Der Dienst der Versöhnung
(2.Kor.5:14-21)
Der Apostel Paulus schreibt in 2.Korinther 5:11: »Da wir nun um die Furcht des Herrn wissen, versuchen wir, Menschen zu überzeugen.« Auch wir versuchen, Menschen für Christus zu gewinnen, auch wir wollen sie überzeugen. Tun wir dies mit Worten menschlicher Weisheit und wissenschaftlichen Argumenten oder mit den Worten Gottes, von denen wir wissen, dass sie allein wirksam sind (Heb.4:12)? Verkündigen wir zudem Christus als gekreuzigt und das Kreuz als Gotteskraft zur Rettung allein durch Glauben, oder fordern wir zur Erlangung der Gnade Umsinnung, Besserungswillen und Wohlverhalten von den Menschen, sodass sie sich vor Gott rühmen könnten? Dann wäre Gnade nicht Gnade! Gnade ist allein Gottes freies Geschenk. In der Furcht des Herrn wollen wir doch sorgfältig darauf achten, dass wir das herrliche Evangelium, das dem Apostel Paulus enthüllt wurde, nicht durch menschliche Zusätze verunreinigen.
Drei Verse weiter lesen wir: »Die Liebe des Christus drängt uns.« Werden wir, die wir uns als Gesandte für Christus, also in Seinem Dienst und zu Seiner Verherrlichung unter den Menschen befinden, von Seiner Liebe geleitet? Christi Liebe ist daran erkennbar, dass Er Sich Selbst für alle als Darbringung und Opfer für Gott dahingegeben hatte. Diese Liebe drängte Paulus zu einem hingebungsvollen Dienst für den Herrn. Auch bei uns kann die Liebe des Christus keine andere Reaktion hervorrufen, als in dieser Liebe zu wirken. - Die Liebe Gottes wurde in unseren Herzen ausgegossen, als Er uns den Glauben und Seinen Geist in Gnaden gewährte (Röm.5:5; Phil.1:29).
Demnach starben alle
Von der Liebe zu Seinen Geschöpfen bewegt, starb Christus für alle.
»Für alle« - das heißt zugunsten aller, zum Besten von allen. »Demnach starben alle«, erfahren wir sodann aus Vers 14. Wie können alle gestorben sein? Weil das, was Christus für sie tat, nicht ohne Auswirkungen auf sie bleiben konnte. Da alle in Christus erschaffen sind und alle in Ihm ihren Bestand haben (Kol.1:16,17), sind sie alle in Ihn eingeschlossen, auch in Seinen Tod und ebenso auch in Seine Auferweckung, wenngleich der geistliche Gewinn daraus zunächst nur den Auserwählten zuteil wird, die da glauben und mithin gerettet, gerechtfertigt, ausgesöhnt, geheiligt und verherrlicht werden. Auch wenn sich nur die Gläubigen als mitgekreuzigt und mitgestorben erkennen und nur sie jetzt von allen Sünden ein für allemal gerechtfertigt sind und nur sie außerdem nach Maßgabe von Römer sechs von der Herrschaft der Sünde befreit werden können, so ist der Grund zur Rettung aller doch ein für allemal gelegt. So werden eines Tages, und zwar bei der Vollendung nach dem Abschluss der Äonen, alle, für die Er starb, Ihm leben, wie in Vers 15, wenn auch mit dem Gewicht auf die jetzt Lebenden, gesagt wird.
Damit wir Ihm leben
Vers 15 lautet: »Und für alle starb Er, damit die Lebenden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie starb und auferweckt wurde.« Von der Liebe des Christus überwältigt, wollen wir nicht mehr uns selbst leben, sondern von ganzem Herzen dem, der für uns starb und auferweckt wurde. Ihm wollen wir dienen. Ihm leben - das führt zu weiterer Heiligung. Geheiligte sind wir ja und mithin Heilige. Unsere Heiligkeit vollenden aber werden wir nur, wenn wir Ihm leben. Wer Ihm zugewandt ist, hat dem Egoismus und anderen Sünden den Rücken zugekehrt. Ihm leben und Ihm dienen - dies verherrlicht unseren Gott und Vater!
Das Fleisch ist abgetan
Paulus führt in den Versen 16 und 17 weiter aus: »Daher sind wir von nun an mit niemandem mehr dem Fleisch nach vertraut. Selbst wenn wir auch Christus dem Fleisch nach gekannt haben, kennen wir Ihn jedoch nun nicht mehr so. Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist da eine neue Schöpfung: das Ehemalige verging, siehe, es ist neu geworden.« »Daher«, weil alle starben, sehen wir keinen Gläubigen mehr dem Fleisch nach an, nach den Maßstäben der alten Menschheit, sondern achten den anderen höher als uns selbst. Damals dachte Paulus auch an die Heiligen aus Israel, die dem Fleisch nach - ihrer Abstammung wegen - einen höheren Rang als die aus den Nationen hatten. Und selbst wenn jemand Christus im Fleisch, in der Gestalt der Erniedrigung gekannt hatte, als Er Israel diente, in der Art und Weise wie ein Mensch erfunden, so kannte Paulus Ihn nun nicht mehr so. Wir kennen Ihn nur in Seiner geistlichen Gestalt, zur Rechten Gottes sitzend und uns durch Seinen Geist innewohnend. Auf diese Weise aufs Innigste miteinander verbunden, sind wir in Christus Jesus. In Christus Jesus aber sind wir eine neue Schöpfung und gehören wir mithin der neuen Menschheit an, die Gott zu erschaffen im Begriff ist. Wir sind Erstlinge der neuen Menschheit. Mithin kennen wir Christus nicht als Juden, sondern als das Haupt der neuen Menschheit. Das Haupt der alten Menschheit ist Adam. Doch diese Schöpfung in Adam ist für uns ehemalig. Alle fleischlichen Vorrechte und Maßstäbe sind Vergangenheit für uns. Nur deshalb auch können wir den Dienst der Versöhnung tun, der ebenfalls unterschiedslos allen gilt. Wir denken nicht mehr in den Bahnen der alten Menschheit. Die Liebe des Christus macht keine Unterschiede zwischen sympathischen und unsympathischen Menschen. Allen dürfen wir die Versöhnung Gottes nahebringen. Was gibt es Herrlicheres, als im Dienst der Versöhnung die Liebe des Christus zum Ausdruck bringen zu dürfen!
Aus Gott ist dies alles
Und nun durfte Paulus die herrlichen Worte der Verse 18 und 19 niederschreiben: »Das alles aber ist aus Gott, der uns durch Christus mit Sich Selbst versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat. Denn Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend: Er rechnet ihnen ihre Kränkungen nicht an und hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt.« Triumphierend und Gott verherrlichend vernehmen wir: »Das alles aber ist aus Gott!« Gottes Vorsatz war es also, dass Christus für alle starb und demnach alle starben, insbesondere aber, dass wir uns im Glauben mit Seinem Tod identifiziert haben. Aus Gott ist es, dass wir diensttauglich gemacht werden, und zwar dadurch, dass wir zusammen mit Christus starben, sodass unserem Dienst kein Makel einer Verhaltensweise der alten Menschheit anhaften möge, und indem Er alles mit dem Fleisch und der Abstammung Zusammenhängende abtat und uns in Gnaden in Christus neu erschuf, damit wir Ihm leben und dienen können.
Gott versöhnte die Welt mit Sich Selbst
Mehr noch aber hat Gott getan: Er hat uns mit Sich Selbst versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung gegeben. Die Grundlage dafür wird in Vers 19 verkündigt: Die ganze Welt hat Gott mit Sich versöhnt - und dieses Wort in uns niedergelegt. Da das Wort der Versöhnung somit unsere Herzen erfüllt, konnte Er uns mit dem Dienst der Versöhnung betrauen.
»Gott war in Christus«. Er war durch Seinen Geist immer in Christus und hat mithin auch mitgelitten. Auch darin waren der Vater und der Sohn eins, denn so wie der Vater den Sohn dahingegeben hatte, so hatte auch der Sohn Sich Selbst dahingegeben bis hin zur tiefsten Erniedrigung des Kreuzestodes.
Gott versöhnte die Welt mit Sich Selbst. Die Versöhnung der Welt war Gottes Tat in Christus. Unter der Welt ist in der Schrift stets nur die der Menschen zu verstehen.
Versöhnung - was ist das? Der Mensch ist nicht nur Sünder, sondern auch Gottes Feind. Als Sünder bedarf er der Rechtfertigung, als Feind der Versöhnung. Ein Feind Gottes ist jeder, der sich selbst erhöht und sich mithin an die Stelle Gottes setzt. Ein solches Verhalten beleidigt und kränkt Gott zutiefst. Von Kränkungen ist in Vers 19 die Rede und nicht von Sünden oder Übertretungen. Sünde ist der allgemeine Begriff; Er bedeutet: Verfehlung. Übertreten kann man nur ein Gesetz oder Gebot. Eine Kränkung aber ist eine Sünde auf der personalen Beziehungsebene; eine Kränkung verletzt das Herz Gottes. - Wie sehr Gottes Herz doch an den Menschen hängt! Ein Feind Gottes ist jeder, der sich selbst die Ehre gibt und sie damit Gott nimmt, dem allein alle Verherrlichung gebührt, denn aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin ist alles.
Den Freispruch der Rechtfertigung erfahren zu haben, macht den Menschen froh, Gott aber ist damit noch nicht zufrieden. Von allen Sünden gerechtfertigt zu sein, ist wohl eine Voraussetzung dafür, die Versöhnung zu erlangen, denn nur mit einem Gerechtfertigten kann Gott Sich versöhnen, doch hat die Versöhnung ihren eigenen, viel höheren Wert. Die Versöhnung aufgrund des Todes Seines Sohnes hat die völlig neue Haltung des Friedens zur Folge, die Gott der Welt gegenüber einnimmt. Keine Kränkung rechnet Er ihr an. Und sind wir Gläubige, so darf die Versöhnung nicht nur eine einseitige Sache sein, sondern das glückselige Verhältnis des Friedens miteinander in herzlicher Gemeinschaft. Die Versöhnung - das vollkommene Liebesband zwischen Gott und den Seinen!
Für diese Verbundenheit zwischen Gott und den Heiligen finden wir in der Schrift auch den verstärkenden Ausdruck »Aussöhnung«.
Wir rühmen uns der Gnade der Versöhnung
Gott hat das Wort der Versöhnung in uns niedergelegt. Wir sind somit Empfänger des Wortes, Gesegnete des Wortes und Träger desselben. Wir freuen uns über die Tatsache, dass Gott uns durch Christus mit Sich Selbst versöhnt hat, und zwar durch den Tod Seines Sohnes. Die Rechtfertigung erfolgt im Blut Christi, da Sünden Leid verursacht haben, was zum Ausgleich Leiden fordert. Das Blut Christi versinnbildlicht Seine Leiden, da es die Seele, das Bewusstsein, enthält. Die Versöhnung dagegen geschah durch den Tod des Sohnes, da Feindschaft ein Zustand ist, der zum Ausgleich den Zustand des Todes fordert. So rühmen wir uns nun in Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir die Versöhnung erhielten. Mithin können wir auch bezeugen, was Paulus in Römer 5:1,2 zum Ausdruck gebracht hat: »Gerechtfertigt nun aus Glauben, dürfen wir mit Gott Frieden haben durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir auch im Glauben den Zugang in diese Gnade (in die Gnade der Versöhnung) erhalten haben, in der wir stehen, sodass wir uns in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen mögen.«
Unser Dienst der Versöhnung
Da wir nun in jeder Weise zugerüstet sind, indem wir nämlich die Versöhnung selbst erfuhren und das Wort der Versöhnung Gottes mit der Welt uns erfüllt, kann Gott uns auch mit dem Dienst der Versöhnung betrauen. Dieser Dienst besteht zunächst einmal darin, dass wir das Wort der Versöhnung bekannt machen. Es lautet: »Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend: Er rechnet ihnen ihre Kränkungen nicht an.« Unser Dienst besteht zugleich auch darin, dass wir Versöhnung leben, indem wir Frieden mit allen Menschen halten und, wenn wir angegriffen werden, ihnen im Geist der Versöhnung Gnade entgegenbringen und keine Kränkung anrechnen. Mögen wir ein Brief Christi sein, aus dem die Menschen die Gesinnung Christi ersehen können. Stets sollen unsere Füße nach Epheser sechs - unser Wandel auf der Erde ist damit angesprochen - mit den Sandalen des Friedens unterbunden sein; nicht mit den genagelten Stiefeln des Zorns sollen wir daher kommen, sondern mit der Bereitschaft, das Evangelium des Friedens Gottes mit der Welt zu verbreiten. Wir haben die Frohbotschaft zu bringen - im Wort und im Verhalten, nicht eine Drohbotschaft. Dies ist übrigens ein Teil der Waffenrüstung Gottes für uns, damit wir den Kriegslisten des Widerwirkers nicht erliegen.
Uns ist nicht aufgetragen, ganze Nationen zu Jüngern zu machen (Mat.28:19), sondern den Dienst der Versöhnung zu tun. Dies ist unsere Hauptaufgabe und zudem die überaus herrlichste.
Gesandte für Christus
Nun kann der Apostel Paulus uns mit Vers 20 sagen: »Daher sind wir Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns zuspräche. Wir flehen für Christus: Lasst euch mit Gott versöhnen!« Ihm leben heißt Gesandter für Ihn zu sein. Wir sind Gesandte des Amtsträgers Gottes, Botschafter des Friedens Gottes, höchste Würdenträger also - in der Gnade wohlgemerkt. Wir können nichts dafür, dass Gott uns auch dazu auserwählte. Würdig unserer Berufung wandeln wir somit, wenn wir mit aller Demut und Sanftmut daherkommen. Und getreu unserer Berufung zum Dienst wandeln wir, wenn wir unseren Hauptauftrag ausführen, nämlich den Mund aufzutun. Die frohe Botschaft muss nämlich gesagt werden (sie kann selbstverständlich auch schriftlich mitgeteilt werden), denn nur das zum Ausdruck gebrachte Wort Gottes ist wirksam. Das ausgesprochene Wort Gottes entfaltet seine rettende Kraft und schafft Leben, Leben in Christus Jesus, unserem Herrn. Das Evangelium Gottes über Seinen Sohn ist Seine Kraft zur Rettung. Das erklungene Wort der Versöhnung, dass Gott nichts gegen die Menschen hat, dies ist der rechte Zuspruch, dessen sie bedürfen.
Wenn wir sprechen, dann ist es so, als ob Gott Selbst spräche, ja wirklich, Er Selbst spricht, wenn auch durch uns, denn es ist Sein Wort. Als Gesandte für Christus, also in Seinen Diensten Stehende, für Ihn Wettkämpfende, werden wir auch Seine Worte gebrauchen. Mit der Anwendung Seiner Worte ehren wir Ihn und gehen wir nicht fehl. Mögen wir uns darum einen Grundwortschatz gesunder, gottgehauchter Worte aneignen - ein Muster gesunder biblischer Begriffe (2.Tim.1:13) -und uns zu diesem Zweck täglich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre des Apostels Paulus ernähren (1.Tim.4:6).
Wir flehen für Christus
Unser Zuspruch, unser Zuruf ist keine Anweisung, sondern ein Flehen. Ein Flehen ist eine inständige, aus tiefstem Herzen kommende Bitte. Für Christus wenden wir uns in dieser Weise an die Menschen, für Ihn tun wir das, der unsere Herzen durch Seine Liebe und Gnade gewonnen hat.
Wir flehen: Lasst euch mit Gott versöhnen! Das heißt: Lieber Mitmensch, nimm Gottes Versöhnung deinerseits an, schlage in die dargebotene Hand ein, nimm in Anspruch, was Gott dir bereitet hat. Beachten wir, dass Gott es mithin ist, der den Sünder um etwas bittet. Hört man denn aber nicht immer wieder, dass der Sünder Gott um Gnade anflehen müsse? Schon - aber in der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade ist es Gott, der darum bittet, dass Seine Feinde die Versöhnung entgegennehmen möchten. Er hat absolut alles durch Christus vollbracht, nun lass dich beschenken, und zwar einfach dadurch, dass du Ihm glaubst, dass Er nichts wider dich hat, sondern dich mit aller Gnade und jedem geistlichen Segen überschütten möchte. Allein durch Glauben erlangt man heute alle Segnungen in Christus Jesus, denn die Gnade herrscht, und der Gnade entspricht nur der Glaube. Der Glaube ist kein Werk des Menschen, sondern entspricht dem Auge, das die Landschaft in sich aufnimmt, ohne ihrer Schönheit etwas hinzuzufügen.
Wenn wir nun unseren Verkündigungsdienst tun, die Gelegenheiten zur Verbreitung des Wortes Gottes wahrnehmend, dann werden wir dann und wann auch miterleben dürfen, wie Gott Seinen Auserwählten den Glauben in Gnaden gewährt (Phil.1:29). Und dann dürfen wir freudevoll die herrlichen Tatsachen von Kolosser 1:21-23 zum Lobpreis Christi aussprechen: »Auch euch, die ihr in Denkart und bösen Werken einst Fremde und Feinde gewesen seid, hat Er nun im Körper Seines Fleisches durch Seinen Tod ausgesöhnt, um euch heilig, makellos und unbeschuldbar vor Seinem Angesicht darzustellen, wenn ihr nämlich [dieses »wenn nämlich« ist keine Bedingung, sondern zeigt den Weg dazu auf] gegründet und beständig im Glauben beharrt und euch nicht fortbewegen lasst von dem Erwartungsgut des Evangeliums [es ist die Aussöhnung des Alls], welches ihr gehört habt, das in der gesamten Schöpfung unter dem Himmel geheroldet wird, dessen Diener ich, Paulus, wurde.« Diese Verse besagen: Als Gerechtfertigte und Ausgesöhnte sieht Gott uns in unserem Gnadenstand in Christus Jesus als Heilige, Makellose und Unbeschuldbare. Die erfahrene Gnade entfaltet nun aber ihre Kraft, uns auch in der Praxis, im Wandel, im Alltagsverhalten zu Heiligen, Makellosen und Unbeschuldbaren zu machen. Mögen wir uns zu diesem Zweck nicht vom Glaubens- und Erwartungsgut des uns angehenden Evangeliums - Paulus hat es uns bekannt gemacht - abdrängen lassen und auch nie aus den Augen verlieren, dass unsere Aussöhnung nur der Anfang ist; bei der Vollendung nach dem Abschluss der Äonen wird die Aussöhnung alle umfassen.
Wir stellen Gottes Gerechtigkeit dar
Paulus schließt den Schriftabschnitt mit den Worten: »Denn den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit in Ihm würden.« Selbstverständlich kannte unser Herr die Sünden Seiner Mitmenschen und die zerstörerische Macht der Sünde überhaupt, doch Er persönlich kannte keine Sünde in Seinem Leben.
Nun hatte Gott Ihn für uns, um unsertwillen, uns zugute, zur Sünde, das heißt zum Sündopfer, gemacht. Es handelt sich hier um die Redefigur des Zusammenhangs, bei der ein Begriff hinzuzudenken ist, damit die Aussage verständlich wird. Wenn es zum Beispiel in Galater 3:13 heißt, dass Christus zum Fluch wurde, so zeigt die Frage: Für wen?, dass dies nicht so aufzufassen ist. Er wurde aber sehr wohl zum Träger des Fluchs. Ebenso wurde Er auch zum Träger der Sünde. Gott hatte Ihn zum Opfer für die Sünde gemacht. Und Sein Opfer ist allgenugsam vor Gottes Angesicht, um alle Sünden zu sühnen und alle Sünder zu rechtfertigen.
Warum geschah dies? Auf uns und unsere Heilsverwaltung bezogen, lautet die Antwort: »... damit wir Gottes Gerechtigkeit in Ihm würden.« Das Wörtchen »wir« ist stark betont; wir, genau wir sind gemeint. Und wieder stoßen wir auf eine Redefigur des Zusammenhangs: Wir sind ja doch nicht Gottes Gerechtigkeit an sich, sondern der Erweis Seiner Gerechtigkeit, die Er uns widerfahren ließ. Wir sind Darsteller der Gerechtigkeit Gottes.
Anteil an Gottes Gerechtigkeit erhielten wir aufgrund des Glaubens Christi, aufgrund Seines Glaubensgehorsams bis hin zum Kreuzestod, und durch unseren daran anknüpfenden Glauben. Anteil an Gottes Gerechtigkeit bekommt man natürlich nicht, wenn man seine eigene aufzustellen sucht, etwa durch Wohlverhalten und gute Werke. Wer seine eigene Gerechtigkeit aufstellen will, kommt mit Christus nicht in Berührung - welch ein Verlust! Wer sich jedoch beschenken lässt, lernt Christus kennen - den größten Gewinn, zudem Seine Gnade, die aus der Liebe quillt. Christus stellte Gottes Gerechtigkeit auf. Mit den Worten von Römer 3:21,22 gesagt: Durch den Glauben Jesu Christi hat sich Gottes Gerechtigkeit geoffenbart, eine Gerechtigkeit, die für alle ist und auf alle Glaubenden kommt. Die Gerechtigkeit Gottes ist daran erkennbar, dass Er alle, die durch den Ungehorsam Adams von Geburt an ohne ihr Zutun als Sünder eingesetzt sind, durch den Gehorsam Seines Sohnes wiederum ohne ihr Zutun als Gerechte einsetzen wird und die Glaubenden derzeit schon rechtfertigt. Auf der gerechten Grundlage der Verurteilung der Sünde im Fleisch Seines Sohnes rechtfertigte Gott uns von allen Sünden. Und nun sieht man an uns Gerechtgesprochenen und darüber hinaus Ausgesöhnten, dass Gott in Seiner Gerechtigkeit und Gnade das Liebesband des Friedens, das seit Adams Sünde zerrissen war, wieder geknüpft hat, denn wir, ja wir bezeugen es in Wort und Wandel, und es erfüllt unseren Dienst für den Herrn.
Durch unseren Herrn Christus Jesus und in Ihm nur sind wir in dem dargelegten Sinn Gottes Gerechtigkeit geworden. Die Gerechtigkeit Gottes - erwiesen am Kreuz, wo Christus auch alle Feindschaft mit in den Tod nahm - ist die Basis der Versöhnung und mithin auch unseres Dienstes der Versöhnung. So lasst uns denn als Ausgesöhnte auf der Grundlage der Gerechtigkeit Gottes, die von größter Liebe zeugt, unseren Dienst tun, den herrlichsten Dienst wahrnehmen und keine Gelegenheit versäumen, das Wort der Versöhnung bekannt zu machen, ja den versöhnten Gott, der keine Kränkung anrechnet. Lasst uns für Christus flehen: Lasst euch mit Gott versöhnen! Und hören wir nicht auf zu beten und zu bitten, dass Er uns Türen dafür auftue und Zugang zu den Herzen der Menschen verschaffe. Mit flehendem Herzen werden wir sie dann zu überzeugen suchen, ihnen das Wort der Versöhnung Gottes mit allen Menschen sagend.
Dieter Landersheim
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