zurück zur Homepage

David, Psalmen in allen Lebenslagen

 

Unter den Männern des Alten Testaments ragt in besonderer Weise die Persönlichkeit Davids hervor, dessen Leben von früher Jugend bis ins hohe Alter ausführlich beschrieben ist. Er begegnet uns auch in den Schriften des Neuen Testaments, wo von seinem größten Sohn die Rede ist, der den Thron Seines Vaters für die Äonen einnehmen wird (Luk.1:32,33). Sein Name bedeutet dem hebräischen Wortstamm nach Zärtlichkeit, herzliche Freundschaft, innige Liebe; gemeint ist die Liebe, die durch die Vorzüge ihres Gegenstandes hervorgerufen wird. Ein vollständiges Bild dieses Mannes nachzuzeichnen ist in dem Folgenden nicht beabsichtigt. Wir können seinen Werdegang als Hirtenjunge, Knecht des Königs Saul, Krieger und Flüchtling, Feldherr und König, Staatsmann und Familienvater, Psalmsänger und Prophet nur zusammenfassend aufzeigen, um das für diese Betrachtung Wichtige herauszustellen.

Dabei wollen wir uns dreier verschiedener Lebensbilder bedienen und David mit den Augen eines Geschichtsschreibers sehen, der zumeist die äußeren Tatsachen und Ereignisse registriert hat, sodann sein Familienleben betrachten und zuletzt Blicke in das Herz des bedeutenden Mannes tun und sein Innenleben aufzeigen, das er sehr freimütig in Psalmen dargelegt hat. Um dieses Letzte, die geistliche Größe dieses Mannes zu verstehen, müssen wir jedoch zunächst die beiden anderen Lebensbilder nachzeichnen.

 

Geschichtliche Chronik

David war der jüngste von acht Söhnen des Judäers Isai aus Bethlehem, ein Urenkel des Boas und der Moabitin Ruth (1.Sam.16; Ruth 4:18-22). Er begegnet uns in der Heiligen Schrift zuerst als Hirtenjunge, der die Herden seines Vaters hütet und sich dabei als tapferer Mann zeigt, der sowohl den Löwen wie auch den Bären schlägt (1.Sam.17:34-36). Gott, der nicht auf das Äußere des Menschen sieht, sondern ihre Herzen beurteilt (1.Sam.13:14; 16:7), erwählte ihn zum Nachfolger des ungehorsamen Königs Saul. Von der Stunde an, da Samuel, noch verborgen vor König und Volk, ihn salbte und damit kundtat, dass Gott ihn in Seinen Dienst berief, kam der Geist Gottes über ihn.

Der durch einen üblen Geist geängstigte König Saul suchte Entspannung durch einen des Saitenspiels kundigen Mann. Gottes Weisheit fügte es, dass David, dieser Kunst mächtig, an den Hof des Königs berufen wurde. Saul gewann ihn lieb, machte ihn zu seinem Waffenträger und fand beim Spiel Davids Entspannung (1.Sam.16:14-23). Als Saul mit den Philistern Streit hatte, und David bei einem Besuch seiner Brüder ins Heerlager kam, vernahm dieser die Herausforderung des schwer bewaffneten Vorkämpfers Goliath, der die Schlachtreihen des lebendigen Gottes höhnte. David trat ihm im Namen Jewes der Heerscharen mit der Hirtenschleuder entgegen und tötete ihn. Von da ab nahm Saul ihn ganz zu sich (1.Sam.17; 18:2).

Doch als Saul und David vom Streit zurückkehrten, und das Volk David wegen seiner Tapferkeit mehr zujubelte als dem König, da wurde dieser von Eifersucht und Furcht erfüllt, den Wegbereitern von Hass und Feindschaft. Als Saul wieder einmal von dem üblen Geist bedrängt wurde und David zu seiner Beruhigung aufspielte, da suchte dieser ihn mit seinem Speer zu töten. Als dies jedoch misslang, setzte ihn Saul in übler Absicht zum Obersten über tausend Krieger ein, um ihn so den Gefahren des Philisterkrieges auszusetzen. Doch als auch dies nicht zum gewünschten Erfolg führte, ging Saul zur offenen Feindschaft über, und David wurde fortan zum Flüchtling (1.Sam.18-20).

In dieser für David so gefahrvollen Zeit gab es aber auch einen Lichtblick in seinem Leben. Als Hofmann und Krieger gewann er die Freundschaft des Königssohnes Jonathan, die alle Feindschaft Sauls nicht zerstören sollte. David aber floh zu den Feinden Israels, den Philistern. - Bedenken wir, wie sehr in diesem Geschehen Davids Vertrauen in Gottes Verheißung auf die Probe gestellt wurde. Beachten wir auch, welch ein langer und mühevoller Weg dem Gesalbten Gottes beschieden war, und das in sehr jungen Jahren, die zumeist von Sturm und Drang gekennzeichnet sind.

Als die Philister David erkannten und gefangen nehmen wollten, stellte dieser sich wahnsinnig und entfloh in die Höhle Adullam (1.Sam.21). Hier versammelten sich um ihn seine Verwandten sowie eine Schar von Bedrängten und Unzufriedenen, etwa 400 Mann. Seine Eltern aber brachte David bei dem Moabiterkönig in Sicherheit. Diese Zeit der überstürzten Flucht beendete ein Auftrag Gottes, nach Judäa zurückzukehren (1.Sam.22). Als die Philister die Stadt Kehila bedrängten, befragte David den Herrn und erhielt den Auftrag, die Stadt zu befreien. Als Saul von Davids Aufenthalt in der Stadt erfuhr, beschloss er, ihn daselbst zu vernichten. David aber entfloh mit etwa 600 Mann, und nun begann eine jahrelange, zermürbende Verfolgungsjagd. In dieser Zeit geriet der König zweimal in die Hände Davids. Doch dieser weigerte sich, die Hand an den Gesalbten Gottes zu legen. Er offenbarte damit eine edle Herzensgesinnung, die bei Saul nicht ohne Eindruck blieb (1.Sam.23; 24; 26).

David aber, von den ständigen Spannungen dieses Lebens zermürbt, zog nun mit seinen Mannen über die Grenze in das Land der Philister und trat in ihre Dienste ein. Sechzehn Monate lang ließ Gott David diesen selbsterwählten Weg bis zum bitteren Ende gehen. Er musste als Feind seines Volkes Israel erscheinen, konnte dies jedoch mit seinem Herzen nicht vereinbaren. So betrog er den Philisterkönig über das Ziel seiner Raubzüge und überfiel Landstriche benachbarter Völkerschaften, erbarmungslos alle tötend, damit seine Unwahrhaftigkeit nicht durch einen Gefangenen aufgedeckt werden konnte (1.Sam.27).

Als David eines Tages von einem solchen Raubzug an den Aufenthaltsort Ziklag zurückkehrte, fand er den Ort mit Feuer zerstört und alle Angehörigen entführt. Als Davids Mitstreiter daraufhin meuterten und dieser in große Bedrängnis geriet, da erinnerte er sich an etwas, was er lange nicht getan hatte, er stärkte sich an Gott und befragte Ihn. Gott antwortete ihm, und auf des Herrn Weisung verfolgte er die amalekitische Streifschar und führte unversehrt Frauen und Kinder und allen Besitz zurück, dazu eine große Beute (1.Sam.29; 30). Zwei Tage später wurde David die Nachricht vom Tode Sauls und Jonathans überbracht. Davids Totenklage war von bewegender Teilnahme und frei von allen Rachegefühlen (2.Sam.1).

Kurze Zeit danach befragte David erneut den Herrn und zog aus der Philister Land nach Hebron. Dort salbte ihn der Stamm Juda zum König (2.Sam.2). David war damals 30 Jahre alt (2.Sam.5:4). Viele Jahre waren seit seiner Salbung als Hirtenjunge durch Samuel vergangen. Er hatte in sehr jungen Jahren einen erbarmungslosen Kampf auf Leben und Tod zu bestehen gehabt, und dies als Gesalbter Gottes. Das war eine harte Zeit der Schule Gottes gewesen, um das zu werden, wofür Er ihn erkoren hatte.

Siebeneinhalb Jahre war David König über Juda zu Hebron. Die übrigen Stämme Israels waren Isboseth, einem Sohne Sauls, hörig. Auch dies war eine Zeit beständiger Kriege mit den Philistern, aber auch den Stämmen Israels, wobei David jedoch seine Herrschaft immer mehr befestigen konnte. Nach dem Tode Isboseths salbte man ihn dann auch zum König über die anderen Stämme, sodass er nun König über ganz Israel war (2.Sam.5).

Seine erste Tat als König des ganzen Volkes bestand darin, die Jebusiterstadt Jerusalem, die auf der Grenze zwischen dem Land Juda und Benjamin lag und die für uneinnehmbar galt, zu erobern. Er machte diese Bergfeste zur Hauptstadt und errichtete dort seinen Königspalast. Kriege mit den Philistern und Syrern und den anderen umliegenden Völkern, die David mit des Herrn Hilfe bestritt, kennzeichnen auch diese Jahre seiner Regierung über Israel. Dabei konnte er das Reich so weit ausdehnen, dass zu einem großen Teil die Grenzen der Verheißung erreicht wurden (4.Mose 34).

Das ausgedehnte Reich erforderte eine umfassende Organisation der Verwaltung und des Heeres. David bewährte sich als Staatsmann und Feldherr, indem er weitsichtig handelte. Am Hof richtete er das Amt des Kanzlers und des Staatsschreibers ein, umgab sich mit Ratgebern, setzte Verwaltungsbeamte und Richter ein. Im militärischen Bereich hatte er einen Oberbefehlshaber des Heeres, das in zwölf Heeresabteilungen mit monatlicher Dienstablösung gegliedert war. Es gab einen Befehlshaber der Leibwache, und seine Gefährten aus den Jahren der Flucht vor Saul nahmen als Helden, deren Taten gerühmt und bewundert wurden, einen besonderen Rang ein (2.Sam.8:15-18; 20:23-26; 1.Chron.26; 27).

Sobald David militärisch etwas zur Ruhe kam, begann er Jerusalem auch zur gottesdienstlichen Mitte des Landes auszubauen. Er ließ in feierlichem Zug die Bundeslade, die lange Zeit in Kirjath-Jearim gestanden hatte, nach Jerusalem holen und in einem dafür aufgeschlagenen Zelt aufstellen (1.Sam.7; 2.Sam.6). Damit wurde der tägliche Gottesdienst wieder aufgenommen. David hatte entscheidenden Anteil an der Neuordnung des Dienstes der Priester, Sänger, Torhüter und Verwalter der Weihegaben. Als Dichter und Musiker lagen ihm besonders die Sänger, ihre Lieder und ihre Musik zum Lobe Gottes am Herzen, und er wirkte durch zahlreiche eigene Psalmen mit.

Auch als König Israels wurde David durch manche Tiefen geführt. Ihm blieben schmerzhafte Demütigungen und Flucht vor den eigenen Söhnen und seinen engsten Ratgebern nicht erspart. Doch konnte David, der in allem Gottes Hand erkannte, immer wieder festen Fuß fassen und zeichnete sich dadurch aus, dass er seinen Gegnern Barmherzigkeit widerfahren ließ (2.Sam.13-20).

Aus Dankbarkeit über die Fülle der Segnungen Gottes erwuchs in ihm der Wunsch, die Bundeslade Gottes aus der provisorischen Zeltwohnung in ein festes, geschmücktes Haus zu überführen. Doch es entsprach nicht dem Willen Gottes, dass David, der als Kriegsmann viel Blut vergossen hatte, dies tat. Er entschied, dass erst sein Sohn dieses lobenswerte Vorhaben ausführen sollte. Doch David sammelte dafür die Mittel, stellte Material bereit und ließ die Pläne dieses Bauwerkes zur Ehre Gottes erstellen (2.Sam.7; 1.Chron.17; 22; 28; 29). Als David eine Volkszählung veranstaltete, um die Größe seines Reiches festzustellen, schlug Gott das Land mit der Pest. David demütigte sich, und Gottes Barmherzigkeit hielt den strafenden Boten vor Jerusalem auf der Tenne des Jebusiters Aravna an. Der König erhielt durch den Propheten Gad den Auftrag, daselbst dem Herrn einen Altar zu errichten. Damit wurde ihm der Ort bezeichnet, an dem sein Sohn später den Tempel errichten sollte (2.Sam.24; 2.Chron.3).

Alt und müde gab David nach vierzigjähriger Königsherrschaft die Regentschaft an seinen Sohn Salomo ab. Er durfte damit den sicheren Übergang der Nachfolge erleben und übergab die ungelösten Aufgaben an ihn weiter. Er starb siebzigjährig und wurde in Jerusalem, seiner Königsstadt, beigesetzt (1.Kön.2:10).

Damit wollen wir den zusammengefassten Bericht des sehr bewegten Lebens Davids aus der Sicht des Geschichtsschreibers abschließen und in dem Folgenden einen Blick in sein Familienleben werfen.

 

Familiäre Chronik

Auch dieser Teilabschnitt aus dem Leben Davids vermittelt uns einen Einblick in ein bewegtes Dasein mit Höhen und Tiefen. Dabei wird deutlich, dass David hier am stärksten gefährdet war.

In sehr jungen Jahren gab ihm Saul seine Tochter Michal zur Frau (1.Sam.18:17-30). Dieser hoffte, David damit schaden zu können. Doch Michal liebte David so sehr, dass sie ihm zur Flucht verhalf, als Saul, ihr Vater, ihn zu töten suchte (1.Sam.18; 19). Saul verband sie später mit einem anderen Mann (1.Sam.25:44). Als David nach Sauls Tod König zu Hebron wurde, forderte er Michal zurück (2.Sam.3:12-16). Einige Jahre später überführte David unter dem Jubel der Bevölkerung die Bundeslade Gottes nach Jerusalem. Dabei tanzte er vor Freude, mit dem Leibrock des Priesters angetan, die Bundeslade begleitend. Darauf verachtete ihn Michal, seine erste Frau. Ihr Spott traf auf eine scharfe Antwort Davids. Die Ehe blieb kinderlos (2.Sam.6:12-23).

Während der langen Jahre der Flucht vor Saul nahm David zwei weitere Frauen, die ihm Kinder schenkten. Damals war die Vielehe und der damit verbundene Kindersegen ein Zeichen von Reichtum und Ansehen. Als David dann König über Juda wurde, erwählte er in Hebron Maacha von Gesur zur Frau, die ihm Absalom gebar. Darüber hinaus hatte er aber noch weitere Nebenfrauen, die den Kindersegen vermehrten.

Diese Liebe zu den Frauen wurde David zum Verhängnis. Auf der Höhe seiner Macht, als er König über Israel war, stürzte er in die tiefste Sünde. Er ließ in Jerusalem Bath-Seba, die Frau seines alten Kampfgefährten Uria, der im Krieg gegen die Ammoniter stand, zu sich holen. Als dem König dann gemeldet wurde, dass Bath-Seba ein Kind von ihm erwarte, beorderte er Uria zurück nach Jerusalem. Doch dieser weigerte sich vor dem ganzen Hof, sein Haus zu betreten. Dieser Sieg über David sollte ihn das Leben kosten. David gab seinem Heerführer Joab Auftrag, ihn zu beseitigen. Er wusste es geschickt einzurichten, dass Uria im Kampf fiel. Nach Ablauf der Trauerfrist nahm David dann Bath-Seba zur Frau, und sie schenkte ihm einen Sohn.

Doch Gott schwieg nicht! Er sandte den Propheten Nathan, um des Königs Sünde aufzudecken. Dabei sprach David unbewusst über sich selbst ein Todesurteil aus. Als er jedoch erkannte, dass er der Sünder war, der solche Strafe verdient hatte, da demütigte er sich unter Gottes Hand. Gott vergab ihm in Seiner Gnade, doch kündigte Er an, dass von seinem Hause das Schwert nicht mehr weichen würde (was bis heute zutrifft), seine Frauen öffentlich einem anderen übergeben würden und der eben geborene Sohn sterben müsse. Gottes Vergebung schloss jedoch die Ehe mit Bath-Seba ein, aus der ihm dann sein Nachfolger Salomo geboren wurde.

Ein Geschichtsschreiber hätte über diese Verfehlungen des großen Königs wohl kaum ausführlich berichtet. Gott aber tut es schonungslos in Seinem Wort. Er zeigt das Bild der Menschen, auch das Seiner Gesalbten, so wie es ist (2.Sam.11; 12)!

Von da an stand Davids Leben unter Gericht und Gnade Gottes. Die nun auf ihn einstürmenden Bedrängnisse gingen von dem Bereich aus, den er bisher zu leicht genommen hatte: seiner Großfamilie, die durch die vielen Frauen und ihren Kindersegen entstanden war. Der älteste Königssohn Amnon vergriff sich an seiner Halbschwester Thamar. Als David tatenlos zusah, übte sein Sohn Absalom blutige Rache. David jedoch nahm auch dies hin. Absalom sah darin eine Schwäche des Königs und bereitete einen Aufstand gegen seinen Vater vor. Als er Jerusalem besetzte, musste David unter großen Demütigungen fliehen. Die zurückgelassenen Nebenfrauen machte Absalom öffentlich zu seinen Frauen. So vollzog sich das durch den Propheten Nathan angekündigte Gericht. Es kam zu einem Kampf zwischen den Truppen Davids und Absaloms. Obwohl David Anweisung zur Schonung des Lebens seines Sohnes gab, wurde dieser getötet. Der König kehrte in tiefer Trauer in seine Residenz zurück. Dabei gewährte er allen seinen Feinden Barmherzigkeit, weil er in diesem Geschehen Gottes Gericht erkannte (2.Sam.13-19).

Später, im hohen Alter, wurde David von seinem jetzt ältesten Sohn Adonia hintergangen. Die Nachsicht des Vaters verleitete ihn, nach der Königswürde zu greifen. Doch der Prophet Nathan und Bath-Seba konnten David noch einmal zum Handeln bewegen, und Salomo wurde zum rechtmäßigen König gesalbt (1.Kön.1).

Dieses Familienbild zeigt uns David als Mann und Vater mit starken Schwächen. Seine Frauenliebe verleitete ihn zu Mord und Ehebruch. Seine Liebe zu den Söhnen machte ihn zu nachgiebig. Er vernachlässigte darüber seine väterlichen und königlichen Pflichten. In diesen Begebenheiten erfuhr David Gottes Gericht, aber auch Seine große Gnade.

 

Die Chronik des Herzens

Dieser geschichtliche und familiäre Hintergrund war erforderlich, damit wir nun den Psalmsänger David verstehen können, der Lieder in allen Lebenslagen gesungen hat, die eine tiefe Weisheit und innige Gottverbundenheit bekunden. Hier dürfen wir Blicke in sein Herz tun. Nicht der Krieger, Feldherr, König und Staatsmann, auch nicht der Familienvater offenbart uns diese Seite seines Lebens. Hier geht es um die ganz persönliche Beziehung Davids zu seinem Gott, und die ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir sein Leben würdigen wollen.

Auch in unserem Leben ist es nicht entscheidend, welche einzelnen großen Taten oder Erfolge wir aufzuweisen haben. Diese sind vergänglich wie alles in der Welt. In diesem Punkt werden wir so nackt von dieser Welt gehen, wie wir sie betreten haben. Doch von grundlegender Bedeutung ist unser eigenes, ganz persönliches Verhältnis zu Gott, das sich nicht lautstark nach außen hin zeigt, sondern in erster Linie im Herzen vollzieht, das sich in der Kammer hinter verschlossener Tür bestätigt und im Reden mit Gott zeigt, d.h. im Gebet, durch Danksagung, Lobpreis und vertrauensvolle Fürbitte. Hier vollzieht sich das wahre Leben. Es ist auf die Erfahrung der Gnade Gottes und die Darreichung Seiner Kraft in Schwachheit ausgerichtet (2.Kor.4:16-18; 12:9), um in allem Ausdauer und Geduld mit Freuden zu bewahren. Es zeichnet sich durch Standhaftigkeit des inwendigen Menschen aus, durch ein stilles, beständiges Wachsen in der Erkenntnis und ein Fruchtbringen im Geist (Eph.3:16; Kol.1:10; Gal.5:22). Ein solches Leben kann auf allen Stufen menschlichen und sozialen Daseins geführt werden, als König und Müllfahrer, als Jugendlicher und Greis, als Mann und Frau, als Schwarzer und Weißer.

Als Gott einst Samuel anwies, von Saul Abstand zu nehmen und einen von Isais Söhnen, nämlich David, zu salben, da sagte Er zu Seinem Propheten: «Jewe sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das Äußere, aber Jewe sieht auf das Herz» (1.Sam.16:7)! In diesem Bereich ist David der Geliebte Gottes. Die Handschrift seines inwendigen Lebens ist größer und wertvoller als die augenscheinliche seiner äußeren Tätigkeit. In 73 Psalmen hat er sie uns hinterlassen, aus denen wir in dem Folgenden einiges nachlesen wollen.

 

Psalmen in jungen Jahren

Einige der Psalmen Davids lassen sich zeitlich gut einordnen, da in der Überschrift der Anlass ihres Entstehens genannt ist. Dabei ist auffallend, dass David schon in sehr jungen Jahren geistliche Lieder verfasst hat und die Mehrzahl seiner Gesänge in Zeiten großer Bedrängnis entstanden ist.

Als Saul Davids Haus bewachen ließ in der Absicht, ihn zu töten, da sang er: «Befreie mich von meinen Feinden, o mein Gott! Setze mich in Sicherheit vor denen, die sich wider mich erheben... Starke rotten sich wider mich ohne meine Übertretung und ohne meine Sünde, Jewe! Ohne eine Schuld meinerseits laufen und bereiten sie sich; wache auf, mir entgegen, und sieh» (Ps.59:2-5)! Doch dann geht sein Blick weg von dem eigenen Los auf den Gott der Heerscharen hin, den Gott Israels, und die Auseinandersetzung des Volkes mit den Nationen. Und daraus ergibt sich für ihn die ganz persönliche Zuversicht: «Gott ist meine hohe Feste. Mein Gott wird mir mit Seiner Güte zuvorkommen» (Ps.59:10,11). Das aber ist ihm dann Anlass, in Bezug auf die Vergangenheit und die gegenwärtige Situation zu lobsingen: «Ich aber will singen von Deiner Stärke und des Morgens jubelnd preisen Deine Güte; denn Du bist mir eine hohe Feste gewesen und eine Zuflucht am Tage meiner Bedrängnis. Dir, meine Stärke, will ich Psalmen singspielen; denn Gott ist meine hohe Feste, der Gott meiner Güte» (Ps.59:17,18).

Welch ein persönliches Verhältnis Davids zu Gott spiegelt sich in diesen Worten wider, wenn er immer wieder von seinem Gott, von seinem Verfüger spricht! Wie hätten wir, etwa zwanzigjährig, in einer solchen Lage wohl reagiert? Davids Sohn Salomo, den das Leben seines Vaters beeindruckt hat, schrieb später an die junge Generation seiner Zeit (Spr.1:4): «Erkenne Ihn [Jewe] auf allen seinen Wegen, und Er wird deine Wege gerade machen» (Spr.3:6). Das heißt schaue nicht auf die vordergründige Situation, sondern sieh deinen Gott, der dich hineingeführt hat und der dir darin einen ebenen Pfad bereiten wird. Paulus aber, der leidgeprüfte Zeuge Gottes, spricht von dem beseligenden Wissen, dass Gott denen, die Ihn lieben, alles zum Guten zusammenwirkt (Röm.8:28). Sehen auch wir in allen oft so undurchdringlichen Situationen unseres Lebens das Gottgewirkte Muster Seiner Liebe? Wenn uns dies zu gewissen bedrängenden Stunden nicht gegenwärtig ist, so lasst uns Rückschau halten und für vergangenes Erleben unseren Gott und Vater preisen. Solche Lobgesänge werden dann die vermeintliche Dunkelheit um uns herum erhellen.

Sehr früh schon erkannte David, dass man Gott nicht mit einzelnen großen Taten imponieren kann, sondern dass die Gesinnung des Herzens ausschlaggebend ist: «Nahe ist Jewe denen, die zerbrochenen Herzens sind; und die zerschlagenen Geistes sind, die rettet Er» (Ps.34:18). Auch erkannte Er, dass er seine Wege nicht selbst einrichten konnte, sondern dass Gott über ihn verfügte: «Du bist mein Gott [mein Verfüger]! In Deiner Hand sind meine Zeiten» (Ps.31:15,16). Dieses Wissen musste er jedoch mit jeder Situation neu praktisch anzuwenden lernen. So blieb ihm Furcht nicht erspart, aber sie wurde zum Trieb, sein Vertrauen auf Gott zu setzen (Ps.56:4). Als er auf der Flucht vor Saul von den Philistern ergriffen wurde, entrang sich seinem Herzen nach flehentlichen Hilferufen folgendes Glaubenslied: «Dieses weiß ich, dass Gott für mich ist! Auf Gott vertraue ich, ich werde mich nicht [länger] fürchten; was sollte der Mensch [der Sterbliche] mir tun?» (Ps.56:12). Worauf aber gründet sich seine Zuversicht? Es ist Gottes Wort und Zusage, die ihm zuteilgewordene Salbung, auf die er vertraut. «Jewes Worte sind reine Worte, Silber, das geläutert in dem Schmelztiegel zur Erde fließt, siebenmal gereinigt» (Ps.12:7). Die in diesem Vers zum Ausdruck gebrachte Hochachtung vor der Vollkommenheit und Glaubwürdigkeit des Wortes Gottes zeigt uns Davids festen Stand.

Wohin werfen wir den Anker des Glaubens aus, wenn Furcht und Sorgen wie dunkle Schatten uns umschleichen? Ist uns dann Gottes Verheißungswort ein ausreichender und unerschütterlicher Felsengrund? Es ist auch für uns nötig und heilsam, in den Stürmen des Lebens geschüttelt zu werden, um immer wieder neu unser Vertrauen auf den zu setzen, der uns liebt (Röm.8:38,39), der uns berufen hat zur Gemeinschaft Seines Sohnes (1.Kor.1:9) und zur Aneignung Seiner Herrlichkeit (Phil.3:20,21). Der tägliche Ringkampf des Glaubens ist eine gesegnete Übung, um zu erstarken und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren (Phil.3:14; Kol.3:1-4).

 

Psalmen in Kampf und Not

Die Tiefenwege, die Gott mit David gegangen ist, waren letztlich Wege des Segens. Als David vor Saul floh und in einer Höhle Unterschlupf fand, da entrang sich seinem Herzen zuletzt folgender Gesang: «Befestigt ist mein Herz, o Gott, befestigt ist mein Herz! Ich will singen und Psalmen singspielen. Wache auf, meine Seele! Wache auf, Harfe und Laute, ich will aufwecken die Morgenröte. Ich will Dich preisen, Herr, unter den Völkern, will Dich unter den Völkerschaften besingen. Denn groß bis zu den Himmeln ist Deine Güte und bis zu den Wolken Deine Wahrheit. Erhebe Dich über die Himmel, o Gott! Über der ganzen Erde sei Deine Herrlichkeit» (Ps.57:8-12).

Zu solchen Lobgesängen will Gott auch uns Veranlassung geben. Sie entstehen aber nicht in Oasen der Ruhe und Geborgenheit. Als Paulus und Silas in Philippi mit Ruten gepeitscht worden waren und man sie in den untersten Kerker geworfen und die Füße im Stock gesichert hatte, da stimmten sie um Mitternacht einen Lobpreis Gottes an, der gesegnete Auswirkungen haben sollte (Ap.16:25).

Am Ende allen Kampfes, da David Ruhe vor Saul und allen Feinden gefunden hatte, fasste er die Erfahrung vieler Jahre in die Worte zusammen: «Ich liebe Dich, Jewe, meine Stärke! Jewe ist mein Fels und meine Burg und mein Erretter; mein Gott, mein Hort, auf Ihn werde ich trauen, mein Schild und das Horn meines Heils, meine hohe Feste» (Ps.18:2,3). Welch eine Anhäufung Gott erhebender Attribute! Und er fährt fort: «Gott – Sein Weg ist vollkommen; Jewes Wort ist geläutert; ein Schild ist Er allen, die auf Ihn trauen. Denn wer ist Gott [d. h. ein solcher Verfüger] außer Jewe, und wer ein Fels als nur unser Gott? Der Gott, der mich mit Kraft umgürtet und meinen Weg vollkommen macht» (Ps.18:31-33). Welch eine gesegnete Erkenntnis ist ihm in diesen Jahren doch zuteil geworden, um sie anderen weiterzureichen!

Doch würden wir der Wahrheit nicht völlig gerecht, wenn wir sagen würden, dass Gott nur die Einengungen gibt, die solchen Liedern vorangehen. Er gibt nicht nur den dunklen Hintergrund, Er wirkt auch das helle Licht, das auf diesem erstrahlt: Er Selbst gibt Lobgesänge in der Nacht (Hiob 35:10). «Er hat in meinen Mund ein neues Lied gelegt, einen Lobgesang unserem Gott» (Ps.40:4), so bekennt David und tritt damit als Verfasser der Psalmen hinter den zurück, der alles bewirkt!

 

Psalmen in Einengungen und Demütigungen

Schmerzlicher noch als die Jahre der Flucht vor Saul waren die Demütigungen, welche David aus seiner eigenen Familie zuteil wurden. Doch die vorangegangenen leidvollen Erfahrungen hatten seinen Blick geweitet, um die richtige Stellung einzunehmen und mit Gott nicht zu hadern. Als er schmachvoll vor seinem eigenen Sohn Absalom mit einigen wenigen Getreuen in die Wüste Juda fliehen musste, da sang er: «Gott, Du bist mein Gott! Frühe suche ich Dich. Es dürstet nach Dir meine Seele, nach Dir schmachtet mein Fleisch in einem dürren und lechzenden Lande ohne Wasser, - gleichwie ich Dich angeschaut habe im Heiligtum, - um Deine Macht und Deine Herrlichkeit zu sehen. Denn Deine Güte ist besser als Leben; meine Lippen werden Dich rühmen» (Ps.63:2-4). David erkennt, dass ihm auch diese Anfechtung von Gott auferlegt ist: Gott, Du hast also über mich verfügt! Er ist darum ohne Bitterkeit und ohne Furcht: «Viele sagen von meiner Seele: ,Es ist keine Rettung für ihn bei Gott!’ Du aber, Jewe, bist ein Schild um mich her, meine Herrlichkeit, und der mein Haupt emporhebt» (Ps.3:3,4). Solche Zuversicht in dieser Lage zu haben, das kündet von großem Vertrauen in Gottes Erziehungswege.

Haben auch wir schon erkannt, dass das Einengende in unserem Leben Wege erziehender Gnade Gottes sind? Ist uns bewusst, dass Gott als ein liebender Vater in Seiner großen Weisheit und Voraussicht durch Täler der Demütigung führt, um uns zu segnen? Haben wir schon festgestellt, dass solche Zeiten uns die Augen für Gottes Güte öffnen, um das Gute recht würdigen zu können? Und ist uns auch bewusst geworden, dass Er uns nicht aus jeder üblen Lage befreit, wenn wir darum bitten, sondern dass wir zunächst unsere Lektion 1ernen müssen, Gott in ihr zu preisen? Auch Paulus musste dies lernen, und der Herr versicherte ihm: «Dir genügt Meine Gnade; denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht» (2.Kor.12:9). Aus dieser Erfahrung spricht er uns zu, nicht nur für alles, also auch jedes Üble zu danken, sondern in allem, das heißt in jeder Lage Dankpsalmen anzustimmen (1.Thess.5:17); denn dann zerreißen die Nebelschleier der Ausweglosigkeit, dann weichen die bedrückenden Gedanken des Zweifels, dann wird uns in Bedrängnis Raum gemacht (Ps.4:2).

David hat dies immer wieder praktiziert, so dass er frohlocken konnte: «Jewe ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Jewe ist meines Lebens Feste, vor wem sollte ich erschrecken? Denn hätten mein Vater und meine Mutter mich verlassen, so nähme doch Jewe mich auf» (Ps.27:1,10)! Wir merken, dass aus diesen Worten nicht Theorie spricht, son­dern glaubensvolle Erfahrung.

Dies bringt auch der Hirtenpsalm zum Ausdruck, der ungezählten leidgeprüften Menschen zum Zuspruch sein durfte. David erinnert sich hier an seine Jugendzeit, da er als Hirte die Herden seines Vaters bewachte, eine verantwortliche und schwere Aufgabe, die eine gute Kenntnis der Herde, ihrer Bedürfnisse nach rechten Weide- und Ruheplätzen voraussetzte und Mut abverlangte, wenn es galt, gegen wilde, reißende Tiere anzukämpfen. In dieser Weise steht nun der Herr vor den Augen des Psalmisten, und unter Seiner starken bewahrenden Führung wird ihm Ruhe und Zuversicht zuteil: «Jewe ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er lagert mich auf grünen Auen. Er führt mich zu stillen Wassern. Er erquickt meine Seele, Er leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit um Seines Namens willen.» Doch der Psalmsänger hat auch erfahren, dass es dunkle Lebenswege gibt, wo Gott nicht sichtbar, aber doch nahe ist, denn Sein Stecken und Stab sind hörbar am Klopfen und spürbar am Leiten. So wechselt denn der Psalmsänger die Form seines Liedes und redet mit seinem Gott betend weiter: «Auch wenn ich wanderte im Tal des Todesschattens, fürchte ich nichts Übles, denn Du bist bei mir; Dein Stecken und Dein Stab, sie trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch angesichts meiner Feinde; Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über.» Und auch für die jetzige Situation, da er dieses Lied schreibt (wahrscheinlich in der Wüste Juda auf der Flucht vor Absalom), zieht er die glückselige Folgerung: «Fürwahr, Güte und Huld werden mir folgen alle Tage meines Lebens; und ich werde im Hause Jehovas wohnen auf immerdar» (Ps.23).

Durch solche Lebenserfahrungen reich gemacht, ist Davids Wollen fortan geprägt: «Ich will Jewe mit meinem ganzen Herzen preisen, will alle Deine Wundertaten erzählen. In Dir will ich mich freuen und frohlocken, will Deinen Namen besingen, o Höchster» (Ps.9:2,3)! - Könnte das nicht auch unser Lebensinhalt werden? Könnte nicht auch unser Alltag von solchem Willen geprägt sein? Auf welches Ziel ist unser Sinnen gerichtet? Möchten wir nicht auch mit dem Psalmisten erleuchteten Herzens singen können: «Wie köstlich ist Deine Güte, o Gott, und Menschenkinder nehmen zu Deiner Flügel Schatten Zuflucht. Denn bei Dir ist die Quelle des Lebens; in Deinem Licht werden wir das Licht sehen!» (Ps.36:8,10)? Rückschauend auf die schweren Jahrzehnte seines Lebens bekennt David: «Du hast Freude in mein Herz gegeben, mehr als zur Zeit, da ihres Kornes und Mostes viel war» (Ps.4:8). Er will damit zum Ausdruck bringen, dass er in den Tagen der Drangsal und Einengung mehr Freude seines Gottes erlebt hat als in den vermeintlich guten Tagen seines Lebens. Wenn wir mit David darin übereinstimmen, haben wir nicht nur die rechte Einstellung zu unserem Lebensweg gefunden, sondern wir anerkennen damit auch Gottes Wirken als richtig und nötig zu unserem Besten.

Philipp Spitta, ein geisterfüllter Psalmsänger des vorigen Jahrhunderts, hat solches Erleben in einem Lied wie folgt ausgedrückt:

Und was Er mit mir machen will,

ist alles mir gelegen;

ich halte Ihm im Glauben still

und hoff auf Seinen Segen.

Denn was Er tut, ist immer gut,

und wer von Ihm behütet ruht,

ist sicher allerwegen.

Ja, wenn's am schlimmsten mit mir steht,

freu ich mich Seiner Pflege;

ich weiß: die Wege, die Er geht,

sind Seiner Gnade Wege.

Was böse scheint, ist gut gemeint;

Er ist doch nimmermehr mein Feind

und gibt nur Liebesschläge.

Und meines Glaubens Unterpfand ist,

was Er Selbst verheißen:

Dass nichts mich Seiner starken Hand

soll je und je entreißen.

Was Er verspricht, das bricht Er nicht.

Er bleibet meine Zuversicht;

Ihn will ich dankbar preisen!

 

Psalmen in tiefer Herzensnot

Wie wir einleitend festgestellt haben, war David aber auch ein mit Schwächen behafteter Mensch - so wie wir auch. Die Heilige Schrift verschweigt nicht seine großen Verfehlungen. Sie rückt sie voll ins helle Licht der Beurteilung Gottes. Wie aber hat sich David dann verhalten? Als wegen seiner Sünde mit Bath-Seba der Prophet Nathan zu ihm kam, erkannte und bekannte er augenblicklich seine Sünde und sprach einen ergreifenden Gebetspsalm: «Sei mir gnädig, o Gott, nach Deiner Güte! Nach der Größe Deiner Erbarmungen tilge meine Übertretungen! Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit und reinige mich von meiner Sünde! Denn ich kenne meine Übertretungen, und meine Sünde ist beständig vor mir. Gegen Dich, gegen Dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was in Deinen Augen böse ist. ... Entsündige mich mit Ysop, und ich werde rein sein; wasche mich, und ich werde weißer sein als Schnee. ... Verbirg Dein Angesicht vor meinen Sünden, und tilge alle meine Ungerechtigkeiten! Schaffe mir, Gott, ein reines Herz und erneuere in meinem Innern einen festen Geist! Verwirf mich nicht von Deinem Angesicht, und den Geist Deiner Heiligkeit nimm nicht von mir! Lass mir wiederkehren die Freude Deines Heils, und mit einem willigen Geist stütze mich! … Errette mich von Blutschuld, Gott, Du Gott meiner Rettung, so wird meine Zunge jubelnd preisen Deine Gerechtigkeit. Herr, tue meine Lippen auf, und mein Mund wird Dein Lob verkündigen» (Ps.51).

Gott erbarmte Sich darauf des Königs, der sich so flehentlich tief vor Ihm beugte. Und welch ein Jubel erklingt daraufhin aus Psalm 32: Glückselig der, dessen Übertretung vergeben, dessen Sünde zugedeckt ist! Glückselig der Mensch, dem Jewe die Ungerechtigkeit nicht zurechnet, und in dessen Geist kein Trug ist! Als ich schwieg, verzehrten sich meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag. Denn Tag und Nacht lastete auf mir Deine Hand, verwandelt war mein Saft in Sommerdürre. Ich tat Dir meine Sünde kund und habe meine Ungerechtigkeit nicht zugedeckt. Ich sagte: ,Ich will Jewe meine Übertretungen bekennen;’ und Du, Du hast vergeben die Ungerechtigkeit meiner Sünde. ... Du bist ein Bergungsort für mich; vor Bedrängnissen behütest Du mich; Du umgibst mich mit Rettungsjubel» (Ps.32:1-7).

Dabei blieb sich David jedoch bewusst, dass seine eigene Sündenerkenntnis zu gering war gegenüber Gottes unbestechlicher Gerechtigkeit und Heiligkeit. So betet er in anderen Psalmen: [Unbewusste] Verirrungen - wer sieht sie ein? Von [mir] verborgenen Sünden reinige mich» (Ps.19:13). «Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend, noch meiner Übertretungen; gedenke Du meiner nach Deiner Huld, um Deiner Güte willen, Jewe!» (Ps.25:7).

Worin bestand nun das Geheimnis dieses Lebens tiefer Gottverbundenheit und demutsvoller Hingabe? Wie kam es, dass David immer wieder sogleich Verbindung mit Gott hatte, auch wenn es so schien, als sei eine große Kluft aufgebrochen? Durch die Lieder Davids zieht sich wie ein roter Faden die bemerkenswerte Tatsache, dass er ein Mann des Gebets war, der beständig das Gespräch mit seinem Gott suchte und fand. Dazu nutzte er besonders die frühen Stunden des morgendlichen Tages: «Am Morgen wirst Du, Jewe, meine Stimme hören, frühe werde ich mein Anliegen Dir vorstellen und harren» (Ps.5:4). Aber nicht nur Hilferufe aus großer Not kamen über seine Lippen, wie: «Auf Dich, Jewe, traue ich; lass mich nimmer beschämt werden; errette mich in Deiner Gerechtigkeit!» (Ps.31:2), sondern sein Verlangen war auch darauf gerichtet, von Gott Belehrung zu empfangen: «Deine Wege, Jewe, tue mir kund, Deine Pfade lehre mich! Leite mich in Deiner Wahrheit und lehre mich! Denn Du bist der Gott meines Heils; auf Dich harre ich den ganzen Tag» (Ps.25:4,5). «Lehre mich, Jewe, Deinen Weg; ich werde in Deiner Wahrheit wandeln, einige mein Herz zur Furcht Deines Namens» (Ps.86:11). Dabei blieb ihm aber auch nicht erspart, dass Gott zeitweilig schwieg. Darüber öffnet er sein Herz im 13. Psalm, jedoch nicht ohne wiederum in Jubel auszubrechen: «Bis wann, Jewe? Willst Du meiner vergessen immerdar? Bis wann willst Du Dein Angesicht vor mir verbergen? Bis wann soll ich Ratschläge in meiner Seele hegen, Kummer in meinem Herzen bei Tage? Bis wann soll sich mein Feind über mich erheben? ... Ich aber vertraue auf Deine Güte; mein Herz frohlockt über Deine Rettung. Ich will Jewe singen, denn Er hat wohlgetan an mir» (Ps.13:2,3,6).

Wie aber verhalten wir uns in tiefer Herzensnot? Versuchen wir sie zu überspielen nach der Art und Weise dieser Welt, die nach den Mitteln des Vergessens greift? Eines ihrer betäubenden Angebote lautet: Mit Musik geht alles besser! Es ist zwar in der Tat so, dass man mit Musik etwas Schwung in den tristen Alltag bringen und damit bohrende Fragen des Herzens und Gewissens übertönen kann. Doch heilen Wunden nicht auf diese Weise, noch wird dadurch bleibende Freude gewirkt. Der geistliche Mensch bedarf nicht eines Wohltons, um aufgerichtet zu werden, sondern des Wohlwortes göttlicher Gnade, darin er sich selbst zusprechen kann in Gebeten und geistlichen Liedern.

Das hat auch der Apostel Paulus immer wieder praktiziert, der in seinen Briefen so manchen Lobpreis Gottes und Seines Christus, so manchen Dankpsalm, auch als Gebundener, und immer wieder Fürdank- und Fürbittgebete für andere eingeflochten hat. Stimmen auch wir solche Gott verherrlichenden Akkorde an? Oder sind unsere Herzen nur voller Klagen und fordernder Bitten? Wo stehen wir in der Zwiesprache mit unserem Gott und Vater? Im Namen Jesu Christi haben wir jederzeit Zugang zu Ihm. Lasst uns dies als solche tun, die in Ihm Reichgemachte sind und die darum in Dank überfließen.

 

Prophetische Psalmen

In vielen Psalmen Davids werden im Hintergrund prophetische Aussagen deutlich, die auf den verheißenen Messias und Sein Werk hinweisen. Sie enthalten Worte und Taten, die der größte Sohn Davids, Jesus Christus, später gesprochen oder verwirklicht hat. Sagt doch Jesus Selbst, dass in den Psalmen von Ihm die Rede ist (Luk.20:41; 24:46). Rückschauend erkennen wir heute unschwer, dass im 40. Psalm Christi Kommen in diese Welt angesprochen ist, um Gottes Willen auszuführen. Die Psalmen 8, 16, 22, 69 und andere vermitteln einen Einblick in das gesegnete Wirken, Leiden und Sterben des Herrn, während z. B. die Psalmen 68 und 110 von Seiner Erhöhung in Herrlichkeit und Seiner kommenden Herrschaft Zeugnis geben, die nicht nur für Israel, sondern für alle Welt bedeutsam ist, denn: «Alle Nationen, die Du gemacht hast, werden kommen und vor Dir anbeten, Herr, und Deinen Namen verherrlichen» (Ps.86:9)!

Wenn diese Psalmen auf tatsächliche Lebenserfahrungen Davids Bezug nehmen, um dann transparent zu werden im Hinblick auf Jesus Christus, so zeigt sich darin, dass im Leben Davids Linien ausgezogen sind, die das Handeln des Messias abschatten, der einst als König Sein Volk regieren wird. Dies wird auch darin deutlich, dass David, der in jungen Jahren durch Samuel als Anwärter auf den Königsthron gesalbt worden war, bis zur Verwirklichung viele Jahre warten musste. In dieser Zeit wurde er durch die Führer des Volkes verfolgt und hatte nur wenige Getreue um sich. Er bestieg den Thron erst dann, als ihn das Volk rief. Auch der von Anfang an Gesalbte Gottes, Jesus Christus, kam in Sein Eigentum, doch die Führer des Volkes lehnten Ihn ab, ja sie verfolgten Ihn bis zum Tode. Auch Er wird den Königsthron erst dann einnehmen, wenn bei Seiner Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit das getreue Israel Ihn voller Sehnsucht mit Freuden empfängt.

So ist David in mancher Hinsicht ein Prophet, d. h. ein Christus-Darsteller. Auch in Bezug auf ihn gilt des Petrus Ermahnung, das prophetische Wort zu beachten und zu erkennen, dass nichts von allem Prophetenwort der Schrift aus eigener Erläuterung geschieht: «Denn nicht durch den Willen eines Menschen wurde jemals Prophetenwort hervorgebracht, sondern von heiligem Geist getragen, haben heilige Menschen Gottes gesprochen» (2.Pet.1:19-21). Das heißt: Sie haben nicht auf eigenen Füßen stehend gesprochen und gehandelt, vielmehr hat der Geist Gottes sie dazu bewogen. Davids Psalmen gewähren uns Einblick in Gottes irdisches Heilswirken, während Paulus, der Prophet mit der weitesten Schau, Geheimnisse enthüllen darf, welche die Glorie Christi über die Erde und alle Himmel erkennen lassen, um das All zu vervollständigen (Eph.1:9,10,20-23).

 

Psalmen des Predigers

In anderen Psalmen begegnet uns David als Prediger, der Gotteserkenntnis vermittelt und Worte großer Weisheit ausspricht: «Jewe, unser Herr, wie herrlich ist Dein Name auf der ganzen Erde, der Du Deine Majestät über die Himmel gestellt hast! … Wenn ich Deinen Himmel anschaue, Deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die Du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass Du seiner gedenkst, und des Menschen Sohn, dass Du auf ihn achthast? Denn ein wenig hast Du ihn unter die Boten erniedrigt; und mit Herrlichkeit und Pracht hast Du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrscher gemacht über die Werke Deiner Hände; alles hast Du unter seine Füße gestellt» (Ps.8:2-7). Wie eindrucksvoll zeichnet doch David hier in wenigen Worten ein Bild der Schöpfermacht Gottes. Zugleich aber stellt er den Menschen gegenüber, mit der ihm von Gott gegebenen Aufgabe, über diese Erde zu walten und sie zu bewahren. Wie kläglich haben wir darin bis heute versagt. Das zeigt sich u. a. auch darin, dass man allenthalben von Umweltschutz spricht und in den Beziehungen der Menschen kein Wort so oft gebraucht wird wie Friede, um den Mangel daran abzustellen.

David ist sich aber auch bewusst, dass seine Worte vielfach zu schwach sind, um Gottes Größe, Sein Recht und Seine Wahrheit herauszustellen. Wenn er den 19. Psalm mit dem uns allen bekannten Lobgesang eröffnet: «Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündigt Seiner Hände Werk», so schließt er ihn mit dem Gebet: «Lass die Rede meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig sein vor Dir, Jewe, mein Fels und mein Erlöser.»

Wie köstlich sind die Belehrungen, die David in Psalm 37:3-5 gibt: «Vertraue auf Jewe und tue Gutes; wohne im Lande und weide dich an Treue; und ergötze dich an Jewe: so wird Er dir die Bitten deines Herzens geben. Befiehl Jewe deinen Weg und vertraue auf Ihn, und Er wird handeln!» Wir erkennen, dass solche Aussagen einen erlebnisreichen Hintergrund haben, dass sie zutiefst erfahren sind. Und es ist David ein Anliegen, diese Erfahrungen weiterzusagen, damit andere gleich ihm dadurch gesegnet werden und ihr Leben befruchtet wird.

Wie tief aber David in Gottes Herz geschaut hat, das zeigen die Gebetsworte: «Gnädig und barmherzig ist Jewe, langsam zum Zorn und groß an Güte» (Ps.86:15; 145:8). Er kennzeichnet das Wesen Gottes mit Gnade und Barmherzigkeit. Sein Zorn bricht nicht wie bei den Menschen ungestüm und unüberlegt herein, sondern er ist langsam, das heißt abgewogen und nie ohne erzieherischen Grund: «Denn ein Augenblick in Seinem Zorn ist ein Leben in Seiner Gunst» (Ps.30:6)! Doch ist der Zorn nicht Gottes letzte Handlung. Am Ende erzeigt Er Seine große Güte, denn: «Jewe ist gut gegen alle und Seine Erbarmungen sind über alle Seine Werke!» Wie oft hatte David dies erfahren. Er ist überzeugt, dass einmal alle Menschen dies erkennen und ihn darüber preisen werden (Ps.145:9,10; 22:28).

 

 

Der Geliebte Gottes

Abschließend wollen wir noch die Frage erörtern, was Gott veranlasst hat, David, dessen Leben von Licht- und Schattenseiten wechselseitig erfüllt war, einen Samen zuzusichern, der äonischen Bestand haben sollte. Aus dem Vorangegangenen ist deutlich geworden, dass David der Anbetung Gottes vor allen anderen menschlich-irdischen Interessen den Vorrang gab. Er wusste, dass darin die Quelle allen Segens lag. Darum bewegte ihn der Gedanke, dass es nicht recht sei, dass er in einem Palast aus Zedernholz wohnte, einem für die damalige Zeit sehr kostbaren und seltenen Bauwerk, während die Bundeslade des Gottes Israels in einer Zeltwohnung untergebracht war. Er fasste darum den Entschluss, Seinem Gott ein Ihm würdiges Gebäude zu errichten; denn er hatte lieb den Wohnort Seiner Herrlichkeit (Ps.26:8). Gott ließ ihm jedoch durch den Propheten Nathan ausrichten, dass dies Aufgabe seines Nachfolgers sein solle. Doch um dieser Herzensgesinnung wegen verhieß Er ihm, sein Königtum zu befestigen und ihm einen Samen zu erwecken, der seinem Thron einen äonischen Bestand sichere (2.Sam.7:1-16). Unter diesem Samen aber ist Jesus Christus zu sehen (Mat.1:1; Luk.1:32; 2.Tim.2:8).

Als David aber (einst ein Viehhirte und nun der große König) diese Worte hörte, wandte er sich in einem ergreifenden Gebet an seinen Gott: «Wer bin ich, Jewe, Gott, und was ist mein Haus, dass Du mich bis hierher gebracht hast? Und dies ist noch ein Geringes gewesen in Deinen Augen, o Gott! Und Du hast auch von dem Hause Deines Knechtes geredet auf die Ferne hin; und Du hast mich angesehen nach der Weise eines hochgestellten Menschen, Jewe, Gott! Was soll David noch weiter mit Dir reden von der Ehre an Deinem Knechte? Du kennst ja Deinen Knecht. Jewe, um Deines Knechtes willen und nach Deinem Herzen hast Du all dieses Große getan, um alle diese großen Dinge kundzutun. Jewe, niemand ist Dir gleich, und kein Gott ist außer Dir, nach allem, was wir mit unseren Ohren gehört haben» (1.Chron.17:16-20). David, der nie die Interessen seiner Familie vor Gott vertreten hatte, der sich als Herrscher über Israel so tief vor seinem Gott demütigte und der damit ein selbstloses und dankbares Herz bekundete, erfreute mit dieser Gesinnung Gott so sehr, dass Er ihm einen solchen Samen verhieß, der einmal Retter der Welt werden sollte.

Die Demut des Königs ist der Schlüssel zu dieser bevorzugten Stellung vor Gott. Sie entsprang der Erkenntnis, dass Gott unumschränkter, souveräner Herrscher der Welt ist, und dass dieser auch sein Leben bestimmte. Das kommt in besonderer Weise auch im 139. Psalm zum Ausdruck, wo David bekennt: «Jewe, Du hast mich erforscht und erkannt. Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen; Du verstehst meine Gedanken von ferne. Meinen Pfad und mein Bettlager - Du misst es ab, und für all meine Wege trägst Du Fürsorge. Denn ein Ausspruch ist noch nicht auf meiner Zunge, siehe, Jewe, Du kennst sie alle. Von hinten und von vorn hast Du mich umschlossen, und Du legst Deine Handfläche auf mich. Zu wunderbar ist diese Kenntnis für mich, uneinnehmbar; ich vermag sie nicht zu erfassen. Wohin sollte ich gehen vor Deinem Geist, und wohin sollte ich fliehen vor Deinem Angesicht? Falls ich in die Himmel hinaufzöge, so bist Du dort, und sollte ich mich im Ungewahrten betten, siehe, Du bist da. Sollte ich die Flügel des Frührots tragen, sollte ich zelten am letzten Meer, auch dort würde Deine Hand mich leiten, und Deine Rechte, sie würde mich ergreifen. Würde ich sagen: Ja, Finsternis, sie verschluckt mich, und die Nacht ist gegürtet um mich her. Auch Finsternis - sie verfinstert nicht vor Dir, und die Nacht leuchtet wie der Tag, demgemäß ist Finsternis wie Licht bei Dir. Du erwarbst meine Nieren, Du sorgtest für mich im Leib meiner Mutter. Ich werde Dir huldigen; denn Du bist furchteinflößend hervorragend; wunderbar sind Deine Taten, und meine Seele erkennt es sehr wohl. Mein Gebein war nicht verhohlen vor Dir, als ich gemacht wurde im Verborgenen, ich wurde gewirkt wie in den untersten Teilen der Erde. Deine Augen sahen meinen Embryo, und meine Tage, sie alle waren auf Deine Rolle geschrieben; die Tage waren gebildet, als noch nicht einer von ihnen war. Wie kostbar sind Deine Gedanken für mich, El, wie mächtig ihre Summe» (Ps.139:1-17).

So ist David - obwohl ein fehlerhafter Mensch und König - dennoch ein von Gott Geliebter, und zwar zuerst um Gottes willen, der ihn gesalbt hat, dann aber auch darum, weil David Ihn in allen Lebenslagen als seinen Herrn anerkennt und damit eine Gesinnung rechter Unterordnung und Ehrfurcht bekundet, die sich in seinen Lob- und Dankliedern widerspiegelt.

 

Uns zur Belehrung

Was hat nun uns, den Gliedern des Körpers Christi, dieses Lebensbild Davids zu sagen? Paulus schreibt in seinem Vermächtnis an Timotheus: «Alle Schrift ist gottgehaucht und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes zubereitet sei, ausgerüstet zu jedem guten Werk» (2.Tim.3:16,17). Es geht also darum, dass auch wir aus dem Leben Davids lernen, um tauglich gemacht zu werden zu jedem guten Werk und Wort. Denn es ist dieselbe Erde, die David zur Freude und zum Fallstrick wurde, auf der wir leben. Wir machen dieselben Erfahrungen an Trübsal und Not, Feindschaft und Freundschaft der Menschen in Jugend, Reife und Alter des Lebens. Und es ist derselbe Gott, heilig und gerecht, reich an Güte und Erbarmen und groß an Treue, der auch uns mit erziehender Gnade in Seine Schule nimmt. Wir dürfen dieselben Antworten finden wie David, nämlich Psalmen, Lobgesänge und geistliche Lieder. Paulus spricht uns zu, so in unserem Herzen zu singen und damit immerdar unseren Gott und Vater im Namen Jesu Christi zu preisen (Eph.5:19,20; Kol.3:16,17).

Freilich dürfen wir heute teilweise andere Worte der Ergebenheit wählen als David. Uns sind geistliche Segnungen inmitten der Überhimmlischen in Christus erschlossen worden. Wir sind in den Reichtum überfließender Gnade Gottes gestellt, und das Ziel, zu dem wir gerufen sind, ist außerhalb dieser Erde. Aber das ist nicht entscheidend. Es kommt vielmehr auf unsere Haltung, auf die Gesinnung des Herzens an, die wir in den wechselnden Situationen unseres Lebens zeigen. Und da ist das Zeugnis von David und Paulus ein gemeinsames. Es verdeutlicht uns, wie man unter schwersten Belastungen voller Dankbarkeit sein kann, um damit Gottes Willen zu erfüllen, und dass man in Demut als Geliebter Gottes Zugang zu den Tiefen Seines liebenden Vaterherzens erhält und erfüllt wird mit Weisheit und Erkenntnis.

Die Frage an uns aber ist, ob auch wir bereit sind, durch Wort und Verhalten ein solches Zeugnis zu geben. Die Kraft dazu ist Gottes, der unseren sterbenden Körper lebendig gemacht hat durch Seinen uns innewohnend geschenkten heiligen Geist (Röm.8:11). Unser aber ist der Mund, sind die Hände und Füße, ist dieser Körper, um Ihm darin ein lebendiges, heiliges und wohlgefälliges Opfer darzubringen (Röm.12:1-2). Gott hat uns eine kurze aber kostbare Zeitspanne hier auf Erden gewährt, um in unserem Menschsein dieser Berufung nachzukommen. Danken wir Ihm dafür, dass wir Sein Werk sind, in Christus Jesus erschaffen, um in den guten Werken zu wandeln, die Er vorbereitet hat, dass wir darin leben zum Lobpreis Seiner Herrlichkeit.

 

Wilhelm Prolingheuer, aus der Zeitschrift „Unausforschlicher Reichtum, 1974, Konkordanter Verlag)