Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen
Als unser Herr Jesus Christus das Gleichnis von den zehn
Jungfrauen verkündigte (Mat.25:1-12), nannte Er den Zeitpunkt und den
Bezugsrahmen, sodass es keine Zweifel über die heilsgeschichtliche Einordnung
gibt und man es ohne große Schwierigkeiten verstehen kann. Denn Er sagte: ,,Dann
wird das Königreich der Himmel zehn Jungfrauen gleichen, die ihre Lampen
nahmen und ausgingen, dem Bräutigam entgegen” (Vers 1). ,,Dann” -
das ist, wenn ,,alle
Stämme des Landes wehklagen und den Sohn des Menschen auf den Wolken des
Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit kommen sehen”; ,,dann” - ,,bei
der Anwesenheit des Sohnes des Menschen”, an dem Tage und zu der Stunde, wenn
der Herr kommt; ,,dann”, wenn der Herr eintrifft (Mat.24:30,39,42,44,50). Das
Gleichnis bezieht sich auf das “Königreich der Himmel”. Dies ist das Königreich
des Gottes der Himmel (Dan.2:44), das tausendjährige Königreich Israels
(Ap.1:6), das dem zukünftig wiedergeborenen und gläubigen Israel verheißen
ist. Dies alles geschieht nach unserer Zeit auf Erden. Wir, die Glieder
der Körpergemeinde Christi, befinden uns dann bereits seit unserer Verwandlung
und Entrückung in das überhimmlische Königreich unseres Herrn Jesus Christus
nicht mehr auf der Erde (1.Kor.15:51; 1.Thess.4:13-18; 2.Tim.4:18). Die Endzeit
(Dan.9:27; 12:4), die siebenjährige Zeit des Zornes Gottes und Seines Gerichts,
erleben wir nicht mehr, denn wir sind ,,nicht zum Zorn gesetzt” (1.Thess.5:9),
sondern werden ,,vor dem Zorn gerettet” (Röm.5:9); über Gerechtfertigte und
Versöhnte und mit jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in
Christus Jesus Gesegnete kann ,,die Frist der Rache Jewes” (Jer.51:6) ohnehin
nicht kommen. Der siebzigste Jahrsiebener ist ebenso wie die 69 Jahrsiebener für
Israel ,,abgetrennt” (Dan.9:24), also nicht für uns bestimmt.
Bevor wir fragen, wen die Jungfrauen darstellen, muss Klarheit darüber
herrschen, wer der Bräutigam und die Braut sind und für was die Hochzeit
steht. Der Bräutigam ist der Herr Jesus Christus (Mat.9:15; Mark.2:19;
Luk.5:34;
Off.19:7); die Braut ist Israel (Joh.3:29; Jes.61:10; 62:5), im letzten Äon die
Bewohner der Stadt Jerusalem (Off.21:9,10). Die Hochzeitsfeier ist die Einführung des neuen Bundes
(Jer.31:31-34; Röm.11:26,27); das Feiern währt den gesamten Königreichsäon
lang (Heb..4:1-11).
Wer sind die Jungfrauen? Unterscheidend gefragt: Wer sind
die fünf besonnenen Jungfrauen? Wer geht mit zur Hochzeitsfeier hinein
(Mat.25:10)? Wer sind die zur Hochzeit Geladenen (Off.19:9)? Wer nimmt teil an
der Freude Israels? Das sind die Nationen, die im Königreich am Segen Israels
teilhaben (1.Mose 12:3; Jes.49:6; Hes.34:26; Sach.8:13). Das sind die Nationen,
,,über die Mein Name angerufen wird, sagt der Herr, der dies tut” (Ap.15:17;
Amos 9:11,12).
Dies alles betrifft die gegenwärtige heilsgeschichtliche
Verwaltung der Gnade Gottes, mit der der Apostel Paulus betraut wurde
(Eph.3:2,8,9); Kol.1:25), überhaupt nicht. Heute ist Christus nicht bei Israel -
verworfen hat Er es
(Röm.11:15) -,
sondern Er ist unter
den Nationen (Kol.1:27). Ohne die Vermittlung Israels, das zur Zeit kein
,,königliches Priestertum” und keine ,,heilige Nation” ist (vgl.
1.Pet.2:9), wurden wir gerettet und gesegnet.
Einen guten Aufschluss gibt uns Psalm 45. Darin ist vom König
die Rede, dessen Thron für den Äon und weiterhin bestehen wird (V.3-l0a), von
Seiner Gemahlin zu Seiner Rechten in gleißendem Ophirgold (V.10b-15a) und in
den Versen 15b und 16 von den Jungfrauen: ,,Jungfrauen, ihre Gefährtinnen, nach
ihr, werden zu Dir hineingebracht. Sie werden mit Freude und Frohlocken geholt
werden, sie sollen in den Palast des Königs kommen.” Da bleibt nur übrig zu
rufen: ,,Seid fröhlich, ihr Nationen, mit Seinem Volk!” (Röm.15:10; 5.Mose
32:43). Wir, die wir dies im Glauben erkennen dürfen, freuen uns heute schon über
das zukünftige Jauchzen Israels und der mit ihm gesegneten Nationen.
Das Gleichnis von den zehn
Jungfrauen hat manche Parallele zu dem von den Schafen und Ziegenböcken
(Mat.25:31-46). Wenn der Sohn des Menschen gekommen ist, wird Er auf dem Thron Seiner
Herrlichkeit sitzen und alle Nationen richten (Joel 4:1-3; Jes.34:8; Jer.25:31).
Den fünf besonnenen Jungfrauen entsprechen die Nationen, die zur Rechten des Königs
gestellt werden, die Gesegneten des Vaters; sie werden das Losteil des Königreichs
einnehmen, ,,das euch vom Niederwurf der Welt an bereitet ist” (V.34). Die fünf
törichten Jungfrauen erkennen wir in denen zur Linken des Königs wieder
(V.33+41). Die Nationen zur Linken gehen in die äonische Strafe in Gestalt des
äonischen Feuers (V.41+46). Hier ist nicht von einer Strafe zur Ahndung (griech.
timōria) die Rede, sondern von der erziehenden Strafe (griech. kolasis).
Feuer symbolisiert Drangsal. Die Drangsal besteht darin, dass sie von den Überwindern
aus Israel mit eiserner Keule regiert werden, ,,wie man Töpfergefäße zertrümmert”
(Off.2:27; Ps.2:9).
Der Apostel Petrus schreibt:
,,Um so stetiger halten wir uns an das prophetische Wort, und ihr tut trefflich,
darauf Acht zu geben (wie auf eine Leuchte, die an einem trüben Ort
scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht) in euren Herzen”
(2.Pet.1:19). Eine Lampe ohne Öl ist keine Leuchte. Mögen die Nationen darum
in der Endzeit auf das prophetische Wort achten, damit sie Öl in ihren Lampen
haben und dieses geistgewirkte Wort sie leite. Wer das äonische Evangelium, die
für den Königsreichsäon bedeutsame Wohlbotschaft, beachtet: ,,Fürchtet Gott und gebt Ihm
die Verherrlichung!” (Off.14:7) und mithin das wilde Tier (den Menschen der
Gesetzlosigkeit; 2.Thess.2:3) und sein Bild nicht anbetet (Off.14:9), der wird
an der Hochzeitsfeier des Lämmleins und der Braut teilnehmen. ,,Glückselig
sind die zum Hochzeitsmahl des Lämmleins Geladenen!” (Off.19:9).
Dieter Landersheim
Höhenstraße 11
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