd Handelnden wie Spreu sein, und der kommende Tag wird sie verbrennen, spricht Jewe der Heere« (Mal.3:19). Das Feuer der Gehenna ist für die Äonen unauslöschlich, denn es brennt im tausendjährigen Königreich Israels und auf der neuen Erde, also in den beiden kommenden Äonen. Während des Millenniums übrigens werden die Leichen der Übertreter aus Israel in die Gehenna geworfen, wo ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlischt (Jes.66:24).
Und nun berichtet Matthäus: »Dann kam Jesus von Galiläa her an den Jordan zu Johannes, um Sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber verwehrte es Ihm und sagte: Ich bedarf, von Dir getauft zu werden, und Du kommst zu mir? Als Antwort sagte Jesus zu ihm: Lass es jetzt zu; denn so geziemt es uns, jede Gerechtigkeit zu erfüllen. Dann ließ er Ihn gewähren« (Verse 13-15).
Jesus hatte
eine Umsinnung und mithin eine Taufe nicht nötig, wollte Sich aber - alles, was
gerecht ist - mit den Gereinigten identifizieren. Der Sündlose tritt Seinen
Dienst an, indem Er Sich den umsinnungswilligen Sündern gleichstellt. »Denn
sowohl der Heiligende wie auch die geheiligt werden, stammen alle aus dem
Einen, um welcher Ursache willen Er Sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen«
(Heb.2:11).
»Getauft stieg Jesus sogleich aus dem Wasser, und siehe, da öffneten sich Ihm die Himmel; er gewahrte den Geist Gottes wie eine Taube herabsteigen und auf Ihn kommen« (Vers 16). So wurde der Herr nun auch mit dem Geist getauft und damit mit Kraft für Seinen Dienst ausgerüstet (Ap.10:38). - Geist ist unsichtbar. Dem Johannes wurde gleichwohl etwas wie eine Taube Aussehendes (Luk.3:22) erkennbar gemacht. Eine Taube ist ohne Falsch, hat den Charakter der Sanftheit, Offenheit und Opferbereitschaft. Schließlich waren Tauben nach dem Gesetz des Mose auch Opfer (2.Mose 13:2; 3.Mose 12:8).
So erfüllte
sich die Schrift, die sagt: »Ich gebe Meinen Geist auf Ihn« (jes.42:1) und:
»Ruhen wird der Geist Jewes auf Ihm« (Jes.11:2).
Nun wird Jesus
Christus das Königreich der Himmel im Geist der Sanftmut, Offenheit und Gnade
verkündigen.
»Dies ist Mein geliebter Sohn!«
»Und siehe, eine Stimme aus den Himmeln sagte: Dies ist Mein geliebter Sohn, an Ihm habe Ich Mein Wohlgefallen« (Vers 17). Gott, der Vater, ließ Seine Stimme erschallen und bestätigte Jesus als Seinen Sohn.
Die Worte
Gottes erinnern uns an Jesaia 42:1: »Siehe! Mein Knecht! Aufrecht halte Ich
Ihn! Mein Erwählter, den Meine Seele [mit Wohlgefallen] angenommen hat« und an
Psalm 2:7: »Jewe sagte zu Mir: Mein Sohn bist Du.« Auf dem Berg der Verklärung
Jesu hörten Petrus, Johannes und Jakobus diese Worte des Vaters ebenfalls
(Mat.17:5).
Johannes der
Täufer hatte nun aufgrund des auf Jesus bleibenden Geistes und der Stimme völlige
Gewissheit, dass Jesus der Sohn Gottes ist, und bezeugte dies seitdem auch
(Joh.1:34).
Auch wir
Gläubigen in Christus Jesus heute haben keinerlei Zweifel, denn der Apostel
Paulus hat uns das »Evangelium Gottes über Seinen Sohn Jesus Christus« (Röm.1:1-4)
nahegebracht und uns den »Geliebten« vor Augen gemalt, in welchem wir in
überragender Weise begnadet sind (Eph.1:6). Und so preisen wir immer wieder den
Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns mit jedem geistlichen
Segen inmitten der Überhimmlischen in Christus gesegnet hat (Eph.1:3).
Die Versuchung Jesu und Sein erstes Wirken in Galiläa
(Matthäus 4)
Der Apostel Matthäus berichtet: »Dann wurde Jesus vom Geist in die Wildnis hinaufgeführt, um vom Widerwirker versucht zu werden«
(Vers 1).
Damit der Herr
Jesus Christus Seine Königsherrschaft über Israel und das All ausüben kann,
muss Er nicht nur den Widerstand gegnerischer Menschen überwinden, sondern vor
allem den Satan, der in den widerspenstigen Menschen wirkt (Eph.2:2), und die
geistlichen Mächte der Bosheit, die Weltbeherrscher dieser Finsternis
(Eph.6:12).
Darum schickte
Ihn der Geist Gottes, also Gott Selbst durch Seinen Geist, in die Wildnis. Der
Anfang der Überwindung des Satans besteht darin, dass Jesus dessen Versuchungen
widersteht, somit über ihn obsiegt und Sich als Bewährter erweist. Es war eine
Erprobung Jesu mit dem Ziel Seiner Reifung und Festigung.
»Als Er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte Ihn zuletzt. Da kam der Versucher herzu und sagte zu Ihm: Wenn Du Gottes Sohn bist, sage, dass diese Steine zu Brot werden. Er aber antwortete: Es steht geschrieben: Nicht von Brot allein wird der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch Gottes Mund ausgeht« (Verse 2-4).
Die Kriegslist
Satans war präzise angesetzt, denn Jesus ist Gottes Sohn und kann aus Steinen
Brot machen, und dies war jetzt, da Ihn hungerte, nötig. Unser Herr aber
wusste, was auf dem Spiel stand. Sollte Er einem scheinbar guten Rat Satans
folgen? Sollte Er Sich vor ihm als Gottes Sohn beweisen? Wie könnte Er so etwas
tun! Sollte Er eigenmächtig Steine in Brot verwandeln, ohne auf den Vater zu
hören? Ist Seine Speise nicht die, dass Er den Willen dessen tut, der Ihn
gesandt hat, und Sein Werk vollendet (Joh.4:34)?
Die Worte des
Infragestellens: »Wenn Du Gottes Sohn bist« hören wir übrigens abermals aus der
Umgebung des Kreuzes auf Golgatha: »Wenn Du Gottes Sohn bist, so steige vom
Kreuz herab« (Mat.27:40). Diese sich so klug anhörenden Worte von Menschen, die
so logisch klingen, sind aber aufgrund ihres Unglaubens satanisch.
Der Herr
führte das Schwert des Geistes, das ein Ausspruch Gottes ist, als mit Gottes
Wort Gewappneter richtig (Eph.6:17) und antwortete mit Worten aus 5.Mose 8:3,
die insgesamt wie folgt lauten: »Und Er demütigte dich und ließ dich hungern,
und Er speiste dich mit Man, das du nicht kanntest und das deine Väter nicht
kannten, um dich erkennen zu lassen, dass der Mensch nicht von Brot allein
lebt, sondern von allem, was aus dem Mund Jewes hervorgeht, der Mensch lebt.«
So bestand
Jesus diese Erprobung in der Kraft des Geistes Gottes. Er harrte geduldig im
Hunger aus, bis der Vater Ihm anderes gebieten würde.
Im
Hebräerbrief lesen wir dazu: »Worin Er gelitten hat und angefochten wurde,
darin kann Er den Angefochtenen helfen« (Heb.2:18) und: »Wir haben nicht einen
Hohenpriester, der nicht mit unserer Schwachheit Mitgefühl haben könnte,
sondern einen, der in allem auf die Probe gestellt wurde, in unserer
Gleichheit, nur ohne Sünde« (Heb.4:15).
»Dann nahm der Widerwirker Ihn mit sich in die heilige Stadt, stellte Ihn auf den Flügel der Weihestätte und sagte zu Ihm: Wenn Du Gottes Sohn bist, so wirf Dich hinab! Denn es ist geschrieben: Seinen Boten wird Er Deinethalben gebieten, und auf ihren Händen werden sie Dich aufheben, damit Du Deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. Jesus entgegnete ihm: Wiederum steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott nicht auf die Probe stellen« (Verse 5-7).
Der Satan
kennt die Heilige Schrift. Mögen wir sie besser kennen, als er vorgibt, indem
wir das Wort der Wahrheit aber auch richtig schneiden (2.Tim.2:15), das heißt
jede Wahrheit auf die richtige Zeit, wie die Äonen und die heilsgeschichtlichen
Haushaltungen (oikonomia; Eph.3:2; Kol.1:25), und den richtigen Adressaten
sowie im richtigen Zusammenhang anwenden. Es geht insbesondere um die richtige
Unterscheidung und Zuordnung dessen, was Israel, die zukünftige Brautgemeinde,
und was uns, die gegenwärtige Gemeinde betrifft, die Christi Körper ist
(Eph.1:22,23).
Der Satan
zitierte Psalm 91:11,12. Damit spielte er auch an Maleachi 3:1 an, wo es heißt,
dass der Herr plötzlich zu Seinem Tempel kommt. Sollte nun Jesus urplötzlich
vom Flügel der Weihestätte auf den Platz davor herabschweben, so würde Israel
erkennen, dass Er der verheißene Messias ist und Ihn als König annehmen. Mit
einem solchen Schauwunder hätte der Herr zwar viel Begeisterung geerntet, aber
die Herzen nicht gewonnen. Im Wesentlichen aber hätte Er gegen den Willen
Seines Vaters gehandelt, der Ihm dies für jetzt nicht angeordnet hatte. Eines
Tages wird Jesus sogar vom Himmel herabsteigen und Seinen Fuß nicht an einen
Stein stoßen. Zunächst aber ging es darum, den Glauben in den Juden zu erwecken
und ihre Umsinnung hervorzurufen, ihre Herzen also für den Messias zuzubereiten.
So entgegnete
Jesus, was in 5.Mose 6:16 wie folgt lautet: »Ihr sollt Jewe, euren Elohim,
nicht erproben, wie ihr Ihn zu Massa erprobt habt.« In Massa hatte das Volk gegen
Mose gemurrt, weil sie Durst hatten, woraufhin Mose ihnen Wasser aus dem Felsen
schlug. Die Erprobung Jewes bestand darin, dass sie riefen: Ist Jewe in unserer
Mitte oder nicht?, was besagt: Beweise Dich, Jewe, falls Du da bist, indem Du
uns Wasser gibst.
Auch der
Apostel Paulus schreibt, wenn auch auf ein anderes Ereignis bezogen: »Lasst uns
den Herrn nicht auf die Probe stellen, so wie Ihn einige von ihnen auf die
Probe stellten und dann von den Schlangen umgebracht wurden« (1.Kor.10:9). Das
Volk war mit dem Weg, den Elohim sie durch die Wildnis führte, unzufrieden und
redete gegen Elohim und Mose. Da sandte Jewe feurige Schlangen unter das Volk.
Von den Gebissenen blieben nur die am Leben, die auf die von Mose angefertigte
und auf eine Stange gesetzte kupferne Schlange blickten (4.Mose 21:4-9).
»Nochmals nahm der Widerwirker Ihn mit sich - auf einen sehr hohen Berg, zeigte Ihm alle Königreiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sagte zu Ihm: Alle diese werde ich Dir geben, wenn Du niederfallend vor Mir anbetest. Dann sagte Jesus zu ihm: Geh fort, Satan; denn es steht geschrieben: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und Ihm allein Gottesdienst darbringen« (Verse 8-10).
Der Berg war
sehr hoch, aber sicherlich wird man alle Königreiche der Welt auch von dort aus
nur mit dem geistigen Auge sehen (Luk.4:5). Ein Berg ist in der Bibel auch ein
Symbol für ein Königreich und eine Regierungsmacht. Und um die Machtausübung im
kommenden Königreich Israels ging es. Dem Herrn Jesus Christus steht das
Königtum zu. Noch aber hat der Fürst dieser Welt, der Satan (Joh.12:31), der
Gott dieses Äons (2.Kor.4:4), die Vollmacht über alle Königreiche - Gott hat
sie ihm übergeben - und gibt sie weiter an wen er will (Luk.4:6).
Jesus wurde
vom Satan die verlockende Gelegenheit geboten, Seine Ihm verheißene
Königsherrschaft anzutreten, und zwar sofort, ohne den Weg über das Kreuz, ohne
die Grundprobleme der Menschheit zu lösen; diese sind das Dasein im
adamitischen Wesen, die Sünde und der Tod.
Ebenso
gewichtig ist, dass Anbetung nur Jesu Gott und Vater zukommt. So antwortete der
Herr im Sinne von 5.Mose 6:13 und 10:20, wo es heißt: »Jewe, deinen Elohim,
sollst du fürchten und Ihm dienen.« Da heißt es zwar »fürchten« statt
»anbeten«, doch richtiges Fürchten ordnet Gott über alles andere ein. Wer Gott
wahrhaft fürchtet, kann nur Ihm allein Anbetung darbringen.
Im Übrigen
heißt es in 5.Mose 11:16, dass man nicht anderen elohim dienen und sich vor
ihnen niederwerfen darf.
Der Satan aber
will Anbetung. In der Endzeit wird die Menschheit dem wilden Tier (dem
Antichristus) und Satan, dem Drachen, die Anbetung zuteil werden lassen
(Off.13:4).
Der Bericht über die Versuchung Jesu schließt mit Vers 11: »Dann verließ Ihn der Widerwirker. Und siehe, Boten kamen herzu und dienten Ihm.« Diese Versuchung sollte nicht die letzte gewesen sein, zumal der Satan sich nach Lukas 4:13 bis zu gelegener Zeit entfernte. Jesus hatte die Probe bestanden. Und was Er dann erfuhr, nämlich dass der Satan wegging, erfahren auch die treuen Gläubigen, wie denn Jakobus schreibt: »Ordnet euch nun Gott unter, widersteht aber dem Widerwirker, und er wird von euch fliehen« (Jak.4:7). Wir sind geheißen, die gesamte Waffenrüstung Gottes anzulegen, um den Kriegslisten Satans standzuhalten und fest zu stehen (Eph.6:10-20).
Und nun
dienten Boten Gottes dem Herrn mit allem, was Er bedurfte. Damit wurde wahr,
was Er zu Nathanael und mithin zu allen Seinen Jüngern sagte: »Wahrlich,
wahrlich, Ich sage euch: Von jetzt an werdet ihr den Himmel offen sehen und die
Boten Gottes über dem Sohn des Menschen hinaufsteigen und herabsteigen«
(Joh.1:51). Boten sind ein Amt versehende, zum Dienst ausgesandte Geister
(Heb.1:14). Sie werden Jesus wohl auch angebetet haben, wie Psalm 97:7 sagt:
»Werft euch nieder vor Ihm, all ihr Götter (hebr. elohim)« und Hebräer 1:6 auf
die Boten bezieht: »Von der Zeit, wenn Er [Gott] wieder den Erstgeborenen in
die Wohnerde einführt, sagt Er: Anbeten sollen vor Ihm alle Boten Gottes.«
Wir lesen nun die Verse 12 bis 16: »Nachdem Er gehört hatte, dass Johannes überantwortet worden war, zog Er Sich nach Galiläa zurück. Er verließ Nazareth, kam nach Kapernaum und wohnte dort. Es liegt am See im Grenzgebiet von Sebulon und Naphtali - damit erfüllt werde, was durch den Propheten Jesaia angesagt war: Das Land Sebulon und das Land Naphtali, der Weg am See jenseits des Jordans, das Galiläa der Nationen - das Volk, das in Finsternis sitzt, gewahrte ein großes Licht; denen, die im Land und Schatten des Todes sitzen, ihnen geht ein Licht auf.«
Was nach Jesu
Taufe und Versuchung geschah, ist bei Johannes in den Kapiteln 1:35 bis 5:15
aufgezeichnet.
Nach dem
Passahfest des Jahres 30 n. Chr. ließ Herodes Antipas, Vierfürst von Galiläa
und Peräa, Johannes den Täufer ins Gefängnis werfen (Mat.14:3). Für den Herrn
Jesus war dies ein Zeichen, Sich von Jerusalem (Joh.5:1) nach Nazareth in
Galiläa zurückzuziehen. Er verließ Nazareth aber wegen ihres Unglaubens und
Mordversuchs an Ihm (Luk.4:16-30) und kam nach Kapernaum (Luk.4:31).
Mit der
Wohnsitznahme in Kapernaum sieht Matthäus die Weissagung Jesaias in Kapitel
8:23 bis 9:1 erfüllt, ist Jesus doch das wahrhafte Licht, das, in die Welt
kommend, jeden Menschen erleuchtet (Joh.1:9). »Ich bin als Licht in die Welt
gekommen, damit keiner, der an Mich glaubt, in der Finsternis bleibe«, sagte
der Herr (Joh.12:46).
»Von da an begann Jesus zu herolden und zu sagen: Sinnet um! Denn das Königreich der Himmel hat sich genaht!« (Vers 17).
Nach dem
Evangelium der Beschneidung (Gal.2:7) ist Umsinnung, die Änderung der Gesinnung
und des Verhaltens, Bedingung, um am Königreich Israels, an der
Königsherrschaft Jesu Christi, teilhaben zu können (Ap.2:38). Man kann im Reich
des Königs der Himmel nicht mit einem Herzen leben, das Gottes Worte außer Acht
lässt.
Das Königreich
war nahe. Diese Aussage ist nicht in Jahren zu messen, sondern in dem Sinne zu
verstehen, dass nicht mehr viel bis dahin geschehen muss.
»Als Er am See Galiläas wandelte, gewahrte Er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und Andreas, seinen Bruder, ein Beutelnetz in den See werfen; denn sie waren Fischer. Da sagte Er zu ihnen: Herzu, hinter Mir her! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Und sofort verließen sie ihre Netze und folgten Ihm« (Verse 18-20). Andreas und Simon Petrus, aus Bethsaida stammend (Joh.1:44), waren dem Herrn schon eine Zeitlang nachgefolgt (Joh.1:40-42), waren aber nicht ständig mit Ihm zusammen und übten auch ihren Beruf noch aus (Luk.5:1-5). Jetzt aber hieß es: »Herzu, hinter Mir her!«, also alles zu verlassen und dem Herrn völlig zu Diensten zu stehen. Und sie folgten Ihm sofort. Der Messias hat das Recht, eine solche Aufforderung auszusprechen. Er berief sie zu Seinen Jüngern und zu Menschenfischern und setzte sie damit in einen neuen Beruf ein. Sie sollten Menschen für das Königreich Israels gewinnen. - Ein Jünger ist ein Lernender, der einem Lehrer anhängt.
»Von dort
weiterschreitend, gewahrte Er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des
Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, wie sie im Schiff mit ihrem Vater
Zebedäus ihre Netze zurechtlegten. Da berief Er sie, und sofort verließen sie
das Schiff und ihren Vater und folgten Ihm« (Verse 21+22). Die Mutter der
beiden Zebedäus-Söhne hieß Salome (Mark.15:40). Auch sie verließen ihr Schiff
und ihre Eltern augenblicklich.
Später fragte
Petrus den Herrn: »Siehe, wir haben alles verlassen und sind Dir gefolgt: Was
wird wohl unser Teil sein? Da entgegnete Jesus ihnen: Wahrlich, Ich sage euch:
Die ihr Mir gefolgt seid - in der Wiederwerdung, wenn der Sohn des Menschen auf
dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzt, werdet auch ihr auf zwölf Thronen sitzen
und die zwölf Stämme Israels richten. Und jeder, der Meines Namens wegen
Häuser, Brüder oder Schwestern, Vater oder Mutter, Frau oder Kinder oder Felder
verlassen hat, wird dies hundertfältig wiedererhalten, und äonisches Leben wird
ihm zugelost werden« (Mat.19:27-29). Die zwölf Jünger werden im Königreich der
Himmel die zwölf Stämme richten, was auch das Regieren einschließt. Sie werden
in einem großen Reichtum leben, und der Menschenreichtum eines ganzen Stammes,
für den sie sorgen dürfen, wird ihnen zu ihrer Freude zuteil werden.
Unser Kapitel
schließt mit den Versen 23 bis 25 über Jesu allgemeine Tätigkeit in Galiläa:
»Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen, heroldete das
Evangelium des Königreichs und heilte jede Krankheit und jede Gebrechlichkeit
unter dem Volk. Die Kunde von Ihm ging in ganz Syrien aus, und man brachte alle
zu Ihm, die mit mancherlei Krankheiten und bedrückenden Qualen übel daran
waren, wie dämonisch Besessene, Fallsüchtige und Gelähmte, und Er heilte sie.
Ihm folgten große Scharen aus Galiläa, den Zehn Städten, Jerusalem, Judäa und
von jenseits des Jordans.«
Welch ein
verheißungsvoller Aufbruch im Volk! Es schien, dass Israel im Begriff war zu
erkennen, dass Jesus der Messias ist!
Jesus wirkt in
aller Öffentlichkeit und besonders in der Synagoge, dem Mittelpunkt des
geistlichen und gesellschaftlichen Lebens der Juden, wo jedermann aus der
Heiligen Schrift vorlesen und sie auslegen sowie ein Gebet sprechen durfte.
Jesus lehrte
wie einst Mose sie gelehrt hatte, denn Er war der Prophet, von dem Mose
gesprochen hatte: »Einen Propheten wie mich wird Jewe, dein Elohim, aus deiner
Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören!« Und Jewe
sprach zu Mose: »Einen Propheten wie dich will Ich ihnen aus der Mitte ihrer
Brüder erstehen lassen. Ich will Meine Worte in seinen Mund legen, und er wird
zu ihnen alles reden, was Ich ihm gebieten werde. Und es wird geschehen: Der Mann,
der nicht auf Meine Worte hört, die er in Meinem Namen reden wird, von dem
werde Ich Rechenschaft fordern« (5.Mose 18:15,18,19).
Jesus
heroldete das Evangelium des Königreichs. Dessen Inhalt ist im Wesentlichen:
Gott, der Vater Israels, macht nun durch Seinen Sohn Jesus Christus Seine
Verheißungen wahr und führt das Königreich Israels herauf. Um daran
teilzuhaben, sind Glaube und Umsinnung sowie die Wassertaufe nötig. Und vor
allem die Erkenntnis, dass Jesus derjenige ist, durch den die Rettung und der
Segen kommen.
Der Herr
sprach nicht nur in Vollmacht - und dies, weil Er die Worte Gottes sagte -,
sondern Er tat auch die Werke des Messias, die von Jesaia angekündigt waren:
»Hören werden taube Ohren an jenem Tag die Worte der Schriftrolle, und aus Dunkel
und Finsternis werden blinde Augen sehen. Mehren werden die Demütigen in Jewe
ihre Freude, und die Dürftigen der Menschheit werden in dem Heiligen Israels
frohlocken« (Jes.29:18,19); »Er [Elohim] wird kommen und euch retten. Dann
werden aufgetan der Blinden Augen und der Tauben Ohren geöffnet, dann wird
springen wie ein Hirsch der Lahme und jubeln des Stummen Zunge« (Jes.35:4-6);
»Und Mein Volk soll sehen die Herrlichkeit Jewes und unseres Elohims Ehre«
(Jes.35:2).
In der Kraft
des Königreichs, in den Kräften des zukünftigen Äons (Heb.6:5), heilte der Herr
alle Kranken zum Zeichen Seiner Messianität und des nahen Königreichs, in
welchem es grundsätzlich keine Krankheiten und kein Sterben mehr geben wird.
Zwischen
Krankheit und dem Satan bestehen durchaus Beziehungen. Denn es heißt in
Apostelgeschichte 10:38, dass Jesus alle heilte, die vom Satan unterdrückt
waren. Und schließlich war Jesus ja gekommen, um die Werke des Satans
niederzureißen (1.Joh.3:8).
Der Herr hatte
auch Vollmacht über die bösen Geister und die Dämonen, die Er mit einem
Befehlswort aus den Besessenen austrieb.
Nach alledem, was wir nun im Kapitel vier des Berichts des Matthäus vernommen haben, sagen wir unserem herrlichen Gott und Vater Lobpreis und Dank und geben Ihm alle Verherrlichung! Und unserem Herrn Jesus Christus sei die Herrlichkeit und die Gewalt für die Äonen der Äonen (1.Pet.4:11). »Die Königsherrschaft über die Welt wird unserem Herrn und Seinem Christus zuteil werden, und Er wird als König für die Äonen der Äonen herrschen« (nach Off.11:15).
Und was uns
betrifft, dürfen wir die Worte von Hebräern 13:20,21 zum Gebet machen: »Der
Gott aber des Friedens, der den großen Hirten der Schafe, unseren Herrn Jesus,
aus den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des äonischen Bundes, der
bereite uns zu in jedem guten Werk, um Seinen Willen zu tun, und wirke in uns,
was vor Seinen Augen wohlgefällig ist, durch Jesus Christus, dem die
Verherrlichung sei für die Äonen der Äonen! Amen!«
(Matthäus 5:1-26)
Bei der Belehrung auf dem Berg, der sogenannten Bergpredigt, verkündigte unser Herr Jesus Christus die Gesetze und damit zugleich die Eintrittsbedingungen des Königreichs Israels.
Der Apostel Matthäus berichtet: »Als Er die Scharen gewahrte, stieg Er auf den Berg hinauf; dort setzte Er Sich, und Seine Jünger kamen zu Ihm« (Vers 1). Ein Berg ist in der Bibel zugleich ein Symbol für ein Königreich und eine Regierungsmacht. Da die Königsherrschaft Christi im Anbruch begriffen war, ist ein Berg der angemessene Verkündigungsort.
Jesus setzte
Sich, wie die Rabbis dies taten, wenn sie lehrten, und nicht nur Seine Jünger
kamen zu Ihm, sondern auch die Scharen, wie der Zusammenhang erkennen lässt und
es auch in Kapitel 7:28 gesagt wird.
Das Königreich
der Himmel hat sich genaht. Nun stellt sich die Frage: Wer gelangt da hinein?
»Er tat Seinen Mund auf, lehrte sie und sagte: Glückselig im Geist sind die Armen; denn ihrer ist das Königreich der Himmel« (Verse 2+3). Die Armen dieser Welt, die nichts haben und nichts gelten - wenn sie glauben, werden sie im Geist Gottes sein - vom Geist Gottes umgeben - und glückselig darüber, dass sie das Königreich erlangen werden. So sagt es auch Jakobus: »Hört, meine geliebten Brüder, hat nicht Gott die Armen in dieser Welt zu Reichen im Glauben und Losteilinhabern des Königreichs erwählt, das Er denen verheißen hat, die Ihn lieben?« (Jak.2:5).
»Glückselig sind, die nun trauern; denn ihnen soll zugesprochen werden« (Vers 4). Die da traurig sind über ihre Schwachheit, ihre Sünde, ihr Versagen, denen wird zugesprochen mit den Worten, die der Herr - sie auf Sich Selbst beziehend - in Nazareth aus der Rolle des Propheten Jesaia vorlas: »Der Geist Meines Herrn ist auf Mir, weswegen Er Mich gesalbt hat, um den Armen Evangelium zu verkündigen: Er hat Mich ausgesandt, um zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind, um Gefangenen Erlassung zu herolden und Blinden das Augenlicht zu geben, um Niedergebeugte mit [Sünden-]Erlassung fortzuschicken und ein wohlannehmbares Jahr des Herrn zu herolden« (Luk.4:18,19; vgl. Jes.61:1,2). »In der Höhe und im Heiligen weile Ich«, sagt Jewe in Jesaia 57:15, »und bei dem, der zerschlagenen und erniedrigten Geistes ist, zu beleben den Geist der Erniedrigten und zu beleben das Herz der Zerschlagnen.«
»Glückselig sind die Sanftmütigen; denn ihnen soll das Land zugelost werden« (Vers 5). Hiermit bekräftigt der Herr, was in Psalm 37:9,11 steht: Die Jewe erwarten, die Demütigen, werden das Land einnehmen. Nicht der Gewalttätige, der etwas an sich reißen will, sondern der Mensch mit einem sanftmütigen und stillen Geist ist vor den Augen Gottes teuer (1.Pet.3:4). Solche werden das dem Volk Israel verheißene Land einnehmen, das bis zum Euphrat reichen wird (5.Mose 11:24; Jos.1:4).
»Glückselig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten; denn sie sollen gesättigt werden« (Vers 6). Sie mussten weiterhin hungern und dürsten und werden in der Endzeit wiederum nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten; erst mit der Wiederkunft Jesu Christi zu Seinem Volk und der Aufrichtung des Königreichs Israels wird ihre Sehnsucht gestillt werden. Noch wird die Wahrheit auf allen Gebieten in Ungerechtigkeit niedergehalten (Röm.1:18). Gerechtigkeit wird erst dann auf der Erde herrschen, wenn der Gerechte herrscht, der Herr Jesus Christus, dessen Lenden mit Gerechtigkeit umgürtet sind (Jes.11:5). Seine Gerechtigkeit bleibt für den Äon (Jes.51:8). Er wird die Treuen sättigen, wie König David betete: »Ziehe Deine Huld zu denen hin, die Dich kennen, und Deine Gerechtigkeit zu denen aufrichtigen Herzens« (Ps.36:11). Dann wird auch jedem persönlich Gerechtigkeit zu teil, wie Psalm 37:6 sagt: »Er bringt deine Gerechtigkeit wie das Licht hervor und dein Recht wie den Mittag.«
»Glückselig sind die sich Erbarmenden; denn sie sollen Erbarmen erlangen« (Vers 7). »Das Gericht«, so Jakobus 2:13, ist unbarmherzig gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat. Barmherzigkeit rühmt sich gegenüber dem Gericht.« »Um der innigsten Barmherzigkeit unseres Gottes willen«, wie Zacharias, der Vater Johannes des Täufers es ausdrückte (Luk.1:78), aber wird dem gesamten Volk - das aus den sich Erbarmenden besteht - Erbarmen widerfahren (Röm.11:31).
»Glückselig sind die im Herzen Reinen; denn sie sollen Gott sehen« (Vers 8). Wie könnte auch ein Unreiner in die heilige Stadt gelangen oder einer in unreinem Gewand an der Hochzeit des Königs teilnehmen (Mat.22:12) und Gott sehen? »Wer wird zum Berg Jewes hinaufsteigen, und wer wird auf Seiner heiligen Stätte stehen? Der unschuldige Handflächen hat und ein lauteres Herz, der seine Seele nicht zur Nichtigkeit erhebt und nicht zum Betrug schwört« (Ps.24:3,4). »Ja, gut ist El zu dem Aufrichtigen, Elohim zu dem lauteren Herzens« (Ps.73:1).
Sie werden
Gott im Angesicht Jesu Christi sehen, denn wer Jesus sieht, sieht den Vater (Joh.12:45;
14:9). Davon wusste auch David und sagte: »Ich aber werde in Gerechtigkeit Dein
Angesicht gewahren und werde gesättigt, wenn ich erwache als Dein Abbild«
(Ps.17:15).
»Glückselig sind die Friedensstifter; denn sie sollen Söhne Gottes genannt werden« (Vers 9). Jakobus schreibt dazu: »Die Frucht aber der Gerechtigkeit wird für die in Frieden gesät, die den Frieden wirken« (Jak.3:18). Nur die Friedsamen werden am Friedensreich des Messias teilhaben (Jes.9:6). Vergessen wir Hebräer 12:14 nicht: »Jaget nach dem Frieden mit allen und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird.«
Als Söhne
Gottes werden sie dann beten: »Unser Vater in den Himmeln« (Mat.6:9).
»Glückselig sind, die der Gerechtigkeit wegen verfolgt werden; denn ihrer ist das Königreich der Himmel« (Vers 10). Es kommt in dieser Welt der Ungerechtigkeit fast planmäßig vor, dass ein sich gerecht Verhaltender ausgegrenzt wird. Petrus hat gut zugehört und schreibt dementsprechend: »Wenn ihr aber auch um der Gerechtigkeit willen leiden mögt, werdet ihr glückselig sein« (1.Pet.3:14). Und: »Dies ist Gnade, wenn jemand um des Gewissens willen vor Gott Trübsale erträgt und ungerecht leidet. Denn welch ein Ruf wäre das, wenn ihr Leiden erduldet, weil ihr sündigt und deshalb mit Fäusten geschlagen werdet? Wenn ihr jedoch ausharrt, Gutes tut und doch leiden müsst, ist dies Gnade bei Gott« (1.Pet.2:19,20).
Möge niemand
wegen ungerechter Tagen verfolgt werden! Die Gerechten aber werden das
Königreich der Himmel gewinnen.
»Glückselig seid ihr, wenn man euch Meinetwegen schmäht und verfolgt und euch lügnerisch alles Böse nachsagt. Freuet euch und frohlocket, weil euer Lohn in den Himmeln groß ist. Denn ebenso verfolgte man die Propheten (2.Chr.36:16), die vor euch waren« (Verse 11+12).
Gläubige haben
einen anderen Geist. Die Welt muss sie deshalb hassen, ebenso wie sie den Herrn
Jesus gehasst hat (Joh.15:18). Sie sollen die Schmähungen der Menschen aber
nicht fürchten (Jes.51:7), denn - so schreibt Petrus (1.Pet.4:14) - »wenn ihr
wegen des Namens Christi geschmäht werdet, seid ihr glückselig, da der Geist
der Herrlichkeit und der Kraft und der Geist Gottes auf euch ruht.« In dieser Kraft
gingen die Apostel, nachdem man sie ausgepeitscht hatte, freudevoll vom
Synedrium fort, weil sie gewürdigt worden waren, um Jesu willen entehrt zu
werden (Ap.5:41).
Gott vergilt
alles gerecht und wird den Treuen auch den für sie in den Himmeln aufbewahrten
Lohn geben, indem Er den einen etwa über fünft Städte auf der Erde setzt und
dem anderen über zehn Vollmacht gibt (Luk.19:19). Auch Mose erachtete die
Schmach des Christus für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens; denn er
blickte davon fort auf die Belohnung hin (Heb.11:26).
In der
bevorstehenden Endzeit, wenn die Gläubigen verfolgt werden, weil sie den
Drachen und das wilde Tier nicht anbeten, wird es in Bezug auf sie heißen:
»Hier ist das Ausharren der Heiligen nötig, die die Gebote Gottes und den
Glauben Jesu bewahren. Dann hörte ich eine Stimme aus dem Himmel rufen:
Schreibe: Glückselig sind die Toten, die von jetzt an in dem Herrn sterben! Ja,
so sagt der Geist: Ruhen sollen sie von ihren Mühen; denn ihre Werke folgen
ihnen nach!« (Off.14:12,13).
Der Herr Jesus Christus fährt fort zu sprechen: »Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz fade wird, womit soll man es wieder salzen? Zu nichts mehr erweist es sich stark genug, als nur hinausgeworfen und von den Menschen niedergetreten zu werden« (Vers 13).
Salz ist ein
Symbol für die der Zersetzung entgegenwirkende Kraft und damit für äonische
Beständigkeit (vgl. 4.Mose 18:19 und 2.Chr.13;5: »äonischer Salzbund«). Wenn aber
die Gläubigen nicht treu bleiben, sind sie zu nichts mehr nütze. Sie können
auch nicht mehr zur Umsinnung erneuert werden (Heb.6:6; 10:26-31: 2.Pet.2:20).
Das trifft heute, in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Haushaltung
der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25), für die Gläubigen nicht
zu, denn sie sind mit heiligem Geist versiegelt (Eph.1:13; Röm.8:30).
Israel, das
auserwählte Volk, ist das Salz der Erde. Das wiedergezeugte Israel wird für die
kommenden Äonen die Beständigkeit des Segens auf der Erde garantieren.
»Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die oben auf dem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man brennt doch nicht eine Leuchte an und setzt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus. So lasst nun euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure edlen Werke gewahren und euren Vater in den Himmeln verherrlichen« (Verse 14-16).
Wer anderes
sollte Licht in diese in der Welt herrschende Finsternis hineinbringen als die
vom Wort Gottes Erleuchteten? Nur die an Jesus Christus, das Licht der Welt
(Joh.8:12), Glaubenden und damit von Seinem Licht Erfassten können die Strahlen
weitergeben. Die Jesus, dem Licht, Treuen, diese sind Söhne des Lichts (Joh.12:36).
Eines Tages wird das wiedergezeugte Israel das Licht der Welt sein in Jewe,
ihrem Elohim. Das Licht Jerusalems, der Stadt auf dem Berg, wird alle
erleuchten (Jes.60:1-3).
Lichthabende
können nicht übersehen werden. Die Frucht des Lichts ist Gutheit, Gerechtigkeit
und Wahrheit (Eph.5:9). Diese Dinge nehmen die Menschen wahr. Und sie sollen
sie auch wahrnehmen. Sie gehören nicht unter einen Scheffel, ein Tongefäß von
etwa 12,5 l Rauminhalt zum Abmessen von Getreide. Auch Paulus war auf das Edle
vorbedacht, nicht nur vor den Augen des Herrn, sondern auch vor den Augen der
Menschen (2.Kor.8:21).
Die edlen Werke des Lichts sollen natürlich nicht zum eigenen Ruhm vor den Menschen zur Schau gestellt (Mat.6:1), sondern ganz unbefangen und ohne auf Zuschauer zu schielen zur Verherrlichung Gottes getan werden, eben damit »euer Vater in den Himmeln« - wie der Herr an dieser Stelle das erste Mal sagt - verherrlicht werde. Jesu Vater ist auch der Vater derer, die Jesus gehorchen. Welch ein herrlicher Zuspruch: der allgewaltige Gott ist unser uns liebender und treusorgender Vater! (Diese Aussage bezieht sich hier in Vers 16 nur auf die gläubigen Juden.)
Wir hören
weiter auf unseres Herrn Worte: »Meinet nur nicht, dass Ich kam, das Gesetz
oder die Propheten aufzulösen. Ich kam nicht, um aufzulösen, sondern um zu
erfüllen. Denn wahrlich, Ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird
keinesfalls ein Jota oder ein Hörnlein vom Gesetz vergehen, bis alles
geschehen ist« (Verse 17+18).
Es ist
anzunehmen, dass manche aus früheren Handlungen Jesu folgerten, Er wolle das
Gesetz und die Propheten - dies ist ein Ausdruck für alle hebräischen heiligen
Schriften - auflösen. Jesus hatte zum Beispiel an einem Sabbat nach Meinung der
Pharisäer unerlaubterweise Ähren abgerupft und dann erklärt, dass der Sabbat um
des Menschen willen eingesetzt sei und nicht der Mensch um des Sabbats willen
(Mark.3:23-28).
Nein, Jesus
kam, um alle Schrift zu erfüllen. Ist es doch so, dass es »Jewe Elohim gefällt
um Seiner Gerechtigkeit willen, das Gesetz groß zu machen und es zu adeln«
(Jes.42:21). Der Herr erfüllte das Gesetz des Mose in allem, und dies
keineswegs nur formal, sondern dem geistlichen Gehalt nach; auch die Vorschriften
für die Opfer erfüllte Er als das wahre Opferlamm für die Sünden der Welt
ebenso wie die für die Darbringung von Nahegaben zur Huldigung Gottes, denn Er
gab Seinem Gott und Vater allezeit alle Ehre und Verherrlichung.
Auf keinen
Fall wird Jesus etwas am Wort Gottes ändern, im Gegenteil, Er bekräftigt in
Lukas 16:17 die Beständigkeit des Wortes: »Es ist aber leichter, dass Himmel
und Erde vergehen, als dass ein Hörnlein vom Gesetz falle.« Kein Jota, also
weder der kleinste Buchstabe jod (i, j), noch ein Hörnlein oder Häkchen, das
manche hebräischen Buchstaben voneinander unterscheidet, werden vergehen, bis
alles, was im Gesetz und den Propheten geschrieben steht, erfüllt ist, ja bis
die jetzigen Himmel und die jetzige Erde vergangen sind und neue erschaffen
werden (2.Pet.3:7,10,13; Off.20:11; 21:1).
Und wenn wir
Gläubigen heute, ob aus den Juden oder aus den Nationen, auch gar nicht unter
dem Gesetz stehen, sondern unter der Gnade (Röm.6:14), so hält Paulus es
dennoch aufrecht (Röm.3:31), denn es ist heilig, gerecht und gut (Röm.7:12) und
auch für uns »nützlich zur Belehrung, zur Überführungen [von Sünden], zur
Zurechtweisung, zur Erziehung in Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes
zubereitet sei, ausgerüstet zu jedem guten Werk« (2.Tim.3:16,17).
Daher ...
Jesu Betonung der Unverrückbarkeit des Gesetzes hat Konsequenzen: »Wer daher auch nur eins dieser geringsten Gebote auflöst und so die Menschen belehrt, wird der Geringste im Königreich der Himmel genannt werden. Wer sie aber tut und lehrt, der wird groß im Königreich der Himmel genannt werden« (Vers 19). Schrifttreue ist gefordert im Denken, Handeln und Lehren. Schon in Psalm 119:4 steht geschrieben: »Du hast geboten, dass Deine Vorschriften überaus zu bewahren sind.« Im Königreich Israels wird der Gehorsam dem Wort und damit Gott gegenüber belohnt werden. Der Herr hat gewiss auch an die Pharisäer gedacht, als Er dies sagte, denn jene übertragen die Gebote Gottes um ihrer Überlieferungen willen, machten das Wort Gottes um ihrer Traditionen willen ungültig und lehrten die Vorschriften der Menschen als Lehren (Mat.15:1-9).
Nun fügt Jesus
hinzu: »Denn Ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten
und Pharisäer nicht weit übertrifft, werdet ihr keinesfalls in das Königreich
der Himmel eingehen« (Vers 20). Die Pharisäer verzehnteten zwar die Minze, den
Dill und den Kümmel, doch das wichtigste im Gesetz, das gerechte Richten, die
Barmherzigkeit und den Glauben, ließen sie außer Acht (Mat.23:23). Jedoch nur
solche Gläubige, die sich anderer erbarmen und gerecht handeln - dem Wort gemäß
-, gelangen in das Königreich.
Und wie steht
es um unsere Gerechtigkeit? Sie ist weit besser als die der Schriftgelehrten!
Denn sie gründet sich allein in Christi Blut und somit allein in der Gnade
(Röm.5:9; Eph.2:8).
Des Weiteren sagte der Herr: »Ihr habt gehört, dass den Altvordern geboten worden ist: Du sollst nicht morden! Wer mordet, soll dem Gericht verfallen sein (2.Mose 20:13). ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder zürnt, soll dem Gericht verfallen sein. Wer aber »Raka« zu seinem Bruder sagt, soll dem Synedrium verfallen sein. Wer aber »Tor« zu ihm sagt, soll der Gehenna des Feuers verfallen sein« (Verse 21+22).
Es mag so aussehen,
als ob Jesus die Gebote des Gesetzes verschärfe, doch Er schürft nur tiefer,
indem Er nicht nur auf die äußere Gestalt einer Tat sieht, sondern darauf
verweist, dass es auf die innere Haltung, die Herzenseinstellung ankommt.
Schon das Zürnen, der zum Ausbruch gekommene Zorn, ist eine schwere Sünde, denn von da aus bis zum Mord ist kein weiter Weg. Wie schnell kann man sich dazu hinreißen lassen! »Raka« heißt so viel wie Dummkopf. »Tor« aber bedeutet im jüdischen Kontext so viel wie »Du gottloser Narr!« Da ist das Übelste, was man sagen kann, und lässt ganz deutlich werden, was für ein Sünder ein solcher Mann ist. Er ist der Gehenna des Feuers verfallen. Im tausendjährigen Königreich wird im Tag Hinnom bei Jerusalem ständig Feuer auf der Abraumhalde brennen. Dort werden auch die Leichen der Übertreter hineingeworfen (Jes.66:24; Ps.101:8). Dies ist die Gehenna.
Es folgen die Verse 23 und 24: »Wenn du nun deine Nahegabe auf dem Altar darbringst und dich dort erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Nahegabe dort vor dem Altar und geh zuerst hin und besänftige deinen Bruder; dann komm und bringe deine Nahegabe dar!«
Wie kann ein
Dienst für Gott rein sein, wenn ein Mitmensch uns zu Recht etwas vorzuwerfen
hat? Da gibt es keine Nachsicht unter dem Gesetz. Nicht umsonst ermahnt Petrus:
»Suche Frieden und jage ihm nach« (1.Pet.3:11). Die Sünde, mit der wir jemandem
schadeten, ist zu bereinigen, damit man mit einem reinen Herzen vor Gott treten
kann. Der Bruder soll uns nicht gleichgültig sein - das wäre keine Liebe.
Dieses Wort
des Herrn erinnert uns an 1.Korinther 13:3: »Wenn ich all meinen Besitz
austeilen und wenn ich meinen Körper dahingeben würde, um mich dessen zu
rühmen, aber keine Liebe hätte, so würde es mir nichts nützen.«
Für den Fall eines Rechtsstreits sagte der Herr: »Zeige dich deinem Prozessgegner gegenüber schnell gutwillig, solange du mit ihm noch auf dem Weg [zur Obrigkeit] bist, damit der Prozessgegner dich nicht dem Richter übergebe und der Richter dem Gerichtsdiener und du in Gefängnis geworfen werdest. Wahrlich, Ich sage dir: Du wirst von dort keinesfalls herauskommen, bis du auch den letzten Heller bezahlt hast« (Verse 25+26).
Ein versöhnungsbereites
Herz sollen die Gläubigen auch bei Rechtsstreitigkeiten haben. Sie sollen dem
Gegner gegenüber wohlgesinnt sein und einigungswillig, ihm schnell
entgegenkommen, ihn beschwichtigen und ihm geben, was ihm zusteht. Andernfalls:
Wenn jemand hart gegen seinen Prozessgegner ist, muss er damit rechnen, das er
verurteilt wird und erst dann aus dem Gefängnis herauskommt, wenn er den
letzten Cent bezahlt hat.
Wie viel
leichter als denen damals unter dem Gesetz fällt uns dies doch heute, die wir
aus der Gnade leben und daher Gnade gewähren, die wir den Dienst der Versöhnung
haben und daher allen im Geist der Versöhnung begegnen.
(Matthäus 5:27-6:8)
Wir lauschen weiterhin der Rede unseres Herrn Jesus Christus auf dem Berg.
»Ihr habt gehört, dass geboten worden ist: Du sollst nicht ehebrechen (2.Mose 20:14)! Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau anblickt, um sie zu begehren, treibt mit ihr schon Ehebruch in seinem Herzen« (Verse 27+28). Nicht die Tat, sondern schon die Herzenshaltung ist Sünde. Wer eine Frau lustvoll anblickt, um mit ihr ins Bett zu gehen, ist reif für die Gehenna. Ehebrecher sind Kinder des Fluchs, lässt 2.Petrus 2:14 erkennen. Wer Ehebruch treibt, ist ohne Verstand und vernichtet seine Seele für die kommenden Äonen (Spr.6:32).
Hiob hatte
einen Bund mit seinen Augen geschlossen (Hiob 31:1). Er blickte keine Jungfrau
und Frau lüstern an.
Der Herr fügt
an: »Wenn dein rechtes Auge dir zum Fallstrick wird, so reiß es heraus und wirf
es von dir; denn förderlicher wäre es für dich, dass eins deiner Glieder
umkomme und nicht dein ganzer Körper in die Gehenna geworfen werde. Und wenn
deine rechte Hand dir zum Fallstrick wird, so haue sie ab und wirf sie von dir;
denn förderlicher wäre es für dich, dass eins deiner Glieder umkomme und nicht
dein ganzer Körper in die Gehenna gehe« (Verse 29+30).
Selbstverstümmelung ist nicht die Lösung, denn man kann auch mit einem
Auge und einer Hand sündigen. Die Radikalität dieser Worte will die Schrecklichkeit
jener Sünde deutlich machen und darauf hinweisen, dass das Herz beschnitten
werden muss. Nur die innere Wandlung rettet vor der Gehenna, der brennenden
Abfallhalde im Tal Hinnom unterhalb von Jerusalem, wo die Leichen der
Übertreter des Gesetzes hineingeworfen werden (Jes.66:24; Ps.101:8).
Das Herz ist
das Problem. Aus dem Herzen kommen böse Erwägungen und darunter auch der
Ehebruch (Mat.15:19). Das Herz muss durch das lebendige und wirksame Wort
Gottes und den Glauben ein neues werden.
Die Begierde
der Augen und die des Fleisches sind nicht vom Vater, sondern von der Welt.
»Und die Welt samt ihrer Begierde geht vorüber. Wer aber den Willen Gottes tut,
bleibt für den Äon« (1.Joh.2:17).
Jesus fährt fort zu sprechen: »Auch ist geboten worden: Wer seine Frau entlässt, gebe ihr eine Scheidungsurkunde (5.Mose 24:1)! Ich aber sage euch: Jeder, der seine Frau entlässt (mit Ausnahme im Fall der Hurerei), macht sie zu einer, deren Ehe gebrochen wird; und wenn jemand eine Entlassene heiratet, bricht er die Ehe« (Verse 31+32).
Mose schrieb:
»Wenn ein Mann eine Frau nimmt und sie heiratet und es geschieht, dass sie
keine Gnade in seinen Augen findet, weil ihm etwas Anstößiges an ihr offenbar wird,
und er schreibt ihr eine Scheidungsurkunde, gibt sie in ihre Hand und sendet
sie aus seinem Haus ...« Der Mann konnte also einen Scheidebrief schreiben,
wenn ihm etwas offenkundig wurde, was ihm nicht gefiel und er nicht tragen
wollte. Diese Vorschrift wurde sicherlich oftmals leichtfertig ausgelegt. Dem
schob der Herr hier nun den Riegel vor. Es gibt nur einen Grund zur
Ehescheidung, den des Ehebruchs.
Liegt dieser
Grund nicht vor, besteht die Ehe trotz einer Scheidungsurkunde weiter. Eine
neue Eheschließung würde somit die noch bestehende erste Ehe brechen.
Jesus sagte
übrigens an anderer Stelle: »Mose gestattet euch wegen eurer Hartherzigkeit,
eure Frauen zu entlassen; aber von Anfang an ist es nicht so gewesen«
(Mat.19:8). - Möge es auch bei uns so sein wie am Anfang und nur der Tod die
Eheleute scheiden (1.Kor.7:39).
In den Versen 33 bis 37 geht es ums Schwören: »Wieder habt ihr gehört, dass den Altvordern geboten worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, aber deine Eide dem Herrn erstatten! Ich aber sage euch, überhaupt nicht zu schwören, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist Seiner Füße Schemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist des großen Königs Stadt. Noch sollst du bei deinem Haupt schwören, denn du kannst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz machen. Euer Wort sei vielmehr: Ja, ja; nein, nein. - Alles darüber hinaus aber ist vom Bösen.«
Schwören war
üblich, auch bei Kleinigkeiten, sodass es kaum noch auffiel. Schlaue schworen
nur beim Himmel, bei der Erde oder bei Jerusalem, damit sie hernach sagen
konnten, sie hätten ja nicht bei Gott geschworen. Doch auch damit wurde der
Name Gottes ständig in das Gemeine herabgezogen.
Mose hatte
gesagt: »Ihr sollt in Meinem Namen nicht falsch schwören, sodass du den Namen
deines Elohim entheiligst. Ich bin Jewe« (3.Mose 19:12); »Wenn du Jewe, deinem
Elohim, ein Gelübde ablegst, zögere nicht, es zu erfüllen. ... Was über deine
Lippen gegangen ist, halte es und tue es, so wie du es Jewe, deinem Elohim,
freiwillig gelobt hast« (5.Mose 23:22,24; vgl. 4.Mose 30:3). Diese Worte
bleiben unberührt, im alltäglichen Umgang miteinander aber soll überhaupt nicht
geschworen werden. Das Wort eines Gläubigen sei ein schlichtes und wahrhaftiges
Ja oder Nein. Alles darüber hinaus ist vom Satan.
Jakobus
schreibt ebenso: »Vor allem aber, meine Brüder, schwört nicht, weder bei dem
Himmel noch bei der Erde, noch irgendeinen anderen Eid. Euer Ja sei ja und euer
Nein sei Nein, damit ihr nicht unter das Gericht fallt« (Jak.5:12).
Des Weiteren sagte Jesus: »Ihr habt gehört, dass geboten worden ist: Auge um Auge und Zahn um Zahn. Ich aber sage euch, dem Bösen nicht Widerstand zu leisten; sondern wer dich auf deine rechte Wange ohrfeigt, dem wende auch die andere zu« (Verse 38+39).
In 3.Mose
24:19,20 steht geschrieben: »Wenn jemand seinem Nächsten einen Schaden zufügt -
so wie er getan hat, ebenso soll ihm getan werden: Bruch um Bruch, Auge um
Auge, Zahn um Zahn« (vgl. 2.Mose 21:23,24). Eins um eins - dies ist der Maßstab
für die Rechtsprechung, der mit dieser Verhältnismäßigkeit Grenzen gesetzt
sind. Der Geschädigte selbst aber »spreche nicht«, wie es in den Sprüchen 24:29
heißt, »wie er mir getan, so tue ich ihm; ich vergelte dem Mann nach seinem
Tun.« Angesichts der Selbstjustiz musste der Herr die Juden wieder daran
erinnern, was sie aus den Klageliedern wussten, dass nämlich der Erduldende
schweigend auf die Rettung durch Jewe warten und dem, der ihm schlägt, die Wange
bieten soll, denn Jewe erbarmt sich über die, die Er betrübt hat. Denn nicht
von Herzen demütigt und betrübt Jewe die Menschenkinder (Klgl.3:26-33).
Es war
übrigens sehr entehrend, mit dem rechten Handrücken auf die rechte Wange
geschlagen zu werden.
Das große
Vorbild ist Jesus Selbst, der Seinen Körper denen dahingab, die Ihn schlugen,
und Seine Wangen denen, die Ihn rauften (Jes.50:6), oder wie in 1.Petrus 2:23
zu lesen: »... der, beleidigt, nicht wieder beleidigte und, als Er litt, nicht
gedroht hat, sondern Er übergab es dem, der gerecht richtet.«
Heute bewegt
uns die erfahrene Gnade, dem Gegner Gnade zu gewähren (Eph.4:32), Übles nicht
mit Üblem zu vergelten (Röm.12:17), den Dienst der Versöhnung zu tun
(2.Kor.5:18) und uns eher benachteiligen und Unrecht tun zu lassen, als dass
wir Gefahr laufen, selbst Unrecht zu tun (1.Kor.6:7).
Jesus nennt
weitere Beispiele dafür, nicht Widerstand zu leisten: »Wer mit dir rechten und
dein Untergewand nehmen will, dem lass auch dein Obergewand. Wer dich zu einer
Meile zwingt, mit dem gehe zwei! Dem, der dich bittet, gib; und von dem,
der von dir leihen will, wende dich nicht ab!« (Verse 40-42).
Das Gewand
konnte gepfändet werden. Das Gesetz sagt: »Falls du das Gewand deines Nächsten
als Pfand, ja als Pfand nimmst, sollst du es ihm vor dem Untergang der Sonne
zurückbringen, denn es ist seine alleinige Bedeckung. Es ist sein Obergewand
für seine Haut: worin soll er sonst liegen? Wenn er zu Mir schreien sollte,
dann will Ich ihn erhören, denn Ich bin gnädig« (2.Mose 22:26,27; vgl. 5.Mose
24:10-13). Abgesehen von dieser gerechten Regelung, gib dem Fordernden ein
Pfand und noch eins darüber hinaus.
Geh zwei
Meilen statt nur einer. Die Römer konnten jeden Juden zwingen, ihnen eine Meile
weit den Weg zu zeigen oder Gerätschaften zu tragen, wie es zum Beispiel dem
Kyrenäer Simon, dem Vater des Alexander und des Rufus, erging, den sie zwangen,
Jesu Kreuz aufzunehmen (Mark.15:21). Aber unabhängig von dem Recht der Römer -
wenn jemand zu einer Leistung genötigt wird, so tue er durchaus mehr.
Dem Bittenden
soll man geben, wobei vorausgesetzt wird, dass er bedürftig ist. Das Gesetz
verlangt die Unterstützung des Verarmten (3.Mose 25:35). Nun aber gib von
ganzem Herzen.
Leihe auch gern. »Der Gerechte gibt und hält nicht zurück« (Spr.21:26). »Der Gesegnete ist gnädig und gibt. ... Jeden Tag ist er gnädig und leiht« (Ps.37:21,26).
Bei all diesen
Anweisungen ist der Glaube entscheidend, die Überzeugung, dass Gott alles
gerecht vergelten und ausgleichen wird (5.Mose 32:35; Röm.12:19). Mögen auch
wir all unsere Rechtsangelegenheiten dem übergeben, der gerecht richtet
(1.Pet.2:23), wie schon Jeremia zu Jewe sagte: »Dir habe ich meine Rechtssache
anvertraut« (Jer.11:20).
Liebet eure Feinde!
Jetzt schneidet unser Herr den Punkt der Feindesliebe an: »Ihr habt gehört, dass geboten worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, weil Er ja Seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und es auf Gerechte und Ungerechte regnen lässt« (Verse 43-45).
Die Schrift
sagt einerseits: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Denn Ich
bin Jewe« (3.Mose 19:18); »Auch den Fremden, der unter euch wohnt, sollst du
lieben wie dich selbst« (3.Mose 19:34); »Wenn der dich Hassende hungrig ist,
speise ihn mit Brot, und wenn er durstig ist, tränke ihn mit Wasser. Glühende
Kohlen häufst du so auf sein Haupt, und Jewe wird es dir erstatten«
(Spr.25:21,22; vgl. Röm.12:20; siehe auch 2.Mose 23:4,5). Andererseits sagt die
Schrift im Hinblick auf die Frevler an Gott und Gottes Volk: »Hasse ich nicht
die, welche Dich hassen, Jewe, und ekelt es mich nicht vor denen, die sich
gegen Dich erheben? Mit vollkommenem Hass hasse ich sie, zu Feinden sind sie
für mich geworden« (Ps..139:21,22); »Ihren [der Ammoniter und Moabiter] Frieden
und ihr Wohl sollst du nicht suchen all deine Tage für äonisch« (5.Mose 23:7).
Im Königreich
der Himmel wird Israel ein Segen für alle Nationen sein; wie könnten sie ihnen
da feindlich gesonnen sein? So gerecht es war, die Feinde Jewes, ihres Elohim,
und damit auch die Feinde Israels zu hassen, so können die, die ihre Erwartung
auf das Königreich Gottes setzen, jetzt schon alle Menschen lieben, auch die,
von denen sie vielleicht umgebracht werden, denn sie werden ja das äonische
Leben bekommen.
Söhne Gottes
sollen sie werden beziehungsweise sich als solche erweisen, und so wie Gott den
Guten und Bösen, den Gerechten und Ungerechten den Segen der Natur zuteil
werden lässt, sollen sie auf der geistlichen Ebene allen Menschen Segen
zukommen lassen, indem sie auch ihre Feinde lieben und für sie beten. Mögen sie
handeln wie Jewe, ihr Elohim, von dem sie wissen: »Jewe ist gut gegen alle, und
Sein Erbarmen geht über all Seine Werke« (Ps.145:9). Übrigens sind Gute und
Böse eingeladen, an der Hochzeitsfeier des Königs mit Israel, der Braut,
teilzunehmen (Umsinnung und edle Werke vorausgesetzt; Mat.22:10).
So gilt nun
für alle Nachfolger des Herrn Jesus Christus: »Liebet eure Feinde, handelt edel
an denen, die euch hassen! Segnet, die euch verfluchen, betet für die, die euch
verunglimpfen!« (Luk.6:27,28). Unser Herr Selbst betete am Kreuz für Seine
Hasser: »Vater, vergib ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun« (Luk.23:34).
Und Stephanus erwies sich als Sohn des himmlischen Vaters, als er ausrief:
»Herr, stelle diese Sünde nicht gegen sie!« (Ap.7:60).
Sollten wir
heute uns einander ermahnen, unsere Feinde zu lieben, dann mögen wir durchaus
an Gottes Segen der Natur über Gute und Böse denken, vor allem aber daran, dass
wir geliebte Kinder Gottes sind und aus diesem Grund in Liebe wandeln, so wie
auch Christus uns liebt und Sich Selbst für uns als Darbringung und Opfer für
Gott dahingegeben hat, zu einem duftenden Wohlgeruch (Eph.5:1,2).
Zur weiteren Begründung Seiner Worte über die Feindesliebe sagte der Herr: »Denn wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, was für einen Lohn habt ihr zu erwarten? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? Wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr Außergewöhnliches? Tun nicht dasselbe auch die aus den Nationen? So werdet ihr nun vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist« (Verse 46-48).
Ja, was wäre
es denn Besonderes, nur die zu lieben, die uns Gutes tun? Vollkommen sollen die
Gläubigen werden. Söhne ihres himmlischen Vaters sollen sie sein; dies ist man,
wenn man in derselben Gesinnung wandelt wie der Vater.
So sagt es das
Evangelium der Beschneidung, die Wohlkunde für Israel. Wir dagegen sind nach
dem Evangelium der Unbeschnittenheit (Gal.2:7), nach der Lehre des Apostels
Paulus »alle Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus« (Gal.3:26).
Gottes
Heiligkeit und Gerechtigkeit allein soll die Richtschnur für das Handeln
Israels sein, wie denn auch Mose sagte: »Ihr sollt heilig sein, denn Ich, Jewe,
euer Elohim, bin heilig« (3.Mose 19:2) und: »Makellos sollst du werden mit
Jewe, deinem Elohim« (5.Mose 18:13).
Das Ziel,
vollkommen zu werden, wohnt der gesamten Belehrung auf dem Berg inne; die
Ermahnung zur Feindesliebe aber ist besonders geeignet, um zur Vollkommenheit
zu gelangen.
Wie der Vater
sollen die Söhne sein, und den Treuen, die dies ständig anstreben, lässt Er es
gelingen: »Jeder, der in Ihm [Christus] bleibt, sündigt nicht«, verheißt
1.Johannes 3:6. »Niemand hat Gott jemals geschaut; doch wenn wir einander
lieben, bleibt Gott in uns, und Seine Liebe ist in uns vollkommen geworden«
(1.Joh.4:12).
Nun warnt Jesus vor dem Streben nach Ansehen: »Nehmt euch aber in Acht, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen zur Schau stellt, um von ihnen angeschaut zu werden; wenn aber doch, so habt ihr bei eurem Vater in den Himmeln keinen Lohn zu erwarten. Folglich, wenn du Almosen gibst, lass nicht vor dir her posaunen, so wie die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen es tun, damit sie von den Menschen verherrlicht werden. Wahrlich, Ich sage euch: Sie haben ihren Lohn vorweggenommen! Du aber, wenn du Almosen gibst, lass deine Linke nicht erfahren, was deine Rechte tut, damit dein Almosen im Verborgenen sei; dein Vater, der im Verborgenen beobachtet, wird es dir vergelten« (Kap.6:1-4).
Wem der Beifall
der Menschen gut tut, hat sich seinen Lohn selbst verschafft und bekommt keinen
mehr von Gott. Beachten wir dabei aber, dass edle Werke zu tun waren, um in das
Königreich der Himmel zu gelangen (Mat.5:20; Jak.2:24; 2.Pet.1:10,11). Wir
dagegen, die Glieder der Körpergemeinde, wirken in Auswirkung unserer Rettung.
Wie können
Gläubige treu sein, wenn sie auf Verherrlichung durch Menschen aus sind, »doch
die Verherrlichung, die vom alleinigen Gott ist, nicht suchen« (Joh.5:44)?
Dass die linke
Hand nicht erfahren soll, was die rechte tut, besagt, dass es im Verborgenen
geschehen soll.
Dies gilt auch
für das Beten: »Wenn ihr betet, sollt ihr nicht wie die Heuchler sein; denn sie
haben es gern, in den Synagogen und an den Ecken der Plätze zu stehen, um zu
beten, damit sie sich vor den Menschen zeigen. Wahrlich, Ich sage euch: Sie
haben ihren Lohn vorweggenommen!« (Vers 5).
So aber soll
es sein: »Du aber, wenn du betest, geh in deine Kammer, schließ deine Tür und
bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der im
Verborgenen beobachtet, wird dir vergelten« (Vers 6).
Beten ist kein Schauspiel. Geh in den abgelegensten Raum deines Hauses. Dies schließt nicht aus, dass man überall beten kann; ja mitten im Lärm der Welt können wir in unserem Denksinn beten, völlig unbemerkt von anderen.
Der Herr fährt fort zu sprechen: »Auch plappert nicht beim Beten, so wie die aus den Nationen es tun; denn sie meinen, mit ihrem Wortschwall erhört zu werden. Darin solltet ihr ihnen nun nicht gleichen; denn Gott, euer Vater, weiß, wessen ihr bedürft, bevor ihr Ihn bittet« (Verse 7+8).
Plappern ist
ehrfurchtslos, Plappern unterstellt einen unwilligen Gott, dem man etwas
abschwatzen müsse, oder einen eitlen, dem man mit vielen Worten schmeicheln
könne.
Ein extremes
Beispiel für ellenlanges Beten ist das der Baalspropheten auf dem Berg Karmel
zu Elias Zeiten, als sie vom Morgen bis zum Nachmittag ihren Gott anriefen, um
den Altar sprangen und sich ritzten (1.Kön.18:26-29). Möge Israel aber auch
diese Worte Jewes nicht vergessen: »Wenn ihr eure Hände zu Mir ausbreitet, dann
verhülle Ich Meine Augen vor euch. Auch wenn ihr eure Gebete vervielfacht,
werde Ich sie nicht hören. Denn eure Hände sind voller Blut« (Jes.1:15). Auf
Sünder hört Gott nicht (Spr.15:29; Joh.9:31).
Die folgenden
Worte König Salomos sollten die Juden sich zu Herzen nehmen: »Dein Mund sei
nicht rastlos und dein Herz eile nicht, ein Wort angesichts Elohims hervorgehen
zu lassen. Denn Elohim ist in den Himmeln, und du bist auf der Erde; darum
seien deine Worte wenige. Denn bei vielen Worten kommt törichte Rede [zum
Vorschein]« (Pred.5:1,2).
Der Herr Jesus
sprach seinen Zuhörern zu: »Euer Vater weiß [doch], wessen ihr bedürft, bevor
ihr Ihn bittet.« Gott kennt das Herz eines jeden, zumal Er es ihnen allen
gebildet hat (Ps.33:15); er kennt ihre Wünsche, wie König David in Psalm
139:1-4 sagte:
»Jewe,
Du hast mich erforscht und erkannt.
Du
kennst mein Sitzen und mein Aufstehen;
Du
verstehst meine Gedanken von ferne.
Meinen
Pfad und mein Bettlager - Du misst es ab,
und für
all meine Wege trägst Du Fürsorge.
Denn ein
Ausspruch ist noch nicht auf meiner Zunge,
siehe,
Jewe, Du kennst sie alle«.
Mögen sich die
Gläubigen mithin mit wenigen Worten an Ihn wenden im Vertrauen darauf, dass Er
weiß, was das Beste für sie ist - und sie werden Seine Treue erfahren. So kann
Johannes schreiben: »Dies ist der Freimut, den wir zu Ihm haben, dass, wenn wir
etwas nach Seinem Willen bitten, Er uns hört. Und wenn wir wissen, dass Er uns
hört, um was wir auch bitten, so wissen wir, dass das Erbetene schon unser ist,
worum wir Ihn gebeten haben« (1.Joh.5:14,15).
Die Worte des
Apostels Paulus: »Betet unablässig« (1.Thess.5:17) meinen keinesfalls, dass man
ununterbrochen oder endlos lange beten soll, sondern dass wir bei keiner
besonderen Situation versäumen sollen zu beten. Da wir uns allezeit vor dem
Angesicht Gottes in Christus wissen (2.Kor.2:17), werden wir es nicht am Gebet
fehlen lassen, sobald ein Anlass dafür gegeben ist, zumal unser Herz allezeit
in der Haltung der Anbetung steht.
(Matthäus 6:9-34)
Unser Herr Jesus Christus hatte in Seiner Belehrung auf dem Berg gesagt: »Auch plappert nicht beim Beten, so wie die aus den Nationen es tun; denn sie meinen, mit ihrem Wortschwall erhört zu werden. Darin solltet ihr ihnen nun nicht gleichen; denn Gott, euer Vater, weiß, wessen ihr bedürft, bevor ihr Ihn bittet« (Mat.6:7,8). Daher, weil dies so ist, sollen die Juden mit wenigen Worten und um das, wessen sie wirklich bedürfen, so beten, wie der Herr es ihnen mit dem folgenden Mustergebet aufzeigte.
Betet ihr daher so!
»Betet ihr daher so: Unser Vater in den Himmeln, geheiligt werde Dein Name!« (Vers 9).
Gott ist der
Vater des Volkes Israel, und Er ist auch eines jeden gläubigen Juden Vater, der
die Seinen in Weisheit und Fürsorge erzieht und bewahrt.
Sein Name ist
heilig, denn Er Selbst, Jewe Elohim, ist heilig (3.Mose 19:2). Möge aber
insbesondere Sein Name »Vater« geheiligt werden, indem Er mit Ehrfurcht so
angebetet wird, wie schon Jesaia es tat: »Du bist unser Vater. ... Du bist Er,
Jewe, unser Vater, unser Erlöser vom Äon an, dies ist Dein Name« (Jes.63:16).
Und möge Sein herrlicher Vatername durch das gesamte Verhalten im Alltag
geheiligt und verherrlicht werden!
Vollends
erfüllt wird dem Volk Israel diese Bitte, wenn sie eine heilige Nation geworden
sind, im tausendjährigen Königreich Gottes (2.Mose 19:6; 1.Pet.2:9). Dann
werden sie den Namen Jewes heiligen und Ehrfurcht vor Ihm haben zu treuem
Dienst (Jes.29:23).
Dein Königreich komme!
Die nächste Bitte soll lauten: »Dein Königreich komme!« (Vers 10).
Das Königreich
Gottes ist die große und besondere Verheißung für Israel. Schon durch Mose sprach
Jewe zu dem Volk, das Ihm unter allen Völkern zum besonderen Eigentum werden
soll: »Ihr, ihr sollt für Mich ein königliches Priestertum werden« (2.Mose
19:6), mithin die Regierung der Welt übernehmen. »Jewe, dein Elohim, wird dich
als oberste über alle Nationen der Erde setzen« (5.Mose 28:1).
Jesus Christus
hatte Seinen Dienst mit den Worten begonnen: »Sinnet um! Denn das Königreich
der Himmel hat sich genaht!« (Mat.4:17), und Seine Rede auf dem Berg begann wie
folgt: »Glückselig im Geist sind die Armen, denn ihrer ist das Königreich der
Himmel« (Mat.5:3). Und jetzt war Er da, Jesus, der König, der das Königreich
herbeiführt. Daniel schrieb davon: »In den Tagen jener Könige wird der Elah der
Himmel ein Königreich aufrichten, das für die Äonen unversehrt bleiben soll«
(Dan.2:44), und Sacharja verkündigte: »Und Seine Füße werden an jenem Tag auf
dem Ölberg stehen. ... Und Jewe wird König sein über die ganze Erde; an jenem
Tag wird Jewe der Einzige sein und Sein Name der einzige« (Sach.14:4,9). Nach
dem letzten Jahrsiebener (Dan.9:24,27) wird es so weit sein: »Sie werden mit
Ihm [Christus] die tausend Jahre als Könige herrschen« (Off.20:6), ja »sie
werden als Könige für die Äonen der Äonen herrschen« (Off.22:5).
Wer in das
Königreich Israels eingehen will, der höre auf den, den der Vater gesandt hat.
Uns dagegen,
die wir nicht zu dem zukünftig wiedergezeugten Israel gehören, sondern Glieder
der Körpergemeinde sind (Eph.1:23), ist dieses Königreich nicht verheißen,
sondern wir werden nach dem dem Apostel Paulus enthüllten Evangelium (Gal.1:12)
in das überhimmlische Königreich Christi versetzt (2.Tim.4:18) und dort in den
beiden kommenden Äonen niedergesetzt sein (Eph.2:6,7).
Dein Wille geschehe!
Die dritte Bitte lautet: »Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden!« (Vers 10).
Der Wille
Gottes geschieht immer und überall, denn Gott, der alles nach dem Ratschluss
Seines Willens bewirkt (Eph.1:11), hat in Christus Jesus einen Vorsatz für den
Ablauf der Äonen gefasst (Eph.3:11), nach welchem alles geschieht. Aber noch
ist vieles nicht erfüllt. Mögen die Planungen Gottes bald eintreffen.
Und noch tun
die Menschen nicht den für sie erklärten Willen Gottes, sondern verfehlen ihn
ständig und sündigen. Dies muss nach Gottes Vorsatz aber so sein (Jes.6:9,10;
63:17; Mat.13:13,14; Röm.9:18,21; 11:32).
Im Königreich
Gottes aber wird Israel endlich in Gottes Ordnungen leben, Seine
Rechtsbestimmungen bewahren und tun sowie Seinen heiligen Namen nicht mehr
entweihen (Hes.20:39; 36:27; 43:7).
Diese drei
Bitten waren die ersten der sieben Bitten dieses Mustergebets für Jünger Jesu.
Es waren Bitten zur Ehre Gottes. Nun folgen vier Bitten um Dinge, die die
Menschen aufgrund ihrer Schwachheit stets nötig haben.
Die vierte Bitte ist elementar: »Unser auskömmliches Brot gib uns heute!« (Vers 11).
Das
auskömmliche Brot, wörtlich das (dar)auf-seiende, ist mehr als das nötige und
meint wohl auch das für den (darauf)folgenden Tag ausreichende.
Es folgt die Bitte um Vergebung der Sünden: »Erlass uns all unsere Schuld, wie auch wir die unserer Schuldner erlassen haben!« (Vers 12).
Israel erhielt
Vergebung unter den Bedingungen der Umsinnung (Luk.3:3), des offenen
Bekenntnisses der Sünden (1.Joh.1:9) und der vorausgehenden Vergebung gegenüber
den Mitmenschen. Dies betont der Herr in den Versen 14 und 15: »Denn wenn ihr
den Menschen ihre Kränkungen vergebt, wird euer himmlischer Vater auch euch
vergeben. Wenn ihr aber den Menschen ihre Kränkungen nicht vergebt, wird euer
Vater euch eure Kränkungen auch nicht vergeben.« Dies ist gerecht.
Die empfangene
Erlassung der Schuld kann übrigens wieder rückgängig gemacht werden, wenn man
hernach anderen nicht vergibt (Mat.18:23-35). Auch das zukünftige »Gericht ist
unbarmherzig gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat« (Jak.2:13).
Wir heute, die
wir in der dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Haushaltung der
überströmenden Gnade Gottes leben (Eph.3:2; Kol.1:25), sind dagegen allein
durch Glauben weit weg von allen Sünden - an sie ist gar nicht mehr zu denken -
ein für allemal gerechtfertigt, das heißt für gerecht erklärt. Und was unsere
Kränkungen des Vaterherzens Gottes anbelangt: »In Ihm [Christus] haben wir die
Freilösung durch Sein Blut, die Vergebung der Kränkungen nach dem Reichtum
Seiner Gnade, die Er in uns überfließen lässt« (Eph.1:7).
Die beiden letzten Bitten lauten: »Bring uns nicht in Versuchung hinein, sondern birg uns vor dem Bösen!« (Vers 13).
Möge der Vater
Seine Heiligen nicht in Versuchungssituationen hineinbringen, in Konflikte der
Verführung zum Sündigen, sondern vor dem Satan bewahren. Diese Bitte wird dem
auserwählten Volk im Königreich Gottes erfüllt werden, wenn der Satan im
Abgrund gebunden ist (Off.20:3) und sie nicht mehr zum Sündigen verleiten kann.
Aber schon
damals, als Jesus noch bei ihnen war, galt es für die Jünger, zu wachen und zu
beten, damit sie nicht in Anfechtungen hineingerieten (Mat.26:41). Zugleich bat
auch Jesus für die Seinen: »Ich ersuche Dich nicht, dass Du sie aus der Welt
nimmst, sondern dass Du sie vor dem Bösen bewahrst« (Joh.17:15). Und wer fest
in Christus stand, dem konnte der Satan nichts anhaben. »Ordnet euch nun Gott
unter«, ermahnte Jakobus, »widerstehet aber dem Satan, und er wird von euch
fliehen« (Jak.4:7). Und Petrus sprach zu: »Seid nüchtern! Wachet; denn euer
Gerichtsgegner, der Satan, wandelt wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen
er verschlinge. Dem widersteht fest im Glauben« (1.Pet.5:8,9). Mithin kann
Petrus feststellen: »Der Herr weiß die Frommen aus der Anfechtung zu bergen«
(2.Pet.2:9).
Uns sagt Gott
durch Paulus: »Gebt dem Satan keinen Raum!« (Eph.4:27). Und wenn wir die uns
von Gott bereitgelegte Gesamtwaffenrüstung angelegt haben, den Gürtel der
Wahrheit, den Panzer der Gerechtigkeit, die Sandalen des Friedens, den
Langschild des Glaubens, und darauf den Helm des Heils und das Schwert des
Geistes empfangen haben, dann werden wir den Kriegslisten des Satans
widerstehen, standhalten und fest stehen (Eph.6:10-17).
(Die Verse 14
und 15 waren im Zusammenhang mit Vers 12 angesprochen worden.)
Der Herr fährt fort, Seine Jünger und die Scharen zu belehren: »Wenn ihr fastet, so zieht keine kummervolle Miene wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Angesicht, damit sie sich den Menschen als fastend zeigen. Wahrlich, Ich sage euch: Sie haben ihren Lohn vorweggenommen! Du aber, wenn du fastest, reibe dein Haupt ein und wasche dein Angesicht, damit du dich nicht den Menschen als fastend zeigst, sondern deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der im Verborgenen beobachtet, wird dir vergelten« (Verse 16-18).
Almosengeben
(Verse 1-4), Beten (Verse 5-8) und Fasten waren Grundsäulen der Glaubenspraxis
der Pharisäer und Schriftgelehrten, die dabei allerdings nur allzu leicht in
Heuchelei verfielen. Deshalb waren diese klaren Worte nötig.
Fasten ist
eine Außerachtlassung des Fleisches; wer dabei die Aufmerksamkeit der Menschen
auf sich ziehen will, pflegt aber gerade sein stolzes Fleisch. Solche haben
ihren Lohn schon vorweg eingestrichen (Verse 2, 5+16) und bekommen keinen mehr
von Gott. Rechtes Fasten geschieht in Demütigung der Seele (Jes.58:5).
Ein anderes Thema spricht Jesus nun an: »Speichert euch keine Schätze auf Erden, wo Motten und Rost sie entstellen und wo Diebe Wände durchgraben und stehlen. Speichert euch aber Schätze im Himmel auf, wo weder Motten noch Rost sie entstellen und wo Diebe nicht die Wände durchgraben noch stehlen; denn wo dein Schatz ist, dort wird auch dein Herz sein« (Verse 19-21).
Die Pharisäer
sahen ihren Reichtum als Belohnung Gottes für ihre guten Werke an. Ach, hätten
sie doch einen Blick für das Königreich! Alles, was sie auf der Erde haben, ist
doch nicht sicher. Nur was sie geben, ist ihrer in den Himmeln. Die Schätze im
Himmel sind Losanteile, die ihnen im Himmel verwahrt (1.Pet.1:4) und im
Königreich Israels übergeben werden.
Die elementare
Wahrheit »Wo dein Schatz ist, dort wird auch dein Herz sein« möge uns immer
daran denken lassen, dass unser Herr und Haupt Christus Jesus unser Schatz ist,
in welchem uns zudem alle weiteren Schätze der Weisheit und Erkenntnis
erschlossen sind (Kol.2:3). Darum: »Wenn ihr nun zusammen mit Christus
auferweckt wurdet, suchet das droben, wo Christus ist, zur Rechten Gottes
sitzend! Auf das droben sinnet, nicht auf das auf Erden! Denn ihr starbet, und
euer Leben ist zusammen mit Christus in Gott verborgen« (Kol.3:1-3). - In Gott
ist unser Leben!
Wir hören die Verse 22 und 23: »Dein Auge ist die Leuchte des Körpers. Folglich, wenn dein Auge klar ist, wird auch dein ganzer Körper licht sein. Wenn aber dein Auge böse ist, wird auch dein ganzer Körper finster sein. Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie viel dichter ist dann die Finsternis!«
Ein böses Auge
ist missgünstig, sucht nur den eigenen Vorteil und verfinstert das Herz. Ein
klares Auge ist ungeteilten Sinnes und ohne Hintergedanken. Die geistliche
Blickrichtung entscheidet darüber, ob man in der Finsternis oder im Licht lebt.
Wir denken
hierbei an Titus 1:15,16: »Den Reinen ist alles rein, den Beschmutzten aber und
Ungläubigen ist nichts rein, sondern ihr Denksinn wie auch ihr Gewissen ist
beschmutzt. Sie bekennen zwar, mit Gott vertraut zu sein; mit ihren Werken aber
verleugnen sie Ihn, indem sie gräulich sind, widerspenstig und zu jedem guten
Werk unbewährt.«
Der folgende Vers 24 steht im engen Zusammenhang mit dem Schätzesammeln und dem ungeteilten Auge: »Niemand kann zwei Herren sklaven; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben oder er wird für den einen einstehen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott sklaven und dem Mammon.«
Mammon ist
jede Form der Vergötzung von Geld und Sachwerten. In aller Schärfe sagt
Jakobus: »Wisst ihr nicht, dass die Freundschaft dieser Welt Feindschaft Gott
gegenüber bedeutet? Wer nun beabsichtigt, der Welt Freund zu sein, wird als
Feind Gottes hingestellt« (Jak.4:4). Johannes ermahnt: »Liebet nicht die Welt,
noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, ist nicht die Liebe des
Vaters in ihm« (1.Joh.2:15). Vernehmen wir noch den Zuspruch von Hebräer 13:5:
»Geldgier sei nicht eure Weise, euch genüge, was vorhanden ist; denn Er Selbst
hat versichert: Keinesfalls würde Ich dich preisgeben noch je dich verlassen.«
Mit den Versen 25 bis 34 wird den Gläubigen zugesprochen, nicht um Seele und Körper besorgt zu sein, sondern zuerst das Königreich und seine Gerechtigkeit zu suchen.
Jesus spricht:
»Deshalb sage Ich euch: Seid nicht besorgt für eure Seele (also was ihr essen
oder was ihr trinken möget) noch für euren Körper (was ihr anziehen sollt). Ist
nicht die Seele mehr als die Nahrung und der Körper mehr als die Kleidung? Seht
die Flügler des Himmels an: sie säen nicht, noch ernten sie, noch sammeln sie
in Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Überragt ihr sie nicht
bei Weitem?« (Verse 25+26).
Es ist nicht
die Rede davon, dass man nicht arbeiten solle - Sorgen soll man sich keine
machen!
Die Seele ist
unser Bewusstsein, das Empfinden, die Wahrnehmung. Essen und Trinken erhalten
unser Leben und damit auch unser Bewusstsein. Und der Körper bedarf der
Kleidung. Um diese Dinge sollen die Jünger nicht besorgt sein. Schon König
David bezeugte: »Ein Knabe war ich, auch bin ich alt geworden, doch nicht sah
ich den Gerechten verlassen, noch seinen Samen nach Brot suchen« (Ps.37:25).
Ihr himmlischer Vater ernährt die Vögel und alle anderen fliegenden Tiere -
sind die Gläubigen Ihm etwa geringerer Beachtung wert? Auf keinen Fall, denn
Mose sagte: »Ein heiliges Volk bist du Jewe, deinem Elohim. Dich erwählte Jewe,
dein Elohim, zum Volk des besonderen Eigentums aus all den Völkern, die auf dem
Erdboden sind« (5.Mose 7:6).
Die Tatsache,
dass Gott sie mit all ihrem Bedarf versorgen wird, ist einerseits eine Erfahrung
Israels, andererseits und im Wesentlichen aber eine gewaltige Verheißung. Sie
durften die Kräfte des zukünftigen Äons bereits schmecken (Heb.6:5), den vollen
Segen aber erhalten sie erst im Königreich. Im Königreich wird sich erfüllen,
was David sagte: »Wirf auf Jewe, was Er dir gewährt hat, und Er wird dich
versorgen. Nicht wird Er zulassen, dass der Gerechte gleite für den Äon«
(Ps.55:23).
Mit den Versen 27 bis 30 vertieft der Herr das Gesagte: »Wer von euch kann mit Sorgen seinem Vollwuchs eine Elle hinzufügen? Was seid ihr um die Kleidung besorgt? Lernt doch von den Anemonen auf dem Feld, wie sie wachsen! Sie mühen sich nicht, noch spinnen sie. Ich sage euch: Nicht einmal Salomo in all seiner Herrlichkeit (1.Kön.10:5) war so umhüllt wie eine von diesen. Wenn aber Gott das Gras auf dem Feld, das heute da ist und morgen in den Ofen geworfen wird (Ps.90:5,6), so kleidet, wird Er da nicht viel eher euch kleiden, ihr Kleingläubigen?«
Kleinglaube gegenüber dem allmächtigen Gott war nie angebracht und angesichts Jesu Christi, ihres Königs, ebenso wenig; mögen sie Ihm viel, ja alles glauben in beständiger Treue. Wird Gott doch das auserwählte Volk im Königreich der Himmel nicht nur in prächtigste Kleidung hüllen, sondern sie auch befähigen, alle Nationen der Erde zu regieren. »Denn wie die Himmel erhabener sind als die Erde, so sind Meine Wege erhabener als eure Wege«, spricht Jewe, »und Meine Gedanken als eure Gedanken« (Jes.55:9).
Suchet zuerst das Königreich und seine Gerechtigkeit
Der Herr fasst zusammen und kommt zum entscheidenden Punkt: »Daher sollt ihr euch nicht sorgen und sagen: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Womit sollen wir uns umhüllen? Denn nach all diesem trachtet man bei den Nationen. Euer himmlischer Vater weiß doch, dass ihr all dieser Dinge bedürft. Suchet nun zuerst das Königreich und seine Gerechtigkeit, und man wird euch dies alles hinzufügen. Folglich seid nicht um den morgigen Tag besorgt; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Hinreichend ist für jeden Tag sein eigenes Übel« (Verse 31-34).
Die Nationen kennen den liebenden, allweisen und fürsorgenden Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus nicht und verfallen infolgedessen in sorgenvolle Habgier. Israel aber hat die herrliche Verheißung, dass der Vater ihnen alles bereitet hat. Denen, die das Königreich von Herzen suchen, wird Gott nicht nur dieses geben, sondern ihnen auch allen weiteren Reichtum hinzufügen. Die Treuen erfuhren es zeichenhaft immer wieder.
Noch hat jeder Tag seine eigene Last. Sich heute schon die Last des morgigen Tages aufzuladen, also doppelte Last zu tragen, ist sehr töricht.
Und wie strebt man nach dem Königreich Gottes und seiner Gerechtigkeit? - Indem man Gott glaubt und umsinnt und die Worte des Herrn Jesus Christus hört und sie tut (Mat.7:24).
Die Regentschaft Jesu Christi in Gemeinschaft mit Seinem Volk Israel währt die beiden kommenden Äonen lang, den des tausendjährigen Königreichs und den der neuen Erde und des neuen Himmels.
Was uns nun anbelangt, werden wir vor dem Zorn Gottes, der zum Abschluss unseres bösen Äons (Gal.1:4) über Israel und die Welt kommt (Röm.5:9; 1.Thess.5:9), geborgen für Christi überhimmlisches Königreich (2.Tim.4:18). Dort werden wir in den beiden kommenden Äonen inmitten der überhimmlischen Geschöpfe niedergesetzt sein, und Gott wird ihnen an uns den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau stellen (Eph.2:6,7), damit auch sie zur vollen Erkenntnis Gottes gelangen.
(Matthäus 7)
Unser Herr Jesus Christus setzt Seine Belehrung auf dem Berg fort: »Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet; denn mit welchem Urteil ihr richtet, werdet auch ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird man auch euch messen« (Mat.7:1,2).
Hier geht es nicht um das Gericht Gottes vor dem großen, weißen Thron und nicht um die Rechtsprechung nach dem Gesetz des Mose. Auch das Recht eines Propheten, Johannes des Täufers und unseres Herrn, des zukünftigen Richters, Unrecht Unrecht zu nennen, bleibt unberührt, denn sie bezeichnen bestimmte Menschen urteilenderweise doch deshalb zum Beispiel als Heuchler, um die Sünde aufzudecken, damit der Sünder umsinne. Es geht um das gegenseitige Richten unter den Menschen, das aburteilende Reden hinter dem Rücken des Nächsten, und darum, dass einem mit gleicher Münze heimgezahlt wird, und schließlich, wie die anschließenden Verse 3 bis 5 zeigen, um die rechte Selbsterkenntnis, die nötig ist, bevor man einen Bruder ermahnt.
Gewiss wird Gott einmal die Handlungen aller gerecht beurteilen und richten (was auch heißt: Gerechtigkeit herbeiführen und zurechtbringen), aber das ist hier nicht das Thema.
Zunächst hören
wir Jakobus: »Verleumdet einander nicht, Brüder. Wer den Bruder verleumdet oder
seinen Bruder richtet, der verleumdet das Gesetz und richtet das Gesetz. Wenn
du aber das Gesetz richtest, bist du nicht ein Täter des Gesetzes, sondern ein
Richter. Einer allein ist der Gesetzgeber und Richter, Er, der retten und
umbringen kann. Wer aber bist du, der du deinen Nächsten richtest?«
(Jak.4:11,12). Und nun Paulus: »Darum bist du unentschuldbar, o Mensch - jeder,
der richtet; denn worin du den anderen richtest, verurteilst du dich selbst;
denn du, der du richtest, verübst dasselbe« (Röm.2:1). In Römer 14:10-13
schreibt er: »Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder auch du, was
verschmähst du deinen Bruder? Werden wir doch alle vor der Preisrichterbühne
Gottes dargestellt werden; denn es steht geschrieben: So wahr Ich lebe, spricht
der Herr: Vor Mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird Gott
huldigen. Demnach nun wird jeder von uns für sich selbst Rechenschaft geben.
Folglich lasst uns nicht länger einander richten, sondern achtet viel mehr
darauf, dem Bruder keinen Anstoß oder Fallstrick zu geben.« Und in 1.Korinther
4:4,5 lesen wir: »Der mich aber erforscht, ist der Herr! Richtet daher nichts
vor der gebührenden Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis
ans Licht bringen und die Ratschläge der Herzen offenbaren wird.«
Wie sollen wir
einander begegnen? »Werdet aber gegeneinander gütig und im Innersten
wohlwollend, erweist euch gegenseitig Gnade, wie auch Gott euch in Christus
Gnade erweist!« (Eph.4:32). Petrus sagt: »Liebe bedeckt eine Menge Sünden«
(1.Pet.4:8); das heißt, die Liebe veranlasst uns, die Sünden der anderen nicht
weiterzuerzählen.
Wie nun aber ermahnt man einen irrenden Bruder recht? Hören wir dazu die Verse 3 bis 5: »Wieso erblickst du denn das Spänlein in deines Bruders Auge, bedenkst aber nicht den Balken in deinem Auge? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich das Spänlein aus deinem Auge herausholen! - Und siehe, der Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler! Hole zuerst den Balken aus deinem Auge heraus; dann wirst du scharf genug sehen, um das Spänlein aus deines Bruders Auge herauszuholen.«
Bevor man also
einen anderen ermahnt, soll man seinen eigenen Lebenswandel bereinigen; da sind
vielleicht noch dunklere Flecken. Rechte Selbsterkenntnis und Barmherzigkeit
sowie nicht Überheblichkeit, sondern Trauer über die Sünde sind die
unabdingbaren Voraussetzungen für den Dienst am Nächsten.
Weiter sagte der Herr: »Gebt das Heilige nicht streunenden Hunden, noch werft eure Perlen vor die Schweine, damit diese [die Schweine] sie nicht mit ihren Füßen niedertreten und jene [die Hunde] sich nicht gegen euch wenden und euch zerfleischen« (Vers 6).
Das Heilige
und die Perlen sind die Schätze Israels, »der Sohnesstand und die Herrlichkeit,
die Bündnisse und die Gesetzgebung, der Gottesdienst und die Verheißungen«
(Röm.9:4). Hunde und Schweine sind nach dem Gesetz unreine Tiere. Die Hunde und
Schweine stehen bildlich für Nicht-Juden (vgl. Mat.15:24-27). Die Nationen
schätzen Israel nicht, sie würden deshalb seine Herrlichkeiten aus Unverstand
niedertreten und Israel aus Neid zerfleischen.
Damals, als
Israel zur Umsinnung aufgerufen war, war es richtig, nur Israel zu dienen
(Mat.15:24), denn nur das wiedergezeugte Israel kann den Nationen zum Segen
werden. Heute verhält es sich anders. Wohl werden wir schweigen, wenn man unser
Evangelium nicht mehr hören will; da wir aber in der dem Paulus gegebenen
heilsgeschichtlichen Haushaltung der überströmenden Gnade Gottes leben
(Eph.3:2; Kol.1:25; Röm.5:20), wird Gott selbst einen auserwählten Lästerer,
Verfolger und Frevler, wie Paulus einer war (1.Tim.1:13), irgendwann wieder
ansprechen, sei es durch uns oder andere Gläubige, und berufen.
In den Versen 7 bis 11 ermutigt Jesus Christus zum vertrauensvollen Bitten, Suchen und Anklopfen: »Bittet, und euch wird gegeben werden; suchet, und ihr werdet finden; klopfet an, und euch wird geöffnet werden. Denn jeder, der bittet, erhält; und wer sucht, der findet; und dem, der anklopft, wird geöffnet werden. Oder ist da ein Mensch unter euch, den sein Sohn um Brot bitten wollte - er wird ihm doch keinen Stein reichen! Oder wenn er um seinen Fisch bittet, wird er ihm keine Schlange reichen! Wenn ihr nun, die ihr doch böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird euer Vater in den Himmeln denen Gutes geben, die Ihn bitten!«
Was soll
Israel erbitten? »Dein Königreich komme!« (Mat.6:10) und »den heiligen Geist«
(Luk.11:13). Was soll Israel suchen? »Das Königreich und seine Gerechtigkeit«
(Mat.6:33). Und Gott sollen sie suchen, Jewe, ihren Elohim (5.Mose 4:29;
Jer.29:13,14; Spr.8:17). Alle ihre Anliegen werden ihnen bei der Wiederkunft
Jesu Christi erfüllt werden. Wenn die Menschen, die von Jugend an böse sind
(1.Mose 8:21), ihren Kindern schon Gutes geben können, wie viel mehr ihr
himmlischer Vater.
Israel soll
allerdings in Jesu Namen (Joh.14:14) und nach dem Willen Gottes bitten
(1.Joh.5:14). Voraussetzung für die Erhörung ist, dass sie Gottes Gebote halten
(1.Joh.3:22) und im Glauben bitten (Mat.21:22; Jak.1:6). Und dann wird Israel
erfahren: »Du, Jewe, bist gut und erbarmend und erzeigst große Huld all denen, die
zu Dir rufen« (Ps.86:5).
Vers 12 wird allgemein die goldene Regel genannt. Unser Herr sagte: »Alles nun, was auch immer ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das erweist auch ihr ihnen ebenso! Denn dies ist das Gesetz und die Propheten.« Das heißt das Gesetz und die Propheten bringen zum Ausdruck, den Nächsten zu lieben (3.Mose 19:18). Und ein sehr praktischer Weg, auf die richtige Idee zu kommen, ist, zu überlegen, was einem selber gut tun würde. Die Liebe mag dem einen oder anderen von uns Darüberhinausgehendes einfallen lassen.
Paulus
schreibt dazu: »Seid niemandem irgend etwas schuldig, außer einander zu lieben;
denn wer den anderen liebt, hat das Gebot erfüllt« (Röm.13:8); er bezeichnet
die Liebe sogar als »die Vervollständigung des Gesetzes« (Röm.13:10).
Nun fordert Jesus Seine Zuhörer auf: »Gehet ein durch die enge Pforte; denn breit ist die Pforte und geräumig der Weg, der zum Untergang hinführt, und viele sind es, die durch sie hineingehen. Wie eng aber ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben hinführt! Doch wenige sind es, die ihn finden« (Verse 13+14).
Ähnlich wie
Mose (5.Mose 30:15,19) hatte der Prophet Jeremia gesagt: »So spricht Jewe:
Siehe, Ich lege euch den Weg des Lebens und den Weg des Todes vor« (Jer.21:8).
Die breite
Pforte und der geräumige Weg ist der bequeme, selbstsüchtige Wandel, der dazu
führt, dass man Schlechtes verübt und dann erst an der zweiten Auferstehung,
der des Gerichts, teilhat (Joh.5:29). Der Psalmist sagt: »Jewe kennt den Weg
der Gerechten, doch der Weg der Frevler führt zum Untergang« (Ps.1:6).
Die enge
Pforte und der schmale Weg ist ein Wandel in Liebe nach dem Gesetz und den
Propheten, der zur Folge hat, dass man das Gute tut und an der ersten
Auferstehung teilhat, der des Lebens in den beiden kommenden Äonen im
Königreich Israels (Joh.5:29).
Heute ist die
Pforte nach dem dem Apostel Paulus enthüllten Evangelium der Unbeschnittenheit
(Gal.1:12; 2:7) über alle Maßen breit und ein Weg ist gar nicht zurückzulegen.
Nichts hat ein Sünder zur Erlangung der Rettung zu tun. Gott beruft Seine
Auserwählten nach Seiner überströmenden Gnade, ihnen den Glauben in Gnaden
gewährend (Röm.8:30; Eph.1:4; 2:8; Phil.1:29).
Zurück zum
Text. Wie froh dürfen doch die sein, die den schmalen Weg gehen, den nur wenige
finden: »Glückselig der Mensche, der Weisheit gefunden, und der Mensch, der
Verständnis erlangt hat« (Spr.3:13). Und wie dankbar sie mit König David
lobsingen: »Du hast mich mit dem Pfad des Lebens bekannt gemacht, vor Deinem
Angesicht ist überaus befriedigende Freude« (Ps.16:11).
Der Herr warnte: »Nehmt euch in Acht vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber räuberische Wölfe sind. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Man liest doch nicht Weinbeeren von Dornbüschen oder Feigen von Sterndisteln. So trägt auch jeder gute Baum edle Früchte, der faule Baum aber trägt böse Früchte. Ein guter Baum kann nicht böse Früchte tragen, noch kann ein fauler Baum edle Früchte tragen. Jeder Baum, der nicht edle Frucht trägt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. An ihren Früchten werdet ihr sie demnach sicher erkennen« (Verse 15-20).
Falsche
Propheten waren Israel nicht unbekannt. Von Mose und Jeremia zum Beispiel waren
sie bereits angeprangert worden (5.Mose 13:1-6; Jer.6:13). Ein Prophet, dessen
Weissagung eintraf, war ein von Jewe gesandter (Jer.28:9). Ein falscher Prophet
war einer, dessen Wort nicht eintraf, und jemand, der Israel von Jewe, seinem
Elohim, wegziehen wollte, und zwar auch dann, wenn seine Weissagung eintraf
(5.Mose 13:1-6). Sie waren zu steinigen.
Heute gibt es
keine Propheten mehr, denn der Apostel Paulus hat das Wort Gottes
vervollständigt (Kol.1:25). Es ist nichts mehr hinzufügen. Die Propheten bilden
die Grundlage der herausgerufenen Gemeinde (Eph.2:20). Heute wird nicht mehr
Grund gelegt.
In der Endzeit
wird Israel die falschen Propheten unter anderem daran erkennen, dass sie
Jesus, ihren Messias, nicht als im Fleisch gekommen bekennen. Diese haben den
Geist des Antichristus (1.Joh.4:1-3). In jenen letzten sieben Jahren wird der
falsche Prophet (das andere wilde Tier neben dem wilden Tier, dem Menschen der
Gesetzlosigkeit; 2.Thess.2:3) auftreten, der wie ein Lämmlein aussieht, aber
wie ein Drache redet (Off.13:11; 19:20). An dieser üblen Frucht werden die
gläubigen Juden ihn erkennen.
Faule Bäume
tragen böse Früchte. Von den Früchten lässt sich mithin auf die Qualität des
Baumes schließen. Viele Male wird dem Volk Israel bezeugt, dass faule Bäume
umgehauen und ins Feuer geworfen werden, Juden solchen Charakters also nicht in
das Königreich Israels gelangen (Mat.3:10; Joh.15:2). Die edlen Früchte,
nämlich die Feigen und Weinbeeren, stehen für die gerechte Regierung des
Messias und die Freude im Königreich. Die Juden, die diese Früchte
hervorbringen, werden sich des Königreichs mit seiner Gerechtigkeit und seinem
Frieden erfreuen und tatsächlich ein jeder unter seinem Weinstock und unter
seinem Feigenbaum sitzen (Micha 4:4).
In der
gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Haushaltung (Eph.3:2) hängt unsere Rettung
nicht an den Früchten, da wir allein in der Gnade berufen wurden und
unverrückbar in der Gnade stehen (Eph.2:8; Röm.5:2). Selbst wenn wir ohne
Frucht bleiben sollten, weder die Frucht des Geistes an uns sichtbar wird
(Gal.5:22) noch der Prüfung standhaltende Werke auf den von Paulus gelegten
Grund bauen sollten, sind und bleiben wir Gerettete (1.Kor.3:10-15). In unserem
Falle sind Früchte mithin kein absolutes Erkennungsmerkmal. Und wie viele
Gläubige wandeln fleischgemäß und nicht geistgemäß! (Näheres siehe den Artikel
»An ihren Früchten können wir sie nicht erkennen« in der Zeitschrift
»Unausforschlicher Reichtum«, Jahrgang 2000, Seite 60, des Konkordanten Verlags
Pforzheim.)
Rechte Frucht brachte nur der, der den Willen Gottes tat, und nicht jeder, der da »Herr, Herr« sagte oder sogar prophezeite. Dies machte Jesus in den Versen 21 bis 23 deutlich: »Nicht jeder, der zu Mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Königreich der Himmel eingehen, sondern nur, wer den Willen Meines Vaters in den Himmeln tut. Viele werden Mir an jenem [Gerichts-]Tag erwidern: Herr! Herr! Haben wir nicht in Deinem Namen prophezeit, in Deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in Deinem Namen viele Machttaten getan? - Dann werde Ich ihnen bekennen: Ich habe euch niemals gekannt. Weichet von Mir, die ihr gesetzlos handelt!«
Falsche
»Fromme« verherrlichen Gott mit ihren Lippen, doch ihr Herz ist ferne von Ihm
(Jes.29:13). Die größten Verführer sind die, die in den Kräften Satans und der
geistlichen Mächte der Bosheit Bekundungen des Geistes Gottes nachahmen. Satan
verstellt sich zu einem Boten des Lichts (2.Kor.10:14), und die Heiligen, die
sich nicht an das Wort Gottes halten, merken es nicht.
»Entfernt euch
alle von mir, die ihr Gesetzlosigkeit vollbringt«, hatte schon König David
gesagt (Ps.6:9). Der Herr hat die gesetzlos Handelnden nie gekannt in dem
Sinne, dass sie nie eins mit Ihm waren. Nur wer den Willen des Vaters tut, ist
eins mit dem Sohn, der stets den Willen Seines Vaters tat. Deshalb spricht
Jakobus zu: »Werdet aber Täter des Wortes und nicht solche, die nur darauf
lauschen, sonst hintergeht ihr euch selbst« (Jak.1:22). Und Johannes verheißt:
»Wer den Willen Gottes tut, bleibt für den Äon« (1.Joh.2:17).
Der Herr Jesus
Christus schloss Seine Rede mit den Worten: »Jeder nun, der diese Meine Worte
hört und sie tut, gleicht einem besonnenen
Mann, der sein Haus auf den Felsen baute. Dann fiel der Regen herab, und
die Ströme kamen, die Winde wehten und stürmten auf jenes Haus ein; doch es
fiel nicht zusammen, denn es war auf den Felsen gegründet. - Jeder, der diese
Meine Worte hört und sie nicht tut, gleicht einem törichten Mann, der sein Haus
auf den Sand baute. Dann fiel der Regen herab, und die Ströme kamen, die Winde
wehten und stießen an jenes Haus; da fiel es zusammen, und gewaltig war sein
Zusammenfallen« (Verse 24-27).
Unser Herr verkündigte nicht Gottes Gnade, sondern das Königreich Israels, und suchte edle Werke. Der besonnene Mann tat solche, der törichte baute sein Leben auf eine falsche Grundlage. Wer sein Haus auf Christus, den Felsen (Ps.18:3; 62:8; 1.Kor:10:4), baut, dessen Worte hörend und tuend, wird gerettet, geht in das Königreich der Himmel ein und wird das äonische Leben haben.
Das uns
angehende Evangelium dagegen ist für solche, die nicht wirken, sondern glauben;
denen wird der Glaube zur Gerechtigkeit angerechnet (Röm.4:5).
Die schweren
Stürme - sie stehen für den Grimm Gottes (Hes.13:13) - begleiten das Kommen des
Königreichs in der siebenjährigen Endzeit, der Zeit des Zorns und gerechten
Gerichts Gottes. Nur wer überwindet, wird gerettet werden (Off.2:7,11,17,26;
3:5,12,21).
Mit diesen
Schlussworten hat Jesus Christus Seinem Volk den Weg des Lebens und den Weg des
Todes vorgelegt. Wie wird Israel sich entscheiden, oder besser gesagt: Welche
Entscheidung Israels wird Gott, der alles nach Seinem weisen Ratschluss
Bewirkende (Eph.1:11), nach Seinem in Christus Jesus gefassten Vorsatz für den
Ablauf der Äonen (Eph.3:11) hervorrufen?
Über die Reaktion der Menschen berichtet Matthäus wie folgt: »Als Jesus diese Worte vollendet hatte, geschah es, dass die Scharen sich über Seine Lehre verwunderten; denn Er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat und nicht wie ihre Schriftgelehrten« (Verse 28+29).
Jesu Hörer waren
innerlich aufgewühlt. Sie müssen die traditionelle Auslegung der heiligen
Schriften durch die Pharisäer und Schriftgelehrten als von geringerer Autorität
erkannt haben, weil sie dem Menschen die Ehre gab. Hier aber sprach einer,
dessen Vollmacht, so zu reden, nur auf Gott zurückgeführt werden konnte und der
die Verherrlichung Gottes im Sinn hatte.
Der da
gesprochen hatte, war Jesus, der Seinem Gott und Vater gegenüber treu war, ja
der Selbst das Wort Seines Gottes und Vaters war. Von Ihm durfte Israel die
Rettung erwarten, wie auch Sein Name in der hebräischen Form erkennen lässt:
Jehoschua, die Zusammenziehung von Jewe und Hosea, bedeutet »Jewe ist der
Retter«.
Zu
wiederholten Malen verwunderten sich die Menschen über Jesu Worte. Als Er in
der Synagoge von Nazareth lehrte, verwunderten sie sich und sagten: »Woher hat
der diese Weisheit und die Kräfte?« (Mat.13:54). Und als die Sadduzäer, die die
Auferstehung leugneten, an Ihn herantraten, sagte Jesus: »Was die Auferstehung
der Toten betrifft: habt ihr nicht gelesen, was euch von Gott angesagt war: Ich
bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs -? (2.Mose 3:6). Er
ist kein Gott der Toten, sondern der Gott der Lebendigen.« Als die Scharen das
hörten, verwunderten sie sich über Seine Lehre (Mat.22:31-33).
Wir, die wir
Jesus Christus bereits kennen und als unseren Herrn verherrlichen, schließen
die Betrachtung Seiner Rede auf dem Berg mit den Worten: Wahrhaftig, dieser ist
Gottes Sohn! Er wird das Königreich Israels herbeiführen!
(Matthäus 8:1-9:8)
Jesu Worte auf dem Berg waren von göttlicher Vollmacht. Hatte Er aber auch - so mögen sich welche gefragt haben - wirklich die Macht, das Königreich für Israel aufzurichten? Matthäus berichtet in den Kapiteln acht und neun von mehreren Heilungen und anderen Wundern Jesu, die Seine Macht beweisen.
Er schreibt in den Versen 1 bis 4: »Dann stieg Er vom Berg herab, und viele Scharen folgten Ihm nach. Und siehe, ein Aussätziger kam herzu, fiel vor Ihm nieder und bat: Herr! Wenn Du willst, kannst Du mich reinigen. Da streckte Er Seine Hand aus, rührte ihn an und sagte: Ich will! Sei gereinigt! - Und sofort war sein Aussatz gereinigt. Darauf gebot Jesu ihm: Siehe zu, sage niemandem etwas, sondern gehe hin, zeige dich dem Priester und bringe die Nahegabe dar, die Mose anordnete, ihnen zum Zeugnis.«
Ein
Aussätziger! Sein Körper ist von einer schweren Krankheit gezeichnet, die zudem
aus der menschlichen Gesellschaft ausschloss und kultisch unrein machte.
Und dieser
Mensch scheute sich nicht und kam zu Jesus. Er redete Ihn mit »Herr« an, als
einen, der herrschen und gebieten kann. Gewiss hatte er von der göttlichen
Vollmacht Jesu gehört.
»Wenn Du
willst«, sagte der Aussätzige. Dies ist die rechte Glaubenshaltung dem Herrn
gegenüber, bei dem allein die Entscheidung liegt. »... kannst Du mich
reinigen.« Dass Jesus dazu imstande ist, steht für jeden Glaubenden fest. Er
sagte übrigens nicht »heilen«, sondern »reinigen«, was den Gedanken an eine
Reinigung zugleich auch von Sünden nicht ausschließt. Und Er, der das Leben ist
(Joh.14:6), Jesus, der lebendig machende Geist (1.Kor.15:45), wollte und sprach
daher: »Sei gereinigt!« Und es geschah, wie in Psalm 33:9 geschrieben: »Er [Jewe]
spricht, und es geschieht, Er gebietet, und es steht da.«
Dann wies der
Herr, der unter dem Gesetz war und es zu erfüllen gekommen war, den Gereinigten
an, sich dem Priester zu zeigen und die in 3.Mose 14:1-32 angeordneten
Nahegaben (Geschenke, mit denen man sich Gott huldigend naht) darzubringen. Nun
musste ein Priester, also jemand aus den Gegnern Jesu Christi, offiziell
feststellen, dass der Mann gesund geworden war. Nirgendwo ist auch nur
angedeutet, dass die Priesterschaft Jesus jetzt als den verheißenen Messias
erkannte, der nach den heiligen Schriften doch solche Zeichen im Hinblick auf
das Königreich tun wird (Jes.29:18,19; 35:5; 61:1-3; Mat.11:3-6). Und wohl kaum
einem Priester dürfte der Gedanke gekommen sein, dass die Reinigung des Aussätzigen
durch Jesus ein Zeichen dafür war, dass nur Er Israel von der Krankheit der
Sünde heilen kann.
Der Herr
schloss Seine Rede mit den Worten: »... ihnen zum Zeugnis.« Den Führern des
Volkes war damit bezeugt, dass Jesus die Kräfte des Messias hat, sodass sie
sich nicht mehr als Unwissende entschuldigen konnten.
Eine zweite Heilung zeichnet Matthäus in den Versen 5 bis 13 nach: »Als Er in Kapernaum einzog, kam ein Hauptmann zu Ihm, sprach Ihm zu und sagte: »Herr, mein Knabe liegt zu Haus gelähmt darnieder, von Schmerzen unsagbar gequält.« Da sagte Er zu ihm: »Ich will kommen, Ich werde ihn heilen.« Der Hauptmann entgegnete als Antwort: »Herr, ich bin nicht würdig genug, dass Du unter mein Dach kommst, sondern sprich nur ein Wort, und mein Knabe wird geheilt sein. Denn ich bin ein meiner Obrigkeit untergeordneter Mensch, ich habe selbst Krieger unter mir, und wenn ich zu diesem sage: Geh!, so geht er, und zu dem anderen: Komm!, so kommt er, und zu meinem Sklaven: Tue dies!, so tut er es.« Als Jesus das hörte, erstaunte Er und sagte zu denen, die Ihm nachfolgten: »Wahrlich, Ich sage euch: Bei niemandem in Israel habe Ich so viel Glauben gefunden. Ich sage euch aber: Viele werden vom Osten und Westen eintreffen und sich mit Abraham, Isaak und Jakob im Königreich der Himmel zu Tisch lagern; die Söhne des Königreichs aber wird man hinauswerfen in die Finsternis, die draußen ist. Dort wird Jammern und Zähneknirschen sein.« Doch zu dem Hauptmann sagte Jesus: »Gehe hin! Wie du glaubst, so geschehe dir.« Und zu jener Stunde wurde der Knabe geheilt. Der Hauptmann kehrte zur selben Stunde in sein Haus zurück und fand den Knaben gesund.«
Der Zenturio, Anführer
einer Hundertschaft der römischen Armee, dessen Knappe gelähmt war, nahm eine
vorbildliche Haltung gegenüber dem Herrn ein, da er erkannte, dass er nicht
würdig genug war, dass Jesus zu ihm komme. Und überhaupt ist bemerkenswert,
dass ein Nichtjude, ein Heide aus der Sicht der Juden, glaubte, dass Jesus von
Gott gesandt war, und sogar glaubte, dass dieser auch ohne persönliche
Anwesenheit in der Kraft Seines Geistes über Entfernungen hin wirken könne.
Dabei kam ihm zustatten, dass er es selbst täglich in der Armee erlebte, welche
Autorität sein Wort hatte, und vieles getan wurde, ohne dass er selbst Hand
anlegte.
Die Heilung
des Knappen, der nichts tat, um gesund zu werden, und auch gar keine Kraft dazu
hatte, lässt uns - wenn man den Gedanken so weit ausspinnen darf - an unsere
eigene Rettung denken, zu der wir, die aus den Nationen, ebenfalls nichts
beigetragen haben. Wir sind in der Gnade Gerettete, allein durch Glauben, ohne
jegliches Wirken (Röm.3:28; Eph.2:8).
Im Königreich
der Himmel wird sich das wiedergezeugte, gläubige und treue Israel mit Abraham,
Isaak und Jakob zu Tisch lagern. Es werden aber auch viele aus den Nationen vom
Osten und vom Westen eintreffen und dabei sein. Wie Jewe durch Jesaia gesagt
hatte: »Und überdies will Ich Mir welche von ihnen [welche aus den Nationen] zu
Priestern und zu Leviten nehmen« (Jes.66:21). Wenn das Lämmlein mit Israel,
Seiner Braut, Hochzeit feiert, wird es auch zum Hochzeitsmahl Geladene, eben
welche aus den Nationen, geben (Off.19:7,9). Dies illustriert der Psalm 45:
»Aufgestellt ist die Gemahlin zu Deiner Rechten in gleißendem Ophirgold. ...
Mit Stickwerk bekleidet wird sie zum König geholt werden. Jungfrauen, ihre
Gefährtinnen, nach ihr, werden zu Dir hineingebracht. Sie werden mit Frohlocken
geholt werden, sie sollen in den Palast des Königs kommen« (Verse 10,15,16).
Mit den Jungfrauen dürften welche aus den Nationen gemeint sein.
Diese aus den
Nationen sind nicht zu verwechseln mit den Gläubigen aus den Nationen in der
gegenwärtigen, dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der
Gnade Gottes, also mit uns, die wir zusammen mit den während der Verwerfung
Israels gläubigen Juden die Gemeinde bilden, die Christi Körper - nicht Braut -
ist (Eph.1:22,23; 3:2; Kol.1:25).
Die Söhne des
Königreichs aber, das heißt in diesem Zusammenhang die nicht glauben, dass
Jesus der Christus ist, die zwar berufen, aber nicht auserwählt sind
(Mat.22:14), werden draußen, in der Finsternis, sein. Denn nicht alle, die aus
Israel sind, sind Israel, sondern nur die Kinder der Verheißung (Röm.9:6-8),
nur die auch am Herzen Beschnittenen (Röm.2:29). Nur die Gnadenauswahl aus
Israel wird das auserwählte Volk in seiner Gesamtheit darstellen
(Röm.11:5,7,26).
Die
ungläubigen Nachkommen Jakobs werden während des tausendjährigen Königreichs in
der Finsternis sein, draußen unter den Nationen, fern vom Licht, fern von der
strahlenden Herrlichkeit Israels, die Jesaia wie folgt beschreibt: »Leuchte,
leuchte, Jerusalem! Denn gekommen ist dein Licht, und die Herrlichkeit Jewes
strahlt auf über dir. Denn siehe! Finsternis bedeckt die Erde und Wetterdunkel
die Völkerstämme. Doch Jewe strahlt auf über dir, und Seine Herrlichkeit
erscheint über dir. Es kommen die Nationen zu deinem Licht und Könige zu dem
Glanz, der über dir erstrahlt« (Jes.60:1-3). Fern vom Königreich der Himmel zu
sein, ist für einen Juden wahrhaft ein Grund zum Jammern und Zähneknirschen.
Und der
Hauptmann fand seinen Knappen gesund. Und dafür verherrlichen wir Gott mit den
Worten des Petrus nach der Heilung eines Gelähmten an der Tür der Weihestätte:
»Auf den Glauben an Seinen [Jesu] Namen hin hat Sein Name diesen, den ihr
anschaut und mit dem ihr vertraut seid, [in den Füßen] gefestigt. Und der durch
Ihn [Jesus] gewirkte Glaube hat ihm vor euch allen diese völlige Gesundung
gegeben« (Ap.3:16).
Dann schildert Matthäus eine dritte Heilung: »Dann kam Jesus in das Haus des Petrus und gewahrte dessen Schwiegermutter fiebernd darniederliegen. Er rührte ihre Hand an, und das Fieber verließ sie. Da erhob sie sich und bediente Ihn« (Verse 14+15).
In Jesus
Christus ist Geist und damit Leben in überfließendem Maß. - Dass die Apostel
verheiratet waren, wissen wir auch aus 1.Korinther 9:5, wo Paulus schreibt:
»Haben wir denn keine Vollmacht, eine Schwester als Frau mit uns zu führen wie
auch die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas?«
Des Weiteren berichtet Matthäus: »Als es Abend geworden war, brachte man viele dämonisch Besessene zu Ihm; mit einem Wort trieb Er die Geister aus; und alle, die mit Krankheit übel daran waren, heilte Er, damit erfüllt werde, was durch den Propheten Jesaia angesagt war: Er hat unsere Gebrechen auf Sich genommen und unsere Krankheiten getragen« (Verse 16+17).
Das zitierte
Wort lautet in Jesaia 53:4: »Dennoch, unsere Krankheiten - Er, Er trug sie, und
unsere Schmerzen - Er bürdete sie Sich auf.« Er, der letzte Adam (1.Kor.15:45),
war gekommen, aus Liebe zu den Sündern zu leiden und ihre Sünden an das Holz
hinaufzutragen, sodass Er auch die Folgen der Sünde Adams, nämlich zum Sterben
hin sterbend zu sein (1.Mose 2:17), was mit Krankheiten verbunden ist, beheben
konnte.
Jesus ist der
Herr und hocherhaben auch über alle Geister und Dämonen; Er befiehlt, und sie
weichen.
»Jesus gewahrte nun die vielen Scharen um Sich herum und befahl, nach dem jenseitigen Ufer hinüberzufahren. Da kam ein Schriftgelehrter herzu und sagte zu Ihm: Lehrer! Ich werde Dir folgen, wohin Du auch gehst. Jesus antworte ihm: Die Schakale haben Baue, und die Flügler des Himmels haben Unterschlupf; aber der Sohn des Menschen hat keine Stätte, wo Er das Haupt hinlege« (Verse 18-20).
Jesus war mehr
als ein Lehrer. Er bezeichnete Sich Selbst als den Sohn des Menschen, denn Er
ist der verheißene Sohn Adams (1.Mose 3:15), viel größer als dieser, und bringt
alles, was Adam verwirkt hat, mehr als zurück (Röm.5:12-19).
Welch eine
Erniedrigung für Ihn, in welchem alle Kreatur erschaffen war (Kol.1:16). Die
Tiere haben ihre Schlafplätze, Er aber nicht. Jetzt entschied sich, ob der
Schriftgelehrte nur die Ehre suchte, zum Kreis eines bekannten Lehrers zu
gehören, oder ob er wirklich bereit war, die schlichte Lebensweise eines
Umherziehenden zu teilen.
Ja, Jesus war,
obwohl Er reich war, um unsertwillen arm geworden (2.Kor.8:9).
Der
Schriftgelehrte hat entweder bereits geglaubt, dass Jesus der König Israels
ist, oder es muss ihm sofort klar geworden sein, als er den Begriff »Sohn des
Menschen« hörte, den er aus Daniel 7:13,14 kannte, wo Daniel schreibt: »Während
ich noch die Nachtgesichte gewahrte, siehe, da kam mit den Wolken der Himmel
einer wie eines Menschen Sohn [wörtlich: wie eines Sterblichen Sohn]; Er kam zu
dem Verfüger über Tage und wurde nahe zu Ihm gebracht. Dann wurde Ihm
Vollmacht, Würde und ein Königreich gewährt, und alle Völker, Stämme und Zungen
sollen Ihm dienen; Seine Vollmacht, eine äonische Vollmacht, wird nicht
vergehen, und Sein Königreich wird [für die Äonen; 1.Kor.15:24] unbegrenzt
sein.«
Es schließen
sich die Verse 21 und 22 an: »Ein anderer, einer der Jünger, sagte zu Ihm:
Herr, gestatte mir, zuerst hinzugehen, um meinen Vater zu begraben. Darauf
erwiderte Jesus ihm: Folge Mir, und lass die Toten ihre Toten begraben.«
Damals galt
es, dem Herrn in unmittelbarer Nähe zur Verfügung zu stehen; da konnte man
nicht an einem anderen Ort sein, etwa um familiären Verpflichtungen
nachzukommen. Heute können wir unserem Haupt immer und überall, in Beruf und
Familie und was sonst sein mag, ungeteilten Herzens dienen. Paulus schreibt:
»Alles, was ihr tut, wirket aus der Seele, als gälte es dem Herrn und nicht den
Menschen« (Kol.3:23).
Im Übrigen ist
klar, dass mit den Toten zum einen die Verstorbenen und zum anderen die gemeint
sind, die den, der das Leben ist, nicht erkennen, und das Leben somit nicht
haben.
»Dann stieg Er ins Schiff, und Seine Jünger folgten Ihm. Und siehe, im See geschah ein großes Beben, sodass das Schiff von den Wogen bedeckt wurde. Er aber schlummerte. Da traten sie herzu, weckten Ihn und sagten: Herr! Rette uns! Wir kommen um! - Er erwiderte ihnen: Was seid ihr so verzagt, Kleingläubige? Dann erhob Er Sich, schalt die Winde und den See, und es trat große Stille ein. Die Menschen aber sagten erstaunt: Was ist das für ein Mensch, dass auch die Winde und der See Ihm gehorchen?« (Verse 23-27).
Wer ist
dieser, dem sogar die Naturgewalten gehorchen? Der Sohn Gottes, dem der Vater
alle Vollmacht gegeben hat! Der König Israels, der eines Tages zudem die Stürme
der Weltgeschichte stillen wird!
Wie kann man
verzagt und kleingläubig sein, wenn Sich Jesus im selben Schiff befindet? Und
wie können wir verzagt sein, wenn wir wissen, dass der allgewaltige Gott unser
herrlicher und treuer Vater ist, der alles nach Seinem weisen Liebesratschluss
bewirkt (Eph.1:11)?
Eine Frage
noch: Was ist unter dem in Vers 28 gebrauchten Wort »schelten« zu verstehen?
Ein werturteilendes Zurechtweisen (von griech. epitimaõ = auf den Wert einer
Sache weisen).
Was darauf in der Gegend von Gergesa (nach dem redigierten Codex Sinaiticus S2, der vorher Gasarener hatte; Codex Vaticanus hat Gadarener) geschah, erfahren wir durch die Verse 28 bis 34: »Als Er an das jenseitige Ufer in die Gegend von Gergesa kam, traten Ihm zwei dämonisch Besessene entgegen, die aus den Gräbern herauskamen und sehr gefährlich waren, sodass niemand auf jenem Weg vorbeizukommen vermochte. Und siehe, sie schrien und sagten: »Was ist zwischen uns und Dir, Du Sohn Gottes? Kamst Du her, um uns vor der gebührenden Zeit zu quälen?« Weiter entfernt von ihnen war nun ein großer Auftrieb weidender Schweine. Da flehten die Dämonen Ihn an und baten: »Wenn Du uns austreibst, so schicke uns in den Auftrieb der Schweine!« Darauf gebot Er ihnen: »Geht!« Da fuhren sie aus; und siehe, als sie in die Schweine fuhren, stürmte der gesamte Auftrieb den Abhang hinab in den See, und sie starben im Wasser. Die sie weideten, flohen dann und gingen hin in die Stadt, wo sie dies alles berichteten, auch was mit den dämonisch Besessenen geschehen war. Und siehe, die gesamte Stadt zog Jesus entgegen; als sie Ihn gewahrten, sprachen sie Ihm zu, dass Er von ihrem Grenzgebiet weitergehe.«
Zwei dämonisch
Besessene hausten in den in die Felsen geschlagenen Grabhöhlen in der Nähe
eines recht steilen Abhangs nicht weit von der heute Chersa genannten Ortschaft
am See Genezareth.
Die Dämonen
wissen, wer Jesus ist. Jakobus erklärt: »Auch die Dämonen glauben - und
schaudern dabei« (Jak.2:19). Dämonen sind die niedrigere Klasse böser Geister;
ihr Oberster ist Beezeboul (Mat.12:14). Andere böse Geister sind Boten des
Satans (2.Kor.12:7) und sogar Weltbeherrscher der gegenwärtigen Finsternis
(Eph.6:12). Die Dämonen ziehen es vor, in einem Körper zu wohnen, und sei es
von Schweinen. Auf keinen Fall wollen sie in den Abgrund. Zum Abgrund zählt
nach der Bibel alles, was unter der Erd- und Wasseroberfläche ist.
Wann werden
die Dämonen gequält werden? Sicherlich zusammen mit dem Satan im See des Feuers
(Off.20:10) und wohl auch zusammen mit dem Satan in den tausend Jahren, während
derer er und seine Boten im Abgrund sind (Mat.25:41; Off.20:3).
Und genau
dorthin, in den Abgrund, gelangten sie mit den im See sterbenden Schweinen -
und vor der Zeit. Im Abgrund zu sein - zum Gericht des großen Tages in
unwahrnehmbaren Fesseln in Dunkelheit verwahrt (vgl. Jud.6) - ist für sie eine Qual.
Statt sich dem
Sohn Gottes zuzuwenden, bat die ganze Stadt Ihn, ihr Gebiet zu verlassen; Seine
Heiligkeit war für sie, die in der Sünde verharren wollten, schwer zu ertragen.
Den
Eigentümern der Schweine geschah kein Unrecht, denn die Schweinehaltung war
nach dem Gesetz des Mose verboten.
»Dann stieg Er in ein Schiff, fuhr hinüber und kam wieder in Seine eigene Stadt. Und siehe, man brachte einen Gelähmten zu Ihm, der auf einem Tragbett darniederlag. Ihren Glauben gewahrend, sagte Jesus zu dem Gelähmten: »Fasse Mut, Kind! Deine Sünden sind dir erlassen!« Und siehe, einige der Schriftgelehrten sagten bei sich: »Dieser lästert!« Da Jesus ihre Überlegungen wahrnahm, sagte Er: »Warum überlegt ihr Böses in euren Herzen? Was ist denn leichter zu sagen: Deine Sünden sind dir erlassen - oder zu sagen: Erhebe dich und wandle? Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu erlassen (sagte Er dann zu dem Gelähmten): Erhebe dich, nimm dein Tragbett auf und gehe hin in dein Haus!« Da erhob er sich und ging in sein Haus. Die Scharen, die dies gewahrten, fürchteten sich und verherrlichten Gott, der den Menschen solche Vollmacht gibt« (Mat.9:1-8).
Nur Gott kann
Sünden erlassen. - Und Jesus? Der Vater hatte Ihm, der die Sünde der Welt auf
Sich nehmen wird, bereits die Vollmacht zu ebensolchem Tun gegeben.
Anders als die
Gergesener hatten die in Kapernaum, die den Gelähmten herbeibrachten, und wohl
auch der Kranke selbst, Glauben. Sie stellen den gläubigen Überrest dar, dem
das Königreich zugelost werden wird. Die Schriftgelehrten glaubten nicht, dass
Jesus der von Gott Gesandte ist. Die Führer des Volkes stellten sich damit
gegen Ihn. Sie repräsentieren die abgefallene Nation.
Der Herr
schien das Anliegen des Gelähmten zu übergehen, denn Er ging gar nicht auf sein
Leiden ein, sondern erließ ihm die Sünden. Diese Tat aber brachte nun zum
Vorschein, was in den Schriftgelehrten war, nämlich der böse Vorwurf der
Gotteslästerung, weil Er Sich Gottes Amt anmaße. Diese ihre Gedanken nahm Jesus
wahr, denn Er kannte alle Menschen und wusste, was in jedem Einzelnen war
(Joh.2:25).
Und dann frage
Er sie, was denn leichter sei: Sünden zu erlassen oder den Kranken zu heilen.
Es ist leicht zu sagen: Deine Verfehlungen sind dir vergeben, weil dies ja
niemand nachprüfen kann. Darum aber, damit sie erkannten, dass Er tatsächlich
die Vollmacht hat, Sünden zu erlassen, heilte Er nun den Kranken. Die Heilung
war der Beweis dafür, dass der Mann Vergebung hatte und Jesus der verheißene
Sohn des Menschen, der König Israels, war.
Gott hatte
Seinem Sohn die Vollmacht über alles Fleisch gegeben, in jeder Hinsicht, sogar
um den Gläubigen äonisches Leben zu geben (Joh.17:2).
Sünde und
Krankheit stehen in einem Zusammenhang, nicht bei dem einzelnen Menschen,
sondern bei der Menschheit insgesamt, die aufgrund der Sünde Adams einem
langen, mit Krankheiten verbundenen Sterbensprozess unterliegt.
Im kommenden Königreich
der Himmel wird die Erlassung der Sünden sich auch körperlich auswirken (heute
haben wir, die Glieder der Körpergemeinde, alle Segnungen nur im Geist;
Röm.8:10; Eph.1:3), sodass Krankheit und Tod Ausnahmen sein werden (Jes.65:29).
Lobpreis, Dank und Verherrlichung sei dem
Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus!
Es kamen viele Zöllner und Sünder
(Matthäus 9:9-38)
Wir hören vom weiteren Wirken unseres Herrn Jesus Christus in Israel.
Durch Vers 9 erfahren wir: »Als Jesus von dort weiterzog, gewahrte Er einen Mann namens Matthäus am Zollamt sitzen und sagte zu ihm: »Folge Mir nach!« Da stand er auf und folgte Ihm nach.«
Matthäus, auch
Levi genannt, Sohn des Alphäus (Mark.2:14; Luk.5:27), Verfasser des Berichts,
den wir gerade fortlaufend betrachten, saß am Zollamt, vermutlich am Hafen von
Kapernaum. Er gehorchte dem Herrn augenblicklich. Auf dessen Ruf hin gibt es
kein Wenn und Aber. Gewiss hatte er schon viel über Jesus gehört, und obwohl er
einen anrüchigen Beruf hatte, muss die Erwartung Israels in seinem Herzen nicht
erstorben gewesen sein, sodass er den Ruf Jesu wie eine Befreiung empfunden
haben mag.
Andere,
mindestens sechs (Mat.4:18-22; Mark.1:16-20; Luk.5:10,11; Joh.1:35-51), waren
schon längere Zeit vor ihm zu Jüngern berufen worden.
Die Zöllner
waren verhasst, weil sie für die römische Besatzungsmacht arbeiteten. Sie waren
verachteter als manch ein grober Sünder, denn sie versuchten stets mehr Zoll
abzufordern als sie an die Römer abzuliefern hatten. Durch Korruption und
Erpressung wurden viele von ihnen auf Kosten ihrer Volksgenossen reich.
Doch wer will
dem Herrn der Herren verwehren zu erwählen, wen Er will? Ist Er etwa nicht der
Retter, der auch die Umsinnung herbeiführt?
Dann bereitete Matthäus dem Herrn einen großen Empfang in seinem Haus (Luk.5:29). In den Versen 10 bis 13 berichtet er darüber: »Als Er in dessen Haus zu Tisch lag, siehe, da kamen viele Zöllner und Sünder und lagen ebenfalls mit Jesus und Seinen Jüngern zu Tisch. Die Pharisäer gewahrten dies und sagten zu Seinen Jüngern: Warum isst euer Lehrer mit den Zöllnern und Sündern? - Er hörte es und erwiderte: Nicht die Starken bedürfen des Arztes, sondern die mit Krankheit übel daran sind! Gehet nun und lernet, was das ist: Barmherzigkeit will Ich und nicht Opfer. Denn Ich kam nicht, Gerechte zu berufen, sondern Sünder.«
Es ist typisch
für solche, die keine Sündenerkenntnis haben, mit anderen Worten: die
Selbstgerechten, kein Verständnis für die Gemeinschaft Jesu mit Zöllnern und
anderen Sündern zu haben. Wie doch bei dem Mahl im Hause des Matthäus offenbar
wurde, dass die Gerechtigkeit der Pharisäer sehr selbstbezogen war! Es ging
ihnen nur um sie selbst. Darin waren sie keinen Deut besser als die Zöllner.
Aus dem Gesetz des Mose aber hätten sie wissen müssen, dass sie ihren Nächsten
lieben sollten (3.Mose 19:18). Doch genau daran ließen sie es vermissen.
Die Antwort
unseres Herrn baut auf der jedem Menschen bekannten Erfahrung auf, dass nicht
die Gesunden, sondern die Kranken eines Arztes bedürfen. Dementsprechend war Er
nicht gekommen, um etwa für Gerechte zu sterben. Gerechte haben es
selbstverständlich nicht nötig, dass Er Sich Selbst als Sündopfer dahingebe,
sondern nur die Sünder. Aber gibt es denn Gerechte, etwa die Pharisäer? Der
Apostel Paulus schreibt in Römer 3:10 nach Psalm 143:2: »Es gibt keinen
Gerechten, auch nicht einen!« Es gibt nur Sünder (Röm.3:23; 5:12,19); deshalb
musste Er Sein Blut für alle vergießen (2.Kor.5:14; 1.Tim.2:6). Er hatte ein
Herz für alle Menschen, für die Zöllner, die Seiner bedurften, und für die
Pharisäer, die Er mit dieser Zurechtweisung zur Sündenerkenntnis, zur
Erkenntnis ihrer Rettungsbedürftigkeit und zur Umsinnung führen wollte.
Die Bezugnahme
auf Hosea 6:6 war dazu besonders geeignet. Dort heißt es: »Denn Huld gefällt
Mir und nicht Opfer, und Erkenntnis Elohims mehr als Nahegaben.« In den
Sprüchen 21:3 steht Ähnliches: »Gerechtigkeit erweisen und das Recht vertreten
ist Jewe lieber als Schlachtopfer.« Ohne die Gewährung von Huld und
Barmherzigkeit, ohne Liebe sind religiöse Formen inhaltslos. Nach Matthäus
23:23 gehört die Barmherzigkeit neben dem gerechten Richten und dem Glauben zum
Wichtigsten im Gesetz.
»Dann kamen die Jünger des Johannes zu Ihm und fragten: Warum fasten wir und die Pharisäer viel, Deine Jünger aber fasten nicht? -Jesus antwortete ihnen: Die Söhne des Brautgemachs können doch nicht trauern, solange der Bräutigam bei ihnen ist. Es werden aber Tage kommen, wenn der Bräutigam von ihnen genommen wird, und dann werden sie fasten. - Niemand flickt einen ungewalkten Flicklappen auf ein altes Kleid; denn sonst reißt das Füllstück von dem Kleid ab, und der Riss wird ärger. Noch tut man jungen Wein in alte Schläuche; wenn aber doch, dann bersten die Schläuche, sodass der Wein vergossen wird und die Schläuche umkommen. Sondern man tut jungen Wein in neue Schläuche, und beide bleiben erhalten« (Verse 14-17).
Die Jünger Jesu sind die Söhne des Brautgemachs, das heißt sie gehören zum engsten Kreis der Hochzeitsgäste. Jesus, ihr Herr, ist der Bräutigam (Mat.22:2; 25:1; Joh.3:29; Off.19:7,9). Das wiedergezeugte und gläubige Israel ist die Braut (Jes.54:6-8; 62:5; Off.19:7; 21:9).
Mit Jesus ist das Königreich Israels für die Jünger gewissermaßen bereits angebrochen. Dies ist ein Anlass zum Feiern und nicht zum Trauern, oder wie es in Jesaia 58:3 heißt, zum »Demütigen der Seele«, wie das Fasten dort charakterisiert wird. Nach Jesu Himmelfahrt werden sie fasten.
Die Jünger Johannes’ des Täufers fasteten entsprechend ihrer Aufgabe, Menschen zur Umsinnung zu rufen, damit jene des Lebens im Königreich gewürdigt würden. Die Jünger Jesu aber sahen sich nicht mehr in alten Kleidern oder als alten Wein (was für den Dienst des Johannes steht), sondern als bereits im Königreich befindlich und damit in neuen Kleidern und als neuen Wein, der in neue Schläuche, sprich: neue Formen des Wandels, gehört.
Nicht nur die Jünger des Johannes erkannten das Neue nicht so recht, sondern auch die Gläubigen heute verharren gern im Alten, in den Israel betreffenden Teilen der Schrift. Sie wissen nicht, dass wir heute in einer neuen heilgeschichtlichen Haushaltung (griech. oikonomia) leben, und zwar in der dem Apostel Paulus gegebenen, der der überströmenden Gnade (Eph.3:2; Kol.1:25; Röm.5:20). Die Worte unseres Herrn Jesus Christus, die Er als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel sprach (Mat.15:24), sind uns wertvoll, betreffen uns aber nicht direkt. Gott spricht heute durch Paulus unmittelbar zu uns, wie in Titus 1:3 geschrieben steht: »Sein Wort aber hat Er zu den [Ihm] eigenen [dafür vorgesehenen] Fristen offenbart durch die Heroldsbotschaft, mit der ich [Paulus] betraut wurde.« Heute ist Paulus der Lehrer, nicht die Zwölf (1.Tim.2:7; 2.Tim.1:11). Möge unser Wandel und Dienst mithin mit den neuen und höheren Offenbarungen der Paulusbriefe übereinstimmen!
Die Heilung der blutflüssigen Frau
Wir lesen weiter: »Während Er dies zu ihnen sprach, siehe, da kam ein Vorsteher herzu, fiel vor Ihm nieder und sagte: »Meine Tochter ist jetzt gerade verschieden; jedoch komm, lege Deine Hand auf sie, so wird sie leben.« Da erhob Sich Jesus und folgte ihm mit Seinen Jüngern.
Und siehe, eine Frau, seit zwölf Jahren blutflüssig, kam von hinten herzu und rührte die Quaste Seines Obergewands an; denn sie sagte sich: »Wenn ich nur Sein Obergewand anrühre, werde ich gerettet sein.« Jesus aber wandte Sich um, gewahrte sie und sagte: »Fasse Mut, Tochter, dein Glaube hat dich gerettet.« Und von jener Stunde an war die Frau gerettet« (Verse 18-22).
Markus und Lukas berichten ausführlich über diese Begebenheiten (Mark.5:22-35; Luk.8:41-49). Der Synagogenvorsteher hieß Jairus; sein zwölfjähriges Töchterlein lag im Sterben, als er sich an Jesus wandte. Matthäus berichtet erst von dem Zeitpunkt an, als ihm die Nachricht vom Tode seiner Tochter erreichte. Seiner Bitte: »Lege Deine Hand auf sie, so wird sie leben« liegt der beachtliche Glaube an die Auferstehung der Toten zugrunde.
Und Jesus und Seine Jünger machten sich auf den Weg zu seinem Haus.
Unterwegs rührte mitten in der Menschenmenge, die den Herrn umdrängte, eine Frau von hinten kommend eine Quaste Seines Obergewands an. Jesus spürte, dass eine Kraft von Ihm ausgegangen war und fragte nach, wer Seine Kleidung mit Absicht angerührt hatte. Da kam die Frau sich fürchtend und zitternd herbei und bekannte Ihm alles. Er aber sprach sie liebevoll mit »Tochter« an, bestätigte ihr, dass ihr Glaube sie gerettet hat, und entließ sie mit den Worten: »Gehe hin in Frieden« (Mat.5:34; Luk.8:48).
Von hinten war sie gekommen; sicherlich deshalb, weil sie aufgrund ihres Blutflusses nach dem Gesetz unrein war (3.Mose 15:25). Eine Quaste hatte sie angerührt. Nach 4.Mose 15:37-41 und 5.Mose 22:12 hatten die Juden vier Quasten an den Zipfeln ihrer Obergewänder anzubringen, die sie immer daran erinnern sollten, an die Gebote Jewes zu denken und sie zu tun.
Die Quasten vervollständigten das Obergewand. Die Frau hatte also die Vervollständigung Seiner Kleidung angerührt. Dies ist nicht ohne Bedeutung. Die Vervollständigung des Werkes Jesu geschah auf Golgatha. Ihre Gesundung beruhte mithin auf dem am Kreuz zur Vollendung gebrachten Werk Jesu Christi.
Die Auferweckung des Töchterlein des Jairus
»Als Jesus in das Haus des Vorstehers kam und die Flötenspieler und den Tumult in der Volksmenge gewahrte, sagte Er: »Macht euch davon; denn das Mädchen ist nicht gestorben, sondern schlummert.« Da verlachten sie Ihn. Als die Volksmenge hinausgetrieben war, ging Er hinein, fasste ihre Hand, und das Mädchen erwachte. Die Kunde davon ging in jenes ganze Land hinaus« (Verse 23-26).
Markus und Lukas berichten darüber hinaus (Mark.5:35-43; Luk.8:49-56), dass der Herr zu dem Vorsteher sagte, nachdem jenem die Todesnachricht überbracht worden war: »Fürchte dich nicht, glaube nur, und sie wird gerettet werden.« Im und am Hause des Jairus war ein großes Jammern und lautes Wehklagen, und man spielte Totenlieder auf der Flöte. Jesus trieb alle hinaus, nur Petrus, Jakobus und Johannes sowie die Eltern des Mädchens waren dann zusammen mit Jesus bei der Toten.
Wenden wir uns der Aussage Jesu gegenüber der Menschenmenge zu, dass das Mädchen nicht gestorben sei, sondern schlummere. Es steht fest, dass es tot war - wie kann es dann schlummern? Der Herr umschrieb und definierte mit dem Schlafen den Zustand des Todes, denn im Schlaf ist man praktisch ohne Bewusstsein, wie dies auch im Tode in absoluter Weise der Fall ist (Pred.9:5,10; Ps.115:17; 146:4; Jes.63:16; Dan.12:13).
Bei anderer Gelegenheit bezeichnete unser Herr auch Seinen entschlafenen Freund Lazarus als schlafend und belehrte Seine Jünger dann darüber, dass Er von dessen Tod geredet habe (Joh.11:11-14).
Der Tod ist die Umkehrung des Schöpfungsprozesses, von dem wir in 1.Mose 2:7 lesen: »Dann formte Jewe Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase; und der Mensch wurde eine lebende Seele.« Wenn Gott Seinen Odem, Seinen Geist, den Lebensgeist (1.Mose 7:15,22), zurückzieht, kehrt der Körper wieder zum Erdreich zurück, und die Seele - sie ist das Bewusstsein - ist nicht mehr (Pred.12:7; Ps.104:29; Hiob 34:15).
Nachdem der Herr das Mädchen bei der Hand gefasst und »Talitha kumi«, das heißt »Mädchen, Ich sage dir, erwache!« zu ihr gesagt hatte, kehrte, wie Lukas in Kapitel 8:55 berichtet, ihr Geist zurück, und sie stand auf und wandelte.
»Der Geist ist es, der lebendig macht« (Joh.6:63). Wenn der Lebensgeist von Gott in den Körper zurückgegeben wird, dann ist da wieder eine lebende Seele, dann lebt der Mensch und hat Bewusstsein.
Die Öffnung der Augen zweier Blinder
»Als Jesus von dort weiterzog, folgten Ihm zwei Blinde, die schrien und sagten: »Erbarme Dich unser, Sohn Davids!« Als Er dann in das Haus ging, traten die Blinden zu Ihm, und Jesus fragte sie: »Glaubt ihr, dass Ich dies tun kann?« Sie antworteten Ihm: »Ja, Herr!« Dann rührte Er ihre Augen an und sagte: »Euch geschehe nach eurem Glauben!« Da wurden ihre Augen aufgetan; Jesus aber drohte ihnen und sagte: »Sehet zu, lasst niemand davon erfahren.« Doch als sie herauskamen, machten sie Ihn in jenem ganzen Land wohlbekannt« (Verse 27-31).
Die zwei waren körperlich blind, aber nicht geistlich, denn sie blickten im Glauben auf den Retter, den sie als den verheißenen Sohn Davids erkannten und damit als den König Israels (2.Sam.7:12-16; Mat.1:7; Luk.1:32).
Als der Herr ihnen die Augen auftat, erfüllte sich Jesaia 35:2,5 im Vorgriff auf das Königreich: »Mein Volk soll sehen die Herrlichkeit Jewes und unseres Elohims Ehre. ... Dann werden der Blinden Augen aufgetan und der Tauben Ohren geöffnet.« Von nun an konnte Psalm 146 in neuen Tönen gesungen werden: »Lobet Je, lobe Jewe, meine Seele. ... Jewe, Er erlöst die Gebundenen, Jewe, der die Augen der Blinden auftut, Jewe, der die Gebeugten aufrichtet ...« (Verse 1,7,8).
Die Drohung Jesu, dass die Geheilten nichts davon weitersagen sollten, wäre wörtlich mit »eindonnern« zu übersetzen und ist im Sinne von »Er schärfte ihnen ein« oder »Er wies sie streng an« zu verstehen. Der Herr wollte sicherlich nicht, dass die Massen wegen der Heilungen zu Ihm strömten, sondern nur Zeichen Seiner Messianität und des nahen Königreichs setzen, so den Glauben allen darbietend.
Während diese zwei Männer Glauben hatten, der für ihre Rettung unbedingt erforderlich war, ist es im nächsten Fall der Befreiung eines Besessenen anders. Von einem Besessenen kann kein Glaube erwartet werden.
Die Austreibung eines Dämons der Stummheit
»Während sie hinausgingen, siehe, da brachte man einen stummen dämonisch Besessenen zu Ihm. Und als der Dämon ausgetrieben war, sprach der Stumme. Darüber staunten die Scharen und sagten: Noch nie ist in Israel so etwas erschienen! Die Pharisäer aber sagten: Durch den obersten der Dämonen treibt Er die Dämonen aus« (Verse 32-34).
Im Königreich Israels der kommenden Äonen werden der Satan und alle bösen Geister ihr Werk nicht mehr tun können, weil sie im Abgrund und im Feuersee sein werden (Mat.25:41; Luk.8:31; Off.20:3,10). Zum Zeichen dafür, dass Jesus Christus die Macht über die Finsternis hat und das Königreich des Friedens und der Gerechtigkeit, des Lichts und des äonischen Lebens aufrichten wird, trieb Er sie in Einzelfällen jetzt schon aus. Welch herrliche Zeiten stehen der Menschheit bevor, wenn die Geister der Bosheit sie nicht mehr verführen und mit Krankheiten plagen kann!
Die Pharisäer und Schriftgelehrten sahen dies alles aber anders. Ihrer Ansicht nach muss Jesus - woher mag Er solch eine Kraft haben? - die Dämonen durch den obersten der Dämonen, Beezeboul ist sein Name (Mat.12:24), austreiben. Die bevorstehende Auseinandersetzung zwischen den Führern des Volkes und dem Herrn Jesus zeichnete sich ab. Auf deren bösartige Unterstellung soll nicht an dieser Stelle, sondern bei der Betrachtung des Abschnitts 12:22-30 näher eingegangen werden.
Jesus lehrte, heroldete und heilte
Die Kapitel acht und neun zusammenfassend schreibt Matthäus in Vers 35: »So zog Jesus in allen Städten und Dörfern umher, lehrte in ihren Synagogen, heroldete das Evangelium vom Königreich und heilte jede Krankheit und jede Gebrechlichkeit.«
Lehren, herolden (das heißt wie der Herold eines Regenten eine wichtige Botschaft ausrufen) und heilen - diese drei Schwerpunkte des Wirkens unseres Herrn waren schon einmal in Kapitel 4:23 herausgestellt worden. Jesus war der Herold, von dem Jewe Elohim zu Mose gesagt hatte: »Einen Propheten wie dich will Ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erstehen lassen; Ich lege Meine Worte in Seinen Mund, und Er wird zu ihnen alles reden, was Ich Ihm gebieten werde« (5.Mose 18:18).
Die Scharen jammerten Ihn
Jesus zog in allen Städten und Dörfern umher, und »als Er die Scharen gewahrte, jammerten sie Ihn; denn sie waren geschunden und umhergestoßen wie Schafe, die keinen Hirten haben« (Vers 36).
Sie jammerten Ihn - mit innerster Regung fühlte Er mit ihnen. Seine innigste Barmherzigkeit galt Seinem Volk, das vom Gott wohlgefälligen Weg abgedrängt worden war und umherirrte wie Schafe ohne Hirten.
Der Prophet Micha hatte um 870 v. Chr. zu den Königen Joschafat von Juda und Ahab von Israel gesagt: »Ich sehe ganz Israel auf den Bergen zerstreut wie Schafe, die keinen Hirten haben« (1.Kön.22:17; 2.Chron.18:16). So wurden sie mancherlei Wölfen zur Beute (vgl. Hes.34:5). Die Pharisäer und Schriftgelehrten hatten sich als falsche Hirten erwiesen. Jetzt aber war die Bitte des Mose im Begriff, in Erfüllung zu gehen: »Jewe, der Elohim des Lebensgeistes allen Fleisches, setze einen Mann über die Gemeinde ein, der vor ihnen her auszieht und einzieht und sie herausführt und hereinführt, damit die Gemeinde Jewes nicht sei wie Schafe, die keinen Hirten haben (4.Mose 27:16,17). Ob Israel wohl Jesus als seinen wahren und edlen Hirten erkennen wird, der Seine Seele für Seine Schafe dahingibt, damit sie leben und Er sie führe (Joh.10:1-18)? Ja, viele haben Jesus als den Herrn und Christus, Retter und Hirten erkannt, wie Petrus später mit Freuden feststellt: »Verirrte wart ihr, wie Schafe, nun aber habt ihr euch zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen umgewandt« (1.Pet.2:25).
Im Übrigen schulte unser Herr Seine Jünger in den dreieinhalb Jahren ihrer Gemeinschaft auf der Erde, damit sie »in der Wiederwerdung, wenn der Sohn des Menschen auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzt« und sie »auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten« (Mat.19:28), ihren Hirtendienst wohl ausrichten können.
Arbeiter in die Ernte
»Dann sagte Er zu Seinen Jüngern: Die Ernte ist zwar groß, aber Arbeiter sind es wenige. Flehet daher zum Herrn der Ernte, damit Er Arbeiter in Seine Ernte hinaustreibe« (Verse 37+38).
Den Scharen war Jesus nun über längere Zeit und in vielfacher Weise bekannt geworden. Er hatte Gottes Wort unter Zeichen und Wundern unter ihnen ausgesät. Von nun an war die Zeit gekommen, dass man Frucht erwarten durfte, und zwar Menschen, die dem Vater und dem Sohn glaubten und im Hinblick auf das Königreich umsinnten. Angesichts der Größe der zu erwartenden Ernte waren aber zu wenige Arbeiter vorhanden.
Darum sollten die Jünger Gott anflehen, dass Er Arbeiter in Seine Ernte aussende. Und diese sind in erster Linie die zwölf Jünger selbst, die Jesus ja auch kurz darauf aussandte (Mat.10:5). Ihr flehen um Arbeiter wird ihr Vertrauen in Gott stärken und ihnen zur weiteren Zubereitung für ihren Dienst dienen.
Im folgenden Kapitel des Berichts des Matthäus werden wir die näheren Anordnungen des Herrn für ihr Wirken als Arbeiter in der Ernte Gottes vorfinden.
Die Aussendung der zwölf Jünger
(Matthäus 10:1-27)
Der Herr Jesus Christus hatte Seinen Jüngern gerade gesagt, dass die Ernte groß ist, es aber wenige Arbeiter sind und sie deshalb zum Herrn der Ernte flehen sollen, damit Er Arbeiter in Seine Ernte hinaustreibe (Mat.9:37,38). Mit den Arbeitern hatte Er in erster Linie Seine zwölf Jünger gemeint, die Er nun auch sogleich in die Ernte aussendet und denen Er in Kapitel zehn mancherlei Anordnungen mit auf den Weg gibt.
»Dann rief Er Seine zwölf Jünger zu Sich und gab ihnen Vollmacht, unreine Geister auszutreiben und jede Krankheit und jede Gebrechlichkeit zu heilen« (Vers 1).
Ohne
bevollmächtigt zu sein, hat niemand das Recht aufzutreten. Darum gab ihnen der
Herr Vollmacht, und zwar für einen Dienst, der ebenso umfassend wie der Seine
war.
»Dies waren die Namen der zwölf Apostel: Zuerst Simon, auch Petrus genannt, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder; Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus; Simon, der Kananäer, und Judas Iskariot, der Ihn dann verriet« (Verse 2-4).
Simon Petrus
war der Erste unter Gleichen (Mat.16:18). Bartholomäus wird gewöhnlich mit
Nathanael identifiziert (Joh.1:45). Thomas wird auch Didymus (Zwilling) genannt
(Joh.21:2). Thaddäus heißt auch Judas; er war der Sohn eines Jakobus
(Luk.6:16). Simon, der Kananäer, heißt auch »Eiferer« (Zelot; Luk.6:15);
kananaios ist die griechische Form des hebräischen Wortes für »Eiferer«.
Iskariot bedeutet entweder »Mann der Landstädte« oder »Mann aus Kerijot«, einer
Stadt in Judäa.
Zum ersten Mal werden die Jünger als Apostel bezeichnet, das heißt Beauftragte. Denn nun beauftragte der Herr sie, die Botschaft vom Königreich zu verkündigen und durch begleitende Zeichen zu bekräftigen.
»Diese Zwölf schickte Jesus aus und wies sie an: Geht nicht auf den Weg zu den Nationen hin und geht nicht in eine Stadt der Samariter hinein! Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!« (Verse 5+6).
Die Samariter
waren ein Mischvolk aus Israeliten und nach der Verschleppung der Nordstämme in
die assyrische Gefangenschaft (722 v. Chr.) in Samaria angesiedelten
Nichtisraeliten (2.Kön.17:24).
Warum sollten
die Apostel nicht zu den Nationen und noch nicht einmal zu den Samaritern
gehen? Weil das Königreich nur dem Volk Israel verheißen ist (2.Mose 19:6).
Zuerst muss Israel eine heilige Nation werden (1.Pet.2:9), und dann erst wird
es zum Segen für die anderen Nationen sein (1.Mose 12:3; Jes.60:3; Mat.28:19).
Die Propheten
haben die Israeliten mehrmals als verlorene oder umherirrende Schafe bezeichnet
(Jes.53:6; Jer.50:6), und unser Herr hatte sie gerade geschundene und
umhergestoßene Schafe genannt, die keinen Hirten haben (Mat.9:36). Zu jenen
aber war Er, der Sohn Gottes, ihr Retter, gekommen, und zu ihnen sendet Er
jetzt Seine Jünger aus. Jesus Selbst sagte: »Ich wurde lediglich zu den
verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt!« (Mat.15:24). Dementsprechend war
auch der Auftrag der Apostel begrenzt.
Auch nachdem die Apostel nach der Auferstehung des Herrn die Anordnung erhalten hatten, alle Nationen zu Jüngern zu machen (Mat.28:19), gingen sie fürs Erste nur zu den Juden und verkündigten allein ihnen Jesus als Evangelium (Ap.11:19), und zwar ebenfalls aus dem bereits dargelegten Grunde. Erst später, auf der ersten Missionsreise in den Jahren 47 und 48, erklärten Paulus und Barnabas: »Es war notwendig, dass zuerst euch [Juden] das Wort Gottes gesagt wurde. Weil ihr es aber von euch stoßt und euch selbst des äonischen Lebens nicht für würdig erachtet, siehe, so wenden wir uns an die Nationen« (Ap.13:46).
Nun der Auftrag: »Wo ihr geht, da heroldet: Das Königreich der Himmel hat sich genaht! - Heilt Kranke und Schwache, erweckt Tote, reinigt Aussätzige, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr es erhalten, umsonst gebt es weiter!« (Verse 7+8).
Ebenso wie
Johannes der Täufer und ihr Herr es schon getan hatten (Mat.3:2; 4:17), sollten
auch die Apostel das nahe herbeigekommene Königreich Israels herolden, das
Königreich des Gottes der Himmel (vgl. Dan.2:44). Ohne Bezahlung haben die
Apostel die Vollmacht der Verkündigung in Wort und Tat erhalten - in der Tat,
da sie über Krankheiten und böse Geister verfügen konnten -; dementsprechend
sollten sie für ihr Wirken kein Geld nehmen. Andernfalls würden sich schnell
unlautere Motive einschleichen und das Evangelium befleckt werden.
Ihr
auskömmliches Brot aber durften sie täglich von den Menschen annehmen, wie wir
aus den Versen 9 und 10 erfahren: »Erwerbet kein Gold, noch Silber, noch Kupfer
in eure Gürtel! Nehmt keinen Bettelsack mit auf den Weg, weder zwei
Untergewänder noch Sandalen, noch einen Stab; denn der Arbeiter ist seiner
Nahrung wert.«
Es ist klar,
dass die Arbeit der Apostel kein Mittel zum Vermögenserwerb sein darf. Was uns
auffällt, ist, dass die Jünger ohne besondere Ausrüstung ausziehen sollten,
nämlich ohne Bettelsack, außerdem ohne Geld und ohne Brot (wie in Mark.6:8 und
Luk.9:3 verzeichnet), und auch keine Reserven mit sich führen sollten, wie ein
Ersatzgewand und Ersatzsandalen. Sie sollten auch keinen Stab erwerben; nach
Markus 6:8 konnten sie aber einen Stab mitnehmen, falls schon vorhanden.
Allein im
Vertrauen auf ihren himmlischen Vater hatten sie sich in die Ernte zu begeben, der treue Menschen
bewegen wird, ihnen das zum Lebensunterhalt Notwendige zu geben, denn ein
Arbeiter ist seiner Speise wert.
Wie in Lukas
22:35 zu lesen, hatten sie keinen Mangel gelitten.
Gleicherweise
sagt auch der Apostel Paulus: »Der Arbeiter ist seines Lohnes wert« und zitiert
5.Mose 25:4 mit den Worten: »Du sollst einem dreschenden Rind keinen Maulkorb
anlegen« (1.Tim.5:18). Er selbst hat ebenfalls die Vollmacht zu essen und zu
trinken (1.Kor.9:4) und schreibt in 1.Korinther 9:14: »So verordnet der Herr
auch denen, die das Evangelium verkündigen, vom Evangelium zu leben.« Er
persönlich macht jedoch von dieser Vollmacht keinen Gebrauch, um dem Evangelium
des Christus kein Hindernis zu geben (1.Kor.9:12). Er erwirbt seinen Bedarf
durch eigener Hände Arbeit (1.Kor.4:12; 2.Kor.11:7-9; 2.Thess.3:8).
Der Herr fuhr
fort zu sprechen: »In welche Stadt oder welches Dorf ihr auch kommt, ergründet,
wer darin würdig ist, und bleibet dort, bis ihr wieder hinauszieht. Wenn ihr in
dem Haus einkehrt, so grüßet es; und wenn das Haus würdig ist, soll euer Friede
auf dasselbe kommen; wenn es aber nicht würdig ist, soll sich euer Frieden
wieder zu euch wenden. Wenn jemand euch nicht aufnimmt, noch auf eure Worte
hört, so geht aus jenem Haus oder jener Stadt oder jenem Dorf hinaus und
schüttelt den Staub von euren Füßen ab! Wahrlich, Ich sage euch: Am Tage des
Gerichts wird es dem Land Sodom und Gomorra erträglicher ergehen als jener
Stadt« (Verse 11-15).
Der Herr
sandte Seine Apostel sicherlich paarweise aus, so wie Matthäus die Namen der
Zwölf in Zweiergruppen aufführte (Verse 2-4).
Welches Haus
ist würdig, sie aufzunehmen? Wer gern Gastfreundschaft gewährt und bereit ist,
das Wort zu hören. Der Friedensgruß der Apostel »Schalom« wird sich segensreich
auf die gesamte gastgebende Familie auswirken; im Falle der Ablehnung natürlich
nicht.
Mit dem
Abschütteln des Staubes von den Füßen drücken die Jünger aus, dass sie sich mit
Abscheu von jenem Haus oder Ort abwenden und nichts mehr damit zu tun haben
wollen, ja jene dem Gericht Gottes preisgeben.
Auch Paulus
und Barnabas schüttelten einst den Staub von ihren Füßen ab, und zwar über
Antiochien in Pisidien, als sie aufgrund einer von den Juden angezettelten
Verfolgung von dort vertrieben wurden und nach Ikonium weitergingen (Ap.13:51).
Gottes
Gerichte sind gerecht und bringen zurecht. das Gericht vor dem großen, weißen
Thron ist für alle Nichtauserwählten und mithin Ungläubigen unausweichlich.
Die Sünde der
Städte Sodom und Gomorra war sehr groß (1.Mose 18:20), Jewe stellte aber fest:
»Die Schuld der Tochter Meines Volkes war größer als die Sünde Sodoms«
(Klagelieder Jeremias 4:6). Dies liegt daran, dass Sodom eine geringere
Gotteserkenntnis hatte. Der Herr sagte: »Bei jedem, dem viel gegeben wurde,
wird man viel suchen, und wem viel anvertraut ist, von dem wird man weit mehr
fordern« (Luk.12:48). Auf den Heroldsruf des Jona sinnten die Niniviter um;
Israel tat dies angesichts Jesu aber nicht, und Jesus ist mehr als Jona!
(Mat.12:41).
Dann warnte der Herr Jesus Christus Seine Apostel: »Siehe, Ich schicke euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Daher werdet klug wie die Schlangen und ohne Arglist wie die Tauben! Nehmt euch nun vor den Menschen in Acht; denn sie werden euch an die Synedrien überantworten und euch in ihren Synagogen geißeln. Vor Regierende wie auch vor Könige wird man euch um Meinetwillen führen, zum Zeugnis für sie und die Nationen« (Verse 16-18).
Das Bild ist
eindeutig: Die Gläubigen sind wie Schafe unter Wölfen. Die Welt hat einen
anderen Geist als wir. Der Satan wirkt in den Söhnen der Widerspenstigkeit
(Eph.2:2), sodass ihre Feindschaft unausbleiblich ist. Jesus sagte: »Wenn sie
Mich verfolgen, werden sie auch euch verfolgen« (Joh.15:20).
Daher ist es
nötig, klug wie die Schlangen zu sein. Wir wissen, dass die Schlangen klug
sind. Von ihrer Listigkeit ist nicht die Rede. Hier stehen sie für die
Klugheit. Die Jünger sind also gehalten, gründlich darüber nachzudenken, wie
sie Gefährdungen vermeiden und ihren Dienst am besten ausrichten können. Wir
haben ja den Geist der Kraft und der Liebe und der gesunden Vernunft bekommen
(2.Tim.1:7).
Die Taube ist
arglos, ohne Scheu und ohne Falsch. Ebenso sollen die Apostel keinesfalls
arglistig handeln und auch nicht überall sogleich Böses argwöhnen; dies würde
sie nur lähmen.
Und wenn man -
wie es oft genug geschah - die Apostel vor Synedrien, Regenten oder
Gerichtshöfe führen sollte, so sollen sie wissen, dass dies dazu dient, dass
sie Zeugnis über Jesus, den Christus und Sohn Gottes, abzulegen Gelegenheit
bekommen. Sogar die Nationen, die zukünftig durch Israel gesegnet werden,
sollen Seinen Namen und Sein Rettungswerk schon vernehmen. Das Zeugnis kann
durchaus eines gegen Israel sein oder im Gericht gegen Israel verwendet werden,
wie Mose in Bezug auf den Gesetzesbund sagte: »Nehmt dieses Buch des Gesetzes
und legt es neben die Lade des Bundes Jewes, eures Elohim, dass es dort zum
Zeugnis gegen dich wird. Denn ich kenne deine Widerspenstigkeit und deine
Hartherzigkeit« (5.Mose 31:26).
Weiter sagte der Herr: »Wenn man euch aber überantwortet, so sorgt euch nicht, wie oder was ihr sagen sollt; denn in jener Stunde wird euch gegeben werden, was ihr sagen sollte; denn nicht ihr seid die Redenden, sondern der Geist eures Vaters ist es, der durch euch spricht« (Verse 19+20).
Diese Worte
Jesu sind ein großer Zuspruch: Sorgt euch nicht; Gott Selbst, ja euer Vater,
der euch liebt, wird durch Seinen Geist in euch und durch euch sprechen.
Frieden und Zuversicht darf euch mithin erfüllen. Vom Geist des Vaters getragen,
werden heilige Menschen sprechen (vgl. 2.Pet.1:21).
In der
damaligen heilsgeschichtlichen Haushaltung der Wirksamkeit der Kräfte des
zukünftigen Äons (Heb.6:5) bekamen die Gläubigen die Worte in intensiver Weise eingegeben;
wir heute bekommen sie aus dem Grundstock der Worte Gottes eingegeben, den wir
uns angeeignet haben und in und aus dem wir leben.
Die Feindschaft der Welt gegenüber den Heiligen ist unermesslich. Die Apostel sollen es wissen: »Es wird aber der Bruder den Bruder zum Tode überantworten und der Vater das Kind, und Kinder werden gegen die Eltern aufstehen und sie zu Tode bringen. Ja, ihr werdet um Meines Namens willen von allen gehasst werden. Wer aber bis zur Vollendung ausharrt, der wird gerettet werden« (Verse 21+22).
»Wenn die Welt
euch hasst«, sagte Jesus ein andermal, »so erkennt, dass sie Mich vor euch
gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt euch wie ihr Eigenes
liebhaben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern Ich euch aus der Welt
erwählt habe, darum hasst euch die Welt« (Joh.15:18-20). Haben die Menschen
Jesus gehasst, und zwar wie im Gesetz geschrieben ist: »Sie hassen Mich ohne
Grund« (Ps.35:19; 69:5; Joh.15:25), dann hassen sie auch uns.
Für die
Gläubigen, die das Königreich Israels erwarten, galt es und wird es nach dem
Evangelium der Beschneidung, mit dem Petrus betraut ist (Gal.2:7), wieder
gelten, dass sie - falls sie nicht vorher zu Tode gebracht werden - bis zur
Vollendung (bis zum vollen Ende) des letzten Jahrsiebeners, also bis zur
Wiederkunft Jesu Christi zu seinem Volk, ausharren müssen, um für das äonische
Leben im Königreich gerettet zu werden.
Unsere
Rettung, die der Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:23), ist
bereits erfolgt, geschah bereits allein durch Glauben und allein in der Gnade.
»In der Gnade seid ihr Gerettete, durch Glauben, und dies ist nicht aus euch,
sondern Gottes Nahegabe, nicht aus Werken, damit sich niemand rühme«
(Eph.2:8,9). »Die Er aber vorherbestimmt (dem Bilde Seines Sohnes
gleichgestaltet zu werden), diese beruft Er auch; und die Er beruft, diese
rechtfertigt Er auch; die Er aber rechtfertigt, diese verherrlicht Er auch«
(Röm.8:29,30). Vom Ausharren und Bewähren ist nicht die Rede - zum Lobpreis der
Herrlichkeit der Gnade!
Wir wenden uns Vers 23 zu: »Wenn man euch in dieser Stadt verfolgt, so flieht in die andere; denn wahrlich, Ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels keinesfalls fertig werden, bis der Sohn des Menschen kommt.«
Diese Worte
spannen den Bogen bis in die siebenjährige Endzeit hinein und bis zur diese
beendenden Wiederkunft des Herrn Jesus Christus. Der Dienst der Apostel endete
während des Berichtszeitraums der Apostelgeschichte mit der Verstockung und
Verwerfung Israels (Ap.28:25-28; Röm.11:15,25). Und ihre Nachfolger in der
Endzeit werden - so lange sie noch wirken können (Joh.9:4), nämlich bis zu
ihrer Flucht in der Mitte des letzten Jahrsiebeners (Mat.24:15-22) - mit den
Städten Israels ebenfalls nicht fertig werden, bevor der Herr kommt.
Jesus erklärte nun den Jüngern ihre Stellung im Verhältnis zu Ihm, die auch unter dem Aspekt des Hasses der Welt keine andere ist: »Ein Jünger steht nicht über seinem Lehrer, noch ein Sklave über seinem Herrn. Dem Jünger genügt es, dass er wie sein Lehrer werde, und dem Sklaven - wie sein Herr zu sein. Wenn sie dem Hausherrn den Beinamen Beezeboul geben, wie viel mehr seinen Hausgenossen?« (Verse 24+25).
Ein Jünger,
das ist von der Bedeutung des griechischen Wortes her ein Lernender, will wie
sein Herr werden. Dies wird ihm auch im Negativen geschehen. Wenn die Menschen
nämlich den Hausherrn - damit meint Jesus Sich Selbst - Beezeboul schimpfen,
wird es Seinen Jüngern, Seinen Hausgenossen, ganz gewiss genauso ergehen.
Beezeboul ist
der oberste der Dämonen (Mat.9:34; 12:24). Dämonen sind keine Boten (Engel)
Satans, sondern gehören der niederen Klasse der bösen Geister an. Beezeboul
untersteht dem Satan. Beezeboul heißt so viel wie Baal oder Eigner oder Herr
der Wohnorte oder der Fliegen. Der Name geht auf Baal zebub zurück, das heißt
Herr der Fliegen, den Götzen der Stadt Ekron der Philister (2.Kön.1:2).
Dann sprach der Herr Seinen Jüngern zu: »Daher fürchtet euch nicht vor ihnen; denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt werden wird; und nichts ist verborgen, was nicht bekannt werden wird. Was Ich euch im Finstern sage, das verkündet im Licht, und was ihr ins Ohr geflüstert hört, das heroldet auf den Flachdächern« (Verse 26+27).
Die
Machenschaften der Feinde des Herrn werden nicht verborgen bleiben, denn Gott
wird alles enthüllen. Dabei wird Er die Ehre der Seinen wiederherstellen; daher
sollen sich die Jünger vor der üblen Nachrede der Menschen nicht fürchten.
Ja, mehr noch:
Sie sollen alles in aller Öffentlichkeit sagen, ohne mit einer biblischen
Wahrheit zurückzuhalten. Selbst wenn Jesus ihnen etwas im vertrauten Kreis
gesagt hat, sollen sie es in der am besten geeigneten Weise, damals auf den
Flachdächern, von wo aus die Stimme weit reichte, verkündigen, ja herolden,
also ebenso wie ein Herold eines Regenten eine wichtige Botschaft mit lautem
Ruf kundtut, das Evangelium, die wichtigste Botschaft, ausrufen. Und das Wort
Gottes wird nicht leer zu Ihm zurückkehren, sondern tun, was Ihm gefällt, und
gelingen lassen, wozu Er es sandte (Jes.55:11).
(Mat.10:28-11:1)
Unser Herr Jesus Christus hatte in Kapitel 10, Vers 5 (gewissermaßen bereits ab Kapitel 9, Vers 37) damit begonnen, Seinen zwölf Jüngern, die Er jetzt als Seine Apostel aussandte, Anweisungen für ihren Dienst zu geben. Wir betrachten die letzten Abschnitte ihrer Zurüstung ab Vers 28.
Der Herr sagte: »Fürchtet euch nicht vor denen, die den Körper töten, die Seele dagegen nicht töten können. Fürchtet aber vielmehr den, der die Seele wie auch den Körper in der Gehenna umbringen kann« (Vers 28).
Die Apostel
sollen keine Todesfurcht haben, denn - um auf Vers 39 vorzugreifen - »wer seine
Seele Meinetwegen verliert, wird sie finden.« Wer um Jesu willen getötet wird -
dabei verliert man seine Seele -, wird das äonische Leben haben, dessen Seele
wird das Leben in den zukünftigen Äonen voller Freude genießen. Die Apostel
sollen sich im Hinblick darauf nicht vor dem Tod fürchten, ebenso wenig vor
denen, die sie töten könnten. Eine wichtige Voraussetzungen für ihren Dienst
ist es also, völlig von sich selbst abzusehen.
Wie kann es
sein, dass die Feinde der Gläubigen zwar den Körper, nicht aber die Seele töten
können? Zunächst muss man wissen, dass der Tod sich niemals nur auf einen Teil
des Menschen erstreckt, sondern stets auf den ganzen Menschen - außer in
bildlicher Sprache. Sodann darf man daraus, dass die Feinde die Seele nicht
töten können, nicht folgern, dass man sie überhaupt nicht töten könne, zumal
wir gerade auch hörten, dass der zu fürchten ist, der die Seele in der Gehenna
umbringen kann. Im Übrigen muss man wissen, dass der Tod die Umkehrung des
Schöpfungsprozesses ist, von dem wir in 1.Mose 2:7 lesen: »Dann formte Jewe
Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine
Nase; und der Mensch wurde eine lebende Seele.« Zieht Gott Seinen Lebensgeist
zurück (Pred.12:7; Ps.104:29; Hiob 34:15), kehrt der Körper wieder zum Erdreich
zurück, und die Seele - sie ist das Bewusstsein - ist nicht mehr, ja der Mensch
ist nicht mehr. Kehrt der Geist in den Körper zurück, dann lebt der Mensch
wieder (Luk.8:55) und nimmt seine Umwelt mit seiner Seele wahr.
Satz eins
unseres Verses 28 besagt mithin, dass die, welche die Apostel töten können,
keinesfalls das verhindern können, worauf es ankommt, nämlich das äonische
Leben in Herrlichkeit im Königreich Israels. Die Apostel brauchen sich also
wirklich nicht vor den Feinden zu fürchten. Jesaia 51:12 darf ihnen dabei ein
Zuspruch sein: »Wer bist du, dass du einen sterbenden Sterblichen fürchtest,
einen Sohn Adams, der wie Gras vertrocknet?« Mögen sie auch der Ermahnung von Sprüche
29:25 eingedenk sein: »Menschenfurcht bringt eine Schlinge mit sich, wer sich
aber in Jewe sichert, wird gefestigt.«
Wen aber
sollen die Apostel fürchten? Den, der Körper und Seele in der Gehenna umbringen
kann, und dieser ist Gott allein, der gerechte Richter. Die Gehenna ist der Ort
äonischen Feuers, wie Matthäus 18:8,9 zeigt: »Wenn aber deine Hand oder dein
Fuß dich straucheln lässt, so haue sie ab und wirf sie von dir. Besser ist es
für dich, verstümmelt oder lahm in das Leben einzugehen, anstatt zwei Hände
oder zwei Füße zu haben und ins äonische Feuer geworfen zu werden. Wenn dein
Auge dich straucheln lässt, so reiß es heraus und wirf es von dir. Besser ist
es für dich, einäugig in das Leben einzugehen, anstatt zwei Augen zu haben und
in die Gehenna des Feuers geworfen zu werden.«
Wer wird nach
dem Gericht vor dem großen, weißen Thron in den See des Feuers (Off.20:14), der
der Gehenna zuzuordnen ist, und eventuell bereits während des tausendjährigen
Königreichs der Himmel in die Gehenna, das ständig brennende Feuer in der
Schlucht Hinnoms unterhalb Jerusalems (Jes.66:24), hineingeworfen? Zum Beispiel
diejenigen, die der Spreu vergleichbar sind, wie Johannes der Täufer sagte: »Er
hat die Worfschaufel in Seiner Hand und wird Seine Tenne säubern und Sein
Getreide in Seine Scheune sammeln; die Spreu aber wird Er mit unauslöschlichem
Feuer verbrennen« (Mat.3:12). Die, welche der Versuchung durch ihre Hände, Füße
oder Augen nicht widerstehen (wie bereits erwähnt; vergleiche auch Matthäus
5:29,30). Die, die keine Frucht bringen; solche, die nicht in Christus bleiben
(Joh.15:2,6). Diejenigen, die willig sündigen, freiwillig, aus sich heraus, mit
Wissen und Wollen (Heb.10:26). Denen wird gesagt, dass für ihre Sünden kein
Opfer mehr übrig bleibt, »sondern ein furchtbares Abwarten des Gerichts und der
Eifer des Feuers, das sich anschickt, die Gegner zu fressen« (Heb.10:27).
So verhält es
sich nach dem Evangelium der Beschneidung. Heute, in der dem Apostel Paulus
gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade (Röm.5:20;
Eph.3:2; Kol.1:25), werden alle Auserwählten, Berufenen und mit dem Glauben
Beschenkten auch gerettet - allein in der Gnade (Röm.3:28; 8:30; Eph.2:8;
Phil.1:29), zum Lobpreis der Herrlichkeit der Gnade!
Israel aber
galt und wird nach unserer Entrückung wieder gelten, was Jakobus schreibt:
»Einer allein ist der Gesetzgeber und der Richter, Er, der retten und umbringen
kann« (Jak.4:12). Die das Gute getan haben, werden an der Auferstehung des
Lebens teilhaben, die aber das Schlechte verübt haben, tausend Jahre später an
der Auferstehung des Gerichts (Joh.5:29). »Glückselig und heilig ist, wer an
der ersten Auferstehung Anteil hat!« (Off.20:6).
Unsere
Auferstehung findet früher statt, ja ist das nächste heilsgeschichtliche
Ereignis.
Mit Seinen Worten in den Versen 29 bis 31 verdeutlicht Jesus Seinen Jüngern sehr eindrücklich, dass sie keine Furcht zu haben brauchen: »Verkauft man nicht zwei Spätzlein für einen Groschen? Doch nicht eines von ihnen wird auf die Erde fallen, ohne dass euer Vater es will. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Haupt alle gezählt! Daher fürchtet euch nicht! Ihr überragt die vielen Spätzlein.«
Die Apostel, ja alle Gläubigen aller Zeiten, haben es stets mit dem allgewaltigen, allein weisen und uns liebenden Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus zu tun, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt (Eph.1:11). Nichts ist zu gering für den, der das All umfasst, nicht einmal ein Spätzlein. Keines von denen fällt auf die Erde ohne Zutun, ohne Geheiß des Einen! Sehr wichtig sind wir für Ihn; sogar jedes einzelne Haar findet Seine Fürsorge. Kein Sandkorn wird uns ins Auge fliegen, wenn unser Vater es nicht will. Daher fürchtet euch nicht!
Der Herr fuhr fort zu sprechen: »Jeder nun, der sich vor den Menschen zu Mir bekennen wird, zu dem werde auch Ich Mich vor Meinem Vater in den Himmeln bekennen. Wer Mich aber vor den Menschen verleugnen wird, den werde auch Ich vor Meinem Vater in den Himmeln verleugnen« (Verse 32+33).
Nach dem
Evangelium der Beschneidung ist das offene Bekenntnis zu Jesus eine Bedingung für
die Rettung, für den Eintritt in das Königreich Israels. Wir dagegen, die
Glieder der herausgerufenen Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:23), sind
allein in der Gnade Gerettete (Eph.2:8). Der Apostel Johannes schreibt: »Jeder,
der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht. Wer aber den Sohn bekennt, hat
auch den Vater« (1.Joh.2:23); und: »Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes
ist, in dem bleibt Gott und er in Gott« (1.Joh.4:15). Und die sich zu Jesus als
dem Christus Bekennenden dürfen wissen: »Wer überwindet, der wird mit weißen
Kleidern umhüllt werden, und keinesfalls werde Ich seinen Namen aus der Rolle
des Lebens auslöschen, und Ich werde seinen Namen vor Meinem Vater und vor den
Augen Seiner Boten bekennen« (Off.3:5).
Wer sich nun
nicht vor den Menschen fürchtet, sondern Gott fürchtet, der wird sich auch zu
Jesus als dem Sohn Gottes bekennen und das Leben in den zukünftigen Äonen
erlangen.
Das Bekenntnis zu Jesus kann gefährlich sein. Darauf wies der Herr in den Versen 34 bis 36 hin: »Meinet nur nicht, dass Ich kam, um Frieden für die Erde zu bringen! Ich kam nicht, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert; denn Ich kam, um den Menschen mit seinem Vater, die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter zu entzweien; und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.«
Der Glaube ist
nicht allen eigen, im Gegenteil, es sind nur wenige in Israel, die Gott
glauben. Die anderen erweisen sich als Feinde Christi und Gottes. Besonders im
letzten Jahrsiebener (Dan.9:24,27), in der Endzeit, wird offenbar, wer glaubt
und wer nicht. Und wenn die Zwietracht, die sich an der Ablehnung Jesu
entzündet, die eigene Familie und vielleicht sogar die Ehe spaltet, ist keiner
mehr seines Lebens sicher.
Der Prophet
Micha hatte Ähnliches zu seiner Zeit erlebt und berichtet davon in Kapitel 7,
Verse 5 bis 7: »Glaubt nicht dem Gefährten; verlasst euch nicht auf den
Vertrauten! Vor der, die an deinem Busen liegt, hüte die Pforten deines Mundes!
Denn der Sohn macht den Vater verrucht, die Tochter erhebt sich gegen ihre
Mutter, die Schwiegertochter gegen ihre Schwiegermutter, und die Feinde des
Mannes sind seine Hausgenossen. Ich aber, ich will nach Jewe ausschauen, ich
will warten auf den Elohim meiner Errettung; mein Elohim hört mich.«
Den Seinen
ruft der Herr Jesus zu: »Werde getreu bis an den Tod, und Ich werde dir den
Kranz des Lebens geben« (Off.2:10).
Angesichts der Entzweiung in der Familie sowie überhaupt des Hasses der Welt müssen die Jünger Jesu eine entschiedene Haltung einnehmen. Deutlicher als in den Versen 37 bis 39 niedergeschrieben, kann man es nicht sagen: »Wer Vater oder Mutter lieber hat als Mich, ist Meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter lieber hat als Mich, ist Meiner nicht wert; und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und Mir nachfolgt, ist Meiner nicht wert. Wer seine Seele findet, wird sie verlieren, und wer seine Seele Meinetwegen verliert, wird sie finden.«
Schmerzliche
Entscheidungen sind zu treffen. Sollte man seinen Glauben um des lieben
Friedens mit den Familienangehörigen willen verleugnen? Dann wird der Herr
Jesus Christus einen solchen Gläubigen, der sich nicht zu Ihm bekannt hat, vor
Seinem Vater in den Himmeln gleichfalls verleugnen, sodass er nicht am
äonischen Leben im Königreich teilhat, sondern an der zweiten Auferstehung, der
zum Gericht, und in den Feuersee geworfen wird.
Möge jeder
sein persönliches Kreuz auf sich nehmen! Dieses Bild rührt daher, dass ein
Verurteilter seinen eigenen Pfahl auf seinem Rücken zum Hinrichtungsplatz
schleppen musste. Täglich haben wir unser Kreuz auf uns zu nehmen, sagt der
Herr in Lukas 9:23. Möge keiner dem ihm von Gott zugemessenen Leiden um Christi
willen ausweichen!
In Lukas 14:26
gebraucht der Herr sogar das Wort »hassen«: »Wenn jemand zu Mir kommt und nicht
seinen Vater und seine Mutter, seine Frau und seine Kinder, seine Brüder und
seine Schwestern, dazu auch noch seine eigene Seele hasst, der kann nicht Mein
Jünger sein!« Das Wort »hassen« ist im Hebräischen mit dem Wort »Zweiter«
verwandt und bedeutet in der Bibel nach der Herkunft sowohl des hebräischen als
auch des griechischen Wortes »an die zweite (auch hinterste) Stelle setzen«;
»hassen« heißt »zurücksetzen«. Dies hat eine große Verheißung: »Wer seine Seele
liebhat, verliert sie; wer aber seine Seele in dieser Welt hasst, wird sie [im
Ergebnis] zum äonischen Leben bewahren« (Joh.12:25).
Die Ermahnung
Jesu ist in der Zeit der Drangsal Jakobs besonders dringlich, von der Mitte des
letzten Jahrsiebeners an, wenn der Antichristus, der Mensch der
Gesetzlosigkeit, Anbetung fordert und alle getötet werden, die das Bild des
wilden Tieres nicht anbeten (Mat.24:15-22; Off.13:15). Die Gläubigen werden
entweder leiden und zum großen Teil auch sterben und sich dann der Herrlichkeit
des Königreichs erfreuen oder aber ihre Seelen für eine sehr kurze Zeit von
einigen Jahren oder Monaten retten und dann von dem, der allein zu fürchten
ist, dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, in die Gehenna geworfen
werden.
Versetzt in
des Herrn Tag (Off.1:10), hörte Johannes auf Patmos für die Zeit der großen
Drangsal eine Stimme aus dem Himmel rufen: »Schreibe: Glückselig sind die
Toten, die von jetzt an in dem Herrn sterben! Ja, so sagt der Geist: Ruhen
sollen sie von ihren Mühen; denn ihre Werke folgen ihnen nach!« (Off.14:13).
Einst fragte
Petrus den Herrn: »Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir gefolgt: was
wird wohl unser Teil sein? Da entgegnete Jesus ihnen: Wahrlich, Ich sage euch:
Die ihr Mir gefolgt seid, in der Wiederwerdung, wenn der Sohn des Menschen auf
dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzt, werdet auch ihr auf zwölf Thronen sitzen
und die zwölf Stämme Israels richten. Und jeder, der Meines Namens wegen
Häuser, Brüder oder Schwestern, Vater oder Mutter, Frau oder Kinder oder Felder
verlassen hat, wird dies hundertfältig wiedererhalten, und äonisches Leben wird
ihm zugelost werden« (Mat.19:27-29).
Zum Abschluss Seiner Aussendungsrede an die Apostel sagte Jesus: »Wer euch aufnimmt, nimmt Mich auf, und wer Mich aufnimmt, nimmt den auf, der Mich ausgesandt hat. Wer einen Propheten in eines Propheten Namen aufnimmt, wird den Lohn eines Propheten erhalten, und wer einen Gerechten in eines Gerechten Namen aufnimmt, wird den Lohn eines Gerechten erhalten. Wer einem dieser Kleinen in eines Jüngers Namen nur einen Becher kühlen Wassers zu trinken gibt, wahrlich, Ich sage euch: Keinesfalls wird er seinen Lohn verlieren« (Verse 40-42).
Die Kleinen -
diese sind die Apostel; wer ihnen aber begegnet, hat es mit dem Höchsten zu
tun. Wer einem Propheten Gastfreundschaft erweist, weil er ein Prophet ist, wie
einst die Witwe von Zarpat dem Elia (1.Kön.17:10) und die Schunemiterin dem
Elisa (2.Kön.4:8), wird den entsprechenden Lohn erhalten. Der über das Haus des
Königs Ahab von Israel gesetzte Obadja hatte hundert Propheten Jewes versteckt
und versorgt (1.Kön.18:4), und andere haben unbewusst himmlische Boten bewirtet
(Heb.13:2). Wer einen Gerechten um dessen Gerechtigkeit willen aufnimmt, wird
den dafür vorgesehenen Lohn bekommen. Und wer einen von diesen kleinen zwölf
Jüngern aufnimmt oder ihm auch nur etwas zu trinken reicht, der nimmt den Sohn
und den Vater auf und tut Gutes vor Ihren Augen und wird den göttlichen Lohn
dafür empfangen, da die Apostel im Auftrag des Herrn kommen. In Hebräer 6:10
ist hierzu zu lesen: »Denn Gott ist nicht ungerecht, dass Er eurer Arbeit und
der Liebe vergesse, die ihr für Seinen Namen dadurch erzeigt habt, dass ihr den
Heiligen dientet und noch dient.«
Wir schließen die Betrachtung unseres Schriftabschnitts mit Matthäus 11:1: »Als Jesus die Anordnungen an Seine zwölf Jünger vollendet hatte, ging Er von dort weiter, um in ihren Städten zu lehren und zu herolden.«
Und dann
machten sich auch die Zwölf - wohl im Jahre 31 n. Chr. - eingedenk dieser
Anordnungen ihres Herrn und Meisters auf den Weg. Lukas berichtet: »So zogen
sie aus und gingen von Dorf zu Dorf, verkündeten das Evangelium und heilten
überall« (Luk.9:6). Markus schreibt: »So zogen sie aus und heroldeten, dass man
umsinne; auch trieben sie viele Dämonen aus und rieben viele Sieche mit Öl ein
und heilten sie« (Mark.6:12,13). Später dann, beim Passahmahl vor Jesu Tod,
fragte Er sie: »Als Ich euch ohne Beutel, Bettelsack und Sandalen aussandte,
habt ihr da etwa Mangel an irgend etwas gelitten?« Da antworteten sie: »An
nichts!« (Luk.22:35).
Zurückblickend
und zusammenfassend stellen wir fest, dass das Königreich der Himmel dem Volk
Israel auf vielerlei Weise verkündigt wurde, und zwar durch Johannes den Täufer
(Mat.3), durch die Belehrung auf dem Berg aus Jesu Mund (Mat.5 bis 7), durch
die Krankenheilungen und Wunder Jesu (Mat. 8 und 9) und nun durch die zwölf
Apostel (Mat.10). - Wird Israel nun glauben und umsinnen und des Königreichs
würdige Werke vollbringen?
(Matthäus 11:2-30)
Der Apostel Matthäus berichtet in Kapitel 11:2 bis 6: »Als Johannes im Gefängnis von Jesu Wirken hörte, sandte er seine Jünger; durch sie ließ er Ihn fragen: Bist Du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen hoffen? Darauf gab Jesus ihnen zur Antwort: Geht hin und berichtet Johannes, was ihr hört und erblickt: Blinde werden sehend, Lahme wandeln, Aussätzige werden gereinigt, Taube hören, Tote erwachen, und Armen wird das Evangelium verkündigt. Glückselig ist, wer keinen Anstoß an Mir nimmt.«
Johannes der
Täufer war im Jahre 30 n. Chr. von König Herodes gefangengesetzt worden, weil
er gesagt hatte, dass jener Herodias, die Frau seines Bruders, nicht haben
dürfe (Mat.4:12; 14:3,4). Im Jahr darauf muss Johannes sich die Frage gestellt
haben, warum er denn immer noch im Gefängnis ist, wenn er doch der Wegbereiter
des Königs und Jesus der König ist?
So ließ er
Jesus fragen, ob Er der Messias und Retter sei, dessen Kommen in der Schrift
mehrfach verheißen ist, die da sagt: Er kommt, dem das Zepter gehört (1.Mose
49:10), »Siehe, ich komme« (Ps.40:8) und »Gesegnet im Namen Jewes ist, der da
kommt« (Ps.118:26). (Siehe auch Daniel 9:25.)
Der Herr
antwortete nicht einfach mit Ja, sondern wies auf die Zeichen hin, die Er tat,
sodass Johannes sich im Glauben selbst Gewissheit verschaffen konnte. Bezüglich
des bei Johannes angeklungenen Wartens nannte Jesus keinen Zeitpunkt des
Antritts Seiner Königsherrschaft, weil die Zeit dafür noch nicht gegeben war.
Er hatte ja gerade Seine zwölf Apostel ausgesandt, um das Königreich zu
verkündigen (Mat.10:5), und die Reaktion Israels blieb abzuwarten; es war noch
nicht offenkundig, ob sie Jesus annehmen würden; noch hatte sich die Ablehnung
Jesus durch Israel nicht hinreichend herausgebildet.
So ließ der
Herr dem Johannes lediglich mitteilen, was jedermann sah, dass nämlich Kranke
geheilt und Tote erweckt wurden. An diesen Zeichen konnte Johannes allerdings
erkennen, dass Jesus wirklich der Christus ist, denn die Schrift nannte diese
Wunder, die der Kommende tun würde, zum Beispiel in Jesaia 26:19; 29:18,19;
35:5 und 61:1.
Jesus schloss
Seine Antwort an Johannes mit den bedeutungsvollen Worten: »Glückselig ist, wer
keinen Anstoß an Mir nimmt« (Vers 6) und gab ihm damit unter Hinweis auf Jesaia
8:14 zu verstehen, dass man Anstoß an Ihm nehmen wird, was aber noch in der
Zukunft liegt. Damit war dem Johannes klar, dass der Fortgang der Sache Jesu
Christi jetzt noch nicht bekannt gemacht werden konnte. In Jesaia 8:14 steht
geschrieben: »Wenn ihr Ihm traut, wird Er euch zum Heiligtum und nicht zum
Stein des Anstoßes, noch zum Felsen des Strauchelns. Aber den zwei Häusern
Jakobs wird Er zur Schlinge - und zum Fallstrick den Bewohnern Jerusalems.«
Israel wird also Anstoß an dem nehmen, der der Sohn des lebendigen Gottes ist,
Sich in ihren Augen lästerlicherweise aber Selbst dazu gemacht hat.
Auch der
Apostel Paulus geht auf diese Thematik ein und schreibt in Römer 9:32+33,
Jesaia 28:16 zitierend: »Da es nicht aus Glauben, sondern aus Gesetzeswerken
geschieht, stoßen sie sich an dem Stein des Anstoßes, so wie geschrieben steht:
Siehe, Ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Felsen des
Strauchelns; und wer an Ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.«
»Als diese [die Jünger des Johannes] dann gegangen waren, begann Jesus, zu den Scharen über Johannes zu reden: Wozu zogt ihr damals in die Wildnis hinaus? Um ein vom Wind gerütteltes Rohr anzuschauen? Nein! Wozu zogt ihr hinaus? Um einen Menschen, angetan mit weichen Kleidern, zu gewahren? Siehe, die die weichen Kleider tragen, sind in den Königshäusern. Sondern - wozu zogt ihr hinaus? Um einen Propheten zu gewahren? Ja, Ich sage euch: Er war weit mehr als ein Prophet! Dieser ist es, von dem geschrieben steht: Siehe, Ich schicke Meinen Boten vor Deinem Angesicht her, der Deinen Weg vor Dir herrichten wird« (Verse 7-10).
Die Scharen
waren seinerzeit nicht deshalb zu Johannes, der am Jordan taufte,
hinausgeströmt, weil sie ein schwankendes Schilfrohr sehen wollten, einen vom
Zeitgeist hin- und hergeworfenen Menschen, sondern den konsequenten Warner vor
dem Zorn Gottes, den zur entschiedenen Umsinnung Taufenden (Mat.3). Feine
Kleider hatte sie auch nicht interessiert, sondern seine Botschaft, die von
seiner Kleidung aus Kamelhaar und seiner Nahrung aus Heuschrecken und wildem
Honig nur unterstrichen wurde. Johannes suchte nicht das bequeme Leben, sondern
den Willen Gottes für Israel zu seiner Zeit, und dieser war die Umsinnung des
Volkes zur Erlassung der Sünden, damit sie für den König bereit seien (Luk.3:3).
Sie waren
hinausgezogen, um einen Propheten zu sehen und den nach ihm kommenden König
nicht zu verpassen. Sie hielten ihn für einen Propheten (Mat.14:5; 21:26). Aber
Johannes war weit mehr als ein Prophet und mithin größer als Mose und Elia,
denn er war der Vorläufer Jesu Christi. So wie in Maleachi 3:1 geschrieben steht:
»Siehe, Ich sende Meinen Boten, damit er den Weg zu Meinem Angesicht hinwende.«
Dieses Wort hat Johannes erfüllt, war er doch auch der, »über den durch den
Propheten Jesaia angesagt war: Stimme eines Rufers: In der Wildnis bereitet den
Weg des Herrn! Machet Seine Straßen gerade!« (Jes.40:3; Mat.3:3).
Weiter sagte Jesus: »Wahrlich, Ich sage euch: Unter den von Frauen Geborenen ist kein Größerer als Johannes der Täufer erweckt worden. Wer aber kleiner ist - im Königreich der Himmel ist er größer als er« (Vers 11).
Aufgrund
seiner Aufgabe ist Johannes der Täufer der größte der Propheten; außerdem ragt
er deshalb heraus, weil er noch in seiner Mutter Leib mit heiligem Geist
erfüllt wurde (Luk.11:15).
Seine hohe
Stellung ist aber im Vergleich zu der Stellung der Heiligen im Königreich
Israels geringer. Anders gesagt: Im Königreich sind alle überaus reich
gesegnet, mehr als Johannes zu seiner Zeit war.
Seit der Verkündigung des Königreichs durch Johannes ist etwas festzustellen, das der Herr nun in Vers 12 erwähnt: »Seit den Tagen Johannes des Täufers bis jetzt wird dem Königreich der Himmel Gewalt angetan, und Gewalttätige reißen es an sich.«
Seit Johannes
das Königreich verkündigte, wollen die Pharisäer es nach ihren eigenen
Vorstellungen aufbauen und die Königsherrschaft an sich reißen (vgl. Luk.16:16).
Dies begründet
Jesus mit Vers 13: »Denn alle Propheten und das Gesetz prophezeien bis auf
Johannes.« Das heißt Johannes ist der letzte Prophet vor Beginn des
Königreichs, mit anderen Worten: nach ihm, dem Vorläufer des Königs, muss der
König kommen und das Königreich aufrichten. In dem Königreich aber wollen die
Pharisäer und Schriftgelehrten das Sagen haben. Damit tun sie dem Königreich
Gewalt an, denn dieses wird ja doch nach unseres Herrn Worten in Matthäus
5:3-10 denen gegeben, die arm sind, die traurig sind, die sanftmütig sind, die
nach der Gerechtigkeit dürsten, den sich Erbarmenden, den im Herzen Reinen, den
Friedensstiftern und denen, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden -
und eben nicht den Machtpolitikern.
Und jetzt
hören wir das gewichtigste Wort Jesu über Johannes: »Wenn ihr es annehmen
wollt: er ist Elias, der sich anschickt zu kommen. Wer Ohren hat zu hören, der
höre!« (Verse 14+15).
Zu Beginn
seines Wirkens fragten einige Priester und Leviten Johannes den Täufer, wer er
sei. »Und er bekannte: Ich bin nicht der Christus! Sie fragen ihn nochmals: Was
nun? Bist du Elia? Er entgegnete: Ich bin es nicht« (Joh.1:20,21).
Die Worte Jesu
und die des Täufers sind keineswegs ein Widerspruch, denn das Zeitwort »ist« in
der Aussage unseres Herrn, dass Johannes Elias ist, ist spracheigentümlich zu
verstehen, und zwar im Sinne von »bedeutet« oder »entspricht«. Johannes ist
also nicht Elias, sondern entspricht ihm und hat eine Bedeutung wie Elias.
Außerdem kann ein Mensch niemals ein anderer Mensch sein. Johannes ist
Johannes, und Elias ist Elias.
Der Prophet
Elia war durch Maleachi 3:23 wie folgt angekündigt worden: »Siehe, Ich sende
euch den Propheten Elia, bevor der Tag Jewes kommt, der große und furchtbare.«
Der Tag Jewes liegt noch in der Zukunft; er ist der Tag des Zorns und gerechten
Gerichts Gottes; und dieser Tag beschließt als letzter Jahrsiebener unseren
bösen Äon (Jes.13:13; Jer.51:6; Dan.9:27; Zeph.1:14-18; 2:1-3; Sach.14:9,20;
Mat.24;Off.4-19).
Nach Matthäus
17:10-13 fragten die Jünger den Herrn: »Wieso sagen nun die Schriftgelehrten,
dass Elia zuerst kommen müsse? Er antwortete ihnen: Elia kommt zwar zuerst und
wird alles wiederherstellen. Aber Ich sage euch, dass Elia schon kam; doch sie
erkannten ihn nicht, sondern taten ihm an, was immer sie wollten. So wird auch der
Sohn des Menschen demnächst von ihnen leiden müssen. Dann verstanden die
Jünger, dass Er von Johannes dem Täufer zu ihnen sprach.« Dies besagt, dass
Johannes in dem Geist und in der Kraft Elias da war, wie Lukas 1:16,17
bestätigt, wonach der Bote Gottes zu Zacharias, dem Vater des Johannes, sagte:
»Viele der Söhne Israels wird er zu dem Herrn, ihrem Gott, zurückführen; und er
wird vor Seinen Augen in dem Geist und der Kraft des Elia vorausgehen, um die
Herzen der Väter umzuwenden zu den Kindern und die Widerspenstigen zur
Besonnenheit der Gerechten, um dem Herrn ein Volk zuzurichten und bereit zu
machen.«
Mithin dürfen
wir sagen: So wie Elia einst wiederkommen und alles wiederherstellen wird, so
kam auch Johannes, um der Wegbereiter Jesu Christi zu seiner Zeit zu sein.
»Wer Ohren hat
zu hören, der höre!« (Vers 15). Dieses Wort erinnert an Hesekiel 3:27: »So
spricht Jewe, der Herr: Wer hören will, der höre, und wer es lässt, der lasse
es [oder: Der Hörende höre und der Verstockte lasse es], denn ein widerspenstiges
Haus sind sie.« Bei alledem wissen wir, dass Gott es ist, der da verstockt
(Jes.6:10; Mat.13:13) und der da die Ohren öffnet (Jes.50:4,5). Unsere Herr
betonte mithin: Wer Ohren hat, höre auf Johannes und sinne um, um dem König
Jesus, den Christus Israels, empfangen zu können.
Und wie verhielt sich Israel gegenüber der Botschaft des Johannes und der Jesu? Der Herr skizzierte die Reaktion der Juden in den Versen 16 bis 19: »Mit wem soll Ich diese Generation vergleichen? Sie ist gleich kleinen Kindern, die am Markt sitzen und den anderen zurufen: Wir flöten euch, doch ihr tanzt nicht! Wir singen Totenlieder, doch ihr wehklagt nicht! - Denn als Johannes kam und weder aß noch trank, da sagten sie: Er hat einen Dämon! - Nun ist der Sohn des Menschen gekommen; Er isst und trinkt, da sagen sie: Siehe, dieser Mensch ist ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder! - Und doch ist die Weisheit durch ihre Werke gerechtfertigt worden.«
Nichts überzeugte
die Juden. Aufgrund des Rufs des Johannes hätten sie über ihre Sünden wehklagen
sollen, taten es aber nicht. Aufgrund des von Jesus verkündigten mit
Krankenheilungen verbundenen Evangeliums hätten sie Ihn mit Freuden annehmen
sollen, taten es aber nicht. Und damit ist ihre Halsstarrigkeit offenkundig.
Und doch ist
die Weisheit Gottes, Seine Handlungsweise sowohl durch Johannes als auch durch
Jesus, gerechtfertigt worden; sie ist längst als richtig erwiesen, und zwar
durch das von ihr Gewirkte, nämlich den Glauben mancher, durch diese Frucht des
Täufers wie auch des Menschensohns zur Verherrlichung Gottes.
Übrigens: Jesu
Selbstbezeichnung als Sohn des Menschen gründet auf Daniel 7:13,14, wonach mit
den Wolken des Himmels Einer wie eines Menschen Sohn kam, dem das Königreich
über alle Völker gewährt wurde.
Matthäus berichtet in den Versen 20 bis 24 weiter: »Dann begann Er, den Städten, in denen Seine meisten Machttaten geschehen waren, Vorwürfe zu machen, weil sie nicht umsinnten: Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Wenn in Tyrus und Sidon die Machttaten geschehen wären, die bei euch geschehen sind, so hätten sie längst in Sacktuch und Asche umgesinnt. Indessen sage Ich euch: Tyrus und Sidon wird es am Tage des Gerichts erträglicher ergehen als euch. Und du, Kapernaum! Du wirst nicht bis zum Himmel erhöht werden! Nein, bis ins Ungewahrte wirst du hinabgestoßen werden. Denn wenn in Sodom die Machttaten geschehen wären, die bei dir geschehen, so wäre es bis heute geblieben. Indessen sage Ich euch: Dem Land Sodom wird es am Tage des Gerichts erträglicher ergehen als dir.«
Chorazin,
Bethsaida und Kapernaum lagen alle im Raum nordwestlich des Sees Genezareth. In
Bethsaida hatte Jesus einen Blinden und viele andere geheilt (Mark.8:22;
Luk.9:10,11). In Kapernaum hatte Jesus gewohnt, gelehrt und geheilt (Mat.8:5;
Mark.1:21; 2:1; Luk.4:31; 7:1; Joh.4:46; 6:17,59).
Tyrus (Jes.23;
Hes.26-28:19) und Sidon (Hes.28:20-26) waren alte phönizische Städte am
Mittelmeer und standen für Hochmut und Habgier. Sodom war der Inbegriff
sittlicher Verdorbenheit (1.Mose 19).
Jetzt ist
natürlich die Frage zu stellen, warum Gott denn keine Wunder in Tyrus, Sidon
und Sodom tat, sodass jene Menschen dort aufgrund ihrer Umsinnung gerettet
worden wären? Die Antwort ist: Unser souveräner, allein weiser, liebender und
alles bewirkender Gott und Vater geht mit jedem und allem den zum Besten
führenden Weg. Im Gericht vor dem großen, weißen Thron wird Er einen jeden nach
den Werken gerecht richten (Off.20:12) wie auch nach dem Maß der Erkenntnis,
denn »bei jedem, dem viel gegeben wurde, wird man viel suchen, und wem viel
anvertraut ist, von dem wird man weit mehr fordern« (Luk.12:48). Das Gericht
wird dem Betreffenden seine Rettungsbedürftigkeit und den Retter offenbaren,
Jesus Christus, der für alle starb, das heißt zugunsten aller, Ihn, der das
Leben ist und auch den Nichtauserwählten, und zwar nach den Äonen, bei der
Vollendung, das Leben gibt (1.Kor.15:20-28; Kol.1:20; 1.Tim.4:10; 2.Tim.1:10).
Sodom war
übrigens zur Zeit Jesu bereits im Ungewahrten (nicht in der Hölle, wie manche
falsch übersetzen und die es nach der Bibel gar nicht gibt), es war nicht mehr
sichtbar. Und von Kapernaum ist heute der größte Teil nicht mehr zu sehen.
Im Folgenden wird bestätigt, was wir schon andeuteten, nämlich warum Chorazin, Bethsaida und Kapernaum nicht umsinnten: »Zu jenem Zeitpunkt nahm Jesus das Wort und sagte: Ich huldige Dir, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil Du dieses vor Weisen und Verständigen verbirgst, es aber Unmündigen enthüllst. Ja, Vater, denn so war es Dein Wohlgefallen vor Dir« (Verse 25+26).
Dies erinnert
uns an Jesaia 29:14: »Umkommen soll die Weisheit der Weisen [dieses Volkes],
und der Verstand seiner Verständigen soll sich verbergen.« Siehe auch Jesaia
6:10, Matthäus 13:15 und Römer 9:14-24.
Mögen wir doch
Gott als Gott erkennen, als Allesbewirkenden! Es geschieht alles nach Seinem in
Christus gefassten Vorsatz für den Ablauf der Äonen (Eph.3:11). Er allein ist
es, der »dieses«, nämlich das Verständnis der Lehre und der Taten Jesu, ja die
Erkenntnis Jesu als Sohn Gottes, verbirgt und enthüllt. Gott lässt Sich stets
einen Überrest nach Seiner Gnadenauswahl übrig (Röm.11:5). Die anderen hingegen
verstockt Er (Röm.11:7).
Auch heute ist
es so, dass nur wenige von der Welt anerkannte Weise und Verständige glauben,
wie denn Paulus in 1.Korinther 1:26-29 schreibt: »Seht doch nur eure Berufung
an, Brüder: Da sind nicht viele Weise dem Fleische nach, nicht viele Mächtige,
nicht viele Vornehme; sondern das Törichte der Welt erwählt Gott, damit Er die
Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt erwählt Gott, damit Er das
Starke zuschanden mache. Das Niedriggeborene der Welt und das von ihr
Verschmähte erwählt Gott, ja das, was bei ihr nichts gilt, um das abzutun, was
bei ihr etwas gilt, damit sich überhaupt kein Fleisch vor den Augen Gottes
rühmen könne.«
Vers 27 bekräftigt diese Ausführungen: »Alles ist Mir von meinem Vater übergeben worden; und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater als nur der Sohn und wem der Sohn es zu enthüllen beschließt.«
Nur Jesus
erkennt den Vater, nur Er ist »mit Ihm vertraut«, wie Jesus sagte, »weil Ich
von Ihm bin und Er Mich ausgesandt hat« (Joh.7:29).
Kein Mensch
aber kann den Vater erkennen, es sei denn, dass der Sohn es ihm zu enthüllen
beschließt. - Da ist nichts hinzuzufügen; wir können uns nur niederbeugen und
dem Vater und dem Sohn huldigen. Und nur danken können wir, dass wir in der
Gnade auserwählt und berufen, mit dem Glauben beschenkt und gerechtfertigt,
ausgesöhnt und versiegelt sind. In der Gnade sind wir Gerettete (Eph.2:8)!
Und nun ruft der Herr auf: »Kommt alle her zu Mir, die ihr euch müht und beladen seid; Ich werde euch Ruhe geben. Nehmt Mein Joch auf euch und lernt von Mir, denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn Mein Joch ist mild, und Meine Last ist leicht« (Verse 28-30).
Die Juden
mühten sich in mehrfacher Hinsicht und waren auf vielerlei Weise beladen, und
zwar
-
durch das Gesetz des Mose, sofern man damit seine eigene Gerechtigkeit durch
Werke aufzustellen suchte (Röm.10:3; Phil.3:9),
-
durch die Erkenntnis des Gesetzes der Sünde und des Todes, sofern man das
Treffliche wirklich tun wollte, es aber wegen der innewohnenden Sünde nicht
vermochte (Röm.7:18,23)
-
sowie durch die über das Gesetz des Mose hinausgehenden Vorschriften der
Pharisäer und Schriftgelehrten, die »schwere und unerträgliche Lasten«
zusammenbanden und den Juden auf die Schultern legten (Mat.23:4).
Das Joch Jesu
dagegen ist mild und Seine Last ist leicht, weil Er sanftmütig und demütig ist
und daher niemanden überfordert. Er ist der Sich Erbarmende und vergibt den
Menschen ihre Sünden, sofern sie wirklich nach dem Königreich Gottes und seiner
Gerechtigkeit trachten. Er ist der Retter und der Helfer. Wer Ihn sieht, sieht
den Vater, und diese rechte Erkenntnis des Vaters und des Sohnes im Glauben und
in der Bereitschaft der Treue und des Gehorsams vermittelt Herzensfrieden und
Ruhe für die Seele.
Dem wahren
Herrn und Christus zu dienen, ist Freude, auch wenn es Mühe kostet. Und selbst
dann, wenn die Gläubigen um Jesu willen gehasst werden und Drangsale erleiden,
wird der Friede Gottes ihre Herzen in Erwartung der Auferstehung und des
äonischen Lebens im Königreich Israels bewahren.
Jesus ist Herr über den Sabbat
(Mat.12:1-32)
»Zu jenem Zeitpunkt ging Jesus an den Sabbaten durch die Saaten. Seine Jünger aber waren hungrig und begannen Ähren abzurupfen und zu essen. Als die Pharisäer dies gewahrten, sagten sie zu Ihm: Siehe, Deine Jünger tun, was am Sabbat nicht zu tun erlaubt ist« (Verse 1+2).
Schlägt man im
Gesetz des Mose nach, dann findet man, dass der siebente Tag (der Samstag) ein
Sabbat für Jewe und daher heilig zu halten ist und keine Arbeit an diesem Tag
verrichtet werden darf. Was allerdings gegessen wird, darf auch zubereitet
werden (2.Mose 12:6; 20:10; 31:15; 5.Mose 5:14). Die Jünger hatten also nicht
gegen das Gesetz verstoßen, denn Ährenrupfen ist keine Arbeit, und sie
verzehrten sie ja auch sofort. Sie hatten nur die über das Gesetz hinausgehenden
Vorschriften der Pharisäer übertreten. Und das Ährenabrupfen als solches ist
nach 5.Mose 23:26 ohnehin erlaubt; da heißt es: »Wenn du in das Getreidefeld
deines Nächsten kommst, dann darfst du Ähren mit deiner Hand abpflücken, aber
die Sichel sollst du nicht über das Getreide deines Nächsten schwingen.«
Zunächst hält Jesus den Pharisäern zwei Beispiele aus der Schrift vor: »Er aber erwiderte ihnen: Habt ihr nicht gelesen, was David tat, als er hungrig war, er selbst und die bei ihm waren, wie er in das Haus Gottes einging und sie die Schaubrote aßen, die ihm nicht zu essen erlaubt waren (noch denen mit ihm) außer den Priestern allein? Oder habt ihr nicht im Gesetz gelesen, dass die Priester an den Sabbaten in der Weihestätte den Sabbat entheiligen und doch schuldlos sind?« (Verse 3-5).
Auf der Flucht
vor dem König Saul waren David und seine Männer nach Nob zum Priester Ahimelech
gekommen, der ihnen fünf heilige Brote gab (1.Sam.21:2-7), die nach Gottes
äonischem Gesetz von Aaron und seinen Söhnen als ein hochheiliges von den
Feueropfern Jewes an heiliger Stätte gegessen werden (2.Mose 25:30; 29:33;
3.Mose 24:9). Die zwölf Schaubrote stehen für die zwölf Stämme Israels. Dieses
Beispiel macht deutlich, dass der Hunger Davids und seiner Männer Gott
wichtiger war als die zeremonielle Ordnung.
Und was die
Priester auch und gerade am Sabbat taten, nämlich Opfer darbringen (4.Mose
28;9,10), zeigt, dass der Gottesdienst dem Sabbatgebot vorging.
Jetzt folgen die entscheidenden Begründungen Jesu: »Ich aber sage euch: Hier ist einer, der größer als die Weihestätte ist! Wenn ihr nur erkannt hättet, was das ist: Barmherzigkeit will Ich und nicht Opfer -, so würdet ihr die Schuldlosen nicht schuldig sprechen; denn der Sohn des Menschen ist Herr über den Sabbat« (Verse 6-8).
Jesus ist
größer und erhabener als alles, sei es der Ihn vorschattende König David, sei
es die Weihestätte oder das Gesetz des Mose, die auf Ihn hinweisen. Er, der Sohn
des lebendigen Gottes, ist der angekündigte »Sohn des Menschen«, der das
äonische Königreich einnehmen wird (Dan.7:13,14) und als König
selbstverständlich auch darüber verfügt, was am Sabbat geschehen darf, auf
jeden Fall Nöte der Menschen lindernde Taten und Werke der Barmherzigkeit.
Haben sie denn
nicht in Hosea 6:6 gelesen: »Huld [-erweisung] gefällt Mir und nicht Opfer und
Erkenntnis Elohims mehr als Aufsteignahungen«? Die Pharisäer bestehen
hartherzig auf dem Gesetz und ihren eigenen Zusatzvorschriften ohne zu
erkennen, dass Barmherzigkeit zum Wichtigsten im Gesetz zählt (Mat.23:23).
Durch Sacharja sprach Jewe der Heere: Ȇbt gerechte Rechtsprechung und erweist
einander Gnade und Barmherzigkeit« (Sach.7:9). Steht nicht wiederholt
geschrieben, dass Jewe an Huld Gefallen hat und Sich Seines Volkes erbarmt
(Micha 7:18), dass Er mitleidsvoll und gnädig ist, langsam zum Zorn und groß an
Huld und Treue (2.Mose 34:6,7)? Sollten die Herzen der Schriftgelehrten nicht
vom Charakter Gottes geprägt sein? Huld, aus Seiner Liebe quellend, gehört zum
innersten Wesen Gottes, denn huldvoll ist Er in all Seinen Werken (Ps.145:17).
»Jewe ist gut gegen alle, und Sein Erbarmen geht über all Seine Werke«
(Ps.145:9). Seine Huld ist Ausdruck Seines Erbarmens, denn mit äonischer Huld
erbarmt Er Sich Israels (Jes.54:8).
Matthäus berichtet weiter: »Als Er von dort weiterging, kam Er in ihre Synagoge, und siehe, dort war ein Mensch, der eine verdorrte Hand hatte. Da fragten sie Ihn (um Ihn anklagen zu können): Ist es erlaubt, an den Sabbaten zu heilen? Er aber antwortete ihnen: Ist ein Mensch unter euch, der nur ein Schaf hat, und dieses fiele ihm an den Sabbaten in eine Grube, der es nicht ergreifen und heraufziehen würde? Um wie viel mehr überragt der Mensch so ein Schaf? Daher ist es auch erlaubt, an den Sabbaten edel zu handeln. - Dann sagte Er zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Da streckte er sie aus, und sie war wiederhergestellt, gesund wie die andere« (Verse 9-13).
Wie verstockt
muss man eigentlich sein, um Jesus Antworten zu entlocken, aufgrund derer man
Ihn anklagen könne? - Jesu Entgegnung ist so einfach und einleuchtend, dass
jedes Kind sie verstehen kann - wenn man einem Tier am Sabbat Barmherzigkeit
erweist, dann einem Menschen noch viel mehr -, und von solch einer
Herzenswärme, dass ein jeder Ihm zustimmen kann. Wenn man Ihn aber umbringen
will, ist man blind dafür. Die Pharisäer konnten nichts erwidern - diese ihre
Niederlage machte sie nur noch verbissener. Das Heilungswunder hätte ihren
Glauben an den vor ihnen stehenden Messias hervorrufen sollen.
Es fällt
übrigens auf, dass der Herr einen großen Teil Seiner Wunder an einem Sabbat
tat. Wie anders konnte Er Israel die herrliche Wahrheit anzeigen, dass es, wenn
es von all seinen Sünden geheilt ist, in die große Sabbatruhe des Königreichs
und in das Feiern Gottes eingehen wird (Heb.4:9,10)?
»Siehe, Mein Knecht!«
Die Führer des Volkes aber hassen Jesus ohne Grund, wie in Psalm 35:19 und 69:5 geschrieben steht (Joh.15:25). So lesen wir in den Versen 14 bis 21: »Die Pharisäer aber gingen hinaus und hielten eine Beratung über Ihn ab, wie sie Ihn umbrächten. Jesus erfuhr dies und zog Sich von dort zurück. Viele folgten Ihm nach, und Er heilte sie alle. Doch Er warnte sie sehr, Ihn nicht öffentlich bekannt zu machen, damit erfüllt werde, was durch den Propheten Jesaia angesagt war: Siehe, Mein Knecht, den Ich erwählte, Mein Geliebter, an dem Meine Seele ihr Wohlgefallen hat! Ich werde Meinen Geist auf Ihn legen, und Er wird den Nationen Gericht verkünden. Er wird nicht hadern noch schreien, noch wird jemand auf den Plätzen Seine Stimme hören. Ein geknicktes Rohr wird Er nicht zerbrechen, und einen glimmenden Flachsdocht wird Er nicht auslöschen, bis Er das Gericht zum Sieg durchgeführt hat. Und auf Seinen Namen werden sich die Nationen verlassen.«
Matthäus
zitierte nach Jesaia 42:1-4 (vgl. Jes.11:10).
Bis jetzt
hatte Jesus bekannt und als der Messias erkannt werden wollen, nun aber tritt
Er in einen neuen Abschnitt Seines Dienstes ein, und dies in Übereinstimmung
mit der Tatsache, dass Gott den Pharisäern und Schriftgelehrten die Augen nicht
aufgetan hatte, denen, die Seine Verkündigung im ganzen Land zum umfassenden
Erfolg hätten bringen können.
Bis jetzt
hatte man Jesu Stimme auf den Plätzen gehört, sodass man Jesaias Prophezeiung
bislang nicht mit Ihm in Verbindung bringen konnte. Nun jedoch bestätigt der
Vater den Sohn dadurch, dass Er das Jesaia-Wort an Ihm erfüllt; und Jesus weiß
dies und handelt dementsprechend, indem Er die Menschen eindringlich anweist,
Ihn nicht öffentlich als den Messias bekannt zu machen.
Nur ein
geknicktes Schilfrohr hier und ein glimmender Docht dort waren das Ergebnis der
Bemühungen Jesu. Nach unseren Vorstellungen hätte Sein Evangelium vom nahen
Königreich zu einer nationalen Erhebung führen und alle Juden zu glühenden
Jüngern machen sollen. Aber nur etliche zerknirschte Herzen und manch ein
schwaches Flackern des Glaubens waren alles, was der Herr aufzeigen konnte.
»Dann wurde ein dämonisch Besessener zu Ihm gebracht, der blind und stumm war, und Er heilte ihn, sodass der Stumme sprechen und sehen konnte. Da war die gesamte Volksmenge vor Verwunderung außer sich, und man sagte: Dies ist doch nicht etwa der Sohn Davids?« (Verse 22+23).
Der Satan
hatte die Sünde, das Zum-Sterben-sterbend-Sein (1.Mose 2:17) und mithin auch
alle Krankheiten der Menschheit durch Adam in sie hineingebracht. Jesus
Christus aber, der Herr über alle Geschöpfe und das Haupt auch jeder
geistlichen Fürstlichkeit und Obrigkeit (Kol.2:10), ist imstande, die Menschen
von allen Krankheiten, ja dem Tod zu befreien und aus der Obrigkeit der
Finsternis zu bergen (Kol.1:13).
Als die Menge das Heilungswunder wahrnahm, war sie außer sich, kam aber über die Frage, ob Jesus etwa der verheißene Sohn Davids sei, dem Jewe das Königreich bereiten wird (2.Sam.7:12-14), nicht hinaus. Dank sei Gott, dass Er es uns geschenkt hat zu glauben, dass Jesus derjenige ist, der das Königreich Davids wiederherstellt (Amos 9:11; Ap.15:16).
Die Reaktion der Pharisäer ist äußerst durchtrieben: »Als die Pharisäer es hörten, sagten sie: Dieser treibt keine Dämonen aus außer durch Beezeboul, den obersten der Dämonen« (Vers 24).
Beezeboul ist
der Name des obersten der Dämonen (vgl. Mat.9:34). Dämonen gehören der niederen
Klasse der bösen und unreinen Geister an und sind nicht mit den Boten (Engeln) Satans
zu verwechseln. Beezeboul untersteht dem Satan. Satans Königreich schließt auch
die Dämonen ein. Beezeboul heißt so viel wie Baal (Eigner oder Herr) der
Wohnorte oder der Fliegen. Der Name geht auf Baal zebub zurück, das heißt »Herr
der Fliegen«, den Götzen der Stadt Ekron der Philister (2.Kön.1:2).
Der Herr
widerlegt die heimtückische Behauptung der Pharisäer durch drei schlichte und
überzeugende Argumente, die wir in den Versen 25 bis 29 vernehmen: »Da Er aber ihre
Überlegungen gewahrte, sagte Er zu ihnen: Jedes Königreich, das mit sich selbst
uneins ist, wird veröden, und keinerlei Stadt oder Haus, das mit sich selbst
uneins ist, wird bestehen. Wenn der Satan den Satan austreibt, so ist er mit
sich selbst uneins. Wie soll nun sein Königreich bestehen können?
Wenn Ich die
Dämonen durch Beezeboul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus?
Deshalb werden sie eure Richter sein.
Wenn Ich aber
durch den Geist Gottes die Dämonen austreibe, so kommt demnach das Königreich
Gottes schon im Voraus auf euch. Wie kann jemand in das Haus des Starken
eindringen und dessen Hausrat plündern, wenn er nicht zuerst den Starken
bindet? Erst dann wird er dessen Haus plündern.«
Ja, wie könnte
ein Königreich bestehen, wenn es mit sich selbst uneins ist? Solch ein Unsinn,
dass Beezeboul seine eigenen Mitstreiter austreibe, ist nicht denkbar.
Es ist des
Weiteren undenkbar, dass die Söhne der Pharisäer Dämonen durch Beezeboul
austreiben. Wer wollte denn die Söhne des Paktes mit Beezeboul bezichtigen? Die
Pharisäer hatten dies aber in ihrem blinden Hass getan; ihre Söhne werden sie
darin verurteilen.
Und das Dritte
ist ebenfalls klar: Wer eines Starken Hausrat plündern will, muss ihn zuerst
binden. Wer einen Menschen geheilt aus dem Haus der Dämonen hinausführen will,
muss zuerst die Dämonen austreiben. Die Heilung des dämonisch Besessenen zeigt,
dass Jesus in der Kraft des Geistes Gottes die Dämonen ausgetrieben hat und Er
der Stärkste ist, der folglich auch in der Lage ist, das Königreich für Israel
aufzurichten.
Johannes
schreibt in diesem Zusammenhang: »Dazu wurde der Sohn Gottes offenbart, damit
Er die Werke des Widerwirkers niederreiße« (1.Joh.3:8).
Es folgt der
Aufruf von Vers 30 zur Einnahme einer eindeutigen Position: »Wer nicht mit Mir
ist, der ist gegen Mich, und wer nicht mit Mir sammelt, der zerstreut.«
Mit diesem
Wort machte Jesus den Pharisäern wie auch allen anderen angesichts Seines
Heilungswunders und der erkennbaren Wirksamkeit des auf Ihm ruhenden Geistes
Gottes (Jes.11:2; 42:1; Mat.12:20) deutlich, dass es Ihm gegenüber keine
Neutralität geben kann und auch Unentschiedenheit oder eine weitere Bedenkzeit
nicht mehr akzeptiert werden können, sondern man nur mit Ihm oder gegen Ihn
sein kann. Und wer mit Ihm ist, der erweise dies, indem er nämlich die
Auserwählten aus dem Volk Israel mit Ihm sammle; andernfalls wird man nur der
Zerstreuung und dem Verfall Vorschub leisten und sich somit als Gegner Jesu
erzeigen.
Mit den Versen 31 und 32 folgt eines der ernstesten Worte für die Juden, das über Leben und Tod für die Äonen entscheidet: »Deshalb sage Ich euch: Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen erlassen werden, die Lästerung des Geistes aber wird nicht erlassen werden. Wer etwa ein Wort gegen den Sohn des Menschen sagt, dem wird es erlassen werden; wer aber gegen den heiligen Geist redet, dem wird es nicht erlassen werden, weder in diesem Äon noch in dem zukünftigen.«
Welch eine
Gnade Israel doch zuteil wurde: Jede Sünde und Lästerung, ja sogar Worte gegen
Jesus Selbst, werden den Juden vergeben, wenn sie glauben und umsinnen. Am
äonischen Königreich Israels werden sie dann teilhaben. Der Herr hatte
Verständnis dafür, dass Er, im Körper der Niedrigkeit unter ihnen weilend,
verkannt werden konnte. Für diese Sünde war Vergebung möglich. Dies liegt auf
der Linie des Evangeliums der Beschneidung, wonach man für unwissentliche und
versehentliche Verfehlungen Vergebung erlangen konnte. Für Sünden »mit erhobener
Hand«, also vorsätzliche und vollmächtigliche (4.Mose 15:30), und für Sünden
mit Wissen und Wollen, die nach der Erkenntnis der Wahrheit begangen wurden
(Heb.10:26), gab es keine Vergebung (Ap.5:3; 13:39).
Insofern die
Juden Jesus unwissentlich an das Kreuz gebracht haben, bat Er für sie: »Vater,
vergib ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun« (Luk.23:34).
Die Lästerung
des Geistes Gottes wird den Juden aber nicht erlassen werden. Sie besteht in
der Unterstellung, dass Jesus Seine Werke im Bund mit bösen Geistern tue. Dass
es aber Gottes Kraft war, in der Jesus wirkte, konnte eigentlich nicht verkannt
werden. Wer nun gegen dieses Zeugnis des heiligen Geistes redet - und dies
gerade angesichts einer Dämonenaustreibung, die nur durch den Geist Gottes geschehen
sein konnte -, dem ist nicht mehr zu helfen, dem kann keine Vergebung gewährt
werden, weder im gegenwärtigen, bösen Äon (Gal.1:4) noch in dem darauf
folgenden Äon des tausendjährigen Königreichs Israels.
So geschah es
dann auch im Berichtszeitraum der Apostelgeschichte. Die Wunder, die Petrus,
Johannes und Paulus im Namen des Auferstandenen und in der Kraft des heiligen
Geistes taten, beglaubigten ihre Botschaft über den Herrn Jesus Christus, den
Sohn des lebendigen Gottes. Wer das Zeugnis des Geistes nun aber immer noch
bösen Geistern zuschreibt, der »hat für den Äon keine Erlassung, sondern ist
der äonischen Folge der Sünden verfallen« (Mark.3:29), der wird kein äonisches
Leben (Leben in den kommenden Äonen) haben, der wird nicht in das Königreich
eintreten.
Wir dagegen,
die Glieder der Körpergemeinde Christi (Eph.1:23), die wir in der dem Apostel
Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Haushaltung der überströmenden Gnade
Gottes leben (Eph.3:2; Kol.1:25; Röm.5:20), die wir gerechtfertigt und mit Gott
versöhnt sind, können die Sünde wider den heiligen Geist gar nicht begehen, da
sie nur von Ungläubigen angesichts des Wunder wirkenden Geistes Gottes begangen
werden konnte.
Mit unseren
Sünden handeln wir zwar ebenfalls gegen den Geist Gottes, indem wir ihn nämlich
betrüben (Eph.4:30), wir sind und bleiben aber in der Gnade Gerettete
(Eph.2:8), und nichts ist uns zur Verurteilung, die wir in Christus Jesus sind
(Röm.8:1).
Das Zeichen des Propheten Jona
(Matthäus 12:33-50)
Im Zusammenhang mit der bösartigen Behauptung der Pharisäer, Jesus treibe Dämonen durch Beezeboul, den obersten der Dämonen, aus, stellt der Herr nun fest, dass man an den Worten der Menschen deren Herzenseinstellung erkennen kann, bildlich gesprochen, dass man an der Frucht die Qualität des Baumes erkennt.
Jesus sagte: »Entweder macht den Baum edel, dann ist auch seine Frucht edel; oder macht den Baum faul, dann ist auch seine Frucht faul; denn an der Frucht erkennt man den Baum« (Vers 33).
Im Falle der
Bäume haben wir Menschen keine Schwierigkeiten, sie richtig zu beurteilen. Und
man scheut sich auch nicht, einen Baum, der keine edlen Früchte trägt,
umzuhauen (Mat.7:19). Nun sagt der Herr aber, dass man auch die Menschen an
ihren Früchten sicher erkennen wird, worunter wir gewiss auch ihre Taten
verstehen dürfen, wenn der Herr auch nur von der Frucht ihrer Lippen spricht.
Der Herr fuhr fort: »Otternbrut! Wie könnt ihr, da ihr doch böse seid, Gutes reden? Denn aus der Überfülle des Herzens spricht der Mund. Der gute Mensch holt aus seinem guten Schatz Gutes hervor, während der böse Mensch aus seinem bösen Schatz Böses hervorholt« (Verse 34+35).
Die bösen Worte
der Pharisäer über Jesus sind der Ausdruck ihrer bösen Herzenshaltung. Durch
ihre Worte geben sich die Bösen zu erkennen. Otternbrut sind sie! Es ist so,
wie es geschrieben steht: »Der Verruchte spricht verruchte Worte« (Jes.32:6).
»Wie eine geöffnete Gruft ist ihre Kehle; mit ihren Zungen betrügen sie;
Natterngift ist unter ihren Lippen, deren Mund voller Verwünschung und
Bitterkeit ist« (Röm.3:13,14; Ps.5:10; 140:4). Jakobus schreibt dazu: »So ist
auch die Zunge nur ein kleines Glied, sie kann sich aber mit Großem brüsten.
Siehe, welch ein kleines Ausmaß an Feuer vermag welch großes Ausmaß an Material
zu entzünden. Auch die Zunge ist ein Feuer, eine Welt der Ungerechtigkeit. Die
Zunge ist unter unseren Gliedern als diejenige eingesetzt, die den ganzen
Körper beflecken kann und das Rad des uns Angestammten [d. h. den Lauf des uns
Gewordenen] entflammt wie auch von der Gehenna entflammt [d. h. im Feuergericht
umkommen] wird« (Jak.3:5,6).
»Über jeden müßigen Ausspruch ...«
»Ich sage euch aber: Über jeden müßigen Ausspruch, den die Menschen reden werden - am Tage des Gerichts werden sie diesbezüglich Rechenschaft zu erstatten haben; denn nach deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und nach deinen Worten wirst du schuldig gesprochen werden« (Verse 36+37).
Dies sind
ernste Worte! Und wenn wir auch nicht davon betroffen sind, denn wir sind in
der Gnade Gerechtfertigte, völlig unabhängig von unserem Tun und Lassen, und
kommen nicht in das Gericht vor dem großen, weißen Thron, so werden wir doch
vor der Preisrichterbühne des Christus Rechenschaft zu erstatten haben und Lob
und Lohn für unsere edlen Werke erhalten, für unnütze Worte natürlich nicht
(Röm.14:12; 1.Kor.3:10-15; 2.Kor.5:10).
Judas
bekräftigt: Der Herr wird an allen Gericht üben und alle Ruchlosen entlarven
wegen aller harten Worte, die sie gegen Jesus Christus sprechen (Jud.15).
Jakobus warnt die zwölf Stämme Israels wie folgt vor überflüssigen Worten:
»Euer Ja sei Ja und euer Nein sei Nein, damit ihr nicht unter das Gericht fallt«
(Jak.5:12).
Beim Gericht
wird es absolut gerecht zugehen; die Nichtauserwählten werden nach ihren Werken
verurteilt (Off.20:12). Dabei wird auch ihre eigene Unterscheidungsfähigkeit
zwischen Gut und Böse, Recht und Unrecht berücksichtigt, die sie im Laufe ihres
Lebens in meist über andere urteilenden Worten haben deutlich werden lassen.
Ein Beispiel dafür haben wir in dem Gleichnis von den anvertrauten Pfunden,
worin der Herr dem mit dem Geld nicht wirtschaftenden Sklaven sagt: »Nach der
Aussage deines eigenen Mundes werde ich dich richten, böser Sklave! Du
wusstest, dass ich ein strenger Mensch bin und nehme, was ich nicht angelegt,
und ernte, was ich nicht gesät habe. Weshalb gabst du mein Geld nicht auf eine
Bank? Dann hätte ich es, als ich kam, mit Zinsen einfordern können«
(Luk.19:22,23).
»Dann antworteten Ihm einige der Schriftgelehrten und Pharisäer: Lehrer, wir wollen von Dir ein Zeichen gewahren! - Darauf gab Er ihnen zur Antwort: Diese böse und ehebrecherische Generation trachtet nach einem Zeichen; doch man wird ihr kein Zeichen geben außer dem Zeichen des Propheten Jona; denn ebenso wie Jona drei Tage und drei Nächte im Leib des Seeungeheuers war, so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein« (Verse 38-40).
Ein Zeichen
wollen sie sehen - und dann selbstherrlich entscheiden, ob sie es anerkennen
wollen oder nicht. Würden sie glauben, so hätten sie gar kein Verlangen nach
einem Zeichen.
Als einen
Lehrer sprechen sie Ihn an - bestimmt nicht von Herzen, denn dann würden sie
Ihm glauben und gehorchen, sondern nur Seiner offenkundigen Tätigkeit nach.
Ein Zeichen
wollen sie wahrnehmen - hat Jesus denn nicht schon genügend Zeichen und Wunder getan,
die Ihn als den Messias ausweisen (Mat.11:5)? Alle diese ignorieren sie aber!
Der Herr
nannte nicht nur die Zeichenfordernden, sondern Seine gesamte Generation böse
und ehebrecherisch. Ihre Bosheit ist an ihrem niederträchtigen Denken zu
erkennen, Jesu Krankenheilungen dem Beezeboul zuzuschreiben, und ihr Ehebruch
daran, dass sie den am Sinai geschlossenen Bund nicht halten, der doch von
Christus spricht, und den Worten der Propheten nicht treu sind, die den Sohn
des Menschen angekündigt haben (Dan.7:13). Sie haben den Vater nicht erkannt,
sondern trachten ehebrecherischerweise nach allerlei anderem, und kennen daher
auch den Sohn nicht.
Jesus weigerte
Sich mithin, ihnen ein weiteres Zeichen zu geben, denn »wenn sie nicht auf Mose
und Propheten hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand
aus den Toten aufersteht« (Luk.16:31).
Die mit der
»Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden« (Luk.3:3) unter Johannes dem
Täufer begonnene Bewegung im Volk Israel war in die Ablehnung Jesu
umgeschlagen; der wahre Charakter der Menschen trat zutage.
Ein Zeichen
aber soll ihnen gegeben werden: das des Propheten Jona.
Die
entscheidende Einzelheit der Geschichte Jonas ist uns bekannt: Als die Seeleute
den ungehorsamen Propheten ins Meer geworfen hatten, bestellte Jewe einen
großen Fisch, damit dieser Jona verschlinge, der daraufhin drei Tage und drei
Nächte im Bauch des Fisches war, bis jener ihn auf Befehl Jewes auf das
trockene Land ausspie. Im Bauch des Fisches war Jona im Scheol, im Ungewahrten
- er war nicht zu sehen -, und schrie um Rettung (Jona 2:3).
Der Scheol
(nach dem Griechischen: der Hades) ist die Antwort auf die Frage, wo die Toten
seien; sie sind im Ungewahrbaren, sie sind nicht mehr wahrnehmbar, weil sie
nicht mehr sind.
Der Ausdruck
»drei Tage und drei Nächte« ist eine hebräische Redewendung, die genau besehen
nur zwei Nächte einschließt. Außerdem muss man wissen, dass ein Tag um 18 Uhr
beginnt und die Juden jeden angefangenen Tag auch von nur wenigen Minuten als
einen Tag zählen. Der Leichnam unseres Herrn Jesus Christus lag vom Ende des
Donnerstags noch vor 18 Uhr bis zur
Mitte des Sabbats (des Samstags) gegen 6 Uhr im Grab. Es sind also drei zu
zählende Tage berührt. Dementsprechend heißt es, wie viele Male in der Schrift
zu lesen ist, dass Er am dritten Tag auferweckt wurde.
Das Zeichen,
das Jesus den Pharisäern und Schriftgelehrten gab, waren Sein Tod, Sein Grab
und Seine Auferstehung, vergleichbar dem Erleben des Jona. Mit diesem Zeichen
bindet der Herr die Zeichenfordernden als die Mörder des Messias in das
Geschehen ein.
Wie sich
hernach in der Zeit der Apostelgeschichte zeigt, ist gerade dieses Zeichen nach
Gottes Weisheit die Grundlage des Glaubens und der Umsinnung vieler Menschen.
»Siehe, hier ist mehr als Jona!«
Welch ein erschütternder Kontrast zur Haltung Israels wird an den folgenden Versen 41 und 42 deutlich: »Männer, Niniviter, werden mit dieser Generation zum Gericht auferstehen und sie verurteilen, denn auf den Heroldsruf des Jona hin sinnten sie um, und siehe, hier ist mehr als Jona! Die Königin des Südens wird mit dieser Generation zum Gericht auferweckt werden und wird sie verurteilen; denn sie kam von den Enden der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören, und siehe, hier ist mehr als Salomo!«
Wer vermag
dies zu fassen? Die Niniviter glaubten Jona ohne dass er ein Wunder getan hatte
und sinnten um (wenn ihre Umsinnung auch nicht von Dauer war, denn sie kommen
ja ins Gericht vor dem großen, weißen Thron). Die Juden aber verhärteten sich
gegenüber Jesus, der viel erhabener als Jona ist. Die Königin von Saba
unternahm die weite Reise von der Südküste Arabiens, wo das Land endete, bis
nach Jerusalem, um die Weisheit Salomos zu hören, und sie erkannte diese
Weisheit ohne ein Zeichen zu fordern als von Jewe, dem Elohim Israels, stammend
(1.Kön.10:1-13; 2.Chron.9:1-12). Israel aber verschmäht den, der die Weisheit
in Person ist. »Der aus dem Himmel kommt, ist über allen«, sagt Johannes der
Täufer (Joh.3:31).
Wie groß doch
der Unglaube Israels im Vergleich zu dem Glauben jener Ausländer ist! Allein
ihr Auftreten im Gericht - sie brauchen noch nicht einmal etwas zu sagen - muss
die Juden schon zutiefst beschämen. Und so wird sich erfüllen, was Paulus in Römer
2:27 schrieb: »Der von Natur Unbeschnittene, der das Gesetz vollbringt, wird
dich richten, der du nach Buchstaben und Beschneidung ein Übertreter des
Gesetzes bist.«
Es war nicht allzu lange her, dass Jesus einen Dämonen aus einem Besessenen ausgetrieben hatte (Vers 22). Israel aber ließ sich durch diese Tat nicht zum Glauben und zur Umsinnung führen. Im Bilde eines Hauses gesprochen, ist es nach der Austreibung eines unreinen Geistes leer. So kann es aber nicht bleiben. Man sollte meinen, dass nach einer solchen Erweisung der Kraft des heiligen Geistes Jesus Christus durch den Glauben in jenes Haus, in das Haus Israel, einzöge. Israel aber glaubt nicht, sondern pflegt nur eine Form der Heiligung in Gestalt des mosaischen Rituals. Folglich geschieht, was der Herr in den Versen 43 bis 45 sagt und dann vielen einzelnen Juden geschehen ist wie auch dem gesamten Volk geschah und bis heute noch geschieht (sind sie doch erbitterte Feinde Jesu): »Wenn der unreine Geist von einem Menschen ausgefahren ist, durchzieht er wasserlose Stätten, sucht dort Ruhe und findet sie nicht. Dann sagt er: Ich werde in mein Haus zurückkehren, von wo ich ausfuhr. Und wenn er kommt, findet er es unbesetzt, gefegt und geputzt. Dann geht er hin und nimmt sieben andere Geister mit sich, ärger als er selbst; sie ziehen ein und hausen dort, sodass es jenem Menschen zuletzt ärger ergehen wird als zuvor. Ebenso wird es auch mit dieser bösen Generation sein.«
Wer ein Wunder
erfuhr, zum Erstaunen über den Fingerzeig Gottes kam und daraufhin den
Entschluss zur Besserung seiner Gesinnung fasste, aber nicht an Jesus als den
Messias glaubte, stand - menschlich gesehen - zwar viel besser da, hatte aber
nicht die Kraft, bösen geistlichen Mächten zu widerstehen. Und dann ging es ihm
zuletzt ärger als zuvor. Dieselben Worte gebraucht auch der Apostel Petrus,
wenn auch in einem Parallelfall, nämlich eines zum Glauben an Jesus Gekommenen;
und zwar schreibt er in seinem 2. Brief 2:20-22: »Wenn sie [die zum Glauben
Gekommenen] durch die Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus dem
Unflat der Welt entflohen sind, dann aber wieder in diese Dinge verflochten
werden und unterliegen, so ergeht es ihnen zuletzt ärger als zuvor. Denn es
wäre besser für sie, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben, als ihn
zu erkennen, um danach zu dem hinter ihnen Liegenden zurückzukehren, weg von
dem heiligen Gebot, das ihnen übergeben wurde. Ihnen aber ist der Sinn des
wahren Sprichworts widerfahren: Ein Köter wendet sich zum eigenen Gespei um;
und: Eine gebadete Sau zum Wälzen im Schlamm.«
Je mehr
Erkenntnis Gottes ohne Hinwendung zu Ihm, desto ärger wird es mit dem Menschen
und umso strenger das Gericht.
Eine Frage am
Rande: Wieso durchziehen ausgefahrene Dämonen wasserlose Stätten? Sie meiden
Wasser, weil es für sie zum Abgrund zählt, zumal alles, was unter der Erd- und
Wasseroberfläche liegt, nach der Bibel dem Abgrund zuzuordnen ist. - Sie suchen
einen Körper als Behausung, und wenn es auch nur der eines Schweines ist; und
die Bitte der Dämonen zu Gergesa an den Herrn, in die Schweine geschickt zu
werden, besagt zugleich, nicht in den Abgrund verbannt zu werden (Mat.8:31).
Der bösen
Generation Jesu wie auch dem Volk Israel während der Zeit seiner Verwerfung
ergeht es bis heute ärger als zuvor; der böse Geist und noch sieben andere noch
bösere dazu haben von Israel Besitz ergriffen.
»Während Er noch zu den Scharen sprach, siehe, da standen Seine Mutter und Seine Geschwister draußen und suchten Ihn zu sprechen. Da sagte einer Seiner Jünger: Siehe, Deine Mutter und Deine Geschwister stehen draußen und suchen Dich zu sprechen. Er aber antwortete dem, der es Ihm meldete: Wer ist Meine Mutter, und wer sind Meine Geschwister? Und Seine Hand über Seine Jünger ausstreckend, sagte Er: Siehe, Meine Mutter und Meine Geschwister! Denn wer den Willen Meines Vaters in den Himmeln tut, der ist Mein Bruder und Meine Schwester und Meine Mutter« (Verse 46-50).
Joseph, der
Vater Jesu nach dem Gesetz (Luk.3:23), war nicht anwesend; daraus kann nicht
geschlossen werden, dass er bereits verstorben war, es ist aber dennoch sehr
wahrscheinlich. Jesus hatte mehrere Geschwister, und zwar vier Halbbrüder und
mindestens zwei Halbschwestern (Mat.13:55,56).
Sicherlich hat
der Herr nach Seinem Ausspruch Seiner Familie die angemessene Achtung erzeigt,
aber darum geht es dem berichtenden Matthäus nicht, sondern darum, deutlich zu
machen, dass in Jesu neuem Dienstabschnitt nicht mehr die mit dem gesamten Volk
bestehende leibliche Verwandtschaft im Vordergrund steht, sondern der einzelne
Treue, der den Willen Seines Vaters in den Himmeln tut, mithin der, der
geistlich mit Ihm verwandt ist.
Damit sind
nicht mehr alle Juden Jesu Brüder und Schwestern; jetzt ist die Bruderschaft
auf die Gläubigen begrenzt.
Vernehmen wir
hierzu das schöne Wort aus Hebräer 2:11-13: »Sowohl der Heiligende [der Sohn]
wie auch die geheiligt werden [die Gläubigen], stammen alle aus dem Einen [dem Vater],
um welcher Ursache Er [der Herr Jesus Christus] Sich nicht schämt, sie Brüder
[Geschwister] zu nennen, indem Er sagt: Ich werde Deinen Namen Meinen Brüdern
verkünden, inmitten der herausgerufenen Gemeinde werde Ich Dir lobsingen.
Anderswo wieder: Ich werde zu Ihm Vertrauen haben. Und wieder: Siehe, Ich und
die Kindlein, die Gott Mir gibt.«
Mögen wir, die
Glieder der Körpergemeinde (Eph.1:23), die wir in der dem Paulus gegebenen
heilsgeschichtlichen Haushaltung der überströmenden Gnade Gottes leben
(Eph.3:2; Kol.1:25), nie vergessen, dass wir stets die Brüder und Schwestern
des Herrn Jesus Christus sind und bleiben (Eph.1:13; Röm.8:30), auch wenn wir
nicht den Willen unseres Vaters in den Himmeln tun, indem wir etwa fleischgemäß
wandeln und nicht geistgemäß (Röm.8:4,13,14; Gal.5:16) und indem wir nicht auf
das achten, was unser Herr uns durch unseren Apostel sagt, Paulus, den Herold,
Apostel und Lehrer der Nationen (1.Tim.2:7; Tit.1:3). Eine solche Gnade möge
unsere Herzen gewinnen und ändern (Tit.2:12)!
Israel aber
gilt - dem dem Apostel Petrus gegebenen Evangelium der Beschneidung nach
(Gal.2:7) -: »Wer den Willen Gottes tut, bleibt für den Äon« (1.Joh.2:17); und:
»Nicht jeder, der zu Mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Königreich der Himmel
eingehen, sondern nur, wer den Willen Meines Vaters in den Himmeln tut«
(Mat.7:21). Glaube und edle Werke sind untrennbar (2.Pet.1:10; Jak.2:24).
Das erste Königreichsgleichnis
(Matthäus 13:1-23)
Mit der Ablehnung Jesu und Seines Aufrufs zur Umsinnung angesichts des nahen Königreichs Israels trat der Herr in den zweiten Abschnitt Seines Dienstes unter Seinem Volk ein: Er verkündigte das Evangelium nicht mehr frei heraus, sondern in Gleichnissen verschlüsselt, damit sie Ihn nicht mehr verstehen sollten.
Bis auf wenige
(Mat.11:25-30) hatten die Juden nicht umgesinnt (Mat.11:16-24). Die Pharisäer
und Schriftgelehrten unterstellten Jesus, Er treibe die Dämonen im Bund mit
Beezeboul, dem obersten der Dämonen, aus (Mat.12:24-32). Und ein Zeichen
wollten sie von Ihm sehen, obwohl Er Sich als ihr Messias bereits durch viele
Zeichen und Wunder erwiesen hatte (Mat.12:38-40). Israel glaubte Ihm nicht;
mithin zog Jesus nicht durch den Glauben in ihre Herzen ein, sodass die bösen
Geister von dem Volk Besitz ergriffen (Mat.12:43-45).
Einer solchen
Otternbrut, einer solchen bösen und ehebrecherischen Generation (Mat.12:34,39)
konnte das verheißene Königreich auf keinen Fall gegeben werden. Somit musste
es in die Ferne rücken.
In Form von
Gleichnissen macht der Herr nun die sieben Geheimnisse des Königreichs für die
Zeit der gerade eingetretenen Verblendung Israels bis zum Abschluss des Äons
und zur Aufrichtung des Königreichs bekannt. Diese Informationen über
königreichsbezogene Ereignisse während der Verwerfung Jesu durch Sein Volk
waren bisher noch verborgen gewesen.
Hinsichtlich
dieses zeitlichen Rahmens ist zu beachten, dass die dem Apostel Paulus gegebene
heilsgeschichtliche Haushaltung der überströmenden Gnade Gottes (oikonomia:
Eph.3:2; Kol.1:25; Röm.5:20) und wir, die wir als Glieder der Gemeinde, die
Christi Körper ist (Eph.1:23), darin leben, von diesen Gleichnissen in keiner
Weise berührt sind. Sie treffen für uns überhaupt nicht zu, sondern auf die
Zeit vor und nach uns.
Ein Gleichnis
(eine Parabel) ist eine grundlegende, lehrhafte Darstellung, die eine Wahrheit
an einem Beispiel im übertragenen Sinn veranschaulicht.
Die
Gleichnisse sind paarweise geordnet. Zum ersten Paar zählen das vom Sämann und
das vom Taumellolch. Das zweite Paar wird von dem vom Senfkorn und dem vom Sauerteig gebildet.
Diese ersten vier Gleichnisse beschreiben äußere Vorgänge. Zum dritten Paar
gehören das Gleichnis vom Schatz im Feld und das von der edlen Perle. Das
siebente Gleichnis, das vom Schleppnetz, steht separat. Diese letzten drei
Gleichnisse beschreiben Inneres, dem Königreich Wesenseigenes.
Matthäus berichtet in Kapitel 13:1-9: »An jenem Tag ging Jesus aus dem Haus und setzte Sich an den See; doch eine große Volksmenge versammelte sich um Ihn, sodass Er in ein Schiff stieg und Sich darin setzte, während die gesamte Schar am Strand stand. - Er sprach viel in Gleichnissen zu ihnen und sagte: Siehe, der Sämann ging aus, um zu säen. Und beim Säen fiel etwas an den Weg, und Flügler kamen und fraßen es. Anderes fiel auf das Felsige, wo es nicht viel Erde hatte; und es schoss sofort auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Als die Sonne aufging, wurde es versengt; da es keine Wurzel hatte, verdorrte es. Wieder anderes fiel in die Dornen, und die Dornen kamen hoch und erstickten es. Anderes fiel auf ausgezeichnetes Land und gab Frucht, das eine hundertfältig, das andere sechzig- und noch anderes dreißigfältig. Wer Ohren hat zu hören, der höre!«
In Israel
hatte der Ackerboden oftmals felsigen Untergrund, manche Dornenhecke war so
dicht, dass man sie nicht roden wollte, und Pfade säumten die Felder und
führten manchmal auch quer durch sie hindurch, sodass es beim Auswerfen des
Samens mit einem Schwung der Hand schon vorkam, dass etwas nicht auf das gute
Land fiel. Der Samen wurde sodann untergepflügt.
Wie das Land,
so die Menschen. Ihre Herzen waren so hart wie die festgetretenen Pfade. Ihr
Glaube war so mager wie felsiger Boden. Ihr Blick auf den für sie sorgenden
himmlischen Vater war so beschränkt wie unter einer Dornenhecke. Nur wenige
hörten in Treue auf das Wort Jesu und brachten gute Frucht, so wie guter
Erdboden die Saat gedeihen lässt.
»Wer Ohren hat
zu hören, der höre!« Dieses an Hesekiel 3:27 erinnernde Wort läuft eine
Scheidung hinaus: »So spricht Jewe, mein Herr: Wer hört, der höre, und der [vom
Wort] nicht Berührte [weil verstockt] lasse es, denn ein Haus der
Widerspenstigkeit sind sie.« Hierbei vergessen wir auch Jesaia 50:4 nicht,
wonach nur der hören kann, dem Jewe das Ohr weckt.
Den Jüngern war die neue Form der Verkündigung ihres Herrn aufgefallen. »Da traten die Jünger herzu und fragten Ihn: Warum sprichst Du in Gleichnissen zu ihnen? Er antwortete ihnen: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Königreichs der Himmel zu erkennen, jenen aber ist es nicht gegeben. Denn wer hat, dem wird gegeben werden, und er wird Überfluss haben; wer aber nicht hat, von ihm wird auch das, was er hat, genommen werden. Deshalb spreche Ich in Gleichnissen zu ihnen, damit sie sehend nicht sehen und hörend nicht hören noch verstehen. So wird an ihnen das Prophetenwort des Jesaia erfüllt, das besagt: Mit dem Gehör werdet ihr hören und keinesfalls verstehen. Sehend werdet ihr sehen und keinesfalls wahrnehmen; denn das Herz dieses Volkes ist verdickt, mit ihren Ohren hören sie schwer, und ihre Augen schließen sie, damit sie mit den Augen nicht wahrnehmen, noch mit den Ohren hören, noch mit dem Herzen verstehen und sich umwenden und Ich sie heilen könnte« (Verse 10-15).
Welch eine
Wendung die Verkündigung Jesu nehmen musste! Jetzt soll das nicht umsinnende
Volk nicht mehr verstehen und zum Glauben kommen können! Ihre Umsinnung nach
dem Aufruf Johannes des Täufers, aufgrund der vollmächtigen Worte Jesu sowie
angesichts Seiner Heilungswunder war nicht tiefgreifend gewesen; damit war auch
nicht mehr zu rechnen. Folglich war es besser, sie der Verstockung dahinzugeben
als ihnen weitere Erkenntnis zu vermitteln, deren Zurückweisung ihnen ein noch
ärgeres Gericht einbringen würde.
Die Antwort
des Herrn an Seine Jünger entlarvt die landläufige Meinung, dass Gleichnisse
dem besseren Verständnis dienten, als Irrtum. Wohl ist ein Gleichnis als solches
schlicht und einfach, zumal allseits bekannte Handlungen vor Augen geführt
werden, aber das, was es geistlicherweise aussagt, bleibt den meisten
verschlossen.
Den Jüngern
war es gegeben, die Geheimnisse des Königreichs der Himmel zu erkennen. Das
Königreich selbst war kein Geheimnis, denn die Propheten hatten auf vielerlei
Weise vom Kommen des Messias und der Aufrichtung des Königreichs gesprochen.
Was aber würde geschehen, wenn der Messias von Seinem Volk verworfen wird?
Dieses bislang noch Geheime verkündigt Jesus nun durch die sieben Parabeln
unseres Kapitels 13.
Allerdings -
wer erkennt, wer versteht die Geheimnisse? Den Jüngern war es gegeben; gegeben
- sie hatten also nicht von sich aus das Verständnis, zumal sich kein Mensch
etwas nehmen kann, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben wird (Joh.3:27). Ohne
Auslegung konnte niemand die Gleichnisse begreifen. Seinen Jüngern erklärte der
Herr sie.
»Denn wer hat,
dem wird gegeben werden.« Die Jünger hatten. Sie hatten vom Herrn bereits
manche geistliche Einsicht erhalten, sodass sie dafür zubereitet waren, mehr zu
empfangen.
Von denen
aber, die nicht haben, wird auch das genommen werden, was sie haben. Das
widerspenstige Volk hatte durchaus etwas, nämlich das ausgestreute und durch
Wunder beglaubigte Wort Jesu. Da sie aber nicht glaubten, sollte diese Saat bei
ihnen nicht aufgehen; sie sollten nichts davon haben. Sie dachten nicht daran,
nach den Worten Jesu zu handeln. Darum wurde ihnen das ihnen bereits
Übermittelte genommen.
Die ganze Nation
fiel durch ihren Unglauben von dem lebendigen Gott ab und verlor ihre
Privilegien als das Volk Gottes. Während der Zeit ihrer Verwerfung haben sie
gar nichts.
Nun nimmt der
Herr auf Jesaia 6:9,10 Bezug und sagt, dass Er deshalb in Gleichnissen zu ihnen
spreche, damit sie sehend nicht sehen und hörend nicht hören sollten und das
Wort des Propheten Jesaia somit an ihnen erfüllt werde.
Jesaia sechs
beginnt mit den Worten: »Im Todesjahr des Königs Usia sehe ich Jewe auf einem
Thron sitzen.« »Der Bericht über den König Usia bildet den düsteren Hintergrund
für das Erlebnis des Propheten. Usia und mit ihm ganz Israel hatten keinen
Begriff mehr von Gottes Heiligkeit, er war sich selbst zu groß geworden. Usia
war nicht zum Dienst im Heiligtum berufen, dennoch wagte er es, auch ohne diese
Berufung an den Altar heranzutreten. Jesaia wird gezeigt, wie heilig Jewe ist.
Selbst die Seraphim, die über Seinem Thron sind, wagen es nicht, Seine
Herrlichkeit anzusehen, sie bedeckten ihre Angesichter mit ihren Flügeln. Doch
der Mensch wagt es, frech vor Ihn zu treten, ohne gerufen zu sein« (Willy Dick,
»Unausforschlicher Reichtum«, 1986, Seite 106). Die Verworfenheit des Volkes
war so groß, dass Jesaia daraufhin von Jewe den Auftrag bekommt, Israel mit den
vom Herrn zitierten Worten zu verstocken.
Dieses Wort
Jesaias kennzeichnet stets das Ende der Königreichsverkündigung, hier die des
Herrn und am Schluss der Apostelgeschichte die des Apostels Paulus
(Ap.28:23-28). Das Königreich Israels wird erst den nach dem Ende der
gegenwärtigen Verwaltung der Gnade Gottes (Eph.3:2; Kol.1:25) auf der Erde
lebenden Menschen wieder verkündigt werden.
Johannes 12:37
bis 41 wirft weiteres Licht auf unsere Thematik: »Obgleich Er so viele Zeichen
vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an Ihn, damit das Wort des Propheten
Jesaia erfüllt werde, in welchem er angekündigte: Herr, wer glaubt unserer
Kunde? Und wem wurde der Arm des Herrn enthüllt? - Sie konnten deshalb nicht
glauben, weil Jesaia wiederum gesagt hatte. Er hat ihre Augen geblendet und ihr
Herz verstockt, damit sie mit den Augen nicht wahrnehmen, noch mit dem Herzen
begreifen und sich umwenden und Ich sie heilen könnte. - Dies sage Jesaia, als
er Seine [Jesu] Herrlichkeit gewahrt hatte und von Ihm [Jesus] sprach.« - Wir wissen,
dass dies der Weisheit Gottes und Seinem in Christus gefassten Vorsatz für den
Ablauf der Äonen entspricht (Eph.3:11) und der Niedergang Israels der Reichtum
der Nationen und Israels jetzige Verwerfung der Welt Versöhnung ist
(Röm.11:12,15).
Weiterhin sagte der Herr Jesus zu Seinen Jüngern: »Glückselig aber sind eure Augen, weil sie erblicken, und eure Ohren, weil sie hören. Denn wahrlich, Ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt, das zu gewahren, was ihr erblickt, und haben es nicht gewahrt, und das zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört« (Verse 16+17).
Die Jünger
sind sehr bevorzugt. Desgleichen schreibt Petrus im Zusammenhang mit der
Vollendung des Glaubens, die in der Rettung der Seelen besteht (1.Pet.1:9):
»Nach dieser Rettung haben schon die Propheten ernstlich gesucht und geforscht,
die von der erwiesenen Gnade prophetisch geredet haben, indem sie forschten,
was für eine oder welche Frist es sei, die der Geist Christi in ihnen offenkundig
machte, wenn er vorher bezeugte die für Christus bestimmten Leiden und Seine
Verherrlichung danach. Ihnen wurde enthüllt, dass sie dies nicht sich selbst,
sondern euch durch ihren Dienst vermittelten« (1.Pet.1:10-12).
Des Weiteren wandte Sich der Herr an die Jünger und deutete ihnen das erste der sieben Geheimnisse des Königreichs: »Ihr nun, hört das Gleichnis vom Sämann! Zu jedem, der das Wort vom Königreich hört und es nicht versteht, kommt der Böse und raubt ihm das ins Herz Gesäte; dieser ist es, bei dem an den Weg gesät wird. Wo aber auf das Felsige gesät wird, dieser ist es, der das Wort hört und es sogleich mit Freuden annimmt. Doch hat er in sich keine Wurzel, sondern ist wetterwendisch. Wenn sich Drangsal oder Verfolgung um des Wortes willen erhebt, strauchelt er sogleich. Wo aber in die Dornen gesät wird, dieser ist es, der das Wort hört; doch die Sorge dieses Äons und die Verführung des Reichtums ersticken das Wort, sodass es unfruchtbar wird. Wo aber auf das ausgezeichnete Land gesät wird, dieser ist es, der das Wort hört und versteht, welcher auf jeden Fall Frucht bringt, und der eine trägt hundertfältig, der andere sechzig-, der andere dreißigfältig« (Verse 18-23).
Jesus ist der
Sämann, der das Wort Gottes bekannt macht.
Mit diesem
Gleichnis werden die verborgenen Ursachen der Verwerfung des Königreichs
offenbart.
Da ist der
Widerstand des Satans zu nennen, der das ins Herz Gesäte raubt, wie die Vögel
das auf den Weg Gesäte wegfressen.
Da ist die
Schwachheit des Fleisches anzuführen, das zunächst begeistert ist, bei
Anfeindungen aber zurückweicht, so wie das auf das Felsige Gesäte schnell
aufschießt, dann aber verdorrt. Einst sagte Jesaia, dass die Israeliten zwar
Tag für Tag nach Jewe forschen und an der Erkenntnis Seiner Wege Gefallen
haben, sie dabei aber doch nur ihren eigenen Genuss suchen (Jes.58:2,3).
Vielleicht passt den Juden etwas nicht, wie das Wort Jesu, dass niemand zu Ihm
kommen kann, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist. Als Er dies sagte, liefen
viele Seiner Jünger (aus dem weiteren Jüngerkreis) davon (Joh.6:65,66). Und
wenn sie Verfolgung befürchten müssen, dann fürchten sie die Menschen mehr als
Gott. Menschenfurcht ist ein schlechter Ratgeber. Und dann geschieht, was in
Johannes 12:42,43 geschildert: »Doch glaubten auch viele der Oberen gleichfalls
an Ihn, bekannten es aber um der Pharisäer willen nicht, damit sie nicht aus
der Synagoge ausgestoßen würden; denn sie liebten eben die Verherrlichung von
Menschen weit mehr als die Verherrlichung Gottes.« Solche verloren ihre Rettung
nach dem damals verkündigten Evangelium der Beschneidung wieder, wie Jesus es
den Juden gesagt hatte: »Jeder nun, der sich vor den Menschen zu Mir bekennen
wird, zu dem werde auch Ich Mich vor Meinem Vater im Himmel bekennen. Wer Mich
aber vor den Menschen verleugnen wird, den werde auch Ich vor Meinem Vater in
den Himmeln verleugnen« (Mat.10:32,33). - Wir aber, die Glieder der Gemeinde,
die Christi Körper ist (Eph.1:23), stehen nach dem Evangelium der
Unbeschnittenheit (Gal.2:7) allezeit in der Gnade (Röm.5:2; Eph.2:8).
Als dritte
Ursache der Verwerfung des Wortes Jesu ist die Welt mit ihren Sorgen wie auch
ihrem Reichtum zu nennen, die vom Wort Gottes ablenken, ja es ersticken wie
eine Dornenhecke die aufgehende Saat. Nicht nur die Jagd nach dem Reichtum,
sondern auch das ausschweifende Leben aufgrund des Reichtum lenken ab, und
manch einen wird allein die Freude an seinem Besitz davon abhalten, dem Wort
beständige Aufmerksamkeit zu widmen. Wir mögen auch an den reichen Jüngling
denken, der betrübt davonging, weil er seinen Reichtum an über sein Losteil
hinausgehenden, erworbenen Gütern nicht aufgeben wollte (Mat.19:16-26). Und
manche Gläubigen meinen, die Frömmigkeit sei ein Kapital, ein Mittel, um reich
zu werden (1.Tim.6.:5). »Die aber beabsichtigen, reich zu werden, fallen in
Versuchung und eine Falle und in viele unvernünftige und schädliche Begierden,
welche die Menschen in Ruin und Untergang versumpfen. Denn eine Wurzel aller
Übel ist die Geldgier, nach der etliche streben, dadurch vom Glauben abgeirrt
sind und sich unter vielen Schmerzen von allen Seiten versuchen lassen«
(1.Tim.6:9,10).
Alle jene
Menschen haben das Wort zwar gehört, aber nicht verstanden, weil es nur durch
Glauben und damit geistlicherweise verstanden, gedanklich richtig eingeordnet
werden kann. Mangel an geistlichem Verständnis aber öffnet das Herz den bösen
Geistern oder von ihnen hervorgerufenen Gedanken (vgl. Mat.12:43-45). Die es
aber verstanden haben, sind wie guter Ackerboden, der viel Frucht bringt.
Was uns
Gläubige heute anbelangt, ist zum Lobpreis der Gnade Gottes zu sagen, dass
nichts vom Menschen abhängt und auch nichts von den Lebensumständen, seien es
mancherlei Dürftigkeit, Drangsal und Verfolgung oder die Sorgen und
Verführungen des gegenwärtigen bösen Äons (Gal.1:4). Wen Gott auserwählt hat,
den beruft Er auch, und der ist und bleibt ein in der Gnade Geretteter
(Röm.8:30; Eph.1:13). Der einmal in Gnaden gewährte Glaube (Eph.2:8; Phil.1:29)
bleibt bestehen, mögen die Dornen noch so wuchern, die Widerstände sich mehren
oder eine Krankheit den Menschen zerrütten. - Und ob wir Frucht bringen oder
nicht - »welcher Art eines jeden Werk ist, das wird das Feuer [vor der
Preisrichterbühne Christi; Röm.14:10-12; 2.Kor.5:10; 2.Tim.4:8)] prüfen. Wenn
jemandes Werk bleiben wird, das er darauf [auf den von Paulus gelegten Grund,
und der ist Jesus Christus; 1.Kor.3:10,11] gebaut hat, so wird er Lohn
erhalten. Wenn jemandes Werk verbrennen sollte, so wird er ihn [den Lohn]
verwirken; er selbst aber wird gerettet werden, jedoch nur so wie durch Feuer
hindurch« (1.Kor.3:13-15). Selbst der Hurer, der die Frau seines Vaters
genommen hatte und deshalb von Paulus und der herausgerufenen Gemeinde zu
Korinth dem Satan zum Ruin des Fleisches übergeben wurde, wird am Tage des
Herrn Jesus gerettet werden (1.Kor.5:1-5).
Das zweite bis siebente Königreichsgleichnis
(Matthäus 13:24-58)
Das Gleichnis vom Taumellolch
Wir hören nun das Gleichnis vom Taumellolch. Der 25 bis 70 cm hohe Taumellolch war ein gefürchtetes Getreideunkraut. Seine Früchte sind von einem Pilz befallen, der ein giftiges Alkaloid abscheidet, was zu Mehlvergiftungen und Schwindel, also zum Taumeln, führt. Daher der Name. Die Lolche gehören zur Gattung der Süßgräser.
Matthäus
berichtet in den Versen 24 bis 30: »Ein anderes Gleichnis legte Er ihnen dar:
Das Königreich der Himmel gleicht einem Menschen, der edlen Samen auf sein Feld
säte. Aber während die Menschen schlummerten, kam sein Feind und säte
Taumellolch darüber, mitten unter das Getreide, und ging davon. Als aber der
Halm keimte und Frucht trug, erschien dann auch der Taumellolch. Da traten die
Sklaven des Hausherrn herzu und fragten ihn: Herr, hast du nicht edlen Samen
auf dein Feld gesät? Woher hat es nun den Taumellolch? Er entgegnete ihnen: Ein
Feind, ein Mensch, hat dies getan. Weiter fragten ihn die Sklaven: Willst du
nun, dass wir hingehen und es jäten? Da entgegnete er: Nein, damit ihr nicht
beim Jäten des Taumellolchs zugleich mit ihm das Getreide entwurzelt. Lasst
beides zusammen bis zur Ernte wachsen, und zum Zeitpunkt der Ernte werde ich
den Schnittern gebieten: Jätet zuerst den Taumellolch und bindet ihn in Bündel,
um ihn zu verbrennen; das Getreide aber sammelt in meine Scheune.«
Nicht nur die
Volksmenge, sondern auch die Jünger verstanden dieses Gleichnis nicht.
Letzteren gibt der Herr sodann mit den Versen 36 bis 43 die Deutung und das
Verständnis, da sie bereits »haben«, wie es in Vers 12 heißt, und zwar manche
Gotteserkenntnis und eben Glauben, und ihnen deshalb »gegeben werden wird«
(Vers 12).
Der
Taumellolch sieht dem Getreide bis zur Zeit der Reife sehr ähnlich, sodass es
praktisch unmöglich ist, ihn ohne Gefahr für das Getreide auszuraufen. Der
Taumellolch steht für die vielen Heuchler, die sich mitten unter den treuen
Jüngern in den herausgerufenen Gemeinden Israels befanden und zukünftig
befinden werden. Unter den zwölf Jüngern war nur ein solcher. Schon in der Zeit
der pfingstlichen Verwaltung (siehe Apostelgeschichte) waren es viel mehr. Und
wie wird es erst in der Endzeit sein, in den sieben Jahren des Zorns und
gerechten Gerichts Gottes? Die darin lebenden Heuchler werden dann umkommen;
die Treuen aber werden insbesondere in der zweiten Hälfte des letzten Jahrsiebeners
für das tausendjährige Königreich der Himmel geerntet werden (Off.14:13-15).
Weitere
Einzelheiten der Auslegung dieses Gleichnisses betrachten wir im Zusammenhang
mit den Versen 36 bis 43.
»Ein anderes Gleichnis legte Er ihnen dar: Das Königreich der Himmel ist einem Senfkorn gleich, das ein Mensch nahm und auf sein Feld säte. Es ist zwar kleiner als alle anderen Samen; wenn es aber wächst, ist es größer als die Gemüse und wird wie ein Baum, sodass die Flügler des Himmels kommen und in seinen Zweigen Unterschlupf finden« (Verse 31+32).
Das Gleichnis
vom Senfkorn gehört zusammen mit dem vom Sauerteig zum zweiten Paar der ersten
vier Gleichnisse, die allesamt »die Geheimnisse«, wie der Herr in Vers 11
sagte, beschreiben, wie sich denn der äußere Verlauf des Königreichs während
der nun zutagetretenden Verwerfung Jesu durch Sein Volk gestalten wird. Beide
Gleichnisse, das vom Senfkorn und das vom Sauerteig, zeigen die satanische
Kopie des Königreichs in der Endzeit.
Senfpflanzen
auf dem Acker sind eine üble Sache.
Das fast
unnatürlich anmutende rasche Wachstum des Senfkorns steht im krassen Gegensatz
zu der Art, wie das Weizenkorn wächst. Das schnelle Aufschließen des Senfkorns
drückt das rasante Überhandnehmen der Gesetzlosigkeit zur Endzeit hin aus
ebenso wie das plötzliche Aufkommen des antichristlichen Weltreichs in der
Endzeit, in welchem Israel, und zwar das abtrünnige, dargestellt durch die Hure
Babylon, eine führende Rolle spielen wird und in welchem die Vögel - sie sind
uns bereits aus dem ersten Gleichnis als Bild für den Satan und die bösen
Geister bekannt - zuhause sein und ihre Macht ausüben werden. Israel wird mit
einem Male Großmacht sein und alle Fäden der Wirtschafts- und Finanzpolitik in
Händen halten. Es wird zu einer Behausung der Dämonen und unreinen Geister
werden (Mat.12:45; Off.18:2).
Der das
Senfkorn Säende ist der Satan. Auch Satan sät. Das tat er übrigens auch schon
im zweiten Gleichnis (Vers 28). Gott säte ein einziges Korn, ein Weizenkorn,
das in die Erde fiel und starb, auferweckte wurde und über alle Maßen herrliche
Frucht bringt: Jesus (Joh.12:24). Satan macht das nach. Auch er sät nur ein
einziges Korn und setzt alles auf eine Karte. Er sät ein Senfkorn, das zum
Weltreich wird. Israel wird dem furchtbaren Betrug des Satans zum Opfer fallen
und den Antichristus, den Menschen der Gesetzlosigkeit (2.Thess.2:3), im Buch
der Enthüllung Jesu Christi »wildes Tier« genannt, für den wahren Christus
halten und dessen Reich für die Erfüllung der Verheißungen. Der Herr hatte sie
davor gewarnt, als Er sagte: »Ich bin im Namen Meines Vaters gekommen, doch ihr
nehmt Mich nicht auf. Wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, werdet
ihr denselben aufnehmen« (Joh.5:43). Der andere ist der Mensch der
Gesetzlosigkeit, der falsche Messias. (Nach Willy Dick, »Unausforschlicher
Reichtum« 1986, Seite 181 ff.)
Das Gleichnis
vom Senfkorn besagt nicht, wie landläufig zu hören ist, dass die sogenannte
Christenheit die ganze Welt zu Gläubigen machen wird, sind wir doch nur eine
Gnadenauswahl und werden wir doch von der Erde weg entrückt (Röm.8:30; Eph.1:4;
2:8; 1.Thess.4:17). Es bedeutet auch nicht, dass das Königreich Israels einmal
die ganze Welt umfassen und zum Segen für alle Nationen sein wird, denn dies
war ja kein Geheimnis - alle Propheten haben es geweissagt -; geheim aber war,
wie das Reich bis dahin aussehen wird, für die Dauer des Unglaubens der Juden.
»Noch ein anderes Gleichnis sprach Er zu ihnen: Das Königreich der Himmel ist dem Sauerteig gleich, den eine Frau nahm und in drei Maß Mehl verbarg, bis es ganz durchsäuert war« (Vers 33).
Sauerteig ist
in der Heiligen Schrift stets das Symbol für Übles und Zersetzung, für die
Durchdringung mit falschen Lehren. Zum siebentägigen Fest der ungesäuerten
Brote (Mat.26:17) hatten die Israeliten allen Sauerteig aus ihren Häusern zu
entfernen (2.Mose 12:15). Alle Vorbilder auf Christus sollten ohne Sauerteig
sein; so sollte das Blut des Opfers nicht zusammen mit Gesäuertem geopfert
werden (2.Mose 23:18; 34:25), und kein Nahungsgeschenk (Speisopfer), das sie
Jewe darbrachten, sollte mit Sauerteig zubereitet werden; weder Sauerteig noch
Honig sollten sie Jewe als Feueropfer räuchern (3.Mose.2:11). Eindringlich
warnte Jesus Christus Seine Jünger: »Seht zu und nehmt euch vor dem Sauerteig
der Pharisäer und Sadduzäer in Acht! ... Dann verstanden sie, dass Er nicht
gesagt hatte, sich vor dem Sauerteig der Brote in Acht zu nehmen, sondern vor
der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer« (Mat.16:6,12). Und der Apostel Paulus
ermahnt, sich gründlich von dem alten Sauerteig des Üblen und der Bosheit zu
reinigen, weil schon ein klein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert
(1.Kor.5:6-8; Gal.5:9).
Das Gleichnis
bedeutet mithin, dass ein von der Bosheit und Gottlosigkeit völlig
durchdrungenes und zersetztes Königreich bestehen wird, und zwar im letzten der
siebzig Jahrsiebener (Dan.9:27). Die Frau, die den Teig durch die Beifügung von
Sauerteig für die Menschen gut genießbar macht, ist die Hure Babylon, die den
Menschen das falsche Königreich schmackhaft macht (Off.17+18). »Babel« heißt
übrigens Vermengung, Verwirrung, Zersetzung (1.Mose 11:9).
»Ich werde Meinen Mund in Gleichnissen auftun«
»Dies alles redete Jesus in Gleichnissen zu den Scharen, und ohne Gleichnis redete Er nichts zu ihnen, damit erfüllt werde, was durch den Propheten angesagt war: Ich werde Meinen Mund in Gleichnissen auftun; Ich werde ausstoßen, was vom Niederwurf an verborgen war« (Verse 34+35).
Asaph, der
Sohn Berechjas, ein Levit aus dem Geschlecht Gersons, Musiker und Sänger zur
Zeit Davids (1.Chron.25:2; 2.Chron.6:24), hatte dieses prophetische Wort in
Psalm 78:2 niedergeschrieben: »Ich will meinen Mund mit Vergleiche ziehender
Rede auftun, ich will Rätsel aus der Vorzeit aussprechen.« Jetzt erfüllte sich
dieses Wort. Und was der Herr Jesus im Einzelnen sagte, war vom Niederwurf der
Welt an verborgen gewesen.
»Dann entließ Er die Scharen und ging in das Haus zurück. Da kamen Seine Jünger zu Ihm und baten: Kläre uns über das Gleichnis vom Taumellolch des Feldes auf! Er antwortete: Der den edlen Samen sät, ist der Sohn des Menschen. Das Feld ist die Welt; der edle Same aber, das sind die Söhne des Königreichs; der Taumellolch dagegen, das sind die Söhne des Bösen. Der Feind aber, der ihn sät, ist der Widerwirker; die Ernte ist der Abschluss des Äons, und die Schnitter sind die Boten. - Ebenso wie nun der Taumellolch gejätet und mit Feuer verbrannt wird, so wird es auch beim Abschluss des Äons sein. Der Sohn des Menschen wird Seine Boten beauftragen, und sie werden aus Seinem Königreich alle Fallstricke jäten und die, welche Gesetzlosigkeit verüben, und werden sie in den Hochofen des Feuers werfen; dort wird Jammern und Zähneknirschen sein. Dann werden die Gerechten im Königreich ihres Vaters wie die Sonne aufleuchten. Wer Ohren hat zu hören, der höre!« (Verse 36-43).
Die Deutung
des Gleichnisses durch unseren Herrn bedarf keiner weiteren Auslegung. Einige
Anmerkungen aber seien erlaubt.
Der Abschluss
des Äons ist die siebenjährige Endzeit des Zorns und gerechten Gerichts Gottes,
die zum Beispiel vom Propheten Daniel, in Matthäus 24 und im Buch der
Enthüllung Jesu Christi ausführlich beschrieben wird.
Die Heuchler
und alle anderen Bösen Israels kommen in den Hochofen des Feuers, das heißt in
die Plagen und Qualen der Posaunen- und Schalengerichte (Off.8,9,16).
Von den Boten
als den die Erde aberntenden Schnittern ist auch in Offenbarung 14:17-20 die
Rede.
Die Gläubigen,
Gerechten und Treuen aber, die Söhne des Königreichs, werden - selbst wenn sie
in den Verfolgungen der letzten dreieinhalb Jahre umkommen (Joh.11:25;
Off.14:13) - das äonische Leben erlangen und im tausendjährigen Königreich wie
die Sonne leuchten, wie auch in Richter 5:31 geschrieben steht: »Die Ihn [Jewe]
Liebenden sind wie die Sonne, die aufsteigt in ihrer Kraft.«
Es folgen das Gleichnispaar vom Schatz im Feld und von der edlen Perle sowie das siebente Gleichnis, das vom Schleppnetz. Diese drei Parabeln zeigen Inneres, dem Königreich Wesenseigenes auf.
Wir hören das
fünfte Gleichnis: »Das Königreich der Himmel ist einem im Feld verborgenen
Schatz gleich, den ein Mensch findet, aber wieder verbirgt; und in seiner
Freude geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenes Feld« (Vers
44).
Das Feld ist
die Welt; dies wissen wir bereits aus der Deutung des vorhergehenden
Geheimnisses (Vers 38).
Wer oder was
ist der Schatz? Gibt es in der Welt etwas besonders Wertvolles? Ja, mögen
unsere Augen um den Globus schweifen und Israel wahrnehmen, von dem allein
geschrieben steht: »Ihr sollt Mir [Jewe Elohim] unter allen Völkern zum
besonderen Eigentum sein; denn Mein ist die gesamte Erde« (2.Mose 19:5). Dem
Herrn gehört das ganze Feld, die Erde, und das Sondergut, der Schatz, ist
Israel. Allein von Israel ist zu lesen: »Je erwählte Jakob für Sich, [Er
erwählte] Israel zu seinem besonderen Eigentum« (Ps.135:4).
Der Mensch,
der den Schatz fand, ist Jesus Christus, der in Seiner Freude hinging und alles
verkaufte, was Er hatte, nämlich Seine göttliche Herrlichkeit (Joh.17:5) und
die Gestalt Gottes, den Menschen gleichgestaltet wurde und gehorsam wurde bis
zum Tod, ja bis zum Kreuzestod (Phil.2:6-8).
Er kaufte das
ganze Feld, die gesamte Welt, indem Er für alle starb, zugunsten aller
(2.Kor.5:14), wie auch der Apostel Johannes schreibt: »Er ist die Sühne für
unsere [Israels] Sünden; nicht allein aber für die unsrigen, sondern auch für
die der ganzen Welt« (1.Joh.2:2).
Oft hört man,
der Schatz sei unsere Erlösung und man müsse alles darangeben, um sie zu
erkaufen. Aber erstens erhielten wir unsere Rettung völlig umsonst und allein
in der Gnade (Eph.2:8) und zweitens wird doch das Feld, also die Welt, erkauft
und keinesfalls unsere Rettung.
In Israel
verbarg man Geld und Wertsachen, indem man sie auf dem eigenen Grundstück
vergrub. Starb der Eigentümer oder wurde es verkauft, konnte das Vergrabene vergessen
gehen. Fand irgendjemand es zufällig, konnte er es nicht an sich nehmen, weil
es dem Eigentümer der Liegenschaft gehörte. Man musste also zuerst den Grund
und Boden erwerben, um den Schatz heben zu können.
Der Herr Jesus
Christus hat mit Seinem Blut für die ganze Welt bezahlt. Der Schatz ist Seine
geliebte Königreichsgemeinde (Joh.13:1).
Der Herr fuhr fort zu sprechen: »Wieder ist das Königreich der Himmel einem Menschen gleich, einem Händler, der edle Perlen sucht. Als er aber eine wertvolle Perle findet, geht er hin, veräußert alles, was er hatte, und kauft sie« (Verse 45+46).
Der
Gedankengang ist im Grunde derselbe wie bei dem vorhergehenden Gleichnis mit
dem Unterschied, dass der Mensch gezielt auf die Suche geht. Das sechste
Geheimnis des Königreichs ist, dass der Herr das wertvolle Israel sucht, mithin
das gläubige - und es auch findet. Eine edle Perle ist rein von allen fremden
Einschlüssen; so ist das wahre Israel - das nach der Gnadenauswahl (Röm.11:5,7)
- rein von den Untreuen, den Heuchlern und allen anderen Bösen Israels, denn
»nicht der ist Jude, der es sichtbar ist; noch ist das Beschneidung, was
sichtbar am Fleisch geschieht; sondern der ist Jude, der es innerlich, im
Verborgenen, ist; und Beschneidung des Herzens ist im Geist, nicht im
Buchstaben; dem wird Lobpreis zuteil, zwar nicht von Menschen, sondern von
Gott« (Röm.2:28,29). »Nicht alle, die aus Israel stammen, sind Israel; auch
sind sie nicht alle Kinder, weil sie Abrahams Same sind; sondern es heißt: In
Isaak wird dir Same berufen werden. Dies bedeutet: Nicht die Kinder des
Fleisches, nicht diese sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung
rechnet Er als Samen« (Röm.9:6-8).
Ein weiterer
Aspekt ist: So wie Perlen sich im Meer befinden, so befindet sich auch Israel
mitten im Völkermeer.
Die Meinung,
dass Jesus die edle Perle sei und der Sünder sie suchen müsse, ist falsch. Wohl
ist Jesus edel, aber darum geht es an dieser Stelle nicht. Sünder sind keine
Suchenden, denn »es gibt keinen, der Gott ernstlich sucht; alle meiden sie Ihn«
(Röm.3:11,12; Ps.14:1-3). Jesus ist es, der die Verlorenen sucht und findet.
Das siebente und letzte Königreichsgleichnis lautet: »Wieder ist das Königreich der Himmel einem Schleppnetz gleich, das ins Meer geworfen wird, um Fische aller Art einzusammeln. Wenn es voll ist, zieht man es auf den Strand hinauf, setzt sich und liest die edlen Fische in Behälter, die faulen aber wirft man hinaus. So wird es auch beim Abschluss des Äons sein: Die Boten werden ausgehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten absondern und sie in den Hochofen des Feuers werfen; dort wird Jammern und Zähneknirschen sein« (Verse 47-50).
Die Scheidung
der Gerechten und der Bösen in der Endzeit war schon Thema des zweiten
Gleichnisses gewesen, des vom Taumellolch. Im siebenten Gleichnis kommt noch
die Sammlung hinzu.
Es ist die
letzte Stunde in unserem bösen Äon. Das unter alle Nationen zerstreute Israel
wird aus dem Völkermeer eingesammelt. Wie Matthäus 24:31 zu entnehmen ist, sind
himmlische Boten damit beauftragt, Christi »Auserwählte von den vier Winden her
zu versammeln.« Von den Juden werden nur die Gerechten in das Königreich der
Himmel einziehen. »Keine Sünder werden sich in der Gemeinde der Gerechten
erheben« (Ps.1:5). Die Bösen werden ins Feuer geworfen, also den Qualen der
Gerichte der Endzeit preisgegeben.
Abschließend fragte der Herr Jesus Seine Jünger: »Versteht ihr dies alles? Sie antworteten Ihm: Ja. Darauf sagte Er: Deshalb ist jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger des Königreichs der Himmel geworden ist, gleich einem Menschen, einem Hausherrn, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt« (Verse 51+52).
Die Jünger
hatten alles verstanden. Dies muss zum damaligen Zeitpunkt nicht einschließen,
dass sie bei den Gleichnissen vom Schatz im Feld und der edlen Perle bereits
erkannt hatten, dass der Verkauf alles dessen, was der Herr hatte, Seine
Selbstdahingabe bis zum Tode am Kreuz bedeutete. Auf jeden Fall war es ihnen
nach Vers 11 gegeben, die Geheimnisse des Königreichs zu verstehen, eben wie
sich das Königreich nach der Zurückweisung Jesu durch Sein Volk darstellt.
In Seiner weiteren Bemerkung verknüpft Jesus die Begriffe »Schriftgelehrter« und »Jünger«. Ein wahrer Schriftgelehrter ist jemand, der ein Jünger Jesu ist, der Schrift und den Worten Jesu glaubt und nunmehr als treuer Hausvater, als ein rechter Lehrer Israels - denn solche sollen die Jünger werden - aus dem Schatz der Schrift Altes hervorholt, es mit dem Schatz des Neuen, nämlich der Lehre Jesu, in rechter Weise verbindet und sodann dem Volk Israel die Fülle des Wortes verkündigt.
»Als Jesus
diese Gleichnisse vollendet hatte, brach Er von dort auf und kam in Seine
Vaterstadt, wo Er sie in ihrer Synagoge lehrte, sodass sie sich verwunderten
und sagten: Woher hat der diese Weisheit und die Kräfte? Ist dieser nicht der
Sohn des Handwerkers? Heißt Seine Mutter nicht Mirjam, und sind Seine Brüder
nicht Jakobus und Joseph, Simon und Judas? Sind nicht alle Seine Schwestern
hier bei uns? Woher hat der nun dies alles? - So nahmen sie Anstoß an Seiner
Herkunft. Jesus aber sagte zu ihnen: Ein Prophet ist nicht ungeehrt, außer in
seiner eigenen Vaterstadt und in seinem Hause. - Und wegen ihres Unglaubens tat
Er dort nicht viele Machttaten« (Verse 53-58).
Die betonte
Aussage, dass Jesus die Gleichnisse »vollendet« hatte, bringt zugleich zum Ausdruck,
dass Er am Wendepunkt Seines Dienstes unter Israel eine wichtige Aufgabe
vollends erfüllt hatte: Nun wussten die Jünger, dass vor dem Anbruch des
Königreichs noch mancherlei Krisen kommen würden.
Dann besuchte
Jesus erneut Seine Vaterstadt Nazareth. Beim ersten Mal hatten die Einwohner
Ihn am Abhang ihrer Stadt zu Tode stürzen wollen (Luk.4:16-30). Nun, etwa ein
Jahr später, im Jahre 31, begegnete Ihm keine offene Feindschaft. Wieder durfte
Er in ihrer Synagoge lehren - jedem mündigen Juden konnte angetragen werden,
etwas zu sagen -, und wieder waren sie zunächst beeindruckt, konnten aber
dennoch nicht glauben, denn wie konnte einer - so dachten sie -, den sie von
Seiner Jugendzeit her als ganz normalen Menschen kannten, der Messias sein?
Auch Seine Halbbrüder und sicherlich auch die -schwestern glaubten nicht an Ihn
(Joh.7:5).
So wie es Ihm
geschah, erging es den Propheten und ergeht es allen Männern Gottes: In ihrer
Vaterstadt und ihrer Familie glaubt man ihnen am allerwenigsten. Angesichts
ihres Unglaubens konnte Jesus dort keine Machttaten vollbringen, außer dass Er
wenigen Siechen die Hände auflegte und sie heilte, wie Markus in Kapitel 6:5
etwas detaillierter berichtet. »Und Er staunte über ihren Unglauben (Mark.6:6).
Damit waren sie von vornherein gegen Jesus eingestellt, sodass auch Machttaten
sie nicht überzeugt hätten. Seine Herkunft hinderte sie am Glauben. An Seiner
Herkunft nahmen sie Anstoß (Vers 57). Dass man an dem Messias Anstoß nehmen
würde, hatte Jesaia bereits vorausgesagt (Jes.8:14). Und der Apostel Petrus
darf dazu ausführen: »Deswegen ist in der Schrift enthalten: Siehe, Ich lege in
Zion einen auserwählten und wertgeachteten Schlussstein der Ecke; und wer an
ihn glaubt, wird keinesfalls zuschanden werden. Euch nun, die ihr glaubt, wird
die Ehre zuteil, den Ungläubigen aber gilt: Der Stein, den die Bauleute
verworfen haben, der wurde zum Hauptstein der Ecke und damit ein Stein des
Anstoßes und ein Fels des Strauchelns denen, die sich auch an dem Wort stoßen,
weil sie widerspenstig sind, wozu sie auch gesetzt wurden« (1.Pet.2:6-8).
(Matthäus 14)
In Kapitel 14 berichtet der Apostel Matthäus vom Tode Johannes des Täufers und dem daraufhin erfolgten Rückzug Jesu, von der Speisung der Fünftausend und von Jesu Wandel auf dem See.
»Zu jenem
Zeitpunkt hörte der Vierfürst Herodes die Kunde von Jesus und sagte zu seinen
Knechten: Dieser ist Johannes der Täufer. Er wurde von den Toten auferweckt,
und deshalb wirken die Kräfte in ihm! - Denn Herodes hatte sich damals des
Johannes bemächtigt und ihn wegen Herodias, der Frau seines Bruders Philippus,
gebunden ins Gefängnis gelegt. Johannes hatte ihm nämlich gesagt: Es ist dir
nicht erlaubt, sie zu haben. - Da wollte er ihn töten lassen, fürchtete aber
die Volksmenge, weil man ihn für einen Propheten hielt« (Verse 1-5).
Im Jahre 31
hörte Herodes Antipas, der von 1 v. Chr. bis 39 n. Chr. Tetrarch, also
Herrscher über den vierten Teil des Reiches des Herodes d. Gr. war, und zwar
über Galiläa und Peräa im Ostjordanland, von Jesus und Seinen Machttaten. Er
meinte, Jesus sei der auferstandene Johannes der Täufer, den er hatte töten
lassen, was er nach dessen Anschuldigung, dass er die Frau seines Bruders nicht
haben dürfe, anfangs vorgehabt hatte, dann aber wegen der Volksmenge nicht tat.
Herodes fürchtete allerdings nicht nur das Volk, sondern auch Johannes selbst,
wie in Markus 6:20 zu lesen: »Herodes fürchtete Johannes, weil er wusste, dass
er ein gerechter und heiliger Mann war. Daher hielt er ihn in Gewahrsam, und
oft, wenn er ihn gehört hatte, war er in großer Verlegenheit, doch hörte er ihn
gern.«
Wie Johannes zu Tode kam, erfahren wir durch die Verse 6 bis 12: »Als nun der Geburtstag des Herodes gefeiert wurde, tanzte die Tochter der Herodias in aller Mitte, und sie gefiel dem Herodes. Deswegen bekannte er unter Eid, ihr geben zu wollen, was immer sie auch erbitten würde. Vorgeschoben aber von ihrer Mutter, entgegnete sie: Gib mir hier auf einer Platte das Haupt Johannes des Täufers! - Da wurde der König betrübt; aber um der Eide und der mit ihm zu Tische Liegenden willen befahl er, es ihr zu geben. So sandte er hin und ließ Johannes im Gefängnis enthaupten. Dann wurde sein Haupt auf einer Platte gebracht und dem Mädchen gegeben; und sie brachte es ihrer Mutter. Seine Jünger, die herzukamen, nahmen seinen Leichnam und begruben ihn; danach gingen sie und berichteten es Jesus.«
So schnell
kommt ein Regent (der Begriff »König« hat in Vers 9 nur diesen allgemeinen
Sinn) aufgrund eines Versprechens aus Überheblichkeit zu einer üblen
Entscheidung. Und so sah die Rache seiner durch des Johannes Vorwurf gekränkten
Frau aus. Ihre Tochter hieß Salome.
Die Jünger des Johannes hatten Jesus berichtet. »Als Jesus dies hörte, zog Er Sich von dort in einem Schiff an eine einsame Stätte zurück, um für Sich allein zu sein; doch als die Scharen davon hörten, folgten sie Ihm zu Fuß aus den Städten nach. Beim Aussteigen gewahrte Er eine große Volksmenge, und sie jammerte Ihn, sodass Er die Siechen unter ihnen heilte« (Verse 13+14).
Jesus zog Sich
zurück, weil Er damit rechnen musste, dass Er ebenso wie Johannes gefangen
genommen werden könnte, zumal Herodes Ihn als den auferstandenen Täufer ansah
(Vers 2). Seine Zeit aber war noch nicht gekommen; also vermied Er weiteres
Bekanntwerden in der Öffentlichkeit.
Viele aber
folgten Ihm, am Ufer des Sees Genezareth entlang gehend, sogar bis in die
Ödnis. Und der Herr erbarmte Sich ihrer, denn sie waren wie Schafe, die keinen
Hirten hatten, und Er lehrte sie vieles (Mark.6:34).
»Als es Abend wurde, traten die Jünger zu Ihm und sagten: Die Städte ist öde und die Stunde schon vergangen; daher entlass die Scharen, damit sie in die Dörfer hingehen und sich Speisen kaufen! - Jesus aber antwortete ihnen: Sie brauchen nicht wegzugehen; gebt ihr ihnen zu essen! Sie berichteten Ihm: Wir haben hier nichts außer fünf Broten und zwei Fischen! Darauf sagte Er: Bringt sie Mir her! Und Er befahl den Scharen, sich auf dem Gras zu lagern, nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, segnete und brach die Brote und gab sie den Jüngern, die Jünger aber teilten sie den Scharen aus. Da aßen sie alle und wurden satt; die übrig gebliebenen Brocken aber hoben sie auf: zwölf Tragkörbe voll. Es waren etwa fünftausend Männer, die gegessen hatten, ohne die Frauen und kleinen Kinder« (Verse 15-21).
Dieses
Ereignis lässt wiederum in aller Klarheit aufleuchten, dass Jesus der von Gott
gesandte König ist, der nicht nur die Kraft hat, dieses Wunder zu tun, sondern
auch das Königreich für Israel aufzurichten, in welchem es keinen Mangel an
Brot und keine Not geben wird!
Auch die Brotvermehrung
durch den Propheten Elisa zur Zeit einer Hungersnot um das Jahr 865 v. Chr.,
als er zwanzig Gerstenbrote unter etwa hundert Mann verteilte, sie aßen und
übrig ließen (2.Kön.4:42-44), war ein Zeichen für die Herrlichkeit des
zukünftigen Königreichs. Und ebenso wie Gott das Volk Israel nach dem Auszug
aus Ägypten mit Manna, dem Brot aus dem Himmel, in der Wildnis ernährte, so
verpflegte Jesus nun die Ihn umringende Menge. Stets ist Jesus der Mittler des
Segens, zumal Er Selbst das wahre Brot ist, das aus dem Himmel herabsteigt. Er
ist das lebendige Brot, das Brot des Lebens (Joh.6:30-33, 48-51).
Es ist
bemerkenswert, dass die Speisung der Fünftausend in der Ödnis geschah und die
Jünger die Brote und Fische austeilten. Dies deutet darauf hin, dass die Jünger
in der Ödnis der Abwesenheit Jesu zwischen Seiner Himmelfahrt und Wiederkunft
das Volk Israel mit dem geistlichen Brot der Worte Jesu speisen sollen. Die
zwölf Tragkörbe übrig gebliebenen Brocken mögen den für alle zwölf Stämme
bereitstehenden Überfluss andeuten.
Johannes
berichtet außerdem, dass die Volksmenge anschließend sagte, dass Jesus der von
Mose verheißene Prophet sei (5.Mose 18:15), und sie Ihn entführen wollten, um
Ihn zum König zu machen (Joh.6:14,15). Jesus aber zog Sich zurück, denn das
Volk in seiner Gesamtheit war noch nicht reif für das Königreich, da sie es an
der nötigen Umsinnung vermissen ließen und die Führer Ihn verworfen hatten.
Und nun erfahren wir durch die Verse 22 und 23: »Sofort nötigte Er Seine Jünger, in das Schiff einzusteigen und Ihm an das jenseitige Ufer vorauszufahren, während Er die Scharen entlassen wollte. Nachdem Er die Scharen entlassen hatte, stieg Er für Sich allein auf den Berg, um zu beten; als es dann Abend wurde, war Er dort ganz allein.«
Vielleicht übte der Herr deshalb Druck auf die Jünger aus, Ihm über den See vorauszufahren, damit sie nicht von der Idee der Menge, Jesus jetzt zum König zu machen, ergriffen würden. Und dann sind die Jünger im Schiff auf dem See Genezareth, und Jesus ist ganz allein auf dem Berg. Oft suchte Er die Einsamkeit, um ungestört beten zu können. Der Berg darf Jesu Erhöhung und Niedergesetztsein im Himmel ausdrücken, während die Gläubigen ohne ihren Herrn mitten im Völkermeer sind.
Und dann geschah Folgendes: »Das Schiff aber war schon viele Stadien weit vom Land entfernt und war in der Mitte des Sees, von den Wogen bedrängt, denn der Wind war ihnen entgegen. Um die vierte Nachtwache
aber kam Er zu ihnen, auf dem See wandelnd. Als die
Jünger Ihn auf dem See wandeln sahen, wurden sie sehr erregt und riefen: Es ist
ein Gespenst! - und schrien vor Furcht. Doch sogleich sprach Jesus zu ihnen:
Fasst Mut! Ich bin es; fürchtet euch nicht!« (Verse 24-27).
Da sie nach
Johannes 6:19 etwa 25 bis 30 Stadien gerudert waren und eine Stadie ca. 185 m
misst, waren sie zwischen 4,6 und 5,5 km vom Ufer entfernt. Die vierte
Nachtwache dauerte von drei bis sechs Uhr morgens.
Ebenso wie die
Jünger von den Wogen bedrängt wurden, werden die Gläubigen Israels unter den
Nationen bedrängt werden, ganz besonders in der Endzeit, nach unserer
Entrückung, im letzten Jahrsiebener, worauf die vierte und mithin letzte
Nachtwache hindeutet.
Und dann kam
Jesus und sprach ihnen zu: Ich, Ich bin’s! Fasset Mut! Fürchtet euch nicht!
Hiob, der
wusste, dass El zur Sonne sprechen kann, dass sie nicht aufgehe, dass El also
Herr über die Natur ist, sah bereits voraus - wenn ihm auch die konkrete
Situation nicht bekannt war -, dass El auch auf den Wogen des Meeres schreitet
(Hiob 9:7,8).
»Da antwortete Ihm Petrus: Herr, wenn Du es bist, so befiehl mir, auf dem Wasser zu Dir zu kommen! Er aber sagte: Komm! Und von dem Schiff herabsteigend, wandelte Petrus auf dem Wasser und ging auf Jesus zu. Doch als er den starken Wind sah, fürchtete er sich und begann zu versinken. Da schrie er: Herr, rette mich! Sofort streckte Jesus die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Kleingläubiger, warum zauderst du? - Als sie in das Schiff stiegen, flaute der Wind ab. Die im Schiff aber fielen vor Ihm nieder und sagten: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!« (Verse 28-33).
Ursache und
Wirkung treten hier zweimal klar zutage. Petrus fürchtete sich nicht, sondern
stieg vom Schiff auf das Wasser herab und ging Jesus entgegen. Diese
Blickrichtung auf den Herrn hin und seine Furchtlosigkeit zeigen, dass dem
Glaubendem nichts unmöglich ist (Mat.17:20). Solcherlei Wunder geschahen
aufgrund der Kräfte des zukünftigen Äons (Heb.6:5), die im Hinblick auf das
Königreich Israels wirksam waren und nach unserer Entrückung wieder auftreten
werden. Soviel zu der Kraft des Glaubens.
Das
Gegenbeispiel ist: Als Petrus sich zu fürchten begann, versank er.
Kleingläubige versinken auch heutzutage, in der heilsgeschichtlichen Verwaltung
der überströmenden Gnade Gottes (Eph.3:2), in mancher Betrübnis angesichts der
Bosheit unseres Äons (Gal.1:4), wenn sie nicht glauben, dass ihr sie liebender
Gott und Vater alles nach Seinem weisen Liebesratschluss bewirkt (Eph.1:11;
Ap.4:28) und den nach Seinem Vorsatz Berufenen alles zum Guten zusammenwirkt
(Röm.8:28).
Nachdem der
Herr den Petrus heil ins Boot gebracht hatte, leuchtete den zwölf Jüngern die
herrliche Erkenntnis auf: »Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!« Diese Erkenntnis
war die alle Ereignisse übertrumpfende Glaubensstärkung für sie.
Der Apostel
Petrus symbolisiert hier zum einen die Festigkeit der Gläubigen Israels im
turbulenten Völkermeer der Endzeit. Doch wenn sie sich vor der Gewalt des Satans
und des Antichristus, hier durch den Wind dargestellt, fürchten, dann werden
sie schreien: Herr Jesus, rette uns! Und jeder, der den Namen des Herrn anrufen
wird, wird gerettet werden (Röm.10:13; 11:26). Und sogleich wird der Wind
abflauen, wenn nämlich der Satan in den Abgrund geworfen und gebunden wird
(Off.20:2). Und dann wird die gesamte auserwählte Nation Jesus, den
wahrhaftigen Sohn Gottes, anbeten und Ihm dienen.
»Nachdem sie hinübergefahren waren, kamen sie bei Genezareth ans Land. Als Ihn die Männer jenes Ortes erkannten, schickten sie Boten in jene ganze Umgebung, und man brachte alle, die mit Krankheit übel daran waren, zu Ihm. Sie sprachen Ihm zu, dass sie nur die Quaste Seines Obergewandes anrühren dürften, und so viele sie anrührten, wurden gerettet« (Verse 34-36).
Genezareth ist
die Gegend an der Nordwestküste des Sees gleichen Namens, der auch See Tiberias
und Meer Galiläas heißt. Die Leute dort wussten bestimmt von der blutflüssigen
Frau, die die Quaste des Obergewands Jesu berührt hatte und geheilt worden war
(Mat.9:20). Wohl deshalb taten sie desgleichen und wurden von ihren Krankheiten
gerettet, und zwar nicht ohne Glauben, wie denn der Herr auch zu der Frau
gesagt hatte: »Dein Glaube hat dich gerettet« (Mat.9:22).
Bei Jesu
Anwesenheit haben Krankheiten keinen Raum mehr. So war es in Genezareth, und so
wird es im Königreich sein. Uns Gläubigen heute aber wird gesagt: »Dir genügt
Meine Gnade; denn meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht«
(2.Kor.12:9). Jesu Kraft kommt in unserer Schwachheit zu voller Auswirkung. So
sind wir getröstet und gekräftigt (2.Kor.12:10).
Nach 4.Mose
15:37-41 und 5.Mose 22:12 hatten die Juden vier Quasten an den Zipfeln ihrer
Obergewänder anzubringen, die sie immer daran erinnern sollten, an die Gebote
Jewes zu denken und sie zu tun. Die schopfähnlichen Quasten waren an einer
Schnur aus blauem (violetten) Purpur anzubringen. Das hebräische Wort für
»blau« ist mit dem für »vollenden« verwandt. Dem entspricht, dass die Quasten
das Obergewand vervollständigten. Die Menschen in Genezareth rührten also die
Vollendung oder Vervollständigung der Kleidung Jesu an. Dies ist nicht ohne
Bedeutung. Die Vervollständigung des Werkes Jesu geschah auf Golgatha. Ihre
Gesundung beruhte mithin auf dem am Kreuz vollendeten Gehorsam Jesu Christi.
Die
Gemeinschaft Seines Blutes ist die Grundlage allen Segens.
Und dafür sei
dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus Lobpreis und Verherrlichung!
(Matthäus 15:1-16:12)
Der Apostel Matthäus berichtet in Kapitel
15:1,2: »Dann kamen Pharisäer und Schriftgelehrte von Jerusalem zu Jesus und
sagten: Warum übertreten Deine Jünger die Überlieferung der Ältesten? Denn sie
waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.«
Das Wirken
Jesu in Galiläa hatte auch in der Hauptstadt Aufsehen erregt. Nun kamen einige
Pharisäer und Schriftgelehrten von dort und sprachen Ihn an. Ihre Frage dürfte
kaum von sachlichem Interesse getragen gewesen sein, sondern wird der Sammlung
von Anklagematerial gegen Jesus gedient haben.
Die mündliche
Überlieferung der Ältesten gab vor, das Gesetz wie einen Zaun zu umgeben,
sodass man gar keine Gelegenheit bekomme, es zu übertreten, weil man schon weit davor von der Überlieferung davon
abgehalten werde.
Die
Überlieferung nahm zunächst den gleichen Rang wie das Gesetz des Mose ein,
wurde dann aber über das Wort Gottes gestellt und verdrängte es schließlich.
Sie wurde im Laufe der Zeit zunehmend schriftlich festgehalten und seit dem
zweiten Jahrhundert n. Chr. in die Mischna aufgenommen, die gegen 220 n. Chr.
abgeschlossen war und die wiederum Teil des Talmuds (der Sammlung der
Überlieferungen) ist, der um 500 n. Chr. fertiggestellt wurde.
Das Waschen
der Hände war nur den Priestern für ihren Dienst im Tempel geboten; sie sollten
an heiliger Stätte mit reinen Händen wirken (2.Mose 30:17-21).
Die Jünger taten nichts Übles, wenn sie mit ungewaschenen Händen Brot aßen. Da sie aber gerade damit die Vorschriften der Pharisäer und Schriftgelehrten missachteten, verletzten sie deren Stolz aufs tiefste.
Der Herr Jesus lässt Sich auf die harmlose Sache des Händewaschens gar nicht ein, sondern entgegnete in grundlegender Weise: »Er antwortete ihnen: Warum übertretet auch ihr das Gebot Gottes um eurer Überlieferung willen? Denn Gott sprach: Ehre Vater und Mutter, und wer von Vater oder Mutter Übles redet, soll im Tod verscheiden. Ihr aber sagt: Wer zu Vater oder Mutter sagen würde: Was auch immer dir von mir zugute gekommen wäre, soll eine Nahegabe sein - der braucht seinen Vater überhaupt nicht zu ehren. Damit macht ihr das Wort Gottes um eurer Überlieferung willen ungültig! Ihr Heuchler! Trefflich hat Jesaia von euch prophezeit (Jes.29:13): Dieses Volk ehrt Mich mit den Lippen, ihr Herz aber ist weit entfernt von Mir; in eitler Weise verehren sie Mich und lehren die Vorschriften der Menschen als Lehren« (Verse 3-9).
In der Liebe
zum Wort Seines Gottes und Vaters und damit zur Wahrheit und Gerechtigkeit hält
Jesus Seinen Gegnern - sie scharf rügend - vor, dass sie es sind, die da
übertreten, und zwar das Gebot Gottes, welches allein zu tun ist. Der Herr
führt folgendes Beispiel an, nach Markus 7:11 zitiert: »Ihr aber sagt: Wenn ein
Mensch zu Vater oder Mutter sagen würde: Korban (das heißt eine Nahegabe) soll
das sein, was auch immer dir von mir zugute gekommen wäre - so lasst ihr ihn
nichts mehr für seinen Vater oder seine Mutter tun.« Wie perfide! Die Ältesten
lehren also, wenn man das, was man seinen Eltern zu geben hat, zu einer
Nahegabe (hebr. Korban, das heißt Geschenk, Darbringung; 3.Mose 1:2; 4.Mose
5:15; 7:13) für Gott erkläre, dann brauche man den Eltern dies nicht zukommen
zu lassen. Die Erklärung eines Gutes zu einer Nahegabe - zu einer Gabe, mit der
man sich Gott huldigend naht - genügte; eine Übergabe an den Tempel musste
nicht unbedingt erfolgen. Welch eine Heuchelei! Mit einer fromm aussehenden
Handlung konnte man sich seiner Verpflichtung gegenüber seinen Eltern
entziehen, die zu ehren Gott aber doch ausdrücklich geboten hat.
Sollte Gott
Wohlgefallen an einer solchen Nahegabe haben? Haben sie nicht gelesen, was
Samuel zu König Saul sagte? »Hat Jewe so viel Gefallen an Darbringungen und
Opfern wie am Hören auf die Stimme Jewes? Siehe, gehorchen ist besser als Opfer
und aufmerken besser als das Fett der Widder« (1.Sam.15:22). Und ebenso wie
Samuel zu Saul sagte: »Weil du das Wort Jewes verwarfst, so verwarf Er dich
auch« (1.Sam.15:23), so wird auch dieses Volk, das Jesaia treffend als Gott nur
mit dem Munde und in eitler, selbstgerechter Weise verehrend charakterisierte,
verworfen werden.
Möge nun aber
auch keiner von uns die Vorschriften der Menschen lehren und keinesfalls das
Wort Gottes um unserer abendländischen Überlieferungen willen ungültig machen.
Mögen wir nur das Wort Gottes verkündigen und nichts wissen außer Jesus
Christus, und diesen als gekreuzigt (1.Kor.23:2). Er allein ist uns von Gott
zur Weisheit gemacht worden wie auch zur Gerechtigkeit, Heiligung und
Freilösung (1.Kor.1:30).
»Nachdem Er die Volksmenge wieder herzugerufen hatte, sagte Er zu ihnen: Hört und versteht! Nicht was in den Mund hineingeht, macht den Menschen gemein, sondern was aus dem Mund herausgeht, das macht den Menschen gemein. - Dann traten die Jünger herzu und fragten Ihn: Weißt Du, dass die Pharisäer, die das Wort hörten, daran Anstoß genommen haben? Er antwortete ihnen: Jede Pflanze, die Mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird entwurzelt werden. Lasst sie nur: sie sind blinde Leiter der Blinden! Denn wenn ein Blinder einen anderen Blinden leitet, werden beide in die Grube fallen« (Verse 10-14).
Die Pharisäer
und Schriftgelehrten, die in ihre Überlieferung verstrickt sind, mussten
unweigerlich Anstoß an Jesu Rede nehmen. Sie sind die Pflanzen, die nicht Gott,
sondern der Satan gepflanzt hat. Sie werden entwurzelt werden. Sie, die sich
zutrauen, »Leiter der Blinden zu sein und Licht derer in der Finsternis«
(Röm.2:19), sind die für die geistlichen Wahrheiten wirklich Blinden.
Die Jünger
meinen übrigens, Jesu Wort von dem, was in den Mund hineingeht und daraus
herausgeht, sei nicht buchstäblich zu verstehen, sondern sei ein Gleichnis. Deshalb
wendet sich Petrus an den Herrn, wie in den Versen 15 bis 20 berichtet: »Darauf
antwortete Petrus Ihm: Erkläre uns das Gleichnis! Da sagte Er: Seid auch ihr
immer noch unverständig? Begreift ihr noch nicht, dass alles, was in den Mund
hineingeht, im Leib Raum gewinnt und in den Abort ausgeworfen wird? Was aber
aus dem Mund herausgeht, kommt aus dem Herzen heraus, und dasselbe macht den
Menschen gemein. Denn aus dem Herzen kommen böse Erwägungen: Mord, Ehebruch,
Hurerei, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung. Das ist es, was den Menschen
gemein macht; aber das Essen mit ungewaschenen Händen macht den Menschen nicht
gemein.«
Den Begriff
»gemein« darf man frei mit »unrein« umschreiben. Es ist das Gegenteil von
»geheiligt.«
Ja, »das
Streben des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an« (1.Mose 8:21).
Dies ist die Not des Menschen. Deshalb kam der Erlöser, Jesus, der Gesalbte.
»Als Jesus von dort aufbrach, zog Er Sich in die Gebiete von Tyrus und Sidon zurück. Und siehe, eine kananäische Frau kam aus jenen Grenzgebieten her und rief laut: Erbarme Dich meiner, Herr, Du Sohn Davids! Meine Tochter ist übel dämonisch besessen! - Er aber antwortete ihr kein Wort. Da traten Seine Jünger zu Ihm, ersuchten Ihn und sagten: Entlass sie doch, denn sie schreit hinter uns her! Da antwortete Er: Ich wurde lediglich zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt« (Verse 21-24).
Jesus verließ
Israel und betrat Grenzgebiete der Nationen im Bereich der 50 und 90 km
nördlich von Galiläa am Mittelmehr gelegenen ehemals phönizischen Städte Tyrus
und Sidon. Dort rief eine Kananäerin laut nach Ihm, eine Frau, die von der vor
der Landnahme Israels in Kanaan ansässigen Bevölkerung abstammte (4.Mose
13:29). Die Phönizier nannten sich selbst Kanaanäer.
Jesus
antwortete der Frau aber nicht, denn sie hatte einen Fehler gemacht, da sie Ihn
nämlich »Sohn Davids« nannte. David ist jedoch der König Israels. Wohl werden
die Nationen im tausendjährigen Königreich Israels durch dieses königliche und
priesterliche Volk gesegnet, das Königreich Davids und seines großen Sohnes
Jesus Christus aber ist nur Israel verheißen. Nur Israel empfängt diesen Segen.
Und erst dann, wenn Israel gesegnet ist, kann sein Königreich ein Segen für die
Nationen sein.
Die Jünger
rieten dem Herrn, der Frau ihren Wunsch zu erfüllen, damit sie aufhöre, hinter
ihnen her zu schreien. Aber Er sagte, und zwar in erster Linie zu Seinen
Jüngern: »Ich wurde lediglich zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel
gesandt!« Eigentlich hätten die Jünger dies wissen müssen, denn einige Zeit
vorher, als Jesus sie aussandte, das Königreich der Himmel zu herolden und
Kranke zu heilen, hatte Er sie ausdrücklich angewiesen, auf keinen Fall zu den
Nationen und auch nicht in eine Stadt der Samariter, eines Mischvolks aus den
Juden und anderen Völkern (2.Kön.17:24-41), zu gehen (Mat.10:5). Jene haben
nämlich keinen Anteil am Königreich Israels.
Wir lesen die
Verse 25 bis 28: »Doch sie kam, fiel vor Ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir!
Er antwortete: Es ist nicht schön, den Kindern das Brot zu nehmen und den
Hündlein hinzuwerfen. Doch sie sagte: Ja, Herr! Denn auch die Hündlein essen
vom Abfall, der vom Tisch ihrer Herren fällt. Da antwortete ihr Jesus: O Frau,
dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst! - Und von jener Stunde an
war ihre Tochter geheilt.«
Möge niemand
meinen, Jesu Herz sei von der Not der Frau nicht berührt gewesen. Als sie sich
Ihm genaht und wieder um Hilfe gebeten hatte, erklärte Er ihr, warum Er ihr
nicht helfe. Das Lebensbrot, das Er zur Zeit austeile, sei nur für die Kinder
Israels und nicht für die Ausländer, die übrigens von den Juden gemeinhin
»Hunde« genannt wurden, vom Herrn aber mit der Verniedlichungsform, die an ein
Haushündchen denken lässt, bezeichnet werden. Der Herr hatte in Seinem
irdischen Dienst keinen Auftrag vom Vater für die Nationen. Und die Frau hatte
keinen Anspruch auf Jesu Hilfe.
Doch die Frau
antwortete Jesus. Ihre Antwort ist erstaunlich. Sie ordnet sich wie ein
Hündlein Israel unter und ist zufrieden mit dem, was vom Tisch Israels
herabfällt. Welch eine Erkenntnis! Welch eine Demut! Welch ein Glaube! Sie nahm
den Platz ein, den die Nationen im Tausendjahrreich Israels innehaben werden.
Der Apostel
Paulus bestätigt uns: »Ich sage, Christus ist der Diener der Beschneidung
geworden für die Wahrhaftigkeit Gottes, um die Verheißungen der Väter zu
bestätigen. Die Nationen [im Tausendjahrreich] aber werden Gott für Sein
Erbarmen verherrlichen« (Rröm.15:8,9). Dementsprechend erbarmte Sich der Herr
der Frau und heilte ihre Tochter.
Erst später,
in der pfingstlichen Heilsverwaltung, konnten auch Nichtjuden, wie zum Beispiel
der römische Hauptmann Kornelius, gesegnet werden (Ap.10). Jener wurde im Namen
Jesu Christi gesegnet, aber nicht als des Sohnes Davids, sondern als des »Herrn
über alle« (Ap.10:36), was Er allzumal ist.
Auf der ersten
Missionsreise (47-48 n. Chr.) stellten Paulus und Barnabas im pisidischen
Antiochien gegenüber den Juden fest: »Es war notwendig, dass zuerst euch das
Wort Gottes gesagt wurde. Weil ihr es aber von euch stoßt und euch selbst des
äonischen Lebens nicht für würdig erachtet, siehe, so wenden wir uns an die
Nationen« (Ap.13:46).
Wie verhält es
sich nun aber mit Jesu Worten - so müssen wir aus den Nationen fragen -, die Er
nur zu Israel gesprochen hatte? Sie sind uns Gläubigen heute, die wir in der
dem Apostel Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Haushaltung der
überströmenden Gnade Gottes leben (Eph.3:2; Kol.1:25), sehr wertvoll, doch
unmittelbar zu uns spricht der erhöhte Herr, und zwar durch die Paulusbriefe.
Aus diesen erfahren wir, was uns betrifft.
»Von dort ging Jesus weiter und kam an den See Galiläas. Als Er auf den Berg gestiegen war, setzte Er Sich dort nieder. Da kamen viele Scharen zu Ihm, die Lahme, Blinde, Stumme, Verstümmelte und viele andere Kranke bei sich hatten. Sie legten sie Ihm zu Füßen, und Er heilte sie, sodass die Volksmenge erstaunte, als sie sah, dass Stumme sprachen, Verstümmelte gesundeten, Lahme wandelten und Blinde sehend wurden; da verherrlichten sie den Gott Israels« (Verse 29-31).
Auf einen Berg
setzte Jesus Sich nieder, einem Symbol der Macht und Herrschaft, wie Er, der
König Israels, sie ausüben wird und hier mit den Krankenheilungen zeichenhaft
vorwegnimmt. Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist das Leben und gibt allen
Leben, so wie es jeweils angemessen ist.
»Dann rief Jesus Seine Jünger herzu und sagte: Mich jammert die Volksmenge; denn sie verharren schon drei Tage bei Mir und haben nichts zu essen. Jedoch will Ich sie nicht so fastend entlassen, damit sie auf dem Wege nicht ermatten. Die Jünger sagten zu Ihm: Woher sollen wir hier in der Wildnis so viele Brote nehmen, um eine so große Schar zu sättigen? Da fragte Jesus sie: Wie viele Brote habt ihr? Sie sagten: Sieben und wenige Fischlein. - Als Er die Volksmenge angewiesen hatte, sich auf der Erde niederzulassen, nahm Er die sieben Brote und die Fische, dankte, brach sie in Stücke und gab sie den Jüngern, und die Jünger teilten sie den Scharen aus. Da aßen alle und wurden satt; die übrig gebliebenen Brocken aber hoben sie auf: sieben Körbe voll. Es waren etwa viertausend Männer, die gegessen hatten, ohne die Frauen und kleinen Kinder. Als Er die Scharen entlassen hatte, stieg Er in das Schiff und kam in die Grenzgebiete von Magadan« (Verse 32-39).
Magadan dürfte
ein anderer Name für Magdala sein, das am Westufer des Sees Genezareth gelegen
ist.
In Kapitel
14:15-21 hatten wir von der Speisung der Fünftausend gelesen. Auf die
Ausführungen dazu darf hinsichtlich der allgemeinen Aussagen verwiesen werden.
Das zweite
Speisungswunder bekräftigt erneut, dass Jesus der Sohn Gottes und König Israels
ist und es in Seinem Königreich niemanden an Brot mangeln wird.
Welch eine
eindrückliche Glaubensschule für die Jünger (oder wörtlich: Lernenden): ihren
austeilenden Händen ging das Brot nicht aus, ebenso wie es ihren Nachfolgern
zwischen unserer Entrückung und Jesu Wiederkunft zu Israel ergehen wird, wenn
sie das wahre Lebensbrot, nämlich das Evangelium über Jesus Christus und damit
Christus Selbst, dem Volke Israel weitergeben.
Die erste
Speisung geschah am Abend, also zwischen 15 und 18 Uhr, nur eines Tages des
Verweilens bei Jesus zwar an öder Stätte, aber in der Nähe von Dörfern, wo man
Speisen kaufen konnte (Mat.14:15). Die zweite Speisung erfolgte am dritten Tage
des Verharrens beim Herrn, und zwar in der Wildnis, die Scharen fasteten
praktisch und würden auf dem Rückweg völlig ermatten. Dies mag wiederum auf die
siebenjährige Endzeit und besonders deren zweite Hälfte der großen Drangsal für
die Gläubigen hinweisen, wo die Gefahr zu ermatten besonders groß ist.
Sieben Körbe
voll Brocken blieben übrig. Die Zahl sieben ist ein Symbol des Geistes und der
Vollendung.
»Da traten die Pharisäer und die Sadduzäer herzu; um Ihn zu versuchen, forderten sie Ihn auf, ihnen ein Zeichen aus dem Himmel zu zeigen. Darauf antwortete Er ihnen: Diese böse und ehebrecherische Generation trachtet nach einem Zeichen; doch man wird ihr kein Zeichen geben außer dem Zeichen des Jona. - Damit verließ Er sie und ging davon« (Mat.16:1-4; die Verse 2 b und 3 finden sich nicht in den ältesten Handschriften).
Wie schon
einmal geschehen - Matthäus hatte in Kapitel 12:38-40 davon berichtet - fordern
Führer des Volkes ein Zeichen, obwohl der Herr bereits so viele Zeichen und
Wunder getan hatte, sodass sie längst glauben sollten. Aber sie hatten sich
schon gegen Jesus entschieden und wollten Ihn nur versuchen, damit sie Ihn in
eine Falle lockten und einen Anklagepunkt gegen Ihn fänden. Dieses Mal waren
auch Sadduzäer dabei, die eher politisch dachten und auch politisch
einflussreich waren, zumal sie die Hohenpriester stellten.
Jesu Antwort
lässt an Klarheit nicht zu wünschen übrig: Er nennt Seine Gegner böse und
ehebrecherisch. Sie hatten den am Berg Sinai geschlossenen Bund Jewes mit
Israel gebrochen, und ihr Sinn stand nur auf Böses. Solchen Menschen wird kein
Zeichen gegeben - außer dem des Propheten Jona, und dieses ist Jesu Tod, Grab
und Auferstehung entsprechend dem Erleben des Jona, der drei Tage und drei
Nächte im Bauch des Fisches war (Jona 2:1).
Siehe im
Übrigen die Ausführungen zu Kapitel 12:38-40.
»Als die Jünger an das jenseitige Ufer kamen, hatten sie vergessen, Brote mitzunehmen. Da sagte Jesus zu ihnen: Seht zu und nehmt euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer in Acht! - Sie aber folgerten daraus und sagten zueinander: Er meint, dass wir keine Brote mitgenommen haben. Als Jesus das erkannte, sagte Er: Ihr Kleingläubigen, was folgert ihr da unter euch, weil ihr keine Brote habt? Begreift ihr immer noch nicht? Erinnert ihr euch auch nicht an die fünf Brote für die Fünftausend und wie viele Tragkörbe voll ihr aufnahmt? Auch nicht an die sieben Brote für die Viertausend und wie viele Körbe voll ihr aufnahmt? Wie könnt ihr nicht begreifen, dass Ich nicht von Broten zu euch redete? Nehmt euch aber vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer in Acht! - Dann verstanden sie, dass Er nicht gesagt hatte, sich vor dem Sauerteig der Brote in Acht zu nehmen, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer« (Verse 5-12).
Jesus muss
Seine Jünger wegen ihres Kleinglaubens rügen. Um fehlende Brote müssen sie sich
doch wirklich keine Gedanken machen, haben sie doch die Herrlichkeit ihres
Herrn gerade auch bei den zwei Speisungswundern erlebt.
Vor dem
Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer sollen sie sich hüten! Sauerteig ist in
der Heiligen Schrift stets ein Symbol für Zersetzendes und Gefährliches, denn
dieser durchsäuerte und gärende Teig durchdringt die gesamte Teigmasse. Hier
ist die Lehre der Pharisäer und Sadduzäer, wozu auch die Überlieferung der
Ältesten zählt, das Gefährliche (Mat.15:2). Der Herr hatte ihnen schon in
Kapitel 15:3,9 vorgeworfen, dass sie um ihrer Überlieferung willen das Gebot
Gottes übertreten und die Vorschriften der Menschen lehren.
Der Apostel
Paulus schreibt an die fleischlich gesinnten Korinther: »Euer Ruhm ist nicht
schön. Wisst ihr nicht, dass ein klein wenig Sauerteig den ganzen Teig
durchsäuert? Daher reinigt euch gründlich von dem alten Sauerteig, damit ihr
ein frischer Teig seid, wie ihr ja als Heilige ungesäuert seid; denn als unser
Passah wurde Christus für uns geopfert. Lasst uns daher das Fest nicht in altem
Sauerteig begehen, noch im Sauerteig des Üblen und der Bosheit, sondern im
ungesäuerten Teig der Aufrichtigkeit und Wahrheit« (1.Kor.5:6-8; vgl. Gal.5:9).
Der
verderbliche Charakter des Sauerteigs in seiner symbolischen Bedeutung ist
besonders an dem in Matthäus 13:33 verzeichneten Königreichsgleichnis vom
Sauerteig erkennbar; siehe darum die Ausführungen zu diesem Gleichnis.
(Matthäus 16:13-27)
»Als Jesus dann in die Gebiete von Cäsaräa Philippi kam, fragte Er Seine Jünger: Was sagen die Menschen, wer der Sohn des Menschen sei? Sie antworteten: Die einen meinen, Johannes der Täufer, andere Elia, wieder andere Jeremia oder einer der Propheten. - Weiter fragte Er sie: Ihr aber, was sagt ihr, wer Ich sei? Simon Petrus antwortete: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!« (Mat.16:13-16).
Jesus nennt
Sich Selbst den Sohn des Menschen. Dieser nur auf den Messias und damit Ihn
bezogene Begriff rührt von Daniel 7:13 her, wo es heißt, dass mit den Wolken
der Himmel einer wie eines Sterblichen Sohn, also eines Menschen Sohn, kam, dem
äonische Vollmacht, Würde und ein unbegrenztes Königreich gewährt wurde.
Die Meinung
der Leute war dem Herrn bekannt, Seine Frage aber sollte Seine Jünger in der
Erkenntnis festigen, wer Er wirklich ist. Die Jünger hatten im Laufe ihrer
Gemeinschaft mit dem Herrn, dessen Heilungs- und Speisungswunder sie miterlebt
hatten und dessen Herrlichkeit voller Gnade und Wahrheit sie schauten und als
die Herrlichkeit des vom Vater Gezeugten erkannten (Joh.1:14), diese Erkenntnis
gewonnen, die Petrus hier voller Gewissheit ausspricht: »Du bist der Christus,
der Sohn des lebendigen Gottes!«
Welch ein
herrliches Wort der Erkenntnis! Überaus kostbar ist es uns. Gesegnet ist, wer
erkennt, wer Jesus ist!
Der Jünger
Nathanael (vielleicht mit dem Beinamen Bartholomäus) hatte zwar schon bei
seiner Berufung gesagt: »Rabbi, Du bist der Sohn Gottes! Du bist der König
Israels!« (Joh.1:49), Petrus hatte Ihn bereits einmal »den Heiligen Gottes«
genannt (Joh.6:69), und nach des Herrn und des Petrus Wandel auf dem See
Genezareth waren die Jünger im Schiff mit dem Ausspruch: »Du bist wahrhaftig
Gottes Sohn« vor Ihm niedergefallen (Mat.14:33), hier aber haben wir die erste
umfassende Bezeichnung Jesu.
Jesu ist der
Christus, der Messias, der mit dem Geist Gottes Gesalbte, der mithin befähigt
ist, das Königreich aufzurichten und dem Volk Israel alle Verheißungen zu
erfüllen, wie der Prophet Micha von Ihm sagt: »Er wird auftreten und [Seine
Herde] in der Stärke Jewes hirten, in der Erhabenheit des Namens Jewes, Seines
Elohim; und sie werden [in Sicherheit] wohnen, denn nun wird Er groß bis an die
Enden der Erde« (Micha 5:3).
Jesus ist der
Sohn des lebendigen Gottes, vor den Äonen von Gott, dem Vater, gezeugt
(Kol.1:15-17), und als vom heiligen Geist in Maria Gezeugter ins Fleisch
gekommen (Mat.1:20). Der Sohn ist mit dem Geist Seines Vaters ohne Maß
ausgestattet (Joh.3:34), sodass Er die Ausstrahlung der Herrlichkeit und die
Abprägung des Wesens dessen ist (Heb.1:3). Wer Ihn sieht, sieht den Vater
(Joh.14:9). Jesus ist wahrhaftig der Sohn, weil Er den Vater in allem
verherrlicht.
Der lebendige Gott hat keine Ähnlichkeit mit
den toten Götzen. Er ist das Leben und gibt allen Leben.
Jetzt erst,
nachdem Petrus erkannt hat, wer Jesus ist, und alle Jünger sich diese
Erkenntnis nicht mehr rauben lassen werden, kann Jesus sie mit Seiner in Kürze
folgenden ersten Leidensankündigung auf das Kreuz vorbereiten (Vers 21).
»Jesus antwortete ihm: Glückselig bist du, Simon Bar Jona; denn nicht Fleisch und Blut haben es dir enthüllt, sondern Mein Vater in den Himmeln« (Vers 17).
Jede
geistliche Erkenntnis ist allein von Gott, denn »kein Mensch kann sich etwas
nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben wird« (Joh.3:27). »Niemand erkennt
den Sohn als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater als nur der Sohn und
wem der Sohn es zu enthüllen beschließt« (Mat.11:27). Genau so erging es
Paulus. Als es Gott wohlerschien, enthüllte Er Seinen Sohn in Saulus, damit
jener den Sohn als Evangelium unter den Nationen verkündige (Gal.1:16).
Ohne den Geist
von oben können wir nicht wissen, was uns von Gott aus Gnaden gewährt ist
(1.Kor.2:12). Deshalb beten wir ja auch ständig um geistliche Weisheit und
geistliches Verständnis (Kol.1:9). Nichts ist aus uns, alles kommt von dem
Geber aller Gaben.
Jesus redete
Petrus mit Simon Bar Jona an, das heißt Simon, Sohn (aram.) der Taube (hebr.).
Simon bedeutet »Erhörung« oder »hören«
und lässt folgendes Wort Jesu in uns anklingen: »Jeder nun, der vom
Vater hört und die Wahrheit lernt, kommt zu Mir« (Joh.6:45). Petrus hat gehört.
Und Petrus ist sicherlich auch eine Erhörung für Jesus.
Warum nennt
der Herr Petrus »Sohn des Jona«? Unseres Herrn Dienst begann mit dem Herabstieg
des heiligen Geistes in Gestalt einer Taube (Mat.3:16; Luk.3:22).
Dementsprechend erwähnt Jesus die Taube als Symbol des Geistes Gottes bei der
Einführung des Petrus in ein neues Amt, das nur in der Kraft des Geistes
ausgeübt werden kann.
Der Herr sprach weiter: »Nun sage auch Ich dir: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will Ich Meine herausgerufene Gemeinde bauen, und die Pforten des Ungewahrten werden nicht die Oberhand über sie behalten« (Vers 18).
Der Vater
hatte durch die Enthüllung zu Petrus gesprochen, und nun sagt auch Jesus ihm
etwas Neues. Ja, mit dem Zuspruch: »Du bist!« ist Petrus jemand Neues geworden.
Der
griechische Name Petros bedeutet Felsen oder Felsiger und ist die Übersetzung
des hebräischen Wortes Kephas.
Auf diesem
Felsenmann wird der Herr Jesus Christus Seine Herausgerufene, nämlich das wiedergezeugte,
gläubige und heilige Israel, bauen. Zwar ist Petrus der führende Apostel der
Beschneidung, doch werden alle Apostel daran mitwirken, wie der Herr gesagt
hat: »Die ihr Mir gefolgt seid, in der Wiederwerdung, wenn der Sohn des
Menschen auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzt, werdet auch ihr auf zwölf
Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten« (Mat.19:28).
Diese
Herausgerufene Israels wird auch in Matthäus 18:17 und viele Male in der
Apostelgeschichte erwähnt. Schon damals baute der Herr sie auf dem Petrus auf,
der den Gläubigen aufgrund seiner Evangeliumsverkündigung schreiben kann: »Auch
ihr werdet als lebendige Steine zu einem geistlichen Haus, zu einem heiligen
Priestertum auferbaut« (1.Pet.2:5).
Die
Herausgerufene Israels, diese zukünftige Gemeinde, die damals schon ihren
Anfang nahm, wird bildlich als »Braut« bezeichnet (Off.19:7; 21:2,9). Von der
gegenwärtigen Herausgerufenen, die bildlich »Körper« des Christus genannt wird
(Eph.1:23), ist hier keine Rede. Wir sind nicht auf Petrus gebaut. Keine seiner
Lehren sind für uns. Wir sind mit Paulus verbunden. Er ist heute unser Lehrer
(1.Tim.2:7). Wir betreten das Königreich Israels nicht, sondern werden in
Christi überhimmlisches Königreich versetzt (Eph.2:6; 2.Tim.4:18).
Das Ungewahrte
oder Ungewahrbare (griech. Hades, hebr. Scheol), der abstrakte Aufenthaltsort
der Toten, wird (wie man auch übersetzen kann) nicht stark über die
Herausgerufene sein oder nicht über sie erstarken. Denn Jesus hat den Satan,
der die Gewalt oder Haltekraft des Todes hat, abgetan (Heb.2:14), sodass die
hinter dem Ungewahrten stehenden Finsternismächte nichts mehr ausrichten
können, zumal der Satan und seine Boten während des tausendjährigen Königreichs
im Abgrund gebunden sein werden (Off.20:3). Auf Jesu Ruf hin werden die Toten
auferstehen, die der Satan bislang festhalten konnte.
Des Weiteren sagte Jesus zu Petrus: »Ich werde dir die Schlüssel des Königreichs der Himmel geben; was auch immer du auf Erden bindest, wird das sein, was auch in den Himmeln gebunden ist, und was auch immer du auf Erden löst, wird das sein, was auch in den Himmeln gelöst ist!« (Vers 19).
Jesus
verkündigte seit dieser Zeit das Königreich nicht mehr, sondern legte den
Schwerpunkt Seiner Tätigkeit auf die Belehrung und Zurüstung Seiner Jünger.
Das Königreich
ist dem ungläubigen und widerspenstigen Volk verschlossen. Jesus wird die
Schlüssel zum Königreich aber Petrus geben, der sie dann am Pfingstfest des
Jahres 32 n. Chr. gebrauchte und mit seiner großen Pfingstrede die Tür zum
Königreich wieder aufschloss (Ap.2:14-42).
Die Vollmacht
zu binden und zu lösen bekamen auch die anderen Jünger, wie in Matthäus 18:18
zu lesen: »Wahrlich, Ich sage euch: Was auch immer ihr auf Erden bindet, wird
das sein, was auch im Himmel gebunden ist, und was auch immer ihr auf Erden
löst, wird das sein, was auch im Himmel gelöst ist.« Das Lösen besteht in dem
Zuspruch der Vergebung der Sünden und damit des Eingangs in das Königreich, das
Binden darin, dass die Verfehlungen bei mangelnder Umsinnung auf einem Sünder
belassen werden, der mithin nicht in das Königreich gelangt, wie aus Johannes
20:22,23 hervorgeht: »Er hauchte sie an und sagte zu ihnen: Nehmt heiligen
Geist! Wenn ihr jemandem die Sünden erlasst, dem sind sie erlassen, und wenn
ihr sie jemandem behaltet, dem sind sie behalten.« Vom Geist Gottes geleitet,
werden die Jünger in jedem Einzelfall den göttlichen Willen ausführen. Der
Ausspruch der Jünger gilt dann auch vor den Augen Gottes im Himmel, von welchem
er stammt.
Welch eine
Kraft Petrus mit seiner Schlüssel- und mithin Binde- und Lösegewalt hatte,
zeigt sich am Beispiel von Ananias und Sapphira, die absichtlich gelogen hatten
und deshalb vor Petrus tot umfielen und ihren Platz im Königreich verloren (Ap.5:1-11).
Diese von uns betrachteten Höhepunkte im Dienst unseres Herrn, nämlich von Seinen Jüngern als der Christus erkannt worden zu sein, und im Leben des Petrus, nämlich das Fundament für die herausgerufene Gemeinde der Gläubigen Israels bilden zu sollen, hatten mit Jesu Frage: »Was sagen die Menschen, wer der Sohn des Menschen sei?« ihren Anfang genommen. Dementsprechend endet der Bericht des Matthäus über diese Begebenheit auch mit einem Wort in Bezug auf die Menschen, die Jesus nicht als den Christus erkannt haben.
Matthäus
schreibt in Vers 20: »Dann warnte Er die Jünger, damit sie niemandem sagten,
dass Er der Christus sei.«
Die Juden
hatten Jesus bislang nicht erkannt - und von nun an sollten sie Ihn nicht mehr
erkennen können, weshalb der Herr ja schließlich auch seit einiger Zeit nur in
Gleichnissen zu ihnen gesprochen hatte (siehe unbedingt Mat.13:13-15).
Jemandem
sagen, dass Jesus der Christus ist, ist gleichbedeutend mit der Verkündigung
des nahe herbeigekommenen Königreichs, das der Christus ja heraufführt, und der
Notwendigkeit, sich der Taufe der Umsinnung zur Erlassung der Sünden zu
unterziehen (Luk.3:3). Die Menschen würden Zugang zum Königreich Israels
finden, wenn sie glauben und erkennen, dass Jesus der Christus ist. Die Jünger
sollten aber nicht mehr missionieren. Damit ist Israel verworfen, wenn auch nur
bis Pfingsten, wenn Petrus das Volk wieder von Neuem ansprechen darf.
Matthäus berichtet weiter: »Von da an begann Jesus Seinen Jüngern zu zeigen, Er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten, Hohenpriestern und Schriftgelehrten viel leiden, und Er müsse getötet und am dritten Tag auferweckt werden« (Vers 21).
Dies ist Jesu
erste Leidensankündigung. (Die weiteren stehen in Matthäus 17:22 und 20:18.)
Für die Jünger muss sie schockierend gewesen sein. Zwar hatte der Herr bereits
Andeutungen gemacht, zum Beispiel die, dass der Bräutigam von ihnen genommen
werden wird (Mat.9:15), und war die Feindschaft der Führer des Volkes
offenkundig geworden (Mat.9:3; 12:14; 15:12; 16:1), aber dieses vom Herrn jetzt
mit Freimut (Mark.8:32) ausgesprochene Wort musste sie wegen seiner
Bestimmtheit erschüttern. Bisher hatten sie der Aufrichtung des Königreichs
Israels entgegengeschaut. Jetzt mussten sie alle Hoffnungen darauf
zurückstellen.
Nun richtet
Jesus, der Christus, Sein Angesicht fest darauf, nach Jerusalem zu gehen und
den Leidensweg zu beschreiten. Da gilt es nun für uns, das göttliche Muss des
Leidens und Sterbens Jesu Christi zu begreifen. Jesus ist das Lamm Gottes, das
die Sünde der Welt auf Sich nimmt (Joh.1:29). Es gibt keinen anderen Weg.
Jetzt, nachdem
die Jünger erkannt haben, dass Er der Christus ist und die Pforten des Ungewahrten
nicht über das Königreich der Himmel erstarken werden, konnte Er ihnen Sein
Leiden ankündigen und kann Er sie in die Leidensschule mit hineinnehmen (Vers
24).
Jesu erste Leidensankündigung ist ein weiterer Wendepunkt in Seinem Dienst auf Erden. Sein erster Dienstabschnitt begann mit der Verkündigung des Königreichs in aller Offenheit (Mat.4:17); der zweite Dienstabschnitt begann angesichts des Unglaubens des Volkes mit dem Reden in Gleichnissen, damit sie nicht verstehen sollten (Mat.13:13), und der dritte ist vom Blick auf das bevorstehende Kreuz gekennzeichnet.
Engagiert reagiert Petrus auf die Leidensankündigung Jesu: »Da nahm Petrus Ihn beiseite, begann Ihn zu verwarnen und sagte: Gott ist Dir versühnt, Herr! Keinesfalls wird Dir dies zugedacht sein! - Er aber wandte Sich um und sagte zu Petrus: Geh hinter Mich, Satan! Du bist Mir ein Fallstrick! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern das, was menschlich ist« (Verse 22+23).
Gerade war
Petrus aus dem Kreis der Jünger hervorgehoben worden - dies mag ihn motiviert
haben zu tun, was er jetzt als seine besondere Pflicht ansah, nämlich den Herrn
vor einem Irrtum zu warnen und Ihm Besonnenheit nahezulegen. Wir können seine
Gedanken gut verstehen, weil sie menschlich sind. Da zwischen Gott und Jesus
keinerlei Sühne nötig und mithin alles in Ordnung ist, könne Ihm der Tod nicht
zugedacht sein. Wohl war Petrus zum Felsen erklärt worden, aber seine mangelnde
geistliche Reife ließ ihn die Notwendigkeit des Leidens seines Herrn nicht
verstehen.
Ist uns
Gläubigen heute klar, warum Jesus getötet werden musste? Wissen wir, dass Gott
Seinen Sohn um der Sünde willen sandte und die Sünde im Fleisch Seines Sohnes
verurteilt werden musste (Röm.8:3)? - Denken wir stets daran, dass Jesus für
alle starb und demnach alle starben (2.Kor.5:14). Die gesamte alte Menschheit
musste in Seinen Tod mit hineingenommen, das Fleisch also schmachvoll abgetan
werden, damit wir nicht mehr auf eigene Leistungen oder Vorzüge bauen, sondern
allein aus der Gnade leben. Nichts können wir zu unserer Rettung beitragen,
nicht aus eigener Kraft Gott wohlgefällig wandeln. Gott allein gebührt die
Verherrlichung im Namen Jesu Christi!
Petrus
handelte im Sinne Satans, mit dem Sinn des Satans, der Jesus bei der Versuchung
in der Wildnis alle Königreiche der Welt unter Umgehung des Leidens angeboten
hatte (Mat.4:9). Der Herr aber löste Sich aus dieser Versuchung und Verstrickung
durch Petrus, indem Er die geistlichen Realitäten ins Auge fasste: einerseits
den Willen Gottes und andererseits den Willen des Satans im Namen der
Menschlichkeit aus dem Munde eines Jüngers. Gerade unter dem Deckmantel der
Menschlichkeit kann der Satan die Menschen mühelos betrügen und verführen. Der
Herr aber war nur auf den Willen Seines Vaters ausgerichtet und wurde Ihm nicht
ungehorsam.
»Dann sagte Jesus Seinen Jüngern: Wenn jemand Mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge Mir« (Vers 24).
Ganz und gar
nicht menschlich scheint diese Bedingung der Nachfolge zu sein: sich selbst zu
verleugnen, also nicht mehr sich selbst zu leben, sondern dem, der für uns
starb und auferweckt wurde (2.Kor.5:15). Andere Interessen haben wir nicht
mehr. Wir suchen das, was Christi ist (Phil.2:21). Und gerade in dieser
Herzenshaltung finden wir die Erfüllung unseres Lebens.
Das Kreuz
sollen wir aufnehmen, jeder sein eigenes, so wie ein zur Anpfahlung
Verurteilter einst seinen Pfahl auf seinem Rücken zur Hinrichtungsstätte tragen
musste. Das Kreuz aufnehmen bedeutet, den Lasten und Drangsalen, die uns um des
Glaubens willen begegnen werden, willig entgegenzusehen und sie zu erdulden.
Bereits in
Matthäus 10:37,38 hatte der Herr gesagt: »Wer Vater oder Mutter lieber hat als
Mich, ist Meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter lieber hat als Mich, ist
Meiner nicht wert; und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und Mir nachfolgt,
ist Meiner nicht wert.« Nach der Ankündigung Seines Todes bekommt dieses Wort
Jesu eine größere Tiefe. Nachfolge Jesu bedeutet nun den Eintritt in die
Gemeinschaft Seines Todes. Familienangehörigen den zweiten Rang einzuräumen ist
nicht alles. Im Übrigen wäre auch die Nachahmung Seines Charakters zu wenig.
Mit Vers 25 verkündigt der Herr die Notwendigkeit der konsequenten Nachfolge: »Denn wer seine Seele retten will, wird sie verlieren; wer aber seine Seele Meinetwegen verliert, wird sie finden.«
Die Seele ist
das Bewusstsein oder steht bildlich für ein mit Bewusstsein ausgestattetes
Geschöpf. Die Seele entsteht durch die Vereinigung eines Körpers mit Gottes
Lebensgeist, wie in 1.Mose 2:7 zu lesen: »Dann formte Jewe den Menschen aus
Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase; und der Mensch wurde
eine lebende Seele.«
Der Tod ist
die Umkehrung des Schöpfungsprozesses: Zieht Gott Seinen Geist zurück, so wird
der Körper wieder zu Erdreich, und die Seele ist nicht mehr (Pred.12:7;
Ps.104:29; Hiob 34:15). Im Tode gibt es kein Bewusstsein (Pred.9:5,10;
Ps.115:17; 146:4; Jes.63:16). Lebendig wird man wieder, wenn der Lebensgeist in
den Körper zurückkehrt; ein Lebendiger hat Bewusstsein (Luk.8:55). Näheres
siehe Artikel »Zwischen Tod und
Auferstehung« in »Unausforschlicher Reichtum« 2007, Nr. 2+3, Konkordanter
Verlag Pforzheim; www.konkordanterverlag.de;
und auf der Homepage www.people.freenet.de/biblische_lehre.
Das
Evangelium, das der Herr hier nun verkündigte, ist ein Evangelium des Leidens.
Diejenigen, die ihr Wohlergehen lieben, mögen ihre Seele durchaus von einem Tag
in den anderen hinüberretten, werden sie aber für die Zeit des Königreichs
verlieren. Wer seelischen Genüssen nachgeht und den Drangsalen der Nachfolge
ausweicht, mag sein Leben für die Gegenwart retten, wird aber im Königreich
nicht leben. Die aber ihr Leben und damit ihre Seele - so Gott will - zum
Beispiel als Märtyrer um Christi willen verlieren, werden das äonische Leben
auf der Erde erlangen und mit Christus als Könige herrschen (Off.20:4).
Dies ist nicht
das Evangelium für uns heute, welches Paulus verkündigt. Wir sind allein in der
Gnade Gerettete (Eph.2:8). Mitherrschen werden allerdings diejenigen unter uns,
die erduldeten (2.Tim.2:12; Röm.8:17).
Der Apostel
Petrus schreibt: Ihr werdet jetzt kurz, wenn es sein muss, durch mancherlei
Proben betrübt, damit die Prüfung eures Glaubens bei der Enthüllung Jesu
Christi zum Lobpreis, zur Verherrlichung und zur Ehre erfunden werde. Ihr liebt
Jesus Christus, die Vollendung eures Glaubens davontragend, nämlich die Rettung
eurer Seelen (1.Pet.1:6-9). Ohne Bewährung keine Rettung; so ist es nach dem
Evangelium der Beschneidung, mit welchem Petrus betraut ist (Gal.2:7).
Mit dem
folgenden Vers 26 macht Jesus den Wert der Seele deutlich: »Doch was wird es
dem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewinnen, aber dabei seine Seele
verwirken würde? Oder was wird der Mensch als Eintausch für seine Seele geben?«
Die Seele, mit anderen Worten: das äonische Leben, das Leben in den kommenden
Äonen, ist mehr wert als alles in dieser Welt.
Kann der Mensch
irgendetwas als Eintausch für seine verwirkte Seele geben? Psalm 49:8-10 sagte
schon, dass kein Mann sich loskaufen noch Elohim den Preis für seine
Beschirmung geben kann, » - zu kostbar ist der Loskauf seiner Seele, so muss er
davon ablassen für den Äon - dass er weiterhin lebe, für dauernd, und nicht das
Verderben sehe.«
Eindringlich weist der Herr auf das bevorstehende Urteil hin: »Denn der Sohn des Menschen ist im Begriff, in der Herrlichkeit Seines Vaters mit Seinen Boten zu kommen, und dann wird Er jedem nach Seinem Handeln vergelten« (Vers 27).
Jesus Christus
wird wieder zu Israel kommen, Seine Regentschaft aufrichten und einem jeden
gemäß seinen Werken vergelten: der eine wird den Verlust seiner Seele beklagen
müssen, der andere die Rettung seiner Seele erfahren. Ja, »Er vergilt dem
Menschen nach seinem Tun« (Spr.24:12; vgl. Ps.62:13; Off.2:23).
So lasst uns
zum Abschluss die Ermahnung des führenden Apostels der Beschneidung hören:
»Wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person nach eines jeden
Werk richtet, so geht für die Zeit eures hiesigen Verweilens in Furcht einher«
(1.Pet.1:17). »Stellt euch als Kinder des Gehorsams nicht auf die früheren
Begierden ein, als ihr in eurer Unkenntnis wart, sondern werdet, dem Heiligen
gemäß, der euch berufen hat, selbst Heilige in allem Verhalten, weil
geschrieben steht: Heilige sollt ihr sein; denn Ich bin heilig« (1.Pet.1:14-16).
Die Verklärung Jesu
(Matthäus 16:28-17:27)
Der Herr Jesus Christus sagte zu Seinen Jüngern: »Wahrlich, Ich sage euch: Unter denen, die hier stehen, sind einige, die keinesfalls den Tod schmecken werden, bis sie den Sohn des Menschen gleichsam
(griech. an) gewahren, wenn Er in Seinem Königreich
kommt« (Mat.16:28).
Es wäre ein
Missverständnis zu meinen, dass einige Jünger bis zur Wiederkunft Jesu Christi
und Aufrichtung des Königreichs am Leben bleiben würden. Das Geschehen auf dem
Berg der Verklärung Jesu ist eine Vision (Mat.17:9) auf das Kommen des
Menschensohns in der Herrlichkeit des Vaters (Mat.16:27). Jesus hatte von
Seinem Leiden und Sterben gesprochen (Mat.16:21) und dass ein jeder, der Ihm
nachfolgen will, sein eigenes Kreuz aufnehmen müsse, um seine Seele zu retten
(Mat.16:24,25). Um den Leidensweg mit Jesus in Zuversicht gehen zu können, wird
einigen Jüngern sechs Tage nach der Ankündigung die Vision gewährt, Jesus
gleichsam als den in Seinem Königreich Kommenden zu gewahren; und damit wird
ihnen der kräftigende Zuspruch eines Blickes in die zukünftige Herrlichkeit
zuteil.
»Und nach sechs Tagen nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes, seinen Bruder, beiseite und brachte sie auf einen hohen Berg hinauf, wo sie für sich allein waren. Da wurde Er vor ihnen umgestaltet: Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und Seine Kleidung wurde weiß wie das Licht« (Mat.17:1,2).
Die Zahl
sechs, die Zahl des Menschen und der Arbeitswoche wie auch des (zweiten)
Abschlusses, mag darauf hindeuten, dass es den Jüngern erging, wie es Menschen
ergeht, die viele Gedankten zu verarbeiten haben, und ihnen nun die
aufrichtende, ihre Kümmernis abschließende Offenbarung zuteil wurde. Lukas
schreibt: »Etwa acht Tage nach diesen Worten ...« (Luk.9:28). Die Acht steht
für Beschneidung und Neuanfang. Die Jünger lernten, von sich und dem Fleisch
abzusehen, sie begannen, am Herzen beschnitten zu werden und nahmen den
Neuanfang eines Lebens in der Erwartung.
Die Jünger
hatten sich fragen müssen, wie die Verheißung des Königreichs mit der
Ankündigung des Leidens und Sterbens des Königs zusammenpasst. Konnten sie sich
vorstellen, dass es nur durch den Tod zum Leben geht? Und wer von den Jüngern
wird Jesus in Seiner Königreichsherrlichkeit gewahren? Petrus bestimmt nicht,
der konnte alle Hoffnung darauf fahren lassen, denn der Herr hatte ihn gerade
»Satan« genannt (Mat.16:23).
Petrus,
Jakobus und Johannes waren die dem Herrn vertrautesten Jünger. (Der Jünger
Jakobus dürfte übrigens der Verfasser des Jakobusbriefs sein.)
Der Herr nahm
sie mit auf einen hohen Berg, um zu beten (Luk.9:28), sicherlich auch für die
verstörten Jünger. Der hohe Berg war gewiss der Hermon, zumal der Herr und die
Seinen gerade in Cäsarea Philippi waren (Mat.16:13). Ein Berg steht in der
Bibel symbolisch für Herrschaft, Königreich und Regierungsmacht.
Auf dem Berg
waren sie für sich allein. Die folgende Vision ist nicht für jedermann, noch
nicht einmal für alle Jünger, sondern nur für die, die besonders zugerüstet
werden sollen, wie denn Gott ja stets einem jeden das Maß des Glaubens zuteilt
(Röm.12:3).
Jesus wurde
vor Petrus, Jakobus und Johannes umgestaltet. Man nennt diesen Vorgang
»Verklärung«, was so viel wie »Verherrlichung« bedeutet. Schließlich sahen
Seine Jünger Jesus in himmlischer Herrlichkeit (Luk.9:32). Dies beschreibt auch
Johannes: »Das Wort wurde Fleisch und zeltete unter uns, und wir schauten Seine
Herrlichkeit - wie die Herrlichkeit des Einziggezeugten vom Vater - voller
Gnade und Wahrheit« (Joh.1:14).
Angesichts der
Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus können wir jetzt Seine Erniedrigung
bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod, viel eindrücklicher empfinden.
»Und siehe, es erschien ihnen Mose mit Elia, und sie besprachen sich mit Ihm« (Mat.17:3).
Dies besagt
nicht, dass Tote leben würden (dies ist ohnehin niemals der Fall) oder Mose
auferstanden sei, denn bei einer Vision ist dies nicht relevant.
Mit Mose und
Elia, den Repräsentanten des Gesetzes und der Propheten, wird den Jüngern
bedeutet, dass das Gesetz und die Propheten zu Jesus hinführten und in Ihm ihre
Vollendung und Erfüllung finden.
Mose und Elia
sprachen mit Jesus über den Ausgang Seines Lebens, wie es sich demnächst in
Jerusalem erfüllen sollte (Luk.9:31). Petrus, Jakobus und Johannes hörten
demnach vom Leiden und Sterben Jesu im Lichte Seiner Verklärung. Schließlich
kann man äonisches Leben in der Herrlichkeit des Königreichs Israels nur dann
haben, wenn der Herr Jesus Christus Sünde und Tod durch Seine Dahingabe besiegt
hat.
»Da nahm Petrus das Wort und sagte zu Jesus: Herr, schön ist es für uns, hier zu sein! Wenn Du willst, werde ich hier drei Zelte errichten, Dir eins, Mose eins und Elia eins« (Vers 4).
Mose und Elia
haben mit ihrem mühevollen Dienst der Wegbereitung des Königreichs einen Bezug
zum Leiden Jesu. Diese heilsgeschichtliche Einordnung des Geschehens auf dem
Berg hatte Petrus noch nicht vollzogen. Er sah die herrliche Situation, und es
schien ihm geradewegs in das Königreich hineinzugehen. Diese
Königreichsherrlichkeit wollte er dauerhaft machen, indem er vorschlug, sich
hier niederzulassen. Damit hätte er aber das Kreuz umgangen. Immerhin war er
nach der Erfahrung, die er vor einer Woche machen musste (Mat.16:13), so
demütig, dass er hinzufügte: »Wenn Du willst.«
»Dies ist Mein geliebter Sohn!«
»Während er noch sprach, siehe, da beschattete sie eine lichte Wolke, und siehe, eine Stimme ertönte aus der Wolke: Dies ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe; hört auf Ihn!« (Vers 5).
Wieder
beglaubige der Vater Seinen Sohn. Nach Jesu Taufe im Jordan war die Stimme des
Vaters schon einmal erschollen (Mat.3:17). Die Worte sind in Jesaia 42:1
vorgeschattet; »Siehe! Mein Knecht! Aufrecht halte Ich Ihn! Mein Erwählter, den
Meine Seele [mit Wohlgefallen] angenommen hat!« Und schon Mose sagte: »Auf Ihn
sollt ihr hören!« (5.Mose 18:15). Mit dem nachdrücklichen Zusatz »Hört auf
Ihn!« gibt der Vater Seinen Sohn gleichsam aufs neue aus der Herrlichkeit in
die raue Welt des Ringkampfes darum dahin, dass man auf Ihn höre.
Das Ereignis
hinterließ einen gewaltigen Eindruck auf die drei Jünger. Viele Jahre später
bezeugt Petrus: »Wir sind nicht weise ersonnenen Sagen gefolgt, als wir euch
die Kraft und die Anwesenheit unseres Herrn Jesus Christus bekannt machten,
sondern wir sind Augenzeugen der Erhabenheit desselben geworden. Denn Er
erhielt von Gott dem Vater die Ehre und die Herrlichkeit durch die Stimme, die
Ihm (in was für einer Weise) von der erhabenen Herrlichkeit dargebracht wurde:
Dies ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe! Diese Stimme
haben wir gehört, als sie aus dem Himmel dargebracht wurde und wir mit Ihm auf
dem heiligen Berg waren. Um so stetiger halten wir uns an das prophetische
Wort, und ihr tut trefflich, darauf Acht zu geben« (2.Pet.1:16-19).
»Als die Jünger dies hörten, fielen sie auf ihre Angesichter und fürchteten sich überaus. Da trat Jesus herzu, rührte sie an und sagte: Erhebt euch und fürchtet euch nicht! Wie sie aber ihre Augen aufhoben, gewahrten sie niemand mehr außer nur Jesus Selbst« (Verse 6-8).
Sie sahen nur
noch Jesus, und zwar in der Gestalt Seiner Erniedrigung - Jesus allein. Das
Gesetz und die Propheten hatten ihren Dienst getan; jetzt ist auf Jesus zu
hören; Er ist der Verheißene, der Christus, der Mittler, der Retter.
Hebräer 12:1,2
richte unseren Blick auf Jesus allein: »Daher mögen also auch wir, weil wir von
einer solch großen Wolke von Zeugen umgeben sind, alle Hemmungen samt der
bestrickenden Sünde ablegen, den vor uns liegenden Wettlauf mit Ausdauer rennen
und - von alledem wegsehend - auf den Urheber und Vollender des Glaubens
blicken, auf Jesus, der anstatt der vor Ihm liegenden Freude das Kreuz
erduldete und die Schande verachtete und Sich zur Rechten des Thrones Gottes
gesetzt hat.«
»Als sie vom Berg herabstiegen, gebot Jesus ihnen: Sprecht zu niemandem von dem Gesicht, bis der Sohn des Menschen aus den Toten auferweckt ist« (Vers 9).
Warum gebot der
Herr ihnen zu schweigen? Weil die Menschen Jesus aufgrund dieser Vision ganz
bestimmt gewaltsam zum König gemacht hätten, wie sie es schon nach der Speisung
der Fünftausend tun wollten (Joh.6:15). Und weil die Herrlichkeit des
Königreichs nicht proklamiert werden soll, während Israel seinen König
verworfen hat. Nachdem Petrus zu Pfingsten des Jahres 32 n. Chr. den Zugang zum
Königreich mit der ihm gegebenen Schlüsselgewalt wieder aufschloss (Mat.16:19;
Ap.2:38,39), verwarf das Volk Jesus erneut, wie in der Apostelgeschichte
berichtet (Ap.8:2; 13:46; 28:25-28).
Markus
berichtet an dieser Stelle außerdem davon, dass die drei Jünger das Wort
festhielten, »sich untereinander befragend, was das Auferstehen aus den Toten
wohl sei« (Mark.9:10). Dabei wird es ihnen nicht um das Ob und Wie der
Auferstehung gegangen sein - werden sie doch dieses Wort Jewes an Israel
gekannt haben: »Leben werden deine Toten, ihre Leichen werden aufstehen«
(Jes.26:19) -, sondern um das Wann, wie ihre folgende Frage zu Elia zeigt.
»Dann fragten Ihn Seine Jünger: Wieso sagen nun die Schriftgelehrten, dass Elia zuerst kommen müsse? Er antwortete ihnen: Elia kommt zwar zuerst und wird alles wiederherstellen. Aber Ich sage euch, dass Elia schon kam; doch sie erkannten ihn nicht, sondern taten ihm an, was immer sie wollten. So wird auch der Sohn des Menschen demnächst von ihnen leiden müssen. - Dann verstanden die Jünger, dass Er von Johannes dem Täufer zu ihnen sprach« (Verse 10-13).
Die Jünger
bewegte die Frage, warum Elia noch nicht gekommen ist, wenn das Königreich doch
so nahe ist, und warum Johannes der Täufer mit der gleichen Aufgabe, dem
Messias den Weg zu bereiten, gescheitert war.
Beim Propheten
Maleachi steht geschrieben: »Siehe, Ich sende euch den Propheten Elia vor dem
Kommen des Tages Jewes, des großen und gefürchteten« (Mal.3:23; vgl. 3:1). Vor
dem letzten Jahrsiebener (Dan.9:24,27), vor der Zeit des Zorns und gerechten
Gerichts Gottes, wird Elia wieder auftreten und das Volk zum Glauben an Jesus
Christus und zur Umsinnung aufrufen.
Johannes der Täufer war nicht Elia (Joh.1:21), sondern ein anderer Mensch; er war aber in dem Sinne Elia, als er wie Elia handelte, viele der Söhne Israels zum Herrn zurückführte und er vor den Augen des Herrn im Geist und in der Kraft Elias vorausging (Luk.1:16,17). Johannes tat allerdings keine gewaltigen Machttaten wie einst Elia, der zum Beispiel den Himmel verschloss, damit es nicht regnete, und Feuer auf Feinde herabrief (1.Kön.17:1; 2.Kön.1:9-15), sondern trat in Schwachheit auf - entsprechend dem Dienst des Herrn in Niedrigkeit.
Der Herr Jesus Christus und Petrus, Jakobus und Johannes waren vom Berg herabgestiegen. »Als sie zu der Volksmenge kamen, trat ein Mensch zu Ihm, fiel vor Ihm auf die Knie und sagte: Herr, erbarme Dich meines Sohnes; denn er ist fallsüchtig und übel daran, weil er oftmals ins Feuer fällt und oftmals ins Wasser. Ich habe ihn zu Deinen Jüngern gebracht, doch konnten sie ihn nicht heilen. - Da antwortete Jesus ihnen: O du ungläubige und verdrehte Generation! Wie lange soll Ich noch bei euch sein, wie lange soll Ich euch noch ertragen? Bringt ihn her zu Mir! - Und Jesus schalt den Dämon, da fuhr er aus von ihm, und von jener Stunde an war der Knabe geheilt« (Verse 14-18).
Wie es in der
Welt doch zugeht! Die erfolglosen Jünger waren blamiert, die Schriftgelehrten
führten (nach Mark.9:14) Streitgespräche mit ihnen, und die Sendung Jesu konnte
von der Volksmenge in Zweifel gezogen werden.
Jesus nannte
nicht nur die neun Jünger, die nicht mit auf dem Berg waren, ungläubig, sondern
zugleich auch Seine ganze Generation (wie Mose dies übrigens ebenfalls tun
musste; 4.Mose 14:11; 5.Mose 32:5,20). Sein Ausruf: »Wie lange soll Ich euch noch
ertragen?« will nicht verurteilen, sondern ermahnen und ist Ausdruck Seines
großen Schmerzes angesichts ihres Unglaubens.
Jesus schalt
(oder: verwarnte) den Dämon. Schelten heißt werturteilend zurechtweisen.
Das Ereignis
am Fuße des Berges darf uns zeigen, dass das an Unglauben krankende Israel
während Jesu Abwesenheit nicht geheilt werden kann, sondern erst bei Seiner
Wiederkehr.
»Dann traten die Jünger zu Jesus, als sie für sich allein waren, und fragten: Weshalb konnten wir ihn nicht austreiben? Er antwortete ihnen: Wegen eures Kleinglaubens! Denn, wahrlich, Ich sage euch: Wenn ihr Glauben wie ein Senfkorn habt, werdet ihr diesem Berg gebieten: Geh von hier dorthin weiter!, und er wird weitergehen, und nichts wird euch unmöglich sein« (Verse 19+20).
Vers 21 steht
nicht in den Kodizes S (Sinaiticus) und B (Vaticanus), sondern nur beim ersten
Korrektor des Kodex S, dann aber nicht mehr. Nach Markus 9:29 hatte Jesus
gesagt: »Diese Art kann man durch nichts ausfahren lassen außer durch Gebet.«
Der Zusatz »und Fasten« findet sich hier nicht. Der Herr hatte (dem Kodex S
zufolge) nach Lukas 9:42 gebetet, um den Dämon auszutreiben. Die Kodizes A
(Alexandrinus) und B haben statt »Aber noch während Er betete«: »Aber noch
während er herzukam«.
»Wegen eures
Kleinglaubens!« - Der Herr Jesus Christus hatte Seinen Jüngern die Vollmacht
gegeben, unreine Geister auszutreiben und jede Krankheit und Gebrechlichkeit zu
heilen (Mat.10:1), doch nach der ersten Leidensankündigung (Mat.16:21) war ihr
Glaube an Ihn erschüttert. In ihrer Verzagtheit hatten sie nicht genügend
Vertrauen zu Gott, um den Dämon austreiben zu können.
Sie hätten
Glauben wie ein Senfkorn haben sollen. Ein Senfkorn ist sehr klein und
unscheinbar, wird aber zu einer großen Pflanze. Dementsprechend hätte ihr
unscheinbarer, aber fester Glaube im Herzen sich groß ausgewirkt.
Ein solcher
Glaube kann sogar Berge versetzen, also Machtbereiche gleich welcher Art,
Königreiche, Regierungen, Mächte der Finsternis. Beachten wir dabei, dass der
Herr nicht sagte: »Dem Glauben ist nichts unmöglich«, sondern: »Euch [den
Glaubenden] wird nichts unmöglich sein.« Es kann somit nicht darum gehen, eine
gedanklich hochkonzentrierte Glaubensanstrengung zu produzieren, sondern schlicht
und einfach unserem großen Gott und treuen Vater zu vertrauen, bei dem alle
Dinge möglich sind (Mat.19:26). Ein Glaubender rechnet mit dem Wirken Gottes
und wendet sich mit seinem Anliegen an Ihn. Man vergesse dabei nicht, was der
Apostel Johannes gemäß dem Evangelium der Beschneidung schrieb: »Wenn wir etwas
erbitten, so erhalten wir es von Ihm, weil wir Seine Gebote halten und das vor
Seinen Augen Wohlgefällige tun« (1.Joh.3:22); »Dies ist der Freimut, den wir zu
Ihm haben, dass, wenn wir etwas nach Seinem Willen bitten, Er uns hört«
(1.Joh.5:14). Und unser Herr sagte: »Wenn ihr Mich in meinem Namen um etwas
bittet, werde Ich dies tun« (Joh.14:14).
Das Wort des
Herrn Jesus Christus vom Glauben nach der Art eines Senfkorns steht an
markanter Stelle zwischen der ersten und der zweiten Leidensankündigung
(Mat.16:21; 17:22,23). Möge der Glaube der Jünger mithin aufgrund des zur
Besiegung der Sünde und des Todes notwendigen Leidens und Sterbens Jesu wachsen
und zum Vollwuchs, zur Reife, gelangen! Er ist die Sühne für Israels Sünden,
nicht allein für die Israels, sondern auch für die der ganzen Welt (1.Joh.2:2).
Johannes der Täufer hatte schon gesagt: »Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde
der Welt auf Sich nimmt!« (Joh.1:29). Erst dann, wenn Jesus die Sünden in
Seinem Körper an das Holz hinaufgetragen hat (1.Pet.2:24), kann das Königreich
in seiner Herrlichkeit kommen.
Es folgt die zweite Leidensankündigung: »Während sie in Galiläa zusammen waren, sagte Jesus zu ihnen: Demnächst wird der Sohn des Menschen in der Menschen Hände überantwortet werden, und sie werden Ihn töten; aber am dritten Tag wird Er auferweckt werden. - Da wurden sie überaus betrübt« (Verse 22+23).
Der Sohn des
Menschen, der einzige, der diesen Namen zu Recht führt und von dem gesagt ist,
dass Ihm eine äonische Vollmacht, Würde und ein unbegrenztes Königreich gewährt
werden wird und alle Völker Ihm dienen sollen (Dan.7:13,14), soll - ist dies
denkbar? - den Menschen ausgeliefert werden! Das ist eine sehr üble Sache; als
König David nach der Zählung der wehrfähigen Männer und der damit verbundenen
Versündigung, auf die eigene Stärke zu vertrauen, seine Strafe zu wählen hatte,
zog er es vor, in die Hand Jewes zu fallen, »denn Seiner Erbarmungen sind
viele, aber in die Hand der Menschen lass mich nicht fallen« (2.Sam.24:14).
Der düstere Schatten des Kreuzes liegt auf der letzten Phase des Dienstes unseres Herrn unter Israel. Und darüber hinaus müssen wir von den Jüngern in Lukas 9:45 lesen: »Doch sie begriffen diesen Ausspruch nicht; denn er war vor ihnen verhüllt, damit sie sich dessen nicht innewürden; sie fürchteten sich aber, Ihn wegen dieses Ausspruchs zu fragen« (vgl. Mark.9:32). Wer nicht fragt, verschließt sich der Möglichkeit des Verstehens. Sie werden aber durch die weiteren Ereignisse lernen, dass Jesus ihr Sühnopfer und Hoherpriester werden muss, der Sein eigenes Blut gibt (Heb.9:12,14).
»Als sie
wieder nach Kapernaum kamen, traten die Einnehmer der Doppeldrachme zu Petrus
und sagten: Entrichtet euer Lehrer die Doppeldrachme nicht? Er antwortete: Ja!
Als er dann ins Haus trat, kam Jesus ihm zuvor und sagte: Was meinst du, Simon?
Von wem nehmen die Könige der Erde Zölle oder Kopfsteuer, von ihren Söhnen oder
von den Fremden? - Als er sagte: Von den Fremden, entgegnete ihm Jesus: Demnach
sind doch die Söhne frei. Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh an den
See, wirf die Angel aus, nimm den zuerst heraufkommenden Fisch und öffne sein
Maul; da wirst du einen Stater finden, nimm denselben und gib ihnen diesen für
Mich und dich« (Verse 24-27).
Eine Drachme
hatte den Wert eines Tagelohns. Ein Stater war eine Silbermünze im Wert von
zwei Doppeldrachmen.
Die Doppeldrachme war eine jährliche
freiwillige Abgabe für den Unterhalt des Tempels (Neh.10:33), aber Ehrensache
für einen jeden Juden von 20 Jahren an (2.Mose 30:11-16); deshalb auch die
höfliche Frage an den Hausherrn Petrus. Die Frage war gleichwohl sehr
raffiniert, denn Jesus würde bestimmt nicht zahlen und ein Ihm feindliches
System unterstützen, sodass man einen Anklagepunkt gegen Ihn hätte.
Petrus wollte
seinen Herrn davor schützen und sagte, dass der Herr die Abgabe entrichte.
Wieder muss Jesus
Petrus korrigieren. Die Könige der Erde nehmen keine Steuern von ihren Söhnen
und anderen Familienangehörigen. Die Söhne sind frei. Jesus ist der König und
der Tempel Seines Vaters Haus. Er und Seine Jünger sind daher frei von der
Abgabe. Um jedoch keinen Anstoß zu geben (vgl. Röm.14:13; 1.Kor.8:13), bezahlte
der Herr; Er war ja bereit, noch mehr für Seine Feinde zu geben, nämlich Sein
Leben.
Das Wunder des
Staters im Maul des Fisches bekräftige Seine königliche Herrlichkeit und
Vollmacht.
Übrigens
werden im tausendjährigen Königreich Israels die Söhne des Königreichs - diese
sind das ganze Israel - frei sein und wird der Unterhalt für den Tempel von den
Nationen erbracht werden (Jes.60:5-13: 61:6; Sach.14:16-18); ebenso wie in dem
darauf folgenden Königreich auf der neuen Erde die Nationen ihre Herrlichkeit
in das neue Jerusalem hineinbringen werden (Off.21:24).
»Wer ist der Größte im Königreich der Himmel?«
(Matthäus 18)
»In jener Stunde traten die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist wohl der Größte im Königreich der Himmel? - Da rief Er ein kleines Kind zu Sich, stellte es in ihre Mitte und sagte: Wahrlich, Ich sage euch: Wenn ihr euch nicht umwendet und wie die kleinen Kinder werdet, könnt ihr keinesfalls in das Königreich der Himmel eingehen. Wer sich nun erniedrigen wird wie dieses kleine Kind, der ist der Größte im Königreich der Himmel« (Verse 1-4).
Welch eine
unreife Geisteshaltung spricht doch aus der Frage, wer überhaupt - und nach
Lukas 9:46, wer von den Jüngern - wohl der Größte im Königreich Israels sein
werde. Und dies ausgerechnet zu der Zeit, in der der Herr Seine Jünger durch
Seine Leidensankündigungen (Mat.16:21; 17:22,23) mit Seiner Erniedrigung
vertraut machen will. Sie hatten noch nicht begriffen (Luk.9:45), dass der einzige
Weg zu wahrer Größe durch das Leiden und Sterben Jesu und die Teilhabe daran
durch das völlige Absehen von sich selbst eröffnet wird.
Dabei ist aber
Umsinnung nötig. Ohne Umsinnung und - auf die Alltagspraxis bezogen - ohne
Umwendung gelangt niemand in das Königreich der Himmel (Mat.3:2; 4:17;
Ap.2:38). »Der Herrlichkeit geht Demut voran«, ist in den Sprüchen 15:33 zu
lesen. »Demütigt euch nun vor den Augen des Herrn, und Er wird euch erhöhen«,
schreibt Jakobus (Jak.4:10).
Die Gesinnung
eines Kindes, das weiß, dass es ganz und gar auf die Eltern angewiesen ist, und
ihnen völlig vertraut, steht im deutlichen Gegensatz zu der der Welt, die sich
gar nicht hoch genug erhöhen kann.
Nur wer sich
erniedrigt, sich also unter die anderen stellt und sie höher achtet als sich
selbst, kann den anderen wirklich dienen. Und nur der recht Dienende wird im
Königreich groß sein, wie Jesus sagt: »Wer unter euch groß werden will, soll
euer Diener sein, und wer unter euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein,
ebenso wie der Sohn des Menschen nicht kam, um bedient zu werden, sondern um zu
dienen und Seine Seele als Lösegeld für viele zu geben« (Mat.20:26-28).
»... der nimmt Mich auf«
Jesus fährt fort zu sprechen: »... und wer solch ein kleines Kind in Meinem Namen aufnimmt, der nimmt Mich auf. Wer aber einem dieser Kleinen, die an Mich glauben, Anstoß gibt, für den wäre es förderlicher, dass ihm ein Eselsmühlstein um seinen Hals gehängt und er im offenen Meer versenkt würde« (Verse 5+6).
Es geht nicht
nur um kleine Kinder, sondern um jeden Menschen, die ja allesamt in Christus
erschaffen sind (Kol.1:16) und für die alle Er starb, woran wir Seine Liebe
erkennen. Wer mithin um Christi willen einen von Christus geliebten Menschen
aufnimmt, der nimmt Jesus Selbst auf und wird in seinem Glaubensleben in der
Gemeinschaft mit Ihm wachsen.
Das Gegenteil
eines solchen Handelns ist, einem kleinen, schwachen, kranken, geringen
Gläubigen einen Anstoß zu geben, ein Ärgernis zu bereiten, ihn in seine
vermeintliche Minderwertigkeit zu verstricken und ihn zu Fall zu bringen. Wer
das Leben eines dieser Kleinen auf diese Weise zerstört, ja wer in Selbstsucht
und Größenwahn einen Gläubigen zum Abfall vom Glauben bringt, sodass jener das
äonische leben verliert, dem wäre es förderlicher, dass er umkomme und vor dem
großen, weißen Thron zur Erkenntnis seiner Missetat gebracht wird, als dass er
weiterlebe und noch mehr Sünden auf sich lade.
Nach dem Wort
Gottes für uns heute (Tit.1:3), die wir in der dem Paulus gegebenen
heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade Gottes leben (Eph.3:2;
Kol.1:25), zu der Gemeinde gehören, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23), und
der Lehre übergeben sind, die dem Paulus enthüllt wurde, dem Evangelium der
Unbeschnittenheit (Röm.6:17; Gal.1:12; 2:7), können wir nicht mehr verloren
gehen, denn wir sind mit heiligem Geist versiegelt (Eph.1:13; Röm.8:30).
Die wahren
Säulen der Gemeinde sind die, die sich der Schwachen annehmen. Der Apostel
Paulus wird später schreiben: »Wir aber, die Kraftvollen, sind verpflichtet,
die Schwächen der Kraftlosen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen. Ein
jeder von uns suche, dem Nächsten zu gefallen, ihm zum Guten, zu seiner
Auferbauung. Denn auch der Christus hat nicht Sich Selbst zu Gefallen gelebt«
(Röm.15:1-3). Und im Zusammenhang mit dem Essen von Götzenopferfleisch vermerkt
er: »So wird denn das Gewissen der Schwachen durch deine Erkenntnis zunichte
gemacht, des Bruders, um dessentwillen Christus starb. Wenn ihr so an den
Brüdern sündigt und ihr Gewissen, das an sich schwach ist, erschlagt, sündigt
ihr an Christus! Deswegen mag ich, wenn eine Speise meinem Bruder zum
Fallstrick wird, lieber für den Äon überhaupt kein Fleisch mehr essen, damit
ich meinem Bruder keinen Anstoß gebe« (1.Kor.8:11-13).
Die Verse 7 bis 10 stehen im Zusammenhang mit
den vorhergehenden: »Wehe der Welt wegen ihrer Fallstricke! Denn es ist zwar
notwendig, dass Fallstricke kommen; indessen: wehe jenem Menschen, durch den der
Fallstrick kommt! Wenn aber deine Hand oder dein Fuß dich straucheln lässt, so
haue sie ab und wirf sie von dir. Besser ist es für dich, verstümmelt oder lahm
in das Leben einzugehen, anstatt zwei Hände oder zwei Füße zu haben und ins
äonische Feuer geworfen zu werden. Wenn dein Auge dich straucheln lässt, so
reiß es heraus und wirf es von dir. Besser ist es für dich, einäugig in das
Leben einzugehen, anstatt zwei Augen zu haben und in die Gehenna des Feuers
geworfen zu werden. Seht zu, dass ihr nicht eines dieser Kleinen verachtet;
denn Ich sage euch: Ihre Boten in den Himmeln erblicken allezeit das Angesicht
Meines Vaters in den Himmeln.« (Vers 11 findet sich nicht in
den ältesten Handschriften.)
Es geht
weiterhin um das Eingehen in das Königreich der Himmel beziehungsweise um
Hinderungsgründe. Die Welt will die Gläubigen verstricken, sodass sie Übles tun
und nicht in das Königreich gelangen, und Gläubige, insbesondere die
Selbstsüchtigen, die die Größten sein wollen, können andere zu Fall bringen, besonders
die Kleinen. Fallstricke müssen zwar sein, damit die Gläubigen sich bewähren
können und die Vollendung ihres Glaubens davontragen: die Rettung ihrer Seelen
(1.Pet.1:6-9; vgl. Röm.5:3-5; 1.Kor.11:19), wehe aber denen, die die
Fallstricke legen!
Darum, falls du so ein Großer bist, der seine
Hand zum Schaden für sich und andere ausstreckt, dessen Fuß sich und andere auf
Abwege führt oder dessen Auge begehrlich blickt und sich und andere damit in
das äonische Feuer bringt, dann haue deine Hand und deinen Fuß ab und reiße
dein Auge aus. Da man auch mit nur einer Hand, nur einem Fuß und einem Auge
sündigen kann, heißt dies mit ganzem Ernst, das Herz entschieden zu beschneiden
und umzusinnen.
Der Herr
gebrauchte in Matthäus 5:29,30 fast dieselben Worte; dort war aber der Einzelne
für sich angesprochen, hier in Kapitel 18 geht es darum, die Schwachen nicht in
das Übel mit hineinzuziehen.
In die Gehenna
des Feuers, die brennende Abfallhalde im Tal Hinnom unterhalb Jerusalems,
werden im tausendjährigen Königreich Israels die Leichen der Übertreter des
Gesetzes hineingeworfen werden (Jes.66:24; Ps.101:8). Später dann werden alle,
die das Schlechte verübt haben und folglich an der zweiten Auferstehung
teilhaben (Joh.5:29), der zum Gericht, nach dem Gericht vor dem großen, weißen
Thron in den Feuersee des letzten Äons geworfen werden (Off.20:15).
Möge also kein
Israelit aber auch nur einen seiner kleinsten Glaubensbrüder verachten oder
geringschätzig behandeln! - sonst ist ihm das äonische Feuer sicher. Die
Kleinen sind bei Gott hochgeschätzt, was auch daran erkennbar ist, dass ihre
Boten, die Engel, die zum Dienst um derer willen ausgeschickt sind, denen
künftig die Rettung zugelost werden soll (Heb.1:14), allezeit das Angesicht des
himmlischen Vaters erblicken.
Vom Dienst der
Boten liest man in der Heiligen Schrift übrigens nur in Bezug auf Israel (vgl.
Ps.91:11; Ap.12:15). Wir dagegen sind allein mit Christus verbunden, dem Haupt
aller Boten und Fürstlichkeiten (Kol.2:10).
Nochmals kommt Jesus auf die Kleinen zu sprechen, die nach Gottes Willen keinesfalls umkommen sollen: »Was meint ihr? Wenn ein Mensch hundert Schafe besitzt und eines von ihnen sich verirrt, wird er nicht die neunundneunzig Schafe auf den Bergen lassen und hingehen, um das verirrte zu suchen? Wenn es ihm gelingt, es zu finden, wahrlich, Ich sage euch: Er freut sich mehr über dasselbe als über die neunundneunzig nicht verirrten. So ist es auch nicht der Wille vor eurem Vater in den Himmeln, dass eines dieser Kleinen umkomme« (Verse 12-14).
Wenn auch
welche von den geringen Gläubigen sich in mancherlei Dingen irren und sie
verstört sind, sodass sie nicht mehr ein noch aus wissen, so wird Sich ihr
himmlischer Vater doch gerade um sie kümmern, damit sie nicht im Feuer
umkommen, sondern das äonische Leben im Königreich Israels erlangen.
In der
Parallelstelle Lukas 15:3-7 geht es um die Gegenüberstellung von
selbstgerechten Sündern und sich als verloren erkennenden Sündern; hier in
Matthäus 18 haben wir einerseits eine Ermahnung an die Gläubigen, die Große
sein wollen und sich darin irren und denen nicht gesagt wird, dass sie nicht
umkommen, und andererseits die Verheißung für die schwachen, sich ihrer
Irrungen bewussten, nach der Gerechtigkeit des Königreichs trachtenden,
umsinnenden Gläubigen, dass sie gerettet werden.
Diese sind
Jesu Freude, die da sagen: »Wir alle - wie Kleinvieh gingen wir irre«
(Jes.53:6) und: »Ich bin irregegangen wie ein verlorenes Lamm; suche Deinen
Diener; denn ich habe Deine Gebote nicht vergessen« (Ps.119:176). - Die
herausgerufene Gemeinde Israels wird übrigens nur aus ehemals Verirrten
bestehen, wie Petrus schreibt: »Verirrte wart ihr, wie Schafe, nun aber habt
ihr euch zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen umgewandt« (1.Pet.1:25).
»Wenn dein Bruder sündigt ...«
Der Herr Jesus Christus belehrt Seine Jünger im weiteren Verlauf des Kapitels 18 darüber, wie man innerhalb der Gemeinden Israels mit Sündern umgehen soll (Verse 15-20) sowie mit den den Gläubigen angetanen Sünden (Verse 21-35).
Wir lesen
zunächst die Verse 15 bis 17: »Wenn nun dein Bruder sündigt, so gehe hin und
überführe ihn zwischen dir und ihm allein. Wenn er auf dich hört, hast du
deinen Bruder gewonnen. Wenn er aber nicht auf dich hört, nimm noch einen oder
zwei mit dir, damit jeder Rechtsfall durch zweier oder dreier Zeugen Mund
festgestellt werde. Wenn er aber nicht auf sie hört, sage es der
herausgerufenen Gemeinde; wenn er auch der herausgerufenen Gemeinde nicht
gehorcht, so gelte er dir wie einer aus den Nationen oder ein Zöllner.«
Diesem Wort
des Herrn liegt 3.Mose 19:17 zugrunde: »Du sollst deinen Nächsten ermahnen, ja
ermahnen, damit du nicht mit ihm Sünden tragen wirst.«
Das Ziel
dieses seelsorgerlichen Handelns ist die Gewinnung des Bruders durch die
liebevolle Ermahnung. Ist der Ermahnende jedoch überheblich, wird sich der
Sünder verschließen. Hört er nicht, aus welchen Gründen auch immer, dann werden
gemeinsame Bemühungen Zweier oder Dreier die Ermahnung verstärken. Dies entspricht
der Zeugenanhörung im Gerichtsverfahren (5.Mose 19:15), aber darum geht es hier
nicht, sondern um einen die Ermahnenden selbst beugenden Dienst in der Trauer
über die Sünde. Sinnt der Sünder um - welch eine Freude!, welch eine Rettung!
Jakobus schreibt von ihr: »Wer einen Sünder vom Irrtum seines Weges
zurückführt, wird seine Seele aus dem Tode retten und eine Menge Sünden
bedecken« (Jak.5:20). Hört er aber wieder nicht, ist die Not der Gemeinde ans
Herz zu legen. Gehorcht er auch ihr nicht, ist er aus der Gemeinde
ausgeschlossen und verliert er seine Rettung und seinen Platz im Königreich
Israels. Er ist zu achten wie ein Nichtjude.
Wie wir heute vorzugehen haben, ersehen wir aus dem Wort Gottes, das Er durch die Heroldsbotschaft des Apostels Paulus für die gegenwärtige Frist offenbart hat (Tit.1:3), zum Beispiel in Galater 6:1; 1.Kor.5; 2.Thess.3:6,15; 2.Tim.2:20,21; Tit.1:13). Und dass wir unsere Rettung nicht wieder verlieren können, weil wir mit heiligem Geist versiegelt sind, ist uns ebenfalls bekannt (Eph.1:13; Röm.8:30).
Es schließt sich des Herrn Wort in Vers 18 an: »Wahrlich, Ich sage euch: Was auch immer ihr auf Erden bindet, wird das sein, was auch im Himmel gebunden ist, und was auch immer ihr auf Erden löst, wird das sein, was auch im Himmel gelöst ist.«
Nicht nur
Petrus hat die Gewalt, von der Schuld zu lösen und die Sünden zu vergeben oder
jemanden in seinen Sünden gebunden zu lassen und die Vergebung nicht
auszusprechen (Mat.16:19), sondern grundsätzlich die gesamte Gemeinde, gewiss
aber die Gereiften, nicht die Kindlein, sondern die Väter, die in der Lage sind
zu erkennen, ob die Umsinnung des Sünders echt ist. Und was sie im Namen Jesu
Christi tun, gilt auch vor dem himmlischen Vater.
Hat jemand
also den sündigenden Bruder durch seine Ermahnungen gewonnen, so darf er ihm
die Erlassung der Sünden zusprechen.
Die Verse 19 und 20 sind im Zusammenhang mit dem Übereinstimmung erfordernden ermahnenden Dienst Zweier oder Dreier an einem irrenden Bruder zu sehen, haben aber selbstverständlich auch allgemeine Bedeutung für Israel.
»Wahrlich,
wieder sage Ich euch: Wenn zwei von euch hier auf Erden darin übereinstimmen,
irgendeine Sache zu erbitten, so wird es ihnen von Meinem Vater in den Himmeln
gegeben werden; denn wo zwei oder drei in Meinem Namen versammelt sind, dort
bin Ich in ihrer Mitte« (Verse 19+20).
Wenn welche
einen sündigenden Bruder auf den rechten Weg zurückbringen wollen, müssen sie
im geistlichen Willen übereinstimmen und wird eine Gebetsgemeinschaft
vorausgehen. Die Übereinstimmung in der Bitte wird nur dann zu erzielen sein,
wenn sie im Namen Jesu, mithin in Seinem Auftrag, in Seinem Geist, in Seiner
Gesinnung, versammelt sind. Dann wird ihnen die Sache gewährt werden, denen,
die, wie der Apostel Johannes ausdrücklich betont, die Gebote halten und nach
Jesu Willen bitten (1.Joh.3:22; 5:14).
Wir haben
solche Vollmacht im Falle der Übereinstimmung nicht und wissen auch vielfach
nicht, was der Wille Gottes im Einzelfall ist. Uns heute gilt Römer 8:26: »Der
Geist hilft unserer Schwachheit auf; denn das, was wir bitten sollten (in
Übereinstimmung mit dem, was sein muss), wissen wir nicht; sondern der Geist
selbst verwendet sich für uns mit unausgesprochenem Ächzen.«
Im Folgenden
handelt es sich, wie schon gesagt, um die Frage, wie man sich zu verhalten hat,
wenn an einem selbst gesündigt wurde.
»Dann trat
Petrus herzu und fragte Ihn: Herr, wie oft soll mein Bruder an mir sündigen,
und ich muss es ihm vergeben? Bis zu siebenmal? - Jesus antwortete ihm: Ich
sage dir: Nicht bis zu siebenmal, sondern bis zu siebenundsiebzigmal!« (Verse
21+22).
Die Pharisäer
lehrten, bis zu dreimal zu vergeben. Petrus meinte, mit bis zu siebenmal sehr
großzügig zu sein. Grenzenlose Vergebung aber ist dem an ihm schuldig
Gewordenen zu gewähren, dem, der ihn verletzt hat, dem, dessen Verfehlung er
erleiden musste.
Auch wir
gewähren grenzenlose Gnade, so wie unser Gott und Vater es an uns tat (Röm.3:24;
4:16; 5:1,2; Eph.2:8; 4:32; Kol.3:13).
Dass man unbeschränkt vergeben muss, dies veranschaulicht der Herr nun am Gleichnis vom bösen Sklaven, dem eine unvorstellbar hohe Schuldsumme erlassen wird, und zeigt andererseits daran auf, wie es denen ergehen wird, die nicht vergeben.
Diese Verse 23
bis 35 lauten: »Deshalb gleicht das Königreich der Himmel einem Menschen, einem
König, der mit seinen Sklaven abrechnen wollte. Als er aber anfing abzurechnen,
wurde ein Schuldner über zehntausend Talente zu ihm gebracht. Da er aber nichts
hatte, um die Schuld zu bezahlen, befahl der Herr, ihn selbst und alles, was er
hatte, zu veräußern, auch die Frau und die Kinder, um damit alles zu bezahlen.
Nun warf sich jener Sklave vor ihm hin und bat kniefällig: Herr, habe Geduld
mit mir, ich werde dir alles bezahlen. Da jammerte den Herrn jener Sklave, und
er ließ ihn frei und erließ ihm auch das Darlehen. - Als aber jener Sklave
hinausging, fand er einen seiner Mitsklaven, der ihm hundert Denare schuldete;
und er bemächtigte sich seiner, würgte ihn und sagte: Bezahle, wenn du etwas
schuldest! Nun fiel sein Mitsklave vor ihm nieder, sprach ihm zu und bat: Habe
Geduld mit mir, ich werde dir alles bezahlen. Der aber wollte nicht darauf
eingehen, sondern ging hin und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld
bezahlt hätte. - Als seine Mitsklaven nun das Geschehene gewahrten, waren sie
überaus betrübt; sie gingen hin und klärten ihren Herrn über alles Geschehene
auf. - Da ließ sein Herr ihn zu sich rufen und sagte zu ihm: Du böser Sklave!
Jene gesamte Schuld habe ich dir erlassen, weil du mir zusprachst; musstest
nicht auch du dich deines Mitsklaven erbarmen, wie auch ich mich deiner
erbarmte? - Und erzürnt übergab sein Herr ihn den Folterknechten, bis er die
gesamte Schuld bezahlt hätte. - So wird auch Mein himmlischer Vater euch tun,
wenn ihr nicht - ein jeder seinem Bruder - von Herzen vergebt.«
Das Gleichnis
zeigt, dass Gott voller Erbarmen ist. Jesaia sagt: »Er ist reich an Vergebung
deiner Sünden, [Israel]« (Jes.55:7). Erbarmen war der einzige Grund, dem
Schuldner die zehntausend Talente zu erlassen. Diese entsprechen etwa 60
Millionen Denaren (ein Denar ist ein Tageslohn); diese utopisch hohe Summe kann
nur das Gewicht der menschlichen Schuld vor Gott deutlich machen.
Der böse
Sklave aber erbarmt sich seines Mitsklaven nicht, sondern fordert sein Recht
ein. Wer aber nicht vergibt, dem vergibt Gott (nach dem Evangelium der
Beschneidung, nicht nach dem uns angehenden, dem Apostel Paulus enthüllten)
auch nicht, wie Jesus bereits in Matthäus 6:14,15 sagte und hier auf drastische
Weise wider in Erinnerung bringt: »Wenn ihr den Menschen ihre Kränkungen
vergebt, wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben! Wenn ihr aber den
Menschen ihre Kränkungen nicht vergebt, wird euer himmlischer Vater euch eure
Kränkungen auch nicht vergeben.«
Außerdem
lernen wir aus diesem Gleichnis, dass Vergebung wieder rückgängig gemacht werden
kann. Man lese hierzu Apostelgeschichte 5:1-11; 2.Pet.2:21; Heb.6:4-6;
10:26-31. Vergebung wird stets in der Erwartung dauerhafter Umsinnung und
zukünftigen Wohlverhaltens ausgesprochen; andernfalls wäre Vergebung nicht
sinnvoll. Ein König spricht eine Amnestie aus und erwartet daraufhin
Wohlverhalten. Das ist der Grundgedanke der Vergebung, die der König Jesus
Seinem Volk gewährt.
Ein Richter
aber kann keine Vergebung aussprechen. Er kann uns aber, wenn er keine Schuld
an uns findet, rechtfertigen, das heißt für gerecht erklären, unsere
Gerechtigkeit feststellen. An uns Gläubigen heute, den Gliedern des Körpers
Christi (Eph.1:22,23), ist nach dem dem Apostel Paulus enthüllten Evangelium
keine Schuld zu finden, denn wir glauben, dass unsere alte Menschheit zusammen
mit Christus gekreuzigt und zu Tode gebracht wurde, der Gerechtigkeit also
Genüge getan ist. Wir sind gerichtet. Diesen Glauben - dass Jesus Christus für
uns starb und auferweckt wurde und wir mit Ihm - rechnet Gott uns zur Gerechtigkeit an.
Man lese Römer 3:21-28; 4:5,16; 5:20-6:14; 8:3. Welch eine Gnade, allein durch
Glauben vor Gottes Angesicht in Christus Jesus gerecht zu sein!
Heute herrscht
die Gnade auf der Grundlage des gerechten Gerichts über die Sünde auf Golgatha
(Röm.5:21). Die uns zuteil gewordene Gnade ist überströmend (Röm.5:20). Mithin
gewähren auch wir unseren Schuldnern eine solche Gnade. Der Zuspruch des
Apostels Paulus wird bei uns auf fruchtbaren Boden fallen: »Erweist euch
gegenseitig Gnade, wenn jemand gegen jemand anders einen Tadel hat. Wie der
Herr euch Gnade erweist, so tut auch ihr es« (Kol.3:13); »Erweist euch
gegenseitig Gnade, wie auch Gott euch in Christus Jesus Gnade erweist!«
(Eph.4:32).
Auf dem Weg nach Jerusalem
(Matthäus 19 und 20)
Vor dem Laubhüttenfest im Herbst des Jahres 31 n. Chr. begaben sich Jesus und Seine Jünger auf den Weg nach Jerusalem, allerdings nicht öffentlich, sondern im Verborgenen (Joh.7:10), nicht auf dem kürzesten Wege, sondern auf dem Umweg über das Ostjordanland, Peräa, das Herodes Antipas unterstand.
Matthäus 19
beginnt wie folgt: »Als Jesus diese Worte vollendet hatte, brach Er von Galiläa
auf und kam in die Grenzgebiete Judäas jenseits des Jordans. Es folgten Ihm
viele Scharen, und Er heilte sie dort« (Verse 1+2).
Die Worte, die
Jesus vollendet hatte, waren die der Belehrung der Jünger in den Kapiteln 16:13
bis 18:35.
»Da traten die Pharisäer zu Ihm, um Ihn zu versuchen, und fragten, ob es erlaubt sei, seine Frau wegen jeder beliebigen Beschuldigung zu entlassen. Er aber antwortete ihnen: Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer sie von Anfang an männlich und weiblich schuf und sagte: Deswegen wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich seiner Frau anschließen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Daher sind sie nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengejocht hat, soll der Mensch nicht scheiden. - Da fragten sie Ihn: Warum gebietet nun Mose, ihr eine Scheidungsurkunde zu geben und sie damit zu entlassen? - Jesus antwortete ihnen: Mose gestattet euch wegen eurer Hartherzigkeit, eure Frauen zu entlassen; aber von Anfang an ist es nicht so gewesen. Daher sage Ich euch: Wer seine Frau entlässt - nicht etwa wegen Hurerei - und eine andere heiratet, bricht die Ehe; und wer eine Entlassene heiratet, bricht auch die Ehe« (Verse 3-9).
Hurerei ist
nach der Bibel Geschlechtsverkehr zweier nicht miteinander Verheirateten. Der
Begriff schließt auch den Ehebruch ein.
Die klare
Antwort Jesu ist: Eine Scheidung kann nur im Falle der Hurerei, hier: des
Ehebruchs, in Frage kommen. Solange dieser Grund nicht vorliegt, besteht die
Ehe, auch wenn der Mann eine Scheidungsurkunde ausgestellt hat. Eine darauf
folgende Heirat bedeutet dann den Bruch der eigentlich noch bestehenden Ehe.
Jesus geht mit
Seiner Antwort hinter das Gesetz des Mose zurück, das eine Notlösung wegen der
Hartherzigkeit des unerlösten Menschen vorsah (5.Mose 24:1-4). Eine Scheidung
ist gegen den Willen des Schöpfers und gegen die Natur (1.Mose 2:24). Die
Einheit des Fleisches der Eheleute gibt sich übrigens in besonderer Weise in
dem gemeinsamen Kind kund.
Heute, in der
dem Paulus gegebenen heilsgeschichtlichen Verwaltung der Gnade (Eph.3:2;
Kol.1:25), löst nur der Tod die Ehe auf (1.Kor.7:39), denn die Gnade Gottes
strömt über (Röm.5:20) und bewegt die Gläubigen, einander in ebensolcher Weise
Gnade zu erweisen (Eph.4:32; Kol.3:13). Ansonsten gibt es nur die eine Ausnahme
für den Fall, dass der ungläubige Ehepartner nicht mehr mit dem gläubigen
zusammenleben will (1.Kor.7:12-16).
»Da sagten die Jünger zu Ihm: Wenn es so mit der Sache zwischen Mann und Frau steht, dann ist es nicht vorteilhaft zu heiraten. - Er antwortete ihnen: Nicht alle geben diesem Wort Raum, sondern nur die, denen es gegeben ist. Denn da sind Verschnittene, die vom Mutterleib an so geboren wurden; auch sind da Verschnittene, die von Menschen verschnitten wurden; ferner sind da Verschnittene, die sich um des Königreichs der Himmel willen selbst verschneiden. Wer dem Wort Raum geben kann, gebe ihm Raum!« (Verse 10-12).
Die Jünger
meinen: Wenn es mit der zur Scheidung nötigen Schuldursache so steht, dann täte
man wohl besser, nicht zu heiraten. Der Herr aber weist diesen Gedanken zurück,
denn Gott will, dass der Mensch nicht allein sei (1.Mose 2:18) und jeder Mann
seine eigene Frau und jede Frau ihren eigenen Mann habe (1.Kor.7:2). Jesu Wort
über die eheliche Treue können nur diejenigen fassen, denen es gegeben ist und
die mithin auch die Gnadengabe der Ehe haben. Ehelosigkeit ist nur zu
akzeptieren bei zur Ehe Unfähigen und um des uneingeschränkten Einsatzes für
das Königreich Israels willen (vgl. 1.Kor.7:32-35). Paulus bezeichnet die Ehe
wie auch die Ehelosigkeit als eine Gnadengabe (1.Kor.7:7).
»Dann brachte man kleine Kinder zu Ihm, damit Er ihnen die Hände auflege und für sie bete; die Jünger aber schalten sie. Doch Jesus sagte: Lasst die kleinen Kinder zu Mir kommen und verwehrt es ihnen nicht; denn für solche ist das Königreich der Himmel da. - Dann legte Er ihnen die Hände auf und zog von dort weiter« (Verse 13-15).
In das
Königreich der Himmel kommen nur solche Menschen, die wie kleine Kinder dem
Gott und Vater schlicht und einfältig vertrauen, Ihm alles glauben und treu
tun, was Er sagt.
Die Jünger
wiesen die ihre Kinder herzubringenden Mütter zurecht; der Meister hatte ihrer
Meinung nach Wichtigeres zu tun, als Sich um Unmündige zu kümmern. Sie hatten
wohl die Lektion von Matthäus 18:1-6+10 noch nicht verinnerlicht und sich noch
nicht zu solchen erniedrigt, die wie kleine Kinder sind.
»Und siehe, einer trat zu Ihm und sagte: Lehrer, was soll ich Gutes tun, damit ich äonisches Leben habe? Er antwortete ihm: Was fragst du Mich über das Gute? Einer ist der Gute. Wenn du aber in das Leben eingehen willst, so halte die Gebote. Er sagte zu Ihm: Welche? Jesus antwortete: Diese: Du sollst nicht morden, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch zeugen, ehre Vater und Mutter, und: lieben sollst du deinen Nächsten wie dich selbst. - Da sagte der Jüngling zu Ihm: Dies alles habe ich bewahrt; was mangelt mir noch? Jesus entgegnete ihm: Wenn du vollkommen sein willst, so geh hin, verkaufe deinen erworbenen Besitz, gib den Erlös den Armen, und du wirst einen Schatz in den Himmeln haben; dann komm herzu und folge Mir! - Als der Jüngling dieses Wort hörte, ging er betrübt davon; denn er hatte viele erworbene Güter« (Verse 16-22).
Der reiche
Jüngling fragte den Herrn im Sinne von 3.Mose 18:5: »Ihr sollt Meine Satzungen
und Rechtsprechungen halten; denn der Mensch, der sie tut, wird durch sie
leben: Ich bin Jewe.« Er meinte, das Gute tun zu können und zeigte damit, dass
er keine Selbsterkenntnis hatte. Der Herr korrigierte ihn: Gutes tun heißt
handeln wie Gott, der allein gut ist. »Jewe ist gut«, sagt Psalm 100:5. Gewiss
ist auch Jesus gut, der aber Seinen Vater ehren wollte.
Der Jüngling meinte,
alle Gebote gehalten zu haben - welch eine Einbildung! Jesus will ihn aber in
Liebe gewinnen (Mark.10:21) und sagte ihm deshalb, er möge seinen erworbenen
Besitz verkaufen und den Erlös den Armen geben. Er sollte nicht sein eigenes,
ihm wie jedem Juden von Jewe für seinen Lebensunterhalt zugelostes Land
hergeben. Dieses konnte nicht veräußert, sondern nur verpfändet werden und fiel
im 50. Jahr, im Jobeljahr, wieder an den ursprünglichen Besitzer zurück (3.Mose
25:8-16, 23-55; 27:16-24). Der junge Mann sollte nur die von ihm erworbenen,
von verarmten Volksgenossen verpfändeten Losteile verkaufen. Die Gläubigen nach
Pfingsten taten dies (Ap.4:32-37). Der Reiche hatte aber seine Schätze auf der
Erde lieber als einen Schatz in den Himmeln, verstieß damit gegen das erste
Gebot, das ihm untersagt, andere Götter neben Jewe Elohim zu haben (2.Mose
20:3), und - da er nichts für die Armen tun wollte - gegen das Gebot der
Nächstenliebe: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3.Mose
19:18). Außerdem galt es von nun an, Jesus nachzufolgen, doch der reiche
Jüngling hatte Psalm 62:11 vergessen: »Wenn Vermögen Zuwachs erzeugt, so
richtet eure Herzen nicht darauf.«
»Dann sagte Jesus zu Seinen Jüngern: Wahrlich, Ich sage euch: Einer, der reich ist - wie angewidert wird er in das Königreich der Himmel eingehen. Und wieder sage Ich euch: Es ist leichter für ein Kamel, durch das Öhr einer Nadel zu gehen, als für einen Reichen, in das Königreich Gottes einzugehen. - Als die Jünger das hörten, verwunderten sie sich sehr und sagten: Wer kann demnach gerettet werden? - Da blickte Jesus sie an und sagte zu ihnen: Bei den Menschen ist dies unmöglich, doch bei Gott sind alle Dinge möglich« (Verse 23-26).
Ein Reicher
wird angewidert, griechisch dyskolõs
(von dys, widrig, und kol, Gegessenes), also ohne Neigung oder missgeneigt in
das Königreich eingehen, das heißt praktisch, dass solche, die ihren Reichtum
lieben, gar nicht in das Königreich der Himmel gelangen - eher geht ein Kamel
durch das Öhr einer Nadel (deutlicher kann man es nicht sagen).
Anmerkung: Es
lässt sich nicht begründen, statt Kamel Tau zu sagen und beim Nadelöhr an eine
kleine Tür in einem großen Stadttor zu denken, da es »Öhr einer Nadel« heißt
und in Lukas 18:25 »Öhr einer Ahle«.
Die Jünger
waren sehr verwundert, aufgewühlt, bestürzt, zumal zum einen Reichtum als ein
Segen Gottes angesehen wurde und zum andern nicht nur die Reichen, sondern auch
viele Arme nach Reichtum trachten. Ja, wer kann dann gerettet werden?, war ihre
berechtigte Frage. Sie hatten erkannt, dass mithin so gut wie niemand gerettet
werden kann. Später schreibt Petrus in dieser Erkenntnis, dass sogar »der
Gerechte kaum gerettet wird« (1.Pet.4:18).
Der Herr Jesus
bestätigte den Jüngern, dass die Rettung bei den Menschen unmöglich ist. Die
Rettung steht allein bei Gott, dem alles möglich ist. Gott ist es, der da
auserwählt (Röm.9:11; 11:5,7), Er zeugt einen Menschen von neuem, von oben her
(Joh.3:1-8), Er schenkt den Glauben, denn »kein Mensch kann sich etwas nehmen,
wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben wird« (Joh.3:27; Eph.2:8; Phil.1:29).
»Dann nahm Petrus das Wort und sagte zu Ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind Dir gefolgt: was wird wohl unser Teil sein? - Da entgegnete Jesus ihnen: Wahrlich, Ich sage euch: die ihr Mir gefolgt seid, in der Wiederwerdung, wenn der Sohn des Menschen auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzt, werdet auch ihr auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten. Und jeder, der Meines Namens wegen Häuser, Brüder oder Schwestern, Vater oder Mutter, Frau oder Kinder oder Felder verlassen hat, wird dies hundertfältig wiedererhalten, und äonisches Leben wird ihm zugelosten werden. Viele Erste aber werden Letzte sein, und Letzte werden Erste sein« (Verse 27-30).
Am Reichtum
Hängende werden ebenso wenig in das Königreich eingehen wie ein Kamel durch ein
Nadelöhr gehen kann. Die Jünger aber hatten alles verlassen und folgten Jesus nach.
So drängt sich die Frage des Petrus geradezu auf: Was wird unser Teil sein?
Jesu Christi
Teil, der in Seiner Erniedrigung bis zum Tode der Allerletzte wurde, ist es,
der Allererste zu sein. Voller Freude hören wir von Seinem Thron und Königreich
(Dan.7:14; Mat.25:31; Off.11:15; 20:4,6).
Alle, die dem
Herrn im gegenwärtigen Äon unter mancherlei Verzicht nachfolgen, werden in den
kommenden Äonen einen Ausgleich überfließenden Ausmaßes erfahren. Und die
Jünger, die alles verließen und im Dienst des Herrn viel erduldeten, werden die
große Gabe und Aufgabe empfangen, die wiedergewordene (oder: wiedergezeugte),
heilige Nation Israel zu richten. Das Richten schließt auch das Regieren ein.
Somit gilt es,
den untersten Weg zu gehen, nämlich wie die kleinen Kinder zu werden, alle
erworbenen, also über das eigene Losteil hinausgehenden Güter zu veräußern
sowie dem Herrn unter Anfeindungen nachzufolgen und damit im derzeitigen Äon zu
den Letzten zu zählen. Diese werden in den beiden zukünftigen Äonen Erste sein.
Diejenigen aber, die die Größten sein wollen, ihren Reichtum festhalten, die
Ersten also, werden das äonische Leben nicht erlangen, sondern erst nach den
Äonen, bei der Vollendung, das Leben erhalten, mithin die Letzten sein
(1.Kor.15:24; 1.Tim.4:10).
Zur Thematik der Ersten und Letzten führte Jesus Christus weiter aus (Mat.20:1-16): »Denn das Königreich der Himmel ist einem Menschen gleich, einem Hausherrn, der gleich am Morgen ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg zu verpflichten. Nachdem er mit den Arbeitern einen Denar für den Tag vereinbart hatte, schickte er sie in seinen Weinberg. - Als er um die dritte Stunde ausging, gewahrte er andere müßig auf dem Marktplatz stehen und sagte zu denselben: Geht auch ihr in meinen Weinberg und ich werde euch geben, was gerecht ist. Da gingen sie hin. Dann ging er um die sechste und neunte Stunde wieder aus und verfuhr in derselben Weise. Als er um die elfte Stunde ausging, fand er andere dastehen und fragte sie: Was steht ihr hier den ganzen Tag müßig? Sie antworteten ihm: Niemand hat uns verpflichtet. Da sagte er ihnen: Geht auch ihr in den Weinberg!
Als es Abend
wurde, sagte der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und
bezahle ihnen den Lohn, beginne bei den letzten, bis hin zu den ersten!
Da kamen die
um die elfte Stunde Verpflichteten und erhielten je einen Denar. Als dann die
ersten kamen, meinten sie, dass sie mehr bekommen würden; doch auch sie
erhielten je einen Denar. Sie nahmen ihn, murrten aber gegen den Hausherrn und
sagten: Diese letzten haben eine Stunde gearbeitet, und du behandelst sie
ebenso wie uns, die wir die Bürde des Tages und den Glutwind ertragen haben! -
Er aber antwortete einem von ihnen: Kamerad, ich tue dir nicht Unrecht; hast du
nicht mit mir einen Denar vereinbart? Nimm das Deine und geh! Diesem letzten
aber will ich dasselbe geben wie auch dir. Ist es mir nicht erlaubt, mit dem
Meinen zu machen, was ich will? Oder ist dein Auge neidisch, weil ich gut zu
ihnen bin? So werden die Letzten Erste und die Ersten Letzte sein.«
Ein Denar war
der übliche Tageslohn. Der Hausherr steht in diesem Gleichnis für Gott, der
Weinberg ist Israel (Jes.5:1-7; Jer.2:21), und die Arbeiter sind die Juden.
Das Gleichnis
ist unter dem Blickpunkt des Maßes des Vertrauens in den Hausherrn, mithin des
Gott entgegengebrachten Glaubens zu betrachten.
Die den ganzen
Tag arbeiteten, mithin auf ihre Werke pochen konnten, brauchten kein Vertrauen,
denn sie würden von Rechts wegen erhalten, was vereinbart war. Die neun, sechs
und drei Stunden lang gearbeitet hatten, ohne dass ein bestimmter Lohn
vereinbart war, vertrauen auf die Zusage des Hausherrn, dass er ihnen geben
werde, was gerecht ist. Sie wissen aus Psalm 145:17: »Gerecht ist Jewe in all
Seinen Werken und huldvoll in all Seinen Wegen.«
Denen, die nur
eine Stunde im Weinberg waren, war überhaupt nichts zugesagt. Sie arbeiteten
völlig auf Vertrauen. Sie hatten einen großen Glauben, und auch bei denen, die
mehrere Stunden gearbeitet hatten, waren die Werke mit Glauben vermengt, wie es
nach Hebräer 4:2 zur Rettung nötig ist.
Die zwölf
Stunden lang Arbeit getan hatten, meinten, das Recht zu haben, zu murren und
missgünstig zu sein, was wiederum zeigt, dass sie ohne Glauben waren. »Ohne
Glauben aber ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen; denn wer zu Gott kommt,
muss glauben, dass Er ist und denen, die Ihn ernstlich suchen, ein Belohner
sein wird« (Heb.11:6).
Das ungläubige
Israel aber gelangt nicht in das Königreich. »Weshalb? Da es nicht aus Glauben,
sondern aus Gesetzeswerken geschieht, stoßen sie sich an dem Stein des
Anstoßes, so wie geschrieben steht: Siehe, Ich lege in Zion einen Stein des
Anstoßes und einen Felsen des Strauchelns; und wer an Ihn glaubt, wird nicht
zuschanden werden« (Röm.9:32,33).
So werden die
Letzten Erste und die Ersten Letzte sein.
Wir übrigens, die wir der Lehre des Apostels Paulus und damit dem Evangelium der überströmenden Gnade übergeben sind (Röm.5:20; 6:17), haben noch nicht einmal eine Stunde gearbeitet; wir haben nichts vorzuweisen; wir glauben nur. Bei uns ist alles Gnade (Eph.2:8). Und wir bekommen mehr als die Ersten Israels, denn wir sind heute schon mit jedem geistlichen Segen gesegnet (Eph.1:3) und werden im überhimmlischen Königreich Christi leben (2.Tim.4:18).
Es folgt Jesu dritte Leidensankündigung: »Als Jesus Sich anschickte, nach Jerusalem hinaufzuziehen, nahm Er die zwölf Jünger zu Sich beiseite und sagte ihnen auf dem Wege: Siehe, wir ziehen hinauf nach Jerusalem; dort wird der Sohn des Menschen den Hohenpriestern und Schriftgelehrten überantwortet werden; und sie werden Ihn zum Tode verurteilen und Ihn den Nationen zum Verhöhnen, Geißeln und Kreuzigen übergeben; und am dritten Tag wird Er auferweckt werden« (Verse 17-19).
Nach den
beiden vorangegangen Ankündigungen (Mat.16:21; 17:22; siehe auch 12:40) gibt
Jesus erst auf dem Weg nach Jerusalem und damit zum Kreuz zum ersten Mal bekannt,
dass Er den Nationen zum Kreuzigen übergeben werde und Ihn somit mehr erwartet,
als das Gesetz und die Propheten vorschatten. Auslieferung an die Heiden und
Anpfahlung - die übelste und tiefste Erniedrigung! - Wer vermag die
Erschütterung der Jünger zu beschreiben?
Obwohl die
Jünger mit dem blutigen mosaischen Opferdienst von Jugend an vertraut waren,
verstanden sie nicht, dass der Messias das große Gegenbild aller Opfer werden
musste.
»Dann trat die Mutter der Söhne des Zebedäus mit ihren Söhnen zu Ihm und fiel nieder, um etwas von Ihm zu erbitten. Er fragte sie: Was willst du? Sie antwortete Ihm: Sage, dass diese meine zwei Söhne in Deinem Königreich einer Dir zur Rechten und einer zur Linken sitzen mögen. - Jesus antwortete ihnen: Ihr wisst nicht, was ihr euch erbittet. Könnt ihr den Becher trinken, den Ich zu trinken im Begriff bin? Sie sagten zu Ihm: Das können wir! Er entgegnete ihnen: Meinen Becher werdet ihr zwar trinken, aber Mir zur Rechten und zur Linken zu sitzen - das ist nicht an Mir zu vergeben, sondern wird jenen zuteil, für die es von Meinem Vater bereitet ist« (Verse 20-23).
Wir können die
Mutter des Jakobus und Johannes (Mark.10:35) - sie hieß Salome und war die
Schwester Mirjams, der Mutter Jesu; ihre beiden Söhne waren somit Cousins von
Jesus (Mat.27:56; Mark.15:40; Joh.19:25) - wie auch diese beiden Jünger selbst
(Mark.10:35) durchaus verstehen, denn jetzt ging es hinauf nach Jerusalem, und
das Königreich, in das sie auf dem Berg der Verklärung Jesu hatten blicken
dürfen (Mat.16:28-17:9), würde aufgerichtet werden, wie auch immer die große
Unbekannte des Kreuzes und der Auferstehung Jesu einzuordnen sein mag. Und
schließlich hatte der Herr ja auch gesagt, dass Er auf dem Thron Seiner
Herrlichkeit und die Jünger auf weiteren zwölf Thronen sitzen und die zwölf
Stämme Israels richten und regieren werden (Mat.19:28).
Jesus nannte
Jakobus und Johannes Donnersöhne (Mark.3:17); sie waren sicherlich stürmischen
und heftigen Charakters - und wohl auch sehr von sich selbst überzeugt. Jesus
ging Seiner Erniedrigung entgegen, sie aber strebten nach oben.
Auf Jesu
Rückfrage äußern sie sich voll glühenden Eifers für das Königreich allerdings
auch dahingehend, dass sie bereit sind zu leiden, ja sie sagen sogar, dass sie
den Leidensbecher zu trinken vermögen (Vers 22).
Jahrzehnte
später darf Johannes die folgenden Worte Jesu mit Verständnis niederschreiben:
»Wer überwindet, dem werde Ich geben, sich mit Mir auf Meinen Thron zu setzen«
(Off.3:21). Ob die Jünger aber damals schon wussten, dass es nach Gottes
Heilsvorsatz, der das Kreuz zum Mittelpunkt hat, so sein muss, dass es nur
durch Leiden zum Herrschen geht? Nur wer den Becher mit Jesus trinkt, kann auch
an Seinen Würden teilhaben.
Und der Herr
bewilligte den beiden Jüngern, für Ihn zu leiden (Vers 23). Jakobus war der
erste, der Jesus in den Tod folgte, als Herodes Agrippa ihn im Jahre 44 n. Chr.
durch das Schwert hinrichten ließ (Ap.12:2).
Matthäus berichtet weiter (Verse 24-28): »Als die Zehn das hörten, waren sie über die zwei Brüder entrüstet. Jesus aber rief sie zu Sich und sagte: Ihr wisst, dass die, die als Fürsten unter den Nationen gelten, sie beherrschen und dass ihre Großen sie vergewaltigen. Doch bei euch sollte es nicht so sein; sondern wer unter euch groß werden will, soll euer Diener sein, und wer unter euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein, ebenso wie der Sohn des Menschen nicht kam, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und Seine Seele als Lösegeld für viele zu geben.«
Die Entrüstung
der zehn Jünger war gewiss nicht frei von dem Begehren, selber hohe Plätze
einzunehmen. Mögen sie sich aber an ihrem Herrn und Christus ein Beispiel
nehmen! Jesu künftige Herrlichkeit gründet sich auf Seinen Dienst in
Niedrigkeit. Vor einiger Zeit schon hatte Jesus es ihnen schon einmal erklärt:
»Wer sich nun erniedrigen wird wie dieses kleine Kind, der ist der Größte im
Königreich der Himmel« (Mat.18:4). Und nochmals wird Er es ihnen sagen: »Der
Größte aber unter euch soll euer Diener sein. Wer sich jedoch selbst erhöhen
wird, soll erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigen wird, soll erhöht
werden« (Mat.23:11,12).
Jesus gibt
darüber hinaus Seine Seele als Lösegeld für viele. Die Seele geben heißt in den
Tod geben. Jesu Tod ist das Lösegeld für viele, und zwar für die Vielen, die
während der Äonen erlöst werden. Dies entspricht der Regelung des Gesetzes,
wonach ein Israelit seinen Bruder, der sich aus Not selbst verkauft hatte (oder
seinen Besitz), lösen (oder: loskaufen) konnte. Fand sich kein Löser, so blieb
er Knecht bis zum Jobeljahr, dem 50. Jahr nach Ablauf von sieben Sabbatjahren,
also 49 Jahren (3.Mose 25:8-55; 27:16-24; 4.Mose 36:4). Im Jobeljahr ging der
Knecht frei aus beziehungsweise fiel der Besitz wieder an den ursprünglichen
Besitzer zurück.
Nun ist Jesus
der Löser aus Sünde und Tod, der Erlöser. Wer an Ihn glaubt, ist schon frei.
Die anderen müssen bis zum Abschluss der Äonen, bis zur Vollendung warten. Wie
wir wissen, ist Er aber auch ihr Retter, denn Er gab Sich Selbst für alle
anstatt eines Lösegeldes (1.Tim.2:6). In Bezug auf die Äonen heißt es in
Hebräer 9:12, dass Christus durch Sein eigenes Blut ein für allemal in die
heiligen Stätten einging und so eine äonische Erlösung vollbrachte. Nur die
Gläubigen bezeichnet Petrus als mit dem kostbaren Blut Christi als eines
makellosen und fehlerlosen Lammes Losgekaufte (1.Pet.1:18,19). Jesaia 53:11,12
hat ebenfalls die äonische Erlösung im Blick, wenn dort von der Rechtfertigung
der Vielen und von den Sünden der Vielen die Rede ist, die Er trug.
Wie die Jünger
sich von nun an verhalten sollen, fasst der Apostel Johannes wie folgt
zusammen: »Darin haben wir die Liebe erkannt, dass jener Seine Seele für uns dahingegeben
hat. So sollen auch wir unsere Seelen für die Brüder dahingeben« (1.Joh.3:16).
- Und diese Dahingabe beginnt mit einem hingebungsvollen Dienst für unseren
Herrn und Retter.
»Als sie aus Jericho hinausgingen, folgte Ihm eine große Schar. Und siehe, da saßen zwei Blinde am Wege; als sie hörten, dass Jesus vorübergehe, riefen sie laut: Herr, erbarme Dich unser, Sohn Davids! Die Volksmenge aber schalt sie, dass sie stillschweigen sollten; sie aber schrien nur noch lauter: Herr, erbarme Dich unser, Sohn Davids! - Jesus blieb stehen, rief sie und sagte: Was wollt ihr, dass Ich euch tun soll? Sie antworteten Ihm: Herr, dass unsere Augen aufgetan werden! - Da sie Jesus jammerten, rührte Er ihre Augen an, und sofort wurden sie sehend und folgten Ihm« (Verse 29-34).
Es gab
übrigens zwei Städte mit dem Namen Jericho, die alte Stadt und 2 km südlich von ihr Jericho-Neustadt, erbaut
von Herodes dem Großen, sodass das Hinausgehen aus der einen praktisch ein
Hineingehen in die andere sein konnte.
Die Heilung
der zwei Blinden war eine wunderbare Bekräftigung, dass Jesus der verheißene
Davidssohn und Messias ist. Der lange Schriftabschnitt von Kapitel 16:13 bis
Kapitel 20:34, der die Lehrreden Jesu zur Zurüstung Seiner Jünger enthält,
endet mit einem weiteren Beweis Seiner Herrlichkeit.
Die Blinden
huldigten Ihm als König, da sie Ihn Sohn Davids nannten. Und jetzt ließ Jesus
Sich dies gefallen, während Er lange Zeit nicht wollte, dass Er als der König
bekannt gemacht würde (Mat.9:27,30). Doch nun kommt der König zur Tochter Zion
(Mat.21:5,15). Er beginnt Seinen Zug nach Jerusalem in Jericho, so wie Josua
die Eroberung des Landes Kanaan von Jericho aus begann.
Die Heilung
der Blinden ist eine Verheißung. Alsbald werden die Jünger sehend werden - nach
Jesu Kreuzigung und Auferstehung. Und zu dem von Gott festgesetzten Zeitpunkt
wird ganz Israel von diesem seinem König von der Blindheit geheilt werden. Der
Lobpreis und die Verherrlichung sei dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus
Christus dafür!
Jesu Einzug in Jerusalem
(Matthäus 21)
Wir schreiben den 8. Nisan des Jahres 32 n. Chr. - Jesus und Seine Jünger näherten sich sechs Tage vor dem Passahfest (Joh.12:1), das am 14. Nisan stattfand, von Jericho kommend dem Ölberg.
Matthäus
berichtet in den Versen 1 bis 6: »Als sie sich nun Jerusalem näherten und nach
Bethphage an den Ölberg kamen, schickte Jesus dann zwei Jünger aus und sagte zu
ihnen: Geht in das Dorf euch gegenüber. Sogleich werdet ihr eine Eselin
angebunden finden und ein Füllen bei ihr. Bindet sie los und führt sie zu Mir!
Wenn jemand etwas zu euch sagt, sollt ihr ihm erwidern: Der Herr braucht sie
und wird sie sogleich wieder herschicken. (Dies ist geschehen, damit erfüllt
werde, was durch den Propheten angesagt war: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein
König kommt zu dir, sanftmütig und auf einer Eselin reitend, und zwar auf einem
Füllen, dem Jungen des Jochtiers.) Da gingen die Jünger hin und taten, wie
Jesus es ihnen angeordnet hatte.«
Die Jünger holten die Eselin und ihr Füllen, sodass am Tage darauf (Joh.12:12) erfüllt werden konnte, was der Prophet Sacharja vorausgesagt hatte: »Juble überaus, Tochter Zion; jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und siegreich ist Er, ein Demütiger und auf einem Esel reitend, ja auf einem Fohlen, einem Jungen der Eselinnen« (Sach.9:9; vgl. Jes.62:11).
Jesus, der
König, ritt nicht hoch zu Ross wie ein Eroberer in Jerusalem ein, das auch Zion
genannt wird, sondern auf einem Esel und damit für jeden erkennbar im Frieden.
Am Abend
nahmen der Herr und Seine Jünger das Mahl im Hause des auferweckten Lazarus,
der Maria und der Martha in Bethanien ein, wo sie auch übernachteten (Joh.12:1,2,12).
»Hosianna dem Sohn Davids!«
Am nächsten Tag »führten sie [die Jünger] die Eselin und das Füllen herbei, legten ihre Kleider auf sie, und Er [Jesus] setzte Sich darauf. Die sehr zahlreiche Volksmenge breitete sodann ihre Kleider auf den Weg, andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Scharen, die Ihm vorangingen und folgten, riefen laut: Hosianna dem Sohn Davids! Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna inmitten der Höchsten!« (Verse 7-9).
Die Menge erkannte Jesus als den verheißenen
Davidssohn (2.Sam.7:12-16) und damit als ihren König und Christus. Sie
huldigten Ihm mit der Ausbreitung von Kleidungsstücken auf dem Weg und den
ausgestreuten Zweigen. »Hosianna« riefen sie. Dies war ursprünglich der
Bittruf: »Rette uns!«, wie er in Psalm 118:25 lautet: »Ach Jewe, rette uns doch
nun!«, wurde aber zu einem Ausruf der Huldigung und hier der Begrüßung des
Retters. Weiter heißt es in Psalm 118:25,26: »Ach Jewe, lass uns doch nun
gedeihen! - Gesegnet im Namen Jewes ist, der da kommt; wir segnen euch vom Haus
Jewes.«
Inmitten der
Höchsten brachten sie Ihm das Hosianna dar, sahen Ihn mithin als wie von
himmlischen Heerscharen umgeben an. Die Menge meinte wohl auch, jetzt breche
das Königreich der Himmel an, hatte aber sicherlich nicht bedacht, dass es in
Psalm 118 einige Verse davor heißt: »Der Stein, den die Bauleute verworfen
haben, der wurde zum Hauptstein der Ecke« (Vers 22). Es ging doch zum Passah
hinauf, zum Opferfest, an welchem der
Stein - Jesus - verworfen werden sollte, um hinfort der Eckstein zu sein, der
Israel die ersehnte Rettung bringt.
An diesem Tag,
dem 9. Nisan 32, erfüllte sich, was der Prophet Daniel geweissagt hatte: »Vom
Ausgang des Wortes, zurückzukehren und Jerusalem aufzubauen, bis zum Kommen des
Messias, des Beherrschers, sind es sieben Siebener und zweiundsechzig Siebener«
(Dan.9:25). Nun waren die neunundsechzig Jahrsiebener um, nach denen der Messias ohne Rechtspruch »abgeschnitten«
werden wird (Dan.9:26); es steht nur noch der letzte Jahrsiebener aus. - Der
Erlass des Artaxerxes zum Wiederaufbau Jerusalems dürfte am 1. Nisan 445 v.
Chr. ergangen sein. Am letzten Tag der 69 Jahrsiebener (483 Jahre zu 360 Tagen)
kam Jesus in die Königsstadt.
»Als Er dann in Jerusalem einzog, geriet die gesamte Stadt in Aufregung, und man fragte: Wer ist dieser? Da antworteten die Scharen: Dies ist der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa« (Verse 10+11).
Jesus war nicht
unbekannt. Die Menge in Jerusalem billigte Ihm allerdings nur den Status eines
Propheten zu, wenn auch welche an den von Mose angesagten Propheten gedacht
haben mögen, der der Christus ist (5.Mose 18:15).
Markus
berichtet: »So zog Jesus in Jerusalem ein und ging in die Weihestätte. Nachdem
Er Sich nach allem umgeblickt hatte und es schon die Abendstunde war, ging Er
mit den Zwölf nach Bethanien hinaus« (Mark.11:11).
Am nächsten Tag, dem 10. Nisan, sodann »ging Jesus in die Weihestätte, trieb dort alle hinaus, die in der Weihestätte verkauften und kauften, stürzte die Tische der Makler und die Stühle der Taubenverkäufer um und sagte zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus wird ein Haus des Gebets heißen! Ihr aber macht es zu einer Höhle für Wegelagerer« (Verse 12+13).
Jesu erste
königliche Tat war die Reinigung der Weihestätte, sodass aus dem Kaufhaus
wieder ein Bethaus wurde, wenn auch nur für wenige Tage. Die Weihestätte
umfasste den Tempel, bestehend aus dem Heiligen und dem Allerheiligsten, die
Vorhöfe der Juden und den Vorhof der Heiden. Auch Heiden durften anbeten
(2.Chr.6:32).
Im Vorhof der
Ausländer ging es böse zu. Fremde Münzen wurden zu Wucherpreisen in die Währung
der Tempelsteuer (die Doppeldrachme; Mat.17:24) gewechselt. An die Armen, die
ein Opfer darbringen wollten (3.Mose 5:7), wurden Tauben zu überhöhten Preisen
verkauft. Mit diesen betrügerischen Praktiken räumte Jesus auf. Die Händler
widersetzten sich dem Herrn angesichts Seines Ernstes und Seiner biblischen
Begründung nicht. Er zitierte die Propheten: »Mein Haus wird »Haus des Gebets«
genannt für alle Völker« (Jes.56:7); und: »Ist denn dieses Haus, über dem Mein
Name ausgerufen ist, eine Räuberhöhle in euren Augen geworden?« (Jer.7:11).
Sollte Israel
sich jetzt angesichts seines Königs nicht reinigen, so wird es verworfen werden
(Mat.21:43). Die Reinigung der Weihestätte war zugleich eine prophetische
gerichtliche Handlung, denn der Messias wird Sein Volk vor Seinem Kommen in der
Endzeit im Gericht reinigen. Die Ruchlosen werden umkommen.
Wir lesen weiter (Verse 14-17): »Es kamen auch Blinde und Lahme in der Weihestätte zu Ihm, und Er heilte sie. Als die Hohenpriester und Schriftgelehrten das Staunenswerte, das Er tat, gewahrten, auch wie die Knaben in der Weihestätte laut riefen: Hosianna dem Sohn Davids!, waren sie entrüstet und fragten Ihn: Hörst Du, was diese sagen? Jesus antwortete ihnen: Ja! Habt ihr noch nie gelesen: Aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge hast Du Dir Lob bereitet? - Dann verließ Er sie, ging aus der Stadt hinaus nach Bethanien und nächtigte dort.«
Mit der Heilung von Blinden und Lahmen erwies Sich Jesus wieder als der Messiaskönig, von dem eben dies angesagt ist (Jes.29:18,19; 35:5,6). Die Obersten waren empört, dass Jesus die Huldigung auf den Sohn Davids widerspruchslos entgegennahm. Doch der Herr bestätigte ihnen mit Psalm 8:3, dass Er es ist, dem das Lob gebührt.
Was Matthäus in den Versen 18 und 19 berichtet, gehört zeitlich vor den Vers 12 und geschah am Morgen des 10. Nisan. Das in den Versen 20 bis 22 Geschilderte ereignete sich am 11. Nisan. Dies geht aus der genauen chronologischen Darstellung in Markus 11:12-23 hervor. Matthäus aber hat die Begebenheiten um die Verfluchung des unfruchtbaren Feigenbaums aus redaktionellen Gründen in den Versen 18 bis 22 zusammengefasst. Diese lauten:
»Als Er Sich
am Morgen in die Stadt zurückbegab, war Er hungrig; und als Er am Weg einen
Feigenbaum gewahrte, ging Er auf ihn zu und fand nichts an ihm als nur Blätter.
Da sagte Er zu ihm: Nie mehr komme Frucht von dir für den Äon! - Und der
Feigenbaum verdorrte auf der Stelle. - Als die Jünger das gewahrten, fragten
sie erstaunt: Wie kommt es, dass der Feigenbaum auf der Stelle verdorrt ist? Da
antwortete Jesus ihnen: Wahrlich, Ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt und
nicht zweifelt, werdet ihr nicht nur das mit dem Feigenbaum tun, sondern auch
wenn ihr zu diesem Berg sagen solltet: Hebe dich empor und wirf dich ins Meer -
so wird es geschehen. Und alles, was ihr auch im Gebet erbittet, werdet ihr
erhalten, wenn ihr glaubt.«
Der Feigenbaum
ist ein Symbol für Israel und die Feigen für Israels Fruchtbarkeit und Süße
(Rich.9:11; Jer.24:2-10; Hos.9:10; Mark.13:28).
Ein Feigenbaum
bringt zuerst die im Winter herangewachsenen Frühfeigen hervor und dann die
Blätter; im Sommer reift sodann die volle Feigenernte. Da der Baum am Weg Jesu
jetzt kurz nach Frühlingsanfang Blätter hatte, musste er auch Frühfeigen
tragen. Jesus wusste natürlich, dass der Baum keine Früchte trug und gebrauchte
ihn deshalb, um ein Strafwunder im Hinblick auf Israel zu tun.
Er war hungrig
und erfüllte jetzt das Wort in Hosea 7:1,wonach Seine Seele die Frühfeigen
begehrte. Als er keine Frucht am Baum, an Israel fand, sondern nur das schöne
Blattwerk, nur den den Unglauben Israels verhüllenden und mithin
heuchlerischen, prächtigen Gottesdienst, verfluchte Er den Baum, verfluchte Er Israel
für den gegenwärtigen Äon.
Und der Baum
verdorrte. Diese Generation, die damals lebte, wird nimmermehr Frucht für Gott
tragen. Heute noch ist Israel vertrocknet und verworfen (Ap.13:46; 28:27;
Röm.11:15).
Am nächsten
Morgen nahmen die Jünger wahr, dass der Baum verdorrt war (Mark.11:20), und
fragten, wie dies kam. Eine mögliche Antwort wäre nach Jesaia 5:24 gewesen,
dass Israels Wurzel wie Moder und seine Knospe wie Staub wurde, weil sie die
Rede des Heiligen Israels verschmähten.
Der Herr aber
wies Seine Jünger auf die Vollmacht des Bittens aus Glauben hin. Unter dem
Glauben ist ein Feststehen im Willen Gottes, in der Treue und im
Glaubensgehorsam zu verstehen. Wer die Gebote hält und dem Willen Gottes gemäß
bittet, der erhält, was er erbittet (1.Joh.3:22; 5:14). Selbst Berge, also
Macht- und Herrschaftsbereiche, werden sie versetzen können, gewiss auch
natürliche Berge. Im Falle unseres Verses 21 könnte Jesus an den Tempelberg
gedacht haben, der ins Völkermeer geworfen wird, wie es dann auch geschah; noch
heute wird Jerusalem von den Nationen zertreten (Luk.21:24).
Wer aber
zweifelt, wird nichts erhalten (Jak.1:6-8). Das griechische Wort für
»zweifeln«, diakrinõ (durch-richten), kann man nach der Stichwortkonkordanz zum
Konkordanten Neuen Testament auch mit »beurteilen« übersetzen. Wer also meint,
die Glaubwürdigkeit von Gottesworten nach eigenem Gutdünken beurteilen zu
dürfen, wird nichts empfangen.
»Nachdem Er in die Weihestätte gekommen war, traten die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes zu Ihm, während Er lehrte, und fragten Ihn: Mit welcher Vollmacht tust Du dies, und wer gibt Dir diese Vollmacht? - Jesus antwortete ihnen: Auch Ich werde euch ein Wort fragen; wenn ihr Mir das beantwortet, werde auch Ich euch sagen, mit welcher Vollmacht Ich dies tue: Die Taufe des Johannes, woher war sie? Vom Himmel oder von Menschen? - Sie folgerten nun bei sich: Wenn wir sagen: vom Himmel, wird Er uns erwidern: Warum nun glaubtet ihr ihm nicht? Wenn wir aber sagen: von Menschen, so haben wir die Volksmenge zu fürchten; denn alle halten Johannes für einen Propheten. So antworteten sie Jesus: Wir wissen es nicht. - Da entgegnete Er ihnen: Dann sage auch Ich euch nicht, mit welcher Vollmacht Ich dies tue!« (Verse 23-27).
Jesus handelte
und lehrte in der Vollmacht Seines Gottes und Vaters.
Aus der Sicht
der Hohenpriester und Ältesten, die sich Ihm nahten, hatte das Synedrium, dem
sie angehörten, Vollmachten zu erteilen. Ihre Frage war also nicht ungefährlich.
Das Wirken des Geistes Gottes passt eben nicht in das Denken religiöser
Amtsinhaber, die das Sagen zu haben meinen.
Mit Seiner
Gegenfrage stellte Jesus das Synedrium bloß. Denn wer Gott nicht glaubt, muss
Nützlichkeitserwägungen anstellen und mancherlei Rücksicht nehmen, in diesem
Fall auf das Volk, das Johannes wie auch Jesus für Propheten hielt (Vers 46).
Da Jesus auf einer Linie wie Johannes stand, fanden die Führer des Volkes nicht
aus ihrer Zwickmühle heraus.
Und im Übrigen
gebührt unaufrichtigen Fragestellern ohnehin keine Antwort.
Mit Seiner
Bemerkung: »Dann sage auch Ich euch nicht ...« sprach Jesus dem Synedrium
jegliche geistliche Kompetenz ab.
Und dann hielt
der Herr den Ältesten mit den drei folgenden Gleichnissen von den zwei Söhnen
(Verse 28-32), von den üblen Winzern (Verse 33-41) und von der königlichen
Hochzeit (Mat.22:1-14) den Spiegel vor.
Jesus sprach weiter: »Was meint ihr aber? Ein Mann hatte zwei Kinder. Er trat zu dem ersten Sohn und sagte: Kind, geh heute hin und arbeite in meinem Weinberg. Doch der antwortete: Ich will nicht! Hernach aber bereute er es und ging hin. Dann trat er zu dem zweiten Sohn und wandte sich in derselben Weise an diesen. Der antwortete nun: Ich gehe, Herr - ging aber nicht hin. Wer von den zweien hat den Willen des Vaters getan? - Sie antworteten: Der erste. - Da sagte Jesus zu ihnen: Wahrlich, Ich sage euch: Die Zöllner und die Huren gehen euch in das Königreich Gottes voran; denn Johannes kam auf dem Wege der Gerechtigkeit zu euch, und ihr glaubtet ihm nicht; die Zöllner und die Huren aber glaubten ihm. Obwohl ihr das gewahrtet, habt ihr auch hernach euer Verhalten nicht bereut, um ihm dann zu glauben« (Verse 28-32).
Die beiden
Kinder stehen für die Israeliten, der Weinberg für Israel (Jes.5:1-7). Mit
diesem Gleichnis zeigt der Herr Jesus Christus den Hohenpriestern und Ältesten
auf, dass ihr »Wir wissen es nicht« in Wirklichkeit ein »Wir wollen nicht« ist
und das nicht ihr heuchlerisches Reden und ihr scheinheiliger Gottesdienst über
den Eingang in das Königreich entscheiden, sondern ihr Tun. Was dieses
anbelangt, so wollten die Zöllner und Huren ursprünglich auch nicht, bereuten
dann aber aufgrund des Aufrufs Johannes des Täufers und sinnten um, die
Pharisäer und Schriftgelehrten jedoch taten dies nicht. - Jene erkannten sehr
wohl, dass Jesus von ihnen sprach (Vers 45), zumal Er sie ja auch direkt
anredete (Verse 31+32).
Der Herr ließ nicht locker: »Hört ein anderes Gleichnis: Da war ein Mann, ein Hausherr, der pflanzte einen Weinberg, legte um ihn einen Steinwall an, grub eine Kelter in ihm, baute einen Turm, verpachtete ihn an Winzer und verreiste. Als aber die rechte Zeit für die Früchte nahte, schickte er seine Sklaven zu den Winzern, um seine Früchte zu erhalten. Die Winzer jedoch nahmen seine Sklaven, den einen prügelten sie, den anderen töteten sie, den dritten aber steinigten sie. Dann schickte er wieder andere Sklaven, mehr als die ersten; doch sie verfuhren mit ihnen in derselben Weise. - Zuletzt schickte er seinen Sohn zu ihnen und sagte sich: Vor meinem Sohn werden sie sich scheuen! Als die Winzer den Sohn gewahrten, sprachen sie unter sich: Dieser ist der Losteilinhaber; herzu, wir wollen ihn töten und werden dann sein Losland haben. So nahmen sie ihn, warfen ihn zum Weinberg hinaus und töteten ihn. - Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt, was wird er mit jenen Winzern tun? - Sie antworteten Ihm: Die Üblen! Er wird sie übel umbringen und den Weinberg anderen Winzern verpachten, die ihm die Früchte zur rechten Zeit abliefern werden« (Verse 33-41).
Die Winzer
sind die Ältesten des Volkes, die eigentlich die geistlichen Führer sein und
als gehorsame Verwalter Frucht für Gott erwirken sollten. Das Losland ist das
einem jeden Juden von Jewe gesetzmäßig zugeloste Land, sodass ein jeder Inhaber
eines Teils des Landes war. Die Sklaven, die der Hausherr, Gott, immer wieder
sandte, waren die Propheten, und der Sohn des Hausherrn ist Jesus Selbst.
Die Führer
Israels betrachteten sich aber praktisch als die Herren, erkannten die
Autorität Gottes nicht an und wirtschafteten zu ihrer eigenen Ehre. Wenngleich
sie die Propheten getötet hatten (Jer.7:25), weil sie sich in ihrer
Selbstgerechtigkeit von ihnen gestört fanden, rühmten sie sich ihrer, hörten
aber dennoch nicht auf sie.
Der Herr Jesus
deckte die Verblendung der Ältesten auf, indem Er sie selbst ihr eigenes,
gerechtes Urteil sprechen ließ: »Der Hausherr wird den Weinberg anderen
Weingärtnern geben!« Im Hinblick auf andere, hier auf jene Winzer, von denen
Jesus sprach, waren sie in der Lage, objektiv zu urteilen. Doch wenn nicht im
selben Moment, so erkannten sie auf jeden Fall bei den nächsten Worten des Herrn,
dass sie sich selbst verurteilt hatten, wollten sie doch handgreiflich werden
und sich Jesu bemächtigen (Vers 46).
Der Weinberg
Israel wird anderen Winzern, anderen derselben Art (griech. allois), gegeben
werden, also anderen Israeliten, nicht diesen zur Zeit Jesu Lebenden. Wenn die
zwölf Apostel unter dem König Jesus Christus die zwölf Stämme regieren werden,
dann wird Israel Frucht für Gott bringen.
Dass die
Priesterschaft Jesus tötete, obwohl dies, wie sie nun wussten, ihre Verwerfung
bewirken würde, zeigt ihre abgrundtiefe Verdorbenheit auf.
»Weiter sagte Jesus zu ihnen: Habt ihr noch nie in den Schriften gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der wurde zum Hauptstein der Ecke. Durch den Herrn ist er das geworden, und er ist erstaunlich vor unseren Augen. - Deshalb sage Ich euch: Das Königreich Gottes wird von euch genommen und einer [anderen] Nation gegeben werden, die dessen Früchte trägt. Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen er aber fallen sollte, den wird er wie Spreu zerstäuben. - Als die Hohenpriester und Pharisäer Seine Gleichnisse hörten, erkannten sie, dass Er von ihnen redete. Da suchten sie sich Seiner zu bemächtigen; sie fürchteten sich jedoch vor der Volksmenge, weil sie Ihn für einen Propheten hielt« (Verse 42-46).
Der Herr Jesus
zitierte Psalm 118:22,23 und setzte Sich als den verworfenen Sohn des Herrn des
Weinbergs mit dem von den Bauleuten verworfenen Stein gleich. Die Ältesten
erkannten sich als die üblen Bauleute. Doch sie sinnten nicht um, sondern
stießen sich an dem Stein des Anstoßes, weil sie auf ihre Gesetzeswerke bauten
und die Gerechtigkeit aus Glauben ignorierten. Aber nur, wer an Jesus glaubt,
den auserwählten Grund- und Eckstein, wird nicht zuschanden werden (Jes.8:14;
26:18; Röm.9:32,33). Nur von Ihm kann doch die Rettung kommen!
Wütend müssen
die Ältesten zur Kenntnis genommen haben, dass dieser Stein sie zerschmettern
wird und sie auf keinen Fall in das Königreich Israels kommen werden. Das
Königreich wird einer anderen Nation, »anderen Winzern« (Vers 41), gegeben
werden, der wiedergezeugten und folglich gläubigen, heiligen Nation Israel, dem
königlichen Priestertum - Generationen nach ihnen (2.Mose 19:6; 1.Pet.2:9).
Durch Jewe wird dies geschehen; es ist wunderbar in unseren Augen (Ps.118:23)!
Weitere
Reden Jesu in der Weihestätte
(Matthäus 22:1-23:12)
Unser Herr Jesus Christus war am 9. Nisan des Jahres 32 n. Chr. in Jerusalem eingeritten, hatte die Weihestätte Tags darauf von den Händlern, Maklern und Taubenverkäufern gereinigt und lehrte nun dort am 11. Nisan, drei Tage vor Seinem Tod am Passahfest des 14. Nisan.
Mit den drei
Gleichnissen von den zwei Söhnen (Mat.21:28-32), von den üblen Winzern (Mat.21:33-41)
und von der königlichen Hochzeit (Mat.22:1-14) deckte Er den Hohenpriestern und
Ältesten ihre wahre Gesinnung auf.
Matthäus berichtet in Kapitel 22, Verse 1 bis 14: »Dann nahm Jesus wieder das Wort, um in Gleichnissen zu ihnen zu sprechen: Das Königreich der Himmel gleicht einem Menschen, einem König, der seinem Sohn die Hochzeitsfeier ausrichtete. So schickte er seine Sklaven aus, um die Geladenen zur Hochzeitsfeier zu rufen; doch wollten sie nicht kommen. Da schickte er wieder andere Sklaven aus und gebot ihnen: Sagt den Geladenen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine Stiere und das Mastvieh sind geschächtet, und alles ist bereit: Kommt her zur Hochzeitsfeier! Sie aber kümmerten sich nicht darum und gingen hin, der eine auf das eigene Feld, der andere zu seiner Handelsware; die übrigen bemächtigten sich seiner Sklaven, misshandelten und töteten sie. Da wurde der König zornig, sandte seine Heere aus und ließ jene Mörder umbringen und ihre Stadt in Brand stecken. Dann sagte er zu seinen Sklaven: Die Hochzeit ist bereit, aber die Geladenen waren es nicht wert. Geht nun an die Ausgänge der Wege und ladet zur Hochzeitsfeier, wen immer ihr auch findet! So gingen jene Sklaven hinaus auf die Wege und sammelten alle, die sie fanden, Böse wie auch Gute, und der Hochzeitssaal füllte sich mit denen, die zu Tisch lagen.
Als der König
hineinging, um sich die zu Tisch Liegenden anzuschauen, gewahrte er dort einen
Menschen, der keine Hochzeitskleidung angezogen hatte. Da sagte er zu ihm:
Kamerad, wie bist du hier hereingekommen, ohne Hochzeitskleidung anzuhaben? Der
aber verstummte. Dann gebot der König den Dienern: Bindet ihm Füße und Hände
und werft ihn hinaus in die Finsternis, die draußen ist! Dort wird Jammern und
Zähneknirschen sein. Denn viele sind berufen, wenige aber auserwählt.«
In diesem
Gleichnis erscheinen weder der Bräutigam noch die Braut, wie denn diese auch
beim Frühmahl der Hochzeitsfeier im Gegensatz zum Hauptessen nach jüdischem
Brauch noch nicht anwesend waren. Denn es geht hier um die Einladung und das
Eintreffen der Hochzeitsgäste. Und es soll deutlich werden, dass viele, das
heißt praktisch alle Israeliten eingeladen sind, an dem mit der Hochzeitsfeier
des Bräutigams Jesus und Seiner Braut Israel (Off.19:7; 21:2,9) beginnenden
tausendjährigen Königreich teilzunehmen, aber nur wenige dazu auserwählt sind.
Die
auserwählten Gäste sind mit der Braut identisch. Da es in diesem Gleichnis aber
um eine Scheidung zwischen den Gästen geht und die Braut als solche nicht
teilbar ist, wird Israel unter dem Bild der Gäste dargestellt, ja wird klar,
dass nur die auserwählten Gäste das wahre Israel sind.
Das Gleichnis
schildert die Situation des Königreichs von der Zeit Jesu an bis zur Endzeit.
Die Sklaven, die ausgingen, waren Johannes der Täufer, die zwölf Jünger
(Mat.10; Luk.9:1-6) und die siebzig Jünger (Luk.10:1-16). Israel aber kam nicht
und tötete sogar die Sklaven Gottes, später zum Beispiel Stephanus und den
Apostel Jakobus, den Bruder des Johannes (Ap.12:2). Und Paulus und Barnabas
müssen dann leider sagen, dass die Juden das Wort Gottes von sich stoßen und
sich des äonischen Lebens nicht für würdig erachten (Ap.13:46).
In der
Endzeit, im letzten Jahrsiebener (Dan.9:24,27), schickt Gott Seine Sklaven an
die Ausgänge der Wege, bis zum letzen Winkel der Erde, und lädt alle Juden ein,
ob sie gut oder böse sind oder zum verachteten Pöbel gehören. Durch Sein
Gericht, das Er über die ganze Erde bringt, nötigt Er sie gewissermaßen,
hereinzukommen. Jeder darf kommen, so wie er ist, darf aber nicht so bleiben,
sondern muss Hochzeitskleidung anlegen (die übrigens den Gästen vom Hausherrn
geschenkt wurde), das heißt man muss edle Werke vorweisen können. »Der Braut
wurde gegeben, sich mit glänzendem, reinem Batist zu umhüllen; denn der Batist,
das sind die gerechten Taten der Heiligen« (Off.19:8; vgl. Off.3:5; Jes.61:10).
Edle Werke schließen die Umsinnung von bösen Werken ein.
Wer kein
Hochzeitsgewand anhat, den werden die Diener des Königs, diese sind hier die
Engel (Mat.13:49), hinauswerfen in die Finsternis unter den Nationen und dem
Feuerofen der Plagen und Qualen der Posaunen- und Schalengerichte preisgeben
(Off.8,9,16). Dann werden sie jammern und mit den Zähnen knirschen.
Ganz Israel
ist berufen, eingeladen (2.Mose 19:4-6), aber nur die nach der Gnadenauswahl
werden in das Königreich hineinkommen (Röm.11:5,7), nur die Kinder der
Verheißung (Röm.9:6-8), nur die am Herzen Beschnittenen (Röm.2:29). Diese
Auserwählten werden dann das auserwählte Volk Israel in seiner Gesamtheit
bilden (Jes.43:20,21).
Und die
Hohenpriester und Pharisäer erkannten, dass Jesus sie mit den Gästen verglichen
hatte, die nicht auf die Einladung eingegangen waren (Mat.21:43).
»Dann gingen die Pharisäer hin und hielten eine Beratung darüber ab, wie sie Ihn in Seinen Worten fangen könnten. So schickten sie ihre Jünger mit den Herodianern zu Ihm; die sagten: Lehrer, wir wissen, dass Du wahr im Wort bist und den Weg Gottes in Wahrheit lehrst. Auch kümmert Dich die Meinung anderer nicht; denn Du blickst nicht auf das Äußere der Menschen. So sage uns nun, was Du meinst: Ist es erlaubt, dem Kaiser Kopfsteuer zu geben oder nicht? - Da Jesus ihre Bosheit erkannte, sagte Er: Was versucht ihr Mich, ihr Heuchler? Zeigt Mir die Kopfsteuermünze! - Als sie Ihm einen Denar reichten, fragte Er sie: Wessen Bild und Aufschrift ist dies? Sie antworteten: Des Kaisers. Dann sagte Er zu ihnen: Folglich bezahlt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. - Als sie das hörten, waren sie erstaunt; sie ließen von Ihm ab und gingen davon« (Verse 15-22).
Kaum zu
glauben, aber wahr: Die im Geheimen romfeindlichen, gesetzeseifernden Pharisäer
verbündeten sich mit den von ihnen verachteten, politisch denkenden Anhängern
König Herodes Agrippa I., damit es nur irgendwie gelingen möge, Jesus zu
beseitigen.
Sie näherten
sich Ihm mit einer heuchlerischen Schmeichelei, um Ihn zu einer unbedachten
Äußerung zu verleiten. Sie charakterisierten Jesus zutreffend - umso größer ist
die Schuld ihres Hasses.
Die
Steuerfrage war eine höchst gefährliche, weil sie eine politische war. Und sie
war so angelegt, dass Jesus - wie auch immer Er antwortete - in die Falle gehen
musste. Sollte Er nämlich sagen, dass die Steuer nicht zu zahlen sei, würden
sie Ihn vor Pilatus des Aufruhrs gegen Rom anklagen. Antwortete Er aber, dass
dem Kaiser die Steuer zu geben sei, dann war Er kein Patriot Israels und hatte
es mit dem Volk verdorben.
Jesus bat
darum, Ihm eine Steuermünze, einen Silberdenar, zu zeigen. Damit war öffentlich
festgestellt, dass Israel unter römischer Oberhoheit stand. Und die Juden
wussten auch, dass dies nach Gottes Willen so war, der Israel wegen seiner
Untreue seit Nebukadnezars Zeiten seiner politischen Selbständigkeit enthoben
und die Fristen der Nationen eingeführt hatte (Luk.21:24; Dan.2:37,38). Sie
waren einer fremden Obrigkeit unterworfen und hatten ihr zu gehorchen. Dem
Kaiser die Steuer zu zahlen, war mithin nach Gottes Willen und Gottesdienst im
weitesten Sinne. Und selbstverständlich ist auch Gott zu geben, was Ihm gebührt.
Petrus
schreibt dementsprechend: »Ordnet euch jeder menschlichen Ordnung unter um des
Herrn willen« und: »Ehret den König« (1.Pet.2:13,17). Und Paulus schreibt:
»Ehre, wem Ehre gebührt« (Röm.13:7), ganz gewiss Gott.
»An jenem Tag traten Sadduzäer zu Ihm, die behaupten, es gebe keine Auferstehung. Sie fragten Ihn: Lehrer, Mose sagte: Wenn jemand stirbt und hat keine Kinder, dann soll sein Bruder als Schwager seine Frau heiraten und seinem Bruder Samen erwecken. Nun waren bei uns sieben Brüder. Der erste, der heiratete, verschied; da er keinen Samen hatte, hinterließ er seine Frau seinem Bruder. Gleicherweise auch der zweite und der dritte bis zum siebenten. Als letzte von allen starb auch die Frau. In der Auferstehung nun, wem von den sieben wird sie als Frau angehören? Denn alle haben sie zur Frau gehabt. - Jesus aber antwortete ihnen: Ihr irrt, weil ihr weder mit den Schriften vertraut seid, noch die Kraft Gottes kennt. Denn weder heiraten sie in der Auferstehung, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie die Boten Gottes im Himmel. Was die Auferstehung der Toten betrifft: habt ihr nicht gelesen, was euch von Gott angesagt war: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs -? Er ist kein Gott der Toten, sondern der Gott der Lebendigen. - Als die Scharen das hörten, verwunderten sie sich über Seine Lehre« (Verse 23-33).
Die nächsten Gegner
nahten sich dem Herrn. Die Sadduzäer waren liberale Theologen und meinten, es
gäbe keine Geister und Boten und auch keine Auferstehung. Sie erkannten auch
nur die fünf Bücher Mose als Heilige Schrift an. Da Mose die Auferstehung nicht
direkt lehrt, wollten sie Jesus mit der Auferstehungsfrage in den Gegensatz zu
Mose bringen und den Herrn auf diese Weise unglaubwürdig machen.
Die
Schwagerehe (Leviratsehe) war in 5.Mose 25:5 angeordnet, damit die Linie eines
ohne Sohn Verstorbenen nicht aussterbe. Der Meinung der Sadduzäer nach musste
die unlösbare Frage, welchen ihrer sieben Männer die Frau haben werde, die
Unsinnigkeit einer Auferstehung beweisen.
Die Sadduzäer
irrten sehr, weil sie die Schrift nur mangelhaft kannten, gerade auch deshalb,
weil sie Gott keine Kraft beimaßen, anders gesagt: weil sie nicht glaubten.
Wir lesen die
Antwort Jesu nochmals, aber in der ausführlichen Fassung, wie Lukas sie
festgehalten hat: »Die Söhne dieses Äons heiraten und werden verheiratet. Die
aber für würdig geachtet werden, jenes Äons und der Auferstehung aus den Toten
teilhaftig zu werden, heiraten dann weder noch werden sie verheiratet. Sie
können doch auch nicht mehr sterben; denn sie sind wie die Boten und sind Söhne
Gottes, weil sie Söhne der Auferstehung sind« (Luk.20:34-36). Die im
tausendjährigen Königreich Israels lebenden Auferstandenen sterben nicht mehr
und heiraten daher nicht.
Nun zur Frage
der Auferstehung: Jesus zeigte anhand eines Schriftwortes, das bei dem von den
Sadduzäern allein geschätzten Mose steht, die Notwendigkeit der Auferstehung
auf. In 2.Mose 3:6 steht geschrieben: »Ich bin der Elohim Abrahams, der Elohim
Isaaks und der Elohim Jakobs.« Damit Gott der Gott dieser Väter Israels sein
kann, ist es einfach logisch, dass sie auferstehen müssen. Gott wäre ein Gott
der Toten, wenn sie nicht auferstehen würden. Er ist aber der Gott der
Lebendigen. Folglich macht Er sie lebendig.
Dass es bei dieser Auseinandersetzung nur um die Frage der Auferstehung geht und nicht um den Zustand der Toten bis zur Auferstehung, geht deutlich aus dem Bericht des Lukas hervor. Nach Lukas 20:37 sagte der Herr: »Dass aber die Toten erwachen, hat schon Mose im Bericht über den Dornbusch eröffnet, als er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt.« Es ist völlig absurd zu meinen, dass Abraham, Isaak und Jakob lebendig oder sonst wie wach seien bis sie erwachen. »Denn im Tode gedenkt man Deiner nicht; wer huldigt Dir im Ungewahrten?«, sagte König David in Psalm 6:5. »Die Toten wissen gar nichts« (Pred.9:5). »Die Toten können Je nicht rühmen« (Ps.115:17). Ja, wenn es keine Auferstehung gäbe, würden sogar die in Christus Entschlafenen für immer umgekommen bleiben (1.Kor.15:18). (Näheres zum Todeszustand siehe: A. E. Knoch: »Das Geheimnis der Auferstehung«, Konkordanter Verlag; und den Aufsatz »Zwischen Tod und Auferstehung«.
Das große und erste Gebot
»Nachdem die Pharisäer gehört hatten, dass Er die Sadduzäer zum Verstummen gebracht hatte, versammelten sie sich an derselben Stelle; und einer von ihnen, ein Gesetzeskundiger, fragte, um Ihn zu versuchen: Lehrer, welches ist das große Gebot im Gesetz? - Er aber entgegnete ihm: Lieben sollst du den Herrn, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Denkart. Dieses ist das große und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Lieben sollst du deinen Nächsten wie dich selbst! An diesen zwei Geboten hängt das Gesetz und die Propheten« (Verse 34-40).
Mit ihrer
politischen Frage nach der Kopfsteuer für den Kaiser waren sie gescheitert;
jetzt versuchten die Pharisäer, Jesus mit einer schlauen theologischen
Fragestellung die Gottessohnschaft abzusprechen. Sie schickten darum nicht
einen Schriftgelehrten, sondern einen Gesetzeslehrer. Auf dessen Frage nach dem
größten Gebot wird Jesus gewiss richtig mit 2.Mose 20:2,3 antworten: »Ich bin
Jewe, dein Elohim ... Du sollst keine anderen elohim haben, Mir ins Angesicht«
und mit 5.Mose 6:4: »Höre, Israel, Jewe, unser Elohim, Jewe ist einzig.«
Diese Verse
sollten der Todessstoß für Jesu Anspruch werden, Gottes Sohn zu sein. Wenn
Jesus Gottes Sohn wäre - Er hatte Sich als solchen bezeichnet (Mat.11:27
entsprechend Mat.3:17) -, dann wäre das Einzigsein Gottes in Frage gestellt, ja
dann ist - dies stand bei den Pharisäern schon fest - Jesu Behauptung eine
Gotteslästerung, die den Tod verdient, wie der Hohepriester denn auch das
Todesurteil begründete (Mat.26:63,65).
Jesus
antwortete mit 5.Mose 6:5 und 3.Mose 19:18. Indem Jesus damit die Liebe als das
größte Gebot herausstellte, und zwar nicht einfach eine kultische Gottesliebe,
sondern eine Liebe zu Gott, die mit der Nächstenliebe eins ist, tat Er die Tür
für die Liebe auch zum Gottessohn auf. Die Liebe zu Gott schließt die Liebe zu
Seinem Sohn nicht aus - im Gegenteil! Schließlich kann niemand Gott lieben,
wenn er nicht den Bruder liebt (1.Joh.4:20,21).
Da es Gottes
Wille ist, auch den Nächsten zu lieben, wodurch man zugleich Gott verehrt, bleibt
die Verehrung des einzigen Gottes erhalten. - Der Angriff der Pharisäer war
abgeschlagen.
Im
Zusammenhang mit dieser Thematik spricht Jesus in den folgenden Versen 41 bis
45 sogleich die Frage an, wie Er Gottes Sohn und Mensch in einem sein könne.
Jetzt ging Jesus mit der entscheidenden Kernfrage in die Offensive. »Als die Pharisäer versammelt waren, fragte Jesus sie: Was meint ihr von Christus? Wessen Sohn ist Er? Sie antworteten Ihm: Davids. Weiter fragte Er sie: Wie konnte nun David Ihn im Geist seinen Herrn nennen, wenn er sagte: Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde unter Deine Füße lege. - Wenn nun David Ihn seinen Herrn nennt, wieso kann Er dann sein Sohn sein? - Darauf konnte Ihm niemand ein Wort antworten; auch wagte von jenem Tag an keiner mehr, Ihn noch länger zu fragen« (Verse 41-46).
Unser Herr
Jesus Christus, Davids Sohn der Abstammung nach (Jer.23:5; Mat.1:1; Röm.1:3),
zitierte, was König David, vom Geist Gottes geleitet, in Psalm 110:1 gesagt
hatte: »Die Erklärung Jewes [Gottes, des Lebendigen] an meinen Herrn [hebr.
adonai]: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner
Füße lege.«
Die Pharisäer
aber waren blind dafür, denn sie sahen in ihrem Christus nur einen Sohn Davids,
der die politische Herrschaft Israels über die ganze Erde ausbreiten würde. Sie
hatten auch deshalb kein Verständnis für den Christus, weil ihr Gottesbild es
nicht zuließ, dass Gott, der wahrhaft Einzige, eins mit Seinem Sohn sein könne
(ebenso wie mit allen Geschöpfen, in denen Sein Geist wohnt). Sie hatten nicht
erkannt, dass Gott nicht eine starre, unnahbare Gottheit ist, sondern eine
lebendige, liebende, sichtbar in Jesus Christus, Seinem Abbild (Kol.1:15), der
Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit und des Gepräges Seines Wesens (Heb.1:3), und
hörbar in Jesus Christus, Seinem Wort (Joh.1:1,14). Gott, der Eine, ist
erkennbar im Angesicht Seines Sohnes.
»Danach sprach Jesus zu den Scharen und zu Seinen Jüngern: Auf Moses Stuhl sitzen die Schriftgelehrten und Pharisäer. Alles nun, was sie euch sagen, das tut und haltet euch daran; aber richtet euch nicht nach ihren Werken; denn sie lehren es, handeln selbst aber nicht danach« (Mat.23:1-3).
Mit den Versen
1 bis 12 rüstet Jesus Seine Jünger und mögliche Gläubige aus dem Volk für den
rechten Glaubenswandel zu.
Die Pharisäer
haben sehr wohl das Gesetz des Mose zu lehren, und was sie dem Gesetz gemäß sagen,
sollen die Gläubigen auch tun (5.Mose 17:10,11; Mal.2:7). Dass ihre
Gesetzesauslegung in manchen Fällen falsch sein kann (Mat.12:1-13; 15:1-20),
ist hier nicht das Thema, sondern der Gegensatz zwischen ihren Worten und ihren
Taten. Was nicht unbedingt heißen soll, dass sie zum Beispiel lehren, nicht zu
stehlen, und selber stehlen, sondern dass sie die Gebote ehrsüchtig erfüllen.
Ihr heuchlerisches Verhalten soll keiner nachahmen.
Jesus
beschreibt die Pharisäer näher (Verse 4-7): »Sie binden schwere und
unerträgliche Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, sie
selbst aber wollen sie nicht mit einem ihrer Finger bewegen. Sie tun alle ihre
Werke nur, um von den Menschen angeschaut zu werden; denn sie verbreitern ihre
Denkzeichenriemen und vergrößern die Quasten; sie haben gern den ersten
Liegeplatz bei den Gastmählern, die Vordersitze in den Synagogen, die
Begrüßungen auf den Märkten und wollen von den Menschen »Rabbi« genannt werden.«
Die religiösen
Führer Israels bestanden also auf der genauen Beachtung der Forderungen des
Gesetzes und der zusätzlich zum Gesetz formulierten Überlieferungen der
Ältesten (Mat.15:1-9). Sie selbst aber versuchten, sich mit spitzfindigen
Begründungen darum zu drücken.
An den
Denkzeichenriemen waren Kapseln mit Bibelzitaten befestigt, die zur
Gebetsstunde an der Stirn und am linken Arm getragen wurden, damit man das Wort
Gottes denke (2.Mose 13:18; 5.Mose 6:4-9; 11:13-21). Und Quasten sollten die
Söhne Israels an den vier Zipfeln ihrer Obergewänder an einer Schnur aus
violettem Purpur befestigen, damit sie bei ihrem Anblick allezeit an die Gebote
Jewes denken und sie tun mögen (vgl. Mat.9:20; 4.Mose 15:38; 5.Mose 22:12). Die
Verbreiterung der Riemen und die Vergrößerung der Quasten verriet, dass es den
Pharisäern nur um ihre Selbstverherrlichung ging und um die Anerkennung durch
die Menschen, auf die sie einen Anspruch zu haben meinten.
Und »Rabbi«
wollen sie gerufen werden; das bedeutet: mein Mehrer, mein Meister.
»Ihr aber«,
fährt der Herr fort zu sprechen, »lasst euch nicht »Rabbi« nennen; denn einer
ist euer Lehrer, ihr aber seid alle Brüder. Auch sollt ihr keinen Menschen auf
Erden euren »Vater« nennen; denn einer ist euer Vater, der himmlische. Lasst
euch auch nicht »Lehrmeister« nennen, da einer euer Lehrmeister ist, der
Christus« (Verse 8-10).
Mithin streben
die Nachfolger Christi nicht nach Titeln, wie Rabbi, Vater, Lehrer, sondern
ehren und achten einander wie Brüder. Maleachi betont: »Haben wir nicht alle einen
Vater? Hat nicht ein El uns erschaffen?« (Mal.2:10).
Hören wir nun
die Ermahnung unseres Herrn in den Versen 11 und 12: »Der Größte aber unter
euch soll euer Diener sein. Wer sich jedoch selbst erhöhen wird, soll
erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigen wird, soll erhöht werden.«
Die Pharisäer,
die sich selbst erhöhten, sollten erniedrigt werden, wie es ihnen mit dem
Untergang Israels im Jahre 70 n. Chr. sodann auch geschah. »Hochmut kommt vor
dem Fall« (Spr.16:18). »Der Herrlichkeit geht die Demut voran« (Spr.15:33).
Demut ist die von der Niedrigkeit überzeugte Gesinnung.
Jesus hatte dieses Thema bereits in Matthäus 20:25-28 angesprochen und legt es Seinen Jüngern hier erneut ans Herz. Später darf Petrus schreiben: »Seid alle untereinander mit der Demut umschürzt, weil Gott sich den Stolzen widersetzt, den Demütigen aber gibt Er Gnade. Demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit Er euch zur rechten Frist erhöhe!« (1.Pet.5:5,6). In dieser Gesinnung wandeln die Gläubigen Gott wohlgefällig!
»Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer!«
(Matthäus 23:13-39)
Die Streitgespräche der Hohenpriester und Ältesten, der Sadduzäer, Pharisäer und Schriftgelehrten mit dem Herrn Jesus Christus waren im Laufe des 11. Nisan zum Abschluss gekommen (Mat.21:23-22:46). Jesus hatte Sich ihnen stets als weit überlegen erwiesen. Deshalb »wagte von jenem Tag an keiner mehr, Ihn noch länger zu fragen« (Mat.22:46).
Der Herr aber
sprach weiter und warnte Seine Jünger und die Scharen zunächst vor dem
selbstbezogenen Wandel der Führer des Volkes (Mat.23:1-12).
Jetzt aber wandte Er Sich mit sieben Weherufen direkt an sie.
»Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verschließt das Königreich der Himmel vor den Menschen. Denn ihr geht nicht hinein, noch lasst ihr hineingehen, die hineingehen wollen« (Vers 13). (Vers 14 nicht in den ältesten Kodizes.)
Die Weherufe
decken auf, dass die Religiosität der Oberen Israels nichts als Heuchelei ist.
Es fehlt ihnen der Glaube und die Barmherzigkeit (Vers 23).
Der erste
Weheruf stellt fest, dass sie, die nicht glauben, dass Jesus der Sohn Gottes
und der Messias ist, nicht am tausendjährigen Königreich Israels teilhaben
werden. Sie haben das äonische Leben nicht, weil sie Jesus nicht haben, den
Urheber des Lebens (Ap.3:15). Zudem hindern sie andere Menschen, fromme Juden,
die sich an ihrer Obrigkeit orientieren, in das Königreich einzugehen, weil sie
sie von Jesus fernhalten.
Begonnen hatte
Jesus Seinen Dienst mit der neunfachen Seligpreisung der Armen, der Trauernden,
der Sanftmütigen, der nach Gerechtigkeit Dürstenden, der sich Erbarmenden, der
Reinen, der Friedensstifter, der der Gerechtigkeit wegen Verfolgten und der um
Jesu willen Geschmähten (Mat.5:3-11). Die Glückseligpreisungen schlossen mit
der Verheißung großen Lohnes in den Himmeln. Die Religiösen sind allerdings das
genaue Gegenteil der glückselig Gepriesenen. Dementsprechend schließen die
Weherufe mit der Ankündigung des Gerichts (Verse 33-36).
»Wehe euch,
Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht über das Meer und das
Trockene, um einen Proselyten zu machen, und wenn er es wird, macht ihr
ihn zu einem Sohn der Gehenna, mehr als doppelt so schlimm wie ihr« (Vers 15).
Wenn sie einen
Ausländer für den mosaischen Glauben gewonnen hatten und er zum Judentum
übergetreten war, dann zogen sie ihn in die Heuchelei der äußerlichen
Gesetzeserfüllung und der selbstsüchtigen Werkgerechtigkeit hinein und
bereiteten ihn auf diese Weise für die Gehenna zu, den Ort äonischen
Feuergerichts, die brennende Abfallhalde in der Schlucht von Hinnom direkt
unterhalt von Jerusalem und den Feuersee, in den der Proselyt nach seiner
Verurteilung zum zweiten Tod vor dem großen, weißen Thron geworfen wird (Off.20:11-15).
»Wehe euch, ihr blinden Leiter, die ihr sagt: Wer bei dem Tempel schwört, das ist nichts; wer aber bei dem Gold des Tempels schwört, soll daran gebunden sein. Ihr Toren und Blinden! Was ist denn größer, das Gold oder der Tempel, der das Gold heiligt? Weiter sagt ihr: Wer bei dem Altar schwört, das ist nichts; wer aber bei der darauf liegenden Nahegabe schwört, soll daran gebunden sein. Ihr Toren und Blinden! Was ist denn größer, die Nahegabe oder der Altar, der die Nahegabe heiligt? Wer daher bei dem Altar schwört, der schwört bei ihm und bei allem, was darauf ist; und wer bei dem Tempel schwört, der schwört bei ihm und bei dem, der ihn bewohnt; und wer bei dem Himmel schwört, der schwört bei dem Thron Gottes und bei dem, der darauf sitzt« (Verse 16-22).
Solche
Spitzfindigkeiten hatten die Leiter des Volkes ausgeklügelt - und irrten dabei
gewaltig; sie sind wahrhaft blind, sie tappen in der Finsternis, sie haben
nichts von der Größe und Herrlichkeit Gottes begriffen. Durch ihre falsche
Interpretation und die Überlieferung der Ältesten haben sie das Wort Gottes
sogar praktisch ungültig gemacht (Mat.15:6). Äußerlichkeiten waren für sie
wichtig. Das Gold des Tempels hatte sie so geblendet, dass sie keinen Blick
mehr für die Würde des Heiligtums hatten, das durch die Gegenwart Gottes
geheiligt war (Ps.11:4; 132:13,14). Sie waren blind für geistliche Werte.
Im Übrigen
soll sowieso niemand schwören, sondern eines jeden Wort sei ja, ja oder nein,
nein. Alles darüber hinaus aber ist von dem Bösen (Mat.5:33-37).
»Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verzehntet die Minze, den Dill und den Kümmel, doch das Wichtigste im Gesetz, das gerechte Richten, die Barmherzigkeit und den Glauben, das lasst ihr außer Acht. Dies muss man beachten und jenes nicht unterlassen. Ihr blinden Leiter, die ihr die Mücke seiht, aber das Kamel verschlingt!« (Verse 23+24).
Sehr wohl ist
der Zehnte von allem Ertrag des Feldes zu geben und dabei durchaus auf
Kleinigkeiten zu achten (3.Mose 27:30; 5.Mose 14:22); wer es aber an der
Hauptsache, sei es die Liebe zu Gott und den Menschen oder das gerechte
Gericht, die Barmherzigkeit und der Glaube, mangeln lässt, bei dem ist alles
nur eine hohle Phrase, nur Heuchelei. Ihren riesigen Mangel, vergleichbar einem
ebenso wie die Mücken unreinen Kamel (3.Mose 11:4,42), stecken sie mit einem
Achselzucken weg.
Jesus hatte
bei anderer Gelegenheit bereits gesagt: »Richtet nicht nach dem Äußeren,
sondern richtet gerechtes Gericht!« (Joh.7:24). Dies entspricht Sacharja 7:9:
»Sprecht wahrheitsgemäß Recht und erweist Huld und Erbarmungen ein jeder seinem
Bruder.«
Von der
Barmherzigkeit schreibt Jakobus: »Das Gericht ist unbarmherzig gegen den, der
keine Barmherzigkeit geübt hat. Barmherzigkeit aber rühmt sich gegenüber dem
Gericht« (Jak.2:13).
Und der Glaube
fehlte den Heuchlern. »Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen;
denn wer zu Ihm kommt, muss glauben, dass Er ist und denen, die Ihn ernstlich
suchen, ein Belohner sein wird« (Heb.11.6).
»Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr reinigt den Becher und den Teller von außen, von innen aber sind sie angefüllt mit Raub und Unenthaltsamkeit. Du blinder Pharisäer! Reinige zuerst das Innere des Bechers und des Tellers, damit auch das Äußere derselben rein werde« (Verse 25+26).
Hier sind Bild
und Person ineinander verschränkt.
Nach außen standen
die Heuchler glänzend da, ihr Herz aber war von Habgier und Haltlosigkeit
erfüllt. Dem Aufruf Jesu »Sinnet um!« (Mat.4:17) zu Beginn Seines Dienstes
entsprechend, bekommen sie noch einmal zu hören: Reinigt euer Herz, euer
Innerstes, eure Gesinnung. Dann würden auch eure Lebensäußerungen wirklich rein
sein.
»Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gleicht getünchten Grüften, die zwar von außen schön verziert erscheinen, inwendig aber sind sie angefüllt mit Totengebeinen und aller Unreinheit. So erscheint auch ihr den Menschen von außen zwar gerecht, inwendig aber seid ihr gedunsen vor Heuchelei und Gesetzlosigkeit« (Verse 27+28).
Es ist wohl zu
spät - Israel, der Feigenbaum, ist bereits verflucht (Mat.21:19) -, sodass
dieses Wort Jesu an ihnen nicht mehr zur Sünden- und Selbsterkenntnis wirksam
werden wird.
»Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr baut die Grüfte der Propheten auf und schmückt die Grabmäler der Gerechten und sagt: Wenn wir in den Tagen unserer Väter gewesen wären, so wären wir nicht in Gemeinschaft mit ihnen an dem Blut der Propheten schuldig geworden. Daher stellt ihr euch selbst das Zeugnis aus, dass ihr Söhne der Mörder der Propheten seid. So macht ihr das Maß eurer Väter voll!« (Verse 29-32).
Sie haben
wirklich keine Selbsterkenntnis; sonst würden sie nicht sagen, dass sie die
Propheten nicht verfolgt hätten. Sie sind doch Söhne der Mörder; wie kann es da
einen Grund geben zu meinen, dass sie besser als ihre Väter seien. Ja gerade
ihre Meinung, besser zu sein, zeigt, wie sehr sie ihrem sündlichen Wesen
verhaftet sind.
Statt sich von
den bösen Taten ihrer Väter zu distanzieren, werden sie in drei Tagen die
schlimmste Tat verüben, indem sie ihren Messias ermorden. So sollten sie das
Maß der Sünden ihrer Väter voll machen!
Das Urteil ist
unausweichlich. Der Herr spricht es in den Versen 33 bis 36 aus: »Ihr
Schlangen, ihr Otternbrut! Wie wollt ihr dem Gericht der Gehenna entfliehen?
Deshalb siehe: Ich schicke Propheten, Weise und Schriftgelehrte zu euch; von
ihnen werdet ihr einige töten und kreuzigen, und andere von ihnen werdet ihr in
euren Synagogen geißeln und von Stadt zu Stadt verfolgen, damit über euch alles
gerechte Blut komme, das auf Erden vergossen worden ist, vom Blut des gerechten
Abel an bis auf das Blut des Zacharias, des Sohnes Barachias, den ihr zwischen
Tempel und Altar gemordet habt. Wahrlich, Ich sage euch: Dies alles wird über
diese Generation eintreffen!«
Die Generation
Jesu wird dem Gericht der Gehenna nicht entfliehen. Sie werden vor dem großen,
weißen Thron zum zweiten Tod verurteilt und in den Feuersee geworfen werden
(Off.20:11-15) und somit keineswegs am äonischen Leben in dem die kommenden
Äonen währenden Königreich Israels teilhaben.
Zu allen
Zeiten haben die Oberen der Israeliten immer wieder Propheten und andere von
Gott gesandte Männer verfolgt und getötet; ebenso werden sie auch die, die
Jesus in den nächsten Jahrzehnten zu ihnen senden wird, umbringen, wie zum
Beispiel den Apostel Jakobus (Ap.12:2), oder es zumindest versuchen (Ap.5:33;
17:5; 1.Thess.2:14-16).
Deshalb wird
alles gerechte Blut, das auf der Erde vergossen worden ist, von Abel an bis auf
Zacharias, an dieser Generation gerächt werden.
Wie kann dies
sein? Sie haben diese Taten doch gar nicht begangen! Sie hätten sie aber
begangen, wenn sie zu jenen Zeiten gelebt hätten, denn sie waren so böse -
erkennbar an ihrem Hass auf Jesus -, dass sie auf jeden Fall alle getötet
hätten, die anderer Gesinnung waren als sie, wenn sie nur Gelegenheit dazu
gehabt hätten.
Die Söhne des
Satans hassen zu allen Zeiten alle, die Gott wohlgefällig leben wollen
(2.Tim.2:12). Sie haben die Gesinnung des Kain, der vom Bösen war und seinen
Bruder Abel erschlug (1.Mose 4:8; 1.Joh.3:12). Mit Zacharias, dem Sohn
Barachias, war sicherlich nicht der Prophet Sacharja, der Sohn Berechias (Sach.1:1)
gemeint, sondern Sacharja, der Sohn (was auch Enkelsohn bedeuten kann) des
Priesters Jojada (2.Chron.24:20-22), der zur Zeit des Königs Joasch von Juda
(851-812 v. Chr.) im Vorhof des Hauses Jewes gesteinigt worden war.
Indem der Herr
diese zwei Männer aus (nach der jüdischen Ordnung) dem ersten und dem letzten
Buch der hebräischen heiligen Schriften nannte, legte Er Seiner Generation die
Schuld eines umfassenden Zeitraums zur Last.
Und was sodann
alles über diese Generation hereinbrach: der Jüdische Krieg in den Jahren 66
bis 70 n. Chr., die Zerstörung Jerusalems samt des Tempels im Jahre 70 n. Chr.
mit Millionen von Toten und der Untergang Israels!
Welch ein Leid Jesus über Israel tragen musste! In Vers 37 brachte Er es zum Ausdruck: »Jerusalem, Jerusalem, das die Propheten tötet und die steinigt, die zu ihm geschickt werden! Wie oft wollte Ich deine Kinder versammeln, in derselben Weise wie eine Henne ihre Küchlein unter den Flügeln versammelt; doch ihr habt nicht gewollt.«
Dies ist ein
schmerzerfülltes und doch zugleich von der Liebe getragenes Wort Jesu. Israel
hat Seine Liebe zurückgewiesen, aber Er liebte es bis zuletzt. Dies schwingt
auch in der betonten Anrede »Jerusalem, Jerusalem« mit. Das prophetenmordende
Jerusalem ist und bleibt der Ausgangspunkt des Heils für die ganze Welt.
Wie oft wollte
Jewe Israel unter Seinen Flügeln bergen! Einst rief Er aus: »Den ganzen Tag
breite Ich Meine Hände aus zu einem widerspenstigen und hadernden Volk, das da
geht den unguten Weg nach seinen eigenen Gedanken, zu einem Volk, das Mich
erzürnt - Mir ins Angesicht - unentwegt« (Jes.65:2,3). Die Verheißung des
Psalms 91:4 hätten sie erfahren sollen: »Mit Seinen Schwingen wird Er dich
überschatten, und unter Seinen Flügeln darfst du Zuflucht nehmen; ein Schild
und ein Beschützer sind Seine Treue.«
Aber sie haben
nicht gewollt - und wollen immer noch nicht! Mehr noch: sie haben sich
verhärtet, wie in Jeremia 5:3 zu lesen: »Jewe, Du schlugst sie, aber es
schmerzte sie nicht; Du riebst sie auf, aber sie weigerten sich, die Züchtigung
anzunehmen. Sie machten ihr Angesicht härter als Fels; sie weigerten sich,
umzukehren.«
Sie haben
nicht wollen können. Denn nach dem von Gott in Christus Jesus gefassten Vorsatz
für den Ablauf der Äonen (Eph.3:11) hatte Jesaia sie verstocken müssen, wie der
Herr es sodann erneut tat, als Er sprach: »Deshalb spreche Ich in Gleichnissen
zu ihnen, damit sie sehend nicht sehen und hörend nicht hören noch verstehen.
So wird an ihnen das Prophetenwort des Jesaia erfüllt, das besagt: Mit dem
Gehör werdet ihr hören und keinesfalls verstehen. Sehend werdet ihr sehen und
keinesfalls wahrnehmen; denn das Herz dieses Volkes ist verdickt, mit ihren
Ohren hören sie schwer, und ihre Augen schließen sie, damit sie mit den Augen
nicht wahrnehmen noch mit den Ohren hören, noch mit dem Herzen verstehen und
sich umwenden und Ich sie heilen könnte« (Mat.13:13-15; Jes.6:9,10).
Es ist doch
so, wie geschrieben steht: »Die Gesinnung des Fleisches ist Feindschaft gegen
Gott, weil sie sich dem Gesetz Gottes nicht unterordnet; denn sie kann es auch
nicht« (Röm.8:7). Jewe Elohim hatte ihr Herz so gebildet (Ps.33:15). Und: »Kein
Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben wird«
(Joh.3:27).
Es war heilsgeschichtlich
noch nicht so weit. Noch hatte Gott die Unfrömmigkeit nicht von Jakob
abgewendet, noch hatte Er den neuen Bund nicht mit ihnen geschlossen und ihnen
noch kein neues Herz und keinen neuen Geist gegeben (Röm.11:26,27;
Jes.59:20,21; Jer.31:31-33; Hes.36:26,27).
So musste der
Herr Jesus ihnen ankündigen: »Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen werden;
denn Ich sage euch: Von jetzt an werdet ihr Mich keinesfalls gewahren, bis ihr
dereinst sagt: Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!« (Verse 38+39).
Wer Jesus
zurückweist, bleibt weiterhin und sogar in verstärktem Maße der Obrigkeit der
Finsternis und dem Gericht ausgeliefert. Jesaia hatte es angesagt: »Deine
heiligen Städte wurden eine Wildnis. Zion wurde eine Wildnis, Jerusalem eine
Öde« (Jes.64:9). Dem König Salomo hatte Jewe bei der Einweihung des Tempels
angekündigt: »Wenn ihr euch aber von Mir abwendet ... dann werde Ich Israel
ausrotten von dem Angesicht des Landes, das Ich ihnen gegeben habe, und das
Haus, das Ich Meinem Namen geheiligt habe, werde Ich von meinem Angesicht
wegstoßen« (1.Kön.9:6,7).
Der Begriff
»Haus« darf im Kontext des Verses 38 eng gefasst und nur auf den Tempel bezogen
werden, da der Herr gerade in seinem Vorhof stand und es zunächst die
Weihestätte war, die verödet zurückgelassen wurde, als Jesus, die Herrlichkeit
Gottes (Joh.1:14), von dort wegging, sodass die Juden Ihn alsbald danach nicht
mehr sahen, was schließlich allerdings auch die Verödung des Hauses im weiteren
Sinne, nämlich ganz Israels, bedeutete.
Dies erinnert
uns an die Wolke der Herrlichkeit Jewes, die bei der Tempelweihe das Haus Jewes
erfüllte (1.Kön.8:10,11), die - wie Hesekiel sah - sich zur Zeit der
babylonischen Gefangenschaft im Jahre 592 v. Chr. vom Cherub weg erhob zur
Schwelle des Hauses hin, sodass das ganze Haus von der Wolke und der Vorhof vom
Glanz der Herrlichkeit Jewes erfüllt waren (Hes.9:3; 10:4), und die sodann aus
der Stadt hinweg aufstieg und sich - gewiss nur vorübergehend - auf den Ölberg
stellte (Hes.11:23). Mit Jesus war die Herrlichkeit Gottes wieder in der
Weihestätte; mit Seinem Weggang verließ sie sie. Auch Jesus verweilte noch am
Ölberg, um Seine Jünger zu belehren (Kap.24:3); dort (vermutlich in Bethanien)
nächtigte Er auch am 12. Nisan (Luk.21:37,38) und wurde Er am 13. Nisan
gefangengenommen.
»Gesegnet sei, der da kommt!«
Unser Kapitel schließt mit einer Verheißung: Israel wird Jesus wiedersehen, allerdings erst dann, wenn Er auf den Wolken des Himmels mit Macht und Herrlichkeit kommt (Mat.24:30), Seine Füße auf dem Ölberg stehen werden (Sach.14:4), Er das Königreich für Israel aufrichtet und Seine Herrschaft für die Äonen antritt (Off.11:15; 20:6; 22:5). Dann wird das auserwählte Volk, die wiedergezeugte und heilige Nation (2.Mose 19:6; 1.Pet.2:9) ausrufen: »Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!«
Unser Herr
zitierte hier aus Psalm 118:26. Ja, dann wird das gläubige Israel diesen Psalm
von ganzem Herzen singen, in welchem es unter anderem heißt:
»Huldigt Jewe, denn Er ist
gut!
Denn Seine Huld währt für
den Äon.
Der Ruf des Jubels und der
Rettung
ertönt in den Zelten der
Gerechten:
Jewes Rechte wirkt mächtig,
Jewes Rechte ist erhöht,
Jewes Rechte wirkt mächtig.
Ich werde nicht sterben,
sondern leben,
und ich werde die Tagen Jes
erzählen.
Der Stein, den die Bauleute
verworfen haben,
der wurde zum Hauptstein der
Ecke.
Dies geschah von Jewe,
es ist wunderbar in unseren
Augen.
Dies ist der Tag, den Jewe
gemacht hat;
lasst uns frohlocken und uns
freuen in ihm.
Ach Jewe, rette uns doch nun!
Ach Jewe, lass uns doch nun
gedeihen!
Gesegnet im Namen Jewes ist,
der da kommt!
Wir segnen euch vom Hause
Jewes.
El ist Jewe, und Er wird uns
erleuchten.
Bindet den Weg zum Festopfer
mit gewundenen Zweigen
bis an die Hörner des Altars.
Du bist mein El, und ich
huldige Dir,
mein Elohim, ich werde Dich
erhöhen.
Huldigt Jewe, denn Er ist
gut!
Wahrhaftig, Seine Huld währt
für den Äon!«
(Verse 1, 15-17, 22-29).
Die große Endzeitrede des Herrn, Teil I
(Matthäus 24:1-28)
Der 11. Nisan des Jahres 32 n. Chr. neigte sich dem Ende zu. Unser Herr Jesus Christus hatte in der Weihestätte gelehrt, Fangfragen der Ältesten überlegen beantwortet (Mat.21:23-22:46) und Seine Jünger sowie die Scharen vor der ehrsüchtigen Gesinnung der Schriftgelehrten und Pharisäer gewarnt (Mat.23:1-12). Sein schonungslos bloßstellender Mahnruf an die Letzteren war an ihren feindseligen Herzen abgeprallt (Mat.23:13-32). So war es nur folgerichtig, dass der Herr dem prophetenmordenden, widerspenstigen, ungläubigen und nicht umsinnenden Jerusalem zum Schluss Seiner Reden das unaufhaltsame Gericht Gottes angekündigt hatte (Mat.23:33-39).
Jesus und
Seine Jünger verließen die Weihestätte und begaben sich zum Ölberg. Dort hielt
der Herr Seine große, die Kapitel 24 und 25 umfassende Endzeitrede.
Der Apostel Matthäus berichtet in den Versen 1 und 2 des 24. Kapitels: »Als Jesus aus der Weihestätte herauskam und weitergehen wollte, traten Seine Jünger zu Ihm und zeigten auf die Gebäude der Weihestätte. Da antwortete Er ihnen: Seht ihr nicht dies alles? Wahrlich, Ich sage euch: Keinesfalls wird hier Stein auf Stein gelassen werden, den man nicht abbrechen wird.«
Als Jesus kurz
zuvor gesagt hatte: »Siehe, euer Haus [der Tempel] wird euch öde gelassen
werden« (Mat.23:38), mögen die Jünger zwar halbwegs eingesehen haben, dass mit
der Verwerfung Jesu als des Königs auch das Königreich Israels verworfen werden
müsse, aber - man schaue sich doch diese herrlichen Steine und diese prächtigen
Gebäude an! Der Tempel - das Herzstück Israels und des Glaubens an den wahren
Gott! Der Tempel - der künftige Regierungssitz des Messias!
Doch Gottes
Gericht über Jerusalem und der Untergang Israels sind fest beschlossen.
Und am Ende
des jüdischen Aufstands und Krieges gegen die Römer in den Jahren 66 bis 70 n.
Chr. wurden Jerusalem und der Tempel völlig zerstört und fielen in Schutt und
Asche. Die Toten zählten nach Millionen. Kein Stein blieb auf dem anderen.
Gedankenschwer folgten die Jünger ihrem Herrn. Auf dem Ölberg angekommen, fanden sie ihre Worte wieder und stellten eine vom Verständnis für das prophetische Wort geprägte, dreifache Frage. In Vers 3 lesen wir davon: »Als Er Sich auf dem Ölberg gesetzt hatte, kamen Seine Jünger, als sie für sich allein waren, zu Ihm und fragten: Sage uns, wann wird dies sein, und welches ist das Zeichen Deiner Anwesenheit und des Abschlusses des Äons?«
Der erste Teil
der Frage ist: Wann wird dies geschehen, nämlich dass kein Stein der
Weihestätte auf dem anderen gelassen wird und dass - wie der Herr ebenfalls
gerade vorher gesagt hatte - Israel einst ausrufen wird: »Gesegnet sei, der da
kommt im Namen des Herrn!« (Mat.23:39)?
Der zweite
Teil der Frage lautet: Welches ist das Zeichen für Deine Wiederkunft und
bleibende Anwesenheit unter Israel, mithin für die Aufrichtung des Königreichs?
(Es sei angemerkt, dass das griechische Wort parousia Anwesenheit bedeutet und
nicht Ankunft, wenngleich Jesu Anwesenheit mit Seiner Ankunft beginnt.)
Der dritte
Teil der Frage ist: Welches ist das Zeichen für den Abschluss des gegenwärtigen
bösen Äons (vgl. Gal.1:4), des Zeitalters des Unglaubens Israels?
Der zweite und
dritte Teil der Frage darf durchaus als ein Teil aufgefasst werden, weil dieser
Äon mit der Anwesenheit Jesu Christi abgeschlossen sein wird.
Den Begriff
»Abschluss des Äons« kannten die Jünger aus den Gleichnissen des Kapitels 13
über die Geheimnisse des Königreichs (Mat.13:40). Sie wussten seitdem auch,
dass das Königreich nicht sogleich kommen wird, sondern hinausgeschoben werden
würde. Dass es aber kommen wird, war ihnen klar (Mat.13:43).
Es ist
Ausdruck des Glaubens der Jünger, dass sie sagten: »... das Zeichen Deiner Anwesenheit.«
Jesus Selbst ist und bleibt demnach der Mittelpunkt ihrer Erwartung. Er, der
König, ist der Garant für das Königreich.
Im Übrigen ist
es eigentlich überflüssig, darauf hinzuweisen, dass die Frage der Jünger die
dem Apostel Paulus gegebene heilsgeschichtliche Haushaltung der Gnade Gottes,
in der wir leben und die zwischen die Zeit der Verwerfung Israels, die Zeit der
Geheimnisse des Königreichs (Mast.13), eingeschoben ist, nicht berührt
(Eph.3:2,9; Kol.1:25). Die gegenwärtige Gemeinde, die Herausgerufene, die
Christi Körper ist (Eph.1:22,23), ist nicht betroffen. Erst nach unserer
Entrückung am Tag Christi (1.Thess.4:13-18) werden dem Volk Israel Zeichen
gegeben werden und kommt es im letzten der siebzig Jahrsiebener (Dan.9:24,27)
zum Abschluss unseres Äons und zur Anwesenheit Jesu Christi auf der Erde.
Auf Folgendes muss noch mit Entschiedenheit hingewiesen werden: Unter »Zeichen« sind nicht Anzeichen oder Vorzeichen zu verstehen, sondern die einen Zeitabschnitt charakterisierenden Kennzeichen. Was also sind die charakterisierenden Merkmale im letzten Jahrsiebener oder welche Zeichen kennzeichnen die Endzeit?
»Hütet euch!«
Der Herr gab Seinen Jüngern umfangreiche Auskunft: »Da antwortete Jesus ihnen: Hütet euch, damit niemand euch irreführe! Denn viele werden in Meinem Namen kommen und sagen: Ich bin der Christus! - und werden viele irreführen« (Verse 4+5).
Den Zeitpunkt
nannte Jesus den Seinen nicht, zumal Er ihn damals Selbst nicht kannte (Vers
36). Auch wenige Wochen später am Tag Seiner Himmelfahrt war die Zeit dafür
noch nicht reif, entgegnete Er ihnen doch auf ihre Frage »Herr, stellst Du in
dieser Zeit das Königreich für Israel wieder her?«: »Euch steht es nicht zu,
die Zeiten oder Fristen zu erfahren, die der Vater in eigener Vollmacht
festgesetzt hat« (Ap.1:6,7).
Den Gläubigen
Israels aber gilt allezeit, sich zu hüten, wachsam zu sein, aufzupassen.
Deshalb warnte Jesus Seine Jünger vor den Irreführern. Diese werden in
vielgestaltiger religiösen und politischen Weise auftreten und die Endzeit
prägen. Die falschen Messiasse werden Lügenvisionen und Betrug weissagen
(Jer.14:14).
Unsere Verse 4
und 5 liegen auf gleicher Höhe mit Offenbarung 6:2. Dort heißt es: »Und ich
gewahrte, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf Sitzende hatte einen
Bogen; und ihm wurde ein Kranz gegeben, und er zog aus als Siegender, um zu
siegen.« Dieser Mann ist der Mensch der Gesetzlosigkeit, das wilde Tier, der
Antichristus, das heißt der Anstatt-Christus. Dieser unter dem ersten
Siegelgericht mit großer Macht Kommende, der von sich sagt, er sei der
Christus, ist der Irreführer überhaupt. Dieser Anstatt-Christus wird die
Mehrheit des Volkes irreführen, wie Jesus kundtat: »Ich bin im Namen Meines
Vaters gekommen, doch ihr nehmt Mich nicht auf. Wenn ein anderer in seinem
eigenen Namen kommt, werdet ihr denselben aufnehmen« (Joh.5:43). Dieser andere
ist der Antichristus. Darum: Hütet euch! Lasst euch von ihm nicht irreführen!
Alsdann sagte Jesus: »Wenn ihr aber künftig Schlachtenlärm und Kunde von Schlachten hört, seht zu, seid nicht bestürzt, denn es muss so geschehen; jedoch ist es noch nicht die Vollendung. Denn es wird Nation gegen Nation und Königreich gegen Königreich erweckt werden, auch werden Hungersnöte und stellenweise Erdbeben sein; alles dies ist aber erst der Anfang der Wehen« (Verse 6-8).
Dies alles
muss so geschehen nach dem von Gott in Christus Jesus gefassten Vorsatz für den
Lauf der Äonen (Eph.3:11). Er ist es, der Nation gegen Nation zum Kriege
erweckt, wie denn auch die vier Tiere des Thrones, die Cherubim (Off.4:6-8), im
Auftrag Jesu die jeweiligen Befehle erteilen. So lesen wir zu den Kriegen in
Offenbarung 6:3,4: »Als es [das Lämmlein] das zweite Siegel öffnete, hörte ich
das zweite Tier sagen: Komm! - Dann zog ein anderes Pferd aus, feuerrot; und
dem darauf Sitzenden wurde gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, damit
sie einander hinschlachteten. Und ihm wurde ein großes Schwert gegeben.« Gott
ist es, der die Hungersnöte heraufführt. Dazu steht in Offenbarung 6:5,6
geschrieben: »Als es das dritte Siegel öffnete, hörte ich das dritte Tier
sagen: Komm! - Und ich gewahrte: Und siehe, ein schwarzes Pferd, und der darauf
Sitzende hatte eine Waage in seiner Hand. Dann hörte ich, wie eine Stimme
inmitten der vier Tiere sagte: Ein Tagesmaß Weizen einen Denar und drei Tagesmaß
Gerste einen Denar - und das Öl und den Wein beschädige nicht!«
Da bei Gott
alles Sinn und Zweck hat und es keinen losen Faden auf Seinem Webstuhl gibt,
mögen die Heiligen jener Zeit nicht bestürzt sein.
Schlachtenlärm
werden sie hören, Geschützdonner und Fluglärm von den an Israel angrenzenden
Ländern her, wenn der König des Reiches nördlich von Israel seine Kriege führt;
siehe zum Beispiel Daniel 11:11-16, 22-25, 40-44.
Ebenso wie die
ersten vier Siegelgerichte (Off.6:1-8) in die erste Hälfte des Jahrsiebeners
fallen, sind die vom Herrn den Jüngern genannten Ereignisse der Anfang der
Wehen. Wehen sind sich steigernde Schmerzwellen, zugleich aber voller
Verheißung. Die Zeit der »Angst Jakobs« (Jer.30:7) wird die Juden läutern und
Israel zur Wiederwerdung (Wiedergeburt) als heilige Nation führen (Mat.19:28).
Die siebenjährige Zeit des Zorns und Gerichts Gottes ist nicht mit der großen Drangsal zu verwechseln, die nur über die Gläubigen kommt und von der Mitte des Jahrsiebeners an währt, wenn der Antichristus den Bund bricht, das Heiligtum entweiht und das ständige Opferritual abschafft (Dan.9:27; 11:31).
Im Folgenden
spricht der Herr von der zweiten Hälft des Jahrsiebeners.
»Dann wird man
euch in Drangsal überantworten und euch töten, ja ihr werdet um Meines Namens
willen von allen Nationen gehasst werden. Dann werden viele straucheln und
einander verraten und einander hassen« (Verse 9+10).
Dies
entspricht dem fünften Siegel: »Als es das fünfte Siegel öffnete, gewahrte ich
unten, unter dem Altar, die Seelen derer, die hingeschlachtet waren um des
Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten« (Off.6:9). Die
gläubigen Juden, die nicht mitmachen bei dem, was alle Welt tut, nämlich den
Drachen und das wilde Tier anzubeten (Off.13:4,15), werden von allen Nationen
gehasst werden. Außerdem werden besonders die abgefallenen Juden die treu
gebliebenen hassen und verraten. Dieser unerträgliche Druck wird viele zum
Wanken bringen, wie auch Daniel schreibt: »Sie werden durch Schwert und Lohe,
durch Gefangenschaft und Plünderung für Tage straucheln. Einige der
Einsichtigen werden straucheln; dadurch werden sie geläutert, gereinigt und
weiß gemacht werden bis zur Zeit des Endes« (Dan.11:33-35).
Jesus sprach weiter: »Auch viele falsche Propheten werden erweckt werden und viele irreführen. Weil sich die Gesetzlosigkeit mehrt, wird die Liebe bei den meisten erkalten. Wer aber bis zur Vollendung ausharrt, der wird gerettet werden« (Verse 11-13).
Ein falscher
Prophet ist zum Beispiel einer, der Jesus nicht als im Fleisch gekommen bekennt
(1.Joh.4:3). Petrus schreibt, dass falsche Propheten und falsche Lehrer
Irrlehren des Untergangs einschmuggeln, ausschweifend leben und, von Habgier
getrieben, die Gläubigen mit geglätteten Worten zur Handelsware machen werden
(2.Pet.2:1-4).
Und weil die
Gesetzlosigkeit auf den Höhepunkt zustrebt, wird die Liebe in vielen erkalten.
Nur wer an der Erwartung festhält, wird in der Liebe bleiben können.
Ausharren ist
nötig. Man muss bis zur Vollendung des letzten Jahrsiebeners ausharren, um
gerettet zu werden, das heißt in diesem Zusammenhang, in das Königreich Israels
einzugehen. Nur wer Ausdauer hat, wird die Verheißung davontragen (Heb.10:36;
Off.13:10).
Es schließt sich Vers 14 an: »Dieses Evangelium vom Königreich wird auf der ganzen Wohnerde geheroldet werden, allen Nationen zum Zeugnis, und dann wird die Vollendung eintreffen.«
Ist dies das
dem Apostel Paulus enthüllte Evangelium der überströmenden Gnade (Gal.1:12;
Eph.1:5-8; 2:8), nach welchem man allein durch Glauben gerettet wird, ohne
Werke und ohne sich durch Ausharren bewähren zu müssen? Daran zu denken, wäre
völlig abwegig. Es war damals ein Geheimnis (Eph.3:3,9; Kol.1:26). Wir werden
in das überhimmlische Königreich Christi versetzt, während Israels Königreich
auf der Erde sein wird (2.Tim.4:18; Eph.2:6).
Das Evangelium
vom Königreich Israels wird allen Nationen bis zum Ende der Drangsalszeit
bezeugt werden. Es ist das Evangelium, das auf dem Gesetz des Mose und den
Propheten fußt, das der Herr Seinen Jüngern gelehrt hatte und das zu
verkündigen Er sie in alle Städte und Dörfer Israels ausgesandt hatte (Mat.10).
Es ist das Evangelium der Beschneidung, mit dem Petrus betraut wurde (Gal.2:7).
Den Beginn der großen Drangsal gab der Herr genau an: »Wenn ihr nun den vom Propheten Daniel angesagten Gräuel der Verödung in der heiligen Stätte stehen seht - möge der Leser es begreifen -, dann sollen die in Judäa in die Berge fliehen! Wer auf dem Flachdach ist, steige nicht erst hinab, um etwas aus seinem Haus mitzunehmen, und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um noch sein Obergewand aufzunehmen« (Verse 15-18).
Der Gräuel der
Verödung - dies ist ein gewaltiges Zeichen1 Und dann gilt es, sofort in die
gebirgige Wildnis südöstlich von Jerusalem, in die Wüste Juda, zu fliehen, denn
von Stund an wird jeder getötet werden, der den Drachen, das wilde Tier
(Off.13:4) und sein Standbild nicht anbetet. Der Satan fordert Anbetung! Der
Antichristus sitzt im Tempel und sucht zu erweisen, er sei ein Gott
(2.Thess.2:4). Das zweite wilde Tier [frei umschrieben: der Propagandaminister]
hatte dem wilden Tier ein Standbild machen lassen(Off.13:11-14). »Dann wurde es
ihm gegeben, dem Bild des wilden Tieres Geist zu verleihen, sodass das Bild des
wilden Tieres sogar sprach. Und es bewirkte, dass alle getötet wurden, die das
Bild des wilden Tieres nicht anbeteten« (Off.13:15).
Größte Eile
ist geboten! Es ist keine Zeit mehr, das Obergewand aufzunehmen oder etwas aus
dem Haus mitzunehmen. Hier ist der Glaube der Heiligen nötig, dass Gott die
Seinen gleichwohl versorgen wird.
Der Prophet
Daniel schrieb: »Dann wird er [der Antichristus] Herr eines Bundes mit den
Vielen sein für einen Siebener; zur Hälfte des Siebeners wird er das Opfer und
das Nahungsgeschenk aufhören lassen, und auf einem Flügel des Heiligtums werden
Gräuel der Verödung aufgestellt sein. Armeen von ihm werden dastehen und das
Heiligtum, die Hochburg, entweihen, das beständige Ritual abschaffen und den
Gräuel der Verödung aufstellen« (Dan.9:27; 11:31).
Der Leser
begreife es, sagte Jesus. Wer nicht gelesen hat, ist verloren.
Der Gräuel der
Verödung ist die Inbesitznahme des Tempels durch den Antichristus und das
Aufstellen seines Standbilds, womit die Opfer und Darbringungen für Gott
unterbunden sind: der Tempel entbehrt des beständigen Rituals und ist insofern
verödet. Das gräuelhafteste Götzenbild steht von da an dort.
Von den
Gläubigen, die in Judäa wohnen, ist auch in Offenbarung 12:6, und zwar unter
dem Bild einer Frau, die Rede: »Dann floh die Frau [die mit der Sonne umhüllte]
in die Wildnis, dorthin, wo sie eine von Gott zubereitete Stätte hatte, damit
man sie dort tausendzweihundertsechzig Tage ernährte.«
In den folgenden Versen kommt des Herrn Mitleid zum Ausdruck: »Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen! Betet doch, dass eure Flucht nicht im Winter noch am Sabbat geschehe!« (Verse 19+20).
Eine Flucht an
einem Sabbat würde die Gläubigen jener Tage, die den Sabbat als Tag der Ruhe
heiligen wollen, in einen schweren Konflikt bringen, da sie das Gesetz des Mose
übertreten müssten (2.Mose 20:11). So werden sie darum bitten, dass die
Gräueltat nicht an einem Sabbat geschehe; dabei werden sie auch an die Not des
Winters und an die Schwangeren und Stillenden fürbittend denken.
Weiter sagte Jesus: »Denn dann wird eine derartig große Drangsal sein, wie sie seit Anfang der Welt bis nun noch nicht gewesen ist noch je sein wird. Und wenn jene Tage nicht verkürzt wären, so würde keinerlei Fleisch gerettet werden; jedoch um der Auserwählten willen werden jene Tage verkürzt werden« (Verse 21+22).
Jesus griff
die Worte von Daniel 12:1 auf: »Dann wird eine Zeit der Drangsal sein, derart,
wie noch keine geschehen ist, seit Nationen auf der Erde wurden, bis zu dieser
Zeit. Aber in dieser Zeit wird dein Volk entkommen, alle, die in der Rolle
eingeschrieben gefunden werden.«
In der zweiten
Hälfte des siebenjährigen Zorngerichts Gottes über das abtrünnige Israel und
die Welt (Jes.13:9,13; Zeph.1:14-2:3) werden die an Jesus gläubigen Juden der
Verfolgung durch den Drachen und das wilde Tier ausgesetzt sein und schwerste
Drangsale erleiden. Die Auserwählten aber werden für das Königreich Israel
gerettet werden, alle, die in der Rolle des Lebens eingeschrieben sind.
Gott, der
Vater des Mitleids (2.Kor.1:3), wird ihnen Erleichterung in ihrer Not
verschaffen, indem Er die Tage verkürzt - sie werden nicht mehr 24 Stunden
dauern, sondern weniger -, wie auch der Apostel Paulus schreibt: »Abschließend
und abkürzend wird der Herr auf Erden Abrechnung halten« (Röm.9:28; vgl.
Jes.10:23).
Nur der
Überrest aus Israel wird gerettet werden: »Jesaia ruft laut über Israel aus:
Wenn auch die Zahl der Söhne Israels wie Sand am Meer wäre, so wird doch nur
der Überrest gerettet werden« (Röm.9:27; Jes.10:22). Die Auserwählten sind der
Überrest. Alle Auserwählten zusammen werden sodann das auserwählte Volk bilden:
»Denn viele sind berufen [praktisch ganz Israel], wenige aber auserwählt«
(Mat.22:14).
Wieder warnte der Herr die Seinen: »Wenn dann jemand zu euch sagt: Siehe, hier ist der Christus! oder: hier ist Er!, so glaubt es nicht! Denn es werden sich falsche Christi und falsche Propheten erheben; die werden große Zeichen geben und Wunder tun, um wenn möglich auch die Auserwählten irrezuführen. Siehe, Ich habe es euch vorher angesagt« (Verse 23-25).
Die
satanischen Verführungskünste werden das Höchstmaß erreichen, um wenn möglich
auch die Auserwählten irrezuführen. »Wenn möglich«, das heißt es ist nicht
möglich!
»Wenn man
daher zu euch sagt: Siehe, Er ist in der Wildnis!, so geht nicht hinaus; oder:
Siehe, Er ist in den Kammern!, so glaubt es nicht! Denn ebenso wie der Blitz
vom Osten ausgeht und bis zum Westen scheint, so wird es auch mit der
Anwesenheit des Sohnes des Menschen sein; wo der Leichnam ist, dort werden sich
die Geier versammeln« (Verse 26-28).
Die Ankunft
Jesu auf der Erde erfolgt nicht im Geheimen, etwa in einer Wildnis oder einer
Kammer. Ebenso wie ein Blitz unverkennbar erscheint und von allen gesehen wird,
so werden alle Jesus sehen und nicht im Unklaren darüber sein, wen sie sehen.
Wo das Aas
ist, sammeln sich die Geier. Das ist ein Sprichwort für die Eindeutigkeit. Wer
eine Ansammlung von Geiern sieht, weiß genau, dass dort ein Aas liegt. Ebenso
werden alle genau wissen, wo Jesus ist, denn sie sehen Ihn zu Seiner Stadt
Jerusalem kommen. »Und Seine Füße werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen«
(Sach.14:4).
Wir, die
Glieder der Gemeinde, die Christi Körper ist (Eph.1:22,23), können übrigens
durch den Ruf: Hier ist der Christus! nicht verführt werden, weil wir mit
Christus nicht dem Fleische nach vertraut sind (2.Kor.5:16). Wir erwarten Ihn
nicht im Fleisch. Und wir erwarten Ihn nicht auf der Erde, sondern werden Ihm
in der Luft begegnen. Außerdem sind wir zu jener Zeit schon längst zu Ihm hin
entrückt (1.Thess.4:17) und Ihm gleichgestaltet worden (Röm.8:29). Unser
geistlicher Körper (1.Kor.15:44) gleicht dem Körper Seiner Herrlichkeit
(Phil.3:21).
Der Lobpreis
sei Ihm für die Herrlichkeit dieser uns widerfahrenden Gnade!
Die große Endzeitrede des Herrn, Teil II
(Matthäus 24:29-51)
Nachdem der Herr Jesus Christus Seinen Jüngern die Zeichen ausführlich geschildert hatte, die in den letzten sieben Jahren vor Seiner Anwesenheit auftreten werden (Mat.24:4-28), kommt Er nun auf die Endphase der Zeit des Zorngerichts Gottes zu sprechen und nennt ihnen die allerletzten Zeichen des Abschlusses des gegenwärtigen bösen Äons (Mat.24:3; Gal.1:4).
»Sogleich nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern, und der Mond wird seinen Schein nicht geben; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Mächte der Himmel erschüttert werden« (Vers 29).
Die zweite
Hälfte des letzten Jahrsiebeners, die Zeit der Drangsal für die an Jesus
gläubigen Juden, geht mit gewaltigen kosmischen Erschütterungen zu Ende.
Mehrmals lesen wir im Buch der Enthüllung Jesu Christi von der Verfinsterung
der Sonne und des Mondes und vom Fallen der Sterne (Off.6:12-14; 8:12; 16:10).
Bei den Sternen ist wahrscheinlich an Meteore zu denken, die massenhaft in die
Luftschicht der Erde eintreten und verglühen oder als Meteoriten auf die Erde
fallen. Jesaia weissagt über den Tag Jewes: »Die Sterne der Himmel erscheinen
nicht, und ihre Gestirne lassen ihr Licht nicht leuchten. Finster ist die Sonne
bei ihrem Aufgang, und der Mond glänzt nicht mit seinem Licht. Ich will die
Himmel erschüttern, und es erbebt die Erde von ihrer Stätte bei dem wütenden
Ingrimm Jewes der Heere am Tag Seiner Zorneshitze« (Jes.13:10,13). Der Prophet
Joel sagt: »Die Sonne und der Mond verfinstern sich, und die Sterne verlieren
ihren Glanz. Himmel und Erde erbeben« (Joel 4:15,16). Siehe auch Jes.34:4;
Hes.32:7,8 und Joel 2:10. Diese Katastrophen treten in der Endzeit zu
verschiedenen Gelegenheiten auf, und nach den Worten unseres Herrn auch am
Ende, beim Abschluss der großen Drangsal.
»Dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen am Himmel erscheinen, und dann werden alle Stämme des Landes wehklagen und den Sohn des Menschen auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit kommen sehen« (Vers 30).
Was ist das
Zeichen Jesu Christi, das am Himmel erscheint? Mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit wird es eine lichte Wolke sein, denn alle Angaben über das
Kommen und die Anwesenheit des Sohnes Gottes sind stets mit einer Wolke oder
Wolken verbunden, so in unserem Vers 30 und in Kapitel 26:64. So auch bei
Daniel: »Siehe, da kam mit den Wolken der Himmel einer wie eines Sterblichen
Sohn« (Dan.7:13). Die Wolkensäule bei Tag und die Feuersäule bei Nacht über dem
Zelt der Zusammenkunft zeigte die Anwesenheit Jewes an (2.Mose 13:21; 33:9).
Auf dem Berg der Verklärung Jesu beschattete eine lichte Wolke alle Anwesenden,
und eine Stimme ertönte aus der Wolke: Dies ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich
Mein Wohlgefallen habe; hört auf Ihn! (Mat.17:5). Bei der Himmelfahrt Jesu
beobachteten die Jünger, »wie Er emporgehoben wurde und eine Wolke Ihn vor
ihren Augen aufnahm« (Ap.1:9). Und genau so wird Er wiederkommen, in einer
Wolke, wie die Boten Gottes es den Jüngern erklärten: »Jesus wird so
wiederkommen, in der Weise, wie ihr Ihn in den Himmel gehend geschaut habt«
(Ap.1:11). Vergessen wir auch die Kennzeichnung der Anwesenheit Jesu unter Israel
durch Jesaia nicht: »Dann kommt Er, und über jeder Stätte des Berges Zion und
über dessen gesamten Gemeinland wird der Schatten einer Wolke bei Tage wie
Rauch sein, und es wird der Glanz eines lodernden Feuers bei Nacht sein; und
über allem wird diese Herrlichkeit zum Schutzdach« (Jes.4:5). Welch eine
Herrlichkeit!
Alle Stämme
des Landes werden wehklagen, wenn sie den Kommenden sehen. Der Apostel Johannes
schreibt auf Patmos: »Siehe, Er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird Ihn
sehen, auch die Ihn durchstochen haben, und wehklagen werden um Ihn alle Stämme
des Landes. Ja, Amen!« (Off.1:7). Bei Sacharja ist zu lesen: »Über das Haus
David und die Einwohner von Jerusalem gieße Ich den Geist der Gnade und des
Gnadeerflehens aus, und sie werden auf Mich blicken, den sie durchbohrt haben,
und werden über Ihn wehklagen, wie man über den einzigen Sohn wehklagt, und
werden bitter über Ihn weinen, wie man bitter über den Erstgeborenen weint«
(Sach.12:10).
Mit Macht und
großer Herrlichkeit wird Er kommen. Welch ein Unterschied zu Seinem ersten
Kommen in Niedrigkeit! Zum Beispiel wird Er das Königreich für Israel
aufrichten und damit den nächsten Äon heraufführen, den Satan für tausend Jahre
binden lassen (Off.20:2) und die des äonischen Lebens für würdig geachteten
Toten Israels auferwecken (Luk.20:35; Joh.5:29). Frieden und Gerechtigkeit wird
Er der Erde bringen.
Im Zusammenhang mit Seinem Kommen sagte der Herr in Vers 31: »Alsdann wird Er Seine Boten mit lautem Posaunenton aussenden, und sie werden Seine Auserwählten von den vier Winden her versammeln, vom äußersten Ende der Himmel an bis wieder zu ihrem äußersten Ende.«
Die Boten sind
nach Psalm 103:20,21 Mächtige der Kraft, Täter des Wortes Gottes; sie dienen
Ihm und tun, was Ihm wohlannehmbar ist. Posaunen werden vielfältig gebraucht,
zum Beispiel als Aufruf zur Vorbereitung auf eine Schlacht (1.Kor.14:8), zur
Warnung, als Auftakt zu göttlichen Gerichten (Off.8) wie auch bei der
Auferweckung unserer in Christus Entschlafenen und bei unserer zugleich
stattfindenden Entrückung (1.Thess.4:16,17). Auf jeden Fall kündigt der Ton der
Posaune eine besondere Tat an, hier die Sammlung der aus Israel Auserwählten.
Jesaia spricht davon: »Und ihr, ihr werdet einzeln aufgelesen, Söhne Israels.
Und es geschieht an jenem Tage, dass man die große Posaune bläst. ... Und dann
beten sie an vor Jewe auf dem heiligen Berg in Jerusalem« (Jes.27:12,13). Mose
verhieß es bereits: »Er wird dich wieder sammeln aus all den Völkern, wohin
Jewe, dein Elohim, dich zerstreute. Wenn deine Versprengten am Ende der Himmel
wären, selbst von dort wird Jewe, dein Elohim, dich sammeln und von dort dich
holen« (5.Mose 30:3,4).
Der Ausdruck
»äußerstes Ende der Himmel« bekräftigt in nicht mehr zu steigernder Weise, dass
sie selbst vom entlegensten Ort der Erde in das Land ihrer Väter gebracht
werden. Die himmlischen Boten werden sie aufraffen und mit sich führen,
allerdings nur die an Jesus gläubigen und Ihm auch in der Drangsalszeit treu
gebliebenen Juden; schließlich heißt es: »Dann werden zwei auf dem Feld sein;
einer wird mitgenommen und einer wird zurückgelassen werden« (Mat.24:40). Der
Zurückgelassene wird jammern und mit den Zähnen knirschen (Mat.8:12; 13:49,50;
22:13). »Denn viele sind berufen, wenige aber auserwählt« (Mat.22:14).
Jesus fuhr fort: »Vom Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn seine Zweige schon weich werden und Blätter hervorsprossen, dann erkennt ihr daran, dass der Sommer nahe ist. So auch ihr: Wenn ihr dies alles seht, dann erkennt daran, dass Er nahe ist - an den Türen!« (Verse 32+33).
Der Feigenbaum
ist ein Symbol für Israel (Jer.24:2-10; Hos.9:10) sowie für Fruchtbarkeit und Süße
(Richt.9:11).
Gerade am Tag
zuvor hatte Jesus zu dem Feigenbaum, der am Weg in die Stadt Jerusalem stand
und keine Frucht trug, gesagt: »Nie mehr komme Frucht von dir für den Äon!«
(Mat.21:19) und Israel damit verflucht.
Wenn die
gläubigen Juden in der siebenjährigen Endzeit nun dies alles sehen, was der
Herr gerade in den Versen 4 bis 28 angekündigt hat, insbesondere die
Glaubenstreue und die Flucht derer in Judäa in die Wüste Juda (Vers 16), dann
wissen sie, dass ihr Herr Jesus Christus nahe ist - an den Türen! Sie sehen
damit zugleich, dass der Feigenbaum Israel schon Blätter getrieben hat und Saft
in den Zweigen fließt, denn da sind Juden in Israel, die glauben, und zudem
sind Juden im Ausland, die glauben, wie zum Beispiel die in Offenbarung 2 und 3
genannten sieben Gemeinden.
Nebenbei
bemerkt: Wir, die Glieder der Leibesgemeinde, der Herausgerufenen, die Christi
Körper ist (Eph.1:22,23), sehen nichts, denn uns sind keine Zeichen gegeben.
»Wir wandeln hier durch Glauben und nicht durch Wahrnehmung« (2.Kor.5:7). Wir
erwarten kein irdisches Ereignis, sondern unseren Herrn Jesus Christus - Er ist
unsere Erwartung (1.Tim.1:1) - und unsere Entrückung zu Ihm hin (1.Thess.4:17).
»Wahrlich, Ich sage euch«, so lautet das Wort Jesu in Vers 34, »keinesfalls sollte diese Generation vergehen, bis dies alles geschehen ist.«
Ja, Jesu
Generation hätte Sein Kommen in Herrlichkeit an und für sich erleben sollen.
Wenn
Übersetzungen die Worte unseres Herrn Jesus Christus in Matthäus 24:34, Markus
13:30 und Lukas 21:32 mit: »Diese Generation wird nicht vergehen, bis dies
alles geschehen ist« wiedergeben, so lassen sie den Herrn etwas sagen, was sich
nicht erfüllt hat. Man hat viele Bücher darüber geschrieben und Erklärungen
versucht, doch keine war befriedigend. Jesu Generation, das heißt die
Erwachsenen Seiner Zeit, Seine Altersstufe im weiteren Sinn, verging.
Abgesehen
davon, dass das Wort »vergehen« in der Möglichkeitsform steht, bietet die
kleine griechische Partikel an den Schlüssel zur Lösung. Sie bedeutet
»etwa«, »gleichsam«, »wohl«, bezeichnet eine Möglichkeit, die von gewissen
Umständen abhängt und wird, wenn sie in Verbindung mit einem Verb steht, durch
Modalverben, wie zum Beispiel »mögen«, »hätte«, »würde« oder »sollte«
wiedergegeben.
Deshalb ist
folgender Gedanke auszudrücken: »Das Verheißene hätte geschehen sollen, wenn
Israel die Voraussetzungen erfüllt und den Messias angenommen hätte.« Mithin könnte
man übersetzen: »Diese Generation mag nicht vergehen, bis dies alles geschehen
sollte« oder besser: »Keinesfalls
sollte diese Generation vergehen, bis dies alles geschehen ist« (Konkordante
Übersetzung).
Unser Herr Jesus Christus wusste genau, dass
nicht Sein Königreich, sondern Sein Kreuz aufgerichtet werden würde. Und so
drückte Er Sich wahrheitsgemäß aus. Ein kleines Wort von nur zwei Buchstaben
aus Seinem Mund gibt uns mehr Licht als ganze Bibliotheken menschlicher
Weisheit.
Vers 35 lautet: »Der Himmel und die Erde
werden vergehen, aber Meine Worte werden keinesfalls vergehen.« Vgl. Mat.5:18; Luk.16:17.
Jesus schreibt
Seinen Worten die Eigenschaft der Unvergänglichkeit zu. Ähnlich heißt es in
Jesaia 40:8: »Das Wort unseres Elohim besteht für äonisch.«
Jesu Worte
sind Geist und sind Leben (Joh.6:63) und werden deshalb allesamt zur Tat.
Jesaia durfte verkündigen: »Ich bin El! Und da ist sonst kein Elohim! Und da
ist niemand gleich wie Ich! Der Ich kundtue von Anfang an den Ausgang und vor
alters, was noch nicht getan; der Ich sage: Mein gesamter Ratschluss soll
bestätigt werden, und alles, was Mir wohlgefällt, will Ich tun. So habe Ich
gesprochen! So will Ich es kommen lassen! Wie ich geplant, so will Ich es tun!«
(Jes.46:9-11).
Das Wort
Gottes ist mithin zuverlässig; man kann darauf bauen.
Ob der Satan
und die Völker toben oder sogar Himmel und Erde vergehen - Jesu Worte haben
Bestand ebenso wie Er Selbst. Psalm 102:26,27, hier nach Hebräer 1:10,11 zitiert,
sagte es schon: »Du hast in den Anfängen, Herr, die Erde gegründet, und die
Himmel sind Deiner Hände Werk. Sie werden umkommen, Du aber bestehst fort.«
Die
gegenwärtige Ede und der jetzige Himmel vergehen übrigens beim Abschluss des
kommenden Äons und des so lange bestehenden tausendjährigen Königreichs Israels
(Jes.65:17; 2.Pet.3:7; Off.20:11).
Die weitere Rede Jesu bis hin zu den
Gleichnissen von den zehn Jungfrauen (Kap. 25:1-12) und der Abrechnung mit den
Sklaven (Kap.
25:13-30) ist eine ernste Ermahnung an die Heiligen Israels zu wachen, weil sie
nicht wissen, an welchem Tag ihr Herr kommt.
Vers 36 leitet
den Abschnitt ein: »Um jenen Tag und jene Stunde aber weiß niemand, weder die
Boten der Himmel noch der Sohn, außer dem Vater allein.«
Die Tatsache,
dass die Gläubigen das genaue Datum nicht kennen, ist ein Ansporn für sie,
allezeit zu wachen (Vers 42) und bis zur Vollendung in Treue auszuharren (Vers
13), und dient ihrer Erziehung zur Heiligung.
Ganz gewiss
weiß Jesus heute, da Er zur Rechten des Vaters sitzt, genau um Tag und Stunde
Bescheid. Er hat ja doch auch Seinen Sklaven inzwischen die Einzelheiten der
Endzeit enthüllt (Off.1:1). Damals aber brauchte Er es nicht zu wissen, zumal
es den Jüngern nicht zustand, die Zeiten oder Fristen zu erfahren, die der
Vater in eigener Vollmacht festgesetzt hat (Ap.1:7).
Viele Menschen werden die Zeichen der Endzeit, »des Abschlusses des Äons« (Vers 3), und für die kurz bevorstehende Anwesenheit Jesu gar nicht als solche wahrnehmen. Da mag sich der Mensch der Gesetzlosigkeit in den Tempel setzen (Mat.24:15; 2.Thess.2:4) - sie aber erkennen nichts, sie werden dadurch nicht wachgerüttelt.
Dies kündigte
der Herr in den Versen 37 bis 39 an: »Denn ebenso wie es in den Tagen Noahs
war, so wird es bei der Anwesenheit des Sohnes des Menschen sein. Denn wie sie
in jenen Tagen vor der Überflutung waren: essend und trinkend, heiratend und
verheiratend bis zu dem Tage, an dem Noah in die Arche hineinging, und sie
erkannten nichts, bis die Überflutung kam und sie allesamt hinwegnahm, so wird
es auch bei der Anwesenheit des Sohnes des Menschen sein.«
Für viele
nimmt der Alltag seinen gewohnten Gang - und plötzlich werden sie von der Anwesenheit
Jesu überrascht. Die Menschen ergehen sich in der Höhe ihrer Kultur und ihres
Wohlstands, aber an Jesus denken sie nicht. Sie sind gleichgültig. Wohl bezeugt
Gott Sich durch die Ihm Treuen und durch die Gerichte Seines Zorns, aber die
Menschen hören nicht hin und sinnen nicht um (Off.9:21; 16:9).
Es gilt, wach zu sein für den Herrn und nicht länger selbstbezogen zu schlummern. Wachen - das heißt auf das prophetische Wort achten, glauben, vertrauen und sich zu dem Herrn Jesus Christus zu bekennen.
Denn »dann
werden«, wie die Verse 40 bis 42 sagen, »zwei auf dem Feld sein; einer wird
mitgenommen und einer zurückgelassen werden. Von zwei mit dem Mühlstein
Mahlenden wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen werden. So wacht nun,
denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.«
In Vers 31
lasen wir, dass der Herr bei seinem Kommen Seine Boten mit lautem Posaunenton
aussenden wird und sie Seine Auserwählten von den vier Winden her versammeln
werden. Die Boten Gottes werden also, und zwar am Tag der Wiederkunft Jesu zu
Israel, welche in das verheißene Land mitnehmen und welche in der Finsternis
unter den Nationen (Jes.60:2) zurücklassen. Die Scheidung der gläubigen Juden
von den ungläubigen Juden hat stattgefunden! Der gläubige Überrest wird das
auserwählte Volk bilden.
Sodann ermahnte der Herr zur Bereitschaft: »Jenes aber erkennt ihr: Wenn der Hausherr wüsste, in welcher Nachtwache der Dieb kommt, würde er wachen und nicht die Wand seines Hauses durchgraben lassen. Deshalb seid auch ihr bereit, weil der Sohn des Menschen zu einer Stunde kommt, da ihr es nicht meint« (Verse 43+44).
Zum Wachen
kommt das Bereitsein noch hinzu. Was das heißt, wird in Lukas 12:35 recht deutlich:
»Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Leuchten brennen.« Dies spricht für
die tätige Liebe und edle Werke (Mat.5:16).
Zu den Wachen
und Bereiten kommt Jesus Christus als ihr Retter, zu den Trägen aber wie ein
Dieb in der Nacht.
Zu uns kommt Jesus übrigens nicht wie ein Dieb (1.Thess.5:4). Ob wir wachen oder schlummern, wir werden entrückt werden (1.Thess.4:17; 5:10). So groß ist die uns zuteil gewordene Gnade!
Im Folgenden betont Jesus, dass man in Gott
wohlgefälliger Weise tätig sein muss, um in das Königreich Israels eingehen zu
können: »Wer ist wohl der treue und besonnene Sklave, den der Herr über sein
Gesinde einsetzt, um ihnen zur rechten Zeit die Nahrung zu geben? Glückselig
ist jener
Sklave, den sein Herr, wenn er kommt, so tätig finden wird. Wahrlich, Ich sage
euch: Er wird ihn über all seinen Besitz einsetzen. - Wenn aber jener als ein
übler Sklave in seinem Herzen sagt: Mein Herr bleibt noch aus - und fängt an,
seine Mitsklaven zu schlagen, und isst und trinkt mit den Berauschten, dann wir
der Herr jenes Sklaven an einem Tag eintreffen, da er es nicht vermutet, und zu
einer Stunde, die er nicht kennt, und wird ihn zweiteilen lassen und ihm sein
Teil bei den Heuchlern geben. Dort wird Jammern und Zähneknirschen sein« (Verse
45-51).
Sogleich nach
seiner Wiederkunft wird der Messias die Scheidung zwischen seinen leitenden
Sklaven vornehmen. Nahrung sollen sie austeilen, mithin in Wort und Tat zum
Segen und zur Glaubensstärkung ihrer Mitsklaven wirken. Die treuen Sklaven
werden über all den Besitz des Herrn eingesetzt, etwa dass sie mit Ihm über
fünf oder zehn Städte regieren (Luk.19:17,19; Off.20:6). Die üblen Sklaven aber
werden vom Königreich ausgeschlossen. Angesichts dieses Urteils wird es aber
auch keinen einzigen untreuen Juden geben, der nicht jammern und mit den Zähnen
knirschen wird.
Vers 51 kann
man auch wie folgt übersetzen: »Und jener wird im Hinblick auf ihn
entzweischneiden«, und zwar das Dienstverhältnis; es also radikal beenden.
Wir ersehen
aus diesem Gleichnis, dass Wandel und Dienst der Sklaven Gottes wesentlich
bestimmt werden von ihrer Herzenshaltung zur Rückkehr Jesu Christi. Erwarten
sie Ihn für bald, wird ihr Verhalten von der Kraft zur Wohlverehrung Gottes
getragen sein. Erwarten sie Ihn erst für sehr viel später, so wird ihr Wandel
nicht auf Ihn ausgerichtet und folglich lasch sein.
Auch unser
Wandel und Dienst wird von Gott beurteilt werden. Auch wir müssen Rechenschaft
ablegen. »Wir alle müssen vorne vor der Preisrichterbühne des Christus offenbar
gemacht werden, damit ein jeder das wiederbekomme, was er durch den Körper
verübte, sei es gut oder schlecht« (2.Kor.5:10). Aber, obwohl unsere Werke im
Feuer geprüft werden, werden wir dennoch alle gerettet (1.Kor.3:15). In Israel
regiert aber die Gerechtigkeit mehr als die Gnade, sodass Übeltäter mit ihrer
Verwerfung rechnen müssen.
Der Lobpreis sei der Herrlichkeit der Gnade, in der wir stehen!
Die große Endzeitrede des Herrn, Teil III
(Matthäus 25)
Unser Herr Jesus Christus schildert in Matthäus 25, und zwar in den Gleichnissen von den zehn Jungfrauen (Verse 1-13) und von den anvertrauten Talenten (Verse 14-30) sowie in der Darstellung des Gerichts über die Nationen (Verse 31-46), was direkt bei Seiner Wiederkunft zu Israel geschehen wird und sogleich danach.
»Dann wird das Königreich der Himmel zehn Jungfrauen gleichen, die ihre Lampen nahmen und ausgingen, dem Bräutigam entgegen. Fünf von ihnen aber waren töricht und fünf besonnen. Denn die törichten nahmen wohl ihre Lampen, nahmen aber kein Öl mit sich; die besonnenen aber nahmen zu ihren Lampen auch Öl in den Behältern mit sich. Als nun der Bräutigam ausblieb, nickten sie alle ein und schlummerten. - Mitten in der Nacht aber erscholl ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam! Geht hinaus, ihm entgegen! Da erwachten alle jene Jungfrauen und putzten ihre Lampen. Die törichten sagten zu den besonnenen: Gebt uns von eurem Öl, weil unsere Lampen verlöschen! Darauf antworteten die besonnenen: Nein, sonst könnte es für uns und euch nicht ausreichen. Geht vielmehr zu denen, die es verkaufen, und kauft für euch selbst ein! Während sie hingingen, um Öl zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm zur Hochzeitsfeier hinein, und die Tür wurde verschlossen. - Zuletzt kamen auch die übrigen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, öffne uns! Er aber antwortete: Wahrlich, ich sage euch: Ich weiß nichts von euch.
Daher wachet, weil ihr weder Tag noch Stunde
wisst« (Verse 1-13).
Als unser Herr Jesus Christus das Gleichnis
von den zehn Jungfrauen verkündigte, nannte Er den Zeitpunkt und den
Bezugsrahmen, sodass es keine Zweifel über die heilsgeschichtliche Einordnung
gibt und man es ohne große Schwierigkeiten verstehen kann. Denn Er sagte: »Dann
wird das Königreich der Himmel zehn Jungfrauen gleichen, die ihre Lampen
nahmen und ausgingen, dem Bräutigam entgegen« (Vers 1). »Dann« - das ist, wenn »alle Stämme des Landes wehklagen und den
Sohn des Menschen auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit
kommen sehen«; »dann« - »bei
der Anwesenheit des Sohnes des Menschen«, an dem Tage und zu der Stunde, wenn
der Herr kommt; »dann«, wenn der Herr eintrifft (Mat.24:30,39,42,44,50). Das
Gleichnis bezieht sich auf das »Königreich der Himmel«. Dies ist das Königreich
des Gottes der Himmel (Dan.2:44), das tausendjährige Königreich Israels
(Ap.1:6), das dem zukünftig wiedergeborenen und gläubigen Israel verheißen ist.
Dies alles geschieht nach unserer Zeit auf Erden. Wir, die Glieder des
Körpers Christi, befinden uns dann bereits seit unserer Verwandlung und
Entrückung in die Luft zu unserem Herrn Jesus Christus hin nicht mehr auf der
Erde (1.Kor.15:51; 1.Thess.4:13-18; 2.Tim.4:18). Die Endzeit (Dan.9:27; 12:4),
die siebenjährige Zeit des Zornes Gottes und Seines Gerichts, erleben wir nicht
mehr, denn wir sind »nicht zum Zorn gesetzt« (1.Thess.5:9), sondern werden »vor
dem Zorn gerettet« (Röm.5:9); über Gerechtfertigte und Versöhnte und mit jedem
geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in Christus Jesus Gesegnete kann
»die Frist der Rache Jewes« (Jer.51:6) ohnehin nicht kommen. Der siebzigste
Jahrsiebener ist ebenso wie die 69 Jahrsiebener für Israel »abgetrennt«
(Dan.9:24), also nicht für uns bestimmt.
Bevor
wir fragen, wen die Jungfrauen darstellen, muss Klarheit darüber herrschen, wer
der Bräutigam und die Braut sind und für was die Hochzeit steht. Der Bräutigam
ist der Herr Jesus Christus (Mat.9:15; Mark.2:19; Luk.5:34; Off.19:7); die
Braut ist Israel (Joh.3:29; Jes.61:10; 62:5), im letzten Äon die Bewohner der
Stadt Jerusalem (Off.21:9,10). Die
Hochzeitsfeier ist die Einführung des neuen Bundes (Jer.31:31-34;
Röm.11:26,27); das Feiern währt den gesamten Königreichsäon lang (Heb.4:1-11).
Wer sind die Jungfrauen? Unterscheidend gefragt: Wer sind die fünf
besonnenen Jungfrauen? Wer geht mit zur Hochzeitsfeier hinein (Mat.25:10)? Wer
sind die zur Hochzeit Geladenen (Off.19:9)? Wer nimmt teil an der Freude
Israels? Das sind die Nationen, die im Königreich am Segen Israels aufs engste
teilhaben (1.Mose 12:3; Jes.49:6; Hes.34:26; Sach.8:13). Das sind die Nationen,
»über die Mein Name angerufen wird, sagt der Herr, der dies tut« (Ap.15:17;
Amos 9:11,12).
Dies alles betrifft die gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung der
Gnade Gottes, mit der der Apostel Paulus betraut wurde (Eph.3:2,8,9; Kol.1:25),
überhaupt nicht. Heute ist Christus nicht bei Israel - verworfen hat Er es (Röm.11:15) -, sondern Er ist unter den Nationen (Kol.1:27). Ohne
die Vermittlung Israels, das zur Zeit kein »königliches Priestertum« und
keine »heilige Nation« ist (vgl. 1.Pet.2:9), wurden wir gerettet und gesegnet.
Einen guten
Aufschluss gibt uns Psalm 45. Darin ist vom König die Rede, dessen Thron für
den Äon und weiterhin bestehen wird (V.3-l0a), von Seiner Gemahlin zu Seiner
Rechten in gleißendem Ophirgold (V.10b-15a) und in den Versen 15b und 16 von
den Jungfrauen: »Jungfrauen, ihre Gefährtinnen, nach ihr, werden zu Dir
hineingebracht. Sie werden mit Freude und Frohlocken geholt werden, sie sollen
in den Palast des Königs kommen.« Da bleibt nur übrig zu rufen: »Seid fröhlich,
ihr Nationen, mit Seinem Volk!« (Röm.15:10; 5.Mose 32:43). Wir, die wir dies im
Glauben erkennen dürfen, freuen uns heute schon über das zukünftige Jauchzen
Israels und der mit ihm besonders gesegneten Nationen.
Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen hat
manche Parallele zu dem von den Schafen und Ziegenböcken (Mat.25:31-46). Wenn der Sohn des Menschen gekommen ist, wird Er auf dem
Thron Seiner Herrlichkeit sitzen und alle Nationen richten (Joel 4:1-3;
Jes.34:8; Jer.25:31). Den fünf besonnenen Jungfrauen entsprechen die Nationen,
die zur Rechten des Königs gestellt werden, die Gesegneten des Vaters; sie
werden das Losteil des Königreichs einnehmen, »das euch vom Niederwurf der Welt
an bereitet ist« (V.34). Die fünf törichten Jungfrauen erkennen wir in denen
zur Linken des Königs wieder (V.33+41). Die Nationen zur Linken gehen in die
äonische Strafe in Gestalt des äonischen Feuers (V.41+46). Hier ist nicht von
einer Strafe zur Ahndung (griech. timõria) die Rede, sondern von der erziehenden Strafe
(griech. kolasis). Feuer symbolisiert Drangsal. Die Drangsal besteht darin,
dass sie von den Überwindern aus Israel mit eiserner Keule regiert werden,
,»wie man Töpfergefäße zertrümmert« (Off.2:27; Ps.2:9).
Der Apostel Petrus schreibt: »Um so stetiger halten wir uns an das prophetische Wort, und ihr tut trefflich, darauf Acht zu geben (wie auf eine Leuchte, die an einem trüben Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht) in euren Herzen« (2.Pet.1:19). Eine Lampe ohne Öl ist keine Leuchte. Mögen viele aus den Nationen darum in der Endzeit auf das prophetische Wort achten, damit sie Öl in ihren Lampen haben und dieses geistgewirkte Wort sie leite. Das Öl ist das Licht des prophetischen Wortes. Wer darauf achtet, wacht wirklich und ist wirklich bereit, das heißt gerüstet, an der Hochzeitsfeier teilzunehmen. Da hoffen viele auf Jesus, aber dann stellt sich heraus, dass die Hälfte von ihnen aufgrund mangelnder Schriftkenntnis nicht weiß, dass die entsprechenden Werke dazugehören, auf jeden Fall das Bekenntnis des Mundes in der Anrufung des Namens des Herrn (Ps.86:5; 145:18; Sach.13:9; Joel 3:5; Röm.10:8-13). Wer das äonische Evangelium, die für den Königsreichsäon bedeutsame Wohlbotschaft, beachtet, das der im Mittelhimmel fliegende Bote verkündigt: »Fürchtet Gott und gebt Ihm die Verherrlichung!« (Off.14:7) und mithin das wilde Tier (den Menschen der Gesetzlosigkeit; 2.Thess.2:3) und sein Bild nicht anbetet (Off.14:9), der wird an der Hochzeitsfeier des Lämmleins und der Braut teilnehmen. »Glückselig sind die zum Hochzeitsmahl des Lämmleins Geladenen!« (Off.19:9).
Mit den Versen 13 bis 30 folgt das Gleichnis von den anvertrauten
Talenten: »Daher wachet, weil ihr weder Tag noch Stunde wisst. Denn es wird so
sein wie bei einem Mann, der verreisen wollte; er rief seine Sklaven zusammen
und übergab ihnen seinen Besitz. Dem einen gab er fünf Talente, dem anderen
zwei, dem dritten eins, jedem nach seiner eigenen Fähigkeit; alsdann verreiste
er.
Der die fünf Talente bekommen hatte, ging nun sofort hin, arbeitete
damit und gewann andere fünf Talente dazu. Und der die zwei hatte, gewann in
derselben Weise andere zwei dazu. Der aber das eine Talent bekommen hatte, ging
hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn.
Nach längerer Zeit kam der Herr jener Sklaven zurück und rechnete mit
ihnen ab. Da trat der herzu, der die fünf Talente bekommen hatte, brachte
andere fünf Talente mit und sagte: Herr, fünf Talente übergabst du mir; siehe,
damit habe ich andere fünf Talente gewonnen. Hierauf entgegnete ihm sein Herr.
Sehr wohl, guter und treuer Sklave! Über wenigem warst du treu, über vieles werde
ich dich einsetzen; geh ein zur Freudenfeier deines Herrn!
Dann trat der herzu, der die zwei Talente bekommen hatte, und sagte:
Herr, zwei Talente übergabst du mir; siehe, damit habe ich andere zwei Talente
gewonnen. Sein Herr entgegnete ihm: Sehr wohl, guter und treuer Sklave! Über
wenigem warst du treu, über vieles werde ich dich einsetzen; geh ein zur
Freudenfeier deines Herrn!
Schließlich trat auch der herzu, der das eine Talent bekommen hatte, und
sagte: Herr, mir war von dir bekannt, dass du ein harter Mensch bist; du
erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast. Da
ich mich fürchtete, ging ich hin und verbarg dein Talent in der Erde; siehe,
hier hast du das Deine!
Da antwortete ihm sein Herr: Böser und träger Sklave! Du wusstest, dass
ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe;
daher hättest du mein Geld bei den Wechslern anlegen müssen; dann hätte ich,
als ich kam, das Meine mit Zinsen wiederbekommen. Nehmt ihm nun das Talent ab
und gebt es dem, der die zehn Talente hat. Denn jedem, der da hat, wird gegeben
werden, und er wird Überfluss haben; von dem aber, der nichts hat, wird auch
noch das genommen werden, was er zu haben meint. Den unbrauchbaren Sklaven
werft hinaus in die Finsternis, die draußen ist! Dort wird Jammern und
Zähneknirschen sein.«
Ein Talent ist die immense Summe von rund 36 kg Silber und steht hier
bildlich für die den gläubigen Juden anvertrauten geistlichen Schätze des
Wortes Gottes, die im Dienst des Herrn einzusetzen sind. Nicht nur Glauben,
sondern auch Werke sind nach dem Evangelium der Beschneidung zur Rettung
notwendig (Ga..2:7; Mat.7:21; Joh.15:2; Jak.2:24; 2.Pet.1:10,11). Möge nun
jeder seiner Gabe entsprechend wirken und den kostbaren Schatz seiner
Gotteserkenntnis durch die Weitergabe an andere Menschen verdoppeln.
Welch eine Freude erklingt doch aus den Worten der beiden guten und
treuen Sklaven, das ihnen Anvertraute zur Verherrlichung ihres Herrn eingesetzt
zu haben!
Dem bösen, trägen und unbrauchbaren Sklaven aber lag die Ehrung seines
Herrn nicht am Herzen; er wirkte nicht und bekannte sich somit noch nicht
einmal zu seinem Herrn, etwa durch eine Geldanlage. Jener wird nicht am
Königreich Israels teilhaben, sondern hinausgeworfen werden in die Finsternis,
die unter den Nationen ist (Jes.60:2). Welch ein Jammer!
Dies ist nicht das uns angehende (Eph.1:15) Glaubensgut, das dem Apostel Paulus anvertraute Evangelium (Röm.16:25; Gal.2:7; 2.Tim.2:8), unserem Lehrer (1.Tim.2:7). Wir werden ohne Werke gerettet, ja sind es schon, allein durch Glauben, allein in der Gnade (Röm.3:24,28; 4:16). Uns ist nichts zur Verurteilung, die wir in Christus Jesus sind (Röm.8:1). Selbst wenn alle unsere Werke vor der Preisrichterbühne Christi verbrennen, vor den prüfenden Augen unseres Herrn keinen Bestand haben sollten - wir sind und bleiben gerettet (Röm.8:30; 14:12; 1.Kor.3:10-15; 2.Kor.5:10; Eph.1:13).
Nun kommt unser Herr Jesus Christus auf das Gericht über die Nationen zu
Beginn des Millenniums zu sprechen: »Wenn aber der Sohn des Menschen in Seiner
Herrlichkeit kommt und alle heiligen Boten mit Ihm, dann wird Er auf dem Thron
Seiner Herrlichkeit sitzen (vgl. Sach.14:5). Alle Nationen werden vor Ihm
versammelt werden, und Er wird sie voneinander sondern, so wie der Hirte die
Schafe von den Ziegenböcken sondert. Und zwar wird Er die Schafe zu Seiner
Rechten stellen, die Ziegenböcke aber zu Seiner Linken« (Verse 31-33).
Die heiligen Boten, die mit dem Herrn zusammen kommen, sind Boten
Gottes, auch auserwählte Boten genannt (1.Tim.5:21).
Eine Auferstehung findet bei dieser Gelegenheit nicht statt. Die
Nationen sind alle die, die es zu jener Zeit auf der Erde gibt. Das Gericht
wird auf der Erde durchgeführt.
Jesus spricht von den Nationen in der bildlichen Gestalt von Schafen und
Ziegenböcken. Ein Tier steht jeweils für eine Nation.
»Dann wird der König denen zu Seiner Rechten sagen: Kommt herzu, ihr
Gesegneten Meines Vaters! Nehmt das Losteil des Königreichs ein, das euch vom
Niederwurf der Welt an bereitet ist. Denn Ich war hungrig, und ihr gabt Mir zu
essen; Ich war durstig, und ihr gabt Mir zu trinken. Ich war ein Fremdling, und
ihr führtet Mich ins Haus. Ich war ohne Kleidung, und ihr umhülltet Mich; Ich
war hinfällig, und ihr besuchtet Mich; Ich war im Gefängnis, und ihr kamt zu
Mir.
Dann werden Ihm die Gerechten antworten: Herr, wann gewahrten wir Dich
hungrig und nährten Dich oder durstig und tränkten Dich? Wann gewahrten wir
Dich als Fremdling und führten Dich ins Haus oder ohne Kleidung und umhüllten
Dich? Wann gewahrten wir Dich hinfällig oder im Gefängnis und kamen zu Dir?
Als Antwort wird der König ihnen erwidern: Wahrlich, Ich sage euch: Was
immer ihr an einem dieser geringsten Meiner Brüder tatet - Mir habt ihr es
erwiesen!« (Verse 34-40).
Die geringsten Brüder Jesu sind die an Ihn gläubigen und Ihm treuen
Juden. Sie sind es, die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrsiebeners, in der
Zeit der großen Drangsal, unter dem wilden Tier, dem Antichristus und Menschen
der Gesetzlosigkeit, die ärgste Verfolgung erleiden müssen, die es je gab
(Dan.7:25; 9:24,27; Mat.24:21; Off.13:15).
Den verfolgten gläubigen Juden zu helfen, ist höchst riskant und darum
eines großen Lohnes wert. In der Endzeit werden alle Nationen die Juden um des
Namens Jesu willen hassen (Mat.24:9); es wird aber auch judenfreundliche
Nationen geben - nicht dass ihre Regierungen dies wären, sondern eine gute
Anzahl von einzelnen Menschen in manchen Ländern wird den gläubigen Juden -
dies sind solche, die das wilde Tier nicht anbeten - Gutes tun.
Und diesen Nationen wird dann gesagt: »Kommt herzu, ihr Gesegneten
Meines Vaters!«
Die Nationen werden also nicht für ihre Sünden gerichtet und einzelne
Menschen sowieso nicht, denn es geht hier nur um Nationen. Und ihr
Gesegnetwerden ist nicht von Glauben oder Umsinnung abhängig. Einzig und allein
ihr Verhalten gegenüber den bedrängten Juden entscheidet über ihr Schicksal
während des tausendjährigen Königreichs Israels auf der Erde. In der
Drangsalszeit gibt es keine gerechtere Tat als den gejagten Gläubigen etwas zu
essen oder zu trinken zu geben.
Was die Menschen dann einem Heiligen tun, das tun sie dem Herrn Jesus Christus
Selbst. Jeder Bruder Jesu steht hier an Seiner Stelle, sind sie doch in
Christus und ruht doch Sein Geist auf ihnen.
Es mag sein, dass nicht nur die letzten sieben und besonders die letzten
dreieinhalb Jahre, sondern die gesamte Geschichte einer Nation, seitdem sie mit
Juden in Kontakt kam, in die Beurteilung einbezogen wird, der Schwerpunkt liegt
aber auf der Endzeit und den Messiastreuen, die da Zuwendung erfuhren.
Das Losteil, der den gesegneten Nationen wie
durch ein Los zugefallene Vorzug, konkret: ihr Wohngebiet und ihre
Lebensqualität auf der Erde während der Königsherrschaft Israels, war ihnen
schon vom Niederwurf (griech. katabolê, Herab-Wurf) der Welt an, als die Erde ein Tohuwabohu wurde
(1.Mose 1:2), bereitet - nach Gottes souveränem Vorsatz (Ap.4:28; Eph.3:11).
Wir hören
weiter (Verse 41 bis 46): »Dann wird Er denen zu Seiner Linken sagen: Geht von
Mir, ihr Verfluchten, in das äonische Feuer, das dem Widerwirker und seinen
Boten bereitet ist! Denn Ich war hungrig, und ihr gabt Mir nicht zu essen; Ich
war durstig, und ihr gabt Mir nicht zu trinken. Ich war ein Fremdling, und ihr
führtet Mich nicht ins Haus; Ich war ohne Kleidung, und ihr umhülltet Mich
nicht; Ich war hinfällig und im Gefängnis, und ihr besuchtet Mich nicht.
Dann werden
auch sie antworten: Herr, wann gewahrten wir Dich hungrig oder durstig, als
Fremdling oder ohne Kleidung, hinfällig oder im Gefängnis, und wir dienten Dir
nicht?
Dann wird Er
ihnen antworten: Wahrlich, Ich sage euch: Was immer ihr an einem dieser
Geringsten nicht tatet, habt ihr auch Mir nicht erwiesen! So werden diese in
die äonische Strafe gehen, die Gerechten aber in das äonische Leben.«
Wie sieht die
äonische Strafe, also die für den tausendjährigen Äon auf den verfluchten
Nationen lastende Strafe aus?
Zunächst muss
man wissen, dass das hier gebrauchte Wort für Strafe, kolasis, eine Strafe zur
Erziehung und Besserung meint. Timõria wäre eine Strafe zur Ahndung.
Die äonische
Strafe ist, in das äonische Feuer - Feuer steht für Drangsal - hineingehen zu
müssen, das dem Satan und seinen Boten bereitet ist; jene werden für die
tausend Jahre im Abgrund gebunden sein (Off.20:1-3). Die üblen Nationen werden
dementsprechend unter der Knechtschaft Israels stehen und mit eiserner Keule
regiert werden, wie der Herr in Offenbarung 2:26,27 sagt: »Wer überwindet und
Meine Werke bis zur Vollendung bewahrt, dem werde Ich Vollmacht über die
Nationen geben, und er soll sie mit eiserner Keule hirten, wie man die
Töpfergefäße zertrümmert.« Dann wird sich Psalm 2:7-9 erfüllen: »Jewe sagt zu
Mir: Mein Sohn bist Du, heute habe Ich dich gezeugt. Heische von Mir, und Ich
werde Dir Nationen als Dein Losteil geben und Dir zum Besitz die Enden der
Erde! Du wirst sie mit eiserner Keule zerschmettern und sie wie Töpfergefäße
zertrümmern!« (vgl. Off.12:5). »Denn das Gericht ist unbarmherzig gegen den,
der keine Barmherzigkeit geübt hat. Barmherzigkeit aber rühmt sich gegenüber
dem Gericht« (Jak.2:13).
Im Falle des
Ungehorsams einer dieser Nationen werden die Überwinder zum Beispiel die Strafe
der Trockenheit verhängen, wie Sacharja weissagt: »Und es wird geschehen, wenn
eine von den Sippen der Erde nicht nach Jerusalem hinaufzieht, um den König,
Jewe der Heere, anzubeten, über diese wird kein Regen kommen. Das wird das
Unheil sein, mit dem Jewe die Nationen plagen wird, die nicht hinaufziehen
werden, das Laubhüttenfest zu feiern« (Sach.14:17-19).
Die gerechten Nationen aber gehen in das äonische Leben ein; sie werden sich eines guten Lebens im kommenden Äon erfreuen.
Jesu Salbung, Passahfeier und Gebet in Gethsemane
(Matthäus 26:1-46)
Der Apostel Matthäus berichtet: »Als Jesus alle diese Worte vollendet hatte, geschah es, dass Er zu Seinen Jüngern sagte: Ihr wisst, dass in zwei Tagen das Passah ist; und der Sohn des Menschen wird zur Kreuzigung überantwortet« (Verse 1+2).
Jesus hatte am
Ölberg genächtigt, vermutlich in Bethanien (Luk.21:37; Mat.26:6). Mit der
Formulierung: »Als Jesus alle diese Worte vollendet hatte«, hier: Seine Reden
in der Weihestätte (Mat.21:23-25:46), markiert Matthäus zum fünften Mal in
nahezu gleichlautenden Worten das Ende eines Dienstabschnitts unseres Herrn
Jesus Christus (vgl. Mat.7:28; 11:1; 13:53; 19:1).
Wir schreiben
den 12. Nisan des Jahres 32 u. Ztr. Das Passahfest des 14. Nissan ist nahe.
Jesus kündigte nicht einfach nur wieder an, dass Er leiden und getötet werden
müsse (Mat.16:21; 17:23), sondern Er sagte nochmals, wie schon auf dem Weg nach
Jerusalem (Mat.20:19), dass Er nach römischer Art und Weise gekreuzigt werden
würde. Zum ersten Mal aber brachte Er Seine Kreuzigung mit dem Passahfest in
Verbindung. Am Passahfest sollte das einzig wahre Lamm, das Lamm Gottes, das
die Sünde der Welt auf Sich nimmt, geopfert werden!
»Damals versammelten sich die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes im Hof des Hohenpriesters, der Kaiphas hieß. Dort berieten sie miteinander, damit sie sich Jesu mit Betrug bemächtigten und Ihn töten könnten. Sie sagten aber: Nicht während des Festes, auf dass kein Tumult unter dem Volk entstehe!« (Verse 3-5).
Diese Beratung
stellt die Erfüllung von Psalm 2:2 und 31:14 dar: »Die Oberen versammeln sich
gegen Jewe und Seinen Gesalbten«; »Indem sie sich allesamt gegen mich zusammenschließen,
planen sie, meine Seele zu nehmen.« Nach dem Fest, wenn die Menschen wieder in
ihre Wohnorte zurückgekehrt sind, wollten sie Jesus unauffällig gefangennehmen
und töten.
Nach Gottes
heilsgeschichtlichem Vorsatz aber sollte die Opferung Jesu genau auf den Tag
des Passahfestes fallen. Das Passah sollte seine Erfüllung in Ihm finden. Er
ist das große Gegenbild des makellosen Opferlammes, dessen Blut Israel einst in
Ägypten vor dem Tode der Erstgeborenen rettete (2.Mose 12:1-14).
Der Apostel Paulus
schreibt: »Als unser Passah wurde Christus für uns geopfert« (1.Kor.5:7).
»Als Jesus Sich in Bethanien im Hause Simons des Aussätzigen befand, trat eine Frau zu Ihm. Sie hatte ein Alabasterfläschchen mit wertvollem Würzöl und goss es Ihm auf das Haupt, während Er zu Tisch lag. Seine Jünger aber, die dies gewahrten, waren entrüstet und sagten zueinander: Wozu diese Verschwendung? Man hätte doch dieses Würzöl für viel Geld veräußern und es den Armen geben können. - Als Jesus das erkannte, sagte Er zu ihnen: Was verursacht ihr der Frau Mühe? Sie hat doch ein edles Werk an Mir getan! Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, Mich aber habt ihr nicht allezeit. Sie hat es doch zu Meiner Bestattung getan, als sie dieses Würzöl auf Meinen Körper sprengte. Wahrlich, Ich sage euch: Wo auch immer man dieses Evangelium in der ganzen Welt herolden mag, wird man zu ihrem Gedenken auch von dem sprechen, was sie getan hat« (Verse 6-13).
Eine namenlose
Frau trat in das Haus Simons des ehemals Aussätzigen und goss wertvolles Würzöl
auf Jesu Haupt. War dies eine Verschwendung, oder war es trefflich, den König
Israels zu seinem Amtsantritt zu salben, wie auch an Saul, David, Salomo und
anderen Königen geschehen (1.Sam.10:1; 16:13; 2.Sam.2:4; 1.Kön.1:39;
2.Kön.9:6)? Hatten die Jünger kein Verständnis für die Salbung des Messias?
Hätte dies nicht sogar ihr eigenes Anliegen sein müssen? - Vor Jesu
Regierungsherrlichkeit aber lagen Sein Opfer, Sein Tod und Seine Bestattung.
Und Jesus deklarierte die Tat der Frau als die zur rechten Zeit nach Gottes
Willen vorgenommene Salbung zu seiner Bestattung.
Diese
unbekannte Frau gab Ihm die Ehre, die Ihm gebührte. Und wo man das Evangelium
vom Königreich Israels heroldet, dort wird man auch von ihr erzählen.
Dies war die
zweite Salbung Jesu zum Begräbnis. Am Abend nach dem sechsten Tag vor dem
Passah hatte Maria, die Schwester des Lazarus und der Martha, Ihm die Füße
gesalbt (Joh.12:3). (Im Jahr zuvor war die Salbung Seiner Füße im Haus des
Pharisäers Simon durch eine Sünderin geschehen; Luk.7:37).
»Dann ging einer der Zwölf namens Judas Iskariot zu den Hohenpriestern und fragte: Was wollt ihr mir geben, wenn ich Ihn an euch verraten werde? - Die aber wägten ihm dreißig Silberstücke dar. Von da an suchte er eine günstige Gelegenheit, um Ihn zu verraten« (Verse 14-16).
Wer kann das
fassen - dass ein Jünger, der durch die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus gesegnet
war und alle Seine Zeichen und Wunder miterlebt hatte, die Jesus als den
ersehnten Messias auswiesen, Ihn zu verraten bereit war? Und dies für nur
dreißig Silberstücke, deren Wert uns allerdings nicht bekannt ist, da es nur
»Silber« heißt und die Währung nicht angegeben ist. Dreißig Schekel Silber
jedenfalls waren der Wert eines Knechtes oder einer Magd (2.Mose 21:32) wie
auch der Lohn für den Dienst eines Hirten (Sach.11:12). Dreißig Silberstücke
waren schlechthin der Mindestwert eines Menschen.
Was war das
Motiv des Judas Iskariot? - Die Geldgier, denn »er war ein Dieb, der die Kasse
hatte und das, was eingelegt wurde, an sich nahm« (Joh.12:6). Die Geldgier ist
»eine Wurzel aller Übel«, die sogar vom Glauben und der Treue abirren lässt
(1.Tim.6:10).
Ein Zurück gab
es für Judas nicht mehr, da er sein Wort gegeben hatte und bereits bezahlt
worden war.
Der 12. Nisan
ging gegen 18 Uhr zu Ende.
»Am ersten Tag der ungesäuerten Brote kamen die Jünger zu Jesus und sagten zu Ihm: Wo willst Du das Passah essen? Wo sollen wir es Dir bereiten? Da gebot Er ihnen: Geht in die Stadt zu dem und dem und sagt ihm: Der Lehrer lässt sagen: Der Zeitpunkt für Mich ist nahe; bei dir will Ich das Passah mit Meinen Jüngern halten. - Die Jünger taten nun, wie Jesus es ihnen angeordnet hatte und bereiteten das Passah« (Verse 17-19; vgl. Mark.14:12; Luk.22:7; Joh.13:1).
Der 13. Nisan
brach mit dem Abend an. Dieser Tag war der Vorbereitungstag des Passah, an
welchem unser Herr Jesus Christus zur 6. Stunde, das heißt gegen 12 Uhr,
verurteilt wurde (Joh.19:14). Jesus feierte das Passah vor dem
Passahfest des 14. Nisan, also am 13. Nisan (Joh.13:1).
Es war
erlaubt, dass Passah vorzuziehen, zum einen wegen der riesigen Mengen der zu schlachtenden
Lämmer (Josephus Flavius schreibt in der „Geschichte des Jüdischen Krieges«,
VI, 9.3., von 256.500 Lämmern) und zum andern, weil der 1. Nisan nicht
unbedingt auf den Tag des Neumonds, sondern auch auf einen oder zwei Tage
später festgesetzt werden konnte, sodass man, wenn man das Passah vor dem
kalendermäßigen 14. Nisan feierte, es dennoch an einem 14. Nisan, und zwar eben
dem mondgenauen, feierte.
Außerdem muss
man wissen, dass das Passah, der 14. Nisan, auch als der erste Tag der
ungesäuerten Brote bezeichnet wurde (das Fest der ungesäuerten Brote begann
erst am 15. Nisan; 3.Mose 23:6), und zwar weil zu diesem Zeitpunkt alles
Gesäuerte aus den Häusern entfernt sein musste (2.Mose 12:18). Diese Vorschrift
beachtete man auch beim vorgezogenen Passah.
Die Jünger
bereiteten mithin an einem vorgezogenen ersten Tag der ungesäuerten Brote das
Passah im Hause eines gewiss an Jesus gläubigen, uns ansonsten unbekannten
Juden.
»Als es Abend geworden war, lag Er mit den zwölf Jüngern zu Tisch. Während sie aßen, sagte Er: Wahrlich, Ich sage euch: Einer von euch wird Mich verraten. Da wurden sie sehr betrübt und fingen an, Ihn zu fragen, ein jeder von ihnen: Ich bin es doch nicht etwa, Herr? Er aber antwortete: Der mit Mir die Hand in die Schüssel eintaucht, der wird Mich verraten. Der Sohn des Menschen geht zwar dahin, so wie es von Ihm geschrieben steht; doch wehe jenem Menschen, durch den der Sohn des Menschen verraten wird! Schön wäre es für Ihn, wenn jener Mensch nicht geboren wäre! - Da antwortete Judas, Sein Verräter: Ich bin es doch nicht etwa, Rabbi? Jesus erwiderte ihm: Du hast es gesagt!« (Verse 20-25).
Vom Merkmal
des Eintauchens der Hand in die Schüssel her gesehen bestand für alle Jünger
die Möglichkeit, den Herrn zu verraten. Doch eben nur einer sollte es sein.
Psalm 41:10 sollte sich erfüllen: »Sogar der mir wohlgesinnte Mann, welchem ich
vertraute, der mein Brot aß, erhebt seine Ferse hoch gegen mich.«
Dass der Sohn
des Menschen dahingehen sollte, stand mehrfach von Ihm geschrieben, zum
Beispiel in Psalm 22, Jesaia 53:4-8 und Daniel 9:26. Doch wehe dem Verräter!
Wie auch Mose sagte: »Verflucht sei, wer eine Bestechung annimmt, um eine Seele
zu erschlagen und unschuldiges Blut zu vergießen« (5.Mose 27:25).
Schön wäre es
für Jesus gewesen, wenn jener Mensch, dem das »Wehe!« galt, nicht geboren wäre.
Wenn es gut
für Judas gewesen wäre, nicht geboren zu werden - wie manche Übersetzer
schreiben -, wenn also das Nichtsein besser wäre als die Rechtfertigung und die
Aussöhnung, dann wäre Gott der alles bewirkt (Eph.1:11) und allen Menschen in
der Vollendung nach dem Abschluss der Äonen die Rechtfertigung und die
Aussöhnung gewährt (Röm.5:18,19; Kol.1:20), nicht vollkommen. Gottes Ziele aber
sind stets die besten. - Da der Mensch gerechtfertigt und ausgesöhnt wird, ist
es gut für ihn, dass er geboren wurde.
»Als sie aßen, nahm Jesus das Brot, segnete und brach es, gab es den Jüngern und sagte: Nehmt, esst! Dieses ist Mein Körper. Dann nahm Er den Becher, dankte und gab ihnen den und sagte: Trinkt alle daraus! Denn dieses ist Mein Blut des neuen Bundes, das für viele zur Erlassung der Sünden vergossen wird« (Verse 26-28).
Wieso ist das
Brot des Passah der Körper Jesu, der für viele gebrochen wird? Weil das Brechen
und Austeilen des Brotes seine Erfüllung im Brechen des Körpers Jesu findet;
durch Seinen Tod sollen die vielen am wahren Lebensbrot teilhaben und für die
Äonen leben.
Wieso ist der
Wein des Passah das Blut Jesu, das für viele zur Erlassung der Sünden vergossen
wird? Weil der Wein des Passah seine Erfüllung darin findet, dass Jesu Blut die
Sünden der vielen hinwegnimmt. Das Blut von Stieren und Böchen kann doch keine
Sünden wegnehmen (Heb.10:4).
Durch Sein Blut
stiftet Jesus den neuen Bund Gottes mit Israel. Schon der erste Bund wurde mit
Blut geschlossen, wie in 2.Mose 24:8 berichtet: »Da nahm Mose das Blut und
sprengte es auf das Volk und sagte: Siehe, dies ist das Blut des Bundes, den
Jewe mit euch über all diese Worte geschlossen hat.« Diesen Bund hatte Israel
gebrochen; der verheißene neue Bund gründet auf Jesus Leiden und Sterben
(Jer.31:31-33). Durch Sein Blut ist Jesus eines besseren Bundes Bürge geworden
(Heb.7:22).
Der Becher ist
übrigens der dritte Weinbecher des jüdischen Passahmahls, der auch »Becher des
Segens« hieß (1.Kor.10:16).
Das Brot und
der Wein sind nicht buchstäblich Jesu Körper und Blut; wäre dem so, hätte Jesus
dem griechischen Sprachgebrauch gemäß das Wort »ist« jeweils ausgelassen. Es
handelt sich um einen Vergleich; das Brot und der Wein bedeuten Seinen Körper
und Sein Blut.
Jesus hatte
den Juden bereits gesagt: »Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt« - wer
also glaubend von Seinem Opfer Gebrauch macht -, »hat äonisches Leben, und Ich
werde ihn am letzten Tag auferstehen lassen; denn Mein Fleisch ist wahre
Speise, und Mein Blut ist wahrer Trank« (Joh.6:54,55).
Der Herr fügte
hinzu: »Aber Ich sage euch: Ich werde von jetzt an keinesfalls von diesem
Ertrag des Weinstocks trinken bis zu jenem Tag, wenn Ich ihn im Königreich
Meines Vaters neu mit euch trinken werde« (Vers 29).
Seinem Sohn
wird der Vater das Königreich geben. Welche eine herrliche Erwartung, und zwar
die des Festmahls mit Ihm im Königreich, gab Jesus Seinen Jüngern doch mit auf
den Weg (vgl. Off.19:7)!
»Nach dem Lobgesang zogen sie hinaus auf den Ölberg« (Vers 30).
Beim
Passahmahl wurden die Psalmen 113 bis 118, die Hallel-Psalmen, die Hymnen des
Lobes, gesungen, die Psalmen 115 bis 118 beim Abschluss des Mahles. Singend
verließen sie das Haus in Jerusalem, um an den Ölberg zu gehen.
»Dann sagte
Jesus zu ihnen: Ihr alle werdet in dieser Nacht an Mir Anstoß nehmen; denn es
steht geschrieben: Ich werde den Hirten erschlagen, und die Schafe der Herde
werden sich zerstreuen. Jedoch nach Meiner Auferweckung werde Ich euch nach
Galiläa vorangehen. -
Petrus aber antwortete Ihm: Wenn sie auch alle an Dir
Anstoß nehmen, ich werde niemals an Dir Anstoß nehmen. - Jesus entgegnete ihm:
Wahrlich, Ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du Mich
dreimal verleugnen. - Da sagte Petrus zu Ihm: Und wenn ich mit Dir sterben
müsste, so werde ich Dich keinesfalls verleugnen. - Gleicherweise sprachen auch
alle anderen Jünger« (Verse 31-35).
Petrus
verstrickte sich in diese Sache, weil der Herr gesagt hatte, alle würden Anstoß
nehmen, Petrus aber in mangelnder Erkenntnis seiner selbst und der Schwachheit
der menschlichen guten Absichten meinte, er sei eine Ausnahme.
Selbstüberschätzung aber kommt vor dem Fall.
Die
Gefangennahme Jesu wird allen Jüngern eine solche Furcht einjagen, dass sie Ihn
allesamt verleugnen. So wird sich das Wort des Propheten Sacharja erfüllen:
»Schwert, sei erweckt gegen Meinen Hirten. ... Schlage den Hirten, dass das
Kleinvieh sich zerstreut« (Sach.13:7). Das Schlagen oder Erschlagen bedeutet,
dass der Hirte leiden muss.
Über das
Vorangehen Jesu nach Galiläa nach seiner Auferweckung wird in Kapitel
28:7,10,16 berichtet.
»Dann kam Jesus mit ihnen zu einem Freiacker mit Namen Gethsemane und sagte zu Seinen Jüngern: Ich gehe dort hinüber; setzt euch nieder, bis Ich gebetet habe. Hierauf nahm Er Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus beiseite und begann betrübt und niedergedrückt zu werden. Dann sagte Er zu ihnen: Tief betrübt ist Meine Seele bis zum Tode; bleibt hier und wacht mit Mir!« (Verse 36-38).
Der Freiacker
östlich des Kidrontals am Hang des Ölbergs trug seinen Namen Gethsemane, das
heißt Ölkelter oder Ölpresse, nicht von ungefähr, denn hier sollte Jesus so
niedergedrückt und in die entschiedene Haltung gepresst werden, dass Öl, ins
Geistliche übertragen: Geist und Leben, aus Ihm zur Rettung aller kommen möge.
Die zwei Söhne
des Zebedäus sind Johannes und Jakobus (Mat.4:21), Jesu engste Vertraute neben
Petrus. Sie waren auch auf dem Berg der Verklärung dabei (Mat.17:1). Diese nahm
Jesus beiseite und offenbarte ihnen, dass Er tief betrübt und niedergedrückt
sei. Er forderte sie auf, mit Ihm zu wachen, Ihm mithin Gemeinschaft zu
leisten, indem sie wach blieben und wohl auch sein Gebet mittrugen.
»Und ein klein
wenig vorausgehend, fiel Er auf Sein Angesicht und betete: Mein Vater, wenn es
möglich ist, so gehe dieser Becher an Mir vorüber! Indes nicht wie Ich will,
sondern wie Du willst!« (Vers 39).
Jesus betete
zu Seinem Gott und Vater, dem alles möglich ist (Mark.14:36). Nach Gottes in Christus
Jesus gefassten Vorsatz für den Lauf der Äonen (Eph.3:11) konnte der Becher
nicht an Jesus vorübergehen. Der zu trinkende Becher ist ein Bild für das zu
Erfahrende und zu Erleidende.
Der Herr
kannte Seinen Becher, dass Er nämlich vom Vater preisgegeben werde (Ps.22:2),
indem Er den Nationen übergeben und gekreuzigt würde (Mat.20:19; 26:2). So
brachte Er Seinem Gott und Vater Sein Gebet dar, auf welches Hebräer 5:7 Licht
werfen darf: »Der in den Tagen Seines Fleisches sowohl Flehen wie auch inständige
Bittrufe mit starkem Geschrei und Tränen dem darbrachte, der Ihn aus dem Tode
retten konnte; und Er wurde wegen Seiner Ehrfurcht erhört.«
Mit diesem
Gebet machte Sich Jesus die Notwendigkeit Seines Kreuzestodes vertieft
deutlich, denn Er wollte nichts anderes, als dass der Wille des Vaters
geschehe. Dazu war Er ja in die Welt gekommen (Ps.40:9; Heb.10:7,9). Und in
diesem Willen wollte Er auch bleiben.
Der Herr Jesus
Christus wusste, dass das Kreuz sein musste, damit die Sünde der Menschheit in
Seinem Fleisch verurteilt würde (Röm.8:3), der Gerechtigkeit Genüge getan werde
(Röm.8:4) und die Gnade Gottes freien Lauf gewinne.
Jesus rang
nicht mit dem Satan; dieser war zu jener Zeit in Judas Iskariot (Joh.13:27).
Hätte Satan Weisheit, so hätte er nicht veranlasst, dass der Herr der
Herrlichkeit gekreuzigt würde (1.Kor.2:8), denn dort auf Golgatha errang Jesus
den Sieg über jenen, die Sünde und den Tod und streifte alle Oberherrschaften
und Obrigkeiten, auch den Satan ab, indem Er sie öffentlich an den Pranger
stellte und sie im Kreuz im Triumph einherführte (Kol.2:15). Da der Satan dies
aber nicht wusste und ihm auch die Weisheit dazu fehlte, betrieb er die
Kreuzigung.
Wir lesen die
Verse 40 und 41: »Darauf kam Er zu den Jüngern und fand sie schlummernd. Da
sagte Er zu Petrus: So vermögt ihr nicht eine Stunde mit Mir zu wachen? Wachet
und betet, damit ihr nicht in Anfechtung kommt! Der Geist zwar hat das
Verlangen, das Fleisch aber ist schwach.«
Man könnte
auch übersetzen: Wachet und betet, damit ihr nicht in eine Versuchung
hineinkommt. Ja, der Geist des Menschen möchte zwar gern das Gott Wohlgefällige
tun, aber das Fleisch ist schwach. Nur wer wacht und betet, dessen Geist wird
durch den Geist Gottes so gestärkt, dass ihm die Anfechtung nicht zur Gefahr
oder die jeweilige Situation nicht zur Versuchung wird.
»Da ging Er
zum zweitenmal hin und betete wieder: Mein Vater, wenn es nicht möglich ist,
dass dieser Becher an Mir vorübergehe, es sei denn, dass Ich ihn trinke, so
geschehe Dein Wille! - Darauf kam Er zurück und fand sie wieder schlummernd;
denn die Augen waren ihnen schwer geworden. Da verließ Er sie, ging nochmals
hin und betete zum drittenmal, wieder mit denselben Worten. Dann kam Er zu den
Jüngern und sagte zu ihnen: Schlummert und ruht ein andermal; denn siehe, die
Stunde hat sich genaht! Der Sohn des Menschen wird in die Hände der Sünder
überantwortet! Erhebt euch, wir gehen! Siehe, Mein Verräter hat sich genaht!«
(Verse 42-46).
Nach Seinem
ersten Gebet hatte Jesus Seine Jünger geweckt und sie getadelt. Sein zweites
Gebet schloss Er mit den Worten »... so geschehe Dein Wille« ab. Wieder hatte
Er den Sieg errungen - allein. Das Bejahen des Willens Gottes ist das Geheimnis
eines jeden Überwinderlebens. Jetzt weckte Er Seine Jünger nicht auf; ihr
Wachen mit Ihm war nicht mehr nötig; Er billigte ihr Schlafen.
Die
schließlich auch im dritten Gebet ausgesprochene völlige Hingabe an den Vater
trug Ihn dann hin zum Tode im Gehorsam und in der Treue.
Nun konnte
sich die Stunde nahen. Er weckte Seine Jünger und sagte ihnen, dass Er in die
Hände der Sünder überantwortet werde. Dies ist die übelste Sache. König David
konnte nach seiner Sünde der Volkszählung wählen und entschied sich wie folgt:
»Lass uns doch in die Hand Jewes fallen, denn viele sind Seine Erbarmungen,
aber in die Hand der Menschen will ich nicht fallen« (2.Sam.24:14).
»Erhebt euch,
wir gehen!« Dies ist durchaus im Sinne von »Lasst uns auf das Ziel zugehen« zu
verstehen.
Der Verräter nahte. Es erfüllte sich Psalm 119:150: »Die mich verfolgen, nahen mit Bosheit; sie sind fern von Deinem Gesetz.«
Jesu Gefangennahme und Verurteilung
(Matthäus 26:47-27:26)
In der Nacht des 13. Nisan des Jahres 32 u. Ztr. geschah es, dass unser Herr Jesus Christus im Garten Gethsemane sagte: »Siehe, die Stunde hat sich genaht! Der Sohn des Menschen wird in die Hände der Sünder überantwortet! Erhebt euch, wir gehen! Siehe, Mein Verräter hat sich genaht!« (Mat.26:45,46).
»Während Er noch sprach, siehe, da trat Judas, einer der Zwölf, herzu, und mit Ihm kam eine große Schar mit Schwertern und Knütteln von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes her. Sein Verräter aber hatte ihnen als verabredetes Zeichen gegeben: Welchen ich küssen werde, der ist es; bemächtigt euch Seiner! - Sofort trat er zu Jesus und sagte: Freue Dich, Rabbi! und küsste Ihn herzlich. Jesus aber sagte zu ihm: Kamerad, dazu bist du hier? - Dann traten sie herzu, legten die Hände an Jesus und bemächtigten sich Seiner« (Mat.26:47-50).
Die bewaffnete
Truppe bestand aus Ordnungskräften der Weihestätte und war Judas vom Synedrium
bereitgestellt worden (Joh.18:3).
Schmerzlich
ist ein heuchlerischer Kuss, wie denn in den Sprüchen 27:6 geschrieben steht:
»Überreichlich sind die Küsse des Hassenden.« Jesus entgegnete Seinem Verräter
freundlich, hatte Er ihn doch wohlüberlegt für diese Aufgabe ausgewählt
(Luk.6:13; Joh.6:70; 13:18). Er wusste, was in einem jeden Menschen ist
(Joh.2:25). Zugleich versuchte Er, das Gewissen des Judas zu erwecken.
Jetzt erfüllte
sich Psalm 41:9: »Sogar der mir wohlgesinnte Mann, welchem ich vertraute, der
mein Brot aß, erhebt seine Ferse hoch gegen mich.«
»Und siehe, einer von denen, die mit Jesus waren, streckte die Hand aus, riss sein Schwert heraus, schlug auf den Sklaven des Hohenpriesters ein und hieb ihm die Ohrmuschel ab. Da sagte Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert an seinen Platz; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen! Oder meinst du, dass Ich Meinem Vater nicht zusprechen könnte, und Er würde Mir jetzt mehr als zwölf Legionen Boten bereitstellen? Wie nun sollten denn die Schriften erfüllt werden, dass es so geschehen muss?« (Verse 51-54).
Petrus war es,
der sein Schwert gezogen hatte. Der Sklave des Hohenpriesters hieß Malchus
(Joh.18:10). Der Herr heilte dessen Ohr wieder (Luk.22:51).
Petrus hatte
immer noch nicht begriffen, dass es der Wille des Lammes Gottes war, Sich
Selbst zum Opfer für die Sünden der Welt dahinzugeben (Joh.1:29). Später konnte
Petrus mit Verständnis schreiben: »Er Selbst [Jesus Christus] hat unsere Sünden
in Seinem Körper an das Holz hinaufgetragen, damit wir von den Sünden abkommen
und der Gerechtigkeit leben: Durch dessen Striemen wurdet ihr geheilt«
(1.Pet.2:24).
Noch aber sah
Petrus den Messias als den vor allem Üblen zu beschützenden Heilsbringer an. Es
wäre Gott ein Leichtes gewesen, seinen Sohn durch Legionen von Boten zu
bewahren, wie es in Psalm 91:11 heißt: »Er wird Seinen Boten deinetwegen
gebieten, um dich auf all deinen Wegen zu bewahren.« Doch alles zu seiner Zeit.
Zuerst mussten die Sünde und der Tod am Kreuz überwunden und abgetan werden.
Dann sind die Hemmnisse für das Heil der Menschen beseitigt. Damit dies geschehe,
alles, was die Schrift sagt, insbesondere in Psalm 22 und Jesaia 53, sollte
nicht zum Schwert gegriffen, sollte nach des Herrn Worten »dem Bösen nicht
Widerstand geleistet werden; sondern wer dich auf deine rechte Wange ohrfeigt,
dem wende auch die andere zu« (Mat.5:39; vgl. 1.Mose 9:6; Röm.12:19-21;
Off.13:10).
»In jener Stunde sagte Jesus zu den Scharen: Wie gegen einen Wegelagerer seid ihr mit Schwertern und Knütteln ausgezogen, um Mich zu ergreifen. Täglich saß Ich bei euch in der Weihestätte und lehrte, und ihr habt euch Meiner nicht bemächtigt. Aber das Ganze ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt würden. - Dann verließen Ihn alle Seine Jünger und flohen« (Verse 55+56).
Der Volksmenge
wegen, die Jesus für einen Propheten hielt (Mat.16:14; 21:46; 26:5), hatten die
Ältesten es nicht gewagt, Ihn am hellen Tag festzunehmen.
Jetzt
verließen Ihn alle Seine Jünger, flohen und zerstreuten sich, wie der Herr es
ihnen angesagt hatte: »Die Schafe der Herde werden sich zerstreuen« (Mat.26:31)
und: »Siehe, es kommt die Stunde, ja sie ist gekommen, dass ihr zerstreut
werdet, jeder in das Eigene, und ihr werdet Mich allein lassen. Doch Ich bin
nicht allein, denn der Vater ist bei Mir« (Joh.16:32).
Jesus wurde zuerst zu dem Hohenpriester Hannas abgeführt. Über die Verhandlung vor ihm berichtet nur Johannes in den Kapiteln 18:13+19-24).
»Die sich nun Jesu bemächtigt hatten, führten Ihn zu dem Hohenpriester Kaiphas ab, wo die Schriftgelehrten und Ältesten versammelt waren. Petrus jedoch folgte Ihm von ferne bis zu dem Hof des Hohenpriesters; dort ging er hinein und setzte sich unter die Gerichtsdiener, um den Abschluss zu gewahren.
Die Hohenpriester
aber, die Ältesten und das ganze Synedrium suchten falsches Zeugnis gegen
Jesus, damit sie Ihn zu Tode bringen könnten; doch fanden sie keines, wiewohl
viele falsche Zeugen herzutraten. Zuletzt aber kamen zwei herzu und sagten:
Dieser hat behauptet: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und ihn in drei
Tagen aufbauen! - Da stand der Hohepriester auf und fragte Ihn: Antwortest Du
nichts auf das, was diese gegen Dich zeugen? - Jesus aber schwieg still« (Verse
57-63a).
Sehr wohl
hatte Jesus gesagt: »Reißt diesen Tempel nieder, und in drei Tagen werde Ich
ihn aufrichten!« Er hatte aber von dem Tempel Seines Körpers gesprochen
(Joh.2:18-22). Da Seinen Gegnern jegliches geistliche Verständnis dafür fehlte
und überhaupt weil die Anschuldigungen falsch waren, schwieg der Herr.
Übrigens hatte
Jesus nicht gesagt, »Er« werde den Tempel niederreißen, sondern »sie« würden es
tun. Und genau darauf arbeiteten sie jetzt hin. Ohne es zu ahnen, sollten sie
den Willen Gottes ausführen und das wahre Opfer darbringen, dessen Blut alle
Sünden hinwegnimmt.
Jede Anklage
musste auf den übereinstimmenden Aussagen mindestens zweier Zeugen beruhen
(5.Mose 19:15). Aber auch das Zeugnis der letzten beiden war falsch und eine
Übertretung des 9. Gebotes: »Du sollst gegen deinen Nächsten kein falsches
Zeugnis ablegen« (2.Mose 20:16). So erfüllte sich Psalm 27:12: »Es erheben sich
falsche Zeugen gegen mich und fauchen Gewalttat.«
Und Jesus
schwieg, wie Jesaia geweissagt hatte: »Jewe ließ Ihn einstehen für all unsere
Verworfenheit. Bedrückt wurde Er und gedemütigt, aber Er tat Seinen Mund nicht
auf. Wie ein Lamm wurde Er zur Schlachtung geholt; und wie ein Mutterschaf vor
seinen Scherern verstummt, so tat Er Seinen Mund nicht auf« (Jes.53:7).
»Bist Du der Christus?«
Die Verhandlung kam nicht recht voran; das gewünschte Ergebnis war fern. Da erwuchs im Hohenpriester die alles entscheidende Frage. Das eigentliche Ärgernis war nämlich der Anspruch Jesu, der Messias zu sein. Sollte Er dies bestätigen, dann hätte Er Gott gelästert und wäre des Todes schuldig. denn in 3.Mose 24:26 steht geschrieben: »Wer den Namen Jewes lästert, muss getötet werden, die ganze Gemeinde muss ihn steinigen.«
Wir lesen die
Verse 63 b bis 68: »Dann sagte der Hohepriester zu Ihm: Ich beschwöre Dich bei
dem lebendigen Gott, dass Du uns sagst, ob Du der Christus, der Sohn Gottes
bist. Jesus erwiderte ihm: Du hast es gesagt! Indes sage Ich euch: Von jetzt an
werdet ihr den Sohn des Menschen zur Rechten der Macht sitzen und auf den
Wolken des Himmels kommen sehen. - Da zerriss der Hohepriester seine Kleidung
und rief: Er lästert! Was brauchen wir noch Zeugen? Siehe, nun habt ihr Seine
Lästerung gehört! Was meint ihr? - Sie aber antworteten: Er ist dem Tode
verfallen! - Dann spien sie Ihm ins Angesicht und schlugen Ihn mit Fäusten; die
Ihn ohrfeigten, sagten: Prophezeie uns, Christus! Wer ist es, der Dich
geschlagen hat?«
Als der
Hohepriester Jesus bei dem lebendigen Gott beschwor, war die Zeit gekommen,
dass der Herr um Gottes und der Bezeugung der zentralen Wahrheit willen
antwortete: Du hast es gesagt! Das heißt: Ich bin der Christus, der Sohn des
lebendigen Gottes (vgl. Mat.16:16)!
Schon aufgrund
dieses Bekenntnisses war das Todesurteil unausweichlich, denn damit hatte Jesus
nach der Meinung Seiner Gegner Sich Selbst zu Gottes Sohn gemacht (Joh.10:33;
19:7), was ihrer Ansicht nach Gotteslästerung war.
Der Herr gab ihnen noch mehr
Verurteilungsgründe an die Hand, als Er von Sich sagte, dass Er zur Rechten
Gottes sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen werde. Diese Worte waren
allen aus den prophetischen Schriften als auf den Messias bezogen bekannt. In
Psalm 110:1 heißt es: »Die Erklärung Jewes an meinen Herrn: Setze Dich zu
Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege.« Und aus
Daniel 7:13,14 geht hervor, dass der Menschensohn und König Israels mit den
Wolken des Himmels kommen wird. Jesus hatte Sich mit diesen Bezugnahmen als der
verheißene Messias bezeichnet; eine ungeheuerliche Anmaßung in den Augen des
Hohenpriesters und der Ältesten. (Vgl. Mat.24:30; Ap.7:56;
Off.1:7).
Da zerriss der
Hohepriester seine Kleider vor Entrüstung (was er nach 3.Mose 21:10 nicht hätte
tun dürfen). Und dann gab es kein Halten mehr gegenüber dem »Lästerer« und
Todgeweihten; sie bespien, schlugen und ohrfeigten Ihn, so wie es einst Jesaia
als prophetischem Vorbild auf Ihn ergangen war (Jes.50:6; vgl. Ps.69:8). Petrus
bezeugt, dass Jesus, »beleidigt, nicht wieder beleidigte und, als Er litt,
nicht gedroht hat, sondern es dem übergab, der gerecht richtet« (1.Pet.2:23).
»Petrus aber saß draußen im Hof; da trat eine Magd zu ihm und sagte: Du warst auch mit Jesus, dem Galiläer! Er aber leugnete vor ihnen allen und sagte: Ich weiß nicht, was du sagst. - Als er aus dem Hof in die Torhalle trat, gewahrte ihn eine andere Magd und sagte zu den Umstehenden dort: Dieser war auch mit Jesus, dem Nazarener! Er aber leugnete nochmals, und zwar mit einem Eidschwur: Ich weiß nichts von dem Menschen. - Nach einer kleinen Weile traten die Umstehenden hinzu und sagten zu Petrus: Wahrhaftig, du bist auch einer von ihnen; denn deine Aussprache macht dich kenntlich. Da fing er an, sich zu verdammen und zu schwören: Ich weiß nichts von dem Menschen! - Und sogleich krähte ein Hahn. Nun erinnerte sich Petrus des Ausspruchs Jesu, der es ihm angesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du Mich dreimal verleugnen (Mat.26:34). - Da ging er hinaus und weinte bitterlich« (Verse 69-75).
Jetzt hätte
Petrus Gelegenheit gehabt, sich zu dem Herrn zu bekennen, wie er es gelobt
hatte (Mat.26:33,35). Aber erst das Krähen eines Hahns, das ihm zur Stimme
Gottes wurde, brachte ihn zur Besinnung.
»... und er
schluchzte bitterlich.« Auf diese Art und Weise bringt Gott das Herz eines
Menschen zur Selbsterkenntnis, Umsinnung und Demut. Hier reifte Petrus.
»Als es Morgen wurde, hielten alle Hohenpriester und Ältesten des Volkes eine Beratung über Jesus ab, um Ihn zu Tode zu bringen. Nachdem man Ihn gebunden hatte, führten sie Ihn ab und übergaben Ihn dem Statthalter Pontius Pilatus« (Mat.27:1,2).
Der Morgen
umfasst die Zeit von sechs bis neun Uhr (Luk.22:66). Die dritte Verhandlung
gegen Jesus fand statt, und zwar vor dem ganzen, nun offiziell tagenden
Synedrium (Mark.15:1). Lukas berichtet Näheres darüber (Luk.22:66-71).
Es erfüllte
sich Psalm 2:2: »Die Oberen versammeln sich gegen Jewe und Seinen Gesalbten«
(vgl. Ap.4:24-28).
»Als dann Judas, der Ihn verraten hatte, gewahrte, dass Er verurteilt war, bereute er es, brachte die dreißig Silberstücke den Hohenpriestern und Ältesten zurück und sagte: Ich habe gesündigt, weil ich unschuldiges Blut verriet. Sie erwiderten jedoch: Was geht das uns an? Da sieh du zu! - Darauf schleuderte er die Silberstücke in den Tempel und machte sich davon, ging hin und erhängte sich« (Verse 3-5). (Nähere Einzelheiten sind in Apostelgeschichte 1:18,19 nachzulesen.)
Judas
Iskariot, der Verräter, war zur Erkenntnis seiner Sünde gekommen, bereute und
bekannte sie sogar, Vergebung aber konnte ihm nicht zuteil werden, weil er
vorsätzlich (nicht aus Versehen) gesündigt hatte (4.Mose 15:30: »mit erhobener
Hand«, vollmächtiglich; Heb.10:26).
»Die
Hohenpriester aber nahmen die Silberstücke und sagten: Es ist nicht erlaubt,
sie in den Korban [in den Nahegabenkasten] zu werfen, weil es ein Blutpreis
ist. Nachdem sie eine Beratung abgehalten hatten, kauften sie dafür das Feld
des Töpfers als Begräbnisplatz für Fremde. Jenes Feld heißt darum bis auf den
heutigen Tag Feld des Blutes. Damals erfüllte sich, was durch den Propheten
Jeremia angesagt war: Sie nahmen die dreißig Silberstücke - den Preis des so
Bewerteten, den man seitens der Söhne Israels so bewertet hatte, und gaben sie
für das Feld des Töpfers, so wie der Herr es mir angeordnet hat« (Verse 6-10).
Matthäus nennt
nur den Namen des größeren der beiden Propheten Jeremia und Sacharja, die auf
dieses Geschehen hinwiesen. In Jeremia 32:9 ist vom Kauf eines Ackers die Rede und
in Jeremia 19:1-13 wird unter dem Bild des Zerbrechens eines Töpfergefäßes
(Verse 1, 4+11) Gericht für das Vergießen unschuldigen Blutes angekündigt.
Jeremia deutet das Feld des Blutes unter dem Begriff »Tal des Mordens« an (Vers
6). Sacharja nennt die Einzelheiten, nämlich den Lohn von dreißig
Silberschekeln, dessen der gute Hirte von Israel wertgeachtet wurde und der in
das Haus Jewes dem Töpfer zugeworfen wurde (Sach.11:12,13). Der Töpfer wird es
verwenden, um etwas Neues daraus zu formen, so wie das Blut Jesu Christi alles
neu machen wird.
»Jesus wurde dann vor den Statthaltern gestellt, und der Statthalter fragte Ihn: Bist Du der König der Juden? Jesus entgegnete ihm: Du sagst es. - Doch während der Anklage durch die Hohenpriester und Ältesten antwortete Er nichts. Da fragte Pilatus Ihn: Hörst Du nicht, wieviel sie gegen Dich zeugen? Er aber antwortete ihm auf keinen einzigen Ausspruch, sodass der Statthalter sehr erstaunt war« (Verse 11-14).
Die Ältesten
hatten Pilatus vorgetragen, Jesus verbiete, dem Kaiser Steuern zu geben (gegen
Mat.22:21!) und sage von Sich Selbst, dass Er der Christus und ein König sei
(Luk.23:2), um Ihn zu einem Gegner Roms zu stempeln. Pilatus aber wusste, dass
das Synedrium niemals den Tod für einen Juden fordern würde, der ein Feind Roms
war. Sein Argwohn wurde durch das Schweigen Jesu zu den unberechtigten
Vorwürfen bestätigt. Auf die sachgerechte Frage des Pilatus aber antwortete ihm
der Herr, dass Er der König der Juden sei. Nach Johannes 18:33-38 erklärte Er
ihm sogar, dass Sein Königreich nicht von dieser Welt ist und Er dazu in die
Welt gekommen sei, um Zeugnis für die Wahrheit abzulegen.
Als Pilatus hörte, dass Jesus ein Galiläer sei, also aus dem Hoheitsgebiet des Herodes komme, sandte er Ihn zu König Herodes Antipas, der gerade in Jerusalem war, wo die Hohenpriester und Schriftgelehrten Ihn erneut verklagten. Jesus antwortete Ihm nichts. Da sandte Herodes den Gefangenen wieder zu Pilatus zurück (Luk.23:6-11). - Dies war übrigens die fünfte Verhandlung gegen Jesus.
»Zu jedem Passahfest aber hatte der Statthalter die Gewohnheit, der Volksmenge einen Häftling freizulassen, welchen sie wollten. Man hatte aber damals einen verrufenen Häftling mit Namen Barabbas. Als sich nun die Volksmenge versammelt hatte, fragte Pilatus sie: Welchen wollt ihr? Wen soll ich euch freilassen, Barabbas oder Jesus, der Christus genannt wird? - Denn er wusste, dass sie Ihn aus Neid überantwortet hatten« (Verse 15-18).
Neidisch waren
sie auf Ihn, Neid ergriff sie angesichts Seiner Aufrichtigkeit und der Kraft
Seiner Worte.
Barabbas war
ein Wegelagerer, Aufrührer und Mörder (Mark.15:7; Joh.18:40). Sein Name ist
wahrscheinlich aramäisch und dürfte Sohn des Vaters bedeuten. Sein Vater war
allerdings der Satan. Er stand in krassem Gegensatz zu Jesus, dem Sohn des
wahren Vaters.
Pilatus wollte
Jesus freilassen und hoffte darauf, dass das Volk Ihn doch wohl schätze.
»Während er
auf der Richterbühne saß, schickte seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: Nichts
sei zwischen dir und jenem Gerechten; denn ich habe heute im Traumgesicht viel
um Seinetwillen gelitten« (Vers 19).
Dieser Traum
war der Frau des Pilatus gewiss von Gott eingegeben worden, denn sie nannte
Jesus den Schriften gemäß einen Gerechten (Jes.53:11; Sach.9:9; 1.Joh:2:1). Ihr
Mann war nun gewarnt, sich nicht in diese Sache verwickeln zu lassen.
Es bestand
eine gute Wahrscheinlichkeit, dass das Volk die Freilassung Jesu wählen würde.
Pilatus hatte aber nicht mit der Hartnäckigkeit der Oberen gerechnet. Und so
lesen wir ab Vers 20: »Doch die Hohenpriester und Ältesten überredeten die
Volksmenge, dass sie sich Barabbas erbitten und Jesus umbringen lassen sollte.
Der Statthalter antwortete ihnen: Welchen wollt ihr? Wen von den zweien soll
ich euch freilassen? Da riefen sie: Barabbas! Darauf fragte Pilatus sie: Was
soll ich denn mit Jesus machen, der Christus genannt wird? Sie riefen alle: Er
werde gekreuzigt! Der Statthalter aber entgegnete: Was hat Er denn Übles getan?
Doch sie schrien übermäßig laut: Er werde gekreuzigt!
Als Pilatus
gewahrte, dass er nichts ausrichten konnte, sondern nur noch mehr Tumult
entstand, nahm er Wasser, wusch sich vor der Volksmenge die Hände und sagte:
Ich bin unschuldig am Blut dieses Gerechten; seht ihr zu! Da antwortete das
gesamte Volk: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!« (Verse 20-25).
Die
Hohenpriester hatten sich die Menge gefügig gemacht, sodass Pilatus in eine
schwierige Lage kam, in die er sich immer mehr verstricken musste, zumal er dem
Volk die Wahl nur zwischen den zweien angetragen hatte. Zwar hatte er immer
noch die Macht, nicht nur Barabbas, sondern auch Jesus freizulassen, aber die
Vehemenz der Ereignisse überrollte ihn. Im Griechischen ist es nur ein Wort,
das die Menge stürmisch und leidenschaftlich ausrief: staurõthêtõ!, was wörtlich »Er werde angepfahlt!« heißt. Und dann
willfuhr Pilatus, gewiss auch aus Rücksicht auf sein Ansehen bei dem Volk und
auf seine Karriere, der Menge.
Das
Händewaschen zum Zeichen der Unschuld war ein jüdischer Brauch (5.Mose 21:6;
Ps.26:6; 73:13). Dies befreite ihn natürlich nicht von der Schuld an seinem
eklatant ungerechten Urteil.
»Sein Blut
komme über uns!« - Die Juden haben allen Grund, beim Lesen dieser ihrer Worte
zu schaudern, denn das Unrecht ihrer Bluttat an Jesus kommt für die Zeit ihrer
Verwerfung (Röm.11:15,26) immer noch in schrecklicher Weise über sie
(Mat.23:33-36; 1.Thess.2:16).
Weitere Einzelheiten
des Tauziehens zwischen Pilatus und dem Volk sind in Johannes 19:1-16
nachzulesen.
»Dann ließ er ihnen Barabbas frei; Jesus aber ließ er peitschen und übergab Ihn, damit Er gekreuzigt würde« (Vers 26; vgl. Mark.15:15).
Lukas
berichtet: »So fällte Pilatus das Urteil, ihre Forderung solle erfüllt werden«
(Luk.23:24). Johannes schreibt: »Daher gab er Ihn dann dahin, ihnen zu Willen, damit
Er gekreuzigt würde« (Joh.19:16).
»Es war aber
der Vorbereitungstag des Passah, etwa um die sechste Stunde« (Joh.19:14). Das
heißt, dies geschah am 13. Nisan gegen 12 Uhr mittags.
Jesu
Kreuzigung sodann erfolgte am 14. Nisan zur dritten Stunde (Mark.15:25), also
gegen 9 Uhr vormittags.
Die Kodizes
Alexandrinus (A), Vaticanus (B) und der ursprüngliche Kodex Sinaiticus (S 1)
haben in Johannes 19:14 »sechste Stunde«, der redigierte Kodex Sinaiticus (S 2)
hat »dritte Stunde«. Abgesehen von der Frage, ab wann am Morgen (6 bis 9 Uhr)
Pilatus denn zu sprechen gewesen sein mag, dürften die Verhandlungen gegen
Jesus, die Sendung zu Herodes, die erneute Zusammenrufung der Oberen bei
Pilatus (Luk.23:13) und die Aufwiegelung der Volksmenge geraume Zeit in
Anspruch genommen haben, sodass die Wiedergabe mit »dritte Stunde« in Johannes
19:14 nicht angebracht ist. Die Mehrheit der Textzeugen spricht ebenfalls
dagegen.
Das Urteil war
gesprochen. Pilatus hatte die Vollmacht dazu von oben bekommen (Joh.19:11). Und
nicht nur dies, sondern alles geschah nach dem Vorsatz für den Lauf der Äonen,
den der allein weise (Röm.16:27) und alles bewirkende Gott (Eph.1:11) in
Christus Jesus gefasst hat (Eph.3:11). - Nach der Freilassung des Petrus und
Johannes aus dem Synedrium betete die gesamte Gemeinde: »Herodes wie auch
Pontius Pilatus mit den Nationen und den Völkern Israels haben alles
ausgeführt, was Deine hand und Dein Ratschluss vorherbestimmt hatten, dass es
geschehe« (Ap.4:27,28).
(Matthäus 27:27-61)
Am 14. Nisan des Jahres 32 u. Ztr., am Passahfest, wurde unser Herr Jesus Christus gekreuzigt.
Die in Matthäus 27:27-31 geschilderte Verhöhnung Jesu durch die Römer fand vermutlich am Morgen des Passahtages, also zwischen 6 und 9 Uhr, und nicht unmittelbar nach Jesu Verurteilung am Vortag statt (Joh.19:14).
Matthäus
berichtet: »Dann nahmen die Krieger des Statthalters Jesus mit in das Prätorium
und versammelten die ganze Truppe um Ihn. Sie zogen Ihn aus, legten Ihm einen
scharlachroten Mantel um, flochten aus Dornen einen Kranz, den sie Ihm auf das
Haupt setzten, und gaben Ihm ein Rohr in die rechte Hand; dann fielen sie vor
Ihm auf die Knie, höhnten Ihn und sagten: Freue Dich, König der Juden! Dann
spien sie Ihn an, nahmen das Rohr und schlugen Ihn auf das Haupt. - Als sie Ihn
so verhöhnt hatten, zogen sie Ihm den Mantel aus, zogen Ihm Seine Kleidung
wieder an und führten Ihn zur Kreuzigung ab« (Verse 27-31).
Die ganze
Kohorte von 600 Mann versammelte sich um Jesus. Es war üblich, einen
Verurteilten vor seiner Hinrichtung zu verspotten, in diesem Falle mit
Königsinsignien, und zu quälen. Mit dem Schilfrohr, dem Zepter, schlugen sie
Ihm auf das Haupt und sicherlich auch ins Gesicht, sodass sich Jesaia 52:14
erfüllte: »Entstellt ist sein Aussehen.« Und sie spien Ihn an; so geschah, was
in Jesaia 50:6 geschrieben steht: »Mein Angesicht berge ich nicht vor Schande
und Bespeiung.«
Die Soldaten
hatten keine Ahnung, dass diesem Juden als dem Herrn der Erde und dem Haupt des
Alls die Königswürde zu Recht zukommt.
Ebenso wenig
wissen manche Gläubige heutzutage nicht, dass die Demütigung Jesu die
wesentliche Zeremonie für die Thronbesteigung des Königs der Könige und Herrn
der Herren war. Er hätte nämlich niemals den Platz des Hauptes über alle
einnehmen können, wenn Er nicht bis in die tiefste Tiefe herabgestiegen wäre.
Leiden und Schmach sind die göttlichen Voraussetzungen für die Verherrlichung
und Freude. Die da leiden, diese werden herrschen (2.Tim.2:12).
Und dann
führten sie Ihn zur Kreuzigung ab. Jesaia sah dies schon: »Wie ein Lamm wurde
er zur Schlachtung geholt« (Jes.53:7).
»Als sie hinauszogen, fanden sie einen Mann, einen Kyrenäer mit Namen Simon; diesen zwangen sie, Sein Kreuz aufzunehmen« (Vers 32).
Simon, der
Vater des vermutlich später in der Gemeinde bekannten Alexander und des Rufus,
kam gerade vom Feld (Mark.15:21). Jesus hatte Sein Kreuz, wörtlich: Seinen Pfahl,
zunächst Selbst getragen (Joh.19:17), muss aber so sehr geschwächt gewesen
sein, dass Er darunter zusammenbrach. Da die Juden zu dem Frondienst des
Lastentragens für die Römer verpflichtet waren, zwangen sie einen gerade
Vorübergehenden, Jesu Kreuz aufzunehmen.
»So kamen sie an die Stätte genannt Golgatha, das heißt Schädelstätte. Dort gaben sie Ihm Wein mit Galle vermischt zu trinken; doch als Er ihn gekostet hatte, wollt Er nicht davon trinken« (Verse 33+34).
Der Hügel hieß
Schädelstätte, weil seine Form an die eines Schädels erinnerte. Jesus litt
außerhalb des Tores (Heb.13:12). Den Ihm gereichten Betäubungstrank nahm Er
nicht, weil Er bei vollem Bewusstsein die Sünde der Welt tragen und leiden
wollte.
Es war die dritte Stunde, also gegen 9 Uhr, als sie Ihn kreuzigten (Mark.15:25).
Das erste der
sieben Worte Jesu am Kreuz war: »Vater, vergib ihnen! Denn sie wissen nicht,
was sie tun« (Luk.23:34).
»Nachdem sie
Ihn gekreuzigt hatten, verteilten sie Seine Kleider, indem sie das Los darüber
warfen; dann setzten sie sich und bewachten Ihn dort« (Verse 35+36).
Die Kleider
der Verurteilten fielen gewöhnlich den Kriegern zu. Sie verteilten sie unter
sich. Da das Untergewand aber ohne Naht war, von oben an ganz durchgewebt,
wollten sie es nicht zerreißen, sondern darum würfeln (Joh.19:23,24). So
erfüllten sie die Schrift, welche sagt: »Sie werden meine Kleider unter sich
verteilen und über mein Gewand das Los werfen« (Ps.22:19).
»Oben über Seinem Haupt brachten sie eine Inschrift mit Seiner Schuld an: Dieser ist Jesus, der König der Juden« (Vers 37).
Die Schuld
eines Gehängten wurde auf einer Tafel oben am Pfahl angegeben. Den Text hatte
Pilatus selbst festgelegt und die Hohenpriester damit in Herz getroffen, die
auch prompt bei ihm vorstellig wurden und wünschten, dass er stattdessen
schreibe, Jesus habe gesagt, dass Er der König der Juden sei
(Joh.19:21). Aber Pilatus blieb standhaft. - Die Inschrift war in griechischen,
lateinischen und hebräischen Buchstaben geschrieben (Luk.23:38).
»Dann wurden
zwei Wegelagerer mit Ihm gekreuzigt, einer zu Seiner Rechten und einer zu
Seiner Linken« (Vers 38).
Die
Wegelagerer waren Banditen, die raubten und mordeten.
»Die Vorübergehenden lästerten Ihn, schüttelten ihre Häupter und sagten: Du, der den Tempel abbricht und in drei Tagen wieder aufbaut, rette Dich Selbst! Wenn Du Gottes Sohn bist, so steige vom Kreuz
herab. - Auch die Hohenpriester mit den
Schriftgelehrten und Ältesten höhnten in gleicher Weise und riefen: Andere hat
Er gerettet, Sich Selbst kann Er nicht retten! Wenn Er Israels König ist, so
steige Er nun vom Kreuz herab, dann wollen wir an Ihn glauben. Er vertraute auf
Gott; der berge Ihn nun, wenn Er Ihn bergen will; denn Er sagte: Ich bin Gottes
Sohn. - In derselben Weise schmähten Ihn auch die Wegelagerer, die zusammen mit
Ihm gekreuzigt waren« (Verse 39-44).
Welch einen
Widerspruch musste der Herr von den Sündern erdulden (Heb.12:3)!
Zwar hatten
sie das Wort Jesu vom Abbruch des Tempels verdreht (Mat.26:61) - Jesus hatte
vom Tempel Seines Körpers gesprochen, den nicht Er, sondern die Juden abbrechen
(Joh.2:19-21), was sie gerade zu tun im Begriff waren -, im Übrigen aber
sprachen die Hasser Jesu kostbare Wahrheiten aus, ohne zu erkennen, dass sie es
waren, die der Rettung bedurften. Ihre Rettung würde aber nicht kommen, wenn
Jesus Sich Selbst retten und vom Kreuz herabsteigen würde.
Das prophetische Wort sagt zu dieser Szene:
»Ich bin ein Wurm und kein Mensch, eine Schmach der Menschheit und verachtet
vom Volk. Alle, die mich sehen, hohnlachen meiner, sie öffnen die Lippen und
schütteln das Haupt: Er wartet auf Jewe! Er wird ihn befreien! Er wird ihn
bergen; denn Er hat Gefallen an ihm!« (Ps.22:7-9; vgl.
Ps.109:25). In
Psalm 3:2,3 ist zu lesen: »Jewe, wozu mehren sich meine Gegner? Viele stehen
gegen mich auf! Viele sagen zu meiner Seele: Keine Rettung wird ihm durch
seinen Elohim.«
Was schon in
den Psalmen und jetzt auf Golgatha im Hohn ausgerufen wurde, sprechen wir
triumphierend und Gott verherrlichend aus: Jesus Christus ist der Retter!
Nach Lukas
23:39-43 muss einer der Banditen im Lauf des Vormittags zur Umsinnung gekommen
sein. Er sagte nämlich zu Jesus: »Gedenke meiner, Herr, wenn Du in Deinem
Königreich kommst!« Und Jesus antwortete ihm in Seinem zweiten Wort am Kreuz:
»Wahrlich, dir sage Ich heute: Mit Mir wirst du im Paradiese sein!« Dieser
Verbrecher hatte mithin Glauben gefasst und den Namen des Herrn angerufen, ein
Werk seines Mundes getan (Joel 3:5; Röm.10:8-13; Jak.2:24), sodass er mit
Christus im Paradies - dies ist eine Bezeichnung für das Königreich Israels auf
der Erde (Off.2:7) - leben wird. Heute, an seinem schlimmsten Tag, sagte der
Herr ihm dies zu.
Das dritte
Wort Jesu am Kreuz ist in Johannes 19:26,27 vermerkt; es richtete sich an Seine
Mutter und an Johannes und lautete: »Frau, siehe, dein Sohn! - Siehe, deine
Mutter!« So übergab Er die Fürsorge für Seine Mutter dem Johannes.
»Von der sechsten Stunde an kam Finsternis über das gesamte Land bis zur neunten Stunde« (Vers 45).
Diese drei
Stunden von gegen 12 bis gegen 15 Uhr waren den Mächten der Finsternis gegeben,
wie in Psalm 22:13,14 beschrieben: »Viele Jungstiere umgeben mich, Bullen, die
fett sind, umringen mich. Sie sperren ihre Mäuler gegen mich auf, wie ein Löwe,
zerreißend und brüllend.« Der Satan ging wie ein brüllender Löwe umher und
suchte, Jesus zu verschlingen, und zwar auf die Weise, dass dieser Seine
Glaubenstreue gegenüber Seinem Gott und Vater aufgebe (1.Pet.5:8,9).
»Mein Gott, Mein Gott,
wozu Du Mich verlassen hast!«
»Um die neunte Stunde aber schrie Jesus mit lauter Stimme auf und reif: Eloi, Eloi, lema sabachthani!, das heißt: Mein Gott, Mein Gott, wozu Du Mich verlassen hast!« (Vers 46).
Die Finsternis
wich. Jesus rief laut zu Seinem Gott hinauf. Was Er rief, wäre wörtlich wie
folgt zu übersetzen: Mein Gott, Mein Gott, warum verließest Du Mich? Da der
Herr aber kein Unwissender war, sondern Sinn und Zweck Seines Leidens kannte,
fragte Er nicht warum, sondern pries Gott um des hohen Zieles willen.
Er wusste,
wozu der Vater Ihn verlassen hatte:
-
damit man dem zukünftig neugeborenen Israel die Gerechtigkeit Jewes kundtue
(Ps.22:32);
-
damit alle Enden der Erde sich zu Jewe umwenden (Ps.22:28);
-
damit Israel Frieden und Heilung von der ärgsten Wunde, der Sünde, zuteil werde
(Jes.53:5);
-
damit Er als der gerechte Knecht die Vielen rechtfertige (Jes.53:11);
-
damit Ihm für Sein Leiden die vielen Gerechtfertigten zu Seiner Verherrlichung
als Siegeskranz zugeteilt werden (Jes.53:10-12);
-
damit Er Selbst durch Seinen Gehorsam vollkommen gemacht werde und Er allen,
die Ihm gehorchen, die Ursache der äonischen Rettung sei (Heb.2:10; 5:9);
-
damit Er die Sünden in Seinem Körper von den Menschen wegtrage an das Holz
hinauf (1.Pet.2:24);
-
damit Er zur Sühne für die Sünden Israels, ja der ganzen Welt werde (1.Joh.2:2);
-
damit Er das Sündopfer sei (2.Kor.2:21) und den Fluch des Gesetzes trage
(5.Mose 21:23; Gal.3:13);
-
damit Gott durch Sein Blut Frieden machen und das All mit Sich aussöhnen könne
(Kol.1:29)
-
und damit Gottes Liebe erkennbar werde, die Ihn Sein Liebstes für Seine
Geschöpfe an den Schandpfahl dahingeben ließ.
Was bedeutet
Verlassensein? Das Verlassensein Jesu wird in Psalm 22, dessen ersten Satz der
Herr zitierte, anschaulich und ausführlich geschildert: nämlich seine Preisgabe
an die Drangsale, die Ihm Seine menschlichen und geistlichen Feinde zufügten.
Gott hatte Ihn dahingegeben, ebenso wie Er Selbst Sich dahingegeben hatte (Joh.3:16;
1.Tim.2:6).
Der Herr
spürte keine Liebeszuwendung Seines Gottes mehr.
Die
Verlassenheit bestand in der Preisgabe, dem Entzug des Schutzes und der Huld,
wie in Psalm 22 beschrieben: »Fern von meiner Rettung sind die Worte meines
Schreiens. Viele Hunde umgeben mich; schon haben sie meine Hände und Füße
durchgraben. Alle meine Gebeine kann ich zählen. Doch du, Jewe, sei nicht fern,
mein Unterordner! Eile mir zur Hilfe! Rette mich vor dem Schlund des Löwen und
vor den Hörnern der Urochsen!«
Gott verließ
Ihn, indem Er Ihn zerschlug und leiden ließ (Jes.53:10). Gott gab Ihn dahin in
die Hände Seiner Peiniger (Röm.4:25).
Und Gott litt
mit, denn »Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend«
(2.Kor.5:19).
»Eloi, Eloi, lema sabachthani!« - »Als einige
der dort Stehenden das hörten, sagten sie: Der ruft Elia! Und sogleich lief
einer von ihnen hin, nahm einen Schwamm und füllte ihn mit Essig, steckte ihn
auf ein Rohr und tränkte Ihn. Die Übrigen aber sagten: Lass nur! Wir wollen
sehen, ob Elia kommt und Ihn rettet!« (Verse 47-49a).
Die
Umstehenden hatten nicht genau verstanden, sicher weil Jesus mit trockener
Zunge nicht deutlich sprechen konnte. Jemand wollte Ihm deshalb etwas zu
trinken geben, was andere mit dem Hinweis ablehnten, dass auch Elia Ihm nicht
helfen werde. Im Rahmen dieses Geschehens wird der Herr Sein fünftes Wort am
Kreuz ausgerufen haben: »Mich dürstet« (Joh.19:28). Und so kam es, dass Ihn
einer tränkte.
David hatte
dies alles bereits geweissagt: »Meine Kraft ist trocken wie eine Scherbe, und
meine Zunge klebt an meinen Kiefern« (Ps.22:16); »Für meinen Durst lassen sie
mich Essig trinken (Ps.69:22).
»Ein anderer Krieger nahm eine Lanzenspitze und durchbohrte Seine Seite; da kamen Wasser und Blut heraus« (Vers 49b). (Dieser Versteil findet sich in den Kodizes Sinaiticus und Vaticanus, nicht im Kodex Alexandrinus.)
So töteten sie
Jesus, wie Er es gesagt hatte (Mat.16:21; 17:23). Petrus erwähnt dies in seiner
Rede vor dem Volk in der Halle Salomos: »Den Urheber des Lebens habt ihr
getötet!« (Ap.3:15).
Da starb die
gesamte alte Menschheit: »Die Liebe des Christus drängt uns, indem wir dieses
urteilen, dass, wenn der Eine für alle starb, sie demnach alle starben«
(2.Kor.5:14). Der Gerechtigkeit ist Genüge getan (Röm.8:4), jetzt kann Gott
Gnade erweisen. Und so wurden wir durch den Tod Seines Sohnes mit Gott versöhnt
(Röm.5:10).
»Jesus aber schrie nochmals mit lauter Stimme auf und entließ Seinen Geist« (Vers 50).
Als der
Krieger die Lanzenspitze nahm, rief Jesus Sein sechstes Wort am Kreuz aus: »Es
ist vollbracht!« (Joh.19:30). Das gesamte Werk Gottes der Rettung aus Sünde und
Tod sowie der Rechtfertigung und Versöhnung aller Geschöpfe war vollbracht.
Sein siebentes
Wort war: »Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist!« (Luk.23:46). Der
Krieger stach zu. Und dann hauchte Jesus aus. König David sagte schon: »In
Deine Hand übergebe ich meinen Geist« (Ps.31:6). Und Jesu Seele ging ins
Ungewahrte (Ps.16:10; Ap.2:27).
»Und siehe, der Vorhang des Tempels zerriss in zwei Teile, von oben bis unten, die Erde bebte, die Felsen wurden gespalten, die Gräber aufgetan, und viele Körper der entschlafenen Heiligen erwachten. Nach Seiner Auferweckung kamen sie aus den Gräbern heraus, gingen in die heilige Stadt und erschienen vielen« (Verse 51-53).
Der Vorhang
trennte das Heilige vom Heiligen der Heiligen. Im Heiligen befanden sich der
Leuchter, der Schaubrotetisch und der goldene Räucheraltar, und im
Allerheiligsten stand die Bundeslade (Heb.9:2,3). Der Vorhang symbolisierte das
Fleisch Jesu Christi. Er zerriss, als das Fleisch Jesu zerriss. Jetzt war der
Blick auf die Bundeslade frei. Jetzt war der Weg in die Gegenwart Gottes frei,
wie in Hebräer 10:19-22 dargelegt: »Da wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu
Freimut haben zum Eintritt in die heiligen Stätten, den Er uns eingeweiht hat
(dazu wurde Er geschlachtet und ist nun ein lebendiger Weg durch den Vorhang
hindurch, dies ist Sein Fleisch), und da wir einen großen Priester über das
Haus Gottes haben, so lasst uns mit wahrhaftem Herzen herzukommen, in
Vollgewissheit des Glaubens.«
Die Erde bebte. Der Tod des Urhebers des Lebens erschütterte sogar die Felsen, sodass sich die darin eingehauenen Grabkammern öffneten, weil die sie verschließenden Rollsteine umstürzten. Die Worte des Matthäus, dass viele Heilige erwachten, beziehen sich sehr wahrscheinlich auf die Zeit kurz nach der Auferweckung Jesu. Zum Zeichen des Triumphs dafür, dass Jesus den Tod besiegt hat, erschienen diese Heiligen vielen in Jerusalem.
»Der Hauptmann aber und die, die mit ihm Jesus bewachten, fürchteten sich sehr, als sie das Erdbeben und das sonstige Geschehen gewahrten und sagten: Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn!« (Vers 54).
Nicht den
Oberen des Volkes, sondern heidnischen Soldaten wurde die Erkenntnis geschenkt,
dass Jesus der Sohn Gottes ist. Die Worte »Sohn Gottes« hatten sie am Vormittag
aus dem Mund der Juden in schmähender Weise vernommen (Mat.27:43).
»Es waren aber auch viele von ferne zuschauende Frauen dort; die waren Jesus aus Galiläa gefolgt und hatten Ihm gedient. Unter ihnen waren Maria, die Magdalenerin, und Maria, die Mutter des Jakobus und des Joses, und die Mutter der Söhne des Zebedäus« (Verse 55+56).
Aus Maria von
Magdala waren sieben Dämonen ausgefahren (Luk.8:2). Mit Maria, der Mutter des
»kleinen Jakobus«, wie Markus schreibt (Mark.15:40; vgl. 6:3), und des Joses
(Josephs), ist vermutlich die Mutter Jesu gemeint (Mat.134:55; vgl. Joh.19:25).
Maria, die Mutter der Söhne des Zebedäus, ist die Mutter der Jünger Jakobus und
Johannes (Mat.4:21; 10:2).
Johannes berichtet in Kapitel 19:31-37 ergänzend: »Die Juden nun (weil es der Vorbereitungstag war und damit die Körper am Sabbat nicht am Kreuz blieben, denn jener Sabbat war ein hoher Festtag; 3.Mose 23:6,7) ersuchten den Pilatus, dass ihnen die Beine zerschmettert und sie dann abgenommen würden (5.Mose 21:23). Daher kamen die Krieger und zerschmetterten dem ersten, der mit Ihm gekreuzigt war, die Beine und ebenso auch dem anderen. Aber als sie zu Jesus kamen, gewahrten sie, dass Er schon gestorben war, und zerschmetterten Seine Beine nicht.
Einer der
Krieger jedoch durchbohrte Seine Seite mit einer Lanzenspitze, und sogleich
kamen Blut und Wasser heraus. Dies hat einer bezeugt, der es gesehen hat; sein
Zeugnis ist wahrhaft, und jener weiß, dass er die Wahrheit sagt, damit auch ihr
es glaubt. Denn dies ist geschehen, damit die Schrift erfüllt werde: Kein
Knochen soll an Ihm zerbrochen werden (2.Mose 12:46; 4.Mose 9:12). Und wieder
eine andere Schriftstelle sagt: Sie werden auf Ihn sehen, den sie durchstochen
haben (Sach.12:10).«
»Als es Abend wurde, kam ein reicher Mann von Arimathia namens Joseph, der auch selbst ein Jünger Jesu geworden war; dieser ging zu Pilatus und bat ihn um den Körper Jesu. Da befahl Pilatus, ihm den Körper zu übergeben. Joseph nahm den Körper, wickelte ihn in eine reine Leinwand und legte ihn in sein neues Grab, das er in den Felsen hatte hauen lassen; dann wälzte er einen großen Stein vor den Eingang des Grabes und ging davon. Auch Mirjam, die Magdalenerin, und die andere Maria waren dort; sie saßen der Gruft gegenüber« (Verse 57-61).
Wir ziehen
Johannes 19:38-42 hinzu: »Danach ersuchte Joseph von Arimathia (der ein Jünger
Jesu war, allerdings im Verborgenen, aus Furcht vor den Juden) den Pilatus,
dass er den Körper Jesu abnehmen dürfe; und Pilatus gestattete es. Daher kam er
und nahm Seinen Körper ab. Auch Nikodemus kam (der das erste Mal nachts zu Ihm
gekommen war) und brachte eine Mischung von Myrrhe und Aloe, etwa hundert
Pfund. Sie nahmen dann den Körper Jesu und wickelten ihn samt den Gewürzen in
Leinentücher, so wie es bei den Juden Sitte ist zu bestatten. Es war aber bei
der Stätte, wo Er gekreuzigt wurde, ein Garten und in dem Garten ein neues Grab,
in das bisher noch niemand gelegt worden war. Dorthin legten sie nun Jesus
wegen des Vorbereitungstages der Juden, weil das Grab nahe war.«
Wieder
erfüllte sich die Schrift, die da sagt: »Man gab Ihm mit Frevlern Sein Grab,
und die Höhle eines Reichen wurde Ihm im Tode« (Jes.53:9). Die Ältesten des
Volkes hatten Jesu Grab bei Verbrechern bestimmt, die irgendwo verscharrt
wurden, Gott aber brachte den Leichnam Jesu in die Gruft eines reichen Mannes.
Der 14. Nisan,
der Passahtag, war zugleich der Vorbereitungstag für das Fest der ungesäuerten
Brote, das am 15. Nisan stattfand und ein hoher Sabbat war (3. Mose 23:6,7).
Joseph von
Arimathia, übrigens ein Ratsherr und mit dem Handeln des Synedriums nicht
einverstanden (Luk.23:50,51), und Nikodemus taten ihren Dienst am Leichnam, als
es Abend wurde, das heißt zwischen 15 und 18 Uhr, und beeilten sich, vor Beginn
des großen Festsabbats, also vor 18 Uhr, ihre Arbeit abgeschlossen zu haben.
Die Frauen
merkten sich die Grabstelle.
Jesu Auferstehung und Missionsbefehl
(Matthäus 27:62-28:20)
Nach der Grablegung Jesu vor dem Ende des
Passahtages hatten die dabei zuschauenden Frauen noch Gelegenheit, Gewürze zu
kaufen, damit sie später hingehen und Jesu Leichnam mit Würzölen einreiben
könnten (Mark.16:1). Dann ging der 14. Nisan zu Ende. Um 18 Uhr begann der 15.
Nisan, der Tag der ungesäuerten Brote, der ein hoher Festtag war (3.Mose
23:6,7). Diesen Sabbat über blieben die Frauen nach dem Gebot des Gesetzes in
der Stille (Luk.23:56).
An diesem Festsabbat geschah das in Matthäus
27:62 bis 28:1 a Berichtete: »Am folgenden Morgen (das war nach dem
Vorbereitungstag) waren die Hohenpriester und Pharisäer bei Pilatus versammelt
und sagten: Herr, wir erinnern uns, dass jener Irreführer gesagt hatte, als Er
noch lebte: Nach drei Tagen werde Ich auferweckt. Befiehl daher, die Gruft bis
zum dritten Tag zu sichern, damit nicht Seine Jünger kommen, Ihn stehlen und
zum Volk sagen: Er wurde von den Toten auferweckt. Dann wird der letzte Irrtum
ärger sein als der erste. - Pilatus entgegnete ihnen: Ihr sollt die Wache
haben; geht hin und lasst den Grabeingang sichern, wie ihr es wisst. - Da
gingen sie hin und ließen von der Wache die Gruft sichern und den Stein
versiegeln. Das war am Abend zwischen den Sabbaten.«
Nach dem Tag der Vorbereitung auf das Fest
der ungesäuerten Brote, also am Festtag, wurden die Oberen des Volkes bei
Pilatus vorstellig. Der Statthalter bewilligte die Wache. Am Abend desselben
Tages wurde die Gruft gesichert und der Stein versiegelt. Dieser Zeitpunkt ist
in Matthäus 28:1a genau angegeben: »Das war am Abend zwischen den Sabbaten.«
Wörtlich steht dort geschrieben: »Opse (Abend) de (aber) sabbatõn [Genitiv Plural] (der Sabbate).«
Dies war der Abend, die Zeit von 15 bis 18 Uhr, mit der eine Sabbat, der
Festsabbat, endete, und der Abend, die Zeit von 18 bis 21 Uhr, mit der der
andere Sabbat begann. Der 15. Nisan endete, und der 16. Nisan begann, ein
weiterer Sabbat, kein Festsabbat, sondern ein gewöhnlicher Sabbat.
Wie ist zu verstehen, dass die Ältesten von
einer Auferstehung Jesu nach drei Tagen sprachen, die Wache aber nur bis zum
dritten Tag erbaten? Das ist ein zeitlicher Unterschied! »Nach drei Tagen« ist
eine römische Redewendung; die Juden wussten genau, dass es buchstäblich »am
dritten Tag« bedeutet, weshalb sie die Wache auch nur bis dahin haben wollten.
Die Parallelstellen Markus 8:31 und Matthäus 16:21 haben »nach drei Tagen« und
»am dritten Tag« und meinen dasselbe. Auch der Ausdruck »drei Tage und drei
Nächte« (Mat.12:40), eine jüdische Redewendung, bedeutet ebenfalls »am dritten
Tag« (vgl. Esther 4:16 mit 5:1). Unser Herr Jesus Christus wurde am dritten Tag
auferweckt (Mat.20:19; Luk.24:7; Ap.10:40; 1.Kor.15:4). Der erste Tag war der
14. Nisan, der Todestag; der dritte Tag war mithin der 16. Nisan, welcher ein
normaler, wöchentlicher Sabbat war.
»Als der Morgen zu einem der Sabbattage
dämmerte, kamen Maria, die Magdalenerin, und die andere Maria, um nach der Gruft
zu schauen« (Kap.28:1 b).
Matthäus schreibt von der Morgendämmerung
(griech. epiphõskõ, aufleuchten, hell
werden) zu einem der Sabbattage, eben einem gewöhnlichen Sabbat. »Bei
Sonnenaufgang« heißt es in Markus 16:2.
Die Formulierung »zu einem der Sabbattage«
oder »hinein in den einen der Sabbattage« weist auf den ersten Sabbat in der
Reihe von sieben Sabbaten hin, die innerhalb der fünfzig Tage liegen, die nach
3.Mose 23:15,16 vom 16. Nisan an zu zählen sind; am fünfzigsten Tag sodann ist
das Fest der Erstlingsfrüchte, Pfingsten genannt, zu feiern.
Unser Herr Jesus Christus erstand an einem
Sabbat auf, was besagt, dass Sein Werk vollendet ist, so wie ein Sabbat eine
Woche vollendet.
Es gibt keinen Grund, »te mia tõn sabbatõn«
(Mark.16:2; Luk.24:1; Joh.20:1) anders als mit »an einem der Sabbattage« oder
»in dem einen der Sabbattage« zu übersetzen. »Mia« bedeutet niemals »erster«
und Sabbat niemals Woche; außerdem steht Sabbat im Plural.
Noch in der Nacht war ein Erdbeben geschehen
und der Herr auferweckt worden, denn Maria Magdalena war bereits einmal allein
am Grab gewesen, als noch Finsternis war, und hatte es offen vorgefunden
(Joh.20:1-18).
Über die Ereignisse noch vor Sonnenaufgang
berichtet Matthäus in den Versen 2-4: »Und siehe, es geschah ein großes
Erdbeben; denn ein Bote des Herrn, der aus dem Himmel herabgestiegen war und
herzutrat, wälzte den Stein vom Eingang fort und setzte sich darauf. Sein
Aussehen war hell wie der Blitz und seine Kleidung weiß wie der Schnee. Aus
Furcht vor ihm erbebten die Bewacher und erstarrten wie tot.«
»Da wandte sich der Bote an die Frauen und
sagte: Fürchtet ihr euch nicht; denn ich weiß, dass ihr Jesus, den
Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; denn Er wurde auferweckt, so wie Er es
gesagt hat. Kommt herzu; seht die Stätte, wo der Herr lag. Geht schnell hin und
sagt Seinen Jüngern: Er wurde von den Toten auferweckt. Und siehe: Er geht euch
nach Galiläa voran; dort werdet ihr Ihn sehen; siehe, ich habe es euch gesagt.
- Da gingen sie schnell mit Furcht und großer Freude vom Grabe fort und liefen
hin, um es Seinen Jüngern zu verkünden« (Verse 5-8).
Der Bote des Herrn war der bevorzugte
dienstbare Geist, der den Frauen die herrliche Botschaft der Auferstehung Jesu
Christi verkündigen durfte.
Mehrere Male hatte der Herr angekündigt, dass
Er auferweckt werden würde (Mat.16:21; 17:9; 20:19; 26:32). Auch die heiligen
Schriften hatten dies geweissagt, zum Beispiel Jesaia 53:11: »Von der Mühsal
Seiner Seele soll Er Licht sehen« und Psalm 16:10,11: »Du wirst Meine Seele
nicht im Ungewahrten lassen noch Deinen Huldreichen dahingeben. Du hast Mich
mit dem Pfad des Lebens bekannt gemacht, vor Deinem Angesicht ist überaus
befriedigende Freude, und Lieblichkeit ist zu Deiner Rechten« (vgl. Ap.2:27;
13:35). Ja, »Gott hat Ihn auferstehen lassen, indem Er die Wehen des Todes
löste, weil Er unmöglich von ihm gehalten werden konnte« (Ap.2:24).
Zunächst hatten die Frauen nur das leere
Grab, nicht aber den Auferstandenen Selbst gesehen. Nur Maria, die
Magdalenerin, hatte Jesus bereits während ihrer Anwesenheit am Grab, als noch
Finsternis war, gesehen (Joh.20:1-18).
»Als sie nun gingen, um es Seinen Jüngern zu
verkünden, siehe, da begegnete ihnen Jesus und sagte: Freuet euch! - Sie aber
traten herzu, umfassten Seine Füße und fielen vor Ihm nieder. Dann sagte Jesus
zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündet es Meinen Brüdern, dass
sie nach Galiläa gehen sollen; dort werden sie Mich sehen« (Verse 9+10).
Die Anweisung Jesu für Seine Jünger, nach
Galiläa zu gehen, war nicht für sofort zu verstehen, denn der Herr erschien den
Jüngern noch am selben Tag nachmittags und nach acht Tagen nochmals in
Jerusalem (Joh.20:19,26). Und erst danach erschien Er ihnen in Galiläa, wie in
Matthäus 28:16-20 und Johannes 21:1-23 verzeichnet.
Seinen Brüdern sollen die Frauen es
verkünden. Jesus schämte Sich nicht, Seine Jünger Seine Brüder zu nennen, »denn
sowohl der Heiligende wie auch die geheiligt werden, stammen alle aus dem
Einen« (Heb.2:11).
»Freuet euch!«, sagte Jesus zu den Frauen.
Und wir freuen uns mit ihnen. »Jesus lebt, mit Ihm auch ich! Tod, wo sind nun
deine Schrecken? Er, Er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken« (C.
F. Gellert). Viele Jahre später sagte der Herr zu Johannes auf Patmos: »Fürchte
dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige: auch Ich war
tot, und siehe, lebendig bin Ich für die Äonen der Äonen (Amen!). Ich habe die
Schlüssel des Todes und des Ungewahrten« (Off.1:18). Und wir bezeugen mit dem
Apostel Paulus: Unser Retter Christus Jesus hebt den Tod auf und bringt dafür
Leben und Unvergänglichkeit ans Licht (2.Tim.1:10).
Mögen wir nun, so wie Christus durch die
Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt wurde, ebenso in Neuheit des
Lebens wandeln als lebend für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn
(Röm.6:4,11)!
Bei ihrer ersten Begegnung mit dem
Auferstandenen noch in der Finsternis durfte Maria Magdalena den Herrn nicht
anrühren. Jesus hatte zu ihr gesagt: »Rühre Mich nicht an; denn Ich bin noch
nicht zu Meinem Vater aufgestiegen. Geh aber zu Meinen Brüdern und sage ihnen:
Siehe, Ich steige zu Meinem Vater und eurem Vater auf, zu Meinem Gott und zu
eurem Gott« (Joh.20:17). Jetzt aber umfassten alle Frauen Seine Füße.
Dies hatte seinen Grund darin, dass der Sohn
zuerst vor Seinem Vater erscheinen musste, ebenso wie am 16. Nisan - und dieser
Tag war jetzt - die Garbe der Erstlingsernte vor Jewe zu schwingen war (3.Mose
23:11). Und sicherlich wurde Jesus bereits bei dieser Seiner ersten Himmelfahrt
und nicht erst vierzig Tage später bei der zweiten (Ap.1:9) zum Haupt des Alls
erhöht, »hocherhaben über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und
Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in diesem Äon, sondern auch
in dem zukünftigen genannt wird« (Eph.1:21). Schließlich sagte der Herr dann in
Galiläa: »Mir ist alle Vollmacht im Himmel und auf Erden gegeben« (Mat.28:18).
Nachdem der Herr vor dem Angesicht Seines Vaters
erschienen war (Heb.9:24), dem zuerst alle Ehrerbietung gebührt, durften die
Frauen Jesus anrühren.
»Als sie gegangen waren, siehe, da kamen
einige Krieger der Wache in die Stadt und berichteten den Hohenpriestern alles,
was geschehen war. Nachdem diese sich mit den Ältesten versammelt und eine
Beratung abgehalten hatten, gaben sie den Kriegern genug Silbestücke mit der
Weisung: Sagt: Seine Jünger kamen bei Nacht und haben Ihn gestohlen, als wir
schliefen. Und wenn dies der Statthalter hören sollte, werden wir ihn schon
überreden, damit ihr unbesorgt sein könnt. - Da nahmen die Krieger die
Silberstücke und taten, wie man sie belehrt hatte; so wurde dieses Wort bei den
Juden bis auf den heutigen Tag ausgesprengt« (Verse 11-15).
Die Krieger berichteten. Angesichts dieses
Beweises - und sie glaubten dem Bericht - hätten die Hohenpriester jetzt in die
Knie gehen und Jesus als den Christus verherrlichen sollen. Sie wiesen aber
auch dieses eindeutige, ihnen vom Herrn angekündigte und nun gegebene Zeichen
zurück, nämlich das des Propheten Jona, welches ist: »Ebenso wie Jona drei Tage
und drei Nächte im Leib des Seeungeheuers war, so wird der Sohn des Menschen
drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein« (Mat.12:40). (Zur Redewendung
»drei Tage und drei Nächte« siehe zu Matthäus 27:63,64.)
Krieger, die bei der Wache einschliefen oder
einen Gefangenen laufen ließen, wurden zum Tode verurteilt. In diesem Falle
aber sorgten die Hohenpriester für eine Ausnahme, sodass die Krieger nicht um
ihr Leben fürchten mussten.
Die Lüge war völlig unlogisch, denn wie
können schlafende Soldaten Diebe erkennen, und welcher Soldat gibt schon ein
todeswürdiges Versagen zu? Viele Menschen aber haben die Lüge lieber als die
Wahrheit, besonders wenn die Wahrheit Jesus Christus heißt.
»Die elf Jünger aber gingen nach Galiläa auf
den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. Als sie Ihn gewahrten, fielen sie
vor Ihm nieder, einige aber zauderten. Da trat Jesus herzu, redete mit ihnen
und sagte: Mir ist alle Vollmacht im Himmel und auf Erden gegeben. Daher geht
hin, macht alle Nationen zu Jüngern, tauft sie in den Namen des Vaters, des
Sohnes und des heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu halten, was Ich euch
geboten habe. Und siehe, Ich bin mit euch alle Tage bis zum Abschluss des Äons.
- Amen« (Verse 16-20).
Auf einem Berg in Galiläa - ein Berg ist ein
Symbol für Macht und Herrschaft - richtete der Herr, der zum mächtigen König
Erhobene, den Blick der Jünger auf das zukünftige tausendjährige Königreich
Israels im kommenden Äon.
Zunächst bekräftigte Er, ihnen zum Zuspruch,
dass Ihm alle Vollmacht im Himmel und auf der Erde (wie zu Vers 9 bereits
erwähnt) gegeben ist. Jesus hat alle Vollmacht als König Israels und Herr der
Erde und Haupt des Alls (Eph.1:22). Dazu gehört zum Beispiel die Vollmacht über
Krankheiten (Luk.9:1) und über Geister (Mark.1:27; Luk.4:36) sowie Sünden zu
erlassen (Mat.9:5) und Gericht zu halten (Joh.5:27). Er wird als König für die
Äonen der Äonen herrschen (Off.11:15). Boten, Obrigkeiten und Mächte sind Ihm
untergeordnet (1.Pet.3:22). So sah es schon der Prophet Daniel: »Dann wurde Ihm
Vollmacht, Würde und ein Königreich gewährt, und alle Völker, Stämme und Zungen
sollen Ihm dienen; Seine Vollmacht, eine äonische Vollmacht, wird nicht
vergehen, und Sein Königreich wird unbegrenzt sein« (Dan.7:14).
Alle Nationen sollen zu Jüngern gemacht
werden. Jesus Christus spricht hier zu den Repräsentanten des zukünftig
wiedergezeugten und gläubigen Israel, der heiligen Nation, des königlichen
Priestertums (2.Mose 19:6; 1.Pet.2:9). Solange Israel in seiner Gesamtheit
nicht glaubt, dass Jesus der Christus ist, kann es nicht zum Segen für die
Nationen sein. Bei der Wiederkunft Jesu zu Israel in Herrlichkeit aber wird Er
ihnen einen neuen Geist und ein neues Herz geben und den durch Sein Blut
gestifteten neuen Bund mit ihnen schließen. Er wird Sein Gesetz in ihr
Innerstes geben, und sie werden Sein Volk sein (Jer.31:31-34; Hes.11:19;
36:24-28).
Dementsprechend gingen die zwölf Apostel
damals nicht hinaus zu allen Nationen, wenn auch der Kämmerer aus Äthiopien
(Ap.8:26-39) und der Römer Kornelius (Ap.10) zum Zeichen, wie es in der Zukunft
sein wird, die Botschaft vom Königreich Israels hörten und glaubten. Petrus
musste sogar Kritik erfahren, dass er zu Kornelius gegangen war (Ap.11:3).
Israel ist, solange es ungläubig ist,
verflucht (Mat.21:19) und ein Fluch unter den Nationen (Sach.9:13); es ist
verworfen (Röm.11:15). Im kommenden Äon aber wird es seine Aufgabe - seiner
Erwählung entsprechend (1.Mose 12:3) - zum Heil aller Nationen erfüllen.
»Verstockung ist Israel zum Teil widerfahren, bis die Vervollständigung der
Nationen [in den das Licht des Evangeliums in der Welt verbreitenden Ölbaum]
eingehe. Und sodann wird Israel als Gesamtheit gerettet werden, so wie
geschrieben steht: Eintreffen wird der Bergende aus Zion; abwenden wird Er die
Unfrömmigkeit von Jakob (Jes.59:20,21). Und dies ist Mein Bund mit ihnen, wenn
ich ihre Sünden wegnehme (Jer.31:33,34)« (Röm.11:25-27).
Und dann wird es so sein, wie Jesaia
weissagte: »Und es geschieht in den Tagen danach, fest gegründet wird der Berg
Jewes und das Haus Elohims auf dem Gipfel der Berge und getragen von Hügeln. Es
strömen zu Ihm alle Nationen, und es gehen viele Völker und sagen: Kommt und
lasst uns aufsteigen zum Berg Jewes und zum Haus des Elohims Jakobs, dass Er
uns unterweise in Seinen Wegen und wir wandeln in Seinen Pfaden. Denn von Zion
geht das Gesetz hervor und das Wort Jewes von Jerusalem« (Jes.2:2,3). Sollte
eine Nation allerdings nicht zum Laubhüttenfest nach Jerusalem hinaufziehen,
wird sie gezüchtigt und keinen Regen erhalten (Sach.14:17-19).
Vom Dienst des Apostels Paulus, des Apostels
der Nationen, ist hier nicht die Rede. Das ihm enthüllte Evangelium - es ist
anders als das der Zwölf (Gal.1:12; 2:7) - war ein Geheimnis ebenso wie die ihm
gegebene, gegenwärtige heilsgeschichtliche Verwaltung (griech. oikonomia,
Haushaltung, Verfahrensordnung; Eph.3:2; Kol.1:25) ein Geheimnis war. Paulus
ist nur in der ihm gegebenen Frist, in der Gott Sein Wort durch dessen
Heroldsbotschaft offenbart (Tit.1:3), der Apostel der Nationen. Diese unsere
Frist ist in die Zeit der Verwerfung Israels eingeschoben. Nach unserer
Entrückung, der Entrückung der herausgerufenen Gemeinde, die Christi Körper ist
(Eph.1:22,23), wird der Herr Sich Seines Volkes wieder annehmen, es in den
Zornesgerichten der siebenjährigen Endzeit reinigen und zuerst die Juden zu
Seinen Jüngern machen, die dann zu allen Nationen hinausgehen werden.
Israel soll ganze Nationen in den Namen des
Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes taufen.
Eine Taufe »in den Namen« verbindet mit dem
Träger des Namens und drückt Zugehörigkeit aus. Die Getauften erhalten aber
nicht heiligen Geist. Auch in der Zeit der Apostelgeschichte erhielt man
heiligen Geist nicht durch die Taufe; dies geschah erst durch das Auflegen der
Hände (Ap.8:16,17; 19:5,6). Kornelius wurde nach dem Empfang des heiligen
Geistes getauft (Ap.10:47). Nur Israel wird im Millennium den Geist Gottes
erhalten sowie die mit dem auserwählten Volk besonders verbundenen Menschen aus
anderen Nationen, wie Kornelius (Ap.10:2) und die Knechte und Mägde Israels,
wie der Prophet Joel sagt: »Und danach wird es geschehen, dass Ich Meinen Geist
ausgießen werde über alles Fleisch [nach dem Zusammenhang über alles Fleisch
Israels]. Und eure Söhne und eure Töchter werden weissagen, eure Greise werde
Träume haben, eure jungen Männer werden Gesichte sehen. Und selbst über die
Knechte und Mägde [Petrus sagt dafür: »auf Meine Sklaven und Sklavinnen«;
Ap.2:18] werde Ich in jenen Tagen Meinen Geist ausgießen« (Joel 3:1,2: vgl.
Ap.2:16-18 sowie Jes.32:15; Hes.36:27; 39:29; Sach.12:10). Überdies wird Jewe
welche aus den Nationen zu den Nationen senden, damit sie über Seine
Herrlichkeit berichten, und welche von ihnen zu Priestern und Leviten machen
(Jes.66:18-21).
Bei den Taufen ist zu unterscheiden, in wen
oder was hinein getauft wird, etwa in Wasser (Mat.3:11; Joh.1:26,31), in einen
Namen, in heiligen Geist (Mark.1:8) oder - was uns betrifft - in Christus Jesus
hinein, das heißt in Seinen Tod hinein (Röm.6:3). Die Wassertaufe vollzogen sie
damals »auf den Namen Jesu Christi« oder »in den Namen des Herrn« (Ap.2:38;
8:16). Eusebius (ca. 263-339 n. Chr.) zitiert Matthäus 28:19 übrigens gerade
so, nämlich: »Tauft sie in Meinen Namen« (Nestle-Aland: NT Graece, 25. Aufl.).
Die in Matthäus 28:19 verzeichnete Taufformel
ist die des tausendjährigen Königreichs Israels im kommenden Äon. Es ist in den
Namen zu taufen.
Wie lautet der Name des Vaters? »Dein Name
ist Jewe, Deiner allein« (Ps.83:19). Jewe bedeutet »wird-sein-seiend-war«.
Wie der des Sohnes? Jesus. Dies bedeutet
»Jewe ist der Retter«.
Wie lautet der Name des heiligen Geistes? Man
wird ihn wohl »Geist der Wahrheit« (Joh.14:17) nennen.
Vielleicht sind die über den für Christus
gewonnenen Nationen auszurufenden Namen aber auch einfach die genannten: Vater,
Sohn, heiliger Geist.
Der heilige Geist ist Gottes Geist, der auch
Seinem Sohn innewohnt (Mat.1:20; Luk.1:35). Er Selbst wohnt durch Seinen Geist
in unseren Herzen, ebenso wie Christus Selbst (Röm.8:9,10). Der heilige Geist
ist die Präsenz Gottes auf der Erde, denn der Vater Selbst ist der Geist
(Joh.4:24).
Warum wird in Matthäus 28:19 auch der Geist genannt?
Wohl deshalb, weil die Taufe der Nationen ein Ergebnis des Wirkens des
priesterlichen Volkes in der Kraft des Geistes seines Königs Jesus, des
heiligen Geistes also, ist, der die Nationen dann auch in alle Wahrheit leiten
soll.
Die Nationen werden nicht in den Vater, nicht
in den Sohn und nicht in den heiligen Geist getauft werden, sondern nur in
deren Namen hinein. Den Geist des Vaters erhalten sie nicht. (Uns Gläubigen
heute wohnt der Geist Gottes und der Geist Christi inne; Röm.8:9; 1.Kor.12:13;
Eph.1:13).
Und belehren soll Israel die Nationen (Vers
20). Ohne Belehrung keine Festigung im Glauben und kein Wachstum. Und so wird
es geschehen: von Zion wird die Unterweisung der Nationen ausgehen (Jes.2:3).
»Und siehe, Ich bin mit euch alle Tage bis
zum Abschluss des Äons« (Vers 20).
Ja, während des gesamten zukünftigen,
tausendjährigen Äons wird der Herr Jesus Christus bei Seinem Volk und mit
Seinem Volk sein und ihr segensreiches Wirken unter den Nationen lenken. »Und
sie werden Priester Gottes und Christi sein und mit Ihm die tausend Jahre als
Könige herrschen« (Off.20:6).
Seit Seiner Himmelfahrt und noch bis heute,
ja bis zum Abschluss des gegenwärtigen bösen Äons (Gal.1:4) ist Jesus nicht bei
Seinem Volk und auch nicht mit ihnen. Denn noch ist Israel ungläubig, noch ist
es verworfen (Röm.11:15) und der Zorn Gottes kommt im Voraus über sie
(1.Thess.2:16).
Dann aber, bei der Wiederkunft und erneuten Anwesenheit Jesu Christi in
Israel wird sich erfüllen, was schon dem Abraham verheißen wurde: »Ich werde
dich zu einer großen Nation machen, und
Ich werde dich segnen. Ich will deinen Namen groß machen, und du sollst ein
Segen sein. Ich will gewiss segnen, die dich segnen, und Ich werde den
verfluchen, der dir höhnt. In dir sollen alle Familien des Erdbodens gesegnet
werden« (1.Mose 12:2,3). - Amen!
Dieter Landersheim
Höhenstraße 11
65824 Schwalbach a. Ts.
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