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Sünde und Tod im Geschlecht der Menschen

 

 

Zur Einführung

 

 

Niemand, der die Heilige Schrift als Gottes Wort anerkennt und sich unter sie beugt als einzige Autorität in allen Fragen über die Gedanken, Wege, Taten und Ziele Gottes, ist der Erfahrung entgangen, seine eigene Unwissenheit einsehen zu müssen wie auch die Notwendigkeit, manche eigene, lang gehegte Anschauung als irrig auf den Müllhaufen menschlicher Philosophie und Schlussfolgerungen zu werfen. Dies wird besonders zutreffen bei Problemen, die weit in der Vergangenheit liegen oder in der fernen Zukunft ihre Erfüllung finden werden. Weil wir diese Ereignisse nicht aus persönlichem Miterleben kennen, sind wir allein auf die Aussagen der Schrift angewiesen. Wir haben somit zur Lösung aller Fragen über die Anfänge und Abschlüsse uns nur an Gottes Aussprüche zu halten, und müssen versuchen, möglichst alle eigenen vorgefassten Meinungen auszuschalten. Nur so können wir auch zu einem klaren, befriedigenden Verstehen jener Ereignisse gelangen, die uns im Folgenden beschäftigen sollen, weil sie so folgenschwer in unsere Menschheitsgeschichte hereinspielen.

Mag man die Frage aufwerfen, ob es hier wirklich Fragen gibt, deren Beantwortung nicht schon längst gegeben wurde. Wir dürfen freudig bejahen, dass die Heilige Schrift alles schon lange klar beantwortet hat, müssen aber gleichzeitig feststellen, dass dieses Licht, unter den verdunkelnden Nebelschwaden theologischer Auslegungen versteckt, für viele nicht mehr sichtbar ist und manchem Suchenden und Irrenden den Weg nicht mehr zeigen kann zum Einmünden in die Gewissheit der göttlichen Weisheit und Allmacht. Wenn auch mancher Widerspruch gegen die folgende Betrachtung laut werden mag, so möchten wir doch nicht versäumen, einiges in Frage zu stellen – und, wenn möglich, auch durch Beweise zu widerlegen, was bis heute als orthodox aufrechterhalten wurde.

Unsere Fragen werden etwa lauten: Warum sündigte Adam; warum sündigen wir; warum starb Adam; warum müssen auch wir sterben; warum verhinderte Gott nicht das Eindringen der Sünde in die Welt;

seit wann existieren überhaupt Sünde und Tod; gibt es eine Erklärung dafür, warum Christus sterben musste; was bedeutet das Trauerspiel der Menschheitsgeschichte für Gott und für Seine Schöpfung außerhalb dieser Erde? Es wird uns nicht möglich sein, hier alle Fragen zu beantworten, aber vielleicht wird es uns gelingen, das gesamte Geschehen der Ereignisse seit Adam in großen Linien zu skizzieren, sodass es leicht sein dürfte, weitere Einzelheiten selbst einzuordnen und vom gesamten Überblick her zu beantworten.

Wer rühmt sich seiner Erkenntnis? Wer brüstet sich gegen einen Andersdenkenden? Wo die Liebe zu Gott und Seinem Wort uns nicht drängt, Seine Gedanken zu erforschen, wird fleischlicher Hochmut bald jede geistliche Gesinnung zerstören. Auch in dieser Betrachtung wird es unser höchstes Ziel sein, den Christus Gottes zu erkennen. Ihn offenbart uns aber der Vater ausschließlich durch Seinen Geist. Fleischliche Weisheit vermag von Seiner Herrlichkeit auch nicht den leisesten Schimmer zu erahnen. Darum wollen wir uns durch Seinen Geist erleuchtete Augen des Herzens erflehen. Und wo die Liebe Gottes unsere Herzen durchstrahlt, werden auch alle Heiligen, die noch anders "glauben", sich dennoch gegenseitig lieben und im Geist als gleichberechtigte Mitglieder des einen Körpers Christi anerkennen.

Die Sünde

"Von Anfang an sündigt der Widerwirker" (1.Joh.3:8). "Der Widerwirker war ein Menschentöter von Anfang an und hat nicht in der Wahrheit gestanden; ...er ist ein Lügner und der Vater derselben" (Joh.8:44). Wenn wir uns hier zuerst einer Person zuwenden, nämlich dem "Drachen, der uralten Schlange,die der Widerwirker und der Satan ist" (Off.20:2), so geschieht dies aus dem wichtigen Grunde, weil er uns als erster mit der Sünde in einer engeren Beziehung Stehender von Gottes Wort genannt wird. Er wird uns als Sünder, Mörder und Lügner vorgestellt, mit dem Titel "Widerwirker" (diabolos), ohne eigentlichen Eigennamen, und ohne dass uns auch gesagt würde, dass er in diesen gottfeindlichen Zustand "fiel", etwa aus einer engen, auf Gott hin bezogenen Stellung heraus. Die Schrift redet überhaupt nirgends vom Fall Satans, sondern dass er von Anfang an war, was er

heute noch ist: Gottes großer Gegenspieler, der Anführer der Opposition in der göttlichen Regierung, der alle Taten Gottes verdächtigt, ihnen entgegenwirkt, ja Gott Selbst angreift und Ihn lästert.

Satan ist der älteste Sünder. Denn er sündigt seit dem Anfang. Er war eines jener Geschöpfe Gottes, die da waren, als die Urschöpfung, die erste Welt entstand. Damals war der Anfang der Wege Gottes, als Er die Erde gründete und ihre Maße bestimmte, als die Morgensterne miteinander jubelten und alle Söhne Gottes jauchzten (Hiob 38:7). Auch Satan war einer dieser Söhne Gottes, doch sagt die Schrift, dass er schon gleich hier, am Anfang, als der "Widerwirker" auftrat. So lange als er ein "Widerwirker" war, musste er ein Sünder gewesen sein. Ein Sünder muss nicht zugleich ein Mensch sein. Jeder, der ein Ziel verfehlt, ist ein Sünder, Satan ist dies in doppeltem Sinne: nicht nur ermangelt er der lauteren, wahren, reinen Herrlichkeit Gottes, sondern auch alle seine Anschläge gegen Gott sind für ihn Fehlschläge. Nie erreicht Satan sein Ziel, Gott zu schädigen. Nie ist er der Erfolgreiche und Gott der Verlierende. Alle seine Anschläge werden in einem Versagen enden, und Gott wird jedes Mal den Gewinn, den Sieg, die Ehre erhalten. Von Anfang an kämpfte er gegen den Gott des Universums, er entpuppte sich als der, welcher er war. Ein instinktives Sträuben gegen den geoffenbarten Gotteswillen wirkte in ihm. Dieses Gesetz des Auflehnens gegen Gott hat er nicht selbst in sich hochgezüchtet. Es ist dies eine seiner Eigenschaften, die ihn als den großen Widerwirker auszeichnen und ihm bei seiner Erschaffung mitgegeben wurden. Als er begann, begann auch die Sünde. Dieser Tatsache widerspricht die Schrift mit keiner Stelle, wie auch der andern nicht, dass Gott Satan so erschaffen hat, wie er heute noch ist. Im Gegenteil. Hiob schon bezeugt: "Durch Seinen Geist schmückte Er geziemend die Himmel; Wehen litt Seine Hand mit der flüchtigen Schlange" (26:13), konkordant wiedergegeben. Die tiefere Symbolik der Sternbilder spricht zu deutlich, als dass wir in dieser feinen, fast zaghaften Andeutung nicht einen Blick werfen dürften in die ersten Schmerzen des Schöpfers, als Er Satan erschuf, ein Werkzeug zur Enthüllung Seiner Macht, aber auch Seiner Liebe in der Errettung durch die Dahingabe Seines Sohnes. Mit würdiger

Zurückhaltung spricht Gott hier von Seinen ersten Leiden, welchen Er aber nicht ausweicht, weil Er weiß, dass Seine Schöpfung Ihn nur durch die Erfahrung des Bösen und der Sünde als den Guten und Vollkommenen erkennen wird. Nur die zu Feinden gegen ihren Schöpfer Aufgewiegelten werden versöhnt werden und so die höchste Eigenschaft Gottes kennen lernen können: die grenzenlose Liebe Gottes. Gott beginnt zu leiden, lange ehe die Geschichte der Menschheit ein schwaches Abbild der Leiden Gottes werden sollte.

Für uns ist es an dieser Stelle von besonderer Wichtigkeit festzuhalten, dass die Sünde, die Auflehnung gegen Gott, ins Dasein kam, ehe Adam erschaffen wurde. Hierbei ist es gleichgültig, wie lange dies vor der Erschaffung Adams geschah. Adam hat die Sünde nicht als etwas noch nie Dagewesenes erfunden oder erschaffen, auch wenn seine erste Sünde in seinem Leben etwas ganz Neues bedeutete. Da das All aus Gott ist und nichts ist, das Er nicht gemacht hätte, müssen wir auch die Erschaffung des Widerwirkers als Widerwirker Gott zuschreiben.

Wer obigen Ausführungen nicht zu folgen vermag oder nicht Glauben schenken mag, kann aber der einen Tatsache, um der es uns hier im Rahmen dieses Abschnittes geht, doch nicht ausweichen: "Die Sünde drang in die Welt ein durch den einen Menschen" (Röm.5:12). Nie hat Adam ursprünglich die Sünde erschaffen. Wie ein Einbrecher durch eine Öffnung in ein Haus eindringt, so drang die Sünde ein in das Menschengeschlecht, sobald sich der gegebene Augenblick dazu bot. Der Verleumder verwirrte den Menschen, schalt Gott einen Lügner und trat mit dem Stück des Betrügens an das erste Paar heran in der Absicht, es unter das Todesurteil Gottes zu bringen. Schon wirkte der Gesetzlose, der Mörder von Anfang an, und durfte seinen Plan auch verwirklichen.

Hätte Adam nie gesündigt! So wünschen viele, die unter der Furchtbarkeit der Sünde seufzen. Trotzdem wäre die Schöpfung nicht frei von Sündern, auch wenn diese keine Menschen sind. Dass aber die Menschheit als ein Teil in dieses Trauerspiel hineingewoben wurde, ist vielleicht eine ihrer höchsten Ehren, denn es wurde ihr dadurch möglich, Schauplatz der Errettung Gottes durch das Kreuz Seines Sohnes zu werden.

 

Der Tod

 

Auch in diesem Abschnitt wird es unsere Hauptaufgabe sein, dem ersten Erscheinen des Todes nachzuspüren. Wir möchten wissen, ob es vor Adam nie sterbende Lebewesen oder überhaupt sterbendes Erschaffenes, wie Pflanzen, gab. Unter "sterbend sein" oder "sterblich sein" wollen wir im Folgenden immer dasselbe verstehen, und zwar einen Prozess des Zerfallens von lebendigen Zellen, die sich zu ihren chemischen Elementen zurückbilden oder durch Verbindung mit anderen Elementen zu anderen, nicht mehr lebensfähigen Körpern umwandeln. Ein Ergänzen und Wiederaufbauen der zerfallenen Zellen kann den Tod des organischen Lebens (Tier oder Pflanze) beliebig weit hinausschieben, sodass dieses am Leben oder am Weiterbestehen bleibt, wenn auch der ganze Vorgang des Ab- und Neuaufbaus seiner materiellen Bestandteile rastlos weiterläuft. Ein Aufhören der Zufuhr neuer Stoffe bedingt ein Zerfallen des sterbenden Körpers in dem Sinne, dass er seine normalen Lebensfunktionen nicht mehr erfüllen kann; er stirbt, der Tod hat gesiegt.

Wir haben im vorhergehenden Abschnitt vom ersten Auftreten der Sünde gesprochen. Satan war schon zugegen, als Gott die erste Erde und die ersten Himmel bildete. In wunderbar harmonischem Glanz erstrahlte eine Welt, von der Gott sagt, dass Er sie nicht wüst (dasselbe Wort wie 1.Mose 1:2) erschaffen habe, sondern um bewohnt zu werden, hat Er sie gebildet (Jes.45:18). Die Söhne Gottes jauchzten, als sie das Meisterwerk göttlichen Ursprungs entstehen sahen, eine bewohnbare und bewohnte Welt! Nichts berechtigt uns zur Annahme, sie sei in ihrer früheren Form unbewohnt gewesen. Eine Pflanzen- und Tierwelt hat sich in gewaltiger Weise auf ihr vermehrt und ein großartiges Zeugnis vom göttlichen Schöpferwillen abgelegt.

Wir dürfen nun nicht schlussfolgern, es habe auch so etwas wie einen Menschen gegeben. Klar bezeugt uns die Schrift, dass Adam der erste Mensch war. Doch sind von jener ersten Welt keine lebenden Zeugen mehr unter uns. Finsternis lagerte über den Tiefen, die strahlende Erde wurde ein Chaos und inhaltslos und kein noch so geringes Leben regte sich in der öden Schöpfung.

War dieser Zustand die Folge eines ersten Sterbens? Hat sich der Tod etwa hier schon ein erstes Mal siegreich behauptet?

Ein genaues Studium des Wortes "Niederwurf" (katabolê) zeigt deutlich, dass dieses von einem Ereignis spricht, welches irgendwo in der Zeit zwischen 1.Mose 1:1 und 1.Mose 1:3 stattgefunden haben muss. Somit tut sich vor unseren Augen zwischen diesen Versen eine Kluft auf, die auch das Verb "werden" in Vers 2 bestätigt. In Vers 1 war die Erde noch nicht wüst, erst Vers 2 ist sie es geworden. Wir können nun den Niederwurf der Welt, des Kosmos, sehr gut in der Zeit zwischen Vers 1 und 3 erkennen, der sich natürlich auch auf die Erde auswirken musste. Denn wenn ein ganzes Weltsystem gestürzt wird, so muss dies eine Wirkung auf die Gegenstände ausüben, die mit diesem im Zusammenhang stehen.

Wir müssen annehmen, dass die einzigen denkenden und erkennenden Geschöpfe, die geistlichen Mächte und für unsere Augen noch unsichtbaren Heerscharen, in Aufruhr gerieten. Hass und Feindschaft entbrannte zwischen den Anhängern des Widerwirkers und den Getreuen Gottes. Ließ Gott etwa den Ersteren die Aufgabe zufallen, ihre zerstörende Auflehnung gegen ihren Schöpfer an allen Seinen Wunderwerken zur Auswirkung zu bringen? Sünde und Feindschaft gegen Gott und Seinen Sohn erzeugten das erste Chaos, wüst und leer gähnte die Tiefe herauf, und finster war die einst hell beleuchtete und wundersam belebte Welt.

Gottes Wort sagt uns nun, dass von diesem Niederwurf an das Lamm (in Gottes Absicht) geschlachtet war (Off.13:8). Hat etwa die herrliche, sündlose, ursprüngliche Schöpfung oder "Grundlegung" ein solches Opfer gefordert? (Sicher nicht; und schon deshalb wird katabolê nie "Grundlegung" heißen können!) Ferner heißt es: "Sonst hätte Er oftmals von dem Niederwurf der Welt an leiden müssen" (Heb.9:26). Das ist verständlich. Wir sehen also, dass die Schrift sehr unzweideutig das fragliche Ereignis mit der Sünde in Zusammenhang bringt. Von da an war all das geschehen, was irgendwie mit der Erlösung und der Wiederherstellung des Gestürzten zusammenhängt, zum Beispiel die Schlachtung des Lämmleins und die Neubildung einer verwüsteten Erde.

Vielleicht dürfen wir den Geologen unserer Tage mehr Verständnis entgegenbringen, wenn sie von langen Zeiträumen sprechen, viel länger als die Menschheit besteht. Haben nicht zwischen dem ersten und dritten Vers der Heiligen Schrift genügend Jahre Raum, um die gewaltigen Mengen an Kohle und tierischen Ablagerungen zu erklären? Und wie lange mag der trostlose Zustand der Öde gedauert haben? Liegen deshalb wohl die Schätze des Bodens unter solch gewaltigen Erdmassen begraben?

Wieder ist es unsere Aufgabe, hier besonders festzuhalten, dass der Tod schon etwas Wohlbekanntes war, ehe Adam erschien. Auch wenn er für Adam mit zu allem für ihn Neuen gehörte, so doch nicht für alle jene, welche den Niederwurf überlebten. Wäre Adam auch nie erschaffen worden oder hätte er nie gefehlt, dennoch wäre in der Schöpfung Gottes der Tod schon eingedrungen, was den Opfertod des Erstgeborenen vor einer jeden Schöpfung bedingte. Christi Tod war nach Gottes Willen schon unumgänglich geworden zur Zurechtbringung der vormenschlichen Wesen und nicht nur vorausschauend zur Errettung einer späteren Menschheit, sondern eben auch zurückblickend zur Reinigung der himmlischen Sphären (Heb.9:23).

Die Erschaffung des Menschen

 

War die Erschaffung des Menschen notwendig? Eine solche Frage ist tatsächlich berechtigt. Sie fällt uns nur nicht immer auf, weil wir zu sehr von der Geschichte unseres eigenen Geschlechts beeindruckt sind. Unser Denken beschränkt sich meist auf die Zeitspanne zwischen Eden auf dieser und dem neuen Jerusalem auf der neuen Erde. Wir denken kaum daran, dass die bösen Äonen der Menschheitsgeschichte eine relativ kurze Spanne in der von Gott festgesetzten Zeit, Sich Selbst zu offenbaren, darstellen. Wir lassen alles, auch das ganze Universum samt den unzählbaren Heerscharen der Bewohner überirdischer Welten, ichbezogen um uns drehen.

Wir sahen, dass das Trauerspiel der Sünde mit dem Tod als Begleiter lange vor dem Erscheinen des ersten Menschen begann. Durch den Niederwurf schon, so wird uns in Gottes heiligem Wort gesagt, wurde

der Tod Seines Sohnes eine unumgängliche Notwendigkeit. Wir lernen, dass Christus Jesus nicht nur um unsertwillen dahingegeben wurde am Kreuz, sondern auch um anderer Wesen willen, die keine Menschen sind und, für unser Geschlecht, schon vorgeschichtlich existierten.

Die Frage mag gestellt werden, ob es nun nicht genügt hätte, die Sünde, ihre Auswirkungen und ihre Beseitigung in jener Welt, vor Adam, Geschichte werden zu lassen? Warum starb Christus nicht damals, getötet durch die Hände jener Geschöpfe, sie mit Gott versöhnend? Was galt es zu gewinnen, dass Adam und mit ihm wir alle auch noch erst geschaffen werden sollten, um – wie Gott es zwar wusste (und wie wir sehen werden, es auch wollte) – mit in die ganze furchtbare Tragik der Sünde hineinverwickelt zu werden?

Wir werden uns diese Fragen am einfachsten und klarsten beantworten können, wenn wir erkennen, was die gesamte Schöpfung für Gott überhaupt bedeutet. Gott geht es um das Erfüllen eines Alls mit lebendigen Wesen (himmlische oder irdische Wesen, Menschen), begabt mit Verständnis und Erkenntnis, mit moralischen Fähigkeiten des Liebens und Wertschätzens, denen allen Er Sich offenbaren will. Diese Erkenntnis ist von grundlegender Wichtigkeit. Paulus spricht von der "Wohnstätte Gottes im Geist", welche "die Vervollständigung Gottes" darstellt, wobei Er wiederum nicht weniger als "das All in allem vervollständigen" will (Eph.1:23; 2:22; 3:19). Er will alle Seine Geschöpfe, "die in den Himmeln und die auf der Erde" (Eph.1:10), also tatsächlich das All, mit Christus in eine lebensmäßige Beziehung bringen, wie sie das Haupt zu den Gliedern eines lebendigen Organismus besitzt, und diesen "Körper" zu Seiner Behausung im Geist machen. Es geht also um nichts weniger als darum, wie wir es eben etwas anders aussprachen, dass die Geschöpfe Gottes ihren Schöpfer völlig erkennen sollen, um den Höhepunkt in der Erkenntnis der Liebe des Christus zu erreichen, wodurch wir zur gesamten Vervollständigung Gottes vervollständigt werden (Eph.3:19).

Wir sagen somit, dass Gott Sich mit der Schöpfung eine Bühne zur Selbstoffenbarung geschaffen hat. Es entspricht der Gottheit Gottes, dass Er das tun darf. Welches Geschöpf wagt, Seinen Schöpfer zur Rechenschaft zu ziehen? Anbetend sollten wir uns vor Ihm beugen

und auch mit allem Forschen nach den Motiven und Methoden Seines Handelns nur den einen Zweck verfolgen: Ihn besser zu erkennen, der Sich uns enthüllt in der Fülle der Weisheit Seiner Werke.

Tatsächlich erkennen wir Gott nur in einer Geschichte, in welche Er Selbst auch persönlich mit hineinverwoben ist. Wir vermögen Gott nur in Christus erkennen, aber nur in einem handelnden Christus, der die Werke tut, die Er den Vater tun sieht. Ein untätiger, stummer Christus bliebe uns rätselhaft, verhüllt, aber erst Seine Worte und Werke offenbaren uns Seine uferlose Liebe, welche Er uns als die Liebe des Vaters vorstellt. Gott ist Liebe, und wer Gott erkennt, wird dies nur können über den Weg der Selbstoffenbarung Gottes in Seinem handelnden, liebenden, leidenden Sohn. Seine Worte und Taten sind tatsächlich von so weittragender Bedeutung, dass Er sagen konnte: "Die Worte, die Ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben." "Wenn Ich nicht die Werke Meines Vaters tue, so glaubt Mir nicht. Wenn Ich sie aber tue und ihr Mir dennoch nicht glaubt, so glaubt doch den Werken, damit ihr erkennt und glaubt, dass der Vater in Mir ist und Ich im Vater bin" (Joh.6:63; 10:37,38). Allen diesen Handlungen ist der göttliche Stempel aufgedrückt, in allen tritt Gott an das Geschöpf heran; da Er nicht nur der Handelnde, sondern Selbst Inhalt der Handlung ist, ist Er in das Geschehen, in die Geschichte, hineinverwoben.

Es ist dies eine müßige Behauptung, Gott habe die Schöpfung eigentlich gar nicht nötig, denn Er habe in Sich Selbst und Seinem Sohne volle Genüge, volle Befriedigung, volle Liebesentfaltung. Aber ist nicht Christus, Sein Sohn, der Erstgeborene vor aller Schöpfung? Ist nicht Er schon des Vaters Geschöpf, eine Notwendigkeit für Ihn, welchem der Vater Sein eigenes Bildnis in solcher Vollkommenheit aufgeprägt hat, dass wir mit Fug und Recht sagen können: Er ist aus dem Vater hervorgegangen, ist Sein lebensmäßiger Sohn, geboren aus Gott. – Aber auch mit der Erschaffung der gesamten übrigen Schöpfung tat Gott nichts Unnötiges, wie Gott überhaupt nichts Unnötiges tut. Handelt Er nicht aus Seiner Ihm eigenen vollkommenen Gesetzmäßigkeit heraus? Gott kann nicht anders als lieben, und Liebe sehnt sich nach Gegenliebe. Dazu braucht Gott die Schöpfung, auf dass sich Seine Liebe an einer gewaltigen Aufgabe versuche und beweise, wodurch Gott Selbst in Wahrheit erkannt wird.

Eine ganz besondere Seite der Selbstoffenbarung Gottes fand aber in der ersten Schöpfung nicht Ausdruck. Jene Welt und jene Wesen müssen kein brauchbares Betätigungsfeld gewesen sein, auf welchem Gott jene Ereignisse hätte Geschichte werden lassen können, die Seine Gottheit den Geschöpfen restlos enthüllt hätte. So wird diese gegenwärtige Welt und die Menschheit ein Schauplatz für Ereignisse, die überirdische Bedeutung haben. Den Fürstlichkeiten und Obrigkeiten inmitten der Überhimmlischen wird die mannigfaltige Weisheit Gottes kund gemacht durch Ereignisse, die Gott auf dieser Erde wirkt (Eph.3:10). Kaum geahnte, vorher nie erkannte Wahrheiten sind hier auf Erden zur Darstellung gekommen in einer durch Gottes Sohn gewirkten Geschichte, Evangelium, "in welches auch die Boten zu spähen begehren" (1.Pet.1:12). Die Leiden der Heiligen in Schmähungen und Drangsalen sind ein Schauspiel (Heb.10:33), wie auch Paulus sagt: "Denn ich meine vielmehr, dass Gott uns, die letzten Apostel, als dem Tode Verfallene erweist, da wir der Welt, den himmlischen Boten und den Menschen ein Schauspiel geworden sind" (1.Kor.4:9). Gott will Seine Einstellung zu Sünde und Tod in jeder Variation zum sichtbaren Ausdruck bringen, alles an den Schaustellungen in der Urschöpfung noch Fehlende ergänzend, bis der menschgewordene Sohn Selbst durch Sein Leiden und Seinen Tod der Offenbarung Gottes den krönenden Abschluss aufsetzen sollte.

Notwendig zur Enthüllung Gottes Selbst

 

Es war notwendig, nach jener ersten Welt, von welcher wir durch so wenige Worte doch so viel aus der Schrift erfahren, eine Welt ins Dasein zu bringen, in welcher Gott das wahre Wesen der Sünde sowie Seine Einstellung zu ihr in jeder Weise und Abwandlung zur Schau bringen konnte. Es handelt sich hier um nichts weniger als um die Enthüllung Gottes Selbst, der Liebe ist, gepaart mit Gerechtigkeit in untrüglichem Licht. – Die Gerechtigkeit Gottes fand in der ersten Katastrophe, dem Niederwurf, ihre erste Schaustellung. Gottes Liebe, Geduld und Gnade aber erhalten ihren Raum zur Betätigung erst jetzt an uns Menschen. Um Liebe und Gnade verstehen zu können, um

Seine Langmut wertschätzen zu lernen, darum sind wir so erschaffen, wie wir eben sind. Wir haben Ihn gehasst und waren Seine Feinde. Nur deshalb vermag Seine Liebe uns in den Staub zu beugen. Wir sind nicht für uns selbst da, sondern für Gott. Paulus war ein Muster für alle, an denen Jesus Christus sämtliche Geduld zur Schau stellt (1.Tim.1:16). Wir alle sind beredte Beispiele für Gottes Wirken in uns, und das gemeinsame Zeugnis aller Menschen wird eine volle Offenbarung Gottes sein; durch unser Erleben bewirkt der Sohn Gottes ein inneres Schauen des Vaters, welchem wir in Lob und Anbetung Ausdruck geben werden, sodass wir allesamt den Unsichtbaren im Geiste schauen werden. – Das ist die Aufgabe, die Gott Sich mit dieser Schöpfung der Menschen gestellt hat, möglich geworden erst mit Adams Erschaffung, unmöglich aber noch in der Welt vor Adam.

Von der Welt, ihren Denkern und vielleicht auch den meisten Heiligen verkannt, geht Gott einen Weg, der durch Sünde zur Gerechtigkeit, vom Tod zum Leben, durch Feindschaft zur Aussöhnung führt. Es ist der Weg der Selbstentäußerung, begleitet von Not, Schmerzen und Tod, von den Weisen dieser Welt, den Fürsten der Bosheit verächtlich mit Torheit und Schwachheit bezeichnet (1.Kor.1:18-25); in Wahrheit ist es aber Gottes Weisheit, Seine Kraft, die von Ihm als einzige Möglichkeit erkannte Weise, Sich einer Schöpfung zu enthüllen und das All anbetend vor Sich zu vereinigen. Zu sehr ist auch das Denken der Heiligen befangen von der Vorstellung, dass der Weg zu Macht und Herrlichkeit über die Schaustellung von Allgewalt, Allwissenheit und Vernichtung aller Feinde führe; sie verstehen deshalb nicht die Bedeutung der Äonen, die von der Sünde begleitet werden, noch die Erniedrigung des gehorsamen Gottessohnes bis zum Kreuzestod, noch die Sünde und die Leiden in ihrem eigenen Leben. Sonst würden die Gläubigen nicht so laut klagen über Adams Sünde als ein Ereignis, das doch besser nie geschehen wäre. In entwürdigender Weise wird vom Verlauf der geschichtlichen Ereignisse überhaupt geredet, als triumphiere die Macht des Widerwirkers in einer den Händen des alleinigen Gottes entglittenen Schöpfung. Denn alle Sünde, alles Böse, auch der Tod hätten eigentlich gar nicht auftreten dürfen und sollten

nur von einem durch die Ereignisse "überraschten" Gott dann doch "gestattet" oder "erlaubt" worden sein!

O Torheit der Menschen, Schwächezeichen einer zerstörten Denkkraft, die so urteilt! "Denn Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme. O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Urteile und wie unausspürbar sind Seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer wurde Sein Ratgeber? Wer hat Ihm etwas zuerst gegeben, damit es ihm vergolten werden wird? Denn aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin ist das All! Ihm sei die Verherrlichung für die Äonen! Amen!" (Röm.11:32-36).

(Wird fortgesetzt) A. U. Gasser

Die Schöpfung dieser Welt

 

In Gottes Handeln gibt es nichts Ungereimtes (Hiob 1:22), sodass wir auch diese unsere Schöpfung als harmonisches Ganzes verstehen müssen, nicht nur in sich selbst harmonisch, sondern auch harmonisch abgestimmt zwischen Urschöpfung und der späteren Neuschöpfung (Off.21:1). Da diese Welt nicht Selbstzwecken dient, müssen wir auch bedenken, dass sie für ihre Aufgabe bestens hergerichtet ist. Wie die Bühnenkünstler für jeden Akt die dazu passende Szene schaffen, so auch hier. Das größte Ereignis, das auf dieser Erde stattfinden sollte, war das Sterben und Auferstehen des Sohnes Gottes. So ist auch kein anderes Gesetz so mit allem Lebenden, Wachsenden dieser Erde verbunden, wie das Gesetz von Tod und Leben. Alles beginnt mit dem Tode, aus welchem neues Leben ersteht.

Tot ist die Materie, ehe Gott sie belebt. Tot war die Welt, ehe sie neues Leben hervorsprossen ließ (1.Mose 1:2,11). Finsternis geht dem Licht voraus. Sterbend sinkt das Samenkorn in die Erde, um nach dem Tode neues Leben zu ermöglichen. Mit unmißverständlicher Deutlichkeit predigen uns ausnahmslos alle Dinge und Lebewesen in diesem Weltenall, dass es kein "es werde" gibt, das nicht den Tod, das Aufhören eines vorhergehenden Zustandes oder Lebewesens, bedingt. So liegt es auf der Hand, dass wenn Gott eine sündigende Schöpfung neu erschaffen, umwandeln will zu einer neuen Schöpfung, die alte sterben muss. Der Tod scheidet zwischen den beiden Schöpfungen;

aus dem Tode der vergangenen ersteht die neue in Auferstehungsleben.

Noch besteht diese Schöpfung. Aber sie geht dem Tage entgegen, da sie sterben wird, da die Elemente zerschmelzen in der Glut (2.Pet.3:10), um in der neuen Schöpfung zu einer wunderbaren Schöpfung neu zu erstehen (Off.21:1). Sterbend geht die Erde jenem Tage entgegen. Seufzend unter den Folgen ihrer Eitelkeit, der Aussichtslosigkeit auf ein "ewiges" Bestehen, ächzt die Schöpfung und leidet Wehen, versklavt unter die Vergänglichkeit (Röm.8:20-23). Wir sind umgeben von und leben in einer sterbenden Welt. Als solche zerfällt sie ja schon. Ein feuriger Ball in der Stunde ihrer Geburt, ist sie heute ein schon weitgehend erkalteter Körper geworden. Steine zerfallen und verwittern, und langsam ebnen die Wasser die Vielgestalt der Erdoberfläche ein. Sterbend seit ihrem ersten Aufleuchten als junges Gestirn ist sie in Harmonie mit ihrer zentralen Bedeutung, Schauplatz des Todes Jesu Christi zu werden. Sterbend wurde sie erschaffen, wie auch keines der uns bekannten Gestirne unendlich weiterzuexistieren und -glühen vermag.

Wie steht es nun mit der Kreatur, die im ersten Kapitel der Heiligen Schrift neu erstand? Wurde auch sie sterbend erschaffen? War auch sie harmonisch abgestimmt auf die Vorgeschichte, in welcher der Tod schon einmal herrschte? War dieser sterbende Weltkörper überhaupt fähig, eine "unsterbliche" Vegetation und Tierwelt hervorzubringen (1.Mose 1:11,24)? Galt damals, vor Adams "Sündenfall", das Gesetz von Vergehen und Werden noch nicht? Starben die Samenkörner (1.Mose 1:11) damals nicht, um neuen Pflanzen das Leben zu schenken? Ein sorgfältiges Abwägen dieser Fragen muss uns zur Antwort führen, dass auch die Schöpfung im ersten Kapitel der Heiligen Schrift sterbend erschaffen wurde. Sie wurde nicht erst sterbend durch Adams Übertretung, was auch nirgends in Gottes Wort gelehrt wird, sondern erhielt diese Gesetze des Lebens und Sterbens als wesentlichen Charakterzug mit auf den Weg. Auch die Tierwelt stand unter diesem Gesetz. Das will nicht besagen, dass schon damals ein Tier das andere fraß. Auch der Mensch erhielt fleischliche Speise erst nach der Sintflut von Gott zugeteilt (1.Mose 9:3). Doch bestand schon von Anfang an das Gesetz, dass die höhere Organisation durch den Tod der niedrigeren leben muß. Pflanzen können ihren Unterhalt direkt aus der Erde beziehen, wozu die Tiere, die lebenden Seelen, die sich bewegen, nicht fähig sind. Sie müssen durch den Tod des Krautes, des Getreides, der Frucht leben. Auf diese Weise werden wir fortwährend an die große Tatsache erinnert, dass Gott Leben aus dem Tode bringen kann. Keine Tatsache im ganzen Universum wird so weitreichend und beständig verkündet als die Wahrheit, dass der Tod das einzige Mittel zum Leben ist. Die Speise, welche wir essen, spricht in dieser Hinsicht eine beredte Sprache; nicht nur die fleischliche Speise, sondern auch das Gemüse und Getreide. Nur durch Sterben kann das Getreide wachsen, nur durch den Tod kann der gesäte Same sprießen. Und das mitgeteilte Leben geht wieder verloren, wenn das Korn von Menschen oder Tieren als Speise gebraucht wird. Tod, Tod, Tod, alles Leben wird nur durch den Tod erhalten. Das ist das universale Gesetz des Lebens, dem nichts entgehen kann.

Noch war keine Disharmonie im Laufe dieses Lebensprozesses (oder wollen wir lieber sagen: Sterbensprozesses?) vorhanden, ehe die Sünde eindrang. Noch waren Gleichgewicht, harmonisches Ergänzen und vernünftige Rücksichtnahme vorherrschend. Niemand schadete der Umwelt, sondern jedes fügte sich in die ihm zugewiesene Bestimmung und konnte ihr genügen. Erst durch die Kränkungstat des ersten Menschen kam die Sünde auch in diese Welt und mit ihr die Unordnung, die den Tod zum Sieger über das Leben erhob und das Sterben zu einem schmerzlichen Erleben machte. Aber wir wollen hier nicht vorgreifen.

Die Erschaffung Adams

 

Adam wird in der Heiligen Schrift als dem Haupt der Menschheit eine gewichtige Stellung eingeräumt. In ihm wurden auch wir erschaffen, und in ihm sterben wir alle. Durch seinen Ungehorsam wurden auch wir vielen Menschen zu Sündern eingesetzt (Röm.5:19). Die ersten Aufzeichnungen über Adam, unseren ersten Vater, müssen daher unsere besondere Aufmerksamkeit erregen, sodass wir uns mit seiner Erschaffung in einem besonderen Abschnitt befassen wollen.

Es wird hier unsere Hauptaufgabe sein, die Frage abzuklären, ob auch der Mensch sterbend erschaffen wurde oder nicht. Wir werden auch den Begriff "sterbend sein" einer Beleuchtung unterziehen müssen. Adams Übertretung und erste Sünde sei aber einem späteren Abschnitt vorbehalten.

Wieder wird uns die Beantwortung unserer Hauptfrage leichter fallen, wenn wir uns die Bedeutung der Erschaffung der Menschheit in Adam vergegenwärtigen und das Existieren unseres Geschlechts nicht in hochmütiger Weise für Selbstzweck halten.

Wir sagten schon, dass unsere Schöpfung nur die folgerichtige Fortsetzung der Urschöpfung ist, wohl eingeordnet in den ganzen Verlauf des Geschehens, vollkommen übereinstimmend mit ihrer Aufgabe, Schauplatz der vollen Entfaltung der Sünde, aber auch der Erlösung und Errettung aus ihr zu werden. Diese Letztere spielt sich ab auf einem Hintergrund, der uns den Rettergott in Seiner ganzen Liebe enthüllt, was uns anbetend zu Seinen Füßen beugen wird, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.

Adam spielt nun eine wichtige Rolle, denn als Vater der Menschheit hat er Einfluss auf alle seine Nachkommen, die ja Gegenstand der Liebe Gottes und Empfänger Seiner Gnade werden sollen. War nun Adam -– der Hauptaufgabe der Menschen entsprechend – auch schon sterbend erschaffen worden oder besaß er ursprünglich Unsterblichkeit, diese Herrlichkeit mit Christus teilend, welcher heute noch der Einzige ist, der sie besitzt (1.Tim.6:16)?

Wir haben die Überzeugung, dass auch Adam (in harmonischer Übereinstimmung mit seiner Umgebung!) von Anfang an sterblich war und wollen versuchen, im Folgenden unsere Ansicht hierüber klarzulegen.

Über Adams Erschaffung lesen wir in 1.Mose 2:7: "Dann formte Jewe Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase, und der Mensch wurde eine lebende Seele". Damit wird Adam anatomisch mit den anderen lebenden Seelen (1:20,24), die vor ihm gebildet wurden, gleichgestellt, wie es noch heute der Fall ist. Physisch entdecken wir die gleichen Körperfunktionen in Mensch und Tier, die gleichen Lebensgesetze

von Werden und Vergehen. Wir glauben nicht, dass Adam eine solche ungereimte Ausnahme bildete in jener Schöpfung, die von Anfang an sterbend war. Auffallend ist auch, dass uns Gottes Wort nirgends sagt, der Mensch sei unsterblich erschaffen worden. Warum also eine solche Folgerung aus gewissen Schriftstellen ziehen, die etwas ganz anderes aussagen? Es scheint doch schon sehr zweifelhaft um eine Ansicht bestellt zu sein, der man so große Bedeutung beimisst, obschon sie Gottes Wort nirgends ausspricht.

Sollte Adam erst nach seiner Übertretung sterblich geworden sein? Nach Adams Kränkungstat wurden nur seine Augen aufgetan, und er begann Gut und Böse zu erkennen (1.Mose 3:7). Sein Verständnis erweiterte sich. Die Erweiterung seiner Erkenntnis scheint nicht darin bestanden zu haben, dass Adam nun wusste, was der Tod oder das Sterben ist. Vielmehr müssen wir annehmen, dass die ersten Menschen genau unterrichtet waren, was der Inhalt der ihnen angedrohten Folge ihres Ungehorsams sein werde. Niemals würde Gott einem Geschöpf eine Strafe androhen, ohne dass dieses auch wüsste, um was es geht! Es bestanden genug Möglichkeiten zu einem eingehenden Anschauungsunterricht, um Adam und Eva über Art und Wesen des Todes, des Sterbendseins, zu belehren. Hüten wir uns, Gottes Aussagen unsere Meinungen, unsere Ergänzungen beizufügen. Jewe Elohim sagte nur: "Siehe, der Mensch ist wie einer von Uns geworden und weiß, was gut und böse ist" (1.Mose 3:22). Und seither lernen wir an einer Unzahl von Arten und Abwandlungen das wahre Wesen von Gut und Böse erkennen.

Adam war nicht unsterblich

 

Die Vorstellung eines unsterblichen Adam ist überhaupt eine ungeheuerliche Phantasiegestalt. Sie macht das Geschöpf restlos unabhängig vom Schöpfer. Adam könnte tun, was er wollte, nur das eine Gebot beachtend, und er würde nicht sterben. Er wäre nicht gezwungen, sich an die ihm von Gott zugewiesene Wohnerde zu halten. Er könnte in die Kälte des Weltalls fliehen, im Feuer beliebig lang verweilen, tagelang auf dem Meeresboden bleiben oder jahrelang fasten, immer käme der unsterbliche Adam wieder zum Vorschein,

denn nichts könnte seinem Leben den geringsten Abbruch tun. Es will scheinen, dass sich die Verfechter der Ansicht von Adams Unsterblichkeit überhaupt nicht ganz klar sind, was Unsterblichkeit, Nichtsterbendsein, überhaupt bedeutet. Ob wir jemals in diesem Sinne eine unabhängige Unsterblichkeit besitzen werden? Oder werden wir nach unserer Verherrlichung nicht auch von Gott abhängen für unser Leben und Bestehen? Wir werden dann nicht mehr an Temperaturen, Speisen, Atmosphäre usw. gebunden sein, unser Organismus, unser geistlicher Körper, wird nicht mehr den Gesetzen eines regelmäßigen Stoffwechsels unterstellt sein, sondern nur noch an Gott Selbst gebunden. Abhängig von Gott zu leben, ist nicht Schwachheit, sondern Übereinstimmung mit dem Schöpfer.

Der normale (!) Stoffwechsel ist es gerade, was unser Sterbendsein ausmacht. Und weil dieser Stoffwechsel sich nur unter gewissen äußeren Bedingungen vollzieht, sind wir an den uns von Gott zugewiesenen Raum auf dieser Welt gebunden. Wir sprechen von unserem Körper, obgleich er aus Erdreich besteht und die Elemente desselben dauernd andere werden und sich im Tode vollständig auflösen. Ja, im Laufe von etwa sieben Jahren hat sich der Organismus vollständig erneuert, was seine Bestandteile anbetrifft, dennoch ist es derselbe Körper, soweit wie unser Bewußtsein in Frage kommt. Es ist vielleicht nicht zu kühn zu sagen, dass unsere Körper alle sieben Jahre sterben und ebenso oft wieder auferbaut werden; natürlich in einem allmählichen, aber dennoch wirklichen Prozess. Dies sollte uns behilflich sein zu erfassen, was den Tod des Körpers ausmacht. Könnten wir diesen Vorgang des Sterbens in eine kurze Zeitspanne drängen und die wiederaufbauenden Kräfte ausschalten, so hätten wir den Tod selbst. Dieses andauernde Sterben ist eine fortgesetzte Mahnung an den Tod sowie ein ununterbrochener Beweis für unsere Sterblichkeit.

Es ist keine Strafe, in einem sterbenden Körper zu wohnen. Gottes Drohung an Adam lautete nicht, dass er sterbend würde, sondern dass vom Tage seines ersten Ungehorsams an sein Sterbendsein eine neue Bedeutung erfahren würde, nämlich als einen Prozess, der im Tode enden solle. Wörtlich heißt es: "Zum Sterben wirst du sterbend sein." Wie genau doch diese Worte den Tatsachen entsprechen! Es heißt

auch nicht, dass er sterbend würde, sondern dass von dem Tage an sein Körper durch den Vorgang des Sterbendseins soweit werde zerstört und geschwächt werden dürfen, bis der Tod eintritt. Dass der Tod eintreten darf, das ist die Strafe für die Sünde. Dass sich unser Körper jetzt in diesem Sterbensprozess aufreibt, entkräftet, an Lebenskraft einbüßt, bildet den Weg zum Urteil Gottes. Aber erst vom Tage der Übertretung an begann der Sterbensprozess ein solcher zu werden, von Schmerzen und Leiden begleitet, der unser Leben im Tode enden lassen soll. – Sterbend sein muss aber kein solch schmerzlicher Zustand sein. Für Adam und Eva war er kein solcher, ehe sie sündigten.

Man sehe sich die kraftvolle Gestalt eines gesunden Menschen an! Er empfindet sein Sterbendsein nicht als Last. Überschäumende Lebenskraft durchpulst ihn und lässt ihn das Dasein als Wonne empfinden. Wie lieblich ist das Bild gesunder, munterer, fröhlicher Kinder! Auch sie sind sterbend, aber was bedeutet das für sie in ihrer jugendlichen Lebensfreude? Sterbend sein heißt auch nicht krank sein, denn wir vermögen noch wohl zwischen Krankheit und Gesundheit zu unterscheiden. So können wir uns Adam als lebende Seele wohl vorstellen: Beschenkt mit einem unbeschwerten Körper, unbelastet von Krankheiten oder ihren Folgen, in welchem noch alle Organe ihrer Funktion vollkommen genügen, in idealen Verhältnissen lebend. Sich an den Werken Gottes erfreuend, mit Nahrung in Hülle und Fülle, ohne irgend welche Sorgen, noch von Kummer gequält, das war sein Leben im Garten Eden. Wenn wir heute noch genug Beispiele an sterbenden Menschen um uns erblicken, um uns ein solches Leben vorstellen zu können, warum meinen wir dann, es sei nur dem Unsterblichen möglich, so das Leben zu genießen?

Adam und Eva haben das Sterbendsein nicht als lästig empfinden können. Gesunder Appetit, gesunde Speise, gesunder Schlaf, gesunde Beschäftigung (1.Mose 2:15) sind alles Bedürfnisse eines gesunden, normalen, aber nichtsdestoweniger sterbenden Menschen. Noch war das Abbauen und fortgesetzte Aufbauen (Stoffwechsel) seines Körpers ohne Defizit, noch immer war die Frucht vom Baum des Lebens für ihn eine lebenspendende Speise.

 

Der Baum des Lebens

Oft werden der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse als Beweise herangezogen, dass Adam vor seinem Ungehorsam unsterblich gewesen sei. Dies geschieht aber nur durch Nichtbeachten der genauen Schriftzeugnisse. Man spekuliert mit mystischen Wirkungen der Früchte dieser Bäume. Doch die Heilige Schrift weiß nichts von dem allem. "Siehe, Ich habe euch alles Samen aussäende Kraut gegeben, das auf der Fläche der ganzen Erde ist, dazu jeden Baum, der die Frucht eines Samen aussäenden Baumes trägt: Es soll euch zur Nahrung dienen" (1.Mose 1:29). Welch große Bedeutung wird doch heute den Nährstoff- und Vitamingehalten unserer Nahrungsmittel beigemessen! Sie dienen dem Aufbau der neuen Körperzellen, welche die toten zu ersetzen haben. Eine sorgfältige, natürliche Kost trägt viel bei zur Gesundheit, dem geordneten Arbeiten unserer Organe, der Erhaltung dieses unseres sterbenden Körpers. Ein Ermangeln von genügender und vor allem richtiger Art von Nährstoffen führt gewöhnlich rasch zu Zerfall, Altern, Krankheit und Tod. Niemand aber schreibt unseren Speisen mystische Wirkung zu. Wenn auch der ganze Stoffwechsel ein wunderbarer Vorgang ist, so ist er doch nichts Unerklärliches mehr. Wir wissen heute, wie viel von den wichtigsten Nahrungsmitteln der Körper wenigstens pro Tag braucht, um geordnet weiterzuarbeiten. Wie viel besser aber weiß das unser Schöpfer! Er hat uns in der Natur eine große Fülle Pflanzen als Nahrungsmittel bereitgestellt. Eine Menge Kräuter werden direkt als Heilpflanzen bezeichnet, weil man ihre gute Wirkung auf unseren sterbenden Körper vielfach erprobt hat. Aber sie alle scheinen nicht zu genügen, um unseren Körpern eine im Durchschnitt siebzig Jahre wesentlich übersteigende Lebensfähigkeit zu verleihen.

Gott aber pflanzte den Baum des Lebens in erreichbare Nähe des Menschen. An ihm wuchs die Frucht, die Leben spendet, die auch unseren Körpern eine ungeahnte Lebenskraft vermitteln würde. Diese Frucht enthält das "Vitamin", welches uns heute so bitter fehlt, welches so heilsam auf das Funktionieren unseres Organismus wirken würde, sodass er viele hundert Jahre alt werden könnte. Adam hatte

jene Frucht in der Nähe und hat sich ihrer auch bedient. Es gibt Leute, die meinen, Adam und Eva hätten den Baum des Lebens gegen Gottes Willen unberührt gelassen. Auch diese Ansicht ermangelt des klaren Schriftbeweises und gründet sich auf volkstümliche, aber irrige Vorstellungen vom Lebensbaum. Man meint, dass das Essen von diesem Baum ihnen "ewiges" Leben verliehen haben würde, weil Gott sie aus Eden vertrieb, um dies zu vermeiden. Aber es steht nicht da, dass der Baum "ewiges" Leben verlieh. So lange sie davon aßen, hätten sie gelebt. Als sie die Frucht nicht länger erreichen konnten, hielt nichts mehr den Sieg des Todesprozesses auf.

Die Schrift sagt nirgends, dass Adam und Eva nicht vom Lebensbaum gegessen hätten. Eva antwortete der Schlange: "Von der Frucht der Bäume des Gartens dürfen wir essen". Die einzige Ausnahme, die sie machte, war der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. Wir können ihr hierin keine Unwahrheit vorwerfen, da sich damals keine einzige Folgeerscheinung der Sünde kundtat, wie es nach ihrem ausdrücklichen Ungehorsam der Fall war, und auch Gott ihr in der darauf stattfindenden Gerichtsszene nichts Derartiges zur Last legte. Nicht in Verbindung mit dem Baum des Lebens hat die Sünde Einlass gefunden, sondern mit dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen.

Alle Verfechter der Unsterblichkeit Adams vor seiner Übertretung vermögen uns keinen Grund zum Vorhandensein des Baumes des Lebens zu geben. Er war ja gänzlich zwecklos, wenn seine Früchte nie gegessen werden sollten. Der "unsterbliche" Adam bedurfte ihrer ja nicht, (er konnte nicht "noch unsterblicher" werden!), und der sündige, sterbliche Adam durfte sie nicht mehr genießen. Ein schöner Baum, behangen mit zwecklosen Früchten, der zudem noch zu Unrecht den wunderbaren Namen "Baum des Lebens" trug. – Wie die wünschende Phantasie in Kindermärchen mutet es an, wenn jemand lehrt, Adam hätte sich seine verwirkte "Unsterblichkeit" nach seinem Sündigen durch das Essen vom Baum des Lebens schnell sichern können. Sicher ist, dass Adam durch diese Frucht nicht etwa unsterblich gemacht worden wäre. In 1.Mose 3:22 heißt es: "Und nun, damit er nicht seine Hand ausstrecke und auch von dem Baum des Lebens nehme, esse und lebe für den Äon". Ein weiteres (wiederholtes?) Essen vom Baum des Lebens hätte ihn befähigt, bis zum Ende jenes Äons zu leben. Das Ende jenes Äons war die Sintflut.

Das Essen von der Frucht des Lebensbaumes war ein notwendiges Einnehmen eines Nährstoffes, vielleicht eines Vitamins, das zur Erhaltung des organischen Gleichgewichtes eines sterbenden Körpers unerlässlich ist und wir heute vermissen. Erst auf der neuen Erde werden wieder Lebensbäume wachsen (Off.22:2) und zwölffältige Früchte tragen. Die Blätter des Holzes aber dienen zur Genesung der Nationen. Eine deutlichere Sprache sollte nicht nötig sein, um uns über den Lebensbaum, seine Aufgabe und Wirkung zu belehren. Nicht Unsterblichkeit werden die davon Genießenden erhalten, sondern Heilung, Gesundheit, Kraft, Lebensfülle. Nicht mystische Gedankenakrobatik, die aus äonischem Leben gleich Unsterblichkeit folgert, sondern demütiges Glauben der klaren Aussagen Gottes gibt befriedigende Erkenntnis.

Manche weisen darauf hin, dass Auferstandene (Lebendiggemachte, Unsterbliche) auch essen werden. Der Herr Jesus ist der einzige Unsterbliche, von welchem wir wissen, dass Er aß (Joh.21:15; Mt.26:29) oder essen werde. Aber das ist kein Beweis dafür, dass Er dieser Speise auch bedurfte. Ein Unsterblicher braucht weder Speise noch Trank; für Adam war beides vom ersten Tag an unbedingte Notwendigkeit (1.Mose 1:29), eine unerbittliche Forderung seines sterbenden Körpers.

Der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen

 

Menschliche Spekulation schreibt auch dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse mystische Kräfte zu. Gottes Wort sagt nirgends aus, dass dieser Baum den Tod erzeugen werde, er werde aber die Augen öffnen, um Gut und Böse unterscheiden zu können. Nie sollte der Tod Adams als Wirkung einer Frucht eintreten, sondern als Folge seiner Sünde. Sein Ungehorsam zog die Strafe nach sich, er wurde vom Zugang zum Lebensbaum abgeschnitten; damit kam der Tod zur Herrschaft, er gewann im Körper der Menschen die Oberhand über die Lebenskräfte und tötete Adam.

Der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen steht überhaupt nicht im Gegensatz zum Baum des Lebens. Er heißt darum auch nicht: Baum des Todes. Der Tod ist die Strafe für die Sünde, wobei es eigentlich gleichgültig ist, wodurch die Sünde ihren Anfang nimmt. Wäre die erste Sünde Adams eine Lüge gewesen oder welche Unzulässigkeit auch immer statt des Essens einer Frucht, stets wäre sie ein gegen Gottes Gebot gerichteter Ungehorsam gewesen. Ungehorsam macht zum Sünder (Röm.5:19), dessen Todesurteil unabwendbar ist.

Alles war sehr gut

 

 

Gewisse Menschen sagen, der Mensch und jene ganze Schöpfung müsse unsterblich erschaffen worden sein, denn Gott bezeichnete alle Seine Werke als "sehr gut" (1.Mose 1:31). Alles, was Gott tut, ist gut; allen Seinen Werken haften keine Mängel an. Auch dann, wenn Er Gericht übt oder ausdrücklich sagt, dass Er Böses bewirke (2.Kö.6:33; Neh.13:18; Jer.19:3; 21:10: 32:42; 36:3,31; 39:16; 40:2; 42:17; 44:2,11; Klag.3:38; Hes.14:22; Micha 1:12), immer sind Seine Taten gerecht, vollkommen und gut. Nicht nur erschafft Gott nichts Zweckloses, sondern gibt auch jedem Geschöpf die seiner Aufgabe entsprechende, zweckdienliche Form mit zweckmäßiger Veranlagung und zweckentsprechender Konstitution. Besäße es dies alles nicht, wäre das Geschöpf nicht "sehr gut", vielmehr aber eine Unehre für Gott. Wir können somit sagen, dass wenn Gott eine sterbende Schöpfung mit einem von Anfang an sterbenden Menschen wollte, Er Seine Werke nur dann "sehr gut" nennen konnte, wenn sie wirklich ihrem Zweck und Seinem Willen entsprechend beschaffen und veranlagt waren: sie mussten sterbend sein.

Will ich für einen besonderen Zweck ein rinnendes Gefäß herstellen, baue es aber vollkommen dicht, so habe ich erstens meinen Willen nicht verwirklicht und zweitens eine sehr schlechte Arbeit geleistet.

Konstruiere ich es aber tatsächlich undicht, meinem Wunsch und Willen entsprechend, so darf ich über mein Werk das Urteil "sehr gut" fällen; es ist mir vollkommen gelungen.

Ist unser Körper nicht vollkommen? Ist er nicht wunderbar bereitet? Ist er nicht sehr gut? Auch heute noch? (Psalm 139:14)! Adams sterbender Körper, erfüllt mit jugendlicher Lebensfülle, durch geeignete Nahrung erhalten, war das keine sehr gute Schöpfung, unseres Gottes würdig? Die gleiche Auszeichnung "sehr gut" erhielt ja auch die übrige Kreatur, Tiere sowohl wie Pflanzen, obschon wir fanden, dass auch sie sterbend waren, unter dem Gesetz von Vergehen und Werden stehend.

Andere meinen die Unsterblichkeit Adams darin bewiesen zu sehen, dass Gott Selbst mit den ersten Menschen verkehrte. Mit sterbenden Menschen, so glauben sie, würde der Unsterbliche nie in so nahe Berührung treten. Das sind spekulative Vermutungen, die von der Schrift direkt widerlegt werden. Auch nach dem Essen der verbotenen Frucht, als die Menschen zu Sündern geworden waren, suchte Gott sie im Garten, redete mit ihnen, bekleidete sie mit Fellen usw. Rein nichts lässt einen Unterschied in der Art oder im Charakter des Umganges zwischen Schöpfer und Geschöpf erkennen, wenn wir ihre Gespräche vor und nach der Kränkung vergleichen (vergleiche 1.Mose 1:27,28; 2:15,18,21,22 mit 1.Mose 3:8-23; 4:3-6,9-15). Nichts läßt vermuten, dass Gott den Menschen nach seinem Ungehorsam sorgfältig mied, um ihm ja nicht zu begegnen.

Der Bericht in Kapitel 4:14,16 jedoch beweist, dass der Mörder Kain der erste Mensch war, der vom Angesicht und der unmittelbaren Gegenwart Gottes für den Rest seines Erdenlebens hinweggesandt wurde.

Sterblich heißt nicht sündig

 

Noch einem Gedanken müssen wir Beachtung schenken, ehe wir diesen Abschnitt schließen: Sterbend sein (oder sterblich sein) ist nicht identisch mit sündig sein. Es ist nicht nötig, dass ein Sterbender gleichzeitig ein Sünder sei. Nicht einmal das Umgekehrte ist der Fall: ein Sünder muss nicht auch sterbend sein. Sterblichkeit und

Sündigkeit stehen in keiner Wechselwirkung (wie das im Gegensatz dazu bei Sünde und Tod der Fall ist), weshalb die Warnung Gottes an den Menschen nicht lautete, dass er sterblich würde, sondern dass er zum Sterben sterbend sein würde, das heißt der tatsächliche Tod werde ihn einmal erreichen.

Satan ist ein Sünder. Dennoch ist er nicht sterbend wie wir Menschen. Er vermag, das Weltall zu durchreisen und wird die tausend Jahre Kerkerhaft gut überstehen (Off.20:3,7). Kein Sterblicher könnte das. Aber unabhänig von Gott ist auch Satan nicht; Er könnte ihn jederzeit vernichten und wird ihn in der Allaussöhnung auch verwandeln, indem sein altes Wesen vergeht (stirbt) und ihm ein neues Herz gegeben wird.

Unser Herr war während Seiner Erdenjahre auch sterbend, ohne ein Sünder zu sein. Sein Wandel im Geist und in der Gemeinschaft mit Gott bewahrte Ihn vor dem Sündigen. Auch wir würden unsere Sünden nicht mehr verüben, wenn Gottes Geist uns so erfüllen würde wie den Sohn Gottes, ohne uns aber unsterblich zu machen. Wir würden Sterbende bleiben. Noch auf dem Sterbebett können wir Gott loben, von Seinem Geist erfüllt. Unser praktisches Leben kann, gewirkt durch die Kraft Seines Geistes, immer weniger Werke der Sünde aufweisen. Gestorben mit Christus, sollen wir ja nicht mehr der Sünde sklaven (Röm.6:6). Eigentlich dürfte in dem Leben der Heiligen keine einzige Sünde mehr vorkommen! Denn so weit geht die Befreiung durch den Retter Jesus Christus. Diese Befreiung wird durch Seinen Geist gewirkt, " Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus befreit dich vom Gesetz der Sünde" (Röm.8:2). Wie viel mehr gilt dies von unserem Herrn, welcher, gezeugt durch den Geist Gottes, bezeichnet als Sohn Gottes in Kraft nach dem Geiste der Heiligkeit (Röm.1:4), erfüllt und geleitet von Gottes Geist, alle Tage Seines Lebens Gott verherrlichte? Ist nicht dies in erster Linie Grund Seiner Sündlosigkeit?

Es wird oft energisch behauptet, unser Herr sei auf Erden nicht sterbend gewesen, Er sei es erst am Kreuz geworden, als Er von Seinem Vater verlassen wurde. Solche Argumente sind eitel, denn sie ermangeln jeden Schriftbeweises. Auch dass Er Tote ins Leben zurückrief, beweist nicht Seine Unsterblichkeit im Fleisch. Petrus und Paulus haben auch Tote auferweckt, ohne dass sie selbst unsterblich gewesen wären. Sie taten sogar noch größere Zeichen und Wunder als Jesus. Nicht aber sie, sondern Er wirkte durch sie als Diener Christi die Werke Gottes, wie Er ehedem auch nur die Werke Seines Vaters tat.

Unser Herr wurde müde (Joh.4:6), Ihn hungerte, Er schlief, Er alterte, denn die Juden schätzten Ihn wohl eher etwas unter fünfzig Jahre alt als nur dreißig ((Joh.8:57). Er wurde wie ein Mensch und an Gebärden wie wir, heranwachsend vom neugeborenen Kindlein zum Manne. Seine Entäußerung (Phil.2:7,8) schloss tatsächlich das Anziehen eines sterbenden Körpers in sich, denn nur ein solcher erlebt alle oben angeführten Erscheinungen. Es ist gänzlich unnötig, mystische Vorstellungen über unseren Herrn Jesus aus der Überlieferung des Mittelalters herüberretten zu wollen. Es würde uns unvorstellbar bleiben, wie eine sterbende Frau einen unsterblichen Körper hätte gebären können. Eitel sind die Folgerungen, dass der Herr heute noch unter uns leben würde, wäre Er nicht an das Kreuz geschlagen worden. Er wurde ja zu diesem Zweck ein Mensch wie wir, dass sich Sein Gehorsam in Seiner Erniedrigung bis zum Kreuzestod offenbaren konnte. "Einen Körper aber passt Du mir an" (Heb.10:5), bezeugt der Sohn, auf dass Er auf dem Wege zum Opfertod den Willen Gottes tue (Heb.10:7,9). Dieser Ihm anzupassende Körper war sicher das Vorbild, nach welchem Adam gebildet wurde; es war ein sterbender Körper. In diesem erfüllte Er im Gehorsam, unter den Willen Gottes gebeugt, Seine Sendung in diese Welt. Er starb nicht, als Gott Ihn am Kreuz verlassen hatte. Der Tod hätte dem Gericht der Dahingabe ein vorzeitiges Ende bereitet. Lebend litt Er die Strafe und kostete sie voll aus.

Wir möchten mit dem allem nicht sagen, dass der Tod irgend ein Recht an Ihm gehabt hätte. Er hätte eigentlich nicht sterben müssen, obschon Er sterbend war. Dass auch Seinem Körper die Frucht vom Lebensbaum fehlte, war Sein freiwilliges Teilhaben an dem Gericht über das Menschengeschlecht und durch die Umstände bedingt: es gab keinen Lebensbaum mehr (sonst hätte Er wohl davon essen dürfen!). Sein Herabsteigen in diese Verhältnisse (die für uns gewöhnliche Menschen allgemein zum Tode führen) war Sein freiwilliger Entschluss, Seine Bereiterklärung, den Willen Gottes zu tun (Joh.10:18). Diesen Entschluss fasste Er nicht erst am Kreuz oder als Er zur Sünde gemacht wurde (2.Kor.5:21), noch erst im Garten Gethsemane, sondern lange ehe Er sich entäußerte und Knechtsgestalt annahm. Sein Entschluss, Sein Leben niederzulegen, geht in die Zeit vor den Niederwurf zurück. Seit jenem Zeitpunkt wird Er uns verkündigt als "das Lamm, das vom Niederwurf der Welt an geschlachtet ist" (1.Pet.1:20; Off.13:8). Er stellt Sich freiwillig unter die kosmischen Gesetze einer sterbenden Schöpfung, nimmt den Körper sterbender Menschen an und stirbt zur restlosen Erfüllung Seiner Mission auf dieser Erde.

Dennoch war unser Herr nie ein Sünder. Ein Sünder wird man erst durch begangene Sünden. Er kannte keine Sünde in Seinem Leben. Er musste auch keine Sünde begehen, um zur Sünde gemacht zu werden. Als der Schöpfer des Alls nimmt Er die Verantwortung für alles Existierende auf Sich, auch für das Existieren der Sünde. Ebenso übernimmt Er die Verantwortung für die Folgen der Sünde, ohne Selbst jemals eine begangen zu haben. Zweierlei sind die Folgen der Sünde: erstens bringt sie uns zur Erkenntnis von Gut und Böse, zur Erkenntnis von uns selbst, zur Erkenntnis der Gnade, zur Erkenntnis der Liebe Gottes und damit zur Erkenntnis Gottes, des Vaters. Dafür übernimmt der Sohn die Verantwortung; es wird Ihm zur höchsten Ehre gereichen, auf diesem Wege des Dunkels und Leides uns in die lichte Herrlichkeit der Gegenwart Gottes geführt zu haben, wie es sonst nie möglich gewesen wäre. Zweitens übernimmt Christus die Verantwortung für die durch die Sünde bedingte Trennung des Geschaffenen von Gott, was den Tod des Geschöpfes bedeutet. In Ihm hat sich diese Trennung vollzogen, tatsächlich wie auch symbolisch, mit Ihm starb das All in den Augen Gottes. "Er wurde zur Sünde gemacht", Er erlitt alle Konsequenzen für das Erschaffen des "Sünders von Anfang an". Dennoch war gerade diese Schöpfertat keine Sünde, weil sie die Voraussetzung war zu einem vollkommen erreichten Ziel, in der Herrlichkeit der Erkenntnis Gottes.

Als Er zur Sünde gemacht wurde, liefen die Fäden allen Geschehens auf Ihn zurück, weil Er nicht etwa schwächlich dies und jenes "gestattet", sondern bewusst und verantwortungsvoll anordnet und göttlich-souverän regiert; und da traf Ihn das göttliche Gericht über diese Welt. Um dieses Gericht zu empfangen, kam Er in der Gestalt eines Menschen in unsere Welt und zog den sterbenden Körper eines Menschen an. Dieser Körper brauchte zum Zweck Seines Kommens nicht unsterblich zu sein, und er war es auch nicht. Dennoch beging unser Herr keine Sünde, die Gemeinschaft mit Seinem Vater und Gott schloss diese Möglichkeit gänzlich aus. Nicht aber die Versuchung, denn Er wurde ja dreimal versucht.

Dieses Bild des menschgewordenen Gottessohnes in den Tagen Seiner Erniedrigung soll uns befähigen zu erkennen, dass die sterbend erschaffene Schöpfung damit nicht auch sündig erschaffen war. Sündig wurde sie erst seit dem Augenblick der Auflehnung gegen Gottes Gebot.

(Wird fortgesetzt) A. U. Gassser

 

Die Notwendigkeit der Kränkungstat Adams

 

 

Eine harmonische, wunderschöne, zweck- und zielmäßig gestaltete Schöpfung haben wir im Vorhergehenden besser kennen zu lernen versucht. Wenn die Sünde auch schon von früher bestand, so hatte sie doch diesen Raum im Weltall noch nicht betreten. Hier war alles noch in ungestörtem Gleichgewicht. Schuldlos trat das erste Paar vor seinen Schöpfer, anerkannte Ihn als den Alleinherrscher, in einfachem Gehorsam, der von keiner anderen Möglichkeit wusste.

Sollte das immer so dauern?

Als ich mir als Junge ein Aquarium bastelte, verfolgte ich damit keinen höheren Zweck, als einige Pflanzen und Fischlein hineinzubringen und mich an ihrem Leben und Treiben zu erfreuen. Am liebsten wäre es mir gewesen, dass das gute Befinden der sich darin aufhaltenden Lebewesen möglichst lange gedauert hätte. Nur zu bald aber traten die ungewollten Störungen ein, über die mein bescheidenes Können nicht Herr zu werden vermochte.

Viele meinen, auch Gottes Wille sei es gewesen, Adam und seine Umwelt möglichst lange im ursprünglichen Zustand zu belassen, und auch hier betrachten sie das Eindringen der Sünde als ein bedauerliches Ereignis, von Gott ungewollt und deshalb als eine Katastrophe, die besser nie geschehen wäre. Aber eine solche Anschauungsweise ist unvereinbar mit einer Gotteserkenntnis, die Ihm den Platz als Alleinherrschendem und Allesbewirkendem einräumt. Wir müssen unbedingt daran festhalten, dass auch die kleinsten Ereignisse, die geschehen, Seinem Plan und Vorsatz entsprechen, damit Seine Absicht verwirklicht wird. Wie viel weniger dürfen wir ein solch schwerwiegendes Ereignis, wie Adams Sünde an der Schwelle des Menschengeschlechts, als Überraschung Gottes durch die Willkür des Menschen bezeichnen!

Wir sagten, dass die Geschichte zwischen Eden und der neuen Schöpfung, also während des zweiten, dritten und vierten Äons, eine harmonische Einfügung zwischen dem ersten und fünften Äon darstellt. Es galt, den Geschehnissen im ersten Äon die richtige Fortsetzung zu geben. Wie könnte Gott Sich eine neue Schöpfung erschaffen, sie für alle Zeit sündlos bewahren und Sich ihrer freuen, während noch die zu keiner Vollendung geführte Urschöpfung auf Ihm lastet? Wäre die Schöpfung unserer Erde und unseres Geschlechtes gänzlich ohne Beziehung zur Urschöpfung, und wäre Gottes (vermeintlicher!) Wille, unsere Welt sündlos zu bewahren, nicht vereitelt (!) worden, dann muss uns Gott wie ein Mensch erscheinen, welcher sich einen Park oder Lustgarten mit Aquarien, Volieren, Tiergehegen und einem besonderen Abteil für Sein Lieblingsgeschöpf (der Mensch im Garten Eden!) anlegt, wo er abends lustwandeln geht, um sich von den ermüdenden Geschäften in jener ganz anderen, leider sündig gewordenen Schöpfung zu erholen, wo er versucht, all das Unerfreuliche jener Tagesarbeit zu vergessen.

Wir wissen aber nichts von einer solchen Doppelspurigkeit in den Wegen Gottes.

Die Wiederherstellung dieser Erde war die direkte Fortsetzung der Urschöpfung, wie auch die Ereignisse auf dieser Erde die Fortsetzung der Ereignisse auf der ersten darstellten. Ist es doch schon ein und derselbe Weltkörper! Sünde und Tod sollen ihre wahre Gestalt restlos enthüllen dürfen, aber auch Gerechtigkeit und Leben als Gnadengabe Gottes sollen jetzt zusätzlich dargestellt werden. Sünde und Tod waren im Weltall schon etwas Wohlbekanntes. Ungezählte Heere himmlischer Bewohner hatten den Ruin und Tod jener Welt als Zeugen mitangesehen, als alles wüst und leer wurde. Gerechtigkeit Gottes und Auferstehungsleben aus Gott sollen zur Belehrung der Bewohner des Alls neu hinzugefügt werden und im Geschlecht der Menschen ihre eindrückliche Schaustellung erhalten.

Wie aber sollen wir die Gerechtigkeit Gottes und die Auferstehungskraft aus Gott erleben (und dadurch für alle Wesen zur Schau stellen), wenn wir ihrer nicht selbst bedürfen? So erleben wir also Sünde und Tod um unserer selbst willen, das heißt zu unserer persönlichen Zubereitung, damit wir die Gnadengabe des Lebens von Gott mit dem gebührenden Dank, mit dem wahren Verlangen und einer tiefen Erkenntnis der Liebe Gottes empfangen können.

So lernen wir das Trauerspiel unserer Menschheit als von universaler Bedeutung neu verstehen. Wir sind nicht Selbstzweck. Was hier auf Erden geschieht, ist ein Schauspiel für die unsichtbare Welt. Mit Verlangen spähen die Boten in die Ereignisse hienieden (1.Pet.1:12), um die Schaustellung der Kraft Gottes wahrzunehmen, verkündet im Evangelium, dessen All-umfassende Bedeutung durch die Aussöhnung am Kreuz ermöglicht wurde (Kol.1:20). Wir verstehen aber das Trauerspiel nun auch als Notwendigkeit für uns selbst, um zubereitet zu werden, Gottes Gnade zu empfangen. Wir werden selbst den Weg geführt, den das All geht, ja den der Sohn Gottes Selbst geht, um die größtmögliche Offenbarung Seines Gottes und Vaters zu ermöglichen. Und dies ist Endzweck allen Geschehens. Es geht eben nicht um uns, auch nicht um das All, sondern nur um Gottes Willen, Sich Selbst zu offenbaren, Sich mitzuteilen und Erkenntnis Gottes zu vermitteln. In Ihm wohnt die vollkommene Glückseligkeit, und Ihn zu erkennen und die Kraft Seiner Auferstehung wird für jedes Geschöpf das Empfangen vollkommenen Glückes bedeuten. Dies wird das All anbetend vor Ihm vereinigen, zur Verherrlichung Gottes.

 

Gottes Wege und Ziele sind vollkommen

 

Wer wagt es, Gott das Recht abzustreiten, ein solches Ende zu verwirklichen? Er darf tun, was Er will. Auch dann darf Er es, wenn kein anderer Weg zu diesem Ziel gefunden werden kann, als der Weg über Sünde, Tod und Auferstehung. Gott wirkt aus allem Übel Gutes. Er schließt alle ein in die Widerspenstigkeit, um Sich aller zu erbarmen (Röm.11:32). Gäbe es einen anderen, besseren Weg, dann wäre die Menschheitsgeschichte ein Fehlschlag Gottes, der andere, nicht begangene Weg würde ja allein in die wahre Vollendung einmünden. Überwältigend aber ist das Beweismaterial in den heiligen Schriften, dass Gott Seine Absicht voll erreicht, Ihn niemand hindern kann, und dass Er alle Gedanken und Wünsche Seines Herzens verwirklicht.

Möge uns Gott vergeben (und Er vergibt uns nach dem Reichtum Seiner überfließenden Gnade; Eph.1:7,8), wenn wir jemals meinten, es gehe in unserem Leben etwas gegen Seine Absicht. Es steht uns keine andere Anschauung zu als diese, dass eben alles gerade so am Besten ist, wie es tatsächlich geht. Aber auch keine andere Einstellung vermag unser klopfendes Herz zu beruhigen und uns den Frieden Gottes erfahren zu lassen. Das gilt auch vom Gang der weltumfassenden Ereignisse. Geradeso wie es im Garten Eden zuging, so und nur alleine so, war es recht in den Augen Gottes.

Der Ungläubige und menschlich Weise versteht das nicht. Wir sehen die gleichen Finger auf uns zeigen, welche in Römer 3:8 auf Paulus wiesen. Möge uns niemand lästern. Wir können nicht Böses tun, damit Gutes daraus komme. Aber Gott kann es. Er hat aus der größten Sünde aller Zeiten – der Kreuzigung des Sündlosen – den größten Segensstrom für alle Zukunft quellen lassen.

Gottes Vollkommenheit in Ihm Selbst ist absolut. Ihre Kundgebung und Offenbarung jedoch geschieht etappenweise und jetzt verhüllt, relativ zum Unvollkommenen. Wenn alle Geschöpfe von der tatsächlichen Vollkommenheit Gottes überzeugt worden sind, wird der Anschauungsunterricht abgeschlossen, die illustrierenden Kontraste weggetan, und wir kehren zurück zum Absoluten. Alles, was nicht dieser absoluten moralischen Vollkommenheit in Gott gleichkommt,   wird dann aufgehört haben zu existieren. Das Böse und Gute in kontrastmäßiger Wechselwirkung sind dazu da, das Vollkommene, Wahre kenntlich zu machen. Nachdem das Böse seine Aufgabe erfüllt hat, wird es endgültig abgelehnt und hört zu existieren auf (Heb.9:26).

Die Erfahrung der Sünde und des Todes mit nachfolgender Errettung bleibt nicht fruchtlos. Errettung wird nicht bloße Wiederherstellung zum früheren, verloren gegangenen Zustand sein. Es ist weit mehr als das narbenlose Heilen einer (vorsätzlich!) geschlagenen Wunde.

Der Gewinn, welchen wir aus den dunklen Erfahrungen während den durch die Sünde befleckten Äonen ziehen, wird einmal unerlässlich sein zum wahren Verstehen und Würdigen der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll.

Die Sünde dringt ein

 

Adam hat die Sünde nicht erfunden. Auch wurde sie nicht in der Übertretung Adams zum ersten Mal sichtbar und wirksam. Doch wurde Adam das Opfer der ersten Versuchung, die an ihn herantrat. Satan sprach durch die gespaltene Zunge der Schlange auf den Menschen ein, bis er sich gegen das Gebot Gottes auflehnte. Ein kurzer Blick auf Adams Beschaffenheit wird uns helfen zu begreifen, warum er sich gegen Gott versündigen konnte.

"Dann formte Jewe Elohim den Menschen aus Erdreich vom Boden und hauchte Lebensodem in seine Nase; und der Mensch wurde eine lebende Seele" (1.Mose 2:7). So erfahren wir, dass Adam seelisch erschaffen wurde, beherrscht und geleitet durch seine physischen Empfindungen, sein Bewusstsein, seine Gefühle, seine Begierden. Er wurde nicht als Sünder erschaffen, dennoch konnte er nicht anders handeln, als nach der Befriedigung seiner Sinne begehren, denn Gott hatte ihn so gemacht. Als daher die Versuchung kam, gab Eva der Lust ihrer Seele nach. Wahrscheinlich ist dies in der Feststellung inbegriffen, dass die Schöpfung der Eitelkeit untergeordnet wurde (Röm.8:20). Adam wurde seelisch erschaffen, seinen eigenen Sinnen unterworfen. Er wusste nicht, dass es keine wahre Glückseligkeit gibt außer in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes.

Seit langem wurde irrtümlicherweise angenommen, Adam und Eva hätten Freiheit in der Wahl besessen, sie seien "moralisch frei Handelnde" gewesen. Möglicherweise gäbe es für diesen Gedanken eine Rechtfertigung, wenn dagegen nicht die Tatsache bestände, dass Adam unter Gottes Gebot gestellt wurde, nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu nehmen. Sein ganzes Wesen wurde auch unter das kosmische Gesetz eingeschlossen, wie es damals beschaffen war – eben seelisch. Es ergibt sich aus dem Schöpfungsbericht, dass Eva, gleich wie Adam, ebenfalls unter diesem kosmischen Gesetz ihres Wesens stand, wie auch unter dem einen verbietenden Gebot Gottes. Sie gab Adam von der verbotenen Frucht, welcher, obschon "nicht getäuscht" (1.Tim.2:14), davon nahm und aß. Es wird uns nicht berichtet, was durch Adams Sinn fuhr, als er gegen Gott ungehorsam wurde. Wenn wir uns aber daran erinnern, dass er seelisch erschaffen und derart seinen Empfindungen unterstellt war, will uns scheinen, dass er nicht anders als ichbezogen sein konnte. Die Macht seiner seelischen Gelüste war unwiderstehlich. So will es scheinen, dass die Umstände, in welchen sich Adam befand, im Vornherein die Möglichkeit ausschlossen, dass er seinem Schöpfer Gehorsam darbrachte. Ihm mangelte jener Geist, "der lebendig macht" (2.Kor.3:6), und er wurde durch "die Gesinnung des Fleisches" angetrieben, welche Tod ist (Röm.8:6) Sowohl er wie Eva mussten erst noch lernen, dass "die Gesinnung des Geistes aber Leben und Friede" ist, dass nur in einem gottbezogenen Wandel Leben und Friede gefunden werden können. Noch mussten sie "das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus" kennen lernen. Also "drang die Sünde in die Welt ein, und durch die Sünde der Tod, und so zu allen Menschen der Tod, worauf alle sündigten" (Röm.5:12).

Erkennen wir nicht von diesem Gesichtspunkt aus Zweck und Ziel des Bösen in der gegenwärtigen Welt: die Notwendigkeit, dass die Menschheit erst die Eitelkeit ihrer eigenen Wege erfahre, ehe sie mit wahrem Leben ausgerüstet werden kann?

Für alle, die da glauben, das Problem der Sünde (des Bösen) erst bei Adam beginnen lassen zu müssen, wird dieses Problem zu einem solchen im wahrsten Sinne des Wortes. Keine Lösung lässt sich geben, die befriedigen könnte. Sie wissen nicht, dass Gott über das Eindringen der Sünde souverän waltete als einem Hauptfaktor in Seinem Ratschluss mit uns Menschen. Sie wissen nicht, warum diese Katastrophe "zugelassen" wurde, warum Gott dem ersten Menschenpaar in seiner Versuchung nicht "beigesprungen" ist. Wäre die Bekämpfung der Sünde hier nicht einfacher gewesen als Jahrtausende später im Todesleiden am Kreuz?

Adam und Eva waren trotz ihrer selbstbezogenen, seelischen Veranlagung viel zu gehorsam, sie hätten Gottes Gebot nie zu übertreten gewagt. Unverdorben in ihrem Charakter, unberührt vom Bösen, war ihr seelisches Empfinden noch normal. Nie hätten sie sich von sich aus an der verbotenen Frucht vergriffen. Aber Gottes Plan war eben anders. Es war Seine Absicht, die ersten Menschen mit der Sünde in Berührung zu bringen. Sonst wäre sie nie eingedrungen. Gott Selbst gibt uns die Illustration dafür, wie Er Seine Absicht erreicht und dazu selbst die Schlange als Instrument benutzt. In 1.Könige 22 lesen wir von einem solchen Fall. Die Verse 19-23 geben uns den meisten Aufschluss.

Zweifellos ist der Geist in Vers 21 der Vater der Lüge, der ein Lügengeist im Munde aller Propheten wurde. Der Mörder von Anfang an bot sich hier an, dieses Stück auszuführen. Und Gott weist ihn nicht zurück, sondern gebraucht ihn, ja übergibt ihm diesen Auftrag mitsamt der göttlichen Autorisierung zur Durchführung.

Ähnlich wurde Satan der Lügengeist in der Schlange. Es gab ja noch keine anderen Menschen, durch welche er hätte wirken können. Die Schlange, ein gewöhnliches Tier des Feldes, wurde vom Vater der Lüge besessen. Wie zu Ahabs Zeiten in 1.Könige 22:22, so wird auch hier Gott gesagt haben: "Du sollst ihn betören und wirst es auch können. Geh hinaus und tue es so".

Es handelt sich hier nicht um etwas, das Gott der Schlange, dem Satan, "gestattet" oder "erlaubt" hätte. Wie in Ahabs Fall, so auch mit Adam, wurde es der Schlange nicht etwa "gestattet", Adam zu versuchen, um seine Standhaftigkeit zu prüfen. Aber es wurde dem Satan gestattet, in die Schlange zu fahren, um von dort aus sein Lügenwerk mit Erfolg durchführen zu können.

 

Rechenschaft, nicht Verantwortung

 

Gottes Wort redet nicht von der Verantwortlichkeit der Menschen für ihre Werke. Wir können auch Adam für seinen Ungehorsam nicht verantwortlich machen. Unsere Sünden (wie Adams) sind die Früchte einer zwangsläufigen Führung zwischen unserer Veranlagung (seelischen Beschaffenheit) und der Einwirkung des Fürsten der geistlichen Mächte der Bosheit (Eph.2:2), "der nun wirkt in den Söhnen der Widerspenstigkeit". Aber Rechenschaft fordert Gott von allen (Röm.14:12; Heb.4:13). Er fragt uns nicht: Warum hast du das getan?, sondern: Was hast du getan? Menschliche Gerichte fragen: Warum? Und berücksichtigen "mildernde" Umstände, ehe sie das Urteil sprechen. Vielleicht mit Recht. Gottes Gericht ist aber nicht Hinrichtung, Vernichtung, sondern Rettung, Besserung. Darum fragt Gott nicht nach dem "Warum", sondern: Was hast du getan?; Wovon musst du errettet werden?; Was ist dein Gebrechen? Von allen diesen tatsächlich begangenen Fehlern will Er uns heilen, von allen Verirrungen zurückbringen, von allen Sünden retten. Er weiß, welche bittere Arznei heilsam ist, welcher Weg zurückführt. Und siehe, es ist der Tod, welcher auf dem Pfad zur Neuheit des Lebens liegt, was Gott vorher anzeigt in der Warnung an Adam, wie er aus der Sünde gegen Gott zurückgeführt wird zur Aussöhnung: der Tod ist die Voraussetzung zur Auferstehung, das vergangene Alte führt das kommende Neue ein. "Denn an dem Tag ... wirst du zum Sterben sterbend sein." In dieses Urteil wird jeder einstimmen, welcher von der Sünde überführt wird. Das, was ich tatsächlich getan habe, die Sünden, zu welchen ich fähig war, sprechen mir das

Lebensrecht ab. Von Gottes Geist erleuchtet, werden wir alle urteilen wie Er, wir werden alle "mildernden" Faktoren vergessen haben, wir werden nicht mehr weiterleben wollen, sondern sind dankbar für die Tatsache, dass wir mit Christus sterben dürfen, am Kreuz. Mit diesem Gedanken müssen wir uns aber später etwas eingehender beschäftigen.

 

 

 

"Zum Sterben sterbend"

 

In Römer 5:12 lesen wir: "Deshalb, ebenso wie durch den einen Menschen die Sünde in die Welt eindrang, und durch die Sünde der Tod, und so zu allen Menschen der Tod durchdrang, worauf alle sündigten -."

Mit der ersten Feststellung in der Reihenfolge dieser Tatsachen haben wir uns eben beschäftigt. Durch einen Menschen drang die (schon bestehende!) Sünde in die Welt und in das Menschengeschlecht ein. Auf welchem Wege sie kam, welche näheren Umstände ihr beim Eindringen dienen mussten und welchen Zweck ihr Eindringen zu erfüllen hatte, haben wir versucht, kurz auszuführen. Nun wenden wir uns der nächsten Feststellung zu: "und durch die Sünde der Tod", was auch die logische Fortsetzung der ersten Feststellung ist und die Antwort auf die Frage nach den Folgen der eingedrungenen Sünde gibt.

Wir wollen beachten, dass Paulus ganz klar den Tod selbst als die Folge der Sünde nennt, nicht etwa schon den Sterbensprozess, das "Sterbendsein". Dies steht in vollkommener Harmonie mit dem Urteilsspruch in 1.Mose 2:17, welcher genau lauten sollte: "an dem Tag, an dem du von ihm isst, wirst du zum Sterben sterbend sein". Auch hier heißt es nicht, Adam werde sterblich oder sterbend werden, sondern der tatsächliche Tod, das Sterben, wird als die Folge seines Ungehorsams in Aussicht gestellt. In Adams Fall heißt es somit genau genommen, dass sein an und für sich sehr angenehmer Lebenszustand in einem sterblichen Körper nicht endlos weitergehen werde, sondern ein Ende nehmen soll im Tod. Erst von dem Tage seines Ungehorsams an aber werde ihm die Lebensquelle, die lebenspendende Frucht vom Lebensbaum, entzogen, was das Eintreten des Todes ermögliche. Vorher war auch gar kein Grund vorhanden, Adam sterben zu lassen. Vom Augenblick seiner Kränkungstat an war er ein vom Tod Gezeichneter, Todesfurcht lastete auf ihm, unausweichlich lag sein Ende, ob nun in kurzer oder weiter Ferne, vor ihm – seine Lebensfreude zermürbend. Gott sagte auch nicht, dass Er ihn an jenem schicksalsschweren Tag sterben lassen werde, sondern dass er zum Sterben sterbend sein werde. Dieselbe Redewendung erscheint in einem ähnlichen Sinne in 1.Mose 20:7; 1.Samuel 14:44; 22:16; 1.Könige 2:37,42; 2.Könige 1:4,6,16; Jeremia 26:8; Hesekiel 3:18; 33:14. Der interessanteste von diesen Fällen ist 1.Könige 2:37; wo Salomo gegen Simei dieselbe Drohung ausspricht, falls er es wagen sollte, die Grenzen Jerusalems zu verlassen. "An dem Tage...zum Sterben wirst du sterbend sein." Und Simei übertrat, genau wie Adam. Und wie jener starb er nicht an dem Tage, an dem er den Bach Kidron überschritt, sondern er ging nach Gad zu seinen Knechten und kehrte wieder zurück. Salomo hat aber durchaus nicht irgendwie erklärt, warum er seine Drohung nicht am selben Tag ausführte, noch hat er Anstalten dazu gemacht, es zu tun. Stattdessen wiederholt er seine ersten Worte, auch das bestimmte "an dem Tage", vollstreckt das Urteil aber erst mehrere Tage später. Es ist klar, dass er diesen Satz nicht so verstand, wie es im Wortlaut der üblichen Übersetzungen liegt. Hier haben wir Salomos eigene Auffassung über die Bedeutung des Satzes "zum Sterben wirst du sterbend sein". Und wer will ableugnen, dass er altes Hebräisch besser verstand als wir.

In keiner Stelle bedeutet es, dass es ein "sterbend" oder "sterblich werden" wäre. Es sind alles Menschen wie wir, von Geburt an sterbende Wesen. Aber alle erhielten den baldigen Tod in Aussicht gestellt, sie waren als solche gezeichnet, die sterben mussten. Adam wurde gesagt, dass für ihn das "Sterbendsein" zu einer schmerzlichen Tatsache würde, dass er von Mühsal und Schweiß begleitet würde, bis er im Sterben wieder zu Staub zerfallen werde (1.Mose 3:17-19). Des Tages... sobald Salomo des Simei habhaft wurde, vollstreckte er das Urteil. Ob dies nun ein Tag oder ein Jahr später möglich wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass das Urteil schon an jenem Tag in Kraft trat. Vom Augenblick der Sünde Adams an trat Gottes Gericht über ihn in Kraft, ohne aber gleich vollstreckt werden zu müssen. Nicht weil Gott des Adam nicht habhaft gewesen wäre. Es gefiel Ihm aber, ihn 930 Jahre alt werden zu lassen.

 

Die Herrschaft des Todes

 

So kommt der Tod zum Herrschen. Nämlich durch die Sünde. Der Tod mag ruhig anwesend sein, vielleicht in sterbenden Samenkörnern oder sterbenden Kräutern, die zur Speise dienen, oder im Absterben und der Neubildung der Zellen organischer Körper. So stört der Tod nicht. Sobald aber durch die Sünde der Tod zur Herrschaft kommt und ruinierend alles Geordnete und Harmonische des Lebens untergräbt, tritt notgedrungen weiteres Fehlen, Zukurzkommen, Sündigen ein. Der Tod, der nun auch unseren sterbenden Organismus an einem geordneten Funktionieren stört und die Gesetze der Ordnung und Ergänzung durcheinander wirft, bringt Chaos, erzeugt Verwüstung, bereitet dem Leben ein Ende im Tod. "Gott ist nicht ein Gott des Aufruhrs" (1.Kor.14:33), sondern will, dass "alles wohlanständig und ordnungsgemäß geschehe" (Vers 40). Wo aber die Sünde herrscht im Tode, werden alle ordnenden Kräfte und Gesetze aufgehoben, die Sünde wird zur Auflehnung gegen Gott, zur Verachtung Seiner Gottheit, zur Beleidigung Seiner Majestät, zur Kränkung Seiner Liebe, zur Verletzung Seiner Gerechtigkeit. Der liebende Gott leidet, eifert und offenbart Seinen gerechten Zorn über eine abtrünnige, ungehorsame Schöpfung. Da es überhaupt keine Sünde gibt, die sich nicht gegen eine Ordnung Gottes und somit gegen Gott Selbst auflehnt, bringt Gott Seine Stellungnahme zur Sünde in jeder Variation zum sichtbaren Ausdruck. Nie hasst Er das Geschöpf, sondern die Sünde in ihm. Er will alles erlösen, befreien von der Sünde, und da gibt es nur einen Weg: der Sünde sterben.

Über Gestorbene hat das Gesetz der Sünde und des Todes keine Macht mehr. So wird das Gericht: "zum Sterben sollst Du sterbend sein" zugleich zum Heilsweg: es ist der einzige Ausweg aus dieser Knechtschaft, die Vorbedingung für ein Leben in Neuheit unter dem Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus. Der Mensch gewordene Gottessohn offenbarte restlos Gottes Einstellung zur Sünde, dass Er sie verabscheut und ein sündiges Geschöpf nicht für alle Zeit weiter bestehen lässt. Er nahm deshalb den Tod auf sich, starb der Sünde ein für allemal und führte uns und das All – (als mit Ihm in schöpfungsmäßiger Lebensbeziehung stehend) – mit Sich durch den Tod hindurch zur neuen Schöpfung – in der Auferstehung aus dem Tod.

In Christus vollendet sich das Gericht über Adams Kränkungstat; doch soll dies uns später noch etwas ausführlicher beschäftigen.

Wir halten hier fest, dass durch Adams Sünde der Tod nicht als etwas gänzlich Unbekanntes in eine sagenhafte, unsterbliche Welt eindrang, sondern durch seine Kränkungstat erhielt der Tod die Ermächtigung zum Herrschen. Wie Gott im Voraus das Eindringen der Sünde geplant und beabsichtigt hatte, so auch das Herrschen des Todes. Wie Er der Sünde das Einfallstor schuf (Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen; Verbot, davon zu essen; Verführung durch die Schlange), so auch dem Tod. In der harmonisch ausgeglichenen Schöpfung brauchte der schon anwesende Tod nur noch zum Herrscher erhoben zu werden, und der Ruin, die Sünde gegen Gott, die Feindschaft gegen den Schöpfer waren Wirklichkeit geworden.

Die Sünde herrscht im Tode

 

Mit dem weiteren Inhalt des 12. Verses aus Römer 5 wollen wir uns nicht eingehender beschäftigen; dies wurde mit erschöpfender Gründlichkeit in früheren Jahrgängen der Zeitschrift "Unausforschlicher Reichtum" getan. Es ist die einzige vernünftige und verständliche, aber auch die einzige schriftgemäße Anschauung, dass der Tod durch Vererbung zu allen Menschen durchdrang und in uns allen verheerend wirkt, worauf wir alle sündigen.

Auch die Verse 13 und 14 lehren die eine hier grundlegend wichtige Tatsache, dass der Tod über alle herrscht. Da alle in Adam sterben, tragen wir alle den Tod in uns herum. Da die Sünde im Tode herrscht (Vers 21), herrscht sie auch in uns und tötet uns. So ist dieses ganze Menschengeschlecht eine Einheit mit Adam. Adam findet in jedem Menschen seine eigene Fortsetzung, die Folgen der ersten Tat des ersten Menschen wirken sich im ganzen Geschlecht aus. Adams späteren Verirrungen und Sünden wurden nicht der Grund seines

 

Todes, dazu genügte sein erster Ungehorsam. So sterben auch wir nicht wegen unserer eigenen Sünden, sondern schon um des Gerichtes willen, das wegen der einen Tat Adams auf ihm und somit auf dem Menschengeschlecht lastet. Darum sterben auch soeben Geborene, die keine Sünden begangen haben. Unsere eigenen Sünden werden uns aber zum Empfang der Gnade zubereiten, in welcher wir Frieden und Aussöhnung mit Gott erhalten dürfen. "Wo aber die Sünde zunimmt, da strömt die Gnade über" (Vers 20).

Warum sterben Tiere und Pflanzen?

 

Noch ein Gedanke mag hier ausgesprochen sein, um auch die Herrschaft des Todes in der übrigen Schöpfung zu erwähnen. Die Lehre von einer unsterblich erschaffenen Schöpfung gibt keine Antwort auf die Frage, wie sich wohl die Auswirkung der Sünde Adams auch auf die Vegetation und Tierwelt hätte übertragen können. Warum sind Tiere und Pflanzen sterblich? Etwa weil Adam von der verbotenen Frucht aß? Die Schrift bejaht diese Frage durchaus nicht, verneint sie vielmehr dadurch, dass sie einen anderen Grund dafür angibt: "Denn die Schöpfung wurde der Eitelkeit untergeordnet (nicht freiwillig, sondern um des Unterordners willen)" (Röm.8:20). Nicht um Adams willen, auch nicht um Adams Sünde willen, sondern um dessentwillen, der sie erschuf und unterordnet – Gott! Wie wir es früher schon sagten, Gott erschafft die Welt, dass sie harmoniere mit dem Hauptthema, das auf dieser Erde zur Darstellung kommt: Gottes wahre Einstellung zur Sünde (= Zorn, Feindschaft, Leiden), Gottes Gericht über die Sünde (= der Tod), Gottes Rettung aus der Sünde (= die Lebendigmachung in der Auferstehung). Harmonisch passt die Natur, wie ein Rahmen um ein Gemälde, um die Menschheit; Sterben und Auferstehen der Vegetation, Sterben und Neuwerden der Tierwelt predigen uns unsere eigene Geschichte, welche wieder die Geschichte des Alls darstellt. Vor Adams Sünde war der Mensch noch unverderbt, ausgeglichen, normal. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir sagen, auch die übrige Schöpfung auf dieser Erde sei damals frei von Naturkatastrophen gewesen. Der Herr über Wolken, Wind und Meere,

 

 

welcher Berge versetzen und die Himmel erschüttern kann, führt dann aber die Natur einen Weg, parallel dem der Menschen, durch die Tiefe zur Höhe, durch den Tod zum Leben, damit auch die Schöpfung auf die Enthüllung der Söhne Gottes warten möge, sich nach ihr sehnend, um frei zu werden von der Sklaverei der Vergänglichkeit (Röm.8:21)!

Sterblich erschaffen, werden nun auch Tiere und Pflanzen vom Tode beherrscht und versklavt.

Lassen wir alle mystischen Spekulationen von einer Rückwirkung der einen Tat Adams auf seine Umwelt beiseite. Nicht einmal auf Eva hatte die Sünde Adams eine Wirkung. Sie entstand aus ihm, ehe er sündigte, und wurde von seinen späteren Taten nicht mehr berührt, sie wurde durch Adams Ungehorsam nicht unter das Todesurteil gebracht. Sie fiel unter Gottes direkten Urteilsspruch um ihrer eigenen Sünde willen. Alle Kinder dieser ersten Eltern führen aber ihre Herkunft auf sie zurück, Adam ist ihr Haupt, sein Wesen tragen sie, seine gebrochene Lebenskraft belebt sie; wie sie in Adam erschaffen wurden, geraten sie mit ihm unter das Urteil Gottes und sterben in ihm. Uns vererbt Adam den Tod, der übrigen Schöpfung aber kann er dies nicht. Diese leidet und stirbt, weil Gott sie dem Tod unterordnet und ihn über sie herrschen läßt.

Nicht bei Adam war der Anfang

 

Im Römerbrief geht die Lehre von Sünde, Tod und Errettung weder über die Grenzen dieser Erde hinaus noch vor die Ereignisse in Eden zurück. Von einer Errettung des Alls wird uns nichts gesagt, ebenso überschreitet die Notwendigkeit der Aussöhnung überirdischer Wesen den Rahmen dieses Briefes. Da Gottes Wort aber an anderen Stellen von diesen himmlischen Dingen ganz bestimmte Aussagen macht, müssen wir alles in ihrer richtigen Reihenfolge verstehen lernen und die jeweiligen Aus- und Rückwirkungen berücksichtigen. Wir hoffen, dass der Leser davon überzeugt ist, dass wir mit der Lehre über die Sünde und deren Ablehnung nach Hebräer 9:26 nicht erst bei Adam beginnen dürfen. Hoffnungslos wird ein Versuch, diese

 

 

Probleme zu studieren und in das Geheimnis der Errettung durch den Tod Christi zu blicken, wenn unser Denken erst beim "Sündenfall" des Menschen beginnt. Wir müssen klar erkennen, was bei Adam seinen Anfang nahm oder dort nur eine Fortsetzung der früheren Urgeschichte fand und welcher Art die Beziehungen Christi zur Urgeschichte wie zu der der Menschheit sind. In der folgenden Fortsetzung wollen wir versuchen, diese letzten Fragen über unsere (der Menschheit) Rettung in Christus Jesus zu beleuchten, um anschließend kurz noch der universalen Auswirkung des Kreuzes Beachtung zu schenken.

(Wird fortgesetzt) A. U. Gasser

 

Ein Vorbild des Zukünftigen

 

Das bisher Behandelte wird uns Hintergrund und Ausgangsbasis sein zu einem neuen Betrachten des 14. Verses in Römer 5, dessen Schlusssatz oft als unklar, dunkel oder auch unverständlich bezeichnet wird. Wir wollen hier nicht den gewaltigen Inhalt der zusammengehörenden Verse 12 – 14 ausschöpfen, sondern uns soll hauptsächlich die Fortsetzung des bisher Gesagten beschäftigen, was Paulus kurz und konzentriert in die Worte fasst: "Dennoch herrschte der Tod von Adam bis auf Mose auch über die, die nicht in der gleichen Übertretung wie Adam gesündigt hatten, der ein Vorbild des Zukünftigen ist" (Röm.5:14).

Paulus hat in wunderbar klarer Sprache das Evangelium der Errettung für den durch den Glauben Gerechtfertigten entfaltet. Mit Vers 11 des 5. Kapitels hat er uns hineingeführt in die unmittelbare Gegenwart Gottes, in die Versöhnung mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus. Christi vollkommene Rettertat für die, welche nun glauben, ist enthüllt. Die Grundlage zu einer herrlichen Erwartung ist gelegt. Alle rechtlichen Fragen sind geregelt. Über Gesetz, Gerechtigkeit und Rechtfertigung wurde alles gesagt.

Aber die Errettung beschränkt sich nicht nur auf eine gerichtliche oder gesetzliche Seite. Auch eine moralische Freiheit ist für uns erworben worden, eine Freilösung von der Sünde als Sklavenhalterin. Es gibt eine Freiheit der Söhne Gottes in wahrer Heiligung. Dieses Thema wird aber erst in den Kapiteln Sechs bis Acht aufgegriffen.

Bevor jedoch diese Seite unserer Errettung behandelt werden soll, verbleibt dem Apostel noch eine Seite des Evangeliums zu offenbaren, die sich auch als eine Frucht des Kreuzes Christi ergibt. Diese ist die rechtliche Grundlage zur Rechtfertigung und Lebendigmachung der ganzen von Adam abstammenden Menschheit und ist dieselbe Grundlage, auf welche sich auch unsere Errettung stützt, die wir heute gläubig werden dürfen als Erstlinge aus den Toten. Diese Grundlage wird in den Versen 12 bis 21 des fünften Kapitels ausführlich dargelegt. Die Lehre dieses Abschnittes ist nicht die Allaussöhnung, nicht vom All ist hier die Rede; sondern die Grundlage zur Versöhnung aller Menschen, aller Kinder Adams ist es, die hier zur Sprache steht. So spricht Paulus auch nicht vom Ursprung von Sünde und Tod (welcher tatsächlich weit früher zurückliegt, im ersten Äon), sondern vom Eindringen der beiden in unser Menschengeschlecht und ihrer endlichen Ausmerzung aus diesem.

Wir wollen die in Frage stehenden Sätze hier noch einmal wiederholen, um sie besser überblicken zu können:

"Deshalb, ebenso wie durch den einen Menschen die Sünde in die Welt eindrang, und durch die Sünde der Tod, und so zu allen Menschen der Tod durchdrang, worauf alle sündigten – denn bis zum Gesetz war schon Sünde in der Welt; Sünde aber wird nicht angerechnet, wenn kein Gesetz da ist. Dennoch herrschte der Tod von Adam bis auf Mose auch über die, die nicht in der gleichen Übertretung wie Adam gesündigt hatten, der ein Vorbild des Zukünftigen ist."

In Betrachtung des ganzen Gedankenganges der Verse 2 bis 14 sagen manche: Der Bau dieses ganzen Satzes erscheint unvollständig, weil die Ergänzung, der Gegensatz zu dem "Deshalb, ebenso wie" fehlt. Wiederum sagen andere: Das "Vorbild" war jene Periode der Menschheitsgeschichte, in welcher der Tod auch über die König war, die kein Gesetz übertreten konnten, weil es keine Gesetze gab. Demnach würde sich das "Vorbild" auf eine Zeitperiode beziehen, nämlich "von Adam bis auf Moses". Jene Zeitperiode des universalen Herrschens des Todes soll also das Vorbild sein einer andern Zeitperiode, in welcher die Gnade universal herrscht, durch Gerechtigkeit, zum Leben. Wie viel Wahrheit auch in dieser Auffassung liegen mag, scheint die Antwort doch nur ungenügend zu sein. Der Gedanke der alle erfassenden Auswirkung einer Tat wird viel besser durch Adam selbst veranschaulicht als durch eine Zeitperiode. "Deshalb, ebenso wie durch den einen Menschen... der ein Vorbild (typos) des Zukünftigen ist." Alles, was zwischen diesen zwei Sätzen steht, dient der Erläuterung der Tatsache, was durch Adam gewirkt, und andererseits, wer alles davon betroffen wurde. Als erste Antwort wird uns gesagt, dass der Tod zum Herrscher erhoben wurde, und zweitens, dass ausnahmslos alle Menschen diesem Herrschaftsanspruch des Todes zum Opfer gefallen sind. Die weitere Tatsache, dass durch einen Menschen alle mit ihm lebensmäßig Verbundenen von den Auswirkungen einer einzigen Tat erreicht werden, ist ein Vorbild auf den Zukünftigen. Das Vorbild lehrt uns, dass alle Menschen, ob unter Gesetz oder nicht, mit Adam eine Einheit bilden. Adam ist ihr Haupt. Er vererbt den Tod an alle seine Nachkommen, worauf alle sündigten. Dabei ist es belanglos, ob des Einzelnen Sünde an einem Gesetz gemessen wird oder nicht. Es kommt überhaupt nicht mehr darauf an, was der Einzelne persönlich tut oder nicht tut, ob er nach einem Gesetz beurteilt und bewertet wird oder nicht, ob seine Sünden ihn verurteilen oder ob er makellos lebt. Es gab zwischen Adam und Mose kein Gesetz mehr, auf welches eine Todesstrafe verhängt werden konnte. Alle jene Menschen starben nicht wegen ihren eigenen Sünden, sondern um Adams willen. Aus dem gleichen Grunde würde auch der sterben, welcher alle Gebote Gottes restlos erfüllen könnte. Dies besagt also, dass es nicht unsere eigenen Sünden sind, welche uns unter das Todesurteil bringen, und dass auch alle unsere guten Werke (und sollten uns tatsächlich keine Sünden zugerechnet werden können, wie in Vers 13!) uns nicht von diesem alle umfassenden Urteil Gottes befreien können.

Das Vorbild, der Typus, die Gleichsetzung beleuchtet nun die Parallele: Wie sie in Adam ausnahmslos alle sterben, so sterben sie alle in Christus. Verwundert fragt der Apostel in Kapitel Sechs, ob wir denn nicht wüssten, dass wir mit Christus am Kreuz starben! Dies wird dort (Kap. 6) als bekannt vorausgesetzt, wir sollen aber hier (Kap. 5) aus diesem Vorbild noch erkennen, dass nicht nur Einzelne, vielleicht die Gläubigen, mit Christus starben, sondern ausnahmslos alle Menschen. Als Adam sein Todesurteil erhielt, fielen mit ihm alle darunter, welche lebensmäßig von ihm herstammen würden. Als Christus am Kreuze den Fluchtod Gottes starb, starben alle, die von Ihm als ihrem Schöpfer herstammen. Weil Er aber der Schöpfer von allem Bestehenden ist (Kol.1:16), stirbt mit Ihm nicht nur die Menschheit, sondern tatsächlich auch das All. In Ihm ist das All erschaffen, in Ihm stirbt es, in Ihm ist es errettet. In diesem All ist die Menschheit als ein kleiner Teil mit inbegriffen, der aber doch in der Mitte der Bühne steht, ein lehrreiches Anschauungsobjekt für das Universum. Wie in Adam alle Menschen, so in Christus das All. Getreu dem Rahmen des Römerbriefes und dem Maße des hier erreichten Standes der Enthüllung spricht aber Paulus noch nicht vom All, sondern nur von den Menschen: Wie in Adam ... so werden auch in Christus alle Menschen erfasst. Wir haben hier nicht einen Vergleich von Gegensätzen vor uns, wie zum Beispiel in der Feststellung "Ebenso wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden" (1.Kor.15:22). Vielmehr haben wir hier mit der Aussage "der ein Vorbild des Zukünftigen ist" eine direkte Gleichsetzung vor uns. Wie in Adam alle sterben, so sterben sie in Christus auch alle (2.Kor.5:14). Adam kann nur das Vorbild auf das Negative, den Tod, sein. Mit Adam treten wir in ein Dasein ein, das im Tode endet. Aber letztlich führt uns auch Christus, der Schöpfer Adams (und des Alls) in dieses Dasein, in dem wir alles Negative (wie es eben nicht sein und bleiben soll) erleben sollen, was im Tode enden muss; im Tode am Kreuz wurde ihm ein Ende bereitet. Darin ist Adam ein direktes Vorbild Christi. Jedoch Christus tut noch viel mehr. Er bringt auch Leben aus dem Tod! Darin kann Adam nicht mehr Vorbild sein. Darum sprechen die folgenden Verse 15 und 16 von dem gewaltigen Gegensatz, welcher sich zwischen den weiteren Folgen der Handlungen der beiden Häupter offenbart. Von solchen gesegneten Folgen wie Leben, Gerechtigkeit und Gnade war Adams Tat nie das Vorbild. Nur in der alle umfassenden Auswirkung, da reicht die Tat Adamsaber auch nur, soweit es sich um die Menschen handelt – ebenso weit wie die Rettertat Christi Jesu, unseres Herrn. Tatsächlich starb Christus nicht an unserer Statt oder damit wir nicht zu sterben brauchten. Sein Kreuz bedeutet nicht eine Galgenfrist für den alten Menschen. Vielmehr nahm Er uns mit Sich in Seinen Kreuzestod, auf dass wir, dem Alten abgestorben, frei würden für ein neues Leben mit Ihm in der Auferstehung.

 

Christi Hauptschaft

 

Es wird uns leichter, dies zu verstehen, wenn wir wissen, was "Hauptschaft" bedeutet. Seit Anbeginn der Schöpfung gibt es zwei, die Anspruch auf die Hauptschaft erheben können: Christus und Adam. Des öfteren hatten einzelne eine größere oder kleinere Nachfolgerschaft. Das machte sie aber nicht zum Haupt über ihre Anhänger. Als der Schöpfer des Alls ist Christus das Haupt über das All. Es bedarf einer lebensmäßigen Verbindung mit Nachkommen, um als Haupt diesen obenan stehen zu können. Darum lesen wir von der zentralen Wichtigkeit in der neuen Schöpfung in Christus, in welcher Er wiederum das Haupt bildet: Sie ist erschaffen in Ihm, geboren aus Gott; es sind Kinder Gottes, die Sein Wesen tragen, die von Seinem Leben belebt werden.

Christus allein konnte einen für die ganze Schöpfung gültigen Trennungsstrich ziehen zwischen der alten, von Sünde und Tod gezeichneten Schöpfung und der neuen, die Gott gemäß erschaffen wird in Gerechtigkeit und huldvoller Heiligkeit der Wahrheit (Eph.4:24) zur Erkenntnis nach dem Bilde dessen, der sie erschafft, wo alles und in allen Christus ist (Kol.3:10,11).

Deshalb musste Christus sterben. Denn niemand sonst hätte Seine Stellung als Haupt einnehmen können. Kein sündloser Botenfürst, auch kein anderer Mensch – und wäre er tatsächlich selbst ohne Sünde geblieben; niemand sonst wäre tauglich gewesen, das Lamm Gottes zu werden. Es ist nicht Seine Sündlosigkeit, die Ihn hierzu qualifiziert. Seine vollkommene Makellosigkeit lag in Seiner engen Beziehung zu Seinem Vater begründet und nicht in erster Linie darin, damit Er der Welt Sünde hinwegnehmen könne. Weil Er der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung, weil das All in Ihm erschaffen ist und weil Er eine direkte Beziehung zu jedem Lebewesen besitzt, deshalb übernimmt Christus die Folgen der Ursünde im All, die Sünden der Menschen eingeschlossen. Er erklärt sich solidarisch mit dem All, das ja aus Ihm hervorging, übernimmt die Verantwortung für das "Warum" der Sünde, lässt Sich von Gott zur Sünde machen (2.Kor.5:21) und schmeckt den Tod um aller willen (Heb.2:9).

Dazu wird Er Mensch und zieht die sterbliche Hülle der Menschen an. Boten sterben nicht wie wir. Sie sterben aber auch in Ihm. Christus aber nimmt Teil an Blut und Fleisch (Heb.2:14), da dies der Ihm von Gott angepasste Körper ist (Heb.10:5). In diesem stirbt Er der Sünde ein für allemal und tut durch den Tod den ab, der die Gewalt des Todes hat, dies ist der Widerwirker (Heb.2:14). Als der Tod Ihn tötete, schmolz alles unter den Händen des Todes dahin, nichts blieb übrig, das noch am Leben geblieben wäre, ausgenommen Gott Selbst. Sogar Satan, der Widerwirker, stirbt in Ihm (Heb.2:14)!

So wird Adam ein Vorbild auf Christus. Adam betrat den Weg der Erfahrung der Sünde - und verfällt dem Todesurteil. Gott, welcher in früheren Zeiten lange vor Adam durch Christus das Böse erschuf, zum Heil und zum Besten Seiner Geschöpfe, indem Er den Widerwirker ins Dasein brachte, beugt Sich unter dasselbe Gesetz – und gibt Seinen einziggezeugten Sohn dahin in den Tod.

Es kam ihm zu

 

"Siehe, der Mensch ist wie einer von Uns geworden und weiß, was gut und böse ist; und nun, dass er ... nicht lebe für den Äon" (1.Mose 3:22). Welche Parallele! Das Einführen und Betreten einer Geschichte, in deren Ablauf die Erkenntnis von Gut und Böse zur Darstellung kommen soll, bedingt den Tod des Einführenden und seiner Nachkommen (Geschöpfe). Das eine Mal ist es Adam, das andere Mal Christus. Wie weit diese Parallele ausgelegt werden kann, wird selten erkannt und noch seltener gelehrt.

Die Geschichte des Geschlechtes Adams ist eine Leidensgeschichte. Wir werden durch Leiden gefördert, unter ihrem Einfluss reifen wir, sie bringen uns innerlich der Vervollkommnung näher. Auch Er wurde durch das, was Er litt, vollkommen gemacht (Heb.2:10). Denn es kam Ihm zu, um dessentwillen das All ist und durch den das All ist, auch der Retter des Alls zu werden. Diese Aufgabe fiel Ihm logisch zwingend zu, was Er auch wohl wusste, ehe die Sünde erschien. Er war aber bereit, durch das Todesleiden auch zum Urheber allen Heils zu werden, weshalb Gott Ihn mit Herrlichkeit und Ehre bekränzt (Vers 9).

Als der Sohn Sich vor dem Niederwurf der Welt bereit erklärte, den Leidensweg über Golgatha zu gehen, war die Voraussetzung für das Auftreten der Sünde geschaffen. Es war der einzige Weg, der einer restlosen Enthüllung der Gottheit Gottes genügte. Gott wusste genau, dass der einzuschlagende Weg nicht nur für Seine Geschöpfe schmerzlich sein würde, sondern auch für Seinen Sohn. Wir haben keine Schriftstelle, die besagt, dass Gott Selbst auch mitleidet. Nie sollten wir aber sagen, Gott sei gefühllos und Schmerz hätte keinen Raum in Seinem Herzen. Wenn Christus in Seiner Todesnot am Kreuze auch das Abbild Gottes war (und war Er es nicht?)l, dürfen wir wohl annehmen, dass der Gott, der die Liebe Selbst ist und lieben kann, auch leiden kann.

Eine neue Schöpfung

 

Ebenso wie Adam und seine Nachkommen durch Leiden heilsam beeinflusst werden, machen sie den Sohn Gottes zum Heil der Welt. Aber hier hört Adam auf, ein Vorbild auf den Zukünftigen zu sein. Adams Tat erschöpft sich im Negativen, im Tod. Christi Leiden und Sterben sind aber die Voraussetzung zur Auferstehung einer neuen, verwandelten Schöpfung. So verstehen wir des Paulus triumphierenden Ausruf in Römer 5:15 und 16: "Jedoch ist es mit der Gnadengabe nicht so wie mit der Kränkung"; "Auch ist nicht – wie durch das Sündigen des einen – die Schenkung". So führt uns Christus aus dem Bereich der Hauptschaft Adams und somit aus dem Bereich der Sünde und des Todes heraus, hinein in die Gerechtigkeit und in die durch die Gerechtigkeit zum äonischen Leben herrschende Gnade, durch Jesus Christus, unseren Herrn (Vers 21).

Die Art der Bedeckung, die Gott dem ersten Menschenpaar gab, spricht deutlich davon, dass es noch etwas anderes war, das der Bedeckung bedurfte, als nur ihre körperliche Blöße. Zuerst versuchten sie ja, allein fertig zu werden und hefteten sich aus Blättern Schurze zusammen. Nicht nur Kain mit seinen Früchten des Feldes, wir alle versuchen gerecht zu werden aus eigenen Werken, um uns selbst zu retten. Abel glaubte dem Vorbild, das Gott seinen Eltern gegeben hatte und beugte sich unter den göttlichen Heilsweg. Er opferte von

den Erstlingen seiner Herde und vergoss das Blut dieser Tiere. Gott war der Erste, welcher Blut getöteter Tiere vergoss, als Er Adam und Eva Röcke aus Fell machte. Der Tod sollte nicht nur Strafe, nicht nur Verurteilung sein. Er wird zu einem zurechtbringenden Gericht, er ermöglicht, die Blöße zu bedecken; der Tod ist der Weg zur Befreiung aus der Sünde, indem er seine Aufgabe an dem Gesalbten Gottes erfüllt. Jetzt kann Gott Ihn auferwecken, Leben und Unvergänglichkeit wird ans Licht gebracht gemäß Gottes eigenem Vorsatz, gefasst vor äonischen Zeiten (2.Tim.1:9,10). Dies ist die letzte Bedeutung des Todes: Mit Christus stirbt am Kreuz das All, damit in Ihm, aber nur im Auferstandenen, eine neue Schöpfung bestehe (Gal.6:15).

Hier sind wir beim Wendepunkt aller Ereignisse angelangt. Lasst uns nicht zufrieden sein mit einer Kenntnis der Werke oder Wege Gottes. Diese sind nur der Pfad zur Erkenntnis Seines Wesens, welches Liebe ist. Lasst uns weiterdringen, bis wir Gott Selbst erkennen (Eph.1:17). Erst dann können wir begreifen, was die alle Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus ist, damit wir zur gesamten Vervollständigung Gottes vervollständigt werden (Eph.3:19).

 

A.U.Gasser